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Die KMK hat 1997 ‚Empfehlungen zum Schulanfang‘ veröffentlicht.
Dabei geht es zunächst um das Thema ‚Zurückstellquoten‘ bei der
Einschulung. Es wurde festgestellt, dass die Gruppe der
schulpflichtigen, aber zurückgestellten Kinder zwischen 5 und 14%
eines Jahrgangs umfasst. Das Einschulungsalter in Deutschland liegt
im internationalen Vergleich eher hoch, um es zu reduzieren, muss der
Zugang zur Grundschule verändert werden.
Zugleich ist festzuhalten, dass die Betreuung der zurückgestellten
Kinder z. B. im Schulkindergarten erhebliche Kosten verursacht.
Es handelt sich bei 14% eines Jahrgangs in NRW um etwa 25.000 Kinder.
Die Kosten für eine Vorschulgruppe mit 20-25 Kindern belaufen sich auf ca.
60.000.- €/a Personal- und Sachkosten.
Gesamtsumme/a etwa : 60 Mio. €
Da es aber auch Kinder gibt, die früher schulreif werden als andere Kinder,
können/sollen auch diese aufgenommen werden. Die Stichtagsregelung wird
unter diesem Aspekt tendenziell obsolet: Eine Einschulung im laufenden
ersten Schuljahr müsste ermöglicht werden.
Aktuelle Regelung in NRW:
§ 35 Schulgesetz:
Die Schulpflicht beginnt am 1.8. des Kalenderjahres für Kinder, die bis zum
31.12. desselben Jahres das 6. Lebensjahr vollenden.
Kinder, die nach dem 30.9. das 6. Lebensjahr vollenden, können
zurückgestellt werden.
Kinder, die nach dem 31.12. Geburtstag haben, können aufgenommen
werden.
Folgen:
Kinder der ersten Klasse sind in der Regel 5+x Jahre alt, wenn sie für
schulreif befunden wurden.
Eine kleine Gruppe, die zwischen Oktober und Dezember
Geburtstag hat, kann auf Antrag zurückgestellt werden.
Damit sind die Kinder etwa ein Jahr jünger als die Generationen zuvor.
Schuleingangsphase
NRW hat seit 2005 eine neue Organisationsform für die erste und
zweite Klasse eingeführt. Schüler/innen der ersten und zweiten Klasse
sollen über zwei Jahre gemeinsam unterrichtet werden.
2005 wurde dieser Organisationsform sogar als Regelfall
verstanden, aber mit dem 2. Schulrechtsänderungsgesetz von 2006
wurde diese Entwicklung zurückgenommen und die Gleichwertigkeit
von gemeinsamem und getrenntem Unterricht bestätigt.
Aus der Sicht des Kindes bedeutet die Schuleingangsphase:
Ein Kind kann diese Phase
a.
in einem Jahr,
b.
in zwei Jahren oder
c.
in drei Jahren durchlaufen. In diesem Fall werden nur zwei Jahre
auf die Dauer der Schulpflicht angerechnet.
Die Schuleingangsphase wird so organisiert, dass
50 % der SuS neu hinzukommen und 50% dem 2. Schuljahr zuzurechnen
sind. In einer Klasse befinden sich also Anfänger und Fortgeschrittene.
Der schnelle Lerner kann sich im Verlauf des ersten Schuljahres bereits
Inhalte des 2. Schuljahres aneignen und rückt ggf. mit den SuS des 2.
Lernjahres in die Klassenstufe 3 auf.
Der langsame Lerner benötigt ggf. 3 Lernjahre. Er bleibt dann nicht Teil seiner
Jahrgangsgruppe, sondern findet den Kontakt zu dem nach ihm
eingeschulten Jahrgang, mit dem er dann auch weiter vorrückt.
Die Schuleingangsphase soll mit geeigneten Diagnoseinstrumenten arbeiten,
um die individuelle Entwicklung zu dokumentieren.
In diese Forderung geht die aktuelle Auffassung der
Fachdidaktik ein, die Fehler als ‚Fenster für den Blick‘ auf
Entwicklungsprozesse beim Kind versteht.
Um dieses Ziel umzusetzen, benötigen die Lehrer/innen eine verbesserte
Kompetenz bei der Beobachtung der kindlichen Wahrnehmungsleistungen
und Motorik. Oft sind auch die Konzepte von den Entwicklungsstufen
beim Lesen und Rechtschreiben nicht bekannt.
Diese grundlegenden Kenntnisse sind aber notwendig, um Antworten geben
können auf die Fragen wie:
• mit welchen Zielen beobachte ich was?
• wie halte ich Beobachtungsergebnisse fest?
• wie setzte ich diese Daten in Förderformen um?
Die Erstellung eines Förderplans für alle SuS
gehört notwendig zur individuellen Förderung.
Allerdings sind Förderpläne bisher eher im
Bereich der Förderschulen ein eingeübtes
Instrument gewesen.
Eine Systematisierung dieses Instrumentes
erfolgte im Zusammenhang mit der Einführung
der Schuleingangsphase in Brandenburg. Dort
ist das sogenannte FLEX-Handbuch entstanden,
man findet in den Bänden 6a und b die für die
Diagnose und Förderplanung grundlegenden
Informationen.
Wenn Förderung stattfinden soll, muss die Diagnostik stimmen. Diese
richtet sich auf bestimmte Kompetenzanteile des Kindes, es sind dies
• Sprachkenntnisse, Lese- und RS-Entwicklung,
• grundlegende mathematische Kenntnisse
• das soziale Selbstkonzept des Kindes beim
Übergang in den Primarbereich
• der Entwicklungsstand der Motorik
Die Motorik wird in ihren Subsystemen beobachtet, dazu gehören:
Die taktile, kinästhetische
Wahrnehmung,
d. h.das Kind kann
normgerecht
•Berührungsreize
bemerken,
•Körpergrenzen
erkennen,
•Muskeltonus
beeinflussen
Störungen führen zu dem
Symptombündel, das alltagssprachlich
mit ‚Heulsuse‘, oder ‚Raufbold‘
bezeichnet wird.
Störungen haben für das
Lesen/Schreiben Folgen:
•Das Sprachverständnis ist besser als
das Sprechvermögen,
•Sprechstörungen sind nicht selten,
•Schrift wird unter Zeitdruck schlecht,
•Entfernungen können nur schlecht
geschätzt werden,
•Nachbauen einer Vorlage gelingt
kaum.
Die vestibuläre Wahrnehmung, d. h.
• sich aufrichten können,
• Schwerkraft bemerken,
• Visuelle+akustische Wahrnehmungen koordinieren.
Funktionsstörungen führen
• zu Schwächen beim Steuern von Richtung und
Bewegungszeit
• beim Lesen und Schreiben zu Auslassungen,
• zur Diskriminierungsschwäche bei Merkmale wie ‚kurz/lang‘,
‚hart/weich‘,
• Zu Koordinationsauffälligkeiten, z. B. Kreise nicht schließen
zu können, Figuren nicht ausmalen zu können,
• zu der Symptombündel, das alltagssprachlich mit
‚Tollpatsch‘, bezeichnet wird.
Die Entwicklung des Lesens wird nach Scheerer-Neumann (2004)
häufig vernachlässigt. Es sollten aber bereits in der ersten Klasse
mindestens drei Aufzeichnungen zum Stand der Entwicklung erfolgen,
a. kurz nach den Weihnachtsferien, b. nach den Osterferien und c. zum
Schuljahresende. Kinder, die bereits lesend eingeschult werden, sind selten
(1 Kind /Klasse im Durchschnitt)
Lesestrategie Klasse 1
Ursachen für fehlende
Weiterentwicklung, Stagnation
Beginnendes Erlesen
Syntheseprobleme bei Konsonantenhäufungen, Segmentierungsschwächen
Vollständiges Erlesen
(ab Beginn des 2. Halbjahres,
selten früher)
Mangelnde Übung
Falsche Segmentierung
Erlesen mit funktionalen Strukturen
( ab Ende Jahrgang 1, selten eher)
Fehlende Übung,
Menagelnde Automatisierung
Es ist nicht möglich, die schriftsprachlichen Vorkenntnisse zu Beginn der
Klasse 1 zu prognostizieren. In der Regel kennen die Kinder bereits bis zu
10 Buchstaben, manche aber auch das ganze Alphabet. Diese
Ausgangskenntnisse werden möglichst früh erhoben und dokumentiert.
Die phonologische Bewusstheit ist eine der grundlegenden Voraussetzungen
für den Schriftspracherwerb. Es liegen derzeit zwei Testformate vor:
1.“Rundgang durch Hörhausen“ von Martschinke, Kirschhock, Frank (2001)
ist geeignet für den Vorschulbereich und die erste Hälfte der Klasse 1.
2. „Bielefelder Screening“ von Jansen, Mannhaupt, Marx, Skowronek (1999)
ist geeignet für den Vorschulbereich und sehr schwache Lerner in
Klasse 1.
In NRW wird die rechtschreibliche Entwicklung nicht selten nach dem
Konzept von N. Sommer-Stumpenhorst interpretiert und seine
didaktisch-methodischen Vorschläge bestimmen auch den Unterricht aus
folgenden Gründen. Es besteht eine enge Zusammenarbeit zwischen vier
wichtigen Personen:
a.
Rüdiger Urbanek (pensioniert 2006), ehem. Wiss. Referent am
Landesinstitut für Schule, Soest, Autor und Herausgeber der Fibel ‚Tinto‘
sowie verantwortlicher Referent für den Lehrplan Deutsch Grundschule,
b.
Norbert Sommer-Stumpenhorst, Schulpsychologe und Autor zahlreicher
Bücher zum Schriftspracherwerb, Betreiber der Homepage www.rswportal.de
c.
Reinhold Christiani (pensioniert), ehem. leitender Ministerialrat im
Schulministerium NRW und Herausgeber zahlreicher fachdidaktischer
Bücher bei Cornelsen,
d.
Horst Bartnitzky (pensioniert), ehem. Rektor einer Grundschule und
Schulaufsichtsbeamter in NRW Vorstand des Grundschulverbandes,
Autor und Herausgeber zahlreicher schulformbezogener und
fachdidaktischer Bücher.
Literaturauswahl:
N.S-ST: Richtig Schreiben lernen von Anfang an. Cornelsen,
Berlin
2001
Dgl.
Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten: vorbeugen und
überwinden. Cornelsen, Berlin 1991
Dgl.
Rechtschreiben lernen mit Modellwörtern. Cornelsen,
Berlin 2005
R. Christiani (Hg.) Schuleingangsphase: neu gestalten.
Cornelsen,Berlin 2004
Qualitätsmerkmale für einen Förderplan:
1.
Die beteiligten Personen sehen das Kind in einem Lernprozess, sie
gehen davon aus, dass die derzeitige Umwelt des betreffenden Kindes
auf das Kind Einfluss ausübt.
2.
Der Förderplan nennt Daten zur Lernausgangslage sowie den
Förderbedarf in den betreffenden Fächern und Entwicklungsbereichen.
3.
Der Förderplan stützt sich auf Beobachtungs- und
Dokumentationskriterien, die den beteiligten Personen bekannt sind und
mit denen sie zustimmend arbeiten können.
4.
Der Förderplan formuliert vordringliche Ziele, konkrete
Fördermaßnahmen und –angebote.
5.
Der Förderplan nennt die Aufgaben und Verantwortlichkeiten der
beteiligten Personen.
6.
Der Förderplan nennt eine verbindliche Zeitachse und setzt eine
Reflexionsphase fest.
7.
Die Förderplanteilschritte werden von den Beteiligten im Verlauf
dokumentiert.
Der Förderplan wird in 5 Schritten erstellt und umgesetzt:
Bestandsaufnahme
Prioritätensetzung
Planung
Umsetzung
Evaluation+Fortschreibung
Literaturauswahl:
Viernickel, Susanne,
Völkel, Petra.
Beobachten und Dokumentieren im
pädagogischen Alltag. Freiburg, Basel 2005
Bergson, Marita,
Luckfiel, Heide
Umgang mit schwierigen Kindern. Cornelsen, Berlin
2003
Hans Rudolf Leu u.a.
Bildungs- und Lerngeschichten. Bildungsprozesse in
früher Kindheit beobachten, dokumentieren und
unterstützen. Weimar/Berlin 2007
Dgl.
„Beobachten in der Praxis.“ In: Fried, Lilian, Roux,
Susanna (Hg.) Pädagogik der frühen Kindheit. 2006
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