„Zinsen“ und „Lizenzgebühren“

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Zinsen-Lizenzgebühren-Richtlinie
Univ.-Ass. DDr. Georg Kofler, LL.M. (NYU)
Überblick
• Richtlinie 2003/49/EG vom 3. Juni 2003 über eine gemeinsame Steuerregelung für
Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen, ABl
L 157/49 ff (26. 6. 2003) – Vorschlag KOM(1998)67 endg
• Änderungen aufgrund des Beitritts der neuen Mitgliedstaaten
– Richtlinie 2003/66/EG vom 26. April 2004 zur Änderung der Richtlinie 2003/49/EG wegen der
am 1. Mai 2004 beigetretenen Staaten, ABl L 168/35 (1. 5. 2004)
– Richtlinie 2004/76/EG vom 29. April 2004 zur Erweiterung des Kreises der Staaten, die für
eine Übergangszeiten noch Quellensteuern auf Zinsen und Lizenzgebühren erheben können,
ABl L 157/33 (30. 4. 2004) – Vorschlag KOM(2004)243 endg
• Hintergrund und Ziel der Zinsen-Lizenzgebühren-Richtlinie
– Steuerpaket zur Bekämpfung des schädlichen Steuerwettbewerbs (sog „Code
of Conduct“)
– Beseitigung der Quellensteuern auf Zahlungen von Zinsen und Lizenzgebühren
zwischen verbundenen Unternehmen verschiedener Mitgliedstaaten
– Sicherung der Einmalbesteuerung
• Mitgliedstaaten befreien Zins- und Lizenzgebührenzahlungen unabhängig
davon, ob diese an der Quelle oder durch Veranlagung erhoben wird
(Art 1 Abs 1 Zinsen-Lizenzgebühren-RL)
• Richtlinie darf nicht von Unternehmen in Anspruch genommen werden, die
von der Besteuerung der in der Richtlinie genannten Einkünfte befreit sind
(Art 3 Zinsen-Lizenzgebühren-RL)
Aufbau der Zinsen-Lizenzgebühren-Richtlinie
• Aufbau
– Art 1 – Anwendungsbereich und Verfahren
– Art 2 – Definition der Begriffe „Zinsen“ und „Lizenzgebühren“
– Art 3 – Definition der Begriffe „Unternehmen“, „verbundenes Unternehmen“ und
„Betriebsstätte“
– Art 4 – Ausschluss von Zahlungen als Zinsen oder Lizenzgebühren
– Art 5 – Betrug und Missbrauch
– Art 6 – Übergangsregelungen für verschiedene Mitgliedstaaten
– Art 7 – Umsetzung (bis 1. 1. 2004)
– Art 8 – Überprüfung (Bericht der Kommission bis 31. 12. 2006)
– Art 9 – Abgrenzungsbestimmung zur Aufrechterhaltung günstigerer Regelungen in
Doppelbesteuerungsabkommen
– Art 10 – Inkrafttreten
– Art 11 – Adressat (Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet)
• Umsetzung in Österreich
– § 99a EStG  Befreiung vom Steuerabzug
Anwendungsbereich (Art 1)
• Grundzüge zur Befreiung von Zinsen ( Art 2 lit a) und
Lizenzgebühren ( Art 2 lit b) im Quellenstaat
• Zahlungen die in einem Mitgliedstaat „anfallen“, sind im
„Quellenmitgliedstaat" von jeglicher Besteuerung befreit,
wenn der Empfänger (Nutzungsberechtigte  Art 1 Abs 4
und 5)
– eine Gesellschaft eines anderen Mitgliedstaat (EUGesellschaft) ist (Art 1 Abs 4  Art 3 lit a) oder
– eine EU-Betriebsstätte einer EU-Gesellschaft in einem
anderen Mitgliedstaat (Art 1 Abs 5 und Abs 8  Art 3
lit c) ist.
• Zinsen fallen dort an („Quellenmitgliedstaat“), wo
– die zahlende EU-Gesellschaft ansässig ist (Art 1 Abs 2)
– oder wo die EU-Betriebsstätte einer EU-Gesellschaft
liegt, sofern die Zahlungen dort abzugsfähige Ausgaben
darstellen (Art 1 Abs 3)
• Ist eine Betriebsstätte als Zahler oder Nutzungsberechtigter
anzusehen, ist diese Zuordnung vorrangig und exklusiv
(Art 1 Abs 6)
Anwendungsbereich (Art 1)
• Weitere Voraussetzungen und Ausnahmen
– Befreiung erfolgt unabhängig davon, ob die Steuer an der Quelle oder im Wege
der Veranlagung erhoben wird (Art 1 Abs 1)
– Zwingende Befreiung an der Quelle (Art 1 Abs 1)  Rückerstattungsverfahren
nur dann erlaubt, wenn die Nachweiserfordernisse des Art 1 Abs 11 ff nicht erfüllt
wurden
• Rückerstattung hat binnen eines Jahres nach Eingang des
Erstattungsantrags und der entsprechenden Nachweise zu erfolgen
• Bei Nichterstattung binnen dieser Frist erstattet besteht Anspruch auf Zinsen
in Höhe des in vergleichbaren Fällen national angewandten Satzes
– Befreiung setzt voraus, dass die zahlende Gesellschaft (einschließlich
Betriebsstätte) ein „verbundenes Unternehmen“ der nutzungsberechtigten
Gesellschaft (einschließlich Betriebsstätte) ist (Art 1 Abs 7)  Art 3 lit b
Anwendungsbereich (Art 1)
Direkte Zahlung
Betriebsstätte
als Zahler
Betriebsstätte
als Empfänger
Definition von „Zinsen“ und „Lizenzgebühren“ (Art 2)
• Zinsen (Art 2 lit a Zinsen-Lizenzgebühren-RL)
– Analog zu Art 11 Abs 3 OECD-MA  Nach Art 2 lit a Zinsen-Lizenzgebühren-RL
sind „Zinsen“ „Einkünfte aus Forderungen jeder Art, unabhängig davon, ob die
Forderungen durch Pfandrechte an Grundstücken gesichert oder mit einer
Beteiligung am Gewinn des Schuldners ausgestattet sind, insbesondere Einkünfte
aus Anleihen und Schuldverschreibungen einschließlich der damit verbundenen
Aufgelder und der Gewinne aus Losanleihen.“
– Verzugszinsen gelten nicht als Zinsen
• Lizenzgebühren (Art 2 lit b Zinsen-Lizenzgebühren-RL)
– Analog zu Art 12 Abs 2 OECD-MA  Nach Art 2 lit a Zinsen-Lizenzgebühren-RL
sind „Lizenzgebühren“ „Vergütungen jeder Art für die Nutzung oder für das Recht
auf Nutzung von Urheberrechten an literarischen, künstlerischen und
wissenschaftlichen Werken einschließlich Filmen und Software, eines Patents, einer
Fabrik- oder Handelsmarke, eines Musters oder Modells, eines Plans, einer
Formel oder eines geheimen Verfahrens sowie für Mitteilungen im Zusammenhang
mit gewerblichen, kaufmännischen und wissenschaftlichen Erfahrungen“.
– Zusätzlich: Vereinnahmte Zahlungen für die Nutzung oder das Recht auf Nutzung
gewerblicher, kaufmännischer und wissenschaftlicher Ausrüstungen gelten
ebenfalls als Lizenzgebühren
Begriffsdefinitionen (Art 3)
• Im Sinne der Richtlinie ist „Gesellschaft eines
Mitgliedstaats“ jede Gesellschaft,
– die eine der im Anhang zur Richtlinie aufgeführten
Formen aufweist (Art 3 lit a sublit i);
– die nach dem Steuerrecht in diesem Mitgliedstaat
niedergelassen und nicht nach einem zwischen dem
betreffenden Staat und einem Drittstaat geschlossenen
Doppelbesteuerungsabkommens für steuerliche
Zwecke als außerhalb der Gemeinschaft niedergelassen
gilt (Art 3 lit a sublit ii);
– die einer der ausdrücklich genannten oder weitgehend
ähnlichen, nachfolgend erhobenen Steuer (zB der KSt)
unterliegt, ohne davon befreit zu sein (Art 3 lit a
sublit iii).
• Eine Betriebsstätte im Sinne der Richtlinie ist eine „feste
Geschäftseinrichtung in einem Mitgliedstaat, in der die
Tätigkeit eines Unternehmens eines anderen Mitgliedstaates
ganz oder teilweise ausgeführt wird“ (Art 3 lit c).
MS
L
DS
W
Art 4 Abs 3
OECD-MA
Begriffsdefinitionen (Art 3)
• Der Zahler von Zinsen oder Lizenzgebühren muss
ein „verbundenes Unternehmen“ des
Nutzungsberechtigten sein (Art 1 Abs 7 ZinsenLizenzgebühren-RL)
• Im Sinne der Richtlinie ist ein „verbundenes
Unternehmen“ (Zahler) jedes Unternehmen, das
wenigstens dadurch mit einem zweiten Unternehmen
(Nutzungsberechtigter) verbunden ist, dass
– das erste Unternehmen (A) unmittelbar
mindestens zu 25% am Kapital des zweiten
Unternehmens (B) beteiligt ist (Art 3 lit b sublit i)
(Zahlung Mutter an Tochter) oder
– das zweite Unternehmen (B) unmittelbar
mindestens zu 25% an dem Kapital des ersten
Unternehmens (A) beteiligt ist (Art 3 lit b sublit ii)
(Zahlung Tochter an Mutter) oder
– ein drittes Unternehmen (C) unmittelbar
mindestens zu 25% an dem Kapital des ersten
Unternehmens (A bzw B) und dem Kapital des
zweiten Unternehmens (A bzw B) beteiligt ist
(Art 3 lit b sublit iii) (Zahlung Schwester an
Schwester).
Begriffsdefinitionen (Art 3)
• Begriff des „verbundenen Unternehmens“ 
Ausnahmeregeln
– Erfordernis der unmittelbaren Beteiligung
(„direct holding“) in Art 3 lit b
– Nur Beteiligungen von in der Gemeinschaft
niedergelassenen Gesellschaften sind relevant
(Art 3 lit b)
– Die Mitgliedstaaten können das Kriterium der
Mindestkapitalbeteiligung durch das Kriterium eines
Mindestanteils an den Stimmrechten ersetzen
(Art 3 lit b)
– Mitgliedstaaten können
• eine Zwei-Jahres-Frist der Verbundenheit als
Voraussetzung für die nachfolgende Anwendung
der Richtlinie vorsehen (Art 1 Abs 10  „nicht
erfüllt waren“ versus beteiligt „bleiben“ in der
Mutter-Tochter-Richtlinie und deren Auslegung in
Denkavit)
• verschiedene Nachweiserfordernisse festlegen
(Art 1 Abs 11 ff)
A
100%
B
100%
C
Nichtanwendung der Richtlinie (Art 4)
• Ausschluss gewisser Zinszahlungen  Ursprungsmitgliedstaat kann folgende
Zahlungen von der Anwendung der Richtlinie ausschließen
– Zahlungen, die nach den Rechtsvorschriften des Ursprungsmitgliedstaats einer
Gewinnausschüttung oder einer Rückzahlung von Kapital gleichgestellt sind
(Art 4 Abs 1 lit a Zinsen-Lizenzgebühren-RL)
– Zahlungen aufgrund von Forderungen, wenn eine Beteiligung am Gewinn des
Zahlenden erfolgt (Art 4 Abs 1 lit b Zinsen-Lizenzgebühren-RL)
– Zahlungen aufgrund von Forderungen, die den Gläubiger berechtigen, seinen
Anspruch auf Zinszahlungen gegen einen Anspruch auf Beteiligung am Gewinn
des Zahlenden einzutauschen (Art 4 Abs 1 lit c Zinsen-Lizenzgebühren-RL)
– Zahlungen aufgrund von Forderungen, wenn keine Rückzahlung der
Hauptschuld vorgesehen ist oder wenn die Rückzahlung mehr als 50 Jahre
nach der Emission geschuldet wird (Art 4 Abs 1 lit d Zinsen-Lizenzgebühren-RL)
Nichtanwendung der Richtlinie (Art 4)
• „Fremdvergleichsprüfung“
– Analog zu Art 11 Abs 6 bzw Art 12 Abs 4 OECD-MA
– Art 4 Abs 2 Zinsen-Lizenzgebühren-RL  „Übersteigt aufgrund besonderer
Beziehungen zwischen dem Zahlenden und dem wirtschaftlichen Eigentümer der
Zinsen oder Lizenzgebühren und/oder einem Dritten der Betrag der Zinsen oder
Lizenzgebühren den Betrag, den der Zahlende und der wirtschaftliche Eigentümer
ohne derartige Beziehungen vereinbart hätten, so gilt die Richtlinie nur für
diesen letzteren Betrag“.
– Anwendung der Zinsen-Lizenzgebühren-RL nur auf den „fremdüblichen“ Teil
• „Fliegende Übernahme“ derartiger Zahlungen durch die Mutter-Tochter-Richtlinie
(Stichwort: verdeckte Ausschüttungen)?
Übergangsregeln (Art 6)
• Einigen Staaten wurde eine temporäre Berechtigung zur (partiellen)
Nichtanwendung der Zinsen-Lizenzgebühren-RL unter gleichzeitiger Festlegung von
Höchststeuersätzen eingeräumt (Art 6 Abs 1 Zinsen-Lizenzgebühren-RL idF der
Richtlinie 2004/76/EG )
• Anrechnungsverpflichtung im Staat der Muttergesellschaft bzw einer EU-Betriebsstätte (Art 6 Abs 2 iVm Abs 3 Zinsen-Lizenzgebühren-RL)
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