Makro I Ein einfaches Kreislaufmodell Empfangende und gebende Wirtschaftseinheiten werden “Pole” genannt. Ausgaben für Konsum Unternehmen Haushalte Einkommen Goethe-Universität, Frankfurt/Main 32 Makro I François Quesnay und die Physiokraten • Das Kreislaufsystem geht auf François Quesnay zurück. • Er unterscheidet drei Klassen von Akteuren (und damit Pole): Quesnay (1694-1774) – Landwirtschaft (“classe productive”) – Eigentümer (“classe oisive”) – Alle übrigen Berufe (“classe stérile”) • Er unternimmt bereits Schätzungen der Ströme. Goethe-Universität, Frankfurt/Main 33 Makro I Quesnay’s Kreislaufsystem “Nettoproduktion” 2 Mrd. Fr. P Konsumgüter 1 Mrd.Fr. Fiktive Kapitalleistungen 2 Mrd. Fr. O Konsumgüter 2 Mrd.Fr. “Veredelte” Güter 1 Mrd. Fr. “Veredelte” Güter 1 Mrd. Fr. Goethe-Universität, Frankfurt/Main S 34 Makro I Quesnay’s Kreislaufsystem • Nur die Landwirtschaft ist bei Quesnay produktiv. Das Handwerk ist “steril”, es erzeugt keinen Produktionsüberschuß. • Handel “verteilt” das Produkt, ist ebenfalls nicht “produktiv” (auch bei Karl Marx). • Das Modell ist verständlich bei 85 % der Bevölkerung in der Landwirtschaft (bei 60% der Produktion als Ernährungsgüter). Goethe-Universität, Frankfurt/Main 35 Makro I Adam Smith und die “Klassik” • Adam Smith kritisiert den Produktionsbegriff der Physiokraten, übernimmt aber den Adam Smith (1723Kreislaufgedanken. 90) • Für Smith (und Marx) wird die Arbeitskraft zum entscheidenden Produktionsfaktor. • Er unterscheidet zwischen “produktiver” und “unproduktiver” Arbeit (ebenso Marx). Goethe-Universität, Frankfurt/Main 36 Makro I Wachstum der Arbeitsproduktivität • Die Produktivität der Arbeit erhöht sich im Zeitablauf (Smith und Marx) – durch Arbeitsteilung (exogener Faktor); – durch Kapitalakkumulation (endogener Faktor). • Kapital wird durch Akkumulation von produktiver Arbeit (materieller Güter) gebildet. Dienstleistungen (“unproduktive Arbeit”) sind nicht akkumulationsfähig. Goethe-Universität, Frankfurt/Main 37 Makro I Karl Marx und die “Klassik” • Marx übernimmt von Smith das Produktionskonzept. • Aber: Produktive Arbeit lässt Karl Marx (1818-83) sich von “Kapitalisten” in Form von materiellen Gütern aneignen (“Mehrwert”) und als Kapital akkumulieren. • Marx greift ebenfalls auf den Kreislaufgedanken zurück. Goethe-Universität, Frankfurt/Main 38 Makro I Formale Darstellung des Marxschen Kreislaufschemas • Marx unterscheidet zwischen zwei Gruppen: Arbeiter und Kapitalisten • Er unterscheidet weiter zwischen zwei Abteilungen der Produktion – Abteilung I: Produktionsmittelindustrie – Abteilung II: Konsumgüterindustrie • Marx betrachtet Geldströme, die aber “real” zu verstehen sind: Geld Ware Geld. Goethe-Universität, Frankfurt/Main 39 Makro I Der Marxsche “Mehrwert” • Der “Mehrwert”(m) ist ein Residuum, das man nach Abzug der laufenden Kosten des Materialeinsatzes c (“konstantes Kapital”) und der Lohnkosten v (“variables Kapital”) vom Wert der Produktion q erhält. • Also: m= q-c-v • Der “Mehrwert” fließt dem Kapitalisten zu. Goethe-Universität, Frankfurt/Main 40 Makro I Marxsches Kreislaufschema (1-)(mI + mII) Kapitalbildung (mI + mII) Arbeiter Kapitalisten vI mI Abteilung I cI Goethe-Universität, Frankfurt/Main mII cII vII vI + vII Abteilung II 41 Makro I Strom- und Bestandsgrößen • Im „erweiterten“ Marxschen Kreislaufschema wird ein Teil der Produktion nicht konsumiert, sondern als Kapital akkumuliert. Kt = Kt-1 + mt • Dabei ist m eine “Stromgröße”. • K ist eine “Bestandsgröße”. Goethe-Universität, Frankfurt/Main 42 Makro I Vorläufer der modernen VGR: Die moderne VGR hat klassische Vorläufer: • Sir William Petty: Erste Analysen des Reichtums einer Nation infolge der Eroberung Irlands. Sir William Petty (1623-87) • Gregory King (1648-1712): Trennung der Analyse in Entstehungs-, Verteilungs- und Verwendungsrechnung. Mehrjährige Prognosen der wirtschaftlichen Entwicklung Goethe-Universität, Frankfurt/Main 43 Makro I Das moderne Konzept der Produktion • Für Say bedeutet die Produktion nicht allein das Schaffen materieller Güter, sondern das Schaffen von Nutzen Jean-Baptiste Say (auch Dienstleistungen!). (1767-1832) • Als objektives Maß für den Nutzen schlägt Say den “Tauschwert” oder “Preis” vor. • Der Produktionsbegriff wird auf alle am Markt getauschten Güter erweitert. • Dies wird Grundlage der VGR des Westens. Goethe-Universität, Frankfurt/Main 44 Makro I Das Say’sche Theorem Jede Produktion (Angebot)... ...schafft sich ihre Nachfrage Produktion Konsum Probleme: • Planung (ex ante) versus Realisierung (ex post) • Reale Größen versus Monetäre Größen • Kreditäre Finanzierung von Aktivitäten Goethe-Universität, Frankfurt/Main 45 Makro I Das Say’sche Theorem In einer Kreditwirtschaft hat das Say’sche Theorem keine Gültigkeit. Goethe-Universität, Frankfurt/Main 46 Makro I Das neoklassische Konzept der Produktion • Die Neoklassik unterscheidet sich durch ihr “subjektives” Konzept der Produktion: Alles, was Bedürfnisse befriedigt, ist produktiv, ob es getauscht wird oder nicht. • Für Irving Fisher ist Nutzen der Ertrag von “Reichtum” = Materielle Güter + Dienstleistungen + menschliches Wesen. • Der Nutzen = “psychisches Einkommen”. Goethe-Universität, Frankfurt/Main 47 Makro I Grenzen des BIP-Konzepts • Das BIP, wie es die VGR erfasst, kann “psychisches Einkommen” nicht darstellen. Er wird nur auf Markttransaktionen zu Marktpreisen abgestellt (mit Ausnahmen). • Dadurch entfällt auch die Bewertung von z.B. Selbstversorgung, Hausarbeit, etc.. • Der “subjektive” Wert der in das BIP eingehenden Produktion mag zweifelhaft sein. Goethe-Universität, Frankfurt/Main 48 Makro I Wann endlich kommt die VGR? Goethe-Universität, Frankfurt/Main JMK 49 Makro I Die moderne VGR • Die moderne VGR steht mit den Arbeiten von Keynes im Zusammenhang und ist eine John Maynard Keynes (1883-1946) Leistungsrechnung, die sich freilich stark an Geldströmen ausrichtet. • Die letzte Revision des EVSG von 1995 sieht vor, dass komplette volkswirtschaftliche Vermögensbilanzen erstellt werden. Goethe-Universität, Frankfurt/Main 50 Makro I Das keynessche Kreislaufmodell (hier als Geldströme verbucht) Bruttosozialprodukt Y Unternehmen Haushalte Ersparnis S Nettovolksvermögen Konsum C Investition I Goethe-Universität, Frankfurt/Main 51 Makro I Keynessches Grundmodell (für die geschlossene Wirtschaft) • Es muss definitionsgemäß gelten: Produktion des Einkommens: Y = C + I (Konsum- und Investitionsgüter) Verwendung des Einkommens: Y = C + S (Konsum(-verzehr) und Sparen) • Dann gilt auch: I S (ex post). • Verteilung des Einkommens: Y = YL + YK. Goethe-Universität, Frankfurt/Main 52 Makro I Das keynessche Kreislaufmodell (Verteilungsrechnung) Entgelte für Arbeitsleistung YL Unternehmen Haushalte Nettovolksvermögen Entgelte für Kapitalleistungen YK Goethe-Universität, Frankfurt/Main 53 Makro I Die drei Sichtweisen der VGR (für die geschlossene Wirtschaft) • Das BIP kann auf drei verschiedene Arten ermittelt werden: - von der Produktionsseite her; - von der Verwendungsseite her; - von der Verteilungsseite her. • Es muss immer gelten: Y = C + I = C + S = YL + YK • Alle drei Rechnungen sind üblich. Goethe-Universität, Frankfurt/Main 54 Makro I Die Einbeziehung des Staates • Der Staat nimmt am Wirtschaftskreislauf teil. Dabei verzehrt er Ressoucen durch “Staatskonsum” und öffentlichen Investitionen. • Er finanziert sich durch Steuern auf private Wirtschaftssubjekte. Steuerzahler Wir unterscheiden: – Direkte Steuern (abzüglich Transferzahlungen); – Indirekte Steuern (abzüglich Subventionen). Goethe-Universität, Frankfurt/Main 55 Makro I Der Staat im Wirtschaftskreislauf Td Private Haushalte Staat SG CP SP Ti Ynetto Unternehmen CG=G Nettovermögen IP+G Goethe-Universität, Frankfurt/Main 56 Makro I Der Kreislauf in Gleichungen Pol der Unternehmen: Ynetto + Ti = C + G + I brutto Pol der Haushalte: Ynetto - Td (+Transfers) = C + SP = “verfügbares Einkommen” Pol des Staates (Budgetgleichung): Td + Ti = G (+ Transfers) + SG Goethe-Universität, Frankfurt/Main 57 Makro I Die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung (VGR) Erfassung durch das Statistische Bundesamt (Wiesbaden) • Die VGR ist eine systematische statistische Aufzeichnung der wichtigsten Stromgrößen einer Volkswirtschaft in einem geschlossenen, konsistenten Kreislaufsystem. • Die VGR erfaßt auch die Finanzierung und die Veränderungen von Bestandsgrößen. Goethe-Universität, Frankfurt/Main 58 Makro I Konten der VGR • Die Leistungsströme werden auf Konten verbucht (nach der Doppelten Buchführung) • Es wird unterschieden zwischen – – – – – dem Produktionskonto (Einkommensentstehung) dem Einkommensverteilungskonto dem Einkommensverwendungskonto dem Vermögensänderungskonto dem Kreditänderungskonto (“Flows-of Funds”) Goethe-Universität, Frankfurt/Main 59 Makro I Konto 1: Produktionskonto Es erfasst die Transformation von Gütern und Diensten (Vorleistungen) unter Einsatz von Produktionsfaktoren Käufe von Vorleistungen NPW = BIP Abschreibungen Faktoreinkommen indirekte Steuern Verkäufe an andere Wirtschaftssubjekte (+ Lagerveränderung an eigenen Produkten und selbsterstellte Anlagen) BPW (Bruttoproduktionswert) (Nettoproduktionswert) Goethe-Universität, Frankfurt/Main 60 Makro I Konto 1: Produktionskonto BRUTTOINLANDSPRODUKT* (NPW) - Abschreibungen (Verschleiß) = NETTOINLANDSPRODUKT (zu Marktpreisen) - indirekte Steuern - Subventionen) = NETTOINLANDSPRODUKT (zu Faktorkosten) *) Nettoergebnis bei konstantem Kapital Goethe-Universität, Frankfurt/Main 61