Versuch 57 Beugung am Gitter Messung der Gitterkonstanten

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Physikalisches Praktikum für Anfänger
Versuch 57
Beugung am Gitter
Messung der Gitterkonstanten
Aufgabe Messung der Gitterkonstanten eines Strichgitters mit mehreren bekannten Spektrallinien • Bestimmung der Linienspektren höherer Ordnung für eine Wellenlänge
Vorkenntnisse Huygenssches Prinzip • Beugung am Einzelspalt und am Gitter • Auflösungsvermögen eines Gitterspektrometers • Strahlengang im Gitterspektrometer • Linienspektren
von Gasen
H-U M, 25 Juni 2002
1
Grundlagen
1.1 Beugung am Gitter
Zur spektralen Zerlegung von Licht werden verschieden Methoden benutzt. Die Dispersionseigenschaften transparenter Medien, z. B. von Prismen, bewirken eine Brechung des Lichts unter
wellenlängenabhängigen Winkeln, s. Versuch 53. Die Beugung und Interferenz an einem Spalt
oder Gitter führt ebenfalls zu einer räumlichen Trennung unter verschiedenen Winkeln. Auf reinen Interferenzerscheinungen beruhen Interferenzfilter und Interferometer, die einen schmalen
Spektralbereich in Transmission selektieren, s. Versuch 62.
Ein Beugungsgitter besteht aus einer Platte, in die mit einem Diamanten viele eng benachbarte parallele Furchen geritzt wurden. Metallische Oberflächen arbeiten als Reflexionsgitter,
bei denen die ungeritzten Stellen die auftreffenden Wellen reflektieren. Wir betrachten in Abb. 1
ein Beugungsgitter aus Glas, bei dem das Licht an den ungeritzten Stellen hindurchtritt. Charakteristische Merkmale eines Gitters sind die Spaltbreite b eines einzelnen Spalts, die Gitterkonstante d als der Abstand zweier Spalte und die Gesamtzahl der Spalte bzw. Striche N.
?
?
?
-
d
-
A
A
∆ = d sin θ A θ
A
A
θ AA
A
A
A
A
A
A
AU
A
A
A
A
AU
b
A
A
?
A
A
A
A
A
A
A
AU
z=0
A
A
A
A
A
A
AU
Abbildung 1: Beugungsgitter mit N parallelen Spalten, das senkrecht von einer ebenen Lichtwelle beleuchtet wird.
Wir beschränken uns auf die Frauenhofersche Beobachtungsweise, bei der man mit parallelem Licht bzw. ebenen Wellen arbeitet. Paralleles Licht wird mit einem Kollimator erzeugt, in
dem die Lichtquelle im Brennpunkt einer Linse steht. Die Beobachtung paralleler Lichtbündel
erfolgt dann durch den umgekehrten Prozeß, d.h. durch Abbildung in die Brennebene einer
Sammellinse. Fällt eine ebene Welle senkrecht auf das Gitter, so tritt ein Teil des Lichts ungestört in seiner ursprünglichen Richtung durch, während ein anderer Teil abgebeugt wird. Die
Beugung kann man mit Hilfe des Huygensschen Prinzip verstehen. Jeder Punkt in der Ebene
der Spalte, z = 0, ist Ausgangspunkt einer elementaren Kugelwelle, die alle in gleicher Phase
schwingen. Die Überlagerung sämtlicher Kugelwellen führt zu Interferenzen 1 und zur Bildung
neuer Wellenfronten. Wählt man den Beobachtungswinkel θ so, daß der Gangunterschied ∆
1
Zwei elektromagnetische Wellen können miteinander interferieren, wenn sie die gleiche Frequenz bzw. Wellenlänge haben und eine zeitlich konstante Phasenbeziehung zwischen ihnen besteht
1
zwischen zwei Wellenfronten gerade ein Vielfaches der Wellenlänge ist, ∆ = n λ, so besteht
konstruktive Interferenz und man beobachtet Intensisätsmaxima. Man spricht von Beugungen
1. Ordnung (n = 1), 2. Ordnung (n = 2), etc.
Die geometrische Beziehung zwischen Beugungswinkel und den Parametern des Gitters
ergibt sich aus Abb. 1. Betrachtet man zwei Strahlenbündel aus benachbarten Spalten, die in
der Gitterebene den Abstand d voneinander haben und unter dem Winkel θ gestreut werden, so
erhält man als Gangunterschied bzw. Wegdifferenz
∆ = d sin θ .
(1)
Die Bedingung für maximale Interferenz, zu der alle Spalte gleichermaßen beitragen und das
zu einem Intensitätsmaximum der Ordnung n = 0, 1, 2, 3 . . . führt, ergibt sich als
d sin θ = n λ .
(2)
Damit Beugung auftritt, müssen die Wellenlänge des Lichts und die Gitterkonstante von
gleicher Größenordnung, und zwar λ < d, sein. Da sin θ < 1, ist die maximal mögliche Ordnung gegeben durch nmax = d/λ, das Verhältnis von Gitterkonstante zu Wellenlänge. Ferner
folgt aus Gl. (2), daß lanwelliges Licht stärker abgelenkt wird als kurzwelliges Licht, ganz im
Gegensatz zu der Brechung durch ein Prisma. Für eine bestimmte Wellenlänge ist der Ablenkwinkel und damit auch die Trennung naher Spektrallinien um so größer, je enger der Spaltabstand ist.
1.2 Intensitätsverteilung des gebeugten Lichts
Die Intensität des gestreuten Lichts hinter dem Gitter I(θ) wird durch zwei sich überlagernde
Phänomene bestimmt: Die Interferenz zwischen den Lichbündeln der N Gitterspalte, die als
kohärent emittierende Sender aufgefaßt werden können, und die Beugung an jedem einzelnen
Spalt mit dem charakteristischen Intensitätsprofil. Für die Intensitätsverteilung eines Beugungsgitters erhält man
2
I(θ)
sin ξ
= HN (η)
I0
ξ
2 2
sin N η
sin ξ
=
(3)
sin η
ξ
mit den Abkürzungen
η = π(d/λ) sin θ = (d/b) ξ ,
ξ = π(b/λ) sin θ .
(4)
(5)
Die Interferenzfunktion HN (η) bestimmt im wesentlichen die Helligkeitsverteilung. Die
Hauptmaxima, deren Lage durch Gl. (2) gegeben ist, werden mit wachsender Spaltanzahl N
immer schmaler und steiler. Die Intensität ist durch den zweiten Faktor in Gl. (3) gegeben. Er
beschreibt die Beugungserscheinung am Einzelspalt und bewirkt ein ‘Modulation’ der Hauptmaxima (mit Nullstellen bei sin θ = nλ/b). Zwischen den Hauptmaxima liegen N − 2 kleine
Nebenmaxima, deren Intensität jedoch mit I 0 /N 2 abnimmt. Für genügend große N sind diese
Nebenmaxima daher vernachlässigbar.
2
1.3 Spektrales Auflösungsvermögen
Zur Trennung zweier Spektrallinien der Wellenlängen λ und λ + ∆λ nutzt man die Winkeldispersion des Gitters aus. Aus Gl. (2) erhält man nach Differentiation
dθ
∆θ
n
=
=
.
dλ
∆λ
d cos θ
(6)
Nach dem Rayleigh-Kriterium können zwei Linien gerade noch getrennt werden, wenn das
Beugungsmaximum der ersten Linie mit dem ersten Beugungsminimum der zweiten Linie zusammenfällt. Gemäß Gl. (3) entspricht dies für die Interferenzstreifen erster Ordnung der Bedingung ∆η = π/N. Einsetzen in Gl. (4) ergibt
∆θ =
λ
λ
∆η =
π d cos θ
d N cos θ
(7)
und aus dem Vergleich mit Gl. (6) erhält man das Auflösungsvermögen
A=
λ
= nN .
∆λ
(8)
Das spektrale Auflösungsvermögen eines Gitterspektrometers ist gleich dem Produkt aus der
Interferenzordnung n und der Anzahl N der beleuchteten Gitterspalte. Es ist unabhängig von
der Gitterkonstanten.
2
Versuchsanordnung
Für die Messungen wird ein Gitterspektrometer verwendet, schematisch dargestellt in Abb. 2.
Durch die Lichtquelle L wird ein verstellbarer Spalt Sp am Kollimatorrohr beleuchtet. Die Kollimatorlinse K erzeugt aus dem vom Spalt kommenden Licht ein paralleles Bündel, das senkrecht auf das Gitter G fallen soll, das in der Mitte des Spektrometertisches aufgestellt wird. Das
gebeugte parallele Licht wird durch ein um die Spektrometerachse schwenkbares Fernrohr F beobachtet. Die Objektivlinse Ob erzeugt ein Zwischenbild an einer Stelle, in der ein Fadenkreuz
eingebaut ist. Fadenkreuz und Spaltbild werden durch das Okular Ok betrachtet. Die Stellung
des Fernrohres wird an einer Winkelteilung, die am Umfang des Spektrometers angebracht ist,
mit Hilfe des Nonius auf 0,1 Grad genau abgelesen.
Als Lichtquelle werden Gasentladungslampen verwendet, die Spektren diskreter Linien aussenden, s. Tabelle 1 für die Elemente Na und Hg. Bei der Natriumdampflampe dominiert die
Intensität der gelbe Doppellinie alle übrigen Linien. Sie ist praktisch als monochromatische
Lichtquelle anzusehen. Die Quecksilberdampflampe emittiert einige Linien, die über das ganze
Spektrum verteilt sind. Zur Entstehung von Spektrallinien und ihren Eigenschaften sowie der
Wirkungsweise von Gasentladungslampen siehe Versuch 53.
3
Abbildung 2: Schematischer Aufbau eines Gitterspektrometers
Element
λ [nm]
Farbe
Intensität
Natrium (Na)
616,08
615,42
589,59
589,00
568,82
568,27
gelbrot
gelbrot
gelb
gelb
gelbgrün
gelbgrün
mittel
mittel
stark D1
mittel D2
mittel
mittel
Quecksilber (Hg)
579,07
576,96
546,07
496,00
491,60
435,83
407,78
404,65
gelb
gelb
grün
blau-grün
blau-grün
blau
violett
violett
sehr stark
sehr stark
stark
schwach
mittel
stark
mittel
stark
Tabelle 1: Spektrallinien von Natrium und Quecksilber
4
3 Versuchsdurchführung
Die Beziehung Gl. (2) kann dazu benutzt werden, durch Messung des Ablenkwinkels θ entweder die Wellenlänge λ bei bekannter Gitterkonstanten d, oder d bei bekanntem λ zu bestimmen.
Hier soll die Gitterkonstante bestimmt werden. Es werden dabei zwei Verfahren angewendet.
Bei Gittern mit kleiner Gitterkonstanten bzw. feiner Furchenteilung benutzt man mehrere Linien eines Spektrums in der ersten und vielleicht noch in der zweiten Ordnung. Es ist durchaus
möglich, daß sich die Linien verschiedener Ordnung überschneiden. Bei visueller Beobachtung
kann man das an der Farbe leicht erkennen. Gitter mit grober Teilung d.h. großer Gitterkonstanten erlauben die Beobachtung mehrerer Ordnungen. Hierzu verwendet man zweckmäßigerweise
einfarbiges Licht. Die Zuordnung der Wellenlängen zu den farbigen Spektrallinien erfolgt mit
Hilfe der Tabelle 1.
Die Einrichtung des Spektrometers geschieht auf folgende Weise: Der Spalt wird weit aufgemacht und so ausgerichtet, daß er von der Lichtquelle voll und gleichmäßig ausgeleuchtet ist.
Das Fadenkreuz ist fest im Okular eingesetzt und erscheint immer scharf. Das auf Unendlich
eingetellte Fernrohr wird jetzt ohne Gitter auf den Kollimator gerichtet. Durch Verschieben des
Okulars kann der Spalt scharf eingestellt werden. Die Breite des Spalts wird soweit verringert,
daß der Schnittpunkt des Fadenkreuzes noch gut erkennbar ist. Nachdem das Gitter auf den
Spektrometertisch gestellt ist, wird für eine bestimmte Spektrallinie der Beugungswinkel nach
rechts und nach links gemessen. Die beiden Meßwerte müssen übereinstimmen, anderenfalls
muß das Gitter solange adjustiert werden, bis die Beugung symmetrisch erfolgt.
Die Messungen werden mehrfach wiederholt, rechts und links vom Maximum nullter Ordnung. Man protokolliere die Ordnungszahl n, die Wellenlänge λ und den Beugungswinkel θ.
Daraus berechne man für jede Messung die Gitterkonstante d, bevor aus sämtlichen Messungen
der Mittelwert und zugehörige Fehler bestimmt wird.
3.1 Aufgaben
1. Messung der Gitterkonstanten von zwei Gittern mit mehreren bekannten Spektrallinien
des Na- und Hg-Spektrums. Man nutze so viele Ordnungen aus, wie zuverlässig beobachtbar. Man trage für die Linien, die in gleicher Ordung beobachtet werden, den Sinus
des Ablenkwinkels sin θ gegen die Wellenlänge λ graphisch auf. Aus der Steigung der
Ausgleichsgeraden durch die Messpunkte bestimme man die Gitterkonstante d. (Höhere
Ordnungen können durch die Variable sin θ/n berücksichtigt werden.)
2. Unter geeigneter Wahl des Gitters überprüfe man das Auflösungsvermögen aus Gl. (8).
Man überlege, welche Auflösung erforderlich ist, um die beiden Na D-Linien zu trennen. Man versuche, die beiden Na-Linien zu beobachten und vergleiche das Ergebnis
mit der Winkeldispersion aus Gl. (6). Durch Variation des Beleuchtungsspalts oder durch
Abdeckung mit einer Blende vor dem Gitter kann die beleuchtete Fläche des Gitters verkleinert werden und somit die Auflösung verändert werden. Man verändere die experimentellen Bedingungen so lange, bis die Na-Linien nicht mehr getrennt werden können.
Man wiederhole diese Beobachtung mit den beiden gelben Hg-Linien.
3. Bei geeigneter Wahl eines Gitters untersuche man die höheren Ordnungen einzelner Spektrallinien und überprüfe die Gültigkeit der Formel (2).
5
4 Fehlerrechnung
Von der Erfassung systematischer Fehler wird hier abgesehen. Solche Fehler können z. B. auftreten, wenn das Gitter nicht senkrecht zum einfallenden Lichtstrahl aufgestellt worden ist.
Unsystematische Fehler werden durch ungenaue Ablesung verursacht. Um diese Fehler zu
vermindern, werden die Messungen mehrfach wiederholt. Die Gitterkonstante wird bestimmt
aus Gl. (2) gemäß
nλ
.
d=
sin θ
Da die Wellenlängen aus der Literatur als praktisch fehlerfrei angenommen werden können,
hängt die Genauigkeit also allein von der Winkelmessung θ ab.
Der arithmetische Mittelwert d¯ aus m Einzelmessungen di berechnet sich nach
1 di .
d¯ =
m i=1
m
(9)
Aus der Streuung der Einzelwerte um dem Mittelwert ∆d i = d¯ − di erhält man die Varianz σ 2
bzw. Standardabweichnung σ als Maß für den Fehler einer einzelnen Messung
m
1 ¯2
(di − d)
(10)
σd ≡ ∆d =
m − 1 i=1
und für den Fehler des Mittelwertes
σd
σd¯ = √
m
bzw.
6
∆d
∆d¯ = √ .
m
(11)
Zugehörige Unterlagen
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