Von Sonnenflecken, Fraunhofer-Linien und Lochkameras: der

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Von Sonnenflecken, Fraunhofer-Linien und Lochkameras:
der Abstand zwischen Erde und Sonne
Rolf Schlichenmaier
April 2010
1
Kurzanleitung des Praktikums
Dies ist eine Kurzanleitung für ein kleines Praktikum. Es richtet sich an Schüler der Oberstufe. Ziel ist es die Größe der Sonne, und deren Entfernung von der Erde zu bestimmen.
Als Vorbereitung soll der Artikel “Die Anatomie der Sonne” in Sterne & Weltraum, Spezial
1,“Unsere Sonne”, 2007, gelesen werden. Unbekannte Effekte, wie z. B. der Doppler-Effekt und
Fraunhofer’sche Absorptionslinie sollen in Physik-Lexika nachgeschlagen werden.
Abbildungen der kugelförmigen Sonne in der Abbildungsebene werden als Sonnenscheiben
bezeichnet. Sonnenflecken wandern scheinbar auf der Sonnenscheibe. Doch es sind nicht die
Sonnenflecken, die wandern, sondern die Sonne, welche rotiert. Aus Aufnahmen der Sonnenscheibe (auf welcher ein Sonnenfleck sichtbar ist), soll im 1. Schritt die Rotationsperiode P
der Sonne bestimmt werden. Im 2. Schritt bestimmt man die Rotationsschwindigkeit v an der
Oberfläche der Sonne durch die Dopplerverschiebung von Fraunhofer’schen Absorptionslinien
an den beiden Sonnenrändern des solaren Äquators. In einem Zwischenschritt wird dann aus
den ersten beiden Schritten der Durchmesser der Sonne bestimmt. Dieses Zwischenergebnis
wird verwendet um in einem 3. Schritt mithilfe einer Lochkamera den Abstand zwischen Sonne
und Erde zu bestimmen.
1.1
Der 1. Schritt: die Rotationsperiode der Sonne
Im einfachsten Fall hat man 2 Bilder im Abstand von ca. 7 Tagen. Der Zeitabstand sei mit
∆t bezeichnet. Die Position des Fleckes der zweiten Aufnahme, P2 , wird in das erste Bild
übertragen. P1 bezeichne die Position des Fleckes in der ersten Aufnahme. Beide Flecken
werden durch eine Gerade miteinander verbunden. Es werden die Abstände gemessen. Die
Länge a bezeichne den Abstand vom Schnittpunkt der Geraden mit dem Sonnenrand und der
Position des Fleckes im ersten Bild. Die Länge b bezeichne den Abstand zwischen den beiden
Fleckenpositionen. Die Länge c bezeichne den Abstand der Position des zweiten Fleckes zum
Schnittpunkt der Geraden mit dem (anderen) Sonnenrand. Nun betrachte man eine Ebene
die senkrecht auf der Sonnenscheibe steht, und welche durch die gezeichnete Gerade geht. Der
Schnitt der Sonnenkugel mit dieser Ebene hat den Radius r. Der zugehörige Kreis habe den
Mittelpunkt M . Da die Ebene nicht notwendigerweise durch den Äquator der Sonne gelegt wird
ist r < rSun (dies ist nicht weiter von Belang). Gesucht ist zunächst der Winkel, α = Winkel(P1 ,
M , P2 ). Dieser Winkel kann als Summe zweier Winkel berechnet werden, wenn die Normale
der Punktes M mit der Geraden zwischen P1 und P2 eingezeichnet wird. Daraus entstehen
2 rechtwinklige Dreiecke, die je einen Eckpunkt in M haben, welcher der Scheitelpunkt von
1
2 Winkeln ist. Der Winkel β bezeichne den Winkel zwischen der Normalen und der Geraden
zwischen M und P1 , und γ den Winkel zwischen der Normalen und der Geraden zwischen M
und P2 . Nun wird auch der Durchmesser des Kreises eingezeichnet, der parallel zur Gerade
zwischen P1 und P2 verläuft. Für die Winkel β und γ der beiden rechtwinkligen Dreiecke
ergeben sich:
r−c
r−a
und
sin γ =
sin β =
r
r
Der gesuchte Winkel α = β + γ. Die Rotationsperiode P ergibt sich, wenn die Winkel in
Bogenmaß gemessen werden, mittels:
∆t
α
=
P
2π
1.2
Der 2. Schritt: die Oberflächengeschwindigkeit der Sonne
Dieser Schritt ist vom Verständnis her etwas komplexer, weil man die Physik der Fraunhofer’schen Absorptionslinien verstehen sollte. Hier nur eine sehr knappe Erklärung: Die
Fraunhofer-Linien entstehen in der Atmosphäre der Sonne. Die Oberfläche der Sonne glüht
mit ca. 6000 Grad Celcius, und strahlt deswegen ein kontinuierliches Lichtspektrum aus, also
Licht in denen alle Farben (Wellenlängen) vorkommen. Die Gasatome der Atmosphäre können
Licht mit ganz bestimmten Wellenlängen absorbieren, indem ein Elektron des Atomes von
einem Grundzustand in ein angeregtes Niveau angehoben wird. Bei dieser Wellenlänge ist die
Lichtintensität dann – relativ zu anderen Wellenlängen – reduziert. Im Regenbogen-Spektrum
der Sonne ist an dieser Stelle dann ein dunkler Streifen. Es gibt viele tausend starke und
schwache Linien, weil es entsprechend viele Möglichkeiten für atomare Elektronenübergänge
gibt.
Darüberhinaus gibt es aber auch Linien, die in der Erdatmosphäre entstehen. Diese sind
unterscheidbar, weil sie sehr dünn sind (aufgrund der kleinen Temperatur in der Erdatmosphäre
sind sie nicht “thermisch” verbreitert). Für unseren Versuch verwenden wir zwei solare und zwei
terrestrische Linien bei 630.2 nm. Die terrestrischen Linien, deren Wellenlängen als bekannt
vorausgesetzt werden, verwenden wir zur Bestimmung der Wellenlängenskala und als relativen
Geschwindigkeits-Nullpunkt. Denn die Wellenlängenpositionen der solaren Linien sind durch
die Rotationsgeschwindigkeit an der Oberfläche wegen dem Doppler-Effekt verschoben:
Der Doppler-Effekt ist gegeben durch die Formel:
δλ
v
=
c
λ
.
Entscheidend beim Doppler-Effekt ist, dass nur die Geschwindigkeitskomponente v in Richtung
des Betrachters (entlang der Sichtlinie) relevant ist. c ist die Lichtgeschwindigkeit, δλ die
Wellenlängenverschiebung durch den Doppler-Effekt, und λ die Wellenlänge der Linie.
Der Ostrand der Sonne dreht sich zur Erde hin, so dass die solaren Linien blauverschoben,
also zu kürzeren Wellenlängen hin verschoben sind. Der Westrand bewegt sich weg von uns, so
dass die Linien dort rotverschoben sind. Wird die Scheibenmitte betrachtet, kann keine Verschiebung gemessen werden, weil die Rotationsgeschwindigkeit senkrecht zur Sichtlinie steht.
Entlang des Äquators ergibt sich die folgende Projektionsformel für die Geschwindigkeitskomponente entlang der Sichtlinie:
v = vOberfläche · sin θ.
Der heliozentrische Winkel θ wird vom Mittelpunkt der Sonne gemessen, und zwar so, dass die
Sonnenmitte als θ = 0 definiert wird. Der Sonnenrand befindet sich bei θ = 90. Der Winkel θ
2
Abbildung 1:
Zur
Messung der Rotationsgeschwindigkeit
an der Oberfläche der
Sonne wird ein Spektrum am Ostrand und
eines am Westrand der
Sonne aufgenommen.
Der Ausschnitt des
Spektrums besteht aus
den 2 solaren und 2
terrestrischen Linien.
Abbildung 2:
Die
Rotationsgeschwindigkeit der Sonne kann
durch die Doppler-Verschiebung
der solaren Linien bestimmt werden. Die terrestrischen Linien sind
unverschoben und dienen als Referenz. Deren Abstand ist bekannt
und beträgt 0.0760 nm. Hiermit
kann die gemessene Verschiebung
der solaren Linien geeicht werden.
Die blauverschobene graue Linie
stammt vom Ostrand und die
rotverschobene schwarze Linie vom
Westrand.
Beide solaren Linien
zeigen die gleiche Verschiebung:
0.0072 nm. Die Formel skizziert
wie die Rotationsgeschwindigkeit
berechnet werden kann, jedoch
ohne dabei die im Text erwähnte
Projektionsformel zu verwenden.
3
einer Position auf der Sonnenscheibe kann durch den Abstand d von der Sonnenmitte d = sin θ
bestimmt werden, wenn die Abstände auf den Sonnenradius normiert werden (?).
Die Oberflächengeschwindigkeit vOberfläche kann nun wie folgt berechnet werden. Zunächst
berechnen wir v und nehmen dabei der Einfachheithalber an, dass die solaren Linien von Ostund Westrand bei gleichem θ gemessen wurde. Die Eichung der Wellenlänge ergibt sich durch
den bekannten Abstand der beiden terrestrischen Linien von 0.0760 nm. Für die Verschiebung
der solaren Linien kann dann δλ als Unterschied zwischen Ost- und Westrand gemessen werden.
Für v, welches ja dem Unterschied zwischen (Rot oder Blau-) Verschiebung und unverschoben
entprechen soll, muss die Hälfte genommen werden:
v=
δλ
1
·c·
2
λ
Die Oberflächengeschwindigkeit vOberfläche = v/ sin θ ergibt sich dann mittels obiger Formel.
Beispielhafte Messungen sind in den Abbildungen 1 und 2 gezeigt.
1.3
Zwischenergebniss: der Durchmesser der Sonne
Aus P und vOberfläche ergibt sich der Durchmesser der Sonne, dSonne aus:
vOberfläche =
1.4
π · dSonne
,
P
also
dSonne =
vOberfläche · P
.
π
Der 3. Schritt: der Abstand zwischen Sonne und Erde
Der Abstand zwischen Sonne und Erde wird als Astronomische Einheit, AE, bezeichnet. Da die
Erdbahn leicht elliptisch ist, sollte genauer vom mittleren Abstand zwischen Sonne und Erde
gereden werden. Hier soll es aber genügen die Erdbahn durch einen Kreisbahn anzunähern.
Mit einer Lochkamera kann ein Bild der Sonnenscheibe erzeugt werden. Mit dem Strahlensatz kann aus der Bildgröße b, dem Bildabstand l von der Lochblende, und dem tatsächlichen
Sonnendurchmesser dSonne , die Astronomische Einheit bestimmt werden:
b
dSonne
=
1AE
l
l
1AE = dSonne · .
b
⇒
Die Lochkamera sollte optimalerweise ca. 1 m lang sein und eine Lochblende mit einem Durchmesser von ca. 1 mm haben. Infos zur Lochkamera finden sich bei Wikipedia. Basteltipps: Eine
Transportrolle für Poster hat meist die richtige Länge, und kann leicht mit einer Lochblende an
einem Ende versehen werden. Das Loch eine Büroklammer hat meist einen Durchmesser von 1
mm.
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