32 Grundbegriffe der Topologie

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33 Grundbegriffe der Topologie
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Grundbegriffe der Topologie
Lernziele:
• Konzepte: Offene und abgeschlossene Mengen
• Resultate: Charakterisierungen der Stetigkeit
• Kompetenzen: Anwendungen topologischer Konzepte
Frage: Es seien M ⊆ R2 und f : M 7→ R stetig. Suchen Sie Bedingungen an M , unter
denen f beschränkt ist und solche, unter denen f (M ) ein Intervall ist.
32.1 Motivation. Die wichtigsten Ergebnisse zur Stetigkeit wurden in der Analysis I für Funktionen formuliert, die auf Intervallen definiert sind. Nun gibt es schon
in der Ebene R2 viele verschiedene Typen von Mengen, die vernünftige Definitionsbereiche für stetige Funktionen sein können, etwa Rechtecke, Streifen, Halbebenen,
Kreise, Ovale, Ellipsen, Ringe oder allgemeinere Mengen, die von geeigneten Kurven
begrenzt sind; mindestens ebenso vielfältig ist die Auswahl an Definitionsbereichen im
Rn (n ≥ 3) oder in allgemeinen metrischen Räumen. Es ist daher nötig, durch geeignete Konzepte eine Ordnung in diese Vielfalt zu bringen und diejenigen Eigenschaften
von Mengen zu bestimmen, unter denen die wesentlichen Aussagen über Konvergenz
und Stetigkeit gelten.
Beweise zu diesem Abschnitt findet man in [A2], Abschnitt 4.
32.2 Randpunkte. a) Alle in 32.1 angegebenen Mengen in der Ebene besitzen einen
offensichtlichen Rand“; daher wird zunächst dieser Begriff präzise gefaßt. Für M ⊆ X
”
wird mit M c := X\M das Komplement von M in X bezeichnet.
b) Es seien X ein metrischer Raum und M ⊆ X . Ein Punkt x ∈ X heißt Randpunkt
von M , falls für alle ε > 0 sowohl Kε (x) ∩ M 6= ∅ als auch Kε (x) ∩ M c 6= ∅ gilt. Die
Menge aller Randpunkte von M heißt Rand ∂M = ∂X M von M (in X ).
b) Es gilt genau dann x ∈ ∂M , wenn es Folgen (an ) in M und (bn ) in M c mit
an → x und bn → x gibt.
c) Für Kugeln in normierten Räumen gilt
∂Kr (a) = ∂K r (a) = Sr (a) := {x ∈ X | d(x, a) = r} .
(1)
d) Für allgemeine metrische Räume ist (1) i. a. nicht richtig. Für die diskrete Metrik
etwa ist S1 (a) = X\{a} , aber ∂M = ∅ für jede Menge M ⊆ X .
e) Der Rand eines Intervalls in R besteht aus dessen Endpunkten.
f) Für die Menge Q ⊆ R der rationalen Zahlen hat man ∂R Q = R .
Die Beispiele d) und f) zeigen, daß der Rand in gewissen Fällen unanschaulich sein
kann.
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V. Topologische Grundlagen der Analysis
32.3 Definition. Es sei X ein metrischer Raum. Eine Menge M ⊆ X heißt offen,
wenn zu jedem a ∈ M ein ε > 0 mit Kε (a) ⊆ M existiert.
32.4 Offene Mengen. a) Eine Menge M ⊆ X ist genau dann offen, wenn
M ∩ ∂M = ∅ gilt.
b) Für eine Menge M ⊆ X heißt
M ◦ := M\∂M = {a ∈ M | ∃ ε > 0 : Kε (a) ⊆ M}
(2)
Inneres von M . M ist also genau dann offen, wenn M = M ◦ gilt.
c) Eine Menge U ⊆ X heißt Umgebung von x ∈ X , wenn es eine in X offene Menge
D mit x ∈ D ⊆ U gibt. Dies ist genau dann der Fall, wenn es ε > 0 mit Kε (x) ⊆ U
gibt.
32.5 Definition. Es seien X ein metrischer Raum und M ⊆ X . Die Menge
M := M ∪ ∂M heißt Abschluß von M . Die Menge M heißt abgeschlossen, wenn
M = M , also ∂M ⊆ M gilt.
32.6 Abgeschlossene Mengen. a) Es ist x ∈ M genau dann, wenn Kε (x) ∩ M 6= ∅
für alle ε > 0 gilt. Daraus ergibt sich auch
M = {x ∈ X | ∃ (an ) in M mit an → x} .
(3)
Insbesondere ist M ⊆ X genau dann abgeschlossen, wenn jeder Punkt x ∈ X , für
den eine Folge (an ) in M mit an → x existiert, bereits selbst in M liegt.
b) Die Menge M ist stets abgeschlossen. Aus M ⊆ N folgt M ⊆ N ; insbesondere ist
M die kleinste abgeschlossene Menge, die M enthält.
32.7 Beispiele und Bemerkungen. a) Nach (1) sind offene Kugeln offen in X
und abgeschlossene Kugeln abgeschlossen in X . Mengen, die ihren Rand teilweise
enthalten, sind natürlich weder offen noch abgeschlossen, so etwa Q oder halboffene
Intervalle in R .
b) Die Begriffe offen“ und abgeschlossen“ sind relativ zu einem Oberraum erklärt.
”
”
So ist etwa (−1, 1] in X = R weder offen noch abgeschlossen, in X = (−∞, 1]
jedoch offen und in X = (−1, ∞) abgeschlossen. Beide Eigenschaften können also
beim Übergang zu einem größeren Oberraum verloren gehen.
32.8 Feststellung. Eine Menge M ⊆ X in einem metrischen Raum X ist genau
dann abgeschlossen, wenn ihr Komplement M c offen ist.
32.9 Feststellung. Es sei X ein metrischer Raum.
a) X und ∅ sind offen und abgeschlossen.
b) Beliebige Vereinigungen und endliche Durchschnitte offener Mengen sind offen.
c) Beliebige Durchschnitte und endliche Vereinigungen abgeschlossener Mengen sind
abgeschlossen.
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32.10 Beispiele und Bemerkungen. a) Die Beispiele
∞
T
(− n1 , n1 ) = {0} und
n=1
∞
S
[ n1 , 1] =
n=1
(0, 1] zeigen, daß unendliche Durchschnitte offener Mengen i. a. nicht offen und unendliche Vereinigungen abgeschlossener Mengen i. a. nicht abgeschlossen sind.
b) Für jede offene Menge D ⊆ R gibt es eine Folge (Ik ) disjunkter offener Intervalle
∞
S
mit D =
Ik (o. B.).
k=1
32.11 Die Cantor-Menge. a) Für ein kompaktes Intervall H in R bezeichne ω(H)
das offene mittlere Drittel, und es sei γ(H) := H\ω(H) . Für eine disjunkte VereiniS
S
gung A := j Hj von r kompakten Intervallen setzt man γ(A) := j γ(Hj ) ; dann ist
γ(A) disjunkte Vereinigung von 2r kompakten Intervallen.
b) Es sei nun C0 := [0, 1] , und rekursiv wird Cn := γ(Cn−1 ) für n ∈ N definiert. Der
Durchschnitt C :=
∞
T
n=1
Cn heißt Cantor-Menge. Nach Feststellung 32.9 sind alle Cn
und auch C abgeschlossene Teilmengen von R .
c) Die Summe der Längen der entfernten Intervalle ist
1
3
+ 92 +
4
27
+··· =
1
3
∞
P
( 23 )k = 1 .
k=0
d) Es sei nun x = 0, x1 x2 x3 . . . die triadische Entwicklung von x ∈ [0, 1] (vgl. [A1],
(7.3)* mit g = 3 ). Schreibt man stets . . . 02222 . . . statt . . . 10000 . . . , so gilt x ∈ C
genau dann, wenn in der Entwicklung von x keine 1 auftritt. Somit gibt es eine
bijektive Abbildung von C auf [0, 1] .
32.12 Dichte Mengen. a) Es sei X ein metrischer Raum. Eine Menge M ⊆ X
heißt dicht in X , falls M = X gilt.
b) Die Menge (0, 1) ∪ (1, 2) ist dicht in [0, 2] , Q ist dicht in R und {sin n | n ∈ N}
ist dicht in [−1, 1] (o. B.).
32.13 Definition. Es seien X ein metrischer Raum und M ⊆ X .
a) Ein Punkt c ∈ X heißt Häufungspunkt von M , wenn es eine Folge (xn ) in M\{c}
mit xn → c gibt.
b) Ein Punkt a ∈ M heißt isolierter Punkt von M , wenn es eine Umgebung U von
a mit U ∩ M = {a} gibt.
32.14 Beispiele und Bemerkungen. a) Nach (3) ist c ∈ X genau dann Häufungspunkt von M , wenn c ∈ M\{c} gilt, wenn also jede Umgebung von c Punkte aus
M\{c} enthält.
b) Ein Punkt a ∈ M ist genau dann ein isolierter Punkt von M , wenn a 6∈ M\{a}
gilt.
c) Die Menge M := {0} ∪ (1, 2) ⊆ R besitzt den isolierten Punkt 0 , und [1, 2] ist die
Menge aller Häufungspunkte von M .
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32.15 Definition. Es seien X, Y metrische Räume und c ∈ X ein Häufungspunkt
von M ⊆ X . Eine Abbildung f : M\{c} 7→ Y strebt gegen ℓ ∈ Y für M ∋ x → c ,
falls für jede Folge (xn ) in M\{c} mit xn → c stets f (xn ) → ℓ gilt. Man schreibt
f (x) → ℓ für (M ∋) x → c oder auch lim f (x) = ℓ . ℓ heißt Grenzwert oder
(M ∋)x→c
Limes von f in c (bzgl. M ).
Offenbar gilt genau dann x→c
lim f (x) = ℓ , wenn die durch f (c) := ℓ fortgesetzte Funktion
f : M ∪ {c} 7→ Y in c stetig ist.
32.16 Satz. Es seien X, Y metrische Räume. Für eine Abbildung f : X 7→ Y sind
äquivalent:
(a) f ist stetig auf X .
(b) Für alle M ⊆ X gilt f (M) ⊆ f (M) .
(c) Für abgeschlossene Mengen A ⊆ Y ist f −1 (A) in X abgeschlossen.
(d) Für offene Mengen D ⊆ Y ist f −1 (D) in X offen.
32.17 Distanzfunktionen. Es seien X ein metrischer Raum und M ⊆ X . Für
x ∈ X wird die Distanz von x zu M durch
dM (x) := inf {d(x, a) | a ∈ M}
(4)
definiert. Für x, y ∈ X gilt
| dM (x) − dM (y) | ≤ d(x, y) ,
(5)
und insbesondere ist die Funktion dM : X 7→ R stetig.
−1
−1
b) Nach 32.16 ist d−1
M (0) abgeschlossen, und aus M ⊆ dM (0) folgt auch M ⊆ dM (0) .
Ist umgekehrt dM (x) = 0 , so gibt es eine Folge (an ) in M mit d(an , x) → 0 , und
man hat x ∈ M . Somit gilt also dM (x) = 0 ⇔ x ∈ M .
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