Astronomische Instrumente und Methoden

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Astronomische Entfernungsmessung
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Dr. Th. Vogtmann
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Der Dauerbrenner in der Astronomie
• Wie groß ist die Erde, wie weit sind Mond, Sonne, Planeten, Sterne und Galaxien von uns
entfernt.
• Die Bestimmung von Distanzen ist eine der schwierigsten und zugleich faszinierendsten
Aufgaben der Astronomie. Ein astronomischer «Dauerbrenner» gewissermaßen seit
Menschen sich mit astronomischen Fragen beschäftigen
• Menschliche Vorstellung von der (Un-)Endlichkeit des Weltalls
• In der modernen Astronomie wichtig für den Test neuer Hypothesen und Modelle
• Die Distanzbestimmung weit entfernter Objekte ist auch heute noch unsicher
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Inhalt
• Die Antike und die Entfernung zum Mond
• Das Urmeter der Astronomie: Die Astronomische Einheit
• Die direkte Methode: Parallaxenmessungen
• Es wird unsicherer: Standardkerzen
• Entfernungen? :Kosmologische Entfernungen
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Die Antike und die Entfernung zum Mond
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Aristarch von Samos
• (etwa 310 - 230 v. Chr.; auch Aristarchus oder Aristarch) war ein griechischer Astronom und
Mathematiker.
• Aristarchos zählt zu den ersten Vertretern des Heliozentrischen Weltbilds, das die Sonne in den
Mittelpunkt der Welt rückte. Seine Ideen wurden im 16. Jahrhundert von Nikolaus Kopernikus
aufgegriffen.
• Schrift: Über die Größe und Entfernungen der Sonne und des Mondes
• Keine Götter und Mythologien, sondern wissenschaftliche Betrachtungsweise
• Aristarch hielt die Sonne für ein großes Feuer, der Mond hat kein eigenes Licht, sondern wird
von der Sonne beleuchtet
• Wie kam Aristarch zu seinen Werten?
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Das Verhältnis des Abstandes Erde – Mond zu Erde – Sonne
• Aristarch stellt folgende Überlegung an:
Wenn genau Halbmond herrscht, dann ist
doch der Winkel Beobachter – Mond –
Sonne genau 90º.
• Aristarch bemühte sich nun, bei Halbmond
den Winkel Mond – Beobachter – Sonne
zu messen (ein ungemein schwieriges Unterfangen!) und fand ihn zu 87°.
• Wenn man nun dieses Dreieck Mond – Beobachter – Sonne so genau wie möglich konstruiert
oder Winkelfunktionen zu Hilfe nimmt, erhält man Folgendes: Die Sonne ist etwa 19-mal
weiter entfernt von der Erde als der Mond.
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Das Verhältnis der Größe des Mondes zur Größe der Sonne
• Diese erste Feststellung, dass die Sonne 19-mal weiter
entfernt ist als der Mond, sagt noch nichts aus über das
Verhältnis der Größe des Mondes zur Größe der Sonne.
• Zur Bestimmung des Verhältnisses der Größe des Mondes
zur Größe der Sonne nutzte Aristarch die Tatsache, dass bei
einer totalen Sonnenfinsternis der Mond die Sonne ganz
genau verdeckt.
• Zur Zeit des Aristarch war die Mathematik der Griechen
bereits voll entwickelt (Aristarch lebte nach Euklid und
Pythagoras), und so war es ihm ein Leichtes festzustellen:
Sonne und Mond haben gleiche scheinbare Größe.
• Die Sonne ist 19-mal weiter entfernt als der Mond, also
muss die Sonne auch 19-mal größer sein als der Mond.
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Das Verhältnis Monddurchmesser zur Entfernung Erde – Mond bzw. Sonnendurchmesser zur
Entfernung Erde – Sonne
• Aristarch machte folgende Feststellung: Der Mond erstreckt sich über l/15 eines
Tierkreiszeichens. Wir haben (wie die alten Griechen) zwölf Tierkreiszeichen, vom Widder
über den Stier bis hin zu den Fischen. Jedes Tierkreiszeichen sollte sich also über einen Winkel
von 30° erstrecken. Nach Aristarch sollte der Mond (und damit auch die Sonne) einen
Winkeldurchmesser von 2° haben.
• Bemerkung: Der Wert 2° ist zu groß. Der Winkeldurchmesser des Mondes beträgt in
Wirklichkeit nur etwa ein halbes Grad.
• Nimmt man die Entfernung Beobachter – Mond (oder Beobachter – Sonne) zu 1, so bedeutet
ein Winkel von 2° eine Strecke von (2×π×2°)/360° = 0,035. Der Durchmesser des Mondes
beträgt also (nach Aristarch) 3,5% seiner Entfernung von der Erde. Der Durchmesser der Sonne
beträgt ebenfalls 3,5% ihrer Entfernung von der Erde.
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Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse:
• Setzt man die Entfernung Erde – Mond gleich 1, so erhält man folgende Größenangaben:
• Abstand Erde – Mond
1,0000
• Abstand Erde – Sonne
19,0000
• Durchmesser des Mondes
0,0350
• Radius des Mondes
0,0175
• Durchmesser der Sonne
0,6600
• Radius der Sonne
0,3300
• Die bis hierher berechneten Größenbeziehungen stehen in keinerlei Zusammenhang zur Größe
der Erde. Wir wissen zwar, dass der Mond 19-mal kleiner ist als die Sonne, ob aber die Erde
größer oder kleiner als der Mond oder die Sonne ist, kann daraus nicht abgeleitet werden.
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Bezug zur Größe der Erde
Beobachtungen:
• Bei Mondfinsternissen ist der Erdschatten rund.
• Bei einer totalen Mondfinsternis kann man drei Phasen unterscheiden:
1. Von der ersten Verdunkelung am Mondrand bis zur völligen Verdunkelung. Der Mond
gleitet in den Kernschatten der Erde hinein.
2. Der Mond ist völlig verdunkelt und gleitet durch den Erdschatten hindurch.
3. Vom ersten Sonnenlicht am Mondrand bis wieder zum voll beleuchteten Mond. Der Mond
gleitet aus dem Kernschatten der Erde heraus
Aristarch machte sich nun folgende Beobachtung zu Nutze:
• Wenn der Mond genau durch die Mitte des Erdschattens hindurch gleitet, also den längsten
Weg durch den Erdschatten nimmt, dann dauern die drei Phasen ziemlich genau gleich lange.
In unseren Zeiteinheiten gemessen: Es geht etwa eine Stunde, bis der Mond völlig verdunkelt
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ist, dann bleibt er etwa eine Stunde völlig im Dunklen, er braucht dann nochmals etwa eine
Stunde bis er wieder im alten Glanz erstrahlt.
• Aristarch schloss daraus, dass der Erdschatten an der Stelle, an der ihn der Mond durchquert
genau zwei Monddurchmesser breit ist. Daraus konnte Aristarch das Verhältnis des
Erddurchmessers zum Monddurchmesser bestimmen.
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• In der Abbildung ist die Situation nochmals schematisch dargestellt. Mit m ist der Radius des
Mondes bezeichnet, mit e der Radius der Erde und mit s der Radius der Sonne. Wir setzen
wieder den Abstand Erde - Mond gleich 1.
• Aus den grau unterlegten Dreiecken gewinnt man folgende Proportion:
(e - 2m)/1 = (s - 2m)/20
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• Setzt man s = 19m (Radius der Sonne ist 19-mal so groß wie der Radius des Mondes), so erhält
man:
(e - 2m)/1 = 17m/20
• Auflösen nach m ergibt: m = 0,35 e. Im Klartext: Der Radius des Mondes beträgt 35% des
Erdradius.
• Unter der Annahme, dass die Sonne 19-mal größer ist als der Mond, erhält man auch die
Beziehung zwischen Erdradius zu Sonnenradius: s = 6,7e. Der Radius der Sonne ist 6,7-mal
größer als der Radius der Erde.
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Hipparcos von Nicaea (190 – 120 v. Chr.)
• bestimmt Mondparallaxe bei einer Sonnenfinsternis
• Totalität am Hellespont (41°n. Breite)
• 80% der Scheibe in Alexandria (31°n. Breite)
• 20% der Sonnenscheibe (33’15‘‘) sind 6’40‘‘
• → dies ist Mondparallaxe zwischen 41° und 31° n. Breite!
• Resultat: Mondabstand ist 67 Erdradien
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Trigonometrische Parallaxe
• Die Parallaxe ist die Verschiebung, die der scheinbare Ort eines Objekts erfährt, wenn man
diesen von zwei verschiedenen Punkten aus beobachtet.
• Diesen Effekt kann man bei der Entfernungsbestimmung nutzen. In der Astronomie benötigt
man wegen der großen Entfernungen jedoch eine entsprechende Basisstrecke. Dass auch bei
astronomischen Objekten eine Parallaxe auftauchen muss, war auch im Altertum bereits
bekannt.
• Antikes Griechenland: Himmelssphäre, invertierte Schüssel, rotiert um Polachse; Sternbilder
haben überall auf Erde gleiche Form und Größe, wenn sie über den Himmel ziehen
→ dHimmelssphäre » RErde
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Das Urmeter der Astronomie: Die Astronomische Einheit (AU)
• Astronomische Einheit: mittlere Entfernung Erde - Sonne
• Nicolaus Kopernikus (1473 – 1543)
• innere Planeten: Merkur, Venus
→ Messe größte Elongation θmax (innerer Planet)
→ Erhalte Abstand Planet – Sonne d (innerer Planet)
o Beispiel: θmax (Venus) = 46° 18‘→ dVenus = 0.723dErde
o Aber: dErde, Kopernikus ≈ 1142 Erdradien ≅ 7.3x106km
o Dennoch: Vorhersage der jährlichen Parallaxe,
Basislänge 2284 Erdradien > 10 Mio km!
o Beobachtung: keine Parallaxe, Interpretation:
o A) Modell falsch
o B) Modell richtig, Entfernungen sehr groß!
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• Tycho-Brahe (1546 – 1601)
o bester „bloßer Auge“ – Beobachter!
o jährliche Parallaxen der Sterne < 1 Bogenminute → Fixsterne > 7.8×106 Erdradien entfernt
o Brahe hielt solche Distanzen für absurd und argumentierte gegen Kopernikus!
• Johannes Kepler (1571 – 1630)
o Planetenbahnen nicht Kreise, sondern Ellipsen
o T2 ~ a3
o Messe Umlaufperioden der Planeten, erhalte (Relativ-) Distanzen der Planeten
o Aber: Absolute Skala noch immer unbekannt!
• Kepler versuchte die Marsparallaxe zu messen. Auch er scheiterte an der Kleinheit dieses
Winkels.
• Kepler schloss daraus, dass die Entfernungen im Planetensystem wenigstens dreimal größer
sein müssten als damals angenommen wurde.
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Planetenparallaxen
• In Opposition: Abstand Erde – Mars = 0.37AU → Mars-Parallaxe größer als Sonnen-Parallaxe
• 1672 Mars – Opposition
• Cassini (1625 – 1712) Cayenne (5°N) und Paris (48° 52‘ N): πMars = 25'', π☼ = 9.5''
• → 1AU = 21600 Erdradien ≈ 135 Mio km
• Flamsteed (1646 – 1719) unabhängig 21 000 Erdradien
• Edmond Halley (1656 – 1747):
• Venus besser geeignet, besonders während Transit (1679)
• Nächste Transits: 6.6.1761 und 3.6. 1769
• >20 Jahre nach Halley’s Tod: viele Expeditionen
• genaues „Timing“ des Venusdurchganges nicht möglich
• π☼ ≈ 8“ – 9“
• Analyse (Johann Franz Encke 1791 – 1865): π☼ = 8.57'' (1822, 1835)
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Tägliche Parallaxe
• tägliche Parallaxe entsteht durch die Drehung des Beobachters mit der Erde und ist von der
geographischen Breite abhängig.
• Werte: Mond 57', Sonne 8''.79. Wegen des Durchmessers der Sonne (31') kann dieser Wert
nicht direkt bestimmt werden.
• David Gill (1843 – 1914
o Mars Parallaxe 1877
o aber Ausdehnung / Scheibe / keine scharfe Kante
o limitierte Genauigkeit
• Asteroiden, Eros 1941: π☼ = (8.790±0,001) ''
• 1955: Radarlaufzeiten zu Venus
• Exakte Parallaxe der Sonne
o : π☼ = 8.794'' → d☼ = 149 597 870km
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Die direkte Methode: Parallaxenmessungen
• Die Bestimmung der Astronomischen Einheit war Voraussetzung dafür, dass die
Parallaxenmethode weiterentwickelt werden konnte.
• Neue Basisstrecke: Entfernung Erde-Sonne.
• Mit der Parallaxe eines Sterns ist dabei der Winkel gemeint, unter dem der Erdbahnradius vom
Stern aus erscheint.
• 1725 versuchten James Bradley und Samuel Molyneux, die Parallaxe des Sterns Gamma
Draconis zu bestimmen. Zwischen Dezember und März stellten sie eine Positionsänderung um
etwa 20 Bogensekunden fest.
• Leider war diese Verschiebung einer möglichen Parallaxenwirkung genau entgegengesetzt.
Bradley erkannte, dass sie durch die Bewegung der Erde um die Sonne und der Endlichkeit der
Lichtgeschwindigkeit hervorgerufen wurde (Aberration).
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http://rzv048.rz.tu-bs.de/lehre/skripten/SkriptAstroII.pdf
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• Erst 1838 gelang es Friedrich Bessel die Parallaxe des Doppelsterns 61 Cygni im Sternbild
Schwan zu bestimmen.
• Er wählte diesen Stern, da er sich mit ungewöhnlich hoher Geschwindigkeit am Himmel
bewegte und somit, wie es Wilhelm Herschel bewiesen hatte, näher der Erde war als jene
Sterne die sich relativ langsam oder kaum bewegten.
• Bessel maß während eines Jahres die Position von 61 Cygni in Bezug zu den langsameren und
somit weiter entfernten Sternen. Er stellte eine Parallaxe von 0,314 Bogensekunden fest.
• Da für solch große Entfernungen selbst die Astronomische Einheit zu unhandlich war, führte
man ein neues Entfernungsmaß, das Parsec (pc), ein.
• Ein Stern hat zur Erde eine Entfernung von einem Parsec, wenn der Erdbahnhalbmesser von
dort aus betrachtet unter einem Winkel von einer Bogensekunde erscheint.
• 1 pc = 1 AE / 1" = 1 AE / (2π/360° × 1°/3600) = 206 264,8 AE = 206264,8 × 1,496×108 km=
3,0856×1013 km = 3,2615 Lj
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• Für den von Bessel bestimmten Stern 61 Cygni ergibt sich also eine Entfernung von 3,185
Parsec oder ca. 10,4 Lichtjahren.
• Bereits der uns nächstgelegene Stern Proxima Centauri hat eine Parallaxe von nur 0,765'' (somit
1,31pc).
• Erdgebunden kann man heute Parallaxen bis hinab zu 0,004 Bogensekunden bestimmen, so
dass diese Methode eine Reichweite von bis zu 250 pc, oder dem 50 Millionenfachen der
Entfernung Erde-Sonne, besitzt.
• Die jährliche Parallaxe ist die einzige direkte Methode zur Bestimmung der Entfernung eines
Sternes.
• Mit Astrometriesatelliten (Hipparcos) konnte die Messgenauigkeit auf eine Millibogensekunde
gesteigert werden.
• Geplant sind Satellitenmissionen (GAIA, Start Ende 2011) die eine Genauigkeit von 10-5''
erreichen sollen. Damit ist eine Triangulation bis zu den Magellanschen Wolken möglich.
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Säkulare Parallaxe (Sekundäre, Statistische Parallaxe)
• Die Sonne bewegt sich innerhalb der Milchstraße mit einer Geschwindigkeit von ca. 20km/s
relativ zu den benachbarten Sternen
• Aber: Die meisten Sterne in Sonnenumgebung an der galaktischen Rotation teil und haben
ungefähr die ungefähr die gleich Raumgeschwindigkeit (220km/s)
• D. h. die Sonne bewegt sich jährlich um ca. 630 Mio. km.
Sternstromparallaxe, „Moving Cluster“-Methode
• Sterngruppe (offener Sternhaufen), deren Mitglieder sich mit der gleichen Geschwindigkeit in
die gleiche Richtung durch den Raum bewegen.
• Bestimmung der Eigenbewegung und Radialgeschwindigkeit.
• Die Sterne bewegen sich für einen irdischen Beobachter auf einen bestimmten Punkt zu - den
sog. Konvergenzpunkt.
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Es wird unsicherer: Standardkerzen
Entfernungsmodul
• Angabe der Helligkeit eines Objekts in Größenklassen: m = scheinbare Helligkeit
• Definition: Absolute Helligkeit M = scheinbare Helligkeit in 10pc Entfernung
• Der Unterschied der Magnituden bei r und 10pc ist das Entfernungsmodul
 L 4π (10 pc) 2 
F (r )
r
 10 pc 
−2,5lg 
=
−
=
−
=
m−M =
2,5lg
2,5lg
5lg



2
L
F (10 pc)
10 pc
 2 
 4π r

2
mit m – M: Entfernungsmodul
m−M
5 5lg π − 5
= 5lg r −=
falls die Entfernung in pc gegeben ist, Parallaxe π ~ r
• Probleme: Extinktion durch Staub im Weltall, Wie reproduzierbar sind die Standardkerzen,
Kalibrierung, …
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Cepheiden
Periodisch veränderliche Sterne
• Es gibt eine große Anzahl verschiedener Typen veränderlicher Sterne.
• Für die Entfernungsmessung von großer Bedeutung sind die periodisch Veränderlichen.
• Ihre Helligkeit schwankt mit einer Periode von einigen Stunden bis Tage, Wochen und Monate.
Weiter gibt es Bedeckungsveränderliche und unregelmäßige Veränderliche.
• Die wichtigsten und bekanntesten periodisch Veränderlichen sind die Cepheiden. Den Namen
Cepheiden haben sie erhalten, weil man sie erstmals im Sternbild Cepheus entdeckt und studiert
hat.
• Ab 1908 wertete die Astronomin Henrietta Swan Leavitt am Harvard College Observatorium
Fotoplatten der Magellanschen Wolken aus.
• Diese Wolken sind zwei kleine Galaxien, die unsere Galaxie umkreisen.
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• Miss Leavitt entdeckte einen Zusammenhang der Cepheiden in der Magellanschen Wolke. Sie
fand heraus, je größer die mittlere Helligkeit desto länger dauert die Helligkeitsschwankung
(Periode genannt) der Cepheiden.
• Da alle von Leavitt untersuchten Cepheiden die gleiche Entfernung zur Erde haben, entspricht
die scheinbare Helligkeit der Leuchtkraft dieser Sterne. Daraus folgerte sie, dass ein
allgemeiner Zusammenhang zwischen Leuchtkraft und der Länge der Periode besteht.
• 1917 veröffentlichte Miss Leavitt ein Diagramm, welches es möglich macht von der Länge der
Periode eines Cepheiden auf die Leuchtkraft zu schließen.
• Es gibt leider keine Cepheiden, die der Erde so nahe stehen, dass man die Entfernung mit Hilfe
der jährlichen Parallaxe bestimmen könnte. Man benutzt hier die sekundäre Parallaxe.
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Perioden-Leuchtkraft-Beziehung der Cepheiden für das Helligkeitsmaximum und -minimum. Man erhält zwei
Geraden,wenn Periodendauer und Leuchtkraft logarithmisch aufgetragen werden. Quelle: Leavitt (1912).
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• Charakteristisch: schneller Anstieg, langsamer Abfall
• Perioden 1 – 50 Tage, Helligkeitsamplituden 0.1mag – 2mag
• 5 – 15 Sonnenmassen
• Probleme:
o Verschiedene Arten von Cepheiden
o Eigenschaften hängen von ihrer Metallizität ab
• Teleskope auf der Erde können Cepheiden noch in 13 Millionen Lichtjahre Entfernung
nachweisen.
• Mit dem Hubble Weltraumteleskop konnten Cepheiden in größeren Entfernungen beobachtet
werden.
• Im Jahre 1994 wurden in M100, einer Galaxie im Virgo-Galaxienhaufen, noch Cepheiden
entdeckt. Die Entfernung von M100 konnte damit zu 56 Millionen Lichtjahren bestimmt
werden.
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Supernovae
Allgemein
• Tycho Brahe (1546 – 1601): „De Nova Stella“ (1573), neuer Stern
• Supernova: Explosion eines Sterne an dessen Lebensende, die seine Helligkeit kurzfristig um
das bis zu milliardenfache steigert
Supernova Typ Ia
• Treten in allen Typen von Galaxien auf
• Modell: Doppelsternsystem mit weißem Zwerg als Begleiter
• Durch Ausdehnen des Sterns strömt Masse auf den weißen Zwerg
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• Bei kritischer Masse von 1,44MSonne (Chandrasekar-Grenzmasse) zündet der Kohlenstoff des
weißen Zwergs
• Materie verbrennt zu schwereren Elementen ( Fe, Co, Ni ), Kollaps des Weißen Zwerg zum
Neutronenstern
• Enorme Energie wird freigesetzt, so dass die Leuchtkraft der SN Explosion größer als die der
gesamten Galaxie ist
• Gleiche Helligkeit, da immer 1,44MSonne kollabieren
• Im Maximum erreichen sie eine absolute mittlere Helligkeit von
MB,Max = -(19.8 ± 0.1)m
• Nach 20 – 30 Tagen sinkt die Helligkeit um 2 – 3mag, danach exponentieller Abfall
• Guter Entfernungsmaßstab
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Galaxien als Standardkerzen
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Skalierungsrelationen
• Kinematische Eigenschaften von Spiralgalaxien und elliptischen Galaxien sind eng mit ihrer
Leuchtkraft korreliert; für Spiralen fand man die Tully-Fisher-Relation und für Ellipsen die
Faber-Jackson-Relation.
• Diese Skalierungsrelationen bilden ein wichtiges Werkzeug für Entfernungsbestimmungen.
Tully-Fisher Relation
• R.B. Tully und J.R. Fischer 1970'ern und 1980'ern entwickelt
• Diese Technik durch etliche andere Wissenschaftler verbessert und ist nun eine etablierte
Methode, um die Entfernung zu Spiralgalaxien zu messen.
• Die Methode beruht auf dem Zusammenhang zwischen der absoluten Helligkeit und der
Rotationsgeschwindigkeit von Galaxien.
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Kosmologische Entfernungen
Hubble-Parameter, Expansion des Weltalls
• Messung der Radialgeschwindigkeit von Spiralnebeln mittels Doppler-Effekt
• Slipher (1912) M31: v = -200km/s
• Slipher (1914) 13 von 15 Nebeln entfernen sich
• Hubble: Warum große Geschwindigkeiten, warum v > 0?
• Messung vieler Rotverschiebungen durch Humason
Hubble-Gesetz
• Lineare Beziehung zwischen v = cz und D, z = (λobs‘-λ0)/ λ0: Rotverschiebung
• Hubble-Gesetz: cz = H0D
• H0 ≈ 70kms-1Mpc-1
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• In einem Universum, dessen globale Entwicklung durch die Friedmann-Gleichungen
beschrieben wird, existiert kein eindeutiges Entfernungsmaß mehr.
• In der Astrophysik bedient man sich der Helligkeitsentfernung, der Winkeldurchmesserentfernung und der Laufzeitentfernung. Ferner gibt es auch noch die mitbewegte Entfernung.
• Als gemeinsamer Nenner fungiert die kosmologische Rotverschiebung.
• Je weiter eine Quelle von uns weg, umso länger braucht das Licht, umso früher wurde es
emittiert, umso größer ist z:
• Rotverschiebung ist ein geeignetes Maß für Entfernung von Quellen, insbesondere, weil z
beobachtbar ist.
• Wie steht z mit anderen Entfernungen in Beziehung? Oder: was ist Entfernung einer Quelle in
Mpc?
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Die wichtigsten Entfernungsdefinitionen sind:
Laufzeitentfernung
• Die Definition der Laufzeitentfernung (engl. proper distance) basiert auf der Lichtlaufzeit
zwischen zwei Ereignissen mit den Rotverschiebungen z2 > z1, gegeben durch
Mitbewegte Entfernung
• Die mitbewegte Entfernung ist hingegen die Distanz, die der Beobachter und das Objekt zum
gleichen Zeitpunkt zueinander aufweisen. In diesem Zustand kann der Beobachter das Objekt
allerdings nicht sehen, da das Licht gerade eben vom Objekt zu ihm ausgesandt wurde.
Winkeldurchmesserentfernung
• Winkelentfernung (angular diameter distance): Betrachte Quelle mit Radius R, beobachtet unter
Raumwinkel ω; dann definiert man die Winkelentfernung
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Leuchtkraftentfernung
• Leuchtkraftentfernung (luminosity distance): Betrachte Quelle mit Leuchtkraft L und Fluss S;
definiere Leuchtkraftentfernung
• Alle diese Entfernungen stimmen lokal (für z << 1) überein und sind eindeutige Funktionen der
Rotverschiebung.
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Zahlenbeispiele (Wikipedia)
• Für die folgenden Rotverschiebungen ergeben sich die verschiedenen Distanzen (in Milliarden
Lichtjahren) zum Beobachter (z = 0):
z
0,1
0,5
1,0
3,0
6,0
Dprop 1,280 4,970 7,600
11,190
12,370
Dcom 1,340 6,070 10,620
20,430
26,510
Dang
5,110
3,790
81,710
185,540
1,220 4,050 5,310
Dlum 1,480 9,110 21,240
• Hierbei fällt auf, dass die Winkeldurchmesserdistanz keine monotone Funktion der
Rotverschiebung ist, sondern für z = 1,6 ein Maximum aufweist, um danach wieder kleiner zu
werden.
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http://www.wissenschaft-schulen.de/sixcms/media.php/767/Muehlbauer-Cepheiden.pdf
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