Date: 10.06.2016 Neue Zürcher Zeitung 8021 Zürich 044/ 258 11 11 www.nzz.ch Genre de média: Médias imprimés Type de média: Presse journ./hebd. Tirage: 110'854 Parution: 6x/semaine N° de thème: 377.116 N° d'abonnement: 1094772 Page: 62 Surface: 77'947 mm² Seilziehen um die Hubble-Konstante Astronomen sind uneins darüber, wie schnell sich das Universum ausdehnt. Ein Grund, an unserem Weltmodell zu zweifeln, ist das aber noch nicht. VON CHRISTIAN SPEICHER Pulsierende Sterne in der Spiralgalaxie UGC 9391 helfen dabei, die Expansionsrate des Universums zu messen. Observation des médias Analyse des médias Gestion de l'information Services linguistiques ARGUS der Presse AG Rüdigerstrasse 15, case postale, 8027 Zurich Tél. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01 www.argus.ch NASA ESA NASA / ESA Réf. Argus: 61864006 Coupure Page: 1/3 Date: 10.06.2016 Neue Zürcher Zeitung 8021 Zürich 044/ 258 11 11 www.nzz.ch Genre de média: Médias imprimés Type de média: Presse journ./hebd. Tirage: 110'854 Parution: 6x/semaine N° de thème: 377.116 N° d'abonnement: 1094772 Page: 62 Surface: 77'947 mm² verlässiges Entfernungsmass. Der Vergleich von Cepheiden und Supernovae in den gleichen Galaxien erlaubte es den Forschern, den Supernova-Massstab präzise an den Cepheiden-Massstab anepische Diskussionen über widersprüch- zubinden. Eine andere Methode, die Hubbleliche Messergebnisse, die teilweise grosse Fehlermargen aufwiesen. Inzwischen Konstante zu messen, setzt gewissergibt es genauere Messungen. Doch ein massen am anderen Ende der Zeitskala Ende der Debatte ist nicht abzusehen. an, nämlich 370 000 Jahre nach dem UrEine neue Untersuchung mit dem Hub- knall. Damals wurde die kosmische Hinble-Weltraumteleskop lässt eher das tergrundstrahlung freigesetzt. Vermisst Gegenteil vermuten. Die Gruppe um man die winzigen Temperaturschwanden Nobelpreisträger Adam Riess von kungen dieser Strahlung und kombiniert der Johns Hopkins University hat ermit- das Ergebnis mit dem Standardmodell telt, dass sich das lokale Universum um der Kosmologie, ergibt sich ebenfalls ein dass die Dunkle Energie eine kosmologische Konstante ist. Wie die Forscher 5 bis 9 Prozent schneller ausdehnt, als es Wert für die Hubble-Konstante. Im Messungen der kosmischen Hinter- Idealfall sollte dieser mit dem Ergebnis Suche nach Fehlerquellen Kein kosmologischer Parameter birgt derartigen Zündstoff wie die HubbleKonstante. Dieser Parameter gibt an, wie schnell sich das Universum heute ausdehnt. In der Vergangenheit gab es zeigen, würde eine zeitlich veränderliche Dunkle Energie die Diskrepanz zwischen den Messungen zumindest verkleinern. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass es im frühen Universum bisher unbekannte Teilchensorten gegeben haben könnte, die sich wie die Neutrinos annähernd mit Lichtgeschwindigkeit be- wegten. Erweitert man das Standardmodell der Kosmologie um solche Teil- chen, liesse sich die Diskrepanz sogar ganz zum Verschwinden bringen. grundstrahlung vermuten lassen. Die von Messungen im lokalen Universum Momentan möchte Riess diese GedanDiskrepanz ist damit weitaus grösser als übereinstimmen. kenspielereien allerdings nicht überdie Fehlermarge der Messung, die nur bewerten. Wahrscheinlicher sei es, dass bei 2,4 Prozent liegt. die Diskrepanz zwischen den kosmologischen und den lokalen Messungen der Schon in der Vergangenheit gab es aller- Hubble-Konstante auf bisher unbedings Unstimmigkeiten. Tendenziell lie- kannte systematische Messfehler zuferten die auf der kosmischen Hinter- rückzuführen sei. Im Verdacht hat Riess grundstrahlung beruhenden Messungen vor allem die Messung, die mit dem kleinere Werte für die Hubble-Kon- europäischen Planck-Satelliten gemacht stante als lokale Messungen. Bei den wurde. Denn die weicht besonders stark recht grossen Fehlermargen lag die Dis- von dem lokal ermittelten Wert ab. Es krepanz allerdings noch im Bereich des gebe Hinweise darauf, dass die PlanckVertretbaren. Mit der überaus genauen Analyse der kosmischen HinterMessung von Riess und seinen Mitarbei- grundstrahlung auf kleinen und auf tern hat sich die Situation verschärft. grossen Skalen gewisse UnstimmigkeiDie Diskrepanz ist nun dreimal so gross ten aufweise. Verschärfte Unstimmigkeit Eichung von Standardkerzen Grundsätzlich gibt es mehrere Möglich- keiten, die Hubble-Konstante zu messen. Die klassische Methode geht auf den amerikanischen Astronomen Ed- win Hubble zurück. Indem man unabhängig voneinander die Entfernung und (über die sogenannte Rotverschiebung) die Fluchtgeschwindigkeit von Galaxien in unserer kosmischen Nachbarschaft bestimmt, lässt sich die Rate berechnen, mit der sich das Universum heute ausdehnt. Der Knackpunkt bei dieser Methode ist die genaue Entfernungsbestimmung. Oft verwenden Astronomen hierzu Su- wie die Fehlermarge. Das könnte auf Martin Kunz von der Universität Schwächen des kosmologischen Stan- Genf, ein Mitglied der Planck-Arbeitsdardmodells hindeuten. Dieses Modell gruppe, sieht das etwas anders. Bis jetzt beschreibt, wie sich das Universum seit gebe es keinen Grund, an der Konsis- dem Urknall entwickelt hat. Es ist damit tenz der Planck-Daten zu zweifeln. Das pernovae vom Typ Ia. Diese Sternexplo- gewissermassen das Bindeglied zwi- Problem sieht er eher aufseiten der sionen sind weitherum sichtbar und er- schen dem Gestern und dem Heute. lokalen Messungen. Der lokal ermittelte In ihrer Arbeit zieht die Gruppe um reichen immer annähernd die gleiche Leuchtkraft. Ihre scheinbare Helligkeit Riess verschiedene Möglichkeiten in verrät also, wie weit ihre Muttergalaxie Betracht. So wird zum Beispiel diskuvon uns entfernt ist. Die Gruppe von tiert, ob sich die Dunkle Energie mit der Riess verwendete besondere Mühe dar- Zeit verändert haben könnte. Diese ge- Wert für die Hubble-Konstante hänge diese pulsierenden Sterne ein sehr zu- behauptete Genauigkeit besitzt. Es sei relativ stark davon ab, an welchen astro- nomischen Objekten man die Cepheiden-Entfernungsskala verankere. Auch die verwendete statistische Methode beauf, diese «Standardkerzen» zu kalibrie- heimnisvolle Energieform unbekannten einflusse die Messgenauigkeit. ren. Dazu analysierten sie 19 nahe ge- Ursprungs wirkt der Anziehungskraft Auch Ruth Durrer von der Universilegene Galaxien, in denen neben Super- der Materie entgegen und beschleunigt tät Genf, die nicht zur Planck-Arbeitsnovae auch sogenannte Cepheiden zu deshalb die Expansion des Universums. gruppe gehört, ist nicht überzeugt finden sind. Für kurze Abstände sind Im Standardmodell wird angenommen, davon, dass die Messung von Riess die Observation des médias Analyse des médias Gestion de l'information Services linguistiques ARGUS der Presse AG Rüdigerstrasse 15, case postale, 8027 Zurich Tél. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01 www.argus.ch Réf. Argus: 61864006 Coupure Page: 2/3 Date: 10.06.2016 Neue Zürcher Zeitung 8021 Zürich 044/ 258 11 11 www.nzz.ch Genre de média: Médias imprimés Type de média: Presse journ./hebd. Tirage: 110'854 Parution: 6x/semaine N° de thème: 377.116 N° d'abonnement: 1094772 Page: 62 Surface: 77'947 mm² bekannt, dass die Geschwindigkeiten der Galaxien schwankten. Diesen Unsicherheitsfaktor habe die Gruppe von Riess nur teilweise berücksichtigt. Grundsätzlich hält Durrer systematische Fehler aber auf beiden Seiten für möglich. Einig sind sich die drei Forscher, dass es angesichts der bestehenden Un- sicherheiten zu früh ist, um sich vom Standardmodell der Kosmologie zu verabschieden. Was es nun brauche, seien zusätzliche Beobachtungen, sagt Kunz. Erst dann könne man beurteilen, ob der Konflikt zwischen den frühen und den späten Messungen der Hubble-Konstante tiefere Ursachen habe. Observation des médias Analyse des médias Gestion de l'information Services linguistiques ARGUS der Presse AG Rüdigerstrasse 15, case postale, 8027 Zurich Tél. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01 www.argus.ch Réf. Argus: 61864006 Coupure Page: 3/3