A Topologische Räume, metrische Räume und normierte Räume In diesem Anhang sind einige Grundbegrie der Analysis kurz zusammengestellt. Für eine ausführlichere Darstellung sei auf die Standardliteratur verwiesen, z.B. • H. Amann, J. Escher: Analysis I, Birkhäuser Verlag. • K. Jänich: Topologie, Springer Verlag. • D. Werner: Einführung in die höhere Analysis, Springer Verlag. A.1 Topologische Räume Ein Topologie auf einer Menge T ist ein oene Mengen) mit den Eigenschaften (O1) ∅ und T System τ von Teilmengen von T (genannt sind oen; (O2) der Durchschnitt zweier oener Mengen ist oen; (O3) die Vereinigung beliebig vieler oener Mengen ist oen. Man nennt dann (T, τ ) einen topologischen Raum. Topologische Räume wurden zuerst von F. Hausdorff (1868 - 1942) betrachtet Durch vollständige Induktion folgt aus (O2), dass der Schnitt endlich vieler oener Mengen wieder oen ist. A eines T \ A oen Eine Teilmenge topologischen Raumes Komplement ist. Es gelten also (A1) ∅ und T (T, τ ) heiÿt abgeschlossen, wenn ihr sind abgeschlossen. (A2) Die Vereinigung endlich vieler abgeschlossener Mengen ist abgeschlossen. (A3) Der Schnitt beliebig vieler abgeschlossener Mengen ist abgeschlossen. Im Allgemeinen gibt es Mengen, die weder oen noch abgeschlossen sind, und es kann vorkommen, dass eine Menge sowohl oen als auch abgeschlossen ist. Sei (T, τ ) ein topologischer Raum und M= M ⊆ T. \ Der A⊇M A c C. Kaiser 13. Oktober 2009 abgeschlossen A - 1 Abschluss von M A. ist (A.1) Das Innere von M ist [ int M = O. (A.2) O⊆M O Ein Element von int M heiÿt oen innerer Punkt von Umgebung von t, wenn t ein innerer Punkt von U M. U von T M ist Eine Teilmenge ist. Der Rand von heiÿt ∂M = M \ int M. Ein Element von Es ist klar, dass int M ∂M M heiÿt (A.3) Randpunkt von M . die kleinste abgeschlossene Menge ist, die die gröÿte oene Menge, die in M M enthalten ist. Der Rand umfasst. Genauso ist ∂M ist wegen ∂M = M ∩ (T \ int M ) abgeschlossen. Genau dann ist M = int M ) M (A.4) abgeschlossen (bzw. oen), wenn M = M (bzw. ist. (T, τ ) ein topologischer Raum und D und M Teilmengen von T . D heiÿt dicht in M , falls M ⊆ D. Im Fall M = T sagt man auch einfach, D sei dicht. T heiÿt separabel, falls es eine abzählbare dichte Teilmenge von T gibt. Seien Sei (T, τ ) ein topologischer Raum und S ⊆ T. Dann heiÿt τ |S = {O0 ∩ S : O0 ∈ τ } (A.5) Relativtopologie oder Spurtopologie von τ auf S . Ist O ∈ τ |S , so nennt man O relativ oen in S , und S \ O heiÿt relativ abgeschlossen in S . Es ist klar, dass τ |S die wirklich eine Topologie auf S ist. Ein zentraler topologischer Begri ist der der Kompaktheit. Ein topologischer Raum heiÿt kompakt, (Oi ) eine FamilieSoener Mengen Oi1 , . . . , Oin mit T = nk=1 Oik . Mit anderen Worten, wenn existieren endlich viele Eine Folge t ∈ T, (tn ) T wenn jede oene Überdeckung eine endliche Teilüberdeckung besitzt. in einem topologischen Raum wenn jede Umgebung von dann Grenzwert von t T heiÿt mit T = konvergent alle bis auf endlich viele Punkte S i∈I Oi ist, so gegen einen Punkt tn enthält. t heiÿt (tn ). Im Allgemeinen ist der Grenzwert t einer Folge (falls existent) nicht eindeutig bestimmt. (T, τ ) heiÿt in T jeweils Hausdor-Raum und τ Hausdor-Topologie, disjunkte Umgebungen besitzen. Ist (T, τ ) wenn verschiedene Punkte ein Hausdor-Raum, so ist der Grenzwert einer konvergenten Folge eindeutig bestimmt. Seien heiÿt (T1 , τ1 ) Umgebung von c (T2 , τ2 ) topologische Räume und f : T1 → T2 eine Abbildung. f t ∈ T1 , wenn für jede Umgebung V von f (t) das Urbild f −1 (V ) eine t ist. f heiÿt stetig auf T1 , wenn f an jedem Punkt t ∈ T1 stetig ist. und stetig bei C. Kaiser 13. Oktober 2009 A - 2 A.1.1 Satz Für eine Abbildung f zwischen topologischen Räumen T1 und T2 sind die folgenden Bedingungen äquivalent. 1. f ist stetig. 2. Für alle oenen Mengen O ⊆ T2 is f −1 (O) oen in T1 . 3. Für alle abgeschlossenen Mengen A ⊆ T2 ist f −1 (A) abgeschlossen in T1 . 4. Für alle Mengen M ⊆ T1 gilt f (M ) ⊆ f (M ). Ist T1 f : T1 → T2 t ∈ T1 , so impliziert die Konvergenz von (tn ) gegen t in (f (tn )) gegen f (t) in T2 . Die Umkehrung dieser Aussage ist im stetig bei die Konvergenz von Allgemeinen falsch. Ein topologischer Raum heiÿt disjunkten Teilmengen normal, wenn es zu je zwei nichtleeren abgeschlossenen A, B ⊆ T oene disjunkte Teilmengen U ⊇A und V ⊇B gibt. A.1.2 Lemma von Urysohn Sei T ein normaler topologischer Raum und A, B abgeschlossene, disjunkte Teilmengen von T . Dann existiert eine stetige Funktion f : T → [0, 1] mit f |A = 0 und f |B = 1. A.2 Metrische Räume Eine Menge (s, t, u ∈M M, versehen mit einer Abbildung mit den Eigenschaften beliebig) (M1) d(s, t) ≥ 0, (M2) d(s, t) = d(t, s), (M3) d(s, u) ≤ d(s, t) + d(t, u) (M4) d(s, t) = 0 ⇐⇒ s = t, heiÿt d : M ×M → R (Dreiecksungleichung), metrischer Raum. Die Abbildung d heiÿt Metrik. Metrische Räume wurden zuerst von M. R. Fréchet (1878 - 1973) untersucht. In einem metrischen Raum (M, d) betrachten wir die Kugeln Ur (t) = {s ∈ M : d(s, t) < r}. (A.6) τ = {O ⊆ M : ∀t ∈ O ∃r > 0 Ur (t) ⊆ O} (A.7) Dann ist eine Hausdor-Topologie auf M, genannt die von d induzierte Topologie. Wir fassen einen metrischen Raum stillschweigend als topologischen Raum, versehen mit der von der Metrik induzierten Topologie, auf. Eine Folge (tn ) in einem metrischen Raum (M, d) ∀ε > 0 ∃N ∈ N ∀n ≥ N c C. Kaiser 13. Oktober 2009 A - 3 ist konvergent gegen d(tn , t) ≤ ε. t ∈ M, falls (A.8) Da die induzierte Topologie Hausdorsch ist, ist der Grenzwert A.2.1 Satz Sei f t eindeutig bestimmt. : M1 → M2 eine Abbildung zwischen metrischen Räumen. Dann sind äquivalent: 1. f ist stetig bei t0 . 2. ∀ε > 0 ∃δ > 0 ∀t ∈ M1 d1 (t, t0 ) < δ =⇒ d2 (f (t), f (t0 )) < ε. 3. Für alle Folgen (tn ) in M1 gilt: tn → t0 =⇒ f (tn ) → f (t0 ) . Eine Metrik induziert nicht nur eine topologische Struktur, sondern auch eine unifor- me Struktur, die sich in den Begrien Cauchyfolge, Vollständigkeit und gleichmäÿiger Stetigkeit manifestiert. Diese Begrie haben kein Gegenstück in der Theorie der topologischen Räume. Es ist zu beachten, dass verschiedene Metriken auf einer Menge zwar dieselbe Topologie, aber unterschiedliche uniforme Strukturen erzeugen können. Cauchyfolge in einem metrischen Raum (M, d) ist durch die Forderung Eine ∀ε > 0 ∃N ∈ N ∀n, m ≥ N d(tn , tm ) ≤ ε (A.9) vollständig, wenn jede Cauchyfolge konvergiert. Eine Abbildung f : M1 → M2 heiÿt gleichmäÿig stetig, wenn deniert. Ein metrischer Raum heiÿt ∀ε > 0 ∃δ > 0 ∀s, t ∈ M1 d1 (s, t) < δ =⇒ d2 (f (s), f (t)) < ε. Bei der Denition der Stetigkeit darf gleichmäÿigen Stetigkeit hat man δ δ vom betrachteten Punkt unabhängig von t t0 (A.10) abhängen. Bei der zu wählen. Im Gegensatz zur Stetigkeit handelt es sich hier also um eine globale Eigenschaft. A.3 Normierte Räume Sei K=R oder K = C und X ein K-Vektorraum. ∈ X , λ ∈ K) Eine Abbildung k·k : X → R mit den Eigenschaften (x, y (N1) kxk ∈ [0, ∞), (N2) kλxk = |λ|kxk, (N3) kx + yk ≤ kxk + kyk (N4) kxk = 0 ⇔ x = 0. heiÿt (Dreiecksungleichung), Norm auf X . Das Paar (X, k·k) heiÿt normierter Raum. Jede Norm deniert eine Metrik d auf X durch d(x, y) = kx − yk. Diese Metrik heiÿt die von der Norm k·k (A.11) induzierte Metrik. Spricht man in einem nor- mierten Raum z.B. von Konvergenz, so ist die Konvergenz bzgl. der von der Norm induzierten Metrik gemeint. c C. Kaiser 13. Oktober 2009 A - 4 Ein vollständiger normierter Raum heiÿt A.3.1 Beispiel Sei S Banachraum. eine beliebige nichtleere Menge und beschränkten Funktionen f : S → K. Auf `∞ (S) `∞ (S) der K-Vektorraum aller ist durch kf k∞ = sup |f (s)| (A.12) s∈S eine Norm deniert, die sogenannte Supremumsnorm. (`∞ (S), k·k∞ ) ist sogar vollständig, also ein Banachraum: Sei dazu ∞ Cauchyfolge in ` (S). Für jedes s ∈ S gilt Der normierte Raum (fn ) eine |fn (s) − fm (s)| ≤ kfn − fm k∞ . Also ist (fn (s)) eine Cauchyfolge in ist eine Funktion von (fn ) f :S→K K (A.13) und besitzt daher einen Grenzwert f (s). Damit deniert, die nach Konstruktion der punktweise Grenzwert ist. Es bleibt zu zeigen, dass Sei hierzu ε>0 f ∈ `∞ (S) ist und dass vorgegeben. Wir wählen n0 ∈ N kfn − fm k∞ ≤ ε (fn ) bzgl. k·k∞ gegen f konvergiert. so, dass ∀n, m ≥ n0 . (A.14) Insbesondere ist |fn (s) − fm (s)| ≤ ε m→∞ Der Grenzübergang ∀n, m ≥ n0 ∀s ∈ S. (A.15) liefert |fn (s) − f (s)| ≤ ε ∀n ≥ n0 ∀s ∈ S. (A.16) Hieraus folgt einerseits |f (s)| ≤ |fn0 (s)| + ε ≤ kfn0 k∞ + ε und damit die Beschränktheit von f. ∀s ∈ S (A.17) n ≥ n0 , (A.18) Andererseits ist kfn − f k∞ = sup |fn (s) − f (s)| ≤ ε s∈S d.h. (fn ) konvergiert gegen f bzgl. der Supremumsnorm. Es sei noch angemerkt, dass die Konvergenz in der Supremumsnorm ÿige Konvergenz auf c C. Kaiser 13. Oktober 2009 S ist. A - 5 k·k∞ die gleichmä- B Maÿ- und Integrationstheorie Im folgenden sind einige Ergebnisse aus der Maÿ- und Integrationstheorie zusammengestellt, die wir im Laufe der Vorlesung brauchen werden. Für die Beweise der Sätze sei auf die zahlreichen Lehrbücher zum Thema verwiesen, z.B. • J. Elstrodt: Maÿ- und Integrationstheorie. 3., erweiterte Au., Springer 2002. • F. Jones: Lebesgue integration on Euclidean space, Jones and Bartlett Publishers 1993. Zur Motivation erinnern wir uns zunächst an die Idee des Riemann-Integrals, benannt nach B. Riemann (1826-1866). Wir betrachten eine beschränkte Funktion [0, ∞). Für jede Zerlegung Z des Intervalls [a, b] f : [a, b] → Ik bilden in endlich viele Teilintervalle wir die Unter- und Obersummen UR (f, Z) = X λ(Ik ) inf f (x), x∈Ik k Hierbei bezeichne λ(Ik ) die Länge des Intervalls f Riemann-integrierbar supZ UR (f, Z). dann heiÿt durch OR (f, Z) = Ik . Ist und man deniert X λ(Ik ) sup f (x). k x∈Ik supZ UR (f, Z) = inf Z OR (f, Z), Rb das Riemann-Integral a f (x)dx Die Konstruktion des Riemann-Integrals ist einfach und anschaulich. Allerdings hat dieser Integralbegri (mindestens) einen entscheidenden Nachteil: Die Kriterien für die Vertauschung von Limes und Integral sind unbefriedigend. Deshalb verwenden wir das etwas allgemeinere Lebesgue-Integral. Es ist nach H. Lebesgue (1875-1941) benannt. Die Grundidee des Lebesgue'schen Integralbegris besteht darin, den Bildbereich der f in Teilintervalle zu zerlegen. Sei hierzu n ∈ N und Jn,k = [ nk , k+1 n ) für k = 0, 1, 2, . . . . Nun betrachten wir die Urbildmengen der Intervalle Jn,k unter f , also die k k+1 −1 (J Mengen En,k = f n,k ) = {x ∈ [a, b] : n ≤ f (x) < n }. Wenn wir nun die Länge von Ek,n messen können, dann können wir die Lebesgue'schen Unter- und Obersummen Funktion UL (f, n) = ∞ X k=0 k λ(En,k ) , n hinschreiben. Da die Mengen Ek,n OL (f, n) = ∞ X k=0 λ(En,k ) k+1 n im allgemeinen sehr kompliziert aussehen können, ist a priori nicht klar, wie man die Länge einer solchen Menge messen kann. Deshalb wenden wir uns zuerst dem Begri der Messbarkeit von Mengen zu. c C. Kaiser 13. Oktober 2009 B - 1 B.1 Messbarkeit Als Motivation für den Begri der Messbarkeit betrachten wir zunächst die Menge reellen Zahlen. Ziel ist es, möglichst vielen Teilmengen von Ist mit R R der eine Länge zuzuordnen. A eine solche messbare Teilmenge von R, dann bezeichnen wir die Länge von A λ(A). Wir wollen folgende aus der Anschauung motivierte Forderungen an unseren Längenbegri stellen: 1. Für ein Intervall λ([a, b]) = b − a. [a, b] mit b≥a ist es einfach, seine Länge anzugeben: wir setzen (Insbesondere hat ein Punkt {a} die Länge 0.) A, B zwei disjunkte Teilmengen von R, deren Längen wir schon kennen, dann λ(A ∪ B) = λ(A) + λ(B) sein. Etwas allgemeiner: Sind A1 , A2 , . . . abzählbar viele paarweise disjunkte Teilmengen von R, deren Länge bekannt ist, dann soll P∞ S λ( ∞ j=1 λ(Aj ) sein. Man sagt, die Länge soll σ -additiv sein. (Insbej=1 Aj ) = sondere hat dann jede abzählbare Teilmenge von R Länge 0.) 2. Sind soll 3. Ist A ⊆ B, dann fordern wir λ(B \ A) = λ(B) − λ(A). 4. Die Länge einer Menge soll sich nicht ändern, wenn man die Menge verschiebt (Translationsinvarianz). Man kann zeigen, dass man nicht jeder Teilmenge von R eine Länge zuordnen kann, so dass die genannten Forderungen erfüllt sind. Deshalb werden wir uns auf eine Teilmenge der Potenzmenge von Borel'sche R zurückziehen, auf die nach E. Borel (1871-1956) benannte σ -Algebra. Messbare Mengen Wir führen zunächst den Begri der B.1.1 Denition Ω Sei Ω σ -Algebra eine Menge und A über einer Menge Ω ein. eine Teilmenge der Potenzmenge P(Ω) von mit (1) ∅ ∈ A, (2) A ∈ A ⇒ Ω \ A ∈ A, S A1 , A2 , · · · ∈ A ⇒ j∈N Aj ∈ A. (3) Dann heiÿt A σ -Algebra über Ω. Jede Menge in A heiÿt A-messbar. σ -Algebren über einer Menge Ω sind {∅, Ω} und P(Ω). Zu σ -Algebra. Weiter ist der Schnitt von σ -Algebren über Ω stets wieder eine σ -Algebra über Ω (Beweis?). Als wichtiges Beispiel betrachten wir die schon oben erwähnte Borel'sche σ -Algebra B über R. Sie ist deniert als der Schnitt über diejenigen σ -Algebren, die alle endlichen Teilintervalle von R enthalten. B wird auch die σ -Algebra der Borelmengen genannt. Die einfachsten Beispiele von jeder Menge c Ω existiert also immer mindestens eine C. Kaiser 13. Oktober 2009 B - 2 B.1.2 Übungsaufgabe (a) Ω ∈ A, (b) Sei Ω eine Menge und A ⊆ P(Ω) A, B ∈ A ⇒ A \ B ∈ A, B.1.3 Übungsaufgabe Seien Ω1 , Ω2 σ -Algebra. Dann gilt: T A1 , A2 , · · · ∈ A ⇒ j∈N Aj ∈ A. (c) f : Ω1 → Ω2 Mengen und −1 (A ) (a) Ist A2 eine σ -Algebra über Ω2 , dann ist f 2 Algebra über (b) Ist über A1 eine eine Funktion. {f −1 (A) = : A ∈ A2 } eine σ- Ω1 . eine σ -Algebra über Ω1 , dann ist {B ∈ P(Ω2 ) : f −1 (B) ∈ A1 } eine σ -Algebra Ω2 . Nun kommen wir zur Denition des Maÿes. B.1.4 Denition (1) µ(∅) = 0, (2) µ A σ -additiv, ist Dann heiÿt Sei µ eine d.h. σ -Algebra über einer Menge A1 , A2 , · · · ∈ A disjunkt (a) Sei Ω ein Menge und µ : P(Ω) → [0, ∞] ( |A|, µ(A) = ∞, (Ω, P(Ω), µ) A (b) Sei eine ein Maÿraum. σ -Algebra heiÿt B (Ω, A, δx ) ein Maÿraum. die Borel'sche δx j∈N Aj ) = mit P j∈N µ(Aj ). gegeben durch endlich, Zählmaÿ auf Ω. Ω und ( 1, δx (A) = 0, Dann ist A µ : A → [0, ∞] sonst. über einer Menge durch (c) Sei µ falls und S Maÿ auf A und (Ω, A, µ) heiÿt Maÿraum. B.1.5 Beispiel Dann ist ⇒ µ( Ω heiÿt x ∈ Ω. Sei δx : A → {0, 1} gegeben x ∈ A, x∈ / A. Dirac-Maÿ. σ -Algebra über R. Dann existiert genau ein Maÿ β : B → [0, ∞] mit den zusätzlichen Eigenschaften β (3) β((a, b)) = β([a, b]) = b − a, (4) β ist translationsinvariant, d.h. für alle x ∈ R und alle A ∈ B ist β(x+A) = β(A). heiÿt Lebesgue-Borel-Maÿ auf falls R. a < b, Das Lebesgue-Borel-Maÿ erfüllt also alle vier in der Einleitung genannten Forderungen für einen Längenbegri . Für den nicht ganz einfachen Beweis der Existenz und Eindeutigkeit von β verweisen wir auf die angegebene Literatur. Sei (Ω, A, µ) Gibt es eine eine Maÿraum. Eine Menge µ-Nullmenge N , c C. Kaiser 13. Oktober 2009 heiÿt µ-Nullmenge, µ-fast alle ω ∈ Ω. (a) Die abzählbare Vereinigung von B - 3 µ(N ) = 0 ist. ω ∈ Ω \ N gilt, falls so dass eine gewisse Eigenschaft für alle dann sagt man, diese Eigenschaft gilt für B.1.6 Übungsaufgabe N ∈A µ-Nullmengen ist wieder eine µ-Nullmenge. A ⊆ R abzählbar, (b) Ist dann ist A eine β -Nullmenge. Nun könnte man erwarten, dass jede Teilmenge einer µ-Nullmenge ebenfalls Maÿ 0 hat. Aber im Allgemeinen gehört nicht einmal jede solche Teilmenge zur dem Maÿ zugrundeliegenden σ -Algebra. Ein Beispiel hierfür ist die Borel'sche σ -Algebra B . Deshalb führen wir die Denition eines vollständigen Maÿraumes ein (nicht zu verwechseln mit einem vollständigen metrischen Raum!): Ein Maÿraum Teilmenge einer µ-Nullmenge zu A (Ω, A, µ) heiÿt vollständig, falls jede gehört. B.1.7 Satz und Denition Sei (Ω, A, µ) ein Maÿraum und N = {N ⊆ A : A ∈ A, µ(A) = 0} die Menge aller Teilmenge von µ-Nullmengen. Deniere Ae := {A ∪ N : A ∈ A, N ∈ N } und µ e : A → [0, ∞] mit µ e(A ∪ N ) = µ(A) für A ∈ A, N ∈ N . e eµ Dann ist A eine σ -Algebra über Ω, µe ist wohldeniert und (Ω, A, e) ist ein vollständiger Maÿraum, genannt die Vervollständigung von (Ω, A, µ). σ -Algebra über R heiÿt σ -Algebra der Lebesguemessbaren Mengen über R und wird mit L bezeichnet. Man kann zeigen, dass L eine e heiÿt Lebesgue-Maÿ und wird echte Teilmenge von P(R) ist. Das zugehörige Maÿ β mit λ bezeichnet. Die Vervollständigung der Borel'schen Messbare Funktionen Wir kommen nun zum zentralen Begri einer messbaren Funktion. B.1.8 Denition Sei (a) Eine Funktion Ω eine Menge und f : Ω → [−∞, ∞] A heiÿt eine σ -Algebra A-messbar über Ω. −1 ([a, b)) , falls f ∈A für −∞ ≤ a < b ≤ ∞. (b) Eine Funktion f :Ω→C heiÿt A-messbar, falls Re f und Im f A-messbar sind. B -messbar (L-messbar) sagen wir auch Borel-messbar (Lebesgue-messbar). Ist f : R → [−∞, ∞] bzw. f : R → C Borel-messbar, dann ist f Lebesgue-messbar, da B eine Teilmenge von L ist. Ist f : R → C stetig, dann ist f Borel-messbar, also auch Statt Lebesgue-messbar. B.1.9 Satz Sei Ω eine Menge und A eine σ-Algebra über Ω. (a) Sind f, g : Ω → [−∞, ∞] A-messbar und ist α ∈ C, dann sind auch αf , f + g , f · g , |f |, max{f, g}, min{f, g} A-messbar. (b) Sind fn : Ω → [−∞, ∞] A-messbar, dann sind supn∈N fn , inf n∈N fn , lim supn→∞ fn , lim inf n→∞ fn A-messbar. Insbesondere ist limn→∞ fn A-messbar, falls dieser Limes punktweise in [−∞, ∞] existiert. c C. Kaiser 13. Oktober 2009 B - 4 B.1.10 Denition Sei A eine σ -Algebra über der Menge Ω. (a) Eine Funktion der Gestalt ( 1, χA (x) = 0, heiÿt x∈A x∈Ω\A Indikatorfunktion der Menge AP ⊆ Ω. (b) Eine Funktion der Gestalt Treppenfunktion. φ = n k=1 αk χAk mit αk ∈ C und Ak ∈ A heiÿt A- B.1.11 Satz Sei A eine σ-Algebra über einer Menge Ω. Dann gilt: (a) A-Treppenfunktionen sind A-messbar. (b) Ist f : Ω → [−∞, ∞] bzw. f : Ω → C A-messbar, dann existiert eine Folge (φn ) von A-Treppenfunktionen mit f (x) = limn→∞ φn (x) für alle x ∈ Ω. (c) Ist f : Ω → [0, ∞] A-messbar, dann kann (φn ) aus (b) so gewählt werden, dass 0 ≤ φ1 ≤ φ2 ≤ . . . . (d) Ist f : Ω → C A-messbar und beschränkt, dann kann (φn ) aus (b) so gewählt werden, dass φn → f gleichmäÿig in Ω. Beweisidee: φn : Zerlege [0, n) in Intervalle Ik,n der Länge P 2 −1 k k k+1 Ek,n := {x ∈ Ω : n ≤ f (x) < n } und φn = nk=0 n χEk,n . (b) Ist f : Ω → [−∞, ∞], wende (c) auf f+ = max{f, 0} und f− = max{−f, 0} Ist f : Ω → C, betrachte Re f und Im f . B.2 Das (c) Konstruktion von 1 n , setze an. µ-Integral In diesem Abschnitt sind die wichtigsten Denitionen und Sätze über das µ-Integral enthalten. Auf Beweise wird verzichtet. Man ndet sie in der angegebenen Literatur. Integrierbarkeit Sei (Ω, A, µ) µ-Integral zunächst für nichtnegative A-Treppenfunktion mit αk ≥ 0 für alle k , ein Maÿraum. Wir denieren das Treppenfunktionen: Ist f= Pn k=1 αk χEk dann setzen wir Z f dµ := Ω eine n X αk µ(Ek ) ∈ [0, ∞]. k=1 Die Denition ist unabhängig von der Wahl der Darstellung von A-messbaren Funktion f : Ω → [0, ∞] zu. Nach (φn ) von Treppenfunktionen mit 0 ≤ φ1 ≤ φ2 ≤ . . . Nun wenden wir uns einer beliebigen Satz B.1.11 gibt es dann eine Folge c C. Kaiser 13. Oktober 2009 f. B - 5 R f = limn→∞ φn . Die Zahlenfolge ( Ω φn dµ)n∈N ist monoton wachsend und hat daher einen Grenzwert in [0, ∞]. Wir denieren Z Z φn dµ. f dµ := lim und n→∞ Ω Ω Die Denition ist unabhängig von der Wahl der Folge (φn ). Für den Beweis dieser nicht trivialen Aussage verweisen wir auf die angegebene Literatur. Nun denieren wir den Begri der B.2.1 Denition (Ω, A, µ) ein Maÿraum. f : Ω → [0, ∞] heiÿt µ-integrierbar, Sei (a) Eine Funktion R Ω f dµ <∞ µ-Integrierbarkeit. gilt. f : Ω → R (b) Eine Funktion max{−f, 0} µ-integrierbar µ-integrierbar, heiÿt f A-messbar f+ = max{f, 0} ist und und f− = sind. In diesem Fall Z Z Z f+ dµ − f dµ := f− dµ. Ω Ω Ω (c) Eine Funktion falls falls f : Ω → C heiÿt µ-integrierbar, falls Re f Z Z Z f dµ := Re f dµ + i Im f dµ. und Im f µ-integrierbar sind. In diesem Fall Ω Wir sagen, eine auf Lebesgue-Maÿes λ R Ω Ω denierte Funktion ist Lebesgue-integrierbar, falls sie bzgl. des integrierbar ist. Es folgen zwei wichtige Sätze (ohne Beweis). B.2.2 Satz Sei (Ω, A, µ) ein Maÿraum und f : Ω → C eine Funktion. Dann sind folgende Aussagen äquivalent. (1) f ist µ-integrierbar. (2) f ist A-messbar und |f | ist µ-integrierbar. (3) f ist A-messbar und es gibt ein µ-integrierbares g : Ω → [0, ∞) mit |f | ≤ g . B.2.3 Satz Sei (Ω, A, µ) ein Maÿraum. (a) Sind f, g : Ω → C µ-integrierbar und ist α ∈ C, dann sind auch αf , f + g µintegrierbar und Z Z αf dµ = α Ω Z f dµ, Z f + gdµ = Ω Ω Z Z f dµ ≤ Ω gdµ. Ω (c) Ist f : Ω → C µ-integrierbar, dann Z Z f dµ ≤ |f |dµ. Ω c C. Kaiser 13. Oktober 2009 f dµ + Ω (b) Sind f, g; Ω → R µ-integrierbar und f ≤ g , dann ist Ω B - 6 Z gdµ. Ω (d) Sei f : Ω → [0, ∞] A-messbar. Dann ist µ-fast alle x ∈ Ω. R Ω f dµ = 0 genau dann, wenn f (x) = 0 für B.2.4 Substitution dann sind Sei b ∈ R und a ∈ R \ {0}. Ist f : R → C Lebesgue-integrierbar, f (· − b) und f (a·) Lebesgue-integrierbar und es gilt Z Z Z Z 1 f (a·)dλ = f dλ und f (· − b)dλ = f dλ. |a| R R R R B.2.5 Riemann-Integral und Lebesgue-Integral Riemann-integrierbar, dann ist fe : R → C, (a) Ist deniert durch f : [a, b] → C (eigentlich) fe = f auf [a, b] und fe = 0 sonst, Lebesgue-integrierbar und Z b Z f (x)dx = fedλ. a R (Vorsicht! Diese Aussage gilt nicht für uneigentliche Riemann-Integrale!) Ist Lebesgue-integrierbar, schreiben wir ab jetzt (b) Sei f R f (x)dx für f :R→C R R f dλ. die Dirichlet'sche Sprungfunktion, d.h. ( 1, f (x) = 0, Dann ist R x ∈ Q, x ∈ R \ Q. R und R f dλ = 0. f : R → R Lebesgue-integrierbar λ(Q) = 0, da Q abzählbar ist. funktion und f ist L-Treppenf |[0,1] nicht Riemann- Denn: Andererseits ist integrierbar. Konvergenzsätze Es folgen drei wichtige Konvergenzsätze, die Bedingungen dafür angeben, wann man Limes und Integration vertauschen kann. B.2.6 Lemma von Fatou Sei (Ω, A, µ) ein Maÿraum. Sind fn : Ω → [0, ∞] A-messbar, so gilt Z Z lim inf fn dµ ≤ lim inf Ω n→∞ n→∞ fn dµ. Ω B.2.7 Satz von der monotonen Konvergenz (Beppo Levi) Sei (Ω, A, µ) ein Maÿraum. Sind fn : Ω → [0, ∞] A-messbar mit 0 ≤ f1 ≤ f2 ≤ . . . und f (x) := limn→∞ f (x) ∈ [0, ∞], dann ist f A-messbar und Z Z lim fn dµ = f dµ. n→∞ Ω Ω B.2.8 Satz von der majorisierten Konvergenz (Lebesgue) Sei (Ω, A, µ) ein Maÿraum. Sind fn , f : Ω → C A-messbar und f (x) = limn→∞ fn (x) für µ-fast alle x ∈ M . Falls c C. Kaiser 13. Oktober 2009 B - 7 die Funktionen fn µ-integrierbar sind und ein µ-integrierbares g : Ω → [0, ∞) existiert mit |fn (x)| ≤ g(x) für alle n ∈ N und µ-fast alle x ∈ Ω, dann ist f µ-integrierbar und Z Z lim n→∞ Ω f dµ. fn dµ = Ω Als Anwendung betrachten wir Maÿe mit Dichten. B.2.9 Maÿe mit Dichten Sei (Ω, A, µ) ein Maÿraum und ρ : Ω → [0, ∞] eine A- messbare Funktion. Dann wird durch Z Z ν(A) = ρ · χA dµ, ρdµ = A A ∈ A, Ω A deniert. Hierbei folgt die σ -Additivität aus dem Satz von der monotonen Konvergenz B.2.7. Ebenfalls mit Satz B.2.7 kann man zeigen, dass für eine A-messbare Funktion f : Ω → C gilt: Ist f · ρ µ-integrierbar, dann ist f ν -integrierbar und Z Z f dν = f · ρ dµ. ein Maÿ auf Ω Ω Eine weitere Anwendung ist die folgende Übungsaufgabe. B.2.10 Übungsaufgabe∗ ist f :R→C Ist k:R→C Lebesgue-integrierbar mit beschränkt, Lebesgue-messbar und stetig in Z lim r↓0 x−y 1 r k( r )f (y)dy x ∈ R, R R k(x)dx =1 und dann gilt = f (x). R Produktmaÿ und Satz von Fubini Auf dem Kreuzprodukt zweier Maÿräume soll ein Maÿ deniert werden mit der Eigenschaft, dass das Maÿ des Kreuzproduktes zweier meÿbarer Mengen gerade das Produkt der Maÿe der entsprechenden Mengen ist. Wir denieren zunächst den Begri der σ- Endlichkeit eines Maÿraumes. B.2.11 Denition mit µ(Ek ) < ∞ Der Maÿraum Eine Maÿraum und S∞ k=1 Ek = Ω (R, L, λ) ist (Ω, A, µ) heiÿt σ -endlich, falls eine Folge (Ek ) ⊆ A existiert. σ -endlich, da R= S k∈N [−k, k]. B.2.12 Satz und Denition Seien (Ω1 , A1 , µ1 ), (Ω2 , A2 , µ2 ) σ-endliche Maÿräume. Sei A1 ⊗A2 die von den Mengen A1 ×A2 , A1 ∈ A1 , A2 ∈ A2 erzeugte σ -Algebra auf Ω1 ×Ω2 . Dann existiert genau ein Maÿ µ : A1 ⊗ A2 → [0, ∞] mit µ(A1 × A2 ) = µ(A1 )µ(A2 ). µ heiÿt Produktmaÿ von µ1 und µ2 und wird mit µ1 ⊗ µ2 bezeichnet. c C. Kaiser 13. Oktober 2009 B - 8 (R2 , L ⊗ L, λ ⊗ λ) bezeichnen wir mit (R2 , L2 , λ2 ). Induktiv d ∈ N. Eine Funktion f : Rd → C heiÿt dann d d Lebesgue-integrierbar, falls f L -messbar bzw. λ -integrierbar Die Vervollständigung von d d d deniert man (R , L , λ ) für jedes Lebesgue-messbar bzw. ist. Es folgen die Sätze von Tonelli und Fubini, die Bedingungen für die Vertauschung der Integrationsreihenfolge bei Mehrfachintegralen angeben. B.2.13 Satz von Tonelli Die Funktion f : Ω1 ×Ω2 → [0, ∞] sei A1 ⊗AR2 -messbar. Dann ist x 7→ f (x, y) A1 -messbar für fast alle y ∈ Ω2 . Auÿerdem ist y 7→ Ω1 f (x, y)dµ1 (x) A2 -messbar und Z Z Z f (x, y)dµ1 (x) dµ2 (y). f d(µ1 ⊗ µ2 ) = Ω1 ×Ω2 Ω2 Ω1 B.2.14 Satz von Fubini Die Funktion f : Ω1 × Ω2 → C sei µ1 ⊗ µ2 -integrierbar. Dann R ist x 7→ f (x, y) µ1 -integrierbar für fast alle y ∈ Ω2 . Auÿerdem ist y 7→ µ2 -integrierbar und Z Z Z Ω2 f (x, y)dµ1 (x) f (x, y)dµ1 (x) dµ2 (y). f d(µ1 ⊗ µ2 ) = Ω1 ×Ω2 Ω1 Ω1 Es folgt noch ein Satz über das Lebesgue-Maÿ λd . B.2.15 Satz Das Lebesgue-Maÿ λd ist regulär, d.h. für jede Borelmenge A ⊆ Rd gilt λd (A) = inf{λd (O) : A ⊆ O, O oen} = sup{λd (K) : K ⊆ A, K kompakt}. c C. Kaiser 13. Oktober 2009 B - 9 (B.1) C Die Lebesgue-Räume C.1 p-integrierbare Im folgenden ist C.1.1 Denition (Ω, A, µ) Für Lp(µ) Funktionen ein Maÿraum und p ∈ (0, ∞) K=R oder K = C. denieren wir L (Ω, A, µ) := {f | f : Ω → K A − messbar, p Z |f |p dµ < ∞} (C.1) Ω Statt L p (Ω, A, µ) wird in der Regel Zuerst beobachten wir, dass L p (µ) L p (Ω, µ) oder L p (µ) geschrieben. bzgl. der punktweise denierten algebraischen Ope- rationen (f + g)(ω) = f (ω) + g(ω), (λf )(ω) = λf (ω) (C.2) ein Vektorraum ist. Nur die Invarianz unter Summen ist nicht oensichtlich (auÿer im Fall p = 1). Da für komplexe Zahlen die Ungleichung |x + y| ≤ |x| + |y| ≤ 2 max{|x|, |y|} gilt, folgt für f, g ∈ p ∈ (0, ∞) Z Z |f (ω) + g(ω)|dµ(ω) ≤ 2p max{|f (ω)|p , |g(ω)|p }dµ(ω) Ω Ω Z p ≤2 (|f (ω)|p + |g(ω)|p )dµ(ω) Ω Z Z p p p =2 |f | dµ + |g| dµ < ∞, Ω also (C.3) L p (µ) und f + g ∈ L p (µ). (C.4) Ω (Man beachte, dass alle Integranden wirklich A-messbar sind.) Wir haben also gezeigt: C.1.2 Satz Der Raum L p (µ) ist für jedes p ∈ (0, ∞) ein K-Vektorraum. Wir setzen Z kf kL p (µ) = kf kp = Dann erfüllt k·kp |f |p dµ 1/p , f ∈ L p (µ). c p<1 p = 1 ist die Dreip > 1 zu beweisen. die Eigenschaften (N1) und (N2) einer Norm. Für ecksungleichung (N3) oensichtlich. Ziel ist es nun, (N3) auch für (Für gilt (N3) im Allgemeinen nicht.) C. Kaiser 13. Oktober 2009 (C.5) Ω C - 1 C.2 Einige Ungleichungen Wir beweisen zunächst folgenden Hilfssatz. C.2.1 Lemma Es seien Dann gilt Proof λ1 , . . . , λn > 0 mit Pn k=1 λk = 1 und a1 , . . . , an ≥ 0 gewählt. aλ1 1 · · · aλnn ≤ λ1 a1 + · · · + λn an . Wir können ohne Beschränkung der Allgemeinheit Da die Logarithmus-Funktion log : (0, ∞) → R a1 , . . . , a n > 0 annehmen. konkav ist, gilt n log(λ1 a1 + · · · + λn an ) ≥ λ1 log a1 + · · · + λn log an = log(aλ1 1 · · · aλn ). Nun folgt die Behauptung aus der Monotonie der Logarithmus-Funktion. Für 1 n erhalten wir insbesondere λ1 = · · · = λn = 1 (a1 · · · an ) n ≤ 1 (a1 + · · · + an ), n die Ungleichung zwischen dem geometrischen und arithmetischen Mittel. Die erste wichtige Ungleichung in der Theorie der p-integrierbaren Funktionen ist die Höldersche Ungleichung. Sie ist nach O. Hölder (1859 - 1937) benannt. C.2.2 Höldersche Ungleichung Sei p ∈ (1, ∞) und q = p q 1 f ∈ L (µ) und g ∈ L (µ) ist f g ∈ L (µ), und es gilt p p−1 , also 1 p + 1 q kf gk1 ≤ kf kp kgkq . Proof = 1. Für (C.6) f ∈ L p (µ) und g ∈ L q (µ). Wir schreiben A = kf kp and B = kgkq . Ist A = 0 oder B = 0, so gilt f = 0 oder g = 0 µ-fast überall und es ist nichts zu zeigen. Ist A 6= 0 und B 6= 0, so wenden wir Lemma C.2.1 an mit Seien 1 1 λ1 = , λ2 = , p q n = 2, Wir erhalten für Ω R bzgl µ AB C. Kaiser 13. Oktober 2009 |f (ω)|p Ap 1/p |g(ω)|q Bq 1/q ≤ ω ∈ Ω. 1 |f (ω)|p 1 |g(ω)|q + . p Ap q Bq liefert Ω |f g|dµ c |f (ω)|p |g(ω)|q , a = , 2 Ap Bq ω∈Ω |f (ω)| · |g(ω)| = AB Integration über a1 = 1 ≤ p R p Ω |f | dµ Ap 1 + q R q Ω |g| dµ Bq C - 2 = 1 1 + = 1. p q Also folgt Z kf gk1 = |f g|dµ ≤ AB = kf kp kgkq Ω und damit die Behauptung. Mit Hilfe der Hölderschen Ungleichung können wir nun die Dreiecksungleichung (N3) auch für p > 1 beweisen. Diese Ungleichung ist nach H. Minkowski (1864 - 1909) benannt. C.2.3 Minkowskische Ungleichung Für 1 ≤ p < ∞ und f, g ∈ L p (µ) ist kf + gkp ≤ kf kp + kgkp . Proof 1 p + 1 q Der Fall = 1). p=1 (C.7) p ∈ (1, ∞), f, g ∈ L p (µ) ist klar. Seien also und q= p p−1 (also Unter Verwendung der Hölderschen Ungleichung erhalten wir kf + gkpp = Z |f + g|p dµ ≤ Z (|f | + |g|)|f + g|p−1 dµ Ω Z ZΩ p−1 = |f ||f + g| dµ + |g||f + g|p−1 dµ Ω Ω Z ≤ 1/p Z p p−1 q |f | dµ |f + g| Ω 1/q dµ Ω Z |g|p dµ + (C.8) 1/p Z |f + g| Ω = kf kp + kgkp p−1 q 1/q dµ Ω Z p (p−1)/p |f + g| dµ Ω = (kf kp + kgkp )kf + gkp−1 p . kx + ykp < ∞ ist, können wir durch p−1 gkp dividieren und erhalten die gewünschte Ungleichung. Da wir auch Abschnitt C.1 bereits wissen, dass kf + Damit ist bewiesen, dass k·kp für p ∈ [1, ∞) die Eigenschaft (N3) erfüllt. Wir zeigen noch zwei Folgerungen der Hölderschen Ungleichung. C.2.4 Korollar Sei 1 < p < ∞ und q = p p−1 , kf kp = d.h. p1 + 1q = 1. Dann gilt für alle f ∈ L p (µ) sup g∈L q (µ), kgk≤1 Proof fg ∈ Für g ∈ L q (µ) L 1 (µ) und C. Kaiser 13. Oktober 2009 kgkq ≤ 1 (C.9) Ω folgt aus der Hölderschen Ungleichung, dass Z Z f g dµ ≤ |f g|dµ ≤ kf kp kgkq ≤ kf kp Ω c mit Z f g dµ Ω C - 3 (C.10) und damit die Ungleichung ≥. Wir zeigen noch die Abschätzung g ≤. Hierzu denieren wir zu f ∈ L p (µ) eine Funktion durch h(ω) = Dann ist Für Ist h messbar und kf kp = 0 kf kp > 0, ist R ( 0, q Ω |h| dµ khkq = 0 so setzen wir f (ω) = 0, f (ω) p−1 , |f (ω) |f (ω)| = und es gilt g= p Ω |f | dµ R R = R kf kp = (C.11) f (ω) 6= 0. Ω f h dµ. Ω f h dµ. h . Dann ist kf kp−1 p kgkq = 1 und R Ω f gdµ = kf kp . C.2.5 Minkowskische Integralungleichung Es seien (Ω1 A1 , µ1 ) und (Ω2 , A2 , µ2 ) σendliche Maÿräume. Die Funktion f : Ω1 × Ω2 → [0, ∞] sei A1 ⊗ A2 -messbar und p ∈ [1, ∞). Dann R ist Dann ist y 7→ kf (·, y)kp A2 -messbar. Ist zusätzlich Ω2Rkf (·, y)kp dµ2 (y) < ∞, so ist y 7→ f (x, y) µ2 -integrierbar für µ1 -fast alle x ∈ Ω1 , x 7→ Ω2 f (x, y)dµ2 (y) ist µ1 -messbar und Z Ω2 Proof Der Fall f (·, y)dµ2 (y) Z ≤ L p (µ1 ) p=1 Ω2 f (·, y) p dµ2 (y) L (µ1 ) (C.12) ist eine direkte Folgerung aus den Sätzen von Tonelli und Fubini (B.2.13 und B.2.14). Sei nun p ∈ (1, ∞). Wir nehmen zunächst f ≥ 0 an. Der Satz von Tonelli B.2.13, p p angewandt auf die Funktion f , ergibt, dass die Funktion f (·, y) für jedes y ∈ Ω2 R p A1 -messbar ist und dass y 7→ Ω1 |f (x, y)| dµ1 (x) und damit auch y 7→ kf (·, y)kp = 1/p R p A2 -messbar ist. Ω1 |f (x, y)| dµ1 (x) Sei jetzt [0, ∞] c := R 1 durch ( p Ω2 kf (·, y)kp dµ2 (y) + 1q = 1) < ∞. Wir denieren eine Funktion 0, g(x, y) = f (x, y)kf (·, y)k−1/q , p ∞, Dann ist g A1 ⊗ A2 -messbar kf (·, y)kp = 0, 0 < kf (·, y)kp < ∞, kf (·, y)kp = ∞. und es gilt für jedes f (x, y) ≤ g(x, y)kf (·, y)k1/q p g : Ω1 × Ω2 → (C.13) y ∈ Ω2 for µ1 -fast alle x ∈ Ω1 (C.14) und kg(·, y)kp = kf (·, y)kp kf (·, y)k−1/q = kf (·, y)k1/p p p . c C. Kaiser 13. Oktober 2009 C - 4 (C.15) Mit der Hölderschen Ungleichung folgt Z Z g(x, y)kf (·, y)k1/q p dµ2 (y) f (x, y) dµ2 (y) ≤ F (x) := Ω2 Ω2 (C.16) 1/q Z 1/q kf (·, y)kp dµ2 (y) ≤ kg(x, ·)kp = kg(x, ·)kp c Ω2 und mit dem Satz von Tonelli kF kpp Z ≤ kg(x, ·)kpp cp/q dµ1 (x) p−1 Ω1 Z Z =c p−1 ZΩ2 =c = cp−1 ZΩ2 Z =c Ω1 p−1 Z g(x, y)p dµ2 (y)dµ1 (x) Ω2 g(x, y)p dµ1 (x)dµ2 (y) Ω1 (C.17) kg(·, y)kpp dµ2 (y) kf (·, y)kp dµ2 (y) = cp . Ω2 F (x) < ∞ x ∈ Ω1 . Insbesondere ist µ1 -fast alle für µ1 -fast alle x ∈ Ω1 , d.h. f eine allgemeine reellwertige (bzw. komplexwertige) f+ − f− mit f+ , f≥ 0 (bzw. f = Re f + Im f ). Ist f (x, ·) ist µ2 -integrierbar Funktion, so zerlegen wir für f = C.3 Vollständigkeit Im Allgemeinen besitzt k·kp nicht die Eigenschaft (N2) und ist daher auch keine Norm, sondern lediglich eine Halbnorm, d.h. k·kp erfüllt (N1), (N2) und (N3), aber nicht (N4). Genauso wie im Falle einer Norm kann man auch hier eine Funktion kf − gkp dp durch dp (f, g) = denieren. Diese Funktion erfüllt die Eigenschaften (M1), (M2) und (M3) einer Metrik. Jedoch ist die Eigenschaft (M4) möglicherweise verletzt. Eine solche Funktion heiÿt Pseudometrik. Analog wie in metrischen Räumen kann man Cauchyfolgen und Vollständigkeit auch in pseudometrischen Räumen denieren. Die im nächsten Satz ausgedrückte Vollständigkeit des Raumes L p (µ) ist eines der Kernresultate der Lebesgueschen Integrationstheorie, das sie vor der Riemannschen auszeichnet. C.3.1 Theorem Für p ∈ [1, ∞) ist L p (µ) ein vollständiger halbnormierter Raum. Wir beweisen zunächst ein Lemma, das in jedem halbnormierten Raum gilt. C.3.2 Lemma Für einen halbnormierten Raum (X, k·k) sind äquivalent: (i) X ist vollständig. c C. Kaiser 13. Oktober 2009 C - 5 (ii) Jede d.h. für jede Folge (xk ) in X mit P P∞ absolut konvergente Reihe konvergiert, K kx k < ∞ existiert ein x ∈ X mit x − k k=1 xk → 0 für K → ∞. k=1 Im Allgemeinen ist der Grenzwert Proof (i) ⇒ x nicht eindeutig bestimmt! P (xk ) eine Folge in X mit ∞ k=1 kxk k < ∞. bzgl. k·k, denn für K < N gilt (ii): Sei eine Cauchyfolge Dann ist PK k=1 xk K N N K N X X X X xk − xk = xk ≤ kxk k. k=1 k=1 k=K+1 k=K+1 PK X vollständig ist, ist k=1 xk K konvergent und es folgt (ii). (ii) ⇒ (i): Sei (xn ) eine Cauchyfolge in X bzgl. k·k. Zu k ∈ N wähle Nk ∈ N Da kxn − xm k ≤ 2−k (xnk ) Also gibt es eine Teilfolge Für yk = xnk+1 − xnk 0 = lim ky − K→∞ K X ∀n, m ≥ Nk . mit kxnk+1 − xnk k ≤ 2−k P∞ daher k=1 kyk k < ∞. ist mit ∀k ∈ N. Nach (ii) existiert ein y∈X mit yk k = lim ky − (xnK+1 − xn1 )k = lim k|xnK+1 − (y + xn1 )k. K→∞ k=1 K→∞ (xnk ). Da eine (ε/2-Argument), Also konvergiert die Teilfolge Cauchyfolge, die eine konvergente Teilfolge besitzt, selbst konvergiert folgt die Konvergenz von (xn ) und damit (i). Beweis von Satz P C.3.1 und sei P∞ (fk ) eine Folge in L p (µ) mit A := k=1 kfk kp < ∞ n p p k=1 |fk | ∈ L (µ) (L (µ) ist ein Vektorraum!). Dann gilt mit der gn = Sei Dreiecksungleichung kgn kp ≤ n X kfk kp ≤ A. k=1 Die Funktion P∞ x 7→ g(x) = k=1 |fk (x)| ∈ [0, ∞] ist µ-messbar nach Satz B.1.9. Nach (gkp ) monoton gegen g p und der Satz von der monotonen Kon- Konstruktion konvergiert vergenz B.2.7 liefert Z p Z g dµ = lim Ω Insbesondere ist existiert eine c gp (und daher auch µ-Nullmenge N , C. Kaiser 13. Oktober 2009 n→∞ Ω so dass p gnp dµ = lim gn p ≤ Ap . n→∞ P∞ g = P k=1 |fk |) µ-fast überall endlich, d.h. es g(x) = ∞ k=1 |fk (x)| < ∞ für alle x ∈ Ω \ N . Da C - 6 C vollständig ist, existiert nach Lemma C.3.2 f (x) := ∞ X x ∈ Ω \ N. fk (x), k=1 f (x) = 0 für x ∈ N , dann ist f : Ω → C µ-messbar. Konstruktion ist |f | ≤ g , also Z Z p g p dµ ≤ Ap . |f | dµ ≤ Setzen wir noch Nach Ω Ω f ∈ L p (µ) . Pn zeigen noch f − k=1 fk p → 0 für n → ∞: 0 auf der Nullmenge N . Dann gilt hn → 0 und Also ist Wir und 0 ≤ hn ≤ X ∞ p |fk | Sei P p hn = ∞ k=n+1 fk auf Ω\N ≤ gp. k=n+1 Wegen R Ωg p dµ ≤ Ap ist gp Lebesgue-integrierbar. Also impliziert der Satz von der dominierten Konvergenz B.2.8 p Z n X f − fk = p k=1 X p Z ∞ fk dµ = hn dµ → 0. Ω k=n+1 Ω Mit Lemma C.3.2 folgt die Behauptung. C.4 Der Raum L ∞ (µ) Wir werden nun die Skala der L ∞ (µ) = {f : Ω → C : f setzen. Für f ∈ L ∞ (µ) L p -Räume ist (nach oben) abschlieÿen, indem wir A − messbar, ∃α ≥ 0 : µ({|f | > α}) = 0} denieren wir kf kL ∞ = inf{α ≥ 0 : µ({|f | > α}) = 0}. Da für f, g ∈ L ∞ (µ) und L ∞ (µ) ein Vektorraum und k·kL ∞ kf kL ∞ = C. Kaiser 13. Oktober 2009 ω∈Ω\N C - 7 (C.20) eine Halbnorm ist. Oenbar ist sup |f (ω)|. inf N ∈A µ(N )=0 c (C.19) α, β ≥ 0 µ({|f | > α}) = 0, µ({|g| > β}) = 0 =⇒ µ({|f + g| > α + β}) = 0 gilt, sieht man, dass (C.18) (C.21) k·kL ∞ p = 1 der Daher wird auch wesentliche Supremumsnorm genannt. Damit kann man den Grenzfall Hölderschen Ungleichung formulieren: f ∈ L 1 (µ), g ∈ L ∞ (µ) =⇒ f g ∈ L 1 (µ), kf gk1 ≤ kf k1 kgkL ∞ . (C.22) L ∞ (µ) zeigen. Zunächst beobachten wir, dass 0 das Inmum in (C.21) angenommen wird: Zu k ∈ N wählen wir Nullmengen Nk ∈ A S 1 0 0 mit kf kL ∞ ≥ supω ∈N / k0 |f (ω)| − k und setzen dann N = k Nk . Dann ist kf kL ∞ = supω∈Ω\N 0 |f (ω)|. Wir wollen nun die Vollständigkeit von Sei nun (fn ) eine Cauchyfolge in L ∞ (µ). Wir wählen Nullmengen kfn − fm kL ∞ = sup |fn (ω) − fm (ω)| Nn,m ∈ A, ∀n, m ∈ N. so dass (C.23) ω ∈N / n,m Für die Nullmenge N= S n,m Nn,m ist dann erst recht kfn − fm kL ∞ = sup |fn (ω) − fm (ω)| ∀n, m ∈ N. (C.24) ω ∈N / L ∞ -Norm und ≥, weil Nn,m ⊆ N .) Für gn = χS\N fn erhält man fn = gn µ-fast überall. gn ist beschränkt und messbar auf S , und (gn ) ist ∞ ∞ insbesondere eine Cauchyfolge in ` (Ω). Nach A.3.1 ist (` (Ω), k·k∞ ) vollständig, d.h. ∞ (gn ) konvergiert bzgl. k·k∞ gegen ein g ∈ ` (Ω). Es bleibt zu zeigen, dass (fn ) bzgl. der Halbnorm k·kL ∞ gegen g konvergiert: (Hier gilt ≤ nach Denition der kfn − gkL ∞ ≤ sup |fn (ω) − g(ω)| = sup |gn (ω) − g(ω)| = kgn − gk∞ → 0. (C.25) ω∈Ω ω ∈N / Wir halten das Hauptergebnis dieses Abschitts in einem Satz fest. C.4.1 Theorem (L ∞ (µ), k·kL ∞ ) ist ein vollständiger halbnormierter Raum. C.5 Die Räume Lp (µ) L p (µ) für p ∈ [1, ∞] betrachtet. Ist µ k·kp sogar eine Norm. Im Allgemeinen ist das aber falsch. Für das Lebesguemaÿ auf R gilt zum Beispiel kχ{0} kL p = 0, obwohl χ{0} nicht p die Nullfunktion ist. Zum halbnormierten Raum L (µ) kann man jedoch auf folgende Bisher haben wir die halbnormierten Räume z.B. das Zählmaÿ auf N, so ist Weise einen normierten Raum assoziieren. Sei N der Kern von k·kp , also N = {f ∈ L p (µ) : kf kL p = 0}. L p -Halbnorm und Satz B.2.3 (d) besteht N genau aus allen messp die µ-fast überall verschwinden. Auf dem Quotientenraum L (µ) = Nach Denition der baren Funktionen, c (C.26) C. Kaiser 13. Oktober 2009 C - 8 L p (µ)/N , der aus den Äquivalenzklassen [f ] = f + N , f ∈ L p (µ) besteht, ist dann die Abbildung [f ] 7→ k[f ]kLp := kf kL p (C.27) k·kLp . Darüber hinaus gilt auch (N4), denn k[f ]kLp = 0 bedeutet f ∈ N und deshalb [f ] = [0]. Also p ist k·kLp eine Norm. Schlieÿlich überträgt sich auch die Vollständigkeit von L (µ) auf Lp (µ), denn ([fn ]) ist eine Cauchyfolge (bzw. konvergent) in Lp (µ) genau dann, wenn (fn ) eine Cauchyfolge (bzw. konvergent) in L p (µ) ist. wohldeniert. Die Halbnormeigenschaften übertragen sich von k·kL p auf Also gilt: C.5.1 Theorem Für raum. p ∈ [1, ∞] ist Lp (µ), versehen mit der Norm k·kLp , ein Banach- Im praktischen Umgang mit Lp -Räumen ist es üblich, in der Notation nicht zwischen Funktionen und ihren Äquivalenzklassen zu unterscheiden. Man schreibt also statt [f ] ∈ f ∈ Lp (µ) Lp (µ). In der Regel ist dies unproblematisch, sofern man sich stets bewuÿt ist, dass man es eigentlich mit Funktionenklassen zu tun hat. Zum Beispiel ist keine wohldenierte Abbildung auf f 7→ f (0) L1 (R)! C.6 Dichte Teilräume In diesem Abschnitt werden zwei Sätze über die Dichtheit von gewissen Teilmengen in L p -Räumen gezeigt. Der erste der beiden Sätze ist allgemeiner Natur. C.6.1 Satz Ist p ∈ [1, ∞] und f ∈ Lp (µ), so existiert eine Folge (fn ) von Treppenfunktionen mit kfn − f kLp → 0. Mit anderen Worten liegen die Treppenfunktionen dicht in Lp (µ). Proof Für f ∈ L p (µ) p = ∞ folgt der Satz sofort aus Satz B.1.11 (d). Sei nun p < ∞ und zunächst reellwertig und nichtnegativ. Dann existiert nach Satz B.1.11 (c) Treppenfunktionen fn mit 0 ≤ f1 ≤ f2 ≤ . . . , die punktweise gegen f konvergieren. Wegen |f − fn |p ≤ (|f | + |fn |)p ≤ (2|f |)p und f ∈ L p (µ), (C.28) folgt mit dem Satz von Lebesgue B.2.8 Z kf − fn kp = 1/p p |f − fn | dµ → 0. (C.29) Ω Ist f reellwertig, so schreibt man gezeigte auf c f+ und f− C. Kaiser 13. Oktober 2009 f = f+ − f− an. Für komplexwertige mit f C - 9 f+ , f− ≥ 0 und wendet das eben betrachtet man Re f und Im f . Wir wenden uns nun einem Resultat für den Raum Lp (Rd ) = Lp (Rd , λd ) mit p ∈ [1, ∞) zu. Um den Satz formulieren zu können, benötigen wir noch folgende Denition. Ist T ein topologischer Raum und f :T →K eine Funktion, so nennt man die abge- schlossene Menge supp(f ) := {t ∈ T : f (t) 6= 0} den (C.30) Träger von f . Der Vektorraum aller stetigen Funktionen f : Rd → K mit kompaktem Träger wird mit Cc (Rd ) bezeichnet. C.6.2 Satz Ist 1 ≤ p < ∞ und f kf − fn kLp Proof ∈ Lp (Rd ), so existiert eine Folge (fn ) in Cc (Rd ) mit → 0. Mit anderen Worten liegt Cc (Rd ) dicht in Lp (Rd ), falls p < ∞. Wir betrachten zuerst den Fall einer Indikatorfunktion schränkten Borelmenge A. f = χA mit einer be- Wegen der Regularität des Lebesguemaÿes (Satz B.2.15) δ > 0 eine kompakte Menge K und eine beschränkte oene Menge O mit λn (O \ K) < δ p wählen. Nun gestattet das Lemma von Urysohn A.1.2, d eine stetige Funktion φ : R → [0, 1] mit φ(x) = 1 auf C und φ(x) = 0 auÿerhalb von O d n 1/p < δ . zu konstruieren. Insbesondere ist φ ∈ Cc (R ) und kχA − φkp ≤ (λ (O \ C)) können wir zu K⊆A⊆O und A eine Borelmenge mit λn (A) < ∞, approximieren wir A von innen durch An = A ∩ Bn (0). Der Satz von der monotonen Konvergenz (B.2.7) liefert dann kχA − χAn kp → 0. Eine Anwendung der Minkowskischen Ungleichung und Schritt 1 ergibt, dass zu δ > 0 d eine Funktion φ ∈ Cc (R ) mit kχA − φkp < δ existiert. Pm n p d Ist f eine Treppenfunktion in L (R ), so kann man f = j=1 αj χAj mit λ (Aj ) < ∞ d schreiben. Nun wählen wir zu ε > 0 Funktionen φj ∈ Cc (R ) mit kχAj − φj kp < Pm ε/(n|αj |). Dann gilt für φ = j=1 αj φj ∈ Cc (Rd ) Ist kf − φkp ≤ m X |αj |kξAj − φj kp ≤ ε. (C.31) j=1 Eine Anwendung von Satz C.6.1 schlieÿt den Beweis ab. C.7 Die Faltung C.7.1 Satz und Denition Sei f, g ∈ L1 (Rd ). (a) Die Funktion y 7→ f (x − y)g(y) ist für fast alle x ∈ Rd Lebesgue-integrierbar. Daher ist Z f (x − y)g(y)dy h(x) := Rd wohldeniert für fast alle x ∈ Rd . h heiÿt bezeichnet. c C. Kaiser 13. Oktober 2009 Faltung C - 10 von f und g und wird mit f ∗ g (b) f ∗ g ∈ L1 (Rd ) mit kf ∗ gkL1 ≤ kf kL1 kgkL1 . Proof Seien f, g ∈ L 1 (Rd ). (x, y) 7→ f (x − y)g(y) ist Lebesgue-messbar. x 7→ |f (x − y)g(y)| für fast alle y ∈ Rd Lebesgue- Die Funktion Nach dem Satz von Tonelli B.2.13 ist messbar und es gilt Z Z Z |f (x − y)||g(y)|dx dy |f (x − y)g(y)|d(x, y) = R2d d d d ZR d ZR Rd Rd ZR ZR |f (x − y)|dx|g(y)|dy = |f (x)|dx|g(y)|dy = kf k1 kgk1 < ∞. = (x, y) 7→ f (x − y)g(y) Daher ist Lebesgue-integrierbar. Mit dem Satz von Fubini B.2.14 folgt dann: d y 7→ f (x, und R y)g(y) R ist für fast alle x ∈ RR Lebesgue-integrierbar R (b) khk1 = Rd | Rd f (x − y)g(y)dy|dx ≤ Rd Rd |f (x − y)||g(y)|dy dx = kf k1 kgk1 . (a) h als Funktionenenklasse 1 d f, g ∈ L (R ) abhängt. Wir bemerken noch, dass Vertreter von C.7.2 Übungsaufgabe ∗ Die Verknüpfung in distributiv (bzgl. der Addition). Insbesondere in L1 (Rd ) nicht von der Wahl der L1 (Rd ) ist kommutativ, assoziativ und 1 d ist L (R ) eine kommutative Banachal- gebra. C.7.3 Young'sche Ungleichung Sei p ∈ [1, ∞), f ∈ Lp (Rd ) und g ∈ L1 (Rd ), dann ist f ∗ g in Lp (Rd ) und es gilt kf ∗ gkLp ≤ kf kLp kgkL1 . Proof Nach dem Satz von Tonelli B.2.13 ist x 7→ |f (x − y)|p |g(y)| für fast alle y ∈ Rd Lebesgue-messbar und es gilt Z |f (x − y)|p |g(y)|d(x, y) = R2d Z Rd Z Z |f (x − y)|p |g(y)|dx dy Rd Z |f (x − y)|p dx|g(y)|dy = Rd Z Rd Z = Rd Rd |f (x)|p dx|g(y)|dy = kf kpp kgk1 . y 7→ |f (x − y)| für fast alle x ∈ Rd in Lp (Rd , |g(y)|dy). Weiter ist 1 ∈ Lq (Rd , |g(y)|dy), da g ∈ L1 (Rd ) ( p1 + 1q = 1). Also gilt mit der Hölderschen Ungleichung Insbesondere ist Z Z |f (x − y)||g(y)|dy ≤ Rd c C. Kaiser 13. Oktober 2009 p 1/p Z |f (x − y)| |g(y)|dy Rd 1 · |g(y)|dy Rd C - 11 1/q für fast alle x ∈ Rd kf ∗ und daher gkpp Z Z p/q ≤ Rd Rd |f (x − y)|p |g(y)|dy dxkgk1 = kf kpp kgkp1 . C.8 Approximative Identität C.8.1 Denition Funktionen kr ∈ Eine approximative Identität 2. Rd kr (t)dt = 1 3. Für beliebiges C.8.2 Beispiel {kr }r>0 Rd ist eine Familie {kr }r>0 von L1 (Rd ) mit den folgenden drei Eigenschaften: c>0 1. Es existiert eine Konstante R auf Sei für alle δ>0 kkr kL1 (Rd ) ≤ c mit r > 0. R gilt δ≤|x| |kr (x)|dx k ∈ L1 (Rd ) mit R →0 für für alle r → 0. k(x)dx = 1 und kr (x) = Rd r > 0. 1 x rn k( r ), r > 0. Dann ist eine approximative Identität. C.8.3 Beispiel k(x) = e−π|x| 2 x ∈ Rd . R Rd k(x)dx = 1. Wir d = 1: Z 2 Z Z Z Z 2 2 2 2 −πx2 e dx = e−πx e−πy dydx = e−π(x +y ) dydx R R R R R Z 2π Z ∞ 2 = e−πr rdrdσ = 1. Sei , Dann ist zeigen dies zuerst für 0 Für beliebiges (C.32) 0 d ∈ N gilt Z Z Z 2 2 −π|x|2 e dx = . . . e−π(x1 +···+xd ) dx1 . . . dxd Rd R R Z = e −πt2 (C.33) d dt = 1 R Nun können wir Beispiel C.8.2, um eine approximative Identität {kr }r>0 zu erhalten. C.8.4 Theorem Sei {kr }r>0 eine approximative Identität auf Rd . 1. Ist f ∈ Lp (Rd ) für ein 1 ≤ p < ∞, dann gilt kkr ∗ f − f kLp (Rd ) → 0 für r → 0. 2. Ist f stetig auf der kompakten Teilmenge K von Rd , so folgt kkr ∗f −f kL∞ (K) → 0 für r → 0. C.8.5 Lemma Ist f ∈ Lp (Rd ) für ein 1 ≤ p < ∞, so gilt für den Translationsoperator τs , deniert durch τs f = f (· − s) für s ∈ Rd , dass Z 1 p p |f (t − s) − f (t)| dt kτs f − f kLp = −→ 0 (C.34) Rd c C. Kaiser 13. Oktober 2009 C - 12 für s → 0. Proof p d d Sei p ∈ [1, ∞), f ∈ L (R ) und ε > 0. Da nach Satz C.6.2 Cc (R ) dicht liegt p d d d in L (R ), existiert eine stetige Funktion g : R → C mit kompaktem Träger K in R d mit kg − f kLp < ε. Sei nun s ∈ R mit |s| ≤ 1. Dann existiert eine kompakte Teilmenge K 0 von Rd , so dass g(t − s) − g(t) = 0 ist für alle t auÿerhalb von K 0 . Auÿerdem ist |g(t − s) − g(t)|p ≤ (2kgkL∞ )p für alle t ∈ K 0 . Also folgt B.2.8 Z |g(t − s) − g(t)|p dt → 0 mit dem Satz von Lebesgue (C.35) Rd s → 0. Daher existiert ein δ ∈ (0, 1) so, dass für kτs g − gkLp < ε richtig ist. Damit folgt für diese s auch für alle |s| < δ die Abschätzung kτs f − f kLp ≤ kτs f − τs gkLp + kτs g − gkLp + kg − f kLp < 3ε. Beweis von Satz C.8.4 Da R r > 0, folgt Z (kr ∗ f )(t) − f (t) = (kr ∗ f )(t) − f (t) kr (s)ds d R Z = kr (s)(f (t − s) − f (t))ds Rd kr (x)dx = 1 (C.36) für jedes (C.37) Rd (a) In (C.37) wenden wir die Lp -Norm an und verwenden die Minkowskische Integra- lungleichung C.2.5: kkr ∗ f − f k Lp p 1 Z Z p dt = k (s)(f (t − s) − f (t))ds r Rd Rd Z 1 Z p p ≤ |kr (s)| |f (t − s) − f (t)| dt ds. Rd Zu ε>0 wählen wir δ>0 (C.38) Rd mit |s| < δ kτs f − f kLp < ε. =⇒ (C.39) Die Eigenschaft (i) einer approximativen Identität liefert nun Z |kr (s)| kτs f − f kLp ds < cε. (C.40) |s|<δ Nach Eigenschaft (iii) können wir R δ≤|s| |kr (s)|ds <ε n0 ∈ N wählen, so dass für die Abschätzung gilt. Dies impliziert nun Z Z |kr (s)|kτs f − f kLp ds ≤ δ≤|s| c n ≥ n0 C. Kaiser 13. Oktober 2009 |kr (s)|ds2kf kLp < 2εkf kLp . δ≤|s| C - 13 (C.41) (b) Den Fall Da f p=∞ beweist man ähnlich, wobei man folgende Beobachtung benutzt. auf der kompakten Menge K gleichmäÿig stetig ist, können wir zu nden mit |s| < δ =⇒ |f (t − s) − f (t)| < für alle ε>0 ein ε 2c δ>0 (C.42) t ∈ K. C.8.6 Satz Ist φ : Rd → C eine stetig dierenzierbare Funkton mit kompaktem Träger und f ∈ Lp (Rd ), so ist φ ∗ f ebenfalls stetig dierenzierbar mit ∂j (φ ∗ f ) = (∂j φ) ∗ f, wobei ∂j die j -te partielle Ableitung dann auch φ ∗ f . Proof mit j ∈ {1, . . . , d} 0 < |h| ≤ 1 gilt: Sei und ej der (φ ∗ f )(x + hej ) − (φ ∗ f )(x) = h ∂ ∂xj j -te Z d ZR = d ZR → (C.43) bezeichne. Hat f einen kompakten Träger, Einheitsvektor in Rd . Für x ∈ Rd φ(x + hej − y) − φ(x − y) f (y) dy h φ(y + hej − y) − φ(y) f (x − y) dy h (∂j φ)(y) f (x − y) dy für h∈R und (C.44) h→0 Rd nach dem Satz von Lebesgue B.2.8. Der Satz ist anwendbar, da die Integranden punktweise konvergieren (φ ist partiell dierenzierbar) und eine integrierbare Majorante besitzen (φ hat kompakten Träger und Anwendung des Mittelwertsatzes). Also ist φ∗f partiell dierenzierbar und es gilt ∂j (φ ∗ f ) = (∂j φ) ∗ f. Die Stetigkeit von dass ∂j φ ∂j (φ ∗ f ) (C.45) folgt mit dem Satz von Lebesgue. Hierbei verwendet man, stetig ist und kompakten Träger hat. Wir setzen D(Rd ) = {φ ∈ C ∞ (Rd ) : supp(φ) wobei C ∞ (Rd ) kompakt}, den Raum aller beliebig häug dierenzierbaren Funktionen auf (C.46) Rd be- zeichnet. Für höhere partielle Ableitungen benutzen wir die Multiindexschreibweise Dα φ = ∂1α1 . . . ∂dαd φ, wobei ∂j = α = (α1 , . . . , αd ) ∈ Nd0 ∂ ∂xj sei. Hiermit erhalten wir eine einfache Folgerung aus Satz C.8.6 c C. Kaiser 13. Oktober 2009 C - 14 (C.47) C.8.7 Korollar Ist φ ∈ D(Rd ) und f alle α ∈ Nd0 ∈ Lp (Rd ), so ist φ ∗ f ∈ C ∞ (Rd ) und es gilt für Dα (φ ∗ f ) = (Dα φ) ∗ f. (C.48) Hat f kompakten Träger, dann auch φ ∗ f . C.8.8 Beispiel Dann deniert Sei ( e−1/t , ψ(t) = 0, φ(x) = ψ(1 − |x|2 ) t>0 t ≤ 0. eine Funktion in (C.49) D(Rd ). C.8.9 Satz Sei 1 ≤ p < ∞ und f ∈ Lp (Rd ). Dann existiert eine Folge (fn ) in D(Rd ) mit kfn − f kp → 0. Mit anderen Worten liegt D(Rd ) dicht in Lp (Rd ), falls p < ∞. Proof gn = f χ{kxk≤n} . Nach dem Satz von Beppo Levi B.2.7 gilt kgn − f kp → 0. Zu ε > 0 wähle nun N ∈ N so R d groÿ, dass kgN − f kp ≤ ε. Sei φ ∈ D(R ) nichtnegativ mit Rd φ(x)dx = 1. (Ein solches φ existiert nach Beispiel C.8.8.) Nach Satz C.8.4 gilt für hinreichend kleine r > 0 kφr ∗ gN − gN kp ≤ ε und deshalb kφr ∗ gN − f kp ≤ 2ε. (Hierbei ist φr wie in Beispiel d C.8.2 deniert.) Wie in Korollar C.8.7 beobachtet, liegt φr ∗ gN in D(R ). c Die gesuchte Folge kann so konstruiert werden. Setze C. Kaiser 13. Oktober 2009 15