FACH HOCHSCHULE LÜBECK Fachbereich Angewandte Naturwissenschaften Studiengang Medizintechnik Fachrichtung Hörgeräteakustik University of Applied Sciences Diplomarbeit „Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung“ vorgelegt von Tobias Wolter Betreuung: Dipl.-Ing. Siegrid Meier, Akademie für Hörgeräteakustik und Fachhochschule Lübeck Dipl.-Ing. Reimer Rohweder, Deutsches Hörgeräte Institut, Akademie für Hörgeräteakustik und Fachhochschule Lübeck Lübeck im September 2005 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung Zusammenfassung Die „Auditory Steady State Response“ (ASSR) sind ein Verfahren zur Messung von akustisch evozierten Potentialen bei kleinen Kindern oder nicht kooperativen Personen, bei denen die Durchführung von Hörtests wie bei Erwachsenen nicht möglich ist. Der Stimulus besteht aus ein oder mehreren amplitudenmodulierten Sinustönen, die ein Potential mit der Modulationsfrequenz auf der Hörbahn auslösen. Die ASSR haben den Vorteil der automatischen Auswertung und der frequenzspezifischen Schwellenbestimmung bei gleichzeitig mehreren Frequenzen. Ziel der Untersuchung war es, die Korrelation zwischen Luftleitungshörschwelle und ASSRSchwelle zu bestimmen, um ASSR-Ergebnisse zur Einschätzung der Hörschwelle bei kleinen Kindern verwenden zu können. Wichtig war auch ein Vergleich der Ergebnisse mit der Korrelation zwischen NN-BERA und Luftleitung, da diese zur Zeit in Deutschland die Standard-Messung zur Hörschwellenbestimmung bei Kleinkindern ist. Eine Verbesserung der Hörgeräteanpassung bei kleinen Kindern könnte eine objektive Kontrolle der Verstärkung durch ASSR sein. Für diesen Zweck wurde ein Versuchsaufbau erstellt und erprobt. Im wesentlichen basieren diese Untersuchungen auf der Messung von Aufblähkurven, das heißt der Messung von ASSR-Schwellen ohne und mit Hörgerät. Es wurden Messreihen mit erwachsenen schwerhörigen und normalhörenden Probanden durchgeführt. Der Korrelationskoeffizient zwischen ASSR und Luftleitung lag bei den verschiedenen Frequenzen zwischen r = 0,52 und 0,91. 60 bis 90 % der Ergebnisse stimmten mit einer Toleranz von +/-10 dB überein. Die Ergebnisse der Hörgeräteanpassungen wurden mit Insitu-Messungen verglichen, dabei lag der Korrelationskoeffizient zwischen r = 0,44 und 0,92. 70 bis 100% der Ergebnisse lagen in dem Toleranzbereich. Zwischen den ASSR und der Luftleitungsschwelle besteht demnach ein starker statistischer Zusammenhang. Aufgrund dieser Ergebnisse sind die ASSR für die Bestimmung der Hörschwelle ebenso geeignet wie die NN-BERA. Die ASSR scheinen grundsätzlich zur Anpassung von Hörgeräten bzw. zur Kontrolle der Anpassung geeignet. Probleme mit stehenden Wellen ließen sich durch Verbesserung der raumakustischen Bedingungen mit schallabsorbierender Wandverkleidung und durch InsituKontrolle der Pegel und Stimuli lösen. III Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung Erklärung zur Diplomarbeit Ich versichere, dass ich die Arbeit selbständig, ohne fremde Hilfe verfasst habe. Bei der Abfassung der Arbeit sind nur die angegebenen Quellen benutzt worden. Wörtlich oder dem Sinne nach entnommene Stellen sind als solche gekennzeichnet. Lübeck, den 16. September 2005 __________________________ Unterschrift Ich bin damit einverstanden, dass meine Arbeit veröffentlicht wird, insbesondere dass die Arbeit Dritten zur Einsichtnahme vorgelegt wird oder Kopien der Arbeit zur Weitergabe an Dritte angefertigt werden. Lübeck, den 16. September 2005 __________________________ Unterschrift V Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung Danksagungen Folgenden Personen, die mich im Zusammenhang mit der Erstellung dieser Diplomarbeit unterstützt haben, möchte ich herzlichen Dank sagen: Den Dozenten der Akademie für Hörgeräteakustik für die Unterstützung, besonders Frau Meier für die Betreuung der Arbeit. Herrn Rohweder für das Bereitstellen von Material und Arbeitsmitteln und der Finanzierung der Probanden für die Messreihen. Prof. Schönweiler für die medizinisch-wissenschaftliche Unterstützung und den Mitarbeitern der Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie in der HNO-Klinik des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, besonders Frau Hanke, dass ich bei ihr Erfahrungen in BERA-Messungen sammeln konnte. Besonders Herrn Thie und der Firma Pilot-Blankenfelde für das zur Verfügung stellen der ASSR-Messanlage. Frau Bäuml für die Hilfe beim Organisieren und ihre nette Unterstützung. Herrn Keller dafür, dass ich auch eine zweite ASSR-Messanlage ausprobieren konnte. Den Probanden für die nette Zusammenarbeit und die viele Geduld. Meinen Eltern, dass sie mir das Studium ermöglicht und mich immer sehr unterstützt haben. Ganz besonders dankbar bin ich meiner Partnerin Anne-Linn für das Abnehmen vieler Arbeiten während der Diplomarbeit und die riesengroße tatkräftige und seelische Unterstützung. VII Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung Inhaltsverzeichnis 1 EINLEITUNG ............................................................................................................ 1 1.1 HÖRSCHWELLENMESSUNG UND HÖRGERÄTEVERSORGUNG BEI KINDERN ..................... 2 1.1.1 Hörprüfung bei Kleinkindern.................................................................................. 2 1.1.2 Hörgeräteversorgung bei Kleinkindern.................................................................. 6 1.2 EINFÜHRUNG IN DIE „AKUSTISCH EVOZIERTEN POTENTIALE“ ....................................... 8 1.2.1 Bedeutung der Potentialmessung ......................................................................... 8 1.2.2 Elektrophysiologie des Hörens.............................................................................. 8 1.2.3 Klick-BERA.......................................................................................................... 10 1.2.4 NN-BERA ............................................................................................................ 13 1.2.5 AMFR / ASSR .................................................................................................... 15 1.3 ZIEL DER UNTERSUCHUNG ........................................................................................ 21 2 VERFAHREN UND METHODEN............................................................................ 22 2.1 GRUNDLAGEN ........................................................................................................... 22 2.1.1 Die Messreihen ................................................................................................... 22 2.1.2 Probanden........................................................................................................... 22 2.1.3 Verwendete Geräte ............................................................................................. 23 2.1.4 Elektrodenposition............................................................................................... 23 2.1.5 Ablauf der Messungen ........................................................................................ 24 2.2 KORRELATIONEN ZWISCHEN ASSR-SCHWELLEN, LUFTLEITUNGS- UND NOTCHEDNOISE-BERA-POTENTIAL-SCHWELLEN ..................................................................... 26 2.2.2 Messreihe mit Pilot-Blankenfelde Evoselect und Prototypsoftware (M1) ............ 27 2.2.3 Messreihe mit Pilot-Blankenfelde Evoselect und Testsoftware Vers. 5.07 (M3) 28 2.3 ANWENDUNG DER ASSR ZUR HÖRGERÄTEANPASSUNG ............................................ 29 2.3.1 Verarbeitung des ASSR-Signals im Hörgerät ..................................................... 29 2.3.2 Messreihe mit Audera (Fa. GSI) Messsystem (M2) ............................................ 30 2.3.3 Messreihe mit Pilot-Blankenfelde Evoselect und Software Version 5.08 (M4) ... 32 3 AUSWERTUNG DER ERGEBNISSE ..................................................................... 35 3.1 GRUNDLAGEN ........................................................................................................... 35 3.1.1 Mittelwerte und Standardabweichungen: ............................................................ 35 3.1.2 Regressionsfunktion und Korrelationskoeffizient ................................................ 36 3.2 KORRELATIONEN ZWISCHEN ASSR-SCHWELLEN, LUFTLEITUNGS- UND NOTCHEDNOISE-BERA-POTENTIAL-SCHWELLEN ..................................................................... 37 3.2.1 Messreihe mit Pilot-Blankenfelde Evoselect und Prototypsoftware (M1) ............ 37 3.2.2 Messreihe mit Pilot-Blankenfelde Evoselect und Testsoftware Vers. 5.07 (M3) 42 3.3 ANWENDUNG DER ASSR ZUR HÖRGERÄTEANPASSUNG ............................................ 54 3.3.1 Verarbeitung des ASSR-Signals im Hörgerät ..................................................... 54 3.3.2 Messreihe mit Audera (Fa. GSI) Messsystem (M2) ............................................ 56 3.3.3 Messreihe mit Pilot-Blankenfelde Evoselect und Software ................................. 61 IX Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 4 DISKUSSION.......................................................................................................... 72 4.1 4.2 4.3 5 AUSBLICK ............................................................................................................. 75 5.1 5.2 6 WEITERE UNTERSUCHUNGEN –................................................................................. 75 WEGE IN DIE PRAXIS — NUTZEN FÜR DEN HÖRGERÄTEAKUSTIKER ............................ 75 ANHANG ................................................................................................................ 76 6.1 6.2 6.3 6.4 X PROBLEME ............................................................................................................... 72 SCHLUSSFOLGERUNGEN ........................................................................................... 73 ANDERE UNTERSUCHUNGEN ZUR FREQUENZSPEZIFISCHEN OBJEKTIVEN AUDIOMETRIE MIT ASSR ................................................................................................................ 74 ABKÜRZUNGEN ........................................................................................................ 76 LITERATURVERZEICHNIS ........................................................................................... 77 ABBILDUNGSVERZEICHNIS ........................................................................................ 79 TABELLEN- UND FORMELVERZEICHNIS ...................................................................... 82 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 1 Einleitung „Auditory Steady State Response“ (ASSR) sind ein Messverfahren zur objektiven Hörschwellenbestimmung bei kleinen Kindern oder bei nicht kooperativen Personen. Es werden dabei während einer akustischen Reizapplikation bestimmte Gehirnströme gemessen. Im Rahmen dieser Diplomarbeit wird das Verfahren untersucht und die Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung geprüft. Von besonderer Bedeutung bei der Anwendung von ASSR ist die Verbindung der Hörgeräteakustik und der Audiologie in den Kliniken. Das Zustandekommen dieser Diplomarbeit war deshalb auch vor allem von der guten Zusammenarbeit zwischen der Akademie für Hörgeräteakustik und der Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie in der HNO-Klinik des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein, Campus Lübeck, abhängig. Kindliche Hörstörungen gehören zu den häufigsten angeborenen Erkrankungen. Werden Tubenfunktionsstörungen als vorübergehende Hörstörung nicht mitgerechnet, beträgt die Prävalenz für bleibende, relevante Hörstörung 1:1000, bei Kindern mit Risikofaktoren 1:50 [Flei-2002]. In der besonders wichtigen Phase der Hörbahnreifung, die beim Menschen in den ersten beiden Lebensjahren liegt, muss das auditive System ausreichend stimuliert werden, damit irreversible Folgen für die Hör- und Sprachentwicklung verhindert werden. Lernstörungen, Einschränkungen der kognitiven und intellektuellen Leistungsfähigkeit sowie Störungen der emotionalen und psychosozialen Entwicklung von Kindern werden häufig durch eine späte Diagnose, Therapie und Rehabilitation verursacht [Walg-2001]. Die Kommunikationsfähigkeit und Sprachentwicklung schwerhöriger Kinder hängen deshalb von der frühestmöglichen Behandlung ab. Bei angeborenen Hörstörungen sollten die Kinder ab dem vierten bis sechsten Lebensmonat mit Hörgeräten versorgt sein, damit es nicht durch unzureichende Stimulation der sinnesspezifischen Nervenbahnen und –zentren zu einer unnötigen und vermeidbaren Deprivation kommt [DGPP-2003]. Bisher wurden in Deutschland Schwerhörigkeiten bei Kindern meistens erst viel später entdeckt. Mit der Einführung des „Universellen Neugeborenen Hörscreening“ (UNHS) können Schwerhörigkeiten aber so frühzeitig erkannt werden, dass durch rechtzeitige Diagnose und frequenzspezifische Schwellenbestimmungen eine erste Versorgung mit Hörsystemen innerhalb dieses Zeitraumes stattfinden kann. Demzufolge müssen vermehrt ganz junge Kinder wegen des Verdachts auf Schwerhörigkeit audiologisch untersucht werden. Es ist für alle Pädaudiologen das Ziel, die frequenzspezifische Hörschwellenbestimmung und die Hörgeräteanpassung bei Kindern stetig zu verbessern. Je jünger die Kinder sind, desto schwieriger ist es in der Regel, verlässliche Hörschwellenwerte zu bekommen. Die ASSR könnten dazu beitragen, einfacher und frequenzgenauere Hörschwellenwerte bei kleinen Kindern zu erhalten, da es sich hierbei um ein automatisches Verfahren handelt, das in einigen Bereichen frequenzspezifischer als die Notched-Noise-BERA ist. Im Gegensatz zu Deutschland ist die Anwendung der ASSR in den USA schon gebräuchlich. In Deutschland fehlten bislang Vergleichswerte, um die Luftleitungsschwelle aus den ASSRPotential-Schwellen sicher schätzen zu können. Die Idee, mit dem ASSR-Verfahren Hörgeräte „objektiv“ anpassen zu können, war für diese Diplomarbeit besonders interessant. Es wurde dafür ein eigener Versuchsaufbau erstellt und erprobt. Im Wesentlichen basieren die Untersuchungen auf der Messung von Aufblähkurven, dass heißt auf der Messung von ASSR-Schwellen ohne und mit Hörgerät. 1 Einleitung – 1.1 Hörschwellenmessung und Hörgeräteversorgung bei Kindern 1.1 Hörschwellenmessung und Hörgeräteversorgung bei Kindern 1.1.1 Hörprüfung bei Kleinkindern Bei kleinen Kindern (< 6 Monate) oder nicht kooperativen Personen ist die Durchführung von Hörtests nicht in der Form möglich, wie sie bei Erwachsenen Anwendung findet. Die Fähigkeit zur Mitarbeit bei Hörprüfungen unterscheidet sich grundlegend von der Erwachsener. Die Deutsche Gesellschaft für Phoniatrie und Pädaudiologie empfiehlt deshalb, Informationen aus verschiedenen Testverfahren zusammenzustellen [DGPP-2003]. a) 0 – 6 Monate (Abfolge der Untersuchungen) • Anamnese und HNO-Befund einschl. binokularmikroskopische Ohrinspektion • Subjektive Audiometrie (Obwohl Hörschwellenangaben in diesem Alter noch nicht ausreichend sicher erhebbar sind, sind die Hörreaktionsschwellen jedoch als Plausibilitätskontrolle der BERA und als Vergleichsbasis für die Hörgeräteanpassung unverzichtbar.) • Tympanogramm • Otoakustische Emissionen (TEOAE und DPOAE) • BERA: • BERA mit Klicks (Frequenzbereich 1000 - 4000 Hz) • Frequenzspezifische-BERA mit einer Angabe in zumindest zwei Bereichen (z.B. 500 Hz und 3.000Hz) • wünschenswert Angaben über den überschwelligen Bereich (z.B. Recruitment, neurale Komponente) b) älter als 6 Monate (Abfolge der Untersuchungen) • Anamnese und HNO-Befund einschl. binokularmikroskopische Ohrinspektion • Subjektive Audiometrie: Anbahnung und Anwendung der visuell konditionierte Ablenkaudiometrie • Tympanogramm • Stapediusreflexe • Otoakustische Emissionen (TEOAE und DPOAE) • BERA: s. o. c) älter als 2 Jahre (Abfolge der Untersuchungen) • Anamnese und HNO-Befund einschl. binokularmikroskopische Ohrinspektion • Subjektive Audiometrie: Ggf. noch visuell konditionierte Ablenkaudiometrie, ansonsten Anbahnung • Spielaudiometrie • Tympanogramm • Stapediusreflexe • Otoakustische Emissionen (TEOAE und DPOAE) • Ggf. BERA, dann s. o. d) ab 3-4 Jahren + Sprachaudiometrie e) ab 7 Jahren + Hörfeldskalierung Text 1: Technische und audiometrische Voraussetzungen, Th. Wiesner, Konsenspapier der DGPP zur Hörgeräte-Versorgung bei Kindern, Stand 30.3.2003 2 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung Bei Kindern unter 1 Jahr sollte die Impedanzprüfung außerdem mit Hochfrequenz-Sondenton durchgeführt werden. Stapediusreflexmessungen ergeben einen Anhaltspunkt für die Unbehaglichkeitsschwellen. Für die frequenzspezifische BERA wird in Deutschland üblicherweise die NN-BERA verwendet. Ebenso könnten aber auch ASSR eingesetzt werden. Ziel der Diagnostik ist die frequenzspezifische Einschätzung der Hörschwelle sowie die Ermittlung und Berücksichtigung weiterer individueller Voraussetzungen, wie z.B. Mehrfachbehinderung, Missbildungen usw. [DGPP-2003]. Wichtig ist dabei, sich nicht auf ein einziges Messverfahren zu verlassen, da im Einzelfall sehr große Abweichungen auftreten können, die nur im Zusammenhang mit den Ergebnissen verschiedener Messverfahren erkannt werden. Frau Dipl.Ing. S.Meier hat in ihrem Vortrag auf dem EUHA-Kongress 2004 in Frankfurt zum Thema „Bedeutung der Objektiven Messverfahren für die Hörsystemanpassung bei Kindern“ gezeigt, wie mit verschiedenen Messverfahren die Hörschwelle und auch die Unbehaglichkeitsschwelle eines Kindes eingekreist werden kann. Schwerhörigkeit kann bei Kindern alle funktionellen Teilbereiche des peripheren und zentralen Hörorgans betreffen. Dabei ist zwischen Schallleitungsschwerhörigkeiten (SL-SH) und Schallempfindungsschwerhörigkeiten (SE-SH) zu unterscheiden: Während eine Schallleitungsschwerhörigkeit medikamentös oder operativ zu behandeln ist, bedeutet eine Schallempfindungsschwerhörigkeit als sensoneurinale Hörstörung eine dauerhafte Schädigung durch den Ausfall von Haarsinneszellen in der Cochlea und kann bisher nur apparativ durch eine Hörhilfe kompensiert werden. Häufig kommen auch kombinierte Schwerhörigkeiten (SL+SE) bei Kindern vor, die sich aus Schallleitungskomponente und Schallempfindungskomponente zusammensetzten. Wird eine Schallleitungskomponente beispielsweise durch eine Mittelohrentzündung hervorgerufen, bedeutet dies für ein Kind mit Schallempfindungsschwerhörigkeit eine noch größere Einschränkung und muss deshalb so schnell wie möglich behandelt werden. Störungen in zentralen Bereichen der Hörverarbeitung bzw. assoziierten Zentren des Gehirns mit normaler peripherer Hörfunktion werden als auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung bezeichnet. Die Unterscheidung zwischen subjektiven und objektiven Hörprüfverfahren kann nach der Mitarbeit, der Auswertung, den Messergebnissen oder der Durchführung getroffen werden. Üblich ist es, Reflexaudiometrie, Verhaltensaudiometrie als subjektiv und ImpedanzMessung, Otoakustische Emissionen (OAE) und akustisch evozierte Potentiale (AEP) als objektiv einzuteilen. 1.1.1.1 Subjektive Hörprüfung Bei der subjektiven Hörprüfung ist das Ergebnis von der aktiven Mitarbeit des Patienten abhängig. Es werden fünf Verfahren unterschieden, die altersabhängig angewendet werden. Reflexaudiometrie: In den ersten Lebensmonaten findet die subjektive Hörprüfung durch Reflexaudiometrie statt. Bei dieser Form der Audiometrie werden die unbedingten Reflexe, wie z.B. Zucken der Augenlider, reflexartiges Anziehen der Arme und Beine, Änderung der Mimik und Atmung beobachtet. Obwohl der Säugling normal hört, sind die Reflexe überschwellig. Es entstehen bei der Reflexaudiometrie leicht Fehldeutungen durch Reaktionen auf Bewegung und visuelle Reize, da die Reflexschwelle bei einem Neugeborenen bei ca. 80 dB und nach drei Lebensmonaten bei ca. 50 - 60 dB liegt. 3 Einleitung – 1.1 Hörschwellenmessung und Hörgeräteversorgung bei Kindern Verhaltensaudiometrie: Ab dem 3. bis 4. Lebensmonat kann die Verhaltensaudiometrie eingesetzt werden. In diesem Alter lassen die unbedingten Reflexe nach und es werden Änderungen im Verhalten, wie Drehen des Kopfes oder der Augen zur Schallquelle beobachtet. Mögliche Formen der Verhaltensaudiometrie sind der Ablenktest und die Verhaltensaudiometrie mit Konditionierung. Bei der Ablenkaudiometrie ist das Kind durch ein Spiel oder ähnlichem abgelenkt und es wird geprüft, ob es auf bestimmte Schallsignale reagiert. Bei der Verhaltensaudiometrie mit Konditionierung wird das Kind trainiert, auf eine optische Belohnung durch entsprechende Kopf- oder Augendrehung zu reagieren, nachdem der Stimuli erzeugt wurde. Diese optische Belohnung kann ein leuchtendes Bild oder ein vorher nicht sichtbarer, sich bewegender Teddy sein. Spielaudiometrie: Ab dem 3. Lebensjahr kann bei der Spielaudiometrie eine aktive Reaktion des Kindes konditioniert werden. Die Hörschwellenbestimmung wird in die Spielhandlung eingebaut. Hörschwellenaudiometrie: Mit dem Ende des vierten Lebensjahres kann die Hörschwellenaudiometrie je nach individueller Entwicklung des Kindes ohne Spielhandlung durchgeführt werden. Auch KinderSprachaudiometrie ist ab diesem Zeitpunkt möglich. Es stehen verschiedene SatztestInventare, wie der „Göttinger Sprachverständnistest“, der „Zweisilber-Kinderreimtest“ und der „Oldenburger-Kinderreimtest“ (OLKI) zur Verfügung. Hörfeldskalierung: Ab dem siebenten Lebensjahr ist die Hörfeldskalierung möglich. 1.1.1.2 Objektive Tests Die objektiven Tests geben eine Aussage über das Gehör wieder, ohne dass eine aktive Mitarbeit des Kindes bzw. des Probanden nötig ist. Zu diesem Test zählen verschiedene Verfahren, die im Folgenden näher beschrieben werden: Tympanometrie: Mit der Tympanometrie wird die Impedanz des Trommelfells und der Gehörknöchelchenkette in Abhängigkeit des Luftdrucks im Gehörgang bestimmt. Dazu wird mit einer Sonde der äußere Gehörgang abgedichtet. Ein Sondenton mit meistens 220 Hz wird in den Gehörgang abgegeben und der reflektierte Schallanteil über ein Mikrofon gemessen, während gleichzeitig der Luftdruck im Gehörgang zwischen -300 daPa und +300 daPa variiert. Der Ablauf geschieht bei den heute üblichen Geräten automatisch und startet meist, sobald der Gehörgang mit der Sonde abgedichtet wurde. Anhand des Verlaufs der Compliance, das heißt der Nachgiebigkeit des Trommelfells, und der Drucklage der maximalen Compliance, lassen sich Probleme des Mittelohres erkennen. Bei normaler Tubenfunktion entspricht der Druck im Mittelohr dem normalen Luftdruck. Bei diesem Druck „Null“ liegt normalerweise das Maximum der Compliance. Ist die Tubenfunktion gestört und die Belüftung des Mittelohres verringert, so verschiebt sich das Maximum in Richtung des niedrigeren Drucks. Bei länger anhaltendem Unterdruck bildet sich Sekret im Mittelohr. Ebenso wie bei einer Mittelohrentzündung flacht die Compliance ab und das Maximum ist in schwereren Fällen nicht mehr erkennbar. Liegt eine Unterbrechung der Gehörknöchelchenkette vor, übersteigt die Compliance den Messbereich, da kaum Schall reflektiert wird. 4 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung Narben können das Trommelfell versteifen oder teilweise sehr leicht beweglich machen, so dass die Höhe der Compliance verändert wird. Löcher im Trommelfell machen die Tympanometrie unmöglich, es kann höchstens mit der Luftpumpe des Gerätes eine Tubenfunktionsprüfung durchgeführt werden. Durch das Erhöhen des Luftdrucks bei Beginn der Messung können sich Löcher im Trommelfell zeigen, die bei der Otoskopie unentdeckt blieben. Auch die Abdichtung des Gehörgangs wird dadurch sichergestellt, da der Überdruck in beiden Fällen abfließt. Stapediusreflexmessung: Im direktem Anschluss an die Tympanometrie wird mit den gleichen Geräten die Stapediusreflexmessung durchgeführt. Laute Schallereignisse lösen bei intaktem Mittelohr sowie (zumindest für hohe Pegel) funktionierendem Innenohr und reizverarbeitenden Systemen über den Faszialisnerv eine messbare Kontraktion des Stapediusmuskels aus. Die Stapediuskontraktion verspannt das Trommelfell, so dass es schallhärter wird. Die Veränderung der Compliance als Reaktion auf laute Töne wird gemessen und der niedrigste Pegel, bei dem der Reflex nachweisbar ist, wird als Stapediusreflexschwelle notiert. Bei Kindern wird diese Schwelle als Hinweis auf die Unbehaglichkeitsschwelle genutzt. Der Reflex wird immer auf beiden Ohren ausgelöst, so dass die Registrierung sowohl ipsi als auch kontralateral erfolgen kann. Die Latenzzeit und der Reflexdecay sind bei Verdacht auf neurale Hörstörungen interessant. Otoakustische Emissionen (OAE): Otoakustische Emissionen (OAE) sind Schallsignale, die im Gehörgang gemessen werden können und von Bewegungen im Innenohr stammen. Mit größter Wahrscheinlichkeit ist die Motilität der äußeren Haarsinneszellen, die auch die aktive Wanderwelle in der Schnecke verursacht, die Quelle der OAE. In der praktischen Pädaudiologie werden vorwiegend die Transitorisch evozierten OAE und die Otoakustischen Distorsionprodukte (DPOAE) eingesetzt. Diese evozierten Potentiale weisen die Funktion der äußeren Haarsinneszellen bei intaktem Mittelohr nach. TEOA sind bis zu einem Hörverlust von 25 bis 30 dB nachweisbar, DPOAE bis zu einem Hörverlust von 50 dB. Werden beide Verfahren genutzt, kann der Schweregrad des Hörverlust eingegrenzt werden. Akustisch evozierten Potentialen (AEP): Mit den akustisch evozierten Potentialen (AEP) wird die elektrophysiologische Verarbeitung der am Hörvorgang beteiligten Nervenzentren und Hirnbereiche untersucht. Sie werden im Kapitel 1.2 näher beschrieben. [Fried-2000], [Walg-2001], [Flei-2002], [Lehn-2000], [Löwe-1994] 5 Einleitung – 1.1 Hörschwellenmessung und Hörgeräteversorgung bei Kindern 1.1.2 Hörgeräteversorgung bei Kleinkindern Die Hörgeräteversorgung bei Kindern ist eine multidisziplinäre Aufgabe, da viele Faktoren und Beteiligte Einfluss nehmen. Eine gute Zusammenarbeit zwischen Eltern, Ärzten (darunter Phoniater und Pädaudiologen), Audiologen, Pädakustikern, Hörgeschädigtenpädagogen, audiologischen Assistentinnen, Logopäden und Psychologen ist für eine erfolgreiche Hörgeräte-Anpassung bei Kindern nötig. Allen an der Hörgeräteanpassung Beteiligten sind die jeweils aktuellsten Hörschwellen-Daten, soweit zum Verständnis nötig mit interpretatorischen Hinweisen, zugänglich zu machen. Wichtig ist dabei nicht nur die möglichst frühzeitige Hörgeräteanpassung, sondern auch interdisziplinäre Betreuung des Kindes und der Eltern und die Einleitung zusätzlicher diagnostischer, therapeutischer und pädagogischer Maßnahmen. Mit Hör-SprachFrühförderungsmaßnahmen sollte ebenso wie mit der Hörgeräteanpassung möglichst früh begonnen werden. Dabei können neben der Anleitung und Information der Eltern wertvolle Hinweise zur Einschätzung des Hörvermögens und sonstige Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen gewonnen werden. Auch über technische Zusatzgeräte, schulische Maßnahmen und rehabilitative Aspekte sollten die Eltern informiert werden. Hörgeräteversorgungen bei Kindern sind vor allem bei Innenohrschwerhörigkeiten nötig. Schalleitungsschwerhörigkeiten, die häufig durch Tubenfunktionsstörungen verursacht werden, können oft operativ oder medikamentös behoben werden. Für hochgradige und an Taubheit grenzende Schwerhörigkeiten besteht die Möglichkeit der Versorgung mit einem Cochlea-Implantat. Über mehrere Elektroden, die in die Cochlea implantiert werden, erfolgt eine direkte elektrische Reizung einzelner Bereiche der Hörnerven. Bevor dieser entgültige Schritt gegangen wird, sollte auf jeden Fall die Versorgung mit einem oder bei beidseitigem Hörverlust mit zwei leistungsstarken Hörgeräten erprobt werden. Auf Cochlea-Implantate wird im Rahmen dieser Diplomarbeit nicht näher eingegangen Die angepassten Hörgeräte müssen, was die Bauart und Funktionen angeht, besonders für Kinder geeignet sein. Auf der Basis der Daten, die mit den in Kapitel 1.1.1 beschriebenen Hörprüfungen gesammelt wurden, ist die Hörschwelle und das Resthörfeld des Kindes einzuschätzen. Zur Voreinstellung der Hörgeräte aufgrund dieser audiometrischen Daten werden Anpassregeln, wie DSLio oder NAL-NL1 verwendet, die das Alter des Kindes und die individuellen akustischen Übertragungsparameter des Außenohres einberechnen. Um die Verstärkung des Hörgerätes an die kleinen Verhältnisse des kindlichen Ohres anzupassen, wird der im Gehörgang ankommende Schall mit einer Insitu-Sonde gemessen. Am Messmikrofon der Sonde ist ein dünner Silikon-Schlauch befestigt, der in den Gehörgang eingeführt wird, so dass die Öffnung circa 5 mm vor dem Trommelfell liegt. Zunächst wird die frequenzabhängige Verstärkung des offenen Ohres aufgenommen (Open Ear Gain = OEG). Die tatsächlich hinzugekommene Verstärkung ist die Differenz zwischen der Verstärkung mit Hörgerät und individueller Otoplastik, sowie der OEG. Dieser echte Verstärkungsgewinn wird als Einfügeverstärkung oder Insertion Gain bezeichnet. Ist nur eine sehr kurze Insitu-Messung möglich, wird die Real Ear To Coupler Difference (RECD) bestimmt und die weiteren Messungen in der Messbox durchgeführt. Dazu wird das frequenzspezifische Übertragungsverhalten eines linearen Hörgerätes oder eines Einsteckhörers an der individuellen Otoplastik mit der Insitu-Sonde und in der Messbox am Kuppler gemessen. Die RECD ist die Differenz zwischen den beiden Übertragungskurven. Ist wegen Unruhe oder Ablehnung des Kindes gar keine Insitu-Messung möglich, müssen die RECD-Werte aufgrund des Alters geschätzt werden. Die Verstärkung der Hörgeräte muss mit diesen Verfahren überprüft werden. 6 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung Bei der Versorgung von Kindern ist es wichtig, dass nicht nur mittlere Pegel der Sprache, die bei 65 dB angenommen werden, im Hörbereich des Kindes liegen, sondern auch alle leisen und lauten Bereiche noch wahrgenommen werden können, um das Erlernen von Sprache zu fördern und zu gewähren. Im Textfeld 2 sind die unterschiedlichen Wege zur audiometrischen Überprüfung des Anpasserfolges altersabhängig beschrieben. Beobachtungen im Alltag und in mitbetreuenden Institutionen ergänzen die geschilderten audiometrischen und technischen Kontrollen. Gerade im ersten Lebensjahr und vor allem während der ersten 6 Monate ist die Basis der audiometrischen Daten sehr unsicher. Eine objektive Erfolgskontrolle, die das Verfahren der Hörgeräteanpassung oder auch Anpasskontrolle mit ASSR verspricht, würde die nachweisbare Qualität der Versorgung erhöhen. Der Abschluss einer Hörgeräteverordnung bedarf einiger Nachweise, wie beispielsweise: • die Hörgeräte werden von dem Kind akzeptiert • die Hörgeräte werden ganztägig getragen • mittellaute Sprache kann mit einer Dynamik von 30 dB gehört werden • das Kind hat einen Hörgewinn durch die Hörsysteme Die Hörgeräteanpassung bleibt ein ständiger Prozess, der nie vollkommen abgeschlossen ist. Durch das schnelle Wachstum kindlicher Ohren müssen immer wieder neue Otoplastiken angefertigt werden. Die audiometrischen Werte sind regelmäßig zu kontrollieren und die Hörgeräteeinstellungen zu überprüfen und erneut einzustellen. a) 0 – 6 Monate: • Otoskopie + Tympanometrie • Subjektive Plausibilitätskontrolle/Hörreaktionsschwellen (Beobachtungsaudiometrie im freien Schallfeld, ggf. seitengetrennt für Wobbeltöne, Schmalbandrauschen und komplexe Alltagssignale), • “Toleranztest“ (unter Verwendung von breitbandigen komplexen Signalen sowie einigen impulsartigen Signalen sollten auch bei 80 dB keine eindeutigen Abwehrreaktionen, die über ein deutliches „Erstaunen“ hinausgehen bzw. bei impulsartigen Signalen kein reizsynchrones Augenzwinkern auftreten) b) älter als 6 Monate: • Otoskopie + Tympanometrie • Anstelle der Plausibilitätskontrolle/Hörreaktionsschwellen sollte zunehmend eine Aufblähkurve durch eine visuell konditionierte Ablenkaudiometrie angestrebt werden, • „Toleranztest“ (s.o.) c) älter als 2 Jahre: (Abfolge der Untersuchungen) • Otoskopie + Tympanometrie. • Anstelle der visuell konditionierten Ablenkaudiometrie sollte zunehmend eine spielaudiometrische Kontrolle der Aufblähkurve angestrebt werden, • „Toleranztest“ (s.o.) d) Älter als 3 Jahre: • Otoskopie + Tympanometrie • Spielaudiometrie, • „Toleranztest“ (s.o.), • Anstreben einer sprachaudiometrischen Überprüfung Text 2: Erfolgskontrolle im Rahmen der Hörgeräte-Anpassung bei Kindern, Th. Wiesner, Konsenspapier der DGPP zur Hörgeräte-Versorgung bei Kindern, Stand 30.3.2003 [DGPP-2003], [Flei-2002], [Lehn-2000] 7 Einleitung – 1.2 Einführung in die „Akustisch evozierten Potentiale“ 1.2 Einführung in die „Akustisch evozierten Potentiale“ 1.2.1 Bedeutung der Potentialmessung Die Messung der akustisch evozierten Potentiale erlaubt die Hörschwellenbestimmung bei Säuglingen, Kleinkindern und nicht kooperativen Kindern. Als objektives Verfahren wird es zur Zeit als „Goldstandard“ bezeichnet. Die Messung wird in einer verkürzten und automatisierten Form beim Screening eingesetzt. Besonders seit das „Universelle Neugeborenen Hörscreening“ in Deutschland eingeführt wurde, ist es sowohl für das Screening als auch für die nachfolgende Diagnostik unersetzlich. Im Zusammenhang mit anderen Verfahren kann anhand der erhaltenen Antwort abgeklärt werden, ob es sich um einen Schalleitungs-, endooder retrocochleären Hörverlust handelt. Bei Vertäubungsproblemen kann aufgrund der ipsiund kontralateralen Ableitung mit einigen AEP's auch die Innenohrfunktion geprüft werden. Im Rahmen der Diagnostik der auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung werden AEP's eingesetzt, um objektive Hinweise auf Verarbeitungsprobleme zu erhalten. Durch die unter anderem mit den AEP's gewonnen Informationen über die Hörschwelle kann bei Kleinstkindern und Säuglingen eine Vorauswahl und Voreinstellung von Hörgeräten vorgenommen werden. Mit Hilfe der AEP's ist es möglich, ohne und mit Hörgeräte zu messen. Dadurch kann mit einer Art objektiven Functional-Gain die Anpassung von Hörgeräten evaluiert werden. Die Messung mit Hörgeräten ist sowohl mit der NN-BERA, als auch mit den ASSR möglich. Zu der Hörgeräte-Anpassung mit NN-BERA gibt es ein patentiertes Verfahren [Patent: Steinmeier-2002]. Die Messung mit ASSR und Hörgeräten wird in dieser Diplomarbeit untersucht. Mehrere Veröffentlichungen zeigen, dass die Anpassung von Hörgeräten oder zumindest die Kontrolle der Hörgeräteanpassung mit ASSR möglich ist [Wesa-2004], [Pict-1998]. Trotz aller Vorzüge ist die objektive Audiometrie kein Hörtest, denn es werden nur Abschnitte der Hörverarbeitung geprüft. Ob der Stimulus tatsächlich bewusst gehört wird, ist nicht sicher. Die objektiven Tests sind in der Gültigkeit ihrer Aussage auf einzelne isolierte Komponenten des Hörsystems beschränkt [Hoth-2004]. 1.2.2 Elektrophysiologie des Hörens In der Cochlea geschieht die Wandlung von mechanischer Energie des Schalls in elektrophysiologische Signale. Ein akustischer Reiz wird von den Haarsinneszellen durch einen elektrochemischen Vorgang in einen elektrischen Impuls umgesetzt und an die Kette der Neuronen des auditorischen Systems weitergereicht. Diese elektrischen Potentiale sind im üblichen EEG enthalten. Sie sind jedoch nicht zu erkennen, weil sie im Verhältnis zu anderen Potentialen sehr klein sind. Durch Mittelung mehrerer akustischer Stimuli wird der Einfluss von störenden Potentialen kleiner und die akustisch evozierten Potentiale lassen sich nachweisen. Die Messung nennt sich Electrical Response Audiometry (ERA). Die Potentiale werden nach der Laufzeit im auditorischen System eingeteilt. Die Reizantwort der Cochlea wird durch die Elektrocochleographie erfasst. Dazu werden die Potentiale mit einer Nadelelektrode direkt vom Promotorium aufgenommen oder mit einer Gehörgangselektrode in dessen Nähe. 8 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung Für die Untersuchungen der ASSR und der NN-BERA sind vor allem die „frühen auditorisch evozierten Potentiale“ (FAEP) interessant. Die Ableitung geschieht zwischen Mastoid und Vertex von den Hörnerven und vom Hirnstamm. Die potentialerzeugenden Nervenregionen können nicht direkt mit Elektroden erreicht werden. In den meisten Fällen werden für die ASSR und NN-BERA Napf-Elektroden verwendet, die üblicherweise auf Vertex (Scheitel), Mastoid und Stirn aufgeklebt werden. Die Potentiale werden zwischen Mastoid und Vertex gemessen. Die Stirn dient als Masse-Referenz. Der Teil der Reizweiterleitung, der die FAEP betrifft, kommt von der cochlearen Ganglion Spirale, teilt sich in einen über den Nucleus cochlearis ventralis zu den Nucleus olivares superior laufenden Zweig und einen anderen Zweig, der über den Nucleus cochlearis dorsalis verläuft. Der größte Teil der Signale kreuzt die Seiten und wird beim Nuclei lemnisci lateralis und beim Colliculus inferior wieder als frühe Potentialwelle erkennbar. Je nach Modulationsfrequenz werden mit den ASSR auch „mittlere auditorisch evozierte Potentiale“ (MAEP) erfasst. Diese werden vom Lemniscus Lateralis, den auditorischen Feldern des Thalamus und der primären kortikalen Projektion abgeleitet. Des weiteren gibt es späte akustisch evozierte Potentiale (SAEP), die der primären und sekundären Hörrinde entspringen. Die SAEP werden in der Cortical ERA (CERA) bestimmt. Die sehr späten Potentiale (SSAEP) haben keine audiometrische Bedeutung. Sie sind nur von neurologischem, phoniatrischen und psychiatrischen Interesse, weil sie vor allem kognitive Prozesse wiedergeben. (Siehe auch Abbildung 1 und Abbildung 2) 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 Chiasma opticum Temporallappen dritter Ventrikel primär auditiver Cortex im Gyrus temporalis transversum Thalamus Epiphyse Ventriculus lateralis Splenium des Corpus callosum Radiatio acustica Welle VII? Corpus geniculatum mediale Welle VI? Brachium colliculi inferioris (caudalis) Colliculus inferior (caudalis) Welle V Commissura colliculorum inferiorum (caudalium) Nuclei lemnisci lateralis Welle IV Lemniscus lateralis Pons Nucleus olivaris superior Welle III bipolare Ganglienzelle im Ganglion Welle I spirale (cochleare) Pars cochlearis des N. vestibulocochlearis Nucleus cochlearis ventralis (anterior) Welle II Corpus trapezoideum Nuclei corporis trapezoidei Nucleus cochlearis dorsalis (posterior) Striae acusticae dorsales (posteriores) Medulla oblongata (aus Kretschmann, 1996 [56] ) Abbildung 1: Schematische Darstellung der neuronalen Verschaltung des auditiven Systems, [Gist-2004] 9 Einleitung – 1.2 Einführung in die „Akustisch evozierten Potentiale“ 10 Abbildung 2: Schema – Hirnstammpotentiale [Lehn-2000] [Gist-2004] [Lehn-2000], [Sant- 2001] 1.2.3 Klick-BERA Der Klick einer Klick-BERA enthält theoretisch alle Frequenzen. Dieses Verfahren ist deshalb breitbandig. Die NN-BERA und die AMFR bzw. ASSR erlauben dagegen eine frequenzspezifische BERA-Messung. Der Frequenzbereich, der bei der Klick-BERA in der Cochlea geprüft wird, liegt ungefähr zwischen 2 bis 4 kHz. Die Latenzzeit der Wellen, welche die FAEP betreffen, beträgt ca. 110ms. Es ist aber sinnvoll, ein Zeitfenster von 0 bis 20 ms nach dem Reiz zu betrachten, da die Verarbeitung verzögert sein kann. Die Amplitude erreicht ca. 1 µV. Um Störungen durch spontane Hirnaktivität zu unterdrücken, werden die Potentiale von 1000 bis 2000 Klicks gemittelt. Kinder werden meist sediert, um bessere Ruhepotentiale zu bekommen. Dazu wird Video- oder medikamentöse Sedierung verwendet. Falls sowieso eine Narkose notwendig ist, um z.B. Paukenröhrchen zu setzen, wird oft auch dieser Umstand ausgenutzt. Die Wellen der FAEP werden nach Jewett I-V eingeteilt. Für die Hörschwelle ist es entscheidend, ob die Welle V vorhanden ist, d.h. solange die Welle V zu finden ist, gilt der Stimulus bei diesem Pegel als gehört. Aus der Latenzfunktion lassen sich in Abhängigkeit von der Reizstärke weitere Schlüsse über die Hörbahnreifung oder Erkrankungen ziehen, da erst mit Entwicklung der Hörbahn die Reizweiterleitung die normale Geschwindigkeit erreicht. 10 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 1.2.3.1 Klick-BERA, Stimulus Abbildung 3 zeigt zwei BERA-Klicks. Es wird zwischen Druck und Sog gewechselt. Durch dieses Alternieren fällt die elektrische Einstreuung bei der Mittelung der Potentiale weit gehend heraus. 0 3ms 6ms 9ms 12ms 38 63 15ms 18ms 21ms 24ms 27ms 30ms 33ms 36ms Zeit 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 -10 -20 -30 -40 -50 -60 -70 -80 -90 -100 0 dB 0 12 25 100 162 249 387 603 940 1463 2360 3897 6434 10622 [Hz] f -2 dB -4 dB -6 dB -8 dB -10 dB -12 dB -14 dB -16 dB -18 dB -20 dB -22 dB -24 dB -26 dB -28 dB Abbildung 3: Klick-BERA, Stimulus im Zeitbereich und Frequenzbereich. Erzeugt mit Evoselect von Pilot-Blankenfelde, gemessen mit ACAM5 von Acousticon. Darstellung mit Software Wavelab von Steinberg 11 Einleitung – 1.2 Einführung in die „Akustisch evozierten Potentiale“ 1.2.3.2 Reizantworten auf einen Klick von vielen Hörnervenfasern Das Neurogramm in Abbildung 4 zeigt die Aktivität von 50 einzelnen Hörnerven auf einen Klick bei einem Tier. Der Stimulus war ein kurzer Klick mit 100 dB SPL [Kiang-1975]. Im Normalfall ist nur die Summe der Potentiale zu erkennen, also die größten und am stärksten synchronisierten Potentiale in einem Bereich von 2 kHz oder mehr. Die Hörnerven, die für die tiefen Frequenzen zuständig sind, erreicht der Stimulus durch die Laufzeit in der Cochlea erst etwas später. Diese Potentiale entstehen verzögert und nicht synchron. Abbildung 5 zeigt das Summenpotential der Reizantwort. Die Kurven sind idealisiert dargestellt, es sind also keine Störungen durch das Biosignal vorhanden. Für die ASSR und NN-BERA ist vor allem der Bereich bis 10 ms wichtig. K618 SP / S 10,000 10.0 1.0 0.1 0 2 Abbildung 4: Antwort der einzelnen Hörnerven auf einen Klick, [Kiang-1975] Abbildung 5: Idealisierte Reizantworten, [Lehn-2000] 12 4 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 1.2.4 NN-BERA 1.2.4.1 NN-BERA, Stimulus Der Tonpip im oberen Teil der Abbildung 6 wäre durch seine Seitenbänder für eine frequenzspezifische Messung noch zu breitbandig. Deshalb werden diese Seitenbänder mit einem durchgängigen Rauschen verdeckt, was ein unregelmäßiges Feuern fast aller Hörnerven zur Folge hat. In dieses Rauschen wird mit einem Filter eine Kerbe „geschnitten“ (Abbildung 6 unten). Nur in diesem Notch-Bereich, in dem kein Rauschen ist, sondern die Frequenz des Tonpips, feuern die Hörnerven synchron mit dem sich wiederholenden Stimulus. Durch die Mittelung sind die Potentiale, die von diesem Frequenzbereich stammen, in der Ableitung erkennbar. Tonpip Abbildung 6: Notched-Noise-BERA Stimulus [Lehn-2000] 13 Einleitung – 1.2 Einführung in die „Akustisch evozierten Potentiale“ 1.2.4.2 NN-BERA, Reizantwort und Auswertung Abbildung 7 zeigt die Software "Evoselect" (Fa. Pilot-Blankenfelde) zur Auswertung der NNBERA. Auf der linken Seite sind die Potentiale zu sehen. Es wurden ca. 1000 bis 2000 Sweeps gemittelt. Die Messung beginnt mit hohen Pegeln, hier mit 70 dB, weil die Wellen dabei am deutlichsten zu erkennen sind. Die drei markierten Berge sind die Wellen I, II und V. Hat man die Latenz der Wellen bei dieser Kurve bestimmt, so kann man die Wellen bei den anderen Pegeln leichter finden. Bei niedrigeren Pegeln erscheinen sie später, da die Hörnerven für die Verarbeitung kleiner Reize länger brauchen. Auch sind bei niedrigeren Pegeln nicht mehr alle Wellen erkennbar. Die Kurven in Abbildung 7 zeigen nur die Welle V bis zur Schwelle bei 5 dB. Bei 0 dB ist hier keine Welle V mehr zu bestimmen. Die Schwelle liegt in demnach also bei 5 dB. Die Auswertungen der frequenzabhängigen Schwellen können in eine Art Audiogramm eingetragen werden (siehe Abbildung 7 rechts oben). Wenn man die Potentiale der Klick-BERA markiert hat, kann man sich die Latenz, also die Zeit, die bis zum Potential vergangen ist, anzeigen lassen und daraus erkennen, ob die Verzögerung im Durchschnitt liegt oder länger dauert (siehe Abbildung 7 rechts unten) Auf diese Weise kann man beispielsweise feststellen, ob die Hörbahn ausgereift ist oder ob mögliche Erkrankungen vorliegen. [pilo-2005] Abbildung 7: NN-BERA-Auswertung, aus Evoselect Software, Pilot-Blankenfelde 14 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 1.2.5 AMFR / ASSR Die Begriffe AMFR - Amplitude Modulation Following Response und ASSR - Auditory Steady State Responses werden meist synonym benutzt. Der Begriff AMFR ist dabei die veraltete Bezeichnung. Auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie 2005 in Göttingen wurde beschlossen, zukünftig nur noch den Begriff ASSR zu verwenden. Dem wird in dieser Diplomarbeit Rechnung getragen und ausschließlich der Begriff "ASSR - Auditory Steady State Responses" verwendet. 1.2.5.1 Das ASSR-Verfahren Beim ASSR - Verfahren erfolgt die Stimulation der Hörnerven mittels modulierter DauerTöne, wobei die Prüffrequenz hier die Trägerfrequenz darstellt. Das Antwort-Potential ist ein sogenanntes steady-state Potential, dessen Frequenz der Modulationsfrequenz entspricht. Dies erlaubt eine objektive frequenzspezifische Hörschwellenbestimmung. 1.2.5.2 ASSR-Stimulus Die folgende Abbildung zeigt einen ASSR-Stimulus mit 1kHz als Träger, der mit 80 Hz amplitudenmoduliert ist. Im oberen Bereich ist das Zeitsignal, im unteren der Frequenzbereich zu erkennen. Durch die Amplitudenmodulation entstehen im Frequenzbereich zwei Seitenbänder neben dem 1-kHz-Sinus-Signal. Diese liegen bei der Differenz und der Summe aus Trägerfrequenz und Modulationsfrequenz (fT – fM und fT + fM ); in diesem Beispiel bei 920 Hz und 1080 Hz. Amplitude 2 1 0 -1 Spektrale Amplitude [dB] -2 0 0,005 0,01 0,015 0,02 0,025 0,03 Zeit [s] 100 90 80 70 60 500 1000 500 1500 2000 Frequenz [Hz] Abbildung 8: Das ASSR Signal, Pilot-Blankenfelde 15 Einleitung – 1.2 Einführung in die „Akustisch evozierten Potentiale“ 1.2.5.3 ASSR-Reizantwort Die Reizantwort auf einen ASSR-Stimulus ist in Abbildung 9 dargestellt. Man erkennt hier, dass bei dem Biosignal schon im Zeitbereich eine Schwingung mit der Modulationsfrequenz vorhanden ist (siehe Abbildung 9 oben). Dieses Biosignal wird durch eine FFT in den Frequenzbereich transformiert (Abbildung 9 unten). Bei der Frequenz des Trägersignals ist ein Reizartefakt zu sehen. Dieser ist nicht für die Auswertung verwendbar. Wichtig ist der Frequenz-Balken bei der Modulationsfrequenz und dessen Oberwellen, die entstehen, weil die Reizantwort nicht exakt sinusförmig ist. µV Zeitbereich 0,5 20 40 60 80 100 120 ms -0,5 µV f0 Frequenzbereich 0,2 Reizartefakt 0,1 f1 f2 f3 f4 500 1000 80-Hz-ASSR Abbildung 9: ASSR - Reizantwort, Prüffrequenz: 1 kHz, Modulationsfrequenz: 80 Hz, Pilot-Blankenfelde 16 Hz Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 1.2.5.4 Beispiel: Softwareoberfläche mit statistischer Reizauswertung Bei geringeren Pegeln ist die Reizantwort sehr klein. Um dennoch in relativ kurzer Zeit messen zu können, wird mit statistischen Berechnungen geprüft, ob die Modulationsfrequenz im Biosignal vorhanden ist. Es werden die Amplitude und die Phase ausgewertet. Manche Systeme beziehen auch die Oberwellen in die Berechnung ein. Das Kreisdiagramm (Abbildung 10) zeigt die Phase durch den Winkel und die Amplitude durch die Länge der Linien an. Liegen viele Linien nah beieinander ist es wahrscheinlich, dass die Modulationsfrequenz im Biosignal enthalten ist und vom Stimulus stammt. Diese Informationen werden statistisch verarbeitet. 100 75 50 25 0 -25 -50 -75 -100 -100 -75 -50 -25 0 25 50 75 100 Abbildung 10: Komplexes Kreisdiagramm zur Amplituden- und Phasenauswertung, Evoselect, Pilot-Blankenfelde Die Wahrscheinlichkeit, dass der Stimulus in der Hörbahn verarbeitet wurde, wird als Linie in der Software dargestellt (Abbildung 11 oben rechts). Liegt der Pegel des Stimulus über der elektrophysiologischen Schwelle, so wandert diese Linie nach oben, bis 100% Wahrscheinlichkeit erreicht sind. Liegt der Pegel unterhalb der Schwelle, erreicht die Linie die 100%Marke nicht. Störungen und Unregelmäßigkeiten können durch das Biosignal beobachtet und bemerkt werden. (Abbildung 11 oben links) Im unteren Bereich können die zu prüfenden Frequenzen und Pegel wie in einem Audiogramm ausgewählt werden. Die Ergebnisse werden automatisch in dieses Audiogramm eingetragen. Auf diese Weise kommt man zur objektiven frequenzspezifischen Hörschwelle. 17 Einleitung – 1.2 Einführung in die „Akustisch evozierten Potentiale“ Abbildung 11: ASSR-Softwareoberfläche, Evoselect, Pilot-Blankenfelde 18 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 1.2.5.5 Spezielles ASSR - Signal nach Prof. Dr. Stürzbecher Aufbauend zu dem bereits erläuterten ASSR-Signal hat Prof. Dr. Stürzebecher von der Universität Frankfurt / Main ein spezielles ASSR-Signal entwickelt, das hier ebenfalls vorgestellt werden soll. Es werden dabei im Abstand der Modulationsfrequenz zwei weitere amplitudenmodulierte Träger generiert (Abbildung 12). Damit wird die Flankensteilheit des Stimulus erheblich verbessert. Aus einem etwas breiteren Bereich der Cochlea wird mehr Energie gewonnen. Die Reizantwort ist bis zu 1,6-mal größer als mit einem einfachen amplitudenmodulierten Sinus [Patent: Pilot-Blankenfelde-2001]. Amplitude Der patentierte Reiz „AM3MF2“ hat folgende Merkmale: • AM3 = 3 amplitudenmodulierte Träger • MF2 = im Abstand von 2 x Modulationsfrequenz Spektrale Amplitude [dB] Zeit [s] Frequenz [Hz] Abbildung 12: Spezielles ASSR Signal AM3MF2 nach Prof. Stürzbecher [Patent: Pilot-Blankenfelde-2001] 19 Einleitung – 1.2 Einführung in die „Akustisch evozierten Potentiale“ 1.2.5.6 Modulationsfrequenzen Die Potentiale mit dem größten Störabstand gegenüber dem elektrophysiologischen Rauschen (SNR) können bei einer Modulation mit 40 Hz erzielt werden. Leider sind diese stark vigilanzabhängig ([Peth-2001]), d.h. das Vorkommen der Potentiale ist davon abhängig, ob der Patient wach ist. Auch die Hörbahnreifung bestimmt das Auftreten der 40 Hz-Potentiale. Sie entsprechen deshalb am ehesten den mittellatenten akustisch evozierten Potentialen (MAEP). Die Anwendung bei kleinen Kindern ist deshalb nicht sicher. Zum einen ist ihre Hörbahn eventuell noch nicht vollständig ausgereift, zum anderen wird die ERA bei Kindern meist in Sedierung durchgeführt. Bei einer Modulationsfrequenz von 80 bis 100 Hz gibt es ein zweites, etwas geringeres Maximum des Störabstandes (SNR). Dieses ist stabiler und nicht von der Vigilanz abhängig. Auch die Hörbahnreifung ist in diesem Frequenzbereich nicht entscheidend, deshalb kann man diese Potentiale den FAEP zuordnen. 1.2.5.7 Vorteile der ASSR Das Verfahren der ASSR bringt eine Reihe Vorteile mit sich, die im Folgenden zusammengefasst sind: • • • • • 20 größere Frequenzspezifität als die NN-BERA, da keine Störung durch das Verdeckungs-Rauschen und die benötigte Flankensteilheit entsteht statistische und automatische Auswertung, d.h. die Ergebnisse liegen nach der Messung sofort vor objektives Ergebnis, da der Einfluss des Auswertenden wegfällt gleichzeitige, multi-frequente Stimulation verspricht die Möglichkeit einer Zeiteffizienten Messung (mehrere Sinustöne werden gleichzeitig als Träger mit unterschiedlichen Modulationsfrequenzen eingesetzt und können im EEG identifiziert werden) Messung im Freifeld möglich Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 1.3 Ziel der Untersuchung Die ASSR sind an der Schwelle zum diagnostischen Einsatz in der klinischen Pädaudiologie und in der Praxis. Kommerzielle Messgeräte sind bereits verfügbar. Während in den USA die ASSR zur Bestimmung der Hörschwelle bei kleinen Kindern schon regelmäßig verwendet wird, fehlen in Deutschland noch Daten, um die Hörschwelle aufgrund der Messung der ASSR sicher schätzen zu können. Die Untersuchungen zur Korrelation der ASSR, zur Luftleitung und zur NN-BERA in dieser Diplomarbeit sollen die Einschätzung der Hörschwelle erleichtern. Ein Ziel ist deshalb die Bestimmung der Regressionsgeraden zwischen Luftleitung und ASSR und Bestimmung der Verlässlichkeit des Zusammenhangs zu den bewährten Messverfahren. Das zweite Ziel der Untersuchung ist die Analyse der Möglichkeit, ob mit Hilfe der ASSR Hörgeräte angepasst werden können. Es werden dazu Aufblähkurven mit ASSR gemessen, wie es auch von Wesarg et al. [Wesa-2004] beschrieben wurde. Diese ersten Versuche dienen nur zur Anpass-Kontrolle, denn zum direkten Einstellen des Hörgerätes ist die ASSR-Messung in ihrer jetzigen Form zu langwierig. Die Feststellung der vorhandenen Restdynamik und der Lautheitskorrektur durch das Hörgerät bei eventueller späterer Anwendung von Kompression ist mit dem verwendeten Messsystem nicht möglich, da nur eine Aussage über die Hörschwelle getroffen wird. Die zu untersuchende Fragestellung lautet: Welcher Aufbau ist zur Hörgeräteanpassung mit ASSR geeignet, d.h. welche Geräte und welche Anordnung erlauben eine möglichst genaue Messung und welche Schwierigkeiten treten dabei auf? Entscheidend für den praktischen Einsatz sind dabei die erreichbare Genauigkeit und der Zeitbedarf. 21 Verfahren und Methoden – 2.1 Grundlagen 2 Verfahren und Methoden 2.1 Grundlagen 2.1.1 Die Messreihen Im Rahmen der Untersuchungen wurden mehrere Messreihen durchgeführt. Die ersten, um Erfahrungen mit der Messung der ASSR zu sammeln und die Korrelation der Schwellen mit denen der Luftleitung bestimmen zu können. Zunächst stand nur eine Vorab-Version der Steuerungs- und Auswertungssoftware des Pilot-Blankenfelde Gerätes Evoselect zur Verfügung. Die Durchführung der Messung und die Auswertung waren damit noch sehr mühsam. Auch mit der Zuverlässigkeit der Messung gab es noch Probleme. Die Messreihe M1 (siehe Kapitel 2.2.2) ist deshalb vor allem als Orientierung anzusehen. Kurzfristig, und auch leider nur für die kurze Zeit von zweieinhalb Wochen, konnte mit dem Gerät Audera von GSI Probanden im Freifeld ohne und mit Hörgeräten gemessen werden (Messreihe M2, siehe Kapitel 2.3.2). Als die Software Evoselect Version 5.07 für das ASSR-Verfahren mit Multi-Reiz so gut wie marktreif war, konnte die Evaluation der ASSR fortgeführt werden. (Messreihe M3, siehe Kapitel 2.2.3) Die Übertragung der ASSR-Signale und NN-BERA-Stimuli durch Hörgeräte wurde anhand des in den übrigen Messungen verwendeten Hörgerätes in der ACAM5-Messbox überprüft (siehe Kapitel 2.3.1). Erst nach diesen Voruntersuchungen war es möglich, die Untersuchung zur Hörgeräteanpassung mit ASSR zu verwirklichen (Messreihe M4, siehe Kapitel 2.3.3). 2.1.2 Probanden Für die Messreihen wurden Probanden aus dem Pool der Akademie für Hörgeräteakustik akquiriert. Dieser Personengruppe gehören vor allem schwerhörige Rentner/-innen an. Für die Messreihen M1 und M3 wurden normalhörende Studenten der Fachhochschule hinzugezogen, da bei diesen Messreihen die Korrelation über den gesamten Hörbereich bestimmt werden sollte. Im Verlauf der Messungen stellte sich heraus, dass bei steil- und -schrägabfallenden Hörverlusten kein Zeitvorteil durch den Multi-Reiz zu erreichen ist. Für die Freifeldmessung mit Hörgerät waren nur Hörverluste sinnvoll, bei denen die Schwelle weder zu hoch noch zu niedrig ist. Bei zu großen Hörverlusten wird die Leistungsgrenze von 90 bis 100 dB SPL erreicht. Bei zu geringen Hörverlusten ist im Freifeld mit Hörgerät keine Verbesserung gegenüber dem Zustand ohne Hörgerät messbar, da der Stimulus in Umgebungsgeräuschen und dem Grundrauschen der Messanlage verschwindet. Bei den ersten Messreihen erfolgte die Auswahl der Probanden weniger streng. Kriterien waren: Die Unbehaglichkeitsschwelle sollte über 100 dB liegen, um bei der Wahl des Pegels nicht eingeschränkt zu sein. Es durfte keine reine Schallleitungsschwerhörigkeit vorliegen. Um eine Leistungsreserve zu haben, durfte der Hörverlust bei den gemessenen Frequenzen nicht größer als 80 dB HL sein. Die Schwingungsfähigkeit des Trommelfells wurde mit Hilfe 22 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung eines Tympanogramms überprüft. Bei der Messreihe M4 (siehe 2.3.3.2) wurde die Auswahl eingeschränkt. Damit die Verbesserung mit Hörgerät erfasst werden konnte, wurden nur Probanden ausgewählt, bei denen alle Luftleitungsschwellen der vier Messfrequenzen bei 40 dB HL oder höher liegen. Die Differenz der Schwellen zweier benachbarter Messfrequenzen durften nicht mehr als 30 dB betragen, da es angestrebt wurde, den Zeitvorteil des ASSR-Multi-Reiz auszunutzen. Die Untersuchungen wurden nur mit Erwachsenen durchgeführt, weil bei ihnen leichter verlässliche subjektive Antworten zu erhalten sind als bei Kindern. 2.1.3 Verwendete Geräte Die Potentialableitung und Reizerzeugung der Messreihen M1, M3 und M4 (siehe Kapitel 2.2.2, 2.2.3 und 2.3.3) wurde mit Evoselect der Firma Pilot-Blankenfelde realisiert. Die Impedanzmessung der Elektroden ist dabei in das Messsystem integriert. Als Wandler gehört standardmäßig ein DT48 Kopfhörer zu der Anlage. Für die Freifeldmessungen (M4) wurde ein Canton XS Lautsprecher eingesetzt. Als Stimulus wurden die in Kapitel 1.2.5.5 erwähnten, patentierten Stimuli verwendet. Die amplituden- und frequenzmodulierten Sinustöne hatten die Trägerfrequenzen 0,5; 1; 2 und 4 kHz. Die Modulationsfrequenzen lagen zwischen 80 und 100 Hz. Wenn möglich, wurden die Stimuli als Multi-Reiz eingesetzt. Bei Frequenzen, die eine von den anderen Frequenzen stark abweichende Schwelle hatten, wie es z.B. bei Hochtonsteilabfällen vorkommt, musste mit einzelnen Stimuli getestet werden. Die in der Software integrierte teststatistische Reizauswertung wurde zur Schwellenbestimmung genutzt. Für die Messreihe M2 (siehe Kapitel 2.3.2) stand das Messsystem Audera von GSI zur Verfügung. Auch bei diesem Gerät ist die Impedanzmessung der Elektroden integriert. Es hat nur einfache amplituden- und frequenzmodulierte Sinustöne als Stimuli (wie in Kapitel 1.2.5.2 beschrieben); die eingestellte Modulationstiefe betrug 100% für die Amplitudenmodulation und 15% für Frequenzmodulation. Außerdem bietet es keinen Multi-Reiz Stimulus, d.h. alle Frequenzen müssen einzeln gemessen werden. Durch eine höhere Irrtumswahrscheinlichkeit von 5% (bei Evoselect beträgt diese 2%) und eine etwas andere Auswertungsstatistik, gibt die Software dieses Gerätes schneller ein Ergebnis über die ASSR aus. Als Trägerfrequenzen wurden die gleichen wie bei Evoselect verwendet. Die Modulationsfrequenz wurde, wie es von GSI für Erwachsene vorgeschlagen wird, auf 46 Hz eingestellt. Dies ermöglicht eine größere und dadurch schnellere Antwort bei den Erwachsenen, allerdings wäre diese Form der Messung nicht bei Kindern anwendbar (siehe Kapitel 1.2.5.6). 2.1.4 Elektrodenposition Für die ASSR-Messung ist die gleiche Elektrodenlage wie bei der NN-BERA üblich (siehe Kapitel 1.2.2). Es waren im Verlauf einiger Messungen jedoch Störungen aufgetreten, die dadurch verursacht wurden, dass Kabel an den Wänden entlang verlegt waren. Diese riefen 50-HzSchwingungen hervor und störten die Messungen erheblich, da die Schwellenbestimmung massiv erschwert wurde. Es stellte sich jedoch heraus, dass mit einem Positionswechsel der Stirn-Elektrode zum Schlüsselbein diese Art der Störung wirkungsvoll unterdrückt und ein Übersteuern des hochempfindlichen Vorverstärkers auf diese Weise verhindert werden kann. Es handelt sich hierbei um die Masse-Referenz-Elektrode und nicht um eine der Elektroden, zwischen denen das EEG-Potential abgeleitet wird. Leider kam diese Modifikation erst bei der Messreihe M4 (siehe 2.3.3) zum Einsatz. 23 Verfahren und Methoden – 2.1 Grundlagen 2.1.5 Ablauf der Messungen Vor den eigentlichen Untersuchungen wurde mit jedem Proband ein kurzes Vorgespräch geführt und grundsätzliche audiologische Daten bestimmt. Es wurde abgefragt: • • • • • • • • seit wann die Schwerhörigkeit besteht bzw. wann sie bemerkt wurde welche Ursache die Schwerhörigkeit hat, soweit dies dem Probanden bekannt ist auf welcher Seite der Proband besser hört ob der Proband Tinnitus hat ob der Proband bereits am Ohr operiert wurde ob der Proband Allergien gegen Kunststoffe, Lacke oder Klebstoffe von Verbandsmaterial hat ob der Proband Medikamente für Herz, Kreislauf oder Nerven nimmt ob der Proband Hörgeräte hat und welche dies sind Nach der Otoskopie folgte die Messung der Luftleitungsschwelle, der Knochenleitungsschwelle und der Unbehaglichkeitsschwelle mit Sinustönen. Bei Probanden mit Tinnitus wurden gewobbelte Sinustöne eingesetzt. Die Mittelohrfunktion und die Schwingungsfähigkeit des Trommelfells wurde mit einem Tympanogramm überprüft (Sondenton 220Hz), um größere Schallleitungs-Schwerhörigkeiten auszuschließen. Für die ASSR wurden Multi-Reiz-Stimuli verwendet, soweit es der Hörverlust zuließ. Zuerst wurde ein deutlich überschwelliger Pegel eingestellt. Frequenzen, bei denen die ASSR detektiert wurde, wurden mit einem niedrigeren Pegel eingestellt. Wurde keine Antwort gefunden, wurde der Pegel erhöht. Abhängig von der Dauer, die das Messgerät zur statistischen Erkennung der ASSR benötigte, wurden größere oder kleinere Schritte gewählt. Der niedrigste Pegel, bei dem die ASSR noch nachweisbar waren, wurde als Schwelle notiert. Wenn einzelne Frequenzen von der erwarteten Schwelle abwichen oder es bei einzelnen Frequenzen Probleme gab, die Antwort zu detektieren, wurde geprüft, ob mit einzelnen Stimuli eine Antwort bei geringeren Pegeln erreicht werden konnte. Alle Schwellen (Luftleitung, Knochenleitung, Unbehaglichkeitsschwelle, ASSR, NN-BERA) wurden möglichst auf 5 dB genau bestimmt. Bei jeder Messung wurde mit dem besseren Ohr begonnen. 24 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung Abbildung 13: Proband auf der Liege Während der Ermittlung aller elektrophysiologischen Schwellen lagen die Probanden auf einer Liege in leicht aufgerichteter Position. Die Probanden sollten während der objektiven Messung ruhig und entspannt liegen. Es wurde ihnen freigestellt, die Augen offen zu lassen oder, falls sie müde wurden, auch die Augen zu schließen. Bei Problemen, wie zum Beispiel: unangenehm lautes Signal, unbequemes Liegen, dringende Pause oder Ähnlichem sollten die Probanden nicht zögern, sich zu melden. Der Raum wurde abgedunkelt. 25 Verfahren und Methoden – 2.2 Korrelationen zwischen ASSR-Schwellen, Luftleitungs- und NotchedNoise-BERA-Potential-Schwellen 2.2 Korrelationen zwischen ASSR-Schwellen, Luftleitungs- und Notched-Noise-BERA-Potential-Schwellen Es wurden im Abstand eines halben Jahres zwei Messreihen mit dem Gerät Evoselect von der Firma Pilot-Blankenfelde durchgeführt. Im Mai/Juni 2004 stand nur eine Vorab-Version der Steuerungs- und Auswertungssoftware des Gerätes mit Multi-Reiz-Stimuli zur Verfügung. Die Software war noch mit zahlreichen Fehlern behaftet und es war nicht möglich, mit ihr die NN-BERA zu messen. Diese Messreihe (M1, siehe 2.2.2) ist nur als Orientierung anzusehen. Ab November 2004 konnte mit der endgültigen Softwareversion 5.07 gemessen werden, die allerdings noch nicht für den Gebrauch in Praxis und Klinik freigegebenen war. (Messreihe M3, siehe 2.2.3). Verbesserung gegenüber der ersten Messreihe bestand auch darin, dass der Messraum gegen einen Forschungsraum ausgetauscht wurde, in dem weniger störende, elektrische Geräte eingebaut waren. Ein weiterer großer Störfaktor war der anfangs verwendete Röhrenmonitor. Diese Monitore strahlen ein elektromagnetisches Feld ab, in dem Frequenzen zwischen 50 und 100 Hz enthalten sind. Mit der Telefonspule eines Hörgerätes ist es möglich, die Abstrahlungen des Monitors zu hören. Besonders stark betroffen ist der Bereich vor der Bildfläche und einige Bereiche hinter dem Gerät. Noch im Abstand von zwei bis drei Metern sind die Störungen mit dem Hörgerät über die Telefonspule laut zu hören. Ein Einfluss auf die Messungen der sehr kleinen Nervenpotentiale ist wahrscheinlich, weil in genau diesem Frequenzbereich die Modulationsfrequenzen des ASSR-Signals liegen, die im EEG als Antwort gesucht werden. Zur Aufnahme der dritten Messreihe in der Forschungskabine wurde deshalb ein LCDBildschirm verwendet. 2.2.1.1 Ziel der Messungen Die Korrelation zwischen Luftleitungshörschwelle und ASSR-Schwelle sollte bestimmt werden, um ASSR-Ergebnisse zur Einschätzung der Hörschwelle verwenden zu können. Die Ergebnisse sollten mit der Korrelation zwischen NN-BERA und Luftleitung verglichen werden, da diese zur Zeit in Deutschland die Standard-Messung zur Hörschwellenbestimmung bei Kleinkindern ist. 26 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 2.2.2 Messreihe mit Pilot-Blankenfelde Evoselect und Prototypsoftware (M1) 2.2.2.1 Probanden Es wurden fünf normalhörende Probanden im Alter zwischen 24 und 28 Jahren getestet. Das Durchschnittsalter betrug 26 Jahre. Die dreizehn schwerhörigen Probanden waren zwischen 56 und 83 Jahre alt. Im Durchschnitt lag das Alter bei 66,5 Jahren. Das durchschnittliche Alter aller Probanden war 55,2 Jahre. Von 8 normalhörenden, 10 breitbandig-, 7 schrägabfallenden hochton- und 7 steilabfallend hochton-schwerhörigen Ohren verschiedener Schweregrade wurden ASSR-Schwellen bestimmt. 2.2.2.2 Software der Messung Wie bereits erwähnt, wurde mit einer Vorab-Version der Steuerungs- und Auswertungssoftware des Pilot-Blankenfelde Gerätes Evoselect gemessen. Diese konnte den Multi-ReizStimulus erzeugen und die Antwort statistisch auswerten. Allerdings traten häufig Fehler auf wie Systemabstürze, fehlerhafter Stimulus, Antworten, die bei einem hohem Pegel sicher vorhanden waren, wurden nicht erkannt oder bei einem sehr niedrigen Pegel wurde eine Antwort fehlerhaft schnell erkannt. Die Software war noch unkomfortabel. Die Ergebnisse wurden nicht, wie in der endgültigen Software gesammelt, sondern mussten einzeln abgespeichert und notiert werden. Da es nicht möglich war, mit dieser Version die NN-BERA zu messen, wurde nur die ASSR gemessen und mit der Luftleitung verglichen. Abbildung 14: Vorab-Version der Evoselect-Software von Pilot-Blankenfelde 27 Verfahren und Methoden – 2.2 Korrelationen zwischen ASSR-Schwellen, Luftleitungs- und NotchedNoise-BERA-Potential-Schwellen 2.2.2.3 Ablauf der Untersuchung Nach dem Vorgespräch und vorbereitenden audiologischen Untersuchungen wurde die ASSR gemessen wie in Kapitel 2.1.5 beschrieben. Die Messungen dauerten teilweise sehr lange. Es wurde deshalb manchmal eine Pause gemacht, nachdem ein Ohr gemessen worden war. 2.2.3 Messreihe mit Pilot-Blankenfelde Evoselect und Testsoftware Vers. 5.07 (M3) 2.2.3.1 Probanden An dieser Messreihe nahmen 13 Probanden im Alter von 33 bis 83 Jahren teil. Das Durchschnittsalter betrug 63 Jahre. Getestet wurden 4 normalhörende, 10 breitbandig und 12 hochtonabfallend schwerhörige Ohren verschiedener Schweregrade. 2.2.3.2 Software der Messung Die Software Evoselect 5.07 hat verschiedene Messmodule: • • • • • • Diagnose (BERA) Screening (BERA) Binaurale Fusion Hörgeräte Anpassung (NN-BERA) Mismatch Negativity ASSR Die Messung der ASSR geschieht komfortabel, da die Auswahl der Pegel und Frequenzen in einem Audiogramm getroffen wird. In diesem Audiogramm werden alle gefundenen ASSR automatisch eingetragen. (siehe auch Kapitel 1.2.5.4). Das Diagnose-Modul ermöglicht eine große Auswahl an BERA-Verfahren, wie Elektrocochleagraphie, BERA, NN-BERA, CERA und Chirp-BERA. Für die Klick- und NN-BERA war ein alternierender Reiz mit einer Reizrate von 37,5 Hz eingestellt. Die Software bietet eine komfortable Oberfläche zur Auswertung der Potentiale mit z.B. Rückschau auf die bisher gemessenen Kurven, Anzeige der normalerweise durchschnittlichen Latenz, Wasserfalldarstellung und Übereinanderlegen mit der kontralateralen Kurve. 2.2.3.3 Messablauf Nach den vorbereitenden Untersuchungen wurde die ASSR bestimmt (siehe Kapitel 2.1.5). Nach einer Verpflegungspause von 15 bis 20 Minuten wurden die NN-BERA-Potentiale aufgenommen. Zur Orientierung, d.h. um die Latenz und Größe der Potentiale einschätzen zu können, wurde wie üblich mit der Klick-BERA begonnen. In sinkender Reihenfolge der Frequenzen wurden dann die Potentiale bei den gleichen Frequenzen wie der ASSR registriert. 28 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 2.3 Anwendung der ASSR zur Hörgeräteanpassung Um die ASSR in der Hörgeräteanpassung nutzen zu können, ist es wichtig, dass der Stimulus vom Hörgerät möglichst unverfälscht abgegeben wird. Im folgenden Kapitel wird die Übertragung der ASSR-Signale durch das verwendete Hörgerät untersucht. Auf welche Weise eine Anpassung von Hörgeräten mit ASSR möglich wäre, zeigt die Messreihe M2 (siehe Kapitel 2.3.2). Die letzte Messreihe M4 (Kapitel 2.3.3) zeigt, ob das Erreichen des Anpassziels mit ausreichender Genauigkeit überprüft werden kann. Diese ersten Versuche dienen nur der AnpassKontrolle, denn zum direkten Einstellen des Hörgerätes ist die ASSR-Messung in ihrer jetzigen Form zu langwierig. Die Feststellung der vorhandenen Restdynamik und der Lautheitskorrektur durch das Hörgerät bei eventueller späterer Anwendung von Kompression ist mit den verwendeten Messsystemen nicht möglich, da nur eine Aussage über die Hörschwelle getroffen wird. 2.3.1 Verarbeitung des ASSR-Signals im Hörgerät Um messbare, reizsynchrone, elektrophysiologische ASSR-Potentiale zu erhalten, muss das hörverarbeitende, neuronale System mit flankensteilen amplitudenmodulierten Stimulus gereizt werden. Bei der Verarbeitung im Hörgerät können Veränderungen des Signals verhindern, dass das Signal für die Stimulation der ASSR genügt. Dynamik-Kompression kann die Modulationstiefe verringern. Eigenrauschen könnte bei geringen Pegeln die Amplitudentäler ausfüllen und so die Modulationstiefe verkleinern. Die Begrenzung des maximalen Ausgangsschalldruckpegels kann bei hohen Eingangspegeln die Amplitudenspitzen abschneiden und somit zu Verzerrungen führen. Harmonische Verzerrungen und Intermodulationsprodukte könnten Schallanteile dem Signal hinzufügen und damit die Charakteristik des Stimulus verändern. Die Durchlaufzeiten digitaler Hörgeräte können das Signal verzögern und bei frequenzabhängigen Durchlaufzeiten auch anders zusammensetzten. Auf diese Durchlaufzeiten muss bei der NN-BERA besonders geachtet werden, da sich die Latenzzeit scheinbar um die Durchlaufzeit verlängert. Für die ASSR ist die Durchlaufzeit des Hörgeräts nicht bedeutend, solange sie konstant und frequenzunabhängig ist, da sie nur zu einem anderen Phasenwinkel der beobachteten Frequenzanteile führt. Die Verarbeitung des ASSR-Signals im Hörgerät wurde in der ACAM5-Messbox untersucht. Die ASSR-Signale wurden als Wave-Datei abgespeichert und in der Messbox bei verschiedenen Pegeln wiedergegeben. Die Verarbeitung wurde beispielhaft am Hörgerät Signia HdO von Siemens geprüft, da dieses auch bei den Untersuchen zur Hörgeräteanpassung (Kapitel 2.3.2, 2.3.3, 3.3.2 und 3.3.3) eingesetzt wurde. Bei analogen Hörgeräten ist bei abgeschalteter Kompression mit weniger Veränderungen zu rechnen, da keine Zeitverzögerung auftritt. Es wurden deshalb keine analogen Hörgeräte untersucht. Das Hörgerät wurde in verschiedene Einstellungen gebracht und das Signal am Ausgang analysiert. In der ACAM-Software wurde die Durchlaufzeit bestimmt. Die Signale am Referenz- und am Kupplermikrofon wurden in einer Wave-Datei gespeichert und in WaveLab zur Analyse angezeigt. 29 Verfahren und Methoden – 2.3 Anwendung der ASSR zur Hörgeräteanpassung 2.3.2 Messreihe mit Audera (Fa. GSI) Messsystem (M2) 2.3.2.1 Ziel der Untersuchung: Die Fragestellung der Pilotstudie lautet: Welcher Aufbau ist zur Hörgeräteanpassung mit ASSR geeignet, d.h. welche Geräte und welche Anordnung erlauben eine möglichst genaue Messung und welche Schwierigkeiten treten dabei auf? 2.3.2.2 Probanden Es wurden 10 erwachsene Probanden im Alter von 59 bis 78 Jahren (im Mittel 67 Jahre) mit verschiedenen Hörverlusten in die Pilot-Studie eingeschlossen. 2.3.2.3 Messaufbau Die Potentialableitungen wurden mit dem Audera-Messsystem der Fa. GSI durchgeführt, deren in der Software integrierte teststatistische Reizauswertung genutzt wurde. Als Stimuli wurden amplituden- und frequenzmodulierte Sinustöne der Frequenzen 0,5; 1; 2 und 4 kHz verwendet (siehe Kapitel 2.1.3 und 1.2.5.2). Die Abgabe der Stimuli geschah über die Wandler GSI TIP-50 Einsteckhörer und B&W Lautsprecher (8Ω) (siehe Abbildung 15). Abbildung 15: Versuchsaufbau M2, während der Kalibrierung der Insitu-Sonde 30 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung Abbildung 16: Versuchsanordnung zur Messung der ASSR im Freifeld mit Hörgerät unter Kontrolle des akustischen Signals durch Insitu-Sonden-Messung Es wurden digitale Hörgeräte „Signia HdO“ (Fa. Siemens) mit linearer Verstärkungseinstellung auf der Basis der Luftleitungs-Hörschwelle angepasst (Verstärkung = Hörverlust : 2 , d.h. HV/2). Störschallunterdrückungs- und Spracherkennungssysteme waren deaktiviert. Der Stimulus der ASSR verursacht im Freifeld leicht stehende Wellen, da er aus Sinustönen besteht (siehe Kapitel 1.2.5.2). Diese stehenden Wellen führen zu zwei Problemen: • • Erstens ändert sich der Pegel. Ist das Ohr des Probanden in einem Wellental, so ist der Pegel zu niedrig. Ist es einem Wellenberg, so ist der Pegel zu hoch. Bewegt sich der Proband während der Messung, so kann sich der Pegel stark verändern. Zweitens wird die Amplitudenmodulation gestört. Ein „Schallberg“, d.h. ein Amplitudenmaximum, kann sich mit einem reflektierten „Schallberg“ überlagern. Es kann ein doppelter „Schallberg“ entstehen oder es ist gar keine Amplitudenmodulation mehr vorhanden. Um definierte Pegel zu gewährleisten und stehende Wellen zu verhindern, wurden die Probanden im Nahfeld des Lautsprechers positioniert und das akustische Signal wurde vor dem Ohr und im Gehörgang wurde mit einer Insitu-Sonde kontrolliert. Für diesen Zweck bietet sich das ACAM5 Messsystem (Fa. Acousticon) an, da am Bildschirm gleichzeitig der Pegel des Referenz- und Sondenmikrofons, die Frequenzzusammensetzung und das Zeitsignal der Stimuli betrachtet werden kann. Stehende Wellen wurden dadurch oszillographisch ausgeschlossen, in dem der Lautsprecherabstand bei Bedarf entsprechend variiert wurde (siehe Abbildung 16). Das kontralaterale Ohr wurde mit einem Gehörschutzstöpsel aus Schaumstoff verschlossen, da jeweils nur ein Ohr getestet wurde. 31 Verfahren und Methoden – 2.3 Anwendung der ASSR zur Hörgeräteanpassung Abbildung 17: ASSR-Stimulus zu sehen auf der ACAM5-Programmoberfläche 2.3.2.4 Ablauf Es wurden die in Kapitel 2.1.5 beschrieben Voruntersuchungen durchgeführt. Die ASSR wurden erst über Einsteckhörer, dann im Freifeld ohne Hörgerät und nach einer Pause im Freifeld mit Hörgerät bestimmt. Im Freifeld war jeweils das kontralaterale Ohr verschlossen. Die ASSR-Schwellen ohne und mit Hörgeräten wurden mit der „Insertion Gain“ verglichen, die durch Sondenmessung ermittelt wurde. 2.3.3 Messreihe mit Pilot-Blankenfelde Evoselect und Software Version 5.08 (M4) 2.3.3.1 Ziel der Untersuchung Die physikalisch über die Insitu-Sonde gemessene Verstärkung sollte mit der elektrophysiologisch gemessenen Verstärkung, die über das ASSR-Messsystem gewonnen wurde, an einer realen, individuellen Hörgeräteanpassung verglichen werden. 2.3.3.2 Probanden Sechs schwerhörige Probanden der Akademie im Alter von 52 bis 82 Jahren wurden zu jeweils zwei Terminen bestellt, da die Untersuchung einer Seite allein schon drei bis vier Stunden dauerte. Die Probanden konnten während der elektrophysiologischen Messung großflächige Bilder im Stil des Malers M.C.Escher betrachten. 32 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 2.3.3.3 Messaufbau Der Messaufbau entspricht bis auf das verwendete Messsystem grundsätzlich dem Aufbau von Messreihe M2 (siehe Kapitel 2.3.2). Die ASSR wurden mit dem BERA-System Evoselect von Pilot-Blankenfelde registriert und mit der dazugehörenden Software Evoselect Version 5.08 automatisch ausgewertet. Der Stimulus wurde ebenfalls mit diesem Gerät erzeugt und mit einer Endstufe verstärkt. Es wurden die im Kapitel 1.2.5.2 beschrieben Signale verwendet. Um stehende Wellen zu verhindern, wurde die Wahl des Schallwandlers überdacht. Es stellte sich die Frage, ob es sinnvoll wäre, statt des bisherigen Lautsprechers einen K1000 Kopfhörer von AKG einzusetzen. Je kürzer der Weg des Schalls vom Wandler zum Ohr ist, desto größer ist der Anteil des direkten Schalls. Der reflektierte Anteil ist bei einem kleinen Abstand gering, deshalb sind stehende Wellen in diesem Bereich unbedeutend. Der Kopfhörer K1000 von AKG hat offene Schallwandler, die das Signal ca. 3 cm vor dem Ohr abgeben. Dieser geringe Abstand ist ein Vorteil bei der Verwendung zur ASSR-Messung im Freifeld bzw. mit Hörgeräten, da am Ohr bzw. am Hörgerät keine stehenden Wellen auftreten. Da der K1000 ein Stereo-Kopfhörer ist, kann das kontralaterale Ohr zum Beispiel mit Rauschen vertäubt werden, um das Überhören eines Stimulus auf das kontralaterale Ohr auf dem Luftweg oder über die Knochenleitung zu verhindern. Da der Schall bei diesem Kopfhörer dicht vor dem Ohr abgestrahlt wird, entfällt die Transformation durch den Weg zwischen Nasenspitze und Ohrmuschel. Eine Kalibrierung wie bei einem Freifeldlautsprecher in „dB SPL“ wäre also nicht korrekt. Leider gibt es für die Kalibrierung keine Vergleichs- bzw. Korrekturwerte, um den physikalischen Schalldruckpegel auf physiologisch richtige Pegel einzustellen. Der Kopfhörer ist für den Kopf eines Kindes sehr groß. Eine kleine Variation des Abstandes zwischen Wandler und Ohr verursacht bei der geringen Distanz von 3 cm eine große Differenz des Schalldruckpegels, da der Schalldruck bei angenommener kugelförmiger Ausbreitung mit 1/r vom Abstand abhängig ist: Bei Verdoppelung des Abstandes sinkt der Pegel um 6 dB. Bei einem Abstand von einem Meter, wie er üblicherweise bei Freifeldlautsprechern verwendet wird, macht eine Variation von 10 cm weniger aus, als eine Variation von 1 cm bei diesem Kopfhörer. Die Kopfoberfläche des Probanden ist sehr voll, wenn zu den Elektroden und der Insitu-Sonde noch der Kopfhörer hinzukommt. Die zukünftige praktische Anwendung der ASSR zur Hörgeräteanpassung wird wahrscheinlich anders aussehen, als der Aufbau dieser Untersuchung. Denkbar wäre zum Beispiel auch die Abgabe der Stimuli direkt aus dem Hörgerät (siehe Kapitel 5.2). Um den Aufbau einfach zu halten, wurde, wie in der Hörgeräteanpassung üblich, ein Lautsprecher verwendet. Um den Abstand möglichst gering zu halten, wurde ein Canton XS Lautsprecher an einem Dreharm eingesetzt. Durch den Dreharm konnte der Lautsprecher in 70 cm Entfernung des Kopfes und über dem Körper des etwas aufgerichtet liegenden Probanden platziert werden. Stehende Wellen wurden durch schallschluckende Wandverkleidung der Messkabine und eine schallschluckende Unterlage der Liege unterdrückt. Die Kalibrierung der Stimuli sowie des Insitu-Signals geschah mit einem Schallpegelmesser. Dieser wurde an der Stelle positioniert, an welcher bei der Messung der Kopf des Probanden lag (Abbildung 18). Die Kalibrierung ist bei der vergleichenden Messung ohne und mit Hörgerät allerdings nicht entscheidend, da nur die Differenz als Ergebnis interessant ist. Die Pegel vor dem Ohr und im Gehörgang wurden mit einer Insitu-Sonde des ACAM5 Messsystems kontrolliert. Der Lautsprecherabstand wurde während der Messung nicht variiert, da aufgrund der Maßnahmen zur Schallabsorption keine stehenden Wellen mehr auftraten. 33 Verfahren und Methoden – 2.3 Anwendung der ASSR zur Hörgeräteanpassung Abbildung 18: Messaufbau M4, Kalibrierung 2.3.3.4 Software der Messung Der Unterschied zwischen der für diese Messung verwendeten Software Evoselect Version 5.08 und der Vorgängerversion (siehe 2.2.3.2) ist gering. Ein Fehler bei der Erstellung des Multi-Reiz-Stimulus, durch den der 500 Hz-Ton manchmal nicht im Signal enthalten war, wurde behoben. Bei der NN-BERA ist der Parameter „Stimulusjitter“ hinzugekommen, der eine zeitliche Verschiebung des Signals bewirkt, um ungewollte Überlagerungen zu verhindern. 2.3.3.5 Ablauf der Untersuchung Als Vorbereitung auf die Untersuchung wurden die Insitu-Sonde und der Pegel des Stimulus kalibriert. Nach dem Vorgespräch und den vorbereitenden Messungen wurde mit der InsituSonde die Verstärkung des offenen Ohres (OEG) bestimmt. Das kontralaterale Ohr wurde mit einem Schaumstoffgehörschutz verschlossen. Vor der elektrophysiologischen Messung wurde die subjektive Hörschwelle im Freifeld mit ASSRStimuli festgestellt. Der Proband wurde dazu aufgefordert, ein gehörtes Signal anzuzeigen. Der Proband sollte während der jeweils ca. einstündigen, objektiven Messung ohne und mit Hörgerät, ruhig und entspannt liegen. Es wurde ihm freigestellt, die erwähnten Bilder anzusehen oder bei Müdigkeit die Augen zu schließen. Im abgedunkelten Raum wurden nur die Poster angestrahlt, damit der Proband nicht geblendet oder abgelenkt wurde. Beim ASSR-Schwellenpegel wurde auch der Pegel an der Insitu-Sonde am Ohr und im Gehörgang festgehalten. Während einer anschließenden Verpflegungspause von 15 - 25 Minuten Dauer konnte sich der Proband ein wenig stärken und erholen. Das Hörgerät wurde mit Hilfe der Anpasssoftware und der Messbox voreingestellt. Am Ohr des Probanden erfolgte die Feineinstellung auf die Zielverstärkung (Insertion-Gain) durch Insitu-Messung und Korrektur der frequenzabhängigen Verstärkung. Die Bestimmung der subjektiven und objektiven Schwelle der ASSR im Freifeld mit Hörgerät erfolgte wie bei der Messung ohne Hörgerät beschrieben (s.o.) 34 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 3 Auswertung der Ergebnisse 3.1 Grundlagen 3.1.1 Mittelwerte und Standardabweichungen: Das bei der Auswertung berechnete arithmetische Mittel wird zur Mittelwertberechnung am häufigsten verwendet. x = 1 n n ∑x i x 1 + x 2 + ... + x n n = 1=1 Formel 1: arithmetischer Mittelwert, [wiki-1] Bestimmung des arithmetischen Mittelwertes ist nur sinnvoll für Merkmale, die auf einer metrischen Skala gemessen werden. Alle Schwellenwerte und Insitu-Messwerte haben die Einheit Dezibel (dB). Es sind deshalb metrische Merkmale, auch wenn es sich nicht um eine Absolutskala handelt. σx = 1 N N ∑ (x −x) 2 i i =1 σx x N = = = xi = Standardabweichung Erwartungswert (Mittelwert) Umfang der Grundgesamtheit (Anzahl der Werte bzw. Anzahl der Freiheitsgrade) Merkmalsausprägungen am i-ten Element der Grundgesamtheit (das i-te Element in der Menge der Werte) Formel 2: Standardabweichung, [wiki-2] Stimmen die Mittelwerte der Ergebnisse verschiedener Messverfahren innerhalb einer Messreihe gut überein, so bedeutet dies, dass die Summe der Messungen übereinstimmet. Der Mittelwert sagt aber nichts über die Qualität der einzelnen Messung aus, da sich positive und negative Abweichungen im Mittelwert ausgleichen. Es gab vor allem bei den ersten Messreihen Ausnahmen, bei denen die Ergebnisse weniger gut zusammen passten. Die Varianz bzw. die Standardabweichung, als Wurzel der Varianz, macht eine Aussage über die Streuung der Messwerte. Größere Abstände werden bei der Standardabweichung stärker berücksichtigt, weil die Abweichungen quadriert werden. [Schw-2001] Für die Auswertung wird zunächst der Mittelwert und die Standardabweichung der Ergebnisse aus den einzelnen Messverfahren gebildet, um die Lage der Messpunkte einschätzen zu können. Als nächster Schritt wird die Differenz zwischen den Ergebnissen der zu vergleichenden Verfahren bestimmt und daraus wiederum der Mittelwert und die Standardabweichung berechnet. Auch wenn eine Verschiebung der einzelnen Mittelwerte oder eine Mittelwertsabweichung der Differenz vorliegt, kann diese als Offset betrachtet und ausgeglichen werden. Der Zusammenhang zwischen den Verfahren kann dennoch Rückschlüsse auf ein mögliches Ergebnis des jeweils anderen Verfahrens zulassen. Ausschlaggebend ist die Standardabweichung der Differenzen zwischen den jeweiligen Verfahren. 35 Auswertung der Ergebnisse – 3.1 Grundlagen 3.1.2 Regressionsfunktion und Korrelationskoeffizient Die Regressionsfunktion beschreibt die Abhängigkeitstendenz zwischen zwei metrisch messbaren Merkmalen X und Y, die statistisch voneinander abhängig sind. Der Typ der Regressionsfunktion wird auf Grund des Wissens über die betrachteten Merkmale und des Aussehens des Streudiagramms vorgegeben. Es kann sich um eine Gerade, Parabel, Potenzfunktion, Exponentialfunktion oder logarithmische Funktion handeln. Bei der Untersuchung des Zusammenhangs zwischen ASSR und Luftleitung bzw. NN-BERA ergaben sich nur lineare Abhängigkeiten. Für die Regressionsgerade y = a + bx werden die Koeffizienten a und b mit Formel 3 bestimmt: n a = ∑ 2 xi i =1 n ∑ yi n ∑ − i =1 n xi i =1 n ∑ 2 xi i =1 − n ∑ i =1 n ∑ x i yi n i =1 2 ; b x i = n ∑ x i yi n ∑ − i =1 xi i =1 n n ∑ i =1 2 x i − n ∑ i =1 x i n ∑ yi i =1 2 Formel 3: Regressionskoeffizient Der Korrelationskoeffizient ist ein Maß für die Ausgeprägtheit des linearen Zusammenhangs zwischen X und Y. Der Korrelationskoeffizient r liegt zwischen -1 und 1. Liegen alle Werte auf einer Geraden, so ist der Betrag von r gleich 1. Bei r = +1 handelt es sich um eine steigende Gerade, bei r = –1 um eine fallende Gerade. Wenn die metrisch messbaren Merkmale X und Y statistisch unabhängig sind, dann gilt r = 0. Für Beträge von r zwischen 1 und 0 gibt es keine wirkliche Einteilung. Es lässt sich nur sagen, dass größere Beträge einen stärkeren statistischen Zusammenhang bedeuten. Die Formel für den Korrelationskoeffizienten lautet: n r = ∑ xi yi − nx y i =1 n ∑ i =1 2 2 x i − n x − n ∑ i =1 2 2 y i − n y für − 1≤ r ≤ 1 Formel 4: Korrelationskoeffizient [Papu-2000] Bei einer linearen Regression stimmen das Bestimmtheitsmaß und das Quadrat des Korrelationskoeffizienten überein Der rechnerische Zusammenhang ist nicht mit einem kausalen Zusammenhang zu verwechseln, da durchaus mathematische Zusammenhänge zwischen Merkmalen bestehen können, die nicht oder nur scheinbar voneinander abhängen. Bei der Untersuchung der ASSR im Vergleich zur Luftleitungshörschwelle und den NN-BERA ist allerdings ein bedingter Zusammenhang anzunehmen, da prinzipiell der gleiche Vorgang betrachtet wird. 36 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 3.2 Korrelationen zwischen ASSR-Schwellen, Luftleitungs- und Notched-Noise-BERA-Potential-Schwellen 3.2.1 Messreihe mit Pilot-Blankenfelde Evoselect und Prototypsoftware (M1) 3.2.1.1 Verwendbare Ergebnisse M1 Diese Messreihe war noch sehr experimentell. Es gab verschiedene Probleme, die sich nicht sofort während der Messung und oft auch nicht im nachhinein eingrenzen ließen. Mögliche Ursachen für fehlerhafte Messungen werden im Kapitel 4.1 Probleme diskutiert. Zieht man alle Ergebnisse in die Auswertung mit ein, erscheinen die Abweichungen absurd groß. In den meisten Fällen handelt es sich aber nicht um echte Abweichungen zwischen Luftleitung und ASSR, sondern um Fehler während der Messung. Eine Auswahl der Ergebnisse ist deshalb sinnvoll. Diese Messreihe ist aufgrund des experimentellen Charakters nicht wissenschaftlich verwertbar. Bei den weiteren Messreihen erfolgt die Auswahl nach strengen und nachvollziehbaren Gesichtspunkten. Bei dieser Messreihe kann nicht für jeden Messpunkt, der verworfen wird, eine Begründung angeführt werden. Alle Messpunkte, die abwegig erschienen, wurden aussortiert. Von den Messungen mit Normalhörenden konnten 12 der 29 gemessenen Schwellen bei den einzelnen Frequenzen verwendet werden. Bei Normalhörenden ergab sich das Problem der Stör- und Nebengeräusche, die hier trotz des Kopfhörers wahrgenommen wurden. Hinzu kamen die allgemeinen Störfaktoren, wie Unruhe des Probanden oder Softwareausfälle und abstürze. Von den Schwellen der Schwerhörigen waren 68 der 85 gemessenen für die Auswertung relevant. 37 Auswertung der Ergebnisse – 3.2 Korrelationen zwischen ASSR-Schwellen, Luftleitungs- und Notched-Noise-BERA-Potential-Schwellen 3.2.1.2 Audiogramm Luftleitung und ASSR - M1 Frequenz [Hz] 500 1k 2k Frequenz [Hz] 4k alle 500 1k 2k 4k alle -10 0 0 10 10 20 20 Schwelle [dB] Schwelle [dB] -10 30 40 50 60 30 40 50 60 70 70 80 80 90 90 100 100 Luftleitung Abbildung 19: M1 – Audiogramm Normalhörende A M FR-HS subj. A M FR-Detektio n Abbildung 20: M1 – Audiogramm Schwerhörige Normalhörende Schwerhörige gesamt Frequenz 500 1k 2k 4k alle 500 1k 2k 4k alle alle Mittelwert -2,5 2,5 -3,3 16,7 3,2 42,4 45,8 51,8 69,0 52,3 45,7 Standardabweichung 3,5 2,9 2,9 20,2 9,5 20,4 19,9 18,4 14,8 20,4 26,2 ASSR obj. Mittelwert 4,0 4,0 4,0 4,0 4,0 50,3 47,1 49,3 65,9 52,6 46,0 Standardabweichung 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 19,0 18,7 18,2 13,8 18,8 23,3 ASSR subj. Mittelwert 4,0 4,0 4,0 4,0 4,0 26,2 24,6 31,9 53,1 33,8 30,5 Standardabweichung 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 18,2 17,5 19,2 16,5 21,0 21,8 ASSR obj. – LL Mittelwert 9,5 4,3 9,7 -5,3 4,1 6,6 -0,2 0,3 -0,3 1,6 2,0 Standardabweichung 0,7 0,5 5,5 17,0 9,8 10,9 8,4 9,4 11,8 10,3 10,3 LL Tabelle 1: M1 - Mittelwerte und Standardabweichungen Audiogramme Die Mittelwerte der objektiven ASSR-Messung und der Luftleitung stimmen sowohl für die Normalhörenden als auch für die Schwerhörigen nahezu überein (Tabelle 1 und Abbildung 19 und Abbildung 20, Zeichen). Bei den Normalhörenden liegt die subjektive und die objektive ASSR-Schwelle bei 4 dB. Diese 4 dB scheinen der eingestellte Pegel zu sein, bei dem die Prototyp-Version des Pilot-Blankenfeldegeräts erst beginnt, den Stimulus wirklich abzugeben. Bei den Schwerhörigen liegt die Schwelle der subjektiv hörbaren ASSR-Signale bei allen vier Frequenzen ca. 20 dB über der Luftleitung und der objektiven ASSR-Schwelle, ist also nur parallel verschoben. Bei den Normalhörenden ist die Standardabweichung der ASSR gleich Null oder anders ausgedrückt: Die Anzahl, der in der Auswertung berücksichtigten Schwellen ist zu gering. Bei den Schwerhörigen sind die Standardabweichungen der drei Messergebnisse mit jeweils ca. 20 dB einander ähnlich (Tabelle 1 und Abbildung 20, Balken mit Querstrichen). 38 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 3.2.1.3 Mittelwerte und Standardabweichungen M1 Abbildung 21 und Abbildung 22 zeigen die Mittelwerte und Standardabweichungen der Schwellendifferenz zwischen der Luftleitungsschwelle und der ASSR für die Gruppe der Normalhörenden und für die der Schwerhörigen. Bei positiven Werten ist die ASSR besser, bei negativen ist die Luftleitung besser. Die Mittelwerte liegen um den Nullpunkt herum. Die Standardabweichungen schwanken um ca.10 dB. An den sehr unterschiedlichen Standardabweichungen in Abbildung 21 ist zu erkennen, dass für diese Auswertung zu wenige verwertbare Daten vorhanden sind. Abbildung 21: M1 - Differenz, Luftleitung – ASSR, Mittelwerte und Standardabweichungen, Normalhörende Abbildung 22: M1 - Differenz, Luftleitung – ASSR, Mittelwerte und Standardabweichungen, Schwerhörige 39 Auswertung der Ergebnisse – 3.2 Korrelationen zwischen ASSR-Schwellen, Luftleitungs- und Notched-Noise-BERA-Potential-Schwellen 3.2.1.4 Regression und Korrelation zwischen Luftleitung und ASSR - M1 100 90 ASSR-Schwelle [dB] 80 70 60 50 40 30 20 10 0 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Luftleitungsschwelle [dB] Alle Ausw ahl Linear (Alle) Linear (Ausw ahl) Abbildung 23: M1 - Streudiagramm mit Regressionsgeraden, Luftleitung und ASSR, alle Frequenzen Die Regressionsgerade unter Berücksichtigung aller Messwerte folgt der Funktion: y = 0,597 x + 23,12 mit x = Luftleitungsschwelle, y = ASSR-Schwelle Der Korrelationskoeffizient beträgt nur 0,7346. In Abbildung 23 ist zu erkennen, dass die Messwerte (blau markiert) weit verstreut liegen. Reduziert man diese auf die nach der Messung realistischen Werte, erhält man die in violett dargestellte, steilere Regressionsgerade mit der Funktion y = 0,8544 x + 7,977. Der Korrelationskoeffizienten ergibt sich somit zu 0,9049. Frequenz Regressionsgerade Korrelationskoeffizient 0,5 kHz y = 0,8319 x +13,46 0,9021 1 kHz y = 0,9154 x + 3,6819 0,9448 2 kHz y = 0,8418 x + 6,9043 0,9141 4 kHz y = 0,8604 x + 6,989 0,8453 Tabelle 2: M1 – Luftleitung und ASSR, Regressionsgeraden und Korrelationskoeffizienten, Auswahl nach Frequenzen 40 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung In Abbildung 24 sind die ausgewählten Punkte nach Frequenzen aufgeteilt. Es ergeben sich für alle Frequenzen ähnliche Regressionsgeraden und Korrelationskoeffizienten (siehe Tabelle 2). 100 90 500 Hz ASSR-Schwelle [dB] 80 1 kHz 70 2 kHz 60 4 kHz 50 Linear (500 Hz) 40 Linear (1 kHz) 30 Linear (2 kHz) 20 Linear (4 kHz) 10 0 -10 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Luftleitungsschwelle [dB] Abbildung 24: M1 - Streudiagramm mit Regressionsgeraden, Luftleitung und ASSR, Auswahl, nach Frequenzen aufgeteilt 3.2.1.5 Abweichung von 10 dB-Toleranzbereich - M1 Die Ergebnisdifferenzen der Luftleitungsschwelle und der ASSR liegen mit einem Durchschnitt von 80% bei +/-10 dB (siehe Abbildung 25). Bei 80% der Messpunkte kann man demnach mit einer Genauigkeit von 10 dB von den ASSR-Schwellen auf die Luftleitungsschwelle schließen. 100 90 80 70 60 > +/- 10 dB 50 <= +/- 10 dB 40 30 20 10 0 alle 500 Hz 1 kHz 2 kHz 4 kHz Abbildung 25: M1 - Abweichungen vom 10dB-Toleranzbereich in Prozent 41 Auswertung der Ergebnisse – 3.2 Korrelationen zwischen ASSR-Schwellen, Luftleitungs- und Notched-Noise-BERA-Potential-Schwellen 3.2.2 Messreihe mit Pilot-Blankenfelde Evoselect und Testsoftware Vers. 5.07 (M3) 3.2.2.1 Verwendbare Ergebnisse - M3 Die Ergebnisse von 4 Ohren mussten von der Auswertung ausgeschlossen werden, weil Störungen aufgetreten waren. Insgesamt waren die Ergebnisse von 22 Ohren für die ASSR- und 24 für die NN-BERA-Auswertung verwendbar. 3.2.2.2 Audiogramm, Mittelwerte und Standardabweichungen - M3 Die Mittelwerte der ASSR-Messung, NN-BERA und Luftleitung stimmen nahezu überein (Tabelle 3 und Abbildung 26). Auch die Standardabweichungen sind einander mit jeweils ca. 20 dB ähnlich (Tabelle 3 und Abbildung 26, Balken mit Querstrichen). Dies bedeutet zwar, dass die Summe der Messungen gut übereinstimmen, der Mittelwert sagt aber nichts über die Qualität der einzelnen Messung aus. Es gab Ausnahmen, bei denen die Ergebnisse weniger gut zusammen passten. Positive und negative Abweichungen gleichen sich im Mittelwert aus. Luftleitung ASSR NN-BERA Klick-BERA Abbildung 26: Messreihe M3 - Mittelwerte und Standardabweichungen der Luftleitung, ASSR und NN-BERA Rechts Frequenz LL ASSR NN Mittelwert Stdabw. Mittelwert Stdabw. Mittelwert Stdabw. Links 500 1k 2k 4k 30,9 17,0 33,2 10,8 30,9 14,5 34,5 16,2 30,9 15,6 30,5 16,0 39,1 18,7 38,6 17,8 36,4 16,1 53,2 24,9 52,5 26,7 43,6 19,5 gesamt Klick 500 1k 2k 4k 27,7 14,6 31,4 11,2 40,5 13,3 30,0 15,7 38,2 12,5 40,5 16,3 40,0 12,4 45,0 16 45,9 20,6 41,8 16,2 53,2 19,5 61,5 20,8 47,7 20,3 Klick alle 28,6 15,0 42 19 44 20 39 17 Tabelle 3: Messreihe M3 - Mittelwerte und Standardabweichungen der Luftleitung, ASSR und NN-BERA 42 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 3.2.2.3 Mittelwerte und Standardabweichungen der Schwellendifferenzen - M3 Schwellendifferenz [ dB ] NN-BERA und Luftleitung: Abbildung 27 zeigt die Mittelwerte und Standardabweichungen der Schwellendifferenz zwischen NN-BERA und Luftleitungs-Messung. Der Vergleich zeigt, dass die NN-BERA im positiven und die Luftleitung im negativen Bereich besser ist. Die arithmetischen Mittelwerte liegen im Bereich –9,5 bis 1,8 dB. Das sind größere Variationen, als bei Untersuchungen zur NN-BERA von Schönweiler [Schö-1995]. Allerdings waren die Erwachsenen bei der vorliegenden Studie im Gegensatz zu den Kindern von Prof. Schönweiler nicht sediert. Die Standardabweichung lag bei maximal 15,1 dB, auf der rechten Seite bei 4 kHz. Über alle betrug sie 11 dB. rechtes / linkes Ohr, Prüffrequenz [ Hz ] Abbildung 27: M3 - Schwellendifferenzen NN-BERA und Luftleitung, Mittelwerte und Standardabweichungen ASSR und Luftleitung: Die Mittelwerte und Standardabweichungen der Schwellendifferenz zwischen der ASSR und Luftleitungs-Messung zeigt Abbildung 28. Der Vergleich zeigt hier ein ähnliches Ergebnis wie der Vergleich zwischen NN-BERA und Luftleitung: Bei positiven Werten ist die ASSR, bei negativen die Luftleitung besser. Die arithmetischen Mittelwerte liegen im Bereich –3,6 bis 11 dB. Damit sind die Variationen etwas größer als bei der NN-BERA. Die Standardabweichung ergab bei 1 kHz maximal 16,5 dB auf der linken Seite. Über alle betrug sie 12 dB. Die Standardabweichung der Differenz zwischen ASSR und Luftleitung ist ähnlich wie bei dem Vergleich mit der NN-BERA. Bei der ASSR ist zu beobachten, dass die Standardabweichung auf der linken Seite wesentlich größer als auf der rechten Seite ist. Dieser Unterschied ist im wesentlichen auf einen Probanden zurückzuführen: Die ASSR-Schwelle war bei ihm auf der linken Seite im Vergleich zur Luftleitungsschwelle bei sehr viel niedrigeren Pegeln zu finden. 43 Schwellendifferenz [ dB ] Auswertung der Ergebnisse – 3.2 Korrelationen zwischen ASSR-Schwellen, Luftleitungs- und Notched-Noise-BERA-Potential-Schwellen rechtes / linkes Ohr, Prüffrequenz [ Hz ] Abbildung 28: M3 - Schwellendifferenzen ASSR und Luftleitung, Mittelwerte und Standardabweichungen Schwellendifferenz [ dB ] ASSR und NN-BERA: Abbildung 29 zeigt die Mittelwerte und Standardabweichungen der Schwellendifferenz zwischen ASSR und NN-BERA – Messung. Bei positiven Werten ist hier die ASSR, bei negativen die NN-BERA besser. Die arithmetischen Mittelwerte liegen im Bereich 0,45 bis 14,5 dB. Die Standardabweichung ergab bei 4 kHz maximal 16,5 dB auf der rechten Seite. Über alle betrug sie 14 dB. Die Abweichungen der ASSR und der NN-BERA von der Luftleitung kommen hier zusammen. Bei fünf der gemessenen Seiten und Frequenzen beträgt sie ca. 15 dB. Der Vergleich zwischen diesen beiden objektiven Verfahren scheint ähnlich zu sein, wie der Unterschied zur subjektiven Luftleitung. rechtes / linkes Ohr, Prüffrequenz [ Hz ] Abbildung 29: M3 - Schwellendifferenzen ASSR und NN-BERA, Mittelwerte und Standardabweichungen 44 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 3.2.2.4 Regression und Korrelation zwischen NN-BERA und Luftleitung M3 Im Folgenden wird die Regression und Korrelation zwischen NN-BERA und Luftleitung auf Basis der Messreihe 3 untersucht. Abbildung 30 zeigt das Streudiagramm aus NN-BERA und Luftleitung. Die durchgezogene, blaue Linie stell die Regressionsgerade (y = 0,77·x + 6,23) dar. NN-BERA – Schwelle [ dB ] Bei hohen Pegeln ist die NN-BERA-Schwelle niedriger als die Luftleitungsschwelle. Der Korrelationskoeffizient beträgt r = 0,837. In Abbildung 31 ist zu erkennen, dass für alle Frequenzen ein ähnlicher Zusammenhang besteht. LL-Hörschwelle [ dB ] Abbildung 30: M3 - NN-BERA und Luftleitung, Streudiagramm mit Regressionsgerade und Toleranzbereich Frequenz Regressionsgerade Korrelationskoeffizient Alle y = 0,77 x + 6,23 0,837 0,5 kHz y = 0,72 x + 8,15 0,728 1 kHz y = 0,86 x + 3,88 0,841 2 kHz y = 0,87 x + 3,12 0,908 4 kHz y = 0,74 x + 6,42 0,816 Tabelle 4: M3 – NN-BERA und Luftleitung, Regressionsgeraden und Korrelationskoeffizienten, Auswahl nach Frequenzen 45 NN-BERA – Schwelle [ dB ] Auswertung der Ergebnisse – 3.2 Korrelationen zwischen ASSR-Schwellen, Luftleitungs- und Notched-Noise-BERA-Potential-Schwellen LL-Hörschwelle [ dB ] Abbildung 31: M3 - NN-BERA und Luftleitung, Streudiagramm mit Regressionsgeraden aufgeteilt nach Frequenzen 46 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 3.2.2.5 Regression und Korrelation zwischen ASSR und Luftleitung - M3 Abbildung 32 zeigt das Streudiagramm aus ASSR und Luftleitung. Die Regressionsgerade (y = 0,877·x + 7,81) ist etwas steiler als bei der NN-BERA. Der Korrelationskoeffizient ist mit r = 0,790 nur geringfügig kleiner. ASSR – Schwelle [ dB ] In Abbildung 33 ist zu erkennen, dass die Regressionsgerade für 500 Hz flacher verläuft. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass einerseits viele Messpunkte durch Hochtonsteilabfälle mit niedrigen Pegeln vorhanden sind und andererseits der 500 Hz-Stimulus in der verwendeten Vorab-Version der Software nicht zuverlässig war. LL-Hörschwelle [ dB ] Abbildung 32: M3 - ASSR und Luftleitung, Streudiagramm mit Regressionsgerade und Toleranzbereich Frequenz Regressionsgerade Korrelationskoeffizient Alle y = 0,88 x + 7,80 0,790 0,5 kHz y = 0,46 x + 22,52 0,521 1 kHz y = 0,71 x + 9,82 0,620 2 kHz y = 0,89 x + 4,68 0,805 4 kHz y = 1,05 x + 4,33 0,912 Tabelle 5: M3 – NN-BERA und Luftleitung, Regressionsgeraden und Korrelationskoeffizienten, Auswahl nach Frequenzen 47 ASSR – Schwelle [ dB ] Auswertung der Ergebnisse – 3.2 Korrelationen zwischen ASSR-Schwellen, Luftleitungs- und Notched-Noise-BERA-Potential-Schwellen LL-Hörschwelle [ dB ] Abbildung 33: M3 - ASSR und Luftleitung, Streudiagramm mit Regressionsgeraden aufgeteilt nach Frequenzen 48 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 3.2.2.6 Regression und Korrelation zwischen ASSR und NN-BERA - M3 Abbildung 34 zeigt das Streudiagramm aus ASSR und NN-BERA. Die Regressionsgerade (y = 0,8712 x + 10,3) ist hier nahezu die identisch mit der Regressionsgerade von ASSR und Luftleitung. Der Korrelationskoeffizient ist mit r = 0,744 nur geringfügig kleiner. Die Problematik bei den ASSR mit 500 Hz, die im Kapitel 3.2.2.5 beschrieben wurde, führt dazu, dass auch in Abbildung 36 die Regressionsgerade für 500 Hz flacher als bei den anderen Frequenzen verläuft. 100 90 80 ASSR - Schwelle [ dB ] ASSR - Schwelle [ dB ] 70 60 50 40 30 20 10 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 NN-BERA – Schwelle [ dB ] Abbildung 34: M3 - ASSR und NN-BERA, Streudiagramm mit Regressionsgerade Frequenz Regressionsgerade Korrelationskoeffizient Alle y = 0,87 x + 10,3 0,744 0,5 kHz y = 0,45 x + 23,04 0,537 1 kHz y = 0,83 x + 6,57 0,787 2 kHz y = 0,96 x + 4,89 0,897 4 kHz y = 0,92 x + 16,34 0,955 Tabelle 6: M3 – NN-BERA und ASSR, Regressionsgeraden und Korrelationskoeffizienten, Auswahl nach Frequenzen 49 Auswertung der Ergebnisse – 3.2 Korrelationen zwischen ASSR-Schwellen, Luftleitungs- und Notched-Noise-BERA-Potential-Schwellen 100 90 ASSR - Schwelle [ dB ] 80 70 60 50 40 30 20 10 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 NN-BERA – Schwelle [ dB ] Abbildung 35: M3 - ASSR und NN-BERA, Streudiagramm mit Regressionsgeraden aufgeteilt nach Frequenzen 50 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 3.2.2.7 Abweichungen vom +/-10 dB-Toleranzbereich – M3 NN-BERA und Luftleitung: Für die Einordnung der Ergebnisse wäre es praktisch, wenn die gemessene NN-BERA die Luftleitungsschwelle ergibt. Als Toleranzbereich wären +/- 10 dB vertretbar. Unter dieser Annahme lägen 76 % der 96 verwendbaren Messwerte über alle Frequenzen im Toleranzbereich. Bei 4 kHz liegen wesentlich weniger Ergebnisse in diesem Bereich, was auch durch die Standardabweichung erkennbar war. 100% 90% 80% 70% 60% >10 dB 0-10 dB 50% 40% 30% 20% 10% 0% alle alle 500 500 Hz 1k 1 kHz 2k 2 kHz 4k 4 kHz Anzahl Abweichungen 0-10 dB 73 18 19 22 14 >10 dB 23 6 5 2 10 gesamt 96 24 24 24 24 Abbildung 36: M3 - NN-BERA und Luftleitung, Abweichungen vom 10dB-Toleranzbereich 51 Auswertung der Ergebnisse – 3.2 Korrelationen zwischen ASSR-Schwellen, Luftleitungs- und Notched-Noise-BERA-Potential-Schwellen ASSR und Luftleitung: 73% der 86 verwendbaren ASSR-Messpunkte über alle Frequenzen lagen im Toleranzbereich von +/- 10 dB. Abbildung 37 zeigt die Abweichungen als Balkendiagramm: 100% 90% 80% 70% 60% >10 dB 0-10 dB 50% 40% 30% 20% 10% 0% alle alle 500Hz 500 1k 1 kHz 2 2k kHz 4k 4 kHz Anzahl Abweichungen 0-10 dB 63 13 17 20 13 >10 dB 23 9 5 2 7 gesamt 86 22 22 22 20 Abbildung 37: Vergleich ASSR mit Luftleitung, Abweichung nach Bereichen 52 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung ASSR und NN-BERA: Aus den Schwankungen der beiden AEP-Verfahren ergeben sich erhebliche Abweichungen: So liegen von allen Frequenzmesspunkten nur 66 Prozent im Toleranzbereich. Bei 4 kHz sind es 55 Prozent, bei 500 Hz sogar nur 50 Prozent. 100% 90% 80% 70% 60% >10 dB 0-10 dB 50% 40% 30% 20% 10% 0% alle alle 500 500 Hz 1k 1 kHz 2 2k kHz 4 4k kHz Anzahl Abweichungen 0-10 dB 57 11 19 16 11 >10 dB 29 11 3 6 9 gesamt 86 22 22 22 20 Abbildung 38: Vergleich ASSR mit NN-BERA, Abweichung nach Bereichen 53 Auswertung der Ergebnisse – 3.3 Anwendung der ASSR zur Hörgeräteanpassung 3.3 Anwendung der ASSR zur Hörgeräteanpassung 3.3.1 Verarbeitung des ASSR-Signals im Hörgerät Das ASSR-Signal darf durch die Verarbeitung im Hörgerät nicht in seiner Modulation und Frequenzzusammensetzung verändert werden. Die unverfälschte Verarbeitung des Stimulus durch das Hörgerät ist Voraussetzung für die ASSR-Messung mit Hörgerät. Es wurden verschiedene Hörgeräteeinstellungen probiert. Bei abgeschalteter Kompression, Störschallunterdrückung, Spracherkennung und Rückkopplungsunterdrückung mit mittlerer Verstärkung wurde ein 500 Hz ASSR-Stimulus zwar um 5 ms (siehe Abbildung 39) verzögert, die Amplitudenmodulation ist vor und nach dem Hörgerät jedoch klar erkennbar. Auch das Frequenzspektrum ist nahezu unverändert (Abbildung 40). Tieffrequente Störungen, die im Eingangssignal vorhanden waren (Abbildung 40 unten), wurden durch das Hörgerät nicht übertragen. Im Hochtonbereich sind zwei Oberwellen des Stimulus verstärkt worden (Abbildung 40 oben). Abbildung 39: ASSR-Signalverarbeitung im Hörgerät, ASSR-Signal vor (unten) und nach dem Hörgerät (oben) 54 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung Abbildung 40: ASSR-Signalverarbeitung im Hörgerät, FFT des ASSR-Signals vor (unten) und nach dem Hörgerät (oben) t / ms 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 0,1 0,2 0,5 1 2 5 f / kHz 10 Abbildung 41: Durchlaufzeiten durch Signia-HdO in ACAM5 Die Durchlaufzeiten liegen zwischen 6 ms im Tieftonbereich und 1,5 ms im Hochtonbereich. 55 Auswertung der Ergebnisse – 3.3 Anwendung der ASSR zur Hörgeräteanpassung Werden zusätzliche Funktionen des Hörgeräts, wie beispielsweise Silbenkompression, Rückkopplungsunterdrückung usw. aktiviert, wird die Amplitudenmodulation, je nach dem wie weit die Funktion eingestellt wurde, beeinflusst. Bleibt man bei einer neutralen Einstellung, ist die Verstärkung des ASSR-Signals durch das Hörgerät unproblematisch. Die akustischen Signale können stabil im Hörgerät verarbeitet werden, soweit Störschallunterdrückungs-, Spracherkennungs- und Rückkopplungsunterdrückungssysteme deaktiviert sind und keine schnelle Kompression (~ < 25ms) eingestellt ist. Für eine Hörgeräteanpassung mit ASSR bedeutet dies, dass spezielle Funktionen, falls sie bei kleinen Kindern überhaupt gewünscht sind, erst eingestellt werden können, wenn die frequenzabhängige Grundverstärkung durch die ASSR-Messung überprüft wurde. 3.3.2 Messreihe mit Audera (Fa. GSI) Messsystem (M2) 3.3.2.1 Verwendbare Ergebnisse - M2 In die Auswertung der Ergebnisse fließen nur die Werte von 7 der 10 Probanden ein. Der Grund liegt darin, dass bei zwei Probanden der Versuchsaufbau noch nicht feststand und verändert wurde. Ein Proband war zu unruhig. Von den übrigen Probanden waren drei mittelgradig und breitbandig schwerhörig, fünf waren zwischen leicht und hochgradig schwerhörig mit Schrägabfall, ein Proband hatte als Schwerhörigkeit einen Hochtonsteilabfall. Für die statistische Auswertung der Aufblähkurven mit ASSR im Vergleich zur Insertion Gain waren 35 Messpunkte aus Pegel und Frequenzkombinationen verwendbar. Bei Hochtonsteilabfällen war in den tiefen Frequenzen keine Verbesserung möglich. 3.3.2.2 Beispiel zur Hörgeräteanpassung mit ASSR: „Proband 5“ - M2 Beispielhaft werden die Ergebnisse an Proband Nr. 5 vorgestellt. Dieser hat beidseitig hochgradige Hochton-Schrägabfalle. Es ist kein wesentlicher Schallleitungs-Anteil vorhanden. Die Unbehaglichkeitsschwelle liegt bei normalen Werten, es besteht also Recruitment, das aber keine Einschränkung für die ASSR-Messungen bis 100 dB darstellt. Beim Vergleich der Ergebnisse in Abbildung 38 dient die Luftleitung als Referenz für die ASSR-Messungen mit Einsteckhörer und im Freifeld ohne Hörgerät. Bei den ASSR mit Einsteckhörer gab es Abweichungen von 0 bis 5 dB, bei 1 kHz von 10 dB. Bei 4 kHz waren nur Pegel bis 85 dB möglich, deshalb fehlen diese Messpunkte. Bei den ASSR im Freifeld gibt es Abweichungen bis 13 dB. Probleme traten vor allem bei hohen Frequenzen mit hohen Pegeln auf. Es sollte die eingestellte Verstärkung von HV/2 bei der Messung der ASSR mit Hörgerät erreicht werden. Die Abweichungen betrugen bis zu 10 dB, bei 1 kHz rechts sogar 18 dB. Da die Hörgeräte nicht Insitu nachgestellt wurden, kamen bei dieser Frequenz höhere ASSRPegel im Ohr an. Das Audiogramm in Abbildung 38 zeigt als Insitu-Pegel die LuftleitungsHörschwelle, von der die Insitu gemessene ASSR-Verstärkung abgezogen wurde. Diesen Werten folgten die ASSR-Schwellen mit Hörgeräten. Die Abweichungen betrugen maximal 5 dB. 56 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung Abbildung 42: Audiogramm von Proband 5, Luftleitungsschwelle, Anpassziel: HV/2 der Luftleitungs-Hörschwelle, ASSRSchwellen über Einsteckhörer, Freifeld und Freifeld mit Hörgerät und aus Luftleitungs-Hörschwelle und Insitu-Sondenmessung umgerechnete Schwellen rechts Messverfahren links alle Frequenz [Hz] 500 1k 2k 4k 500 1k 2k 4k LL [dB HL] 60 65 75 90 60 60 70 80 70,0 ASSR mit Einsteckhörer [dB HL] 54 54 73 n 54 60 68 n 60,5 ASSR im Freifeld [dB HL] 73 59 n n 73 72 67 n 68,8 ASSR mit HG [dB HL] 35 18 43 50 41 19 32 32 33,8 Verstärkung HV/2 [dB] (rel.) 30 32,5 37,5 45 30 30 35 40 35,0 LL – Insitu [dB HL] 39 24 40 55 38 25 36 52 38,6 Tabelle 7: Messwerte Proband 5 57 Auswertung der Ergebnisse – 3.3 Anwendung der ASSR zur Hörgeräteanpassung 3.3.2.3 Mittelwerte und Standardabweichungen der Differenz zwischen ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain - M2 Die Aufblähkurve der ASSR-Messung resultiert aus den Messwerten, die mit und ohne Hörgerät ermittelt wurden, bzw. aus deren Differenz. Bei der Insitu-Messung heißt die gleiche Differenz Insertion-Gain. Zwischen der ASSR-Aufblähkurve und der Insertion-Gain wurde wiederum die Differenz gebildet. Eine kleine Differenz bedeutet, dass die Messung der Hörverbesserung durch das Hörgerät sowohl physikalisch (Insitu) als auch elektrophysiologisch gemessen, ähnliche Werte ergibt. Die Mittelwerte und Standardabweichungen der Differenz zeigen Abbildung 43 und Tabelle 8. Durch den provisorischen Versuchsaufbau ergaben sich bei 4 kHz besonders große Schwankungen. Frequenz alle 500 Hz 1 kHz 2 kHz 4 kHz Mittelwert [dB] -2,23 -1,00 -3,22 -3,00 -1,56 Standardabweichung [dB] 11,79 8,98 12,52 6,96 17,63 Tabelle 8: M2 - Mittelwerte und Standardabweichungen der Differenz zwischen ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain Abbildung 43: Mittelwerte und Standardabweichungen der Differenz zwischen ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain - M2 58 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 3.3.2.4 Regression und Korrelation zwischen ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain - M2 Im Folgenden wurden die Regression und die Korrelation zwischen ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain ermittelt. Die Regressionsgerade mit der Funktion y = 0,4946x + 9,0769 ist dabei sehr flach (Abbildung 44). Auch der Korrelationskoeffizient ist mit r = 0,484 gering. Die Punkte sind weit verstreut, was auf die Probleme bei der Messung zurückzuführen ist. Bezieht man die entferntesten Punkte nicht mit ein, könnte man die gestrichelte Linie als Regressionsgerade annehmen. Vor allem die Messpunkte von 4 kHz laufen auseinander (Abbildung 45). Für diese Frequenz gibt es keine akzeptable Regressionsgerade und der Korrelationskoeffizient ist sehr gering (siehe Tabelle 9). Für die übrigen Frequenzen ist ein statistischer Zusammenhang erkennbar. 50 45 ASSR-Aufblähkurve [dB] 40 35 30 25 20 15 10 5 0 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 Insertion Gain [dB] Abbildung 44: M2 - Streudiagramm mit Regressionsgeraden, ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain, alle Frequenzen Frequenz Regressionsgerade Korrelationskoeffizient 0,5 kHz y = 0,818x + 2,0263 0,7387 1 kHz y = 0,6904x + 4,8263 0,5982 2 kHz y = 0,5835x + 7,7353 0,6884 4 kHz y = -0,2925x + 24,869 0,2983 Tabelle 9: M2 – ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain, Regressionsgeraden und Korrelationskoeffizienten, nach Frequenzen 59 Auswertung der Ergebnisse – 3.3 Anwendung der ASSR zur Hörgeräteanpassung 50 45 ASSR-Aufblähkurve [dB] 40 500 Hz 35 1 kHz 2 kHz 30 4 kHz 25 Linear (500 Hz) 20 Linear (1 kHz) 15 Linear (2 kHz) Linear (4 kHz) 10 5 0 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 Insertion-Gain [dB] Abbildung 45: M1 - Streudiagramm mit Regressionsgeraden, ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain, nach Frequenzen aufgeteilt 3.3.2.5 Abweichung der Differenzen vom +/-10 dB-Toleranzbereich – M2 71 Prozent der Differenzen zwischen ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain liegen im Toleranzbereich von +/-10 dB (Abbildung 46). Bei 4 kHz sind die Abweichungen auch hier sehr groß. 100% 90% 80% 70% 60% > 10 dB 0-10 dB 50% 40% 30% 20% 10% 0% alle alle 500 Hz Hz 500 11kHz kHz 22kHz kHz 44kHz kHz Anzahl Abweichungen 0-10 dB 25 7 6 8 4 >10 dB 10 1 3 1 5 gesamt 35 8 9 9 9 Abbildung 46: Differenz ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain eingeteilt nach Zugehörigkeit zum +/-10 dB-Toleranzbereich 60 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 3.3.3 Messreihe mit Pilot-Blankenfelde Evoselect und Software Version 5.08 (Messreihe M4) Das folgende Kapitel gibt die Auswertung der Messergebnisse aus Messreihe 4 wieder. Die ASSR-Aufblähkurve sollte im Idealfall den gleichen Verstärkungswert wiedergegeben, wie andere Verfahren. Während der Messreihe wurde gleichzeitig die Insertion-Gain aufgenommen. Die Probanden wurden bei den verschiedenen Frequenzen jeweils gefragt, bei welchem Pegel sie den ASSR-Stimulus ohne und mit Hörgerät hören können. Mit der Insitu-Sonde wurde nicht nur die Stabilität des Signals kontrolliert (siehe Kapitel 2.3.2.3 ), sondern auch der Pegel am und im Ohr während der ASSR-Messung notiert. Die Kapitel 3.3.3.3 bis 3.3.3.5 zeigen den Vergleich zwischen der ASSR-Aufblähkurve und den Verstärkungen dieser anderen Verfahren. 3.3.3.1 Verwendbare Ergebnisse – M4 Die Ergebnisse der 6 Probanden können alle für die Auswertung verwendet werden. Für die statistische Auswertung waren 40 der 48 Messpunkte aus Pegel und Frequenzkombinationen verwendbar. Die übrigen 8 wurden wegen kurzzeitiger Unruhe des Probanden oder sonstiger Störungen ausgesondert. 3.3.3.2 Audiogramme, Mittelwerte und Standardabweichungen – M4 Verstärkung HV/2 Luftleitung ASSR: Freifeld Hörgerät LL Insertion Abbildung 47: M4 - Audiogramme, Mittelwerte und Standardabweichungen 61 Auswertung der Ergebnisse – 3.3 Anwendung der ASSR zur Hörgeräteanpassung Um zu beweisen, dass die Messungen mit ASSR gleiche Ergebnisse liefern, wie bereits etablierte Verfahren, sollten folgende Werte miteinander übereinstimmen: • • • • • Mittelwerte der Luftleitung Mittelwerte der ASSR im Freifeld Anpassziel HV/2 Insertion-Gain verbesserte Luftleitung ASSR mit Hörgerät Das Audiogramm in Abbildung 43 zeigt Unterschiede zwischen den ASSR-Kurven, die bei 500 Hz fast 20 dB und bei 1 kHz 5 bis 10 dB betragen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die ASSR im Freifeld auf dB SPL kalibriert sind, während die anderen Messwerte auf dB HL bezogen sind. Die Kurven gleicher Lautheit (Isophonen) haben bei 500 Hz einen Abstand zum physikalischen Schalldruckpegel von ca. 7 dB und bei 1 kHz von ca. 5 dB. Die Abweichung der ASSR-Pegel ist deshalb etwas kleiner, als es das Audiogramm darstellt. Die Standardabweichungen liegen im Durchschnitt zwischen 11 und 15 dB. 3.3.3.3 Verstärkungsdifferenzen, Mittelwerte und Standardabweichungen – M4 . Ein positiver Wert in der Tabelle 10 und den Abbildungen 48, 49 und 50 bedeutet, dass die ASSR-Aufblähkurve eine größere Verstärkung als das jeweils andere Verfahren ergeben hat. rechts Messverfahren Berechnung ASSR-Aufblähkurve obj .– subj. ASSR-Aufblähkurve obj–ASSR-Pegeldiff. am Ohr Mittelwert 500 4k gesamt -1,20 -0,25 -2,83 2,17 -4,75 1,05 -1,25 -4,40 5,20 4,20 -0,10 6,92 4k alle 500 1k 2k 6,85 7,66 9,84 7,44 6,38 4,32 7,28 0,00 -1,25 -1,67 2,50 0,00 3,42 2,50 0,00 3,00 8,00 1,67 Standardabw. 4,87 4,79 5,16 5,24 4,08 6,88 8,66 6,12 4,47 7,58 6,11 Mittelwert 4,45 3,75 4,67 4,50 4,75 5,37 1,75 1,60 8,60 8,80 4,90 Standardabw. 3,46 3,86 2,58 5,24 1,71 6,51 3,86 2,19 6,15 8,84 5,12 Mittelwert 3,60 2k 8,26 Standardabw. 8,66 1k Tabelle 10: Mittelwert und Standardabweichung Messreihe 4 62 beide Frequenz alle ASSR-Aufblähkurve obj. – Insertion-Gain links Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung ASSR-Aufblähkurve und Insertion Gain Schwellendifferenz dB ] Schwellendifferenz [[dB] 15,00 10,00 5,00 0,00 - 5,00 - 10,00 - 15,00 alle Re alle Li alle Re 500 Li 500 Re 1k Li 1k Re 2k Li 2K Re 4k Li 4k Rechtes / Linkes Ohr, Prüffrequenzen[ [kHz] rechtes / linkes Ohr, Prüffrequenzen kHz ] Abbildung 48: M4 - Verstärkungsdifferenzen, Mittelwerte und Standardabweichungen, ASSR-Aufblähkurve und Insertion Gain Der Vergleich zwischen ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain ist das eigentliche Ziel der Messreihe 4. In Abbildung 48 ist die Differenz dieser elektrophysiologisch und physikalisch gemessenen Verstärkung zu sehen. Der Mittelwert der Differenz schwankt zwischen -4,75 und +5,20 dB. Die Standardabweichung beträgt maximal 9,84 dB (siehe auch Tabelle 10). Damit sind die Abweichungen geringer als bei der Messreihe 2 (siehe Kapitel 3.3.2). ASSR-Aufblähkurve, objektiv und subjektiv 20,00 Schwellendifferenz [ dB[dB] ] Schwellendifferenz 15,00 10,00 5,00 0,00 -5,00 -10,00 alle Re alle Li alle Re 500 Li 500 Re 1k Li 1k Re 2k Li 2K Re 4k Li 4k Rechtes / Linkes Ohr, Prüffrequenzen [kHz] rechtes / linkes Ohr, Prüffrequenzen [ kHz ] Abbildung 49: M4 - Verstärkungsdifferenzen, Mittelwerte, Standardabweichungen, ASSR-Aufblähkurve, objektiv und subjektiv 63 Auswertung der Ergebnisse – 3.3 Anwendung der ASSR zur Hörgeräteanpassung Während der Vergleich zwischen ASSR und Insitu nur den Weg des Schalls bis in den Gehörgang und bis in die hörverarbeitenden Zentren des Gehirns gegenüberstellt, geht der Vergleich zwischen der objektiv durch ASSR und subjektiv durch Abfrage ermittelten Verstärkung darüber hinaus. Dieser Hörtest benötigt das bewusste Wahrnehmen des ASSR-Testsignals. Die elektrophysiologische ASSR-Messung kann auch in Sedierung oder unter Narkose durchgeführt werden (siehe Kapitel 1.2.3 ). Der Mittelwert schwankt auch hier in einem geringen Bereich von -1,67 dB bis 8,00 dB. Die größte Standardabweichung beträgt 8,66 dB links bei 4 kHz. ASSR-Aufblähkurve und Insertion Gain des ASSR-Signals Schwellendifferenz [ dB[dB] ] Schwellendifferenz 20,00 15,00 10,00 5,00 0,00 -5,00 alle Re alle Li alle Re 500 Li 500 Re 1k Li 1k Re 2k Li 2K Re 4k Li 4k rechtes / linkes Ohr, kHz ] Rechtes / Linkes Ohr,Prüffrequenzen Prüffrequenzen[ [kHz] Abbildung 50: M4 -Verstärkungsdifferenzen, Mittelwerte, Standardabweichungen, ASSR-Aufblähkurve und ASSR-Pegel am Ohr Der Schalldruckpegel der ASSR-Stimuli am Ohr liefert einen Wert, der mit dem Referenzmikrofon der Insitu-Sonde gemessen wird. Dieser Wert ist eigentlich ein Abfallprodukt der Kontrolle zur Signalqualität des Stimulus. Auch hier muss eine Differenz ohne und mit Hörgerät auftreten. Am Trommelfell bleibt der Pegel im Idealfall ohne und mit Hörgerät gleich, denn an dieser Stelle wird jeweils der gleiche Pegel benötigt, um einen Hörreiz auszulösen. Außerhalb des Gehörganges, also vor dem Hörgerät, verringert sich der benötigte Pegel, da die Verstärkung des Hörgerätes die Differenz hinzufügt. Die Schwankung des Mittelwertes ist ähnlich wie bei den Verstärkungsdifferenzen der anderen Verfahren. Allerdings liegen alle Mittelwerte im positiven Bereich zwischen 1,60 und 8,80 dB. Die größte Standardabweichung liegt mit 8,84 dB bei 4 kHz links. Insgesamt sind die Schwankungen des Mittelwerts und die Standardabweichung auf der linken Seite etwas größer als auf der rechten Seite. 64 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 3.3.3.4 Regression und Korrelationskoeffizient – M4 Das Streudiagramm in der folgenden Abbildung zeigt den linearen Zusammenhang zwischen der ASSR-Aufblähkurve und den Verstärkungen, die mit den anderen Verfahren bestimmt wurden. Die Regressionsgerade der Insertion-Gain verläuft am flachsten. Der statistische Zusammenhang zur Insertion-Gain hat außerdem den geringsten Korrelationskoeffizienten von r = 0,660 (siehe Tabelle 11). Die Steigung der Regressionsgeraden und der Korrelationskoeffizient steigert sich über die subjektive Aufblähkurve mit r = 0,772 (Tabelle 12) zum ASSR-Pegel am Ohr mit r = 0,850 (Tabelle 13). Insertion Gain, ASSR-Aufb. subj., ASSR-Pegel am Ohr [dB Bei allen drei Messverfahren ist der statistische Zusammenhang zur ASSR-Aufblähkurve deutlich zu erkennen. Die Streudiagramme zu den einzelnen Messverfahren zeigen bei der Aufteilung nach Frequenzen, dass einzelne abweichende Punkte den Verlauf der Regressionsgeraden und den Korrelationskoeffizienten stören können. 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 10 15 20 25 30 35 40 45 50 ASSRAufblähkurve und InsertionGain ASSRAufblähkurve, objektiv und subjektiv ASSRAufblähkurve und ASSRPegel am Ohr Linear (ASSRAufblähkurve und InsertionGain) Linear (ASSRAufblähkurve, objektiv und subjektiv) Linear (ASSRAufblähkurve und ASSRPegel am Ohr) ASSR-Aufblähkurve [dB] Abbildung 51: M4 - Streudiagramm mit Regressionsgeraden, ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain, ASSR-Aufblähk. subj., ASSR-Pegel am Ohr, gesamt 65 Auswertung der Ergebnisse – 3.3 Anwendung der ASSR zur Hörgeräteanpassung ASSR-Aufblähkurve und Insertion Gain Frequenz Regressionsgerade Korrelationskoeffizient alle y = 0,5311x + 13,9 0,660 0,5 kHz y = 0,2984x + 16,974 0,438 1 kHz y = 0,607x + 14,622 0,830 2 kHz y = 0,5709x + 10,889 0,670 4 kHz y = 0,5741x + 13,265 0,568 Tabelle 11: M4 – ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain, Regressionsgeraden und Korrelationskoeffizienten Die folgende Abbildung zeigt das Streudiagramm mit Regressionsgeraden, ASSRAufblähkurve und Insertion-Gain, aufgeteilt nach Frequenzen. Die Regressionsgeraden verlaufen flacher als erwartet. Durch einen störenden Messpunkt hat die Gerade für 500 Hz nur eine Steigung von fast 0,3. Die Korrelationskoeffizienten sind etwas größer als bei der Messreihe 2. Zu beachten ist, das bei diesen Berechnungen Fehlergrößen von jeweils zwei Messungen mit ASSR und Insitu zusammenkommen. 50 45 500 Hz 40 Insertion-Gain [dB] 1 kHz 35 2 kHz 4 kHz 30 Linear (500 Hz) 25 Linear (1 kHz) Linear (2 kHz) 20 Linear (4 kHz) 15 10 10 15 20 25 30 35 40 45 50 ASSR-Aufblähkurve [dB] Abbildung 52: M4 - Streudiagramm mit Regressionsgeraden, ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain, nach Frequenzen 66 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung ASSR-Aufblähkurve, objektiv und subjektiv Frequenz Regressionsgerade Korrelationskoeffizient alle y = 0,6633x + 8,2631 0,772 0,5 kHz y = 0,4398x + 12,33 0,680 1 kHz y = 0,7736x + 7,2886 0,832 2 kHz y = 0,8166x + 3,4422 0,873 4 kHz y = 0,4259x + 13,735 0,479 Tabelle 12: M4 – ASSR-Aufblähkurve objektiv und subjektiv, Regressionsgeraden und Korrelationskoeffizienten Der Vergleich zwischen objektiv und subjektiv gemessener Verstärkung zeigt, dass die Korrelationskoeffizienten größer sind, als beim Vergleich mit der Insertion-Gain. Die Regressionsgeraden verlaufen steiler. Auch hier weicht die 500 Hz Gerade von den 1 kHz und 2 kHz Geraden ab. Bei 4 kHz streuen die Messpunkte weiter und die Gerade hat mit b = 0,4259 eine ähnliche Steigung wie die 500 Hz - Gerade. 50 ASSR-Aufblähkurve subjektiv [dB 45 500 Hz 40 1 kHz 35 2 kHz 30 4 kHz Linear (500 Hz) 25 Linear (1 kHz) 20 Linear (2 kHz) 15 Linear (4 kHz) 10 10 15 20 25 30 35 40 45 50 ASSR-Aufblähkurve objektiv [dB] Abbildung 53: M4 - Streudiagramm mit Regressionsgeraden, ASSR-Aufblähkurve objektiv und subjektiv, nach Frequenzen 67 Auswertung der Ergebnisse – 3.3 Anwendung der ASSR zur Hörgeräteanpassung ASSR-Aufblähkurve und ASSR-Pegel am Ohr Frequenz Regressionsgerade Korrelationskoeffizient alle y = 0,8145x + 0,5714 0,850 0,5 kHz y = 0,9393x - 1,3455 0,920 1 kHz y = 0,9448x - 1,7164 0,957 2 kHz y = 0,9553x - 4,8593 0,844 4 kHz y = 0,4x + 12 0,518 Tabelle 13: M4 – ASSR-Aufblähkurve und ASSR-Pegel am Ohr, Regressionsgeraden und Korrelationskoeffizienten Bei dem Vergleich zwischen der ASSR-Aufblähkurve und der Verringerung des ASSRSignal-Pegels am Ohr werden die steilsten Geraden und größten Korrelationskoeffizienten der Messungen zur Hörgeräteanpassung erreicht. Die 500 Hz Gerade passt bei dieser Berechnung zu den Geraden von 1 kHz und 2 kHz. Bei den Pegeln am Ohr weicht die 4 kHz Gerade von den anderen ab. Eventuell sind die Abweichungen der 500 Hz-Gerade aus den ersten beiden Streudiagrammen (Abbildung 51 und 52) auf Probleme bei den ASSR-Messungen zurückzuführen. 50 ASSR-Pegel am Ohr [dB] 45 40 500 Hz 35 1 kHz 2 kHz 30 4 kHz 25 20 Linear (500 Hz) Linear (1 kHz) 15 Linear (2 kHz) Linear (4 kHz) 10 5 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 ASSR-Aufblähkurve objektiv [dB] Abbildung 54: M4 - Streudiagramm mit Regressionsgeraden, ASSR-Aufblähkurve und ASSR-Pegel am Ohr, nach Frequenzen 68 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 3.3.3.5 Abweichung zwischen ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain vom +/-10 dB-Toleranzbereich – M4 Die mit ASSR gemessene Verstärkung soll unter Einhaltung einer gewissen Toleranz mit der Verstärkung übereinstimmen, die über anderen Verfahren ermittelt wurde. Um den Vergleich durchführen zu können, wurde die Einteilung in einen Toleranzbereich von +/- 10 dB vorgenommen. Die Auswertung zeigt, dass die ASSR-Aufblähkurve zu 80 Prozent mit den anderen Ergebnissen übereinstimmt. ASSR-Aufblähkurve und Insertion Gain 100% 80% 60% > 10 dB 0-10 dB 40% 20% 0% alle alle 500 Hz 500 Hz 1kHz 1 kHz 2kHz 2 kHz 4kHz 4 kHz Anzahl Abweichungen 0-10 dB 33 6 9 8 8 >10 dB 6 2 1 2 1 gesamt 39 8 10 10 9 Abbildung 55: M4 - Differenz ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain, eingeteilt nach Zugehörigkeit zum +/-10 dBToleranzbereich Die Übereinstimmung zwischen der ASSR-Aufblähkurve und der Insertion-Gain liegt zu 75 – 90 Prozent innerhalb des +/-10 dB Toleranzbereichs. 69 Auswertung der Ergebnisse – 3.3 Anwendung der ASSR zur Hörgeräteanpassung ASSR-Aufblähkurve, objektiv und subjektiv 100% 80% 60% > 10 dB 0 -1 0 d B 40% 20% 0% alle alle 50 0 Hz 500 Hz 1kHz 1 kHz 2 kHz 2 kHz 4 kHz 4 kHz Anzahl Abweichungen 0-10 dB 37 7 10 10 8 >10 dB 2 1 0 0 1 gesamt 39 8 10 10 9 Abbildung 56: M4 - Differenz ASSR-Aufblähkurve objektiv und subjektiv, eingeteilt nach Zugehörigkeit zum +/-10 dBToleranzbereich Die Übereinstimmung der ASSR-Aufblähkurve zwischen objektiver und subjektiver Messung liegt zu 87,5 – 100 Prozent innerhalb des +/-10 dB Toleranzbereichs. 70 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung ASSR-Aufblähkurve und ASSR-Pegel am Ohr 100% 80% 60% > 10 dB 0-10 dB 40% 20% 0% alle alle 500 Hz 500 Hz 1kHz 1 kHz 2kHz 2 kHz 4kHz 4 kHz Anzahl Abweichungen 0-10 dB 33 8 10 7 7 >10 dB 6 0 0 3 2 gesamt 39 8 10 10 9 Abbildung 57 : M4 - Differenz ASSR-Aufblähkurve und ASSR-Pegel am Ohr, eingeteilt nach Zugehörigkeit zum +/-10 dBToleranzbereich Die Übereinstimmung zwischen der ASSR-Aufblähkurve und dem ASSR-Pegel, der am Ohr gemessen wurde, liegt zu 70 – 100 Prozent innerhalb des +/-10 dB Toleranzbereichs. 71 Diskussion – 4.1 Probleme 4 Diskussion 4.1 Probleme Während der Messungen traten Probleme auf, die zum Teil technisch bedingt waren, aber auch dadurch auftraten, dass an und mit Menschen gemessen wurde. Der Mensch an sich stellt dabei immer einen Unsicherheitsfaktor dar, der nicht kalkulierbar ist. Unregelmäßigkeiten und Fehlmessungen sind die Folge. Technische Schwierigkeiten wurden immer wieder durch elektrische Einstrahlungen hervorgerufen. Vor allem bei der Messung akustisch evozierter Potentiale sind Einstrahlungen durch elektrische Geräte und Leitungen ein nicht zu unterschätzender Faktor. Besonders störend sind Röhrenmonitore und das HiPro-Interface. Die vielen fehlerhaften Messungen der ersten Messreihe, gehen wahrscheinlich auf diese elektrischen Störungen zurück. Ein störendes 50 Hz-Potential konnte erst durch den Wechsel der Elektrodenposition von Stirn zum Schlüsselbein vermindert werden (siehe Kapitel 2.1.4). Die Aufnahme der ersten Messreihe M1 wurde zusätzlich durch zahlreiche Abstürze der Prototyp-Software erschwert. Außerdem wurden die ASSR teilweise zu früh, falsch oder gar nicht erkannt. Bei der dritten Messreihe M3 existierte die verwendete Messsoftware nur als Vorab-Version, bei der die 500 Hz-ASSR Ergebnisse nicht immer sicher waren. Leider wurde ich erst später über dieses Problem in Kenntnis gesetzt. Von Messreihe zu Messreihe wurde auch die Software verbessert, so dass bei der letzten Messreihe M4 nur noch die hohe Prozessorbelastung des Evoselect-Programmes bei gleichzeitiger Insitu-Messung mit der ACAM zu Problemen führte. Bei der zweiten Messreihe M2 stand das Audera-Messgerät sehr kurzfristig zur Verfügung, so dass nur eine geringe Vorbereitung und Versuchsplanung möglich war. Während der Messreihe musste der Aufbau noch verbessert werden, deshalb konnten später die Ergebnisse der ersten Probanden nicht verwendet werden. Zu den technischen Problemen kamen auf der anderen Seite Störfaktoren hinzu, die vom Menschen verursacht wurden. Problematisch war zum Beispiel, dass die Probanden nur teilweise geschlafen haben. Besonders die ASSR ist empfindlich gegenüber Störungen durch Unruhe. Einige Probanden wurden aber wegen der insgesamt sehr langen Messdauer unruhig. Beispielsweise dauerte bei der dritten Messreihe M3 die ASSR ca. 2 Stunden und die NN-BERA 1 Stunde. Möglicherweise liegt hier eine Ursache für die etwas schlechteren Ergebnisse der ASSR gegenüber der NN-BERA. Durch die Betrachtung kurzer Zeit-Sequenzen jeweils nach dem Tonpip ist die NN-BERA stabiler. Die lange Messdauer entstand dadurch, dass die Messgenauigkeit 5 dB betrug, wie sie in der pädaudiologischen Praxis selten erreicht wird. Bei Hochtonsteilabfällen ist außerdem kein zeitlicher Vorteil durch den Multi-Reiz zu erreichen. Bei Kindern kommen dagegen meist breitbandige oder tieftönige Schwerhörigkeiten vor. Bei den Freifeldmessungen spielte auch die Raumakustik eine große Rolle. In der Forschungskabine bildeten sich stehende Wellen, welche die Pegel am Ohr veränderten und die Amplitudenmodulation des Stimulus störten. 72 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 4.2 Schlussfolgerungen Das erste Ziel der Untersuchungen galt der Feststellung, ob die ASSR-Messung zur Einschätzung der Luftleitungshörschwelle geeignet ist. Das zweite Ziel war die Klärung der Frage, ob sich Hörgeräte mit Hilfe der ASSR anpassen lassen und wenn ja, mit welchen Mitteln. Anhand den Ergebnisse der Messungen zur Korrelation zwischen ASSR-Schwellen, Luftleitungs- und NN-BERA-Potential-Schwellen (Kapitel 2.2. und 3.2) ist festzustellen, dass zwischen den ASSR und der Luftleitungsschwelle ein statistischer Zusammenhang besteht. Die Regressionsgeraden verlaufen etwas flacher als die Winkelhalbierende. Für die Praxis eignet sich eine 1 : 1 Übertragung der Schwellen. Der Großteil der ASSR-Ergebnisse trifft mit einer Toleranz von 10 dB die Luftleitungsschwelle. Der Zusammenhang zwischen ASSR und Luftleitung ist ähnlich wie zwischen NN-BERA und Luftleitung. Die ASSR ist deshalb für die Bestimmung der Hörschwelle ebenso geeignet wie die NN-BERA, die zur Zeit in Deutschland die Standard-Messung zur Hörschwellenbestimmung bei Kleinkindern ist. Bei der Einschätzung der Ergebnisse muss man dennoch immer vorsichtig sein. Es können Abweichungen auftreten, die man bei Verwendung von nur einem Messverfahren nicht bemerken würde. Man sollte sich deshalb nicht auf ein einziges Messverfahren zur Hörschwellenbestimmung bei Kindern verlassen. Mit den erwähnten Messverfahren, die in der Einleitung bereits beschrieben wurden (Kapitel 1.1), kann man die Schwelle einkreisen und bestätigen. Die ASSR erscheinen grundsätzlich zur Anpassung von Hörgeräten bzw. zur Kontrolle der Anpassung geeignet. Probleme mit stehenden Wellen ließen sich durch Verbesserung der raumakustischen Bedingungen durch schallabsorbierende Wandverkleidung und durch Insitu-Kontrolle der Pegel und Stimuli lösen. Einer praktischen Nutzung steht zur Zeit noch die lange Messdauer und die hohen Anforderungen an die akustischen Bedingungen des Messraums. Interessant ist außerdem, dass bei der Regression und der Einteilung in den Toleranzbereich verschiedene Frequenzen bei den einzelnen Verfahren abweichen. Es werden deshalb mit den verschiedenen Darstellungen und Auswertungen der Daten auch verschiedene Merkmale der Zusammenhänge untersucht (siehe z.B. Kapitel 3.3.3). Im Rückblick lässt sich feststellen, dass die ASSR-Messung viel Erfahrung erfordert. Die richtige Anwendung der Elektroden und das Erkennen und Beheben von Störungen muss praktisch geübt werden. Im Laufe der Messreihen war eine Qualitätssteigerung der Messungen zu beobachten. Die Messergebnisse wurden von Messreihe zu Messreihe immer genauer und auch nachvollziehbarer, weil Störungen eher erkannt und verhindert wurden. Die ASSR sind als Messung akustisch evozierter Potentiale im Gegensatz zur NN-BERA anfälliger gegen Störungen. Auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie 2005 in Göttingen berichtete Prof. E. Stürzebecher in bezug auf die ASSR über Probleme bei der Reizsynchronisation der Hörnerven im Tieftonbereich bei 500 Hz. Damit relativiert sich der Vorteil der ASSR gegenüber der NN-BERA etwas und es bleibt spannend, ob die ASSR für den praktischen Einsatz im Bereich der Geschwindigkeit und der Störempfindlichkeit weiterentwickelt werden. 73 Diskussion – 4.3 ASSR 4.3 Andere Untersuchungen zur frequenzspezifischen objektiven Audiometrie mit Andere Untersuchungen zur frequenzspezifischen objektiven Audiometrie mit ASSR Verschiedene Wissenschaftler sind bei der Untersuchung der ASSR-Messungen zu ähnlichen Ergebnissen gekommen, wie sie im Rahmen dieser Diplomarbeit vorliegen. Aoyagi beschreibt in „Reliability of 80-Hz Amplitude-Modulation-Following Response Detected by Phase Coherence“ [Aoya-1999] den Zusammenhang zwischen ASSR und verhaltensaudiometrischen Schwellen bei Kindern. Er zieht auch den Vergleich zu BERASchwellen mit Burst-Signalen. Aoyagi findet ähnliche Regressionsgeraden und Korrelationskoeffizienten. Picton hat Versuche zur Messung von ASSR mit Hörgeräten durchgeführt [Pict-1998]. Er kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass es möglich ist, mit ASSR Hörgeräte anzupassen. Cone-Wesson hat die ASSR mit BERA verglichen [Cone-2002]. Lins vom Rotman Research Institut in Toronto hat die ASSR zur frequenzspezifischen Audiometrie für tauglich befunden [Lins-1996]. Dimitrijevic vom Rotman Institut hat die ASSR mit dem MASTER-System mit je vier ASSR-Tönen gleichzeitig auf beiden Ohren untersucht [Dimi-2002]. Mit Herrn Wesarg aus Magdeburg hat auch eine deutsche Gruppe Versuche zur Hörgeräteanpassung mit ASSR unternommen. Es zeigt sich immer wieder, dass sowohl bei Erwachsenen als auch bei Kindern ein starker statischer, linearer Zusammenhang nachgewiesen und die Möglichkeit, Hörgeräte mit ASSR anzupassen, erprobt wurde. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen passen also zu den Veröffentlichungen vieler Wissenschaftler. 74 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 5 Ausblick 5.1 Weitere Untersuchungen – Korrelation und Hörgeräteanpassung bei Kindern Die Ergebnisse, die mit dieser Studie bei Erwachsenen festgestellt wurden, müssen noch an Kindern überprüft werden. Es laufen deshalb in der Abteilung für Phoniatrie und Pädaudiologie in der Uni-Klinik Lübeck Untersuchungen der Korrelation von ASSR und NN-BERA sowie Reaktionsschwellen an kleinen Kindern. Auch die Hörgeräteanpassung bzw. objektive Verstärkungskontrolle muss noch an Kindern erprobt werden. Im Vorfeld sind möglichst viele Probleme bei der Durchführung zu beseitigen. Ideen für einen schnelleren Messablauf müssten gefunden und umgesetzt werden. Erst mit der Erprobung der ASSR an der Zielgruppe kann ein Nutzen aus den Vorteilen der objektiveren und frequenzspezifischeren Messung gezogen werden. 5.2 Wege in die Praxis — Nutzen für den Hörgeräteakustiker Die ASSR-Messung könnte mit ausreichender Übung und Erfahrung auch Anwendung beim Hörgeräteakustiker finden. Die Durchführung muss wegen der Sedierung der Kinder allerdings immer unter ärztlicher Aufsicht geschehen. Es ist deshalb eine Kooperation zwischen HNO-Ärzten, Pädaudiologen und Pädakustikern nötig. Wenn Hörgeräteakustiker durch ASSR-Messungen genaue und frequenzspezifischere Hörschwellen-Daten von Pädaudiologen und Kliniken bekommen, sind bessere Hörgeräteanpassungen bei kleinen Kindern möglich. In naher Zukunft könnten die ASSR an Bedeutung gewinnen, da die ASSR in Deutschland an der Schwelle zur praktischen Verwendung in Klinik und Pädaudiologie stehen. In den USA werden sie heute schon regelmäßig eingesetzt . Für die Hörgeräteanpassung mit ASSR wäre es außerdem sinnvoll, wenn der Stimuli direkt aus dem Hörgerät kommen würde. Raumakustische Störungen durch Nachhall oder Störschall würden dadurch minimiert. Die Hörgeräteverstärkung könnte mit einer Art OnlineInsitu-Audiometer durch ASSR kontrolliert und eingestellt werden. Für solch ein Projekt ist ebenfalls eine gute Zusammenarbeit zwischen Ärzten, Pädaudiologen und Pädakustikern nötig. 75 Anhang – 6.1 Abkürzungen 6 Anhang 6.1 Abkürzungen AEP Akustisch evozierte Potentiale AMFR Amplitude Modulation Following Response BERA Brainstem Electrical Response Audimetry NN-BERA Notched-Noise-BERA FAEP Frühe akustisch evozierte Potentiale MAEP Mittellatente akustisch evozierte Potentiale SAEP Späte akustisch evozierte Potentiale LL Luftleitung KL Knochenleitung U-Schwelle Unbehaglichkeitsschwelle OEG Open ear gain = Verstärkung des offenen Ohres 76 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 6.2 Literaturverzeichnis [Aoya-1999]: Aoyagi M, Suzuki Y, Yokota M, Furuse H, Watanabe T, Ito T, Reliability of 80Hz Amplitude-Modulation-Following Response Detected by Phase Coherence, Audiology Neuro-Otology: 4 :28-37, 1999 [Cone-2002]: Cone-Wesson B, Dowell RC, Tomlin D, Rance G, Ming WJ, The auditory steady-state response: comparison with the auditory brainstem response, Journal of the American Academy of Audiology: 13 :173-187, 2002 [DGPP-2003]: Wiesner T, Bohnert A, Massinger C, Konsenspapier der DGPP zur HörgeräteVersorgung bei Kindern, verabschiedet auf der DGPP-Jahrestagung am 12.9.2002 in Erlangen, Version 1.1 vom 30.3.2003, [Dimi-2002]: Dimitrijevic A, John MS, van Roon P et al., Estimating the audiogram using multiple auditory steady-state responses, Journal of the American Academy of Audiology: 13 :205-224, 2002 [Flei-2002]: Fleischer S, Hess M, Besonderheiten der Hörgeräteversorgung im Säuglings-, Kleinkind- und Vorschulalter, HNO: 50 :501-510, 2002 [Fried-2000]: Friedrich G, Bigenzahn W, Zosowka P, Phoniatrie und Pädaudiologie 2., vollst. überarb. und erw. 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Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Audiologie in Leipzig: :, 2004 [wiki-1]: diverse Authoren, Wikipedia - die freie Enzyklopädie, http://de.wikipedia.org/wiki/Mittelwert, 12.09.2005 [wiki-2]: diverse Authoren, Wikipedia - die freie Enzyklopädie, Standardabweichung, http://de.wikipedia.org/wiki/Standardabweichung, 12.09.2005 78 Mittelwert, Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung 6.3 Abbildungsverzeichnis Nr. Abbildungstitel 1 Schematische Darstellung der neuronalen Verschaltung des auditiven Systems 2 Schema – Hirnstammpotentiale [Lehn-2000] 3 Klick-BERA, Stimulus im Zeitbereich und Frequenzbereich. Erzeugt mit Evoselect von Pilot-Blankenfelde, gemessen mit ACAM5 von Acousticon. Darstellung mit Software Wavelab von Steinberg 4 Antwort der einzelnen Hörnerven auf einen Klick, [Kiang-1975] 5 Idealisierte Reizantworten, [Lehn-2000] 6 Notched-Noise-BERA Stimulus [Lehn-2000] 7 NN-BERA-Auswertung, aus Evoselect Software, Pilot-Blankenfelde 8 Das ASSR Signal, Pilot-Blankenfelde 9 ASSR - Reizantwort, Prüffrequenz: 1 kHz, Modulationsfrequenz: 80 Hz, Pilot-Blankenfelde 10 Komplexes Kreisdiagramm zur Amplituden- und Phasenauswertung, Evoselect, Pilot-Blankenfelde 11 ASSR-Softwareoberfläche, Evoselect, Pilot-Blankenfelde 12 Spezielles ASSR Signal AM3MF2 nach Prof. Stürzbecher 13 Proband auf der Liege 14 Vorab-Version der Evoselect-Software von Pilot-Blankenfelde 15 Versuchsaufbau M2, während der Kalibrierung der Insitu-Sonde 16 Versuchsanordnung zur Messung der ASSR im Freifeld mit Hörgerät unter Kontrolle des akustischen Signals durch Insitu-Sonden-Messung 17 ASSR-Stimulus zu sehen auf der ACAM5-Programmoberfläche 18 Messaufbau M4, Kalibrierung 19 M1 – Audiogramm Normalhörende 20 M1 – Audiogramm Schwerhörige 21 M1 – Differenz, Luftleitung–ASSR, Mittelwerte und Standardabweichungen, Normalhörende 22 M1 – Differenz, Luftleitung–ASSR, Mittelwerte und Standardabweichungen, Schwerhörige 23 M1 – Streudiagramm mit Regressionsgeraden, Luftleitung und ASSR, alle Frequenzen 24 M1 – Streudiagramm mit Regressionsgeraden, Luftleitung und ASSR, Auswahl, nach Frequenzen aufgeteilt 25 M1 – Abweichungen vom 10dB-Toleranzbereich in Prozent 26 M3 – Mittelwerte und Standardabweichungen der Luftleitung, ASSR und NNBERA 79 Anhang – 6.3 Abbildungsverzeichnis Nr. Abbildungstitel 27 M3 – Schwellendifferenzen NN-BERA und Luftleitung, Mittelwerte und Standardabweichungen 28 M3 - Schwellendifferenzen ASSR und Luftleitung, Mittelwerte und Standardabweichungen 29 M3 – Schwellendifferenzen ASSR und NN-BERA, Mittelwerte und Standardabweichungen 30 M3 – NN-BERA und Luftleitung, Streudiagramm mit Regressionsgerade und Toleranzbereich 31 M3 – NN-BERA und Luftleitung, Streudiagramm mit Regressionsgeraden aufgeteilt nach Frequenzen 32 M3 – ASSR und Luftleitung, Streudiagramm mit Regressionsgerade und Toleranzbereich 33 M3 – ASSR und Luftleitung, Streudiagramm mit Regressionsgeraden aufgeteilt nach Frequenzen 34 M3 – ASSR und NN-BERA, Streudiagramm mit Regressionsgerade 35 M3 – ASSR und NN-BERA, Streudiagramm mit Regressionsgeraden aufgeteilt nach Frequenzen 36 M3 – NN-BERA und Luftleitung, Abweichungen vom 10dB-Toleranzbereich 37 Vergleich ASSR mit Luftleitung, Abweichung nach Bereichen 38 Vergleich ASSR mit NN-BERA, Abweichung nach Bereichen 39 ASSR-Signalverarbeitung im Hörgerät, ASSR-Signal vor (unten) und nach dem Hörgerät (oben) 40 ASSR-Signalverarbeitung im Hörgerät, FFT des ASSR-Signals vor (unten) und nach dem Hörgerät (oben) 41 Durchlaufzeiten durch Signia-HdO in ACAM5 42 Audiogramm von Proband 5, Luftleitungsschwelle, Anpassziel: HV/2 der Luftleitungs-Hörschwelle, ASSR-Schwellen über Einsteckhörer, Freifeld und Freifeld mit Hörgerät und aus Luftleitungs-Hörschwelle und Insitu-SondenMessung umgerechnete Schwellen 43 Mittelwerte und Standardabweichungen der Differenz zwischen ASSRAufblähkurve und Insertion-Gain - M2 44 M2 – Streudiagramm mit Regressionsgeraden, ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain, alle Frequenzen 45 M1 – Streudiagramm mit Regressionsgeraden, ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain, nach Frequenzen aufgeteilt 46 Differenz ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain eingeteilt nach Zugehörigkeit zum +/-10 dB-Toleranzbereich 47 M4 – Audiogramme, Mittelwerte und Standardabweichungen 48 M4 – Verstärkungsdifferenzen, Mittelwerte und Standardabweichungen, ASSR-Aufblähkurve und Insertion Gain 80 Evaluierung der Auditory Steady State Response und Anwendbarkeit in der Hörgeräteanpassung Nr. Abbildungstitel 49 M4 – Verstärkungsdifferenzen, Mittelwerte, Standardabweichungen, ASSRAufblähkurve, objektiv und subjektiv 50 M4 – Verstärkungsdifferenzen, Mittelwerte, Standardabweichungen, ASSRAufblähkurve und ASSR-Pegel am Ohr 51 M4 – Streudiagramm mit Regressionsgeraden, ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain, ASSR-Aufblähk. subj., ASSR-Pegel am Ohr, gesamt 52 M4 – Streudiagramm mit Regressionsgeraden, ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain, nach Frequenzen 53 M4 – Streudiagramm mit Regressionsgeraden, ASSR-Aufblähkurve objektiv und subjektiv, nach Frequenzen 54 M4 – Streudiagramm mit Regressionsgeraden, ASSR-Aufblähkurve und ASSR-Pegel am Ohr, nach Frequenzen 55 M4 – Differenz ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain, eingeteilt nach Zugehörigkeit zum +/-10 dB-Toleranzbereich 56 M4 – Differenz ASSR-Aufblähkurve objektiv und subjektiv, eingeteilt nach Zugehörigkeit zum +/-10 dB-Toleranzbereich 57 M4 – Differenz ASSR-Aufblähkurve und ASSR-Pegel am Ohr, eingeteilt nach Zugehörigkeit zum +/-10 dB- Toleranzbereich Text 1: Technische und audiometrische Voraussetzungen, Th. Wiesner, Konsenspapier der DGPP zur Hörgeräte-Versorgung bei Kindern, Stand 30.3.2003 Text 2: Erfolgskontrolle im Rahmen der Hörgeräte-Anpassung bei Kindern, Th. Wiesner, Konsenspapier der DGPP zur Hörgeräte-Versorgung bei Kindern, Stand 30.3.2003 81 Anhang – 6.4 Tabellen- und Formelverzeichnis 6.4 Nr. 82 Tabellen- und Formelverzeichnis Tabellen- / Formeltitel 1 M1 – Mittelwerte und Standardabweichungen Audiogramme 2 M1 – Luftleitung und ASSR, Regressionsgeraden und Korrelationskoeffizienten, Auswahl nach Frequenzen 3 M3 – Mittelwerte und Standardabweichungen der Luftleitung, ASSR und NN-BERA 4 M3 – NN-BERA und Luftleitung, Regressionsgeraden und Korrelationskoeffizienten, Auswahl 5 M3 – NN-BERA und Luftleitung, Regressionsgeraden und Korrelationskoeffizienten, Auswahl nach Frequenzen 6 M3 – NN-BERA und ASSR, Regressionsgeraden und Korrelationskoeffizienten, Auswahl nach Frequenzen 7 Messwerte Proband 5 8 M2 - Mittelwerte und Standardabweichungen der Differenz zwischen ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain 9 M2 – ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain, Regressionsgeraden und Korrelationskoeffizienten, nach Frequenzen 10 Mittelwert und Standardabweichung Messreihe 4 11 M4 – ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain, Regressionsgeraden und Korrelationskoeffizienten 12 M4 – ASSR-Aufblähkurve objektiv und subjektiv, Regressionsgeraden und Korrelationskoeffizienten 13 M4 – ASSR-Aufblähkurve und ASSR-Pegel am Ohr, Regressionsgeraden und Korrelationskoeffizienten 14 M4 – Differenz ASSR-Aufblähkurve und Insertion-Gain, eingeteilt nach Zugehörigkeit zum +/-10 dB-Toleranzbereich F1 arithmetischer Mittelwert F2 Standardabweichung F3 Regressionskoeffizient F4 Korrelationskoeffizient