Elektromagnetische Wellen in Materie

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Elektromagnetische Wellen in Materie
Die Ausbreitung von elektromagnetischen Wellen in Materie kann ähnlich
zur Ausbreitung im Vakuum formuliert werden, indem man die Eigenschaften
der Materie pauschal mit den Konstanten ε und μ in den Maxwellgleichungen
berücksichtigt.
ε und μ ändern die Ausbreitungsgeschwindigkeit und Wellenlänge.
Aufgrund der atomaren Struktur der Materie werden ε und μ frequenzabhängig.
Beim Übergang einer Welle durch die Grenzfläche zwischen zwei Medien mit
unterschiedlichen Konstanten tritt Reflexion und Brechung auf.
Man verwendet üblicherweise den Brechungsindex n =
εμ
anstatt von
ε und μ. Der Brechungsindex ist auch frequenzabhängig (→ Dispersion).
Zusätzlich kann Absorption stattfinden.
246
Atomares Modell für ε
Die dielektrische Verschiebungsdichte D in Materie setzt sich zusammen aus
der äußeren Feldstärke E0 und der Polarisation P
r
r
r
r
D = ε ε 0 E = ε 0 E0 + P
Jedes Atom ist ein Dipol mit einer
Eigenfrequenz.
Bei langsamen Änderungen von E
folgt es der äußeren Feldstärke.
–+
–+
–+
–+
–+
–+
–+
–+
–+
–+
–+
–+
–+
–+
r
E0
–+
–+
–+
–+
–+
–+
–+
–+
–+
–+
–+
–+
–+
–+
–+
–+
–+
–+
–+
–+
–+
Bei Frequenzen nahe der Eigenfrequenz ändert sich die Phase der
erzwungenen Schwingung von 0° auf –180°.
Jedes Atom emittiert wieder eine Welle, die zur äußeren Welle wegen der
Phasenverschiebung verzögert ist.
Dies führt zur Verlangsamung der Welle beim Durchgang durch Materie
247
Wegen der Frequenzabhängigkeit nennt man ε auch Dielektrische Funktion
ε(ω).
Die Frequenzabhängigkeit wird erst im Bereich der Lichtfrequenzen relevant.
Durch die Kopplung der Welle an die gedämpften Schwingungen der Dipole
geht der Welle Energie verloren → Absorption
Dieser Effekt kann durch einen zusätzlichen Imaginärteil bei ε(ω)
berücksichtigt werden.
Bei komplexem ε ist E-Feld und B-Feld nicht mehr in Phase zueinander
Die Atome besitzen mehrere Eigenfrequenzen, sodass die Dielektrische
Funktion im Allgemeinen eine komplizierte Frequenzabhängigkeit besitzt
248
Phasengeschwindigkeit im Medium
In einem Material mit den Materialkonstante ε und μ erhält man aus den
Maxwellgleichungen
r
r
∂B
rot E = −
∂t
r
div E = 0
r
r
∂E
rot B = μμ 0εε 0
∂t
r
div B = 0
die Phasengeschwindigkeit
c=
1
μμ 0εε 0
1
d.h. die Lichtgeschwindigkeit ist um den Faktor
Vakuum (c0):
c=
με
langsamer als im
c0
με
249
Brechungsindex
Außer bei ferromagnetischen Materialien ist μ ≈ 1. Es spielt daher für den
Brechungsindex keine wichtige Rolle. (Ferromagnetische Materialien sind
metallisch und daher i.A. undurchsichtig).
Der Brechungsindex ist definiert als
n = με ≈ ε
Die Phasengeschwindigkeit von Licht in Material mit dem Brechungsindex n
ist
c=
c0
n
Da die Phasengeschwindigkeit gleich dem Verhältnis aus ω und k ist,
verkürzt sich die Wellenlänge im Medium
c=
c0 ω
=
n k
⇒
λ=
2π 2π c 2π c0 1
1
=
=
= λ0
ω n
k
ω
n
250
Wellen an Grenzflächen
Trifft eine Welle auf eine Grenzfläche zwischen zwei Medien mit
unterschiedlichem Brechungsindex, wird sie teilweise reflektiert und teilweise
gebrochen.
Der Brechungswinkel ergibt sich wegen der Änderung der Wellenlänge:
Ohne Brechung passen die Phasen
an der Grenzfläche nicht.
251
Die atomaren Dipole an der Grenzfläche werden von der einfallenden Welle
mit der Frequenz ω angeregt und schwingen mit dieser Frequenz mit.
Sie strahlen nach innen (Brechung) und außen (Reflektion) mit der gleichen
Frequenz ω ab.
Innen ist die Wellenlänge kürzer. Die Überlagerung aller abgestrahlten Wellen
ergibt eine ebene Welle in anderer Richtung.
λ1
n1
n2
λ2
α1
d
d sin α1 = λ1
α2
d sin α 2 = λ2
λ2 sin α1 = λ1 sin α 2
252
Die Phasen der äußeren und inneren Welle passen also an der Grenzfläche
nur dann zusammen, wenn
λ2 sin α1 = λ1 sin α 2
λ0
n2
sin α1 =
Mit der Wellenlänge
λ0
n1
λ0
sin α 2
im Vakuum.
Für die Winkel folgt
n1 sin α 2
=
n2 sin α1
Snelliussches Brechungsgesetz
Beim Übergang in ein Medium mit höherem Brechungsindex, ändert sich
die Ausbreitungsrichtung zum Lot hin (α wird kleiner, wenn n größer wird.)
253
Auch die reflektierte Welle muss an der Grenzfläche die passenden Phasen
zur einfallenden Welle haben
Wegen
λ1 sin α1 = λ1 sin α 2
ergibt sich „Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel“
α1 α 2
n1
α1 = α 2
254
Stetigkeitsbedingungen an der Grenzfläche für E und B
Die Maxwellgleichungen in Materie besagen, dass
r
div D = ρ
An der Grenzfläche ist keine Ladung vorhanden, so dass die Ableitung
in der Richtung senkrecht zur Oberfläche gleich Null ist.
∂Dz
=0
∂z
z
Also ändert sich Dz nicht beim
Durchtritt durch die Grenzfläche.
Da sich ε sprunghaft ändert, muss sich Ez ebenfalls sprunghaft ändern
Dz = εε 0 E z = const
ε 1 E z1 = ε 2 E z 2
255
Die Komponente des elektrischen Feldes senkrecht zur Oberfläche E⊥ ist
unstetig.
Aus der Maxwell-Gleichung
r
r
∂B
rot E = −
∂t
lässt sich herleiten, dass die Komponente des elektrischen Feldes parallel
zur Grenzfläche E|| stetig ist.
Beim Magnetfeld ist es umgekehrt:
Aus der Maxwell-Gleichung
r
div B = 0
leitet man ganz analog her, dass die Komponente B⊥ stetig sein muss.
∂Bz
=0
∂z
⇒
Bz = const.
256
Aus der Maxwell-Gleichung
r
r ∂D
rot H =
∂t
folgt, dass die Komponente von H parallel zur Grenzfläche H|| stetig sein muss.
Da B mit H über die Beziehung
Bz = μμ 0 H z = const
verknüpft ist, muss B|| einen Sprung an der Grenzfläche machen, um den
Sprung von μ auszugleichen.
Zusammenfassung:
stetig:
D⊥
E||
B⊥
H||
unstetig:
E⊥
D||
H⊥
B||
257
Amplituden der reflektierten und gebrochenen Wellen
Aus den Stetigkeitsbedingungen können nun die Amplituden der reflektierten
und der gebrochenen Wellen hergeleitet werden.
Daraus erhält man die Reflexions- und Transmissionskoeffizienten
(Fresnel‘schen Formeln).
z
Einfallsebene
y
Grenzfläche
x
258
Parallel- und senkrecht polarisiertes Licht
r
Licht mit Polarisation parallel zur Einfallsebene E = ( E x ,0, E z )
r
und solches mit Polarisation senkrecht zur Einfallsebene E = (0, E y ,0)
beeinflussen sich nicht gegenseitig an der Grenzfläche. Man kann also jede
beliebig polarisierte Welle in diese zwei Anteile zerlegen und diese separat
berechnen.
z
Einfallsebene
y
Grenzfläche
x
259
Schreibt man die elektrische und magnetische Feldstärke des Wellenfeldes
als Summe aus einfallender, reflektierter und gebrochener Welle,
r r i (ωt − kr ⋅ rr ) r i (ωt − kr ⋅ rr ) r i (ωt − krg ⋅ rr )
e
r
E = Ae e
+ Ar e
+ Ag e
dann müssen für die Feldstärken an der Grenzfläche die Stetigkeitsbedingungen erfüllt sein.
Eex + Erx = E gx
H ex + H rx = H gx
Eey + Ery = E gy
H ey + H ry = H gy
Unter Verwendung des Brechungsgesetzes lassen sich aus diesen
Bedingungen (nach längerer Rechnung) die Fresnelschen Formeln herleiten:
Man bezeichnet das Amplitudenverhältnis von einfallender zu reflektierten
Welle als Reflexionskoeffizent r und das Amplitudenverhältnis von einfallender
zu gebrochener Welle als Transmissionskoeffizienten t.
260
Fresnelsche Formeln
Für senkrecht polarisiertes Licht ergibt sich
r=
Ar n1 cos α1 − n2 cos α 2
sin(α1 − α 2 )
=−
=
sin(α1 + α 2 )
Ae n1 cos α1 + n2 cos α 2
At
2n1 cos α1
2 sin(α 2 ) cos(α1 )
=
=
t=
Ae n1 cos α1 + n2 cos α 2
sin(α1 + α 2 )
Für parallel polarisiertes Licht ergibt sich
Ar n2 cos α1 − n1 cos α 2
tan(α1 − α 2 )
r=
=
=−
tan(α1 + α 2 )
Ae n2 cos α1 + n1 cos α 2
t=
At
2n1 cos α1
2 sin(α 2 ) cos(α1 )
=
=
Ae n2 cos α1 + n1 cos α 2 sin(α1 + α 2 ) cos(α1 − α 2 )
261
Reflexions- und Transmissionsvermögen
Die Amplitudenverhältnisse r und t geben nicht den Anteil der reflektierten
bzw. transmittierten Intensität an.
Das Intensitätsverhältnis aus reflektierter zu einfallender Intensität ist das
Reflexionsvermögen R
I r Ar2
R = = 2 = r2
I e Ae
Beim Transmissionsvermögen muss
berücksichtigt werden, dass der
gebrochene Strahl eine größere
Fläche beleuchtet. Man erhält:
I g cos α 2
n2 cos α 2 Ag2
n2 cos α 2 2
T=
t
=
=
2
I e cos α1 n1 cos α1 Ae
n1 cos α1
breiter !
262
Reflexionsvermögen
Beispiel Grenzfläche zwischen Luft (n1=1) und Glas (n2=1.5)
Brewster
Winkel
s-pol
p-pol
senkrechter
Einfall
streifender
Einfall
263
Transmissionsvermögen
Beispiel Grenzfläche zwischen Luft (n1=1) und Glas (n2=1.5)
p-pol
s-pol
Brewster
Winkel
senkrechter
Einfall
streifender
Einfall
264
Senkrechter Einfall:
Bei senkrechtem Einfall ist parallel und senkrecht polarisiertes Licht äquivalent.
Das Reflexionsvermögen ist
⎛ n1 − n2 ⎞
⎟⎟
R = ⎜⎜
⎝ n1 + n2 ⎠
2
Bei Übergang von Luft (n = 1.0) in Glas (n = 1.5) ist R = 0.04.
Es werden 4% der Intensität reflektiert.
Beim Übergang von Glas in Luft ergibt sich der selbe Wert.
Licht das senkrecht durch eine Glasscheibe fällt wird zu jeweils 4% an der
Vorderseite und Rückseite der Glasscheibe reflektiert.
Streifender Einfall:
Bei extrem streifendem Einfall werden 100% der Intensität reflektiert.
265
Brewsterwinkel:
Für parallel polarisiertes Licht gibt es einen Winkel, bei dem kein Licht
reflektiert wird, den Brewsterwinkel.
α B = arctan
n2
n1
Die an der Oberfläche schwingenden atomaren Dipole emittieren nicht
entlang ihrer Achse:
Keine longitudinale Welle möglich.
Keine Emission der Dipole in diese
Richtung
αB
90°
266
Totalreflexion:
Fällt Licht aus einem optisch dichteren (n1) in ein optisch dünneres Medium
(n2<n1), dann gibt es einen Winkel αg so dass für Winkel α1>αg das Licht
vollständig in das dichtere Medium zurückreflektiert wird.
Wegen
sin α1 =
n2
n
sin α 2 < 2 ⋅1 = sin α g
n1
n1
folgt
α g = arcsin
n2
n1
Brechung
n2
n1
αg
Totalreflexion
Grenzwinkel
teilweise
Reflexion
267
Reflexion an Metalloberflächen:
Metalle sind in der Regel stark absorbierend für sichtbares Licht.
Die Absorption beschreibt man durch einen komplexen Brechungsindex
n~ = n + iκ
Für das Reflexionsvermögen bei senkrechtem Einfall von Luft (n=1) in
Metall gilt analog
2
2
1 − n~
1 − ( n + iκ )
(1 − n) 2 + κ 2
R=
=
=
~
1+ n
1 + ( n + iκ )
(1 + n) 2 + κ 2
Beispiele:
Kupfer
Silber
Gold
λ
n
κ
R
500 nm
1.03
2.78
0.65
1000 nm
0.147
6.93
0.99
500 nm
0.17
2.94
0.93
1000 nm
0.13
6.83
0.99
500 nm
0.84
1.84
0.50
1000 nm
0.18
6.04
0.98
268
Doppelbrechung
Es gibt durchsichtige Materialien, bei denen die Polarisierbarkeit in
verschiedenen Richtungen des Kristallgitters unterschiedlich ist.
(z.B. Kalkspat CaCO3) Ursache sind Asymmetrien in der Kristallstruktur.
Je nach Polarisation der einfallenden Strahlung ist die Wechselwirkung
mit dem Material unterschiedlich und damit ε und n unterschiedlich.
Dadurch werden unterschiedlich polarisierte Strahlen unterschiedlich
gebrochen.
Ein unpolarisierter Strahl wird in zwei Strahlen mit verschiedener
Polarisation aufgespalten → Doppelbrechung
269
λ/4 - Plättchen
Bei geeigneter Ausbreitungsrichtung des Lichtes bezüglich der Kristallrichtung
laufen die beiden unterschiedlich polarisierten Strahlen in die selbe Richtung,
aber mit unterschiedlicher Geschwindigkeit.
Wählt man die Dicke einer Kalkspatplatte so, dass nach Durchlaufen beide
Strahlen einen Phasenunterschied von λ/4 haben, dann wird aus linear
polarisiertem Licht vor der Platte zirkular-polarisiertes Licht hinter der Platte.
schneller Anteil
der Welle
r
E
t=0
r
E
T/8
T/8
3/8 T
langsamer Anteil
der Welle
T/4
3/8 T
Linear polarisiert vor dem Kristall
zirkular polarisiert hinter dem Kristall
269b
Erzeugung von polarisiertem Licht mit doppelbrechendem Prisma
Schneidet man einen doppeltbrechenden Körper so, dass der eine von beiden
Strahlen durch Totalreflexion beim Austritt abgelenkt wird, dann verbleibt ein
vollständig polarisierter Strahl.
polarisierter Strahl
Verklebt
Bei hohen Laserintensitäten werden solche Polarisatoren verwendet, da
Anisotrop absorbierende Polarisatoren durch die hohe Lichtleistung im
Laserstrahl verbrennen.
270
Optische Aktivität
Lösungen von chiralen Molekülen können die Polarisationsebene einer
Lichtwelle drehen.
Chirale Moleküle sind spiralförmig aufgebaut und kommen rechtsdrehend
und linksdrehend vor (Milchsäure, Zucker, etc.).
Die Substanzen werden als optisch aktiv bezeichnet.
r
E
Ausbreitungsrichtung
Länge sehr groß gegen die Wellenlänge
Der Winkel, um den die Polarisationsebene gedreht wird, ist proportional
zur Konzentration und durchlaufenen Länge.
271
Spannungsdoppelbrechung
Die Symmetrie eines Kristallgitters wird durch Verspannungen reduziert.
Weil die Polarisierbarkeit dadurch in verschiedenen Richtungen
unterschiedlich wird entsteht Doppelbrechung.
Kraft
Die Verspannungen in einem durchsichtigen Werkstück können durch
diesen Effekt sichtbar gemacht werden.
272
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