Elementare Zahlentheorie

Werbung
L. G. Lucht
Elementare Zahlentheorie
Technische Universitat Clausthal
Institut fur Mathematik
SS 1998
Als Manuskript vervielfaltigt
ii
In dieser Ausarbeitung ist eine Auswahl von Problemen, Methoden und Resultaten aus Vorlesungen uber elementare Zahlentheorie dargestellt, die ich einige Male an der Technischen
Universitat Clausthal gehalten habe. Im Sommersemester 1994 hatte ich die Vorlesung wie
folgt eingeleitet:
In manchen Kreisen gilt es als schick, von Mathematik moglichst wenig zu verstehen. Ein
"sehr
hilfreiches Argument besteht darin zu sagen, da Mathematik in der Praxis ziemlich
unnutz sei. In manchen Mathematikerkreisen gilt es als schick, von Zahlentheorie moglichst
wenig zu verstehen. Ein sehr hilfreiches Argument besteht darin zu sagen, da Zahlentheorie
in der Praxis ziemlich unnutz sei. Ich biete meine Vorlesung fur alle diejenigen an, denen mehr
an Erkenntnissen als am Schicksein liegt.\
Fur die U berlassung der LATEX Version seiner Mitschrift der Vorlesung und viefaltige Unterstutzung bei der Umsetzung des Manuskripts sowie fur das Korrekturlesen bin ich Herrn
Dipl.-Math. Martin Traupe zu besonderem Dank verpichtet.
iv
Inhaltsverzeichnis
1 Probleme der Zahlentheorie
1
1.1 Beispiele im Dutzend . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1.2 Versuch einer Gliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
1.3 Aufgaben und Losungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
2 Der Euklidische Algorithmus
11
2.1 Teilbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11
2.2 Primfaktorzerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
14
2.3 Lineare diophantische Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
3 Restklassenringe
17
3.1 Denition und grundlegende Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
17
3.2 Prime Restsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
4 Polynomkongruenzen
23
4.1 Lineare Kongruenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
23
4.2 Nichtlineare Kongruenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
25
5 Quadratische Kongruenzen
29
5.1 Das Legendre-Symbol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
29
5.2 Die Erganzungssatze und das Gausche Lemma . . . . . . . . . . . . . . . . .
32
5.3 Das quadratische Reziprozitatsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34
v
6 Summen von Quadraten
37
6.1 Summen von zwei Quadraten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
37
6.2 Summen von vier Quadraten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
39
7 Arithmetische Funktionen
43
7.1 Die Dirichletsche Faltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43
7.2 Additive und multiplikative Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
45
7.3 Beispiele und Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
47
8 Elementare analytische Techniken
49
8.1 Partielle Summation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
49
8.2 Die Landauschen Symbole . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51
8.3 Elementare asymptotische Formeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
52
8.4 Die mittlere Groenordnung einiger arithmetischer Funktionen . . . . . . . .
54
9 Elementare Ergebnisse zur Primzahlverteilung
59
9.1 Die Abschatzungen von Chebyshev . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
59
9.2 Die Funktionen # und . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
61
9.3 Ein Satz von Mertens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
63
10 Der Dirichletsche Primzahlsatz
67
10.1 Restklassencharaktere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
67
10.2 Quantitative Version des Dirichletschen Satzes . . . . . . . . . . . . . . . . .
71
10.3 Dirichletsche L-Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
72
10.4 Beweis von Satz 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75
11 Partitionen
79
11.1 Partitionsfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
79
11.2 Erzeugende Potenzreihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
81
11.3 Der Euler-Legendresche Pentagonalzahlensatz . . . . . . . . . . . . . . . . . .
83
11.4 Das asymptotische Verhalten von log p(n) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
86
vi
Kapitel 1
Probleme der Zahlentheorie
Dieser Kapitel beschreibt einige Probleme der Zahlentheorie, ihre Herkunft und ihre Entwicklung.
1.1 Beispiele im Dutzend
Arithmetische und geometrische Probleme sind zum Teil sehr alt. Sie entstanden in den babylonischen und griechischen Hochkulturen aus praktischen Bedurfnissen wie etwa Landvermessung, Zeiteinteilung, Handel, Religion. Die Mathematik des Altertums (ca. 2000 v. Chr.
bis 1000 n. Chr.) hat sie zumeist oen hinterlassen. Immerhin wurde die wissenschaftliche
Vorgehensweise, bestehend aus Beobachtung, Untersuchung, Formulierung von Gesetzmaigkeiten, Zuruckfuhrung auf Bekanntes (Beweis), im Altertum entwickelt. Die Mathematik des
Mittelalters (ca. 1000 bis 1600) ist im wesentlichen durch Stagnation gekennzeichnet. Mit der
Entwicklung der Innitesimalrechnung beginnt ab ca. 1600 die Mathematik der Neuzeit.
Beispiel 1. Man beobachtet 32 + 42 = 52 , 52 + 122 = 132 , 72 + 242 = 252 , 82 + 152 =
172 : : : Die geometrische Deutung, die in den Lehrsatz des Pythagoras (ca. 580 - 500 v. Chr.)
einmundet, ist schon viel fruher bekannt. So nden sich auf babylonischen Keilschrifttafeln
(ca. 1800 v. Chr.) bereits die ersten 15 pythagoraischen Tripel x y z 2 mit x2 + y2 = z 2 . Die
formelmaige Bestimmung aller dieser Tripel war jedenfalls Euklid (ca. 300 v. Chr.) bekannt:
(x y z ) ist pythagoraisches Tripel von naturlichen Zahlen x y z genau fur
N
x = 2dmn y = d(m2 ; n2) z = d(m2 + n2 )
(d m n 2 m > n)
N
bis auf Vertauschung von x y.
Beispiel 2. In den Bereich der Zahlenmystik gehoren die vollkommenen Zahlen. Dabei heit
die naturliche Zahl n vollkommen, wenn n gleich der Summe aller echten naturlichen Teiler von
n ist. Man veriziert leicht, da etwa 6 28 496 8128 vollkommen sind die nachste vollkommene Zahl ist 33 550 336. Die Bestimmung aller vollkommenen Zahlen ist das alteste Problem
1
2
Kapitel 1. Probleme der Zahlentheorie
der Mathematik. In den Bucher Euklids steht mit Beweis: Wenn p = 2k+1 ; 1 Primzahl ist,
so ist n = 2k p vollkommen. Euler (1707 - 1783) zeigte: Ist n gerade und vollkommen, so gilt
n = 2k (2k+1 ; 1) mit einer Primzahl p = 2k+1 ; 1. Man wei bis heute nicht, ob es endlich oder
unendlich viele Primzahlen der Gestalt 2m ; 1 gibt. (sogenannte Mersennesche Primzahlen).
Leicht zu sehen ist aber, da 2m ; 1 nur prim sein kann, wenn der Exponent m Primzahl
ist. Ungerade vollkommene Zahlen sind unbekannt, ihre Nichtexistenz ist aber unbewiesen.
Die nach Mersenne (1588 - 1648) benannten Primzahlen der Form 2m ; 1 halten regelmaig
den Weltrekord der groten bekannten Primzahlen. Die derzeit grote ist 23 021 377 ; 1, ein
Zahl mit 909 526 Dezimalstellen, die 1998 von Clarkson, Woltman, Kurowski et. al. gefunden
wurde.
Eine ahnlich mystische Herkunft haben die befreundeten Zahlen. Dabei heien naturliche Zahlen m n befreundet, wenn die Summe der echten naturlichen Teiler von m gleich n und die
Summe der echten naturlichen Teiler von n gleich m ist. Vollkommene Zahlen sind stets mit
sich selbst befreundet. Das kleinste Paar verschiedener befreundeter Zahlen ist 220 284. Die
Bibel berichtet (Genesis XXXII, 14) da Jakob dem Esau zum Zeichen der Versohnung 220
Schafe und 220 Ziegen schenkte. Von der Erwiderung des Freundschaftsgeschenks ist leider
nichts u berliefert. Ein Analogon zu Euklids Regel stellt die Regel des Thabit (1256 - 1321)
dar: Sind die drei Zahlen p = 3 2k;1 ; 1, q = 3 2k ; 1 und r = 9 22k;1 ; 1 fur ein k 2
mit k > 1 prim, so sind m = 2k pq und n = 2k r befreundet.
N
Beispiel 3. Drei bekannte, ursprunglich geometrische Probleme der Antike betreen
a) die Trisektion (Winkeldreiteilung),
b) das Delisches Problem (Wurfelverdopplung),
c) die Kreisquadratur (U berfuhrung in ein achengleiches Quadrat),
und zwar mittels Zirkel und Lineal als Konstruktionswerkzeug.
Alle drei Probleme konnten im Altertum nicht gelost werden. Erst in der mathematischen
Neuzeit stellte sich deren prinzipielle Unmoglichkeit aufgrund der algebraischen Merkmale
von Zirkel- und Linealkonstruktionen im Zuge der Entwicklung der Algebra und der Theorie
der transzendenten Zahlen heraus. Die algebraische U bersetzung lautet namlich: Zu konstruieren sind die reellen Nullstellen der Polynome 4z 3 ; 3z ; cos ( gegebener Winkel) und z 3 ; 2,
bzw. es ist ein Polynom mit ganzen Koezienten und der Nullstelle zu nden. Insbesondere
wurde letzteres 1882 von Lindemann (1852 - 1939) durch den Beweis der Transzendenz von
negativ entschieden. Zum Delischen Problem ist u berliefert, da sich die Delier an Apollo
mit der Bitte um Hilfe vor einer Seuche wandten. Der Gott verlangte die Verdopplung eines
ihm geweihten wurfelformigen Altars. Der Wurfel mit doppelter Kantenlange brachte keinen
Erfolg, und mit der Konstruktion eines Wurfels von doppeltem Volumen kamen die Delier
nicht zurecht. Auch die Platonische Akademie, die um die Losung des Problems gebeten wurde, scheiterte.
Noch heute gibt es Unbelehrbare, die sogenannten Trisektierer, Wurfelverdoppler und Kreisquadrierer.
Beispiel 4. Das Altertum hat auch die Frage der Konstruierbarkeit regelmaiger n-Ecke
mit Zirkel und Lineal oen hinterlassen. Gauss (1777 - 1855) hat 1796 folgendes gezeigt: Das
regelmaige n-Eck ist genau fur n = 2k p1 pr mit k 2 und r 2 0 konstruierbar, wobei
die p% paarweise verschiedene Primzahlen der Gestalt 22 + 1 mit 2 0 sind. Nach Fermat
N
N
N
Kapitel 1. Probleme der Zahlentheorie
3
(1601 - 1665) heien diese Fermatsche Primzahlen. Man kennt bis heute nur funf, namlich
F (0) = 3, F (1) = 5, F (2) = 17, F (3) = 257, F (4) = 65 537. Die Vermutung von Fermat, da
alle F () = 22 +1 prim seien, hat Euler widerlegt: 641 j F (5) = 4 294 967 297. Leicht zu sehen
ist u brigens, da 2k + 1 mit k 2 0 nur fur Zweierpotenzen k prim sein kann. Als Kuriositat
wird in der Gottinger Bibliothek ein Koer mit der expliziten (algebraischen) Konstruktion
des 65 537-Ecks aufbewahrt die Arbeit ist im Format DIN A1 abgefat.
N
Beispiel 5. Die groe Fermatsche Vermutung lautet: Fur kein naturliches n 3 ist die
Gleichung xn + yn = z n in ganzen Zahlen x y z mit xyz =
6 0 losbar. Fermat hinterlie
in einem Buch zwar die Notiz, dafur einen Beweis gefunden zu haben, fur den jedoch der
Rand des Buches nicht ausreiche. Erst 1995 gelang A. Wiles und R. Taylor ein Beweis der
sogenannten Taniyama-Shimura-Vermutung uber elliptische Kurven, aus der die Fermatsche
Vermutung nach K. Ribet (1986) folgt.
Beispiel 6. Welche naturlichen Zahlen sind als Summe von hochstens m Quadratzahlen
darstellbar? Die Antworten lauten fur
m = 1: trivialerweise die Quadratzahlen selbst,
m = 2: die Zahlen n = k2 q, wobei q keinen Primfaktor enthalt, der bei Division durch
4 den Rest 3 lat (Fermat),
m = 3: die Zahlen n 6= 4 (8q + 7) mit q 2 0 (Legendre, 1752 - 1833),
m = 4: alle n 2 (Lagrange, 1736 - 1813).
N
N
Beispiel 7. Das Waringsche Problem (1770) lautet: Trit es zu, da zu jedem k 2 ein
m(k) 2 existiert, so da jede naturliche Zahl Summe von hochstens m(k) k-ten Potenzen
N
N
ist?
Die positive Antwort gab Hilbert (1862 - 1943) im Jahre 1909. Damit war die weitergehende
Frage nach dem kleinsten m(k), genannt g(k), sinnvoll. Schon Euler hatte die Ungleichung
h k i
g(k) 23 + 2k ; 2 =: h(k)
gezeigt. Man vermutet g(k) = h(k), und man wei seit 1957, da diese Formel fur hochstens
endlich viele k falsch sein kann (Mahler, 1903-1988). Einzelergebnisse stammen etwa von
Lagrange (1770):
Wieferich (1909):
Balasubramanian, Deshouillers, Dress (1985):
Chen (1964):
Pillai (1940):
g(2) = 4,
g(3) = 9,
g(4) = 19,
g(5) = 37,
g(6) = 73.
Beispiel 8. Das Partitionenproblem von Hardy (1877 - 1947) und Ramanujan (1887 - 1920)
lautet: Wieviele Zerlegungen von n 2 in naturliche Summanden gibt es (dabei seien die
N
Summanden etwa der Groe nach geordnet)? Wird die gesuchte Anzahl mit p(n) bezeichnet,
so ergibt sich fur n = 4 zum Beispiel:
9
4
>
>
>
>
3+1
=
2+2
p(4) = 5:
>
>
2+1+1
>
>
1+1+1+1 4
Kapitel 1. Probleme der Zahlentheorie
Hardy und Ramanujan bewiesen 1918 mit analytischen Methoden ihre beruhmte Partitionenformel
q
2n
1
p(n) p e 3
(n ! 1):
4n 3
Beispiel 9. Schon bei Euklid steht mit Beweis: Es gibt unendlich viele Primzahlen. In der
Neuzeit hat die Frage nach der Verteilung der Primzahlen eine bedeutende Rolle gespielt.
Bezeichnet (x) die Anzahl der Primzahlen x, so gilt der u. a. von Gauss vermutete Primzahlsatz
(x) logx x (x ! 1):
Der erste Beweis wurde 1896 unabhangig voneinander durch Hadamard (1865 - 1963) und
de la Vallee Poussin (1866-1962) erbracht. Er verwendet tiefe funktionentheoretische Hilfsmittel zum Nachweis spezieller Eigenschaften der (zunachst nur fur Re s > 1 denierten)
Riemannschen Zeta-Funktion (Riemann, 1826 - 1866)
1 1
X
(s) = ns n=1
die sich analytisch auf die ganze komplexe Ebene fortsetzen lat mit Ausnahme eines einfachen
Pols bei s = 1. Die Primzahlverteilung korrespondiert nun mit der Lage der komplexen
Nullstellen von (s) im Streifen 0 < Re s < 1. Die beruhmte Riemannsche Vermutung besagt,
da alle diese Nullstellen den Realteil 12 besitzen. Sie ist bis heute unbewiesen. Ihre Richtigkeit
hatte die Konsequenz
(x) = li (x) + R(x)
mit dem Integrallogarithmus
Zx
dt
li (x) =
log t
und dem Restglied
e
;p
R(x) = O x log x :
Die bis heute beste Restgliedabschatzung
(log x)3=5
R(x) = O x exp ; c (log
log x)1=5
mit einer positiven Konstanten c stammt von Vinogradov (1891 - 1983) aus dem Jahre 1958.
Es gibt inzwischen mehrere verschiedene Beweise des Primzahlsatzes, darunter auch einen
1947 zur U berraschung der Fachwelt gefundenen elementaren Beweis von Erdos (1913 - 1986)
und Selberg.
Beispiel 10. Bis heute oen ist das Primzahlzwillingsproblem: Gibt es unendlich viele Primzahlpaare p p + 2 ? Man wei seit 1919, da die Reihe
X 1
p prim
p+2 prim
p
konvergiert (Brun, 1885 - 1978), wahrend die Reihe u ber die reziproken Primzahlen bekanntlich divergiert.
Kapitel 1. Probleme der Zahlentheorie
5
Bis heute ungeklart ist auch die Frage: Gibt es unendlich viele Primzahlen der Form n2 + 1?
Man wei mit Hilfe scharfsinniger Siebmethoden, da unendlich viele dieser Zahlen entweder
Primzahlen oder Produkte von zwei Primzahlen sind (Iwaniec, 1978).
Dirichlet (1805 - 1859), Nachfolger von Gau in Gottingen und Begrunder der analytischen
Zahlentheorie, bewies, da in jeder arithmetischen Progression a a + q a + 2q : : : mit teilerfremden Zahlen a q 2 unendlich viele Primzahlen liegen.
N
Beispiel 11. In einem Brief an Euler stellte Goldbach 1742 die folgende Vermutung auf:
a) Jede gerade naturliche Zahl n 4 ist Summe von zwei Primzahlen.
Hieraus folgt sofort:
b) Jede ungerade naturliche Zahl n 7 ist Summe von drei Primzahlen.
Ist namlich n 7 ungerade, so ist n ; 3 4 gerade, und man hat nach a) dann n = 3 + p + p0
mit Primzahlen p p0 . Die Vermutung a) erscheint auch heute noch nicht angreifbar. Immerhin
wei man durch Chen seit 1973, da jedes gerade n 4 Summe p + p2 aus einer Primzahl und
einer Zahl mit hochstens zwei Primfaktoren ist. Der Beweis verwendet wieder Siebmethoden.
Die Vermutung b) ist dagegen im wesentlichen gelost. Vinogradov zeigte 1937 mit ranierten
Abschatzungen von Exponentialsummen, da jede hinreichend groe ungerade naturliche Zahl
Summe von drei Primzahlen ist. Ein wesentliches Hilfsmittel ist die 1923 entwickelte HardyLittlewoodsche Kreismethode (Littlewood,1885 - 1977).
Beispiel 12. Zwei Gitterpunktprobleme sind
a) das Gausche Kreisproblem: Gesucht ist die Anzahl A(x) der Paare (a b) 2
a2 + b2 x,
b) das Dirichletsche Teilerproblem: Gesucht ist die Anzahl B (x) der Paare (a b) 2
ab x.
2
mit
2
mit
Z
N
Verhaltnismaig leicht zu sehen sind die Abschatzungen
A(x) ; x x 21 B (x) ; x log x ; (2 ; 1) x x 12
mit der Euler-Mascheroni Konstante
= lim
X 1
; log n :
1 n Es entsteht
die Frage, fur welche Exponenten # die obigen Abschatzungen mit x# anstelle
1
von x 2 zutreen. Fur = inf # ist durch Hardy und Landau (1877 - 1938) jeweils bekannt
1 < 1:
4
3
Es gibt Verbesserungen der oberen Schranke.
6
Kapitel 1. Probleme der Zahlentheorie
1.2 Versuch einer Gliederung
Es folgt ein grober U berblick uber zentrale Teilgebiete der Zahlentheorie.
A) Elementare Zahlentheorie
Teilbarkeitstheorie, ganzzahlige Losungen von Gleichungen und Ungleichungen, elementare Primzahltheorie. Elementare Hilfsmittel, d. h. ohne komplexe Analysis. (Beispiele
1, 2, 6)
B) Algebraische Zahlentheorie
p
Zahlentheorie in abstrakten Zahlbereichen (wie i] oder 2]). Algebraische Methoden und Methoden der algebraischen Geometrie (rationale Punkte auf algebraischen
Kurven). (Beispiele 3, 4, 5)
C) Analytische Zahlentheorie
Anwendung funktionentheoretischer Methoden. (Beispiele 8, 9, 10, 11, 12)
D) Diophantische Approximation und Transzendenztheorie
355
Kettenbruche, Approximation von reellen durch rationale Zahlen (etwa sind 31 , 227 , 113
beste\ Approximationen von ) Transzendenzbeweise von e durch Hermite (1822 "1901)
im Jahr 1873, von durch Lindemann im Jahr 1882, von fur algebraische
Zahlen 62 f0 1g durch Gelfond und Schneider unabhangig voneinander im Jahre
1934. Bis heute ist aber unbekannt, ob zum Beispiel irrational oder gar transzendent
ist. (Beispiel 3)
E) Multiplikative Zahlentheorie
Primzahlprobleme, Exponentialsummen, Siebmethoden usw. (Beispiele 8, 9)
F) Additive Zahlentheorie
Summe von Zahlenfolgen usw. Entwicklung dieser Theorie seit etwa 1933 durch Schnirelmann, Erdos u.a. (Beispiele 5, 6, 7, 8)
G) Probabilistische Zahlentheorie
Methoden der Wahrscheinlichkeitstheorie, angewandt auf Verteilungsfragen bei Zahlenfolgen usw. Entwicklung seit etwa 1934 durch Turan, Erdos, Renyi, Kubilius u.a.
H) Algorithmische Zahlentheorie
Rechnergestutzte zahlentheoretische Algorithmen, zum Beispiel Primzahltests, Faktorisierungsmethoden, Anwendungen der Fast Fourier Transform usw. Entwicklung seit
etwa 1935 (!) durch Lehmer, ab etwa 1970 durch Lenstra und Lenstra, Pollard, Adleman
u. a.
Diese Einteilung ist nicht streng.
Z
Z
1.3 Aufgaben und Losungen
In den nachstehenden Aufgaben und Losungen werden Begrie wie Teiler, Primzahl usw. als
bekannt vorausgesetzt ihre Eigenschaften werden in Kapitel 2 systematisch entwickelt.
Kapitel 1. Probleme der Zahlentheorie
7
Aufgabe 1. Man nde notwendige Bedingungen an k 2 derart, da 2k 1 prim ist.
Losung: Mit = f2 3 5 7 11 13 17 19 23 : : : g bezeichnen wir die Menge der Primzahlen.
N
P
Es gilt:
(a) Aus 2k ; 1 2 folgt k 2 (b) Aus 2k + 1 2 folgt k = 2m mit m 2 0 .
Der Nachweis verwendet in beiden Fallen die geometrische Summe
P
P
P
N
qn ; 1 = (q ; 1)(qn;1 + + q + 1):
Aus der Annahme k = dm mit naturlichen Zahlen d 6= 1, m 6= 1 bzw. k = 2m u mit m 2 0
und ungeradem u 2 , u 6= 1, folgt jeweils ein Widerspruch. Die Primzahlen
der Form
m
N
N
2p ; 1 heien Mersennesche Primzahlen (vgl. Beispiel 2), die der Form 22 + 1 Fermatsche
Primzahlen (vgl. Beispiel 4).
Aufgabe 2. Man zeige die Satze von Euklid und Euler: Genau dann ist die gerade Zahl
n 2 vollkommen, wenn n = 2k (2k+1 ; 1) mit einer Mersenneschen Primzahl 2k+1 ; 1 gilt.
Losung: Es ist zweckmaig, die Teilersummenfunktion : ! einzufuhren. Man deniert
X
(n) = d (n 2 )
N
N
djn
N
N
als die Summe aller naturlichen Teiler d von n. Oenbar ist n 2 genau dann vollkommen,
wenn (n) = 2n gilt. Die Werte von sind ziemlich unregelmaig verteilt. Eine wichtige
Eigenschaft der arithmetischen Funktion ist ihre Multiplikativitat,
N
(mn) = (m) (n) fur alle teilerfremden m n 2 :
Denn alle naturlichen Teiler von mn kommen genau einmal unter den Produkten aller naturlichen Teiler von m mit allen naturlichen Teilern von n vor. Man sieht (p ) = 1+p+p2 + +p
fur p 2 und 2 .
Zum Nachweis des Satzes von Euklid sei p = 2k+1 ; 1 2 . Dann sind p und 2k teilerfremd,
und mit n = 2k p gilt
(n) = (2k ) (p) = (1 + 2 + + 2k )(p + 1) = (2k+1 ; 1)2k+1 = 2n N
P
N
P
was zu zeigen war.
Zum Nachweis des Satzes von Euler sei n = 2k m mit k m 2 , m ungerade, eine vollkommene
Zahl, also
(2k+1 ; 1) (m) = 2k+1 m :
Da 2k+1 und 2k+1 ; 1 teilerfremd sind, mu 2k+1 ein Teiler von (m) sein. Das heit
m
)
:= 2(km
+1 = 2k+1 ; 1 2 :
Angenommen, es besteht > 1. Dann folgt
N
N
(m) = ((2k+1 ; 1)) > (2k+1 ; 1) + = 2k+1 = (m) 8
Kapitel 1. Probleme der Zahlentheorie
was unmoglich ist. Daher gilt = 1, also m = 2k+1 ; 1. Ist nun m nicht Primzahl, so
folgt (m) > 2k+1 = (m), was nicht sein kann. Daher ist notwendig n = 2k (2k+1 ; 1) mit
2k+1 ; 1 2 (vgl. Beispiel 2).
P
Aufgabe 3. Man bestimme alle Losungstripel (x y z) 2
N
3
von x2 + y2 = z 2 .
Losung: Mit = xz und = yz sind die rationalen Punkte ( ) 2 Q 2 mit > 0 auf dem
Einheitskreis E : 2 + 2 = 1 zu bestimmen. Wir parametrisieren E im ersten Quadranten
durch die Schnittpunktkoordinaten der Geraden = t( + 1) mit dem Kreis E fur 0 < t < 1.
Es folgt
t2 = 2t
(0 < t < 1):
= 11 ;
+ t2
1 + t2
Damit rational sind, mu t = 1;
rational sein. Es sei also t = mn mit teilerfremden
m n 2 N und m < n. Dann folgt = nn22+;mm22 , = n22+mnm2 und daraus
x = d(n2 ; m2 ) y = 2dmn z = d(m2 + n2 )
mit teilerfremden m n 2 , m < n , und d 2 , bis auf Vertauschung von x y (vgl. Beispiel
N
1).
N
Aufgabe 4. Es seien g k 2 fest, und jedes n 2 besitze eine Darstellung n = nk1 + + nkg
mit n1 : : : ng 2 0 . Man beweise die Eulersche Abschatzung
N
N
N
h k i
g 23 + 2k ; 2 :
Losung: Die naturliche Zahl
n=
h 3 k i
; 1 2k + (2k ; 1)1k
2
ist kleiner als 3k . In der Darstellung von n als Summe von k-ten Potenzen kommen
; 3 kdaher
k
k
nur die Summanden 2 und 1 vor. Die kurzeste Darstellung erfordert oenbar 2 ; 1
Summanden 2k und 2k ; 1 Summanden 1k . Das ergibt die Behauptung (vgl. Beispiel 7).
Aufgabe 5. Man beweise den Satz von Euklid, da es unendlich viele Primzahlen gibt.
Losung: Es sei T eine nichtleere, endliche Menge und
P
n=
Y
p2T
p + 1:
Dann gilt n > 1 , und n besitzt eine Primfaktorzerlegung, in der jedenfalls keine Primzahl aus
T vorkommt. Es gibt daher eine Primzahl q 62 T . Daraus folgt die Behauptung (vgl. Beispiel
9).
In derselben Weise sieht man auch, da es unendlich viele Primzahlen gibt, die bei Division
durch 4 den Rest 3 lassen. Etwa betrachte man
n=4
Y
p2T
p ; 1:
Kapitel 1. Probleme der Zahlentheorie
9
Es erfordert aber bereits neue Ideen, die Unendlichkeit der Menge der Primzahlen von der
Form 4m + 1 mit m 2 zu zeigen.
N
Aufgabe 6. Es sei A(x) die Anzahl der Zahlenpaare (a b) 2
Man zeige die Existenz einer Konstanten c > 0 mit
2 mit a2 + b2
Z
x fur x 2.
jA(x) ; xj c px :
Losung: Jedem Gitterpunkt (a b) 2 Z2 der Ebene sei das Einheitsquadrat des Gitters mit
der linken unteren Ecke (a b) zugeordnet.
Diese Abbildung ist bijektiv. Diep Diagonale
p
p pim
Einheitsquadrat
hat
die
L
a
nge
2.
Wir
betrachten
die
Kreise
vom
Radius
x
;
px+p2 um den Nullpunkt. Ein Flachenvergleich ergibt ;px;p22 A(x) ;px+2 ,p2x2 ,.
Es folgt
p
p
jA(x) ; xj 2 2 px + 2 3 2 px wie behauptet (vgl. Beispiel 12).
10
Kapitel 1. Probleme der Zahlentheorie
Kapitel 2
Der Euklidische Algorithmus
Dieser Kapitel behandelt Teilbarkeitstheorie in und verwendet sie zur Losung linearer diophantischer Gleichungen.
Z
2.1 Teilbarkeit
Die Mengen , 0 = f0g , , , , sind wie ublich erklart, und , , , bezeichnen die entsprechenden Mengen ohne die Null.
N
N
N
Z
Q
R
C
Z
Q
R
C
Denition. Es sei a 2 , b 2 . Man nennt a Teiler von b (b Vielfaches von a), in Zeichen
a j b, wenn es ein 2 mit b = a gibt. Ist a nicht Teiler von b, so schreibt man a b.
Folgerung 1. Es gelten die folgenden Aussagen:
a) Die Teiler von b und ;b stimmen u berein mit a ist auch ;a Teiler von b. Fur a 2 gilt stets a j 0 und 1 j a.
b) Die Teilbarkeitsbeziehung ist reexiv und transitiv: Fur a b 2 gilt a j a, und aus
a j b und b j c folgt a j c. Sie ist im allgemeinen nicht symmetrisch aber a j b und
b j a impliziert a = b.
c) Aus a j c und a j d folgt a j (cx + dy) fur alle x y 2 .
Z
Z
Z
-
Z
Z
Z
Satz 1. (Division mit Rest) Zu a 2 , b 2 existieren eindeutig bestimmte q r 2 mit
a = qb + r und 0 r < b
Bezeichnet x] fur x 2 die grote ganze Zahl x, so gilt q = ab und r = a ; ab b.
Beweis. Unter den Zahlen a ; nb mit n 2 kommen negative und nichtnegative vor. Die
kleinste nichtnegative Zahl dieser Art sei r = a ; qb. Das heit, es gilt r 0 und r ; b =
Z
N
R
Z
11
Z
12
Kapitel 2. Der Euklidische Algorithmus
a ; (q + 1)b < 0. Es folgt a = qb + r mit 0 r < b. Die Eindeutigkeit kommt aus ab = q + rb
2
mit 0 rb < 1, also q = ab , r = a ; ab b.
Satz 2. Es seien a b 2 nicht beide Null. Dann existiert eine eindeutig bestimmte Zahl
d 2 mit
a) d > 0
b) d j a und d j b,
c) aus t j a und t j b folgt t j d.
Z
Z
Beweis. Die Eindeutigkeit ergibt sich so: Sind d d0 2 Z zwei Zahlen mit den Eigenschaften
a), b), c), so gilt d j d0 und d0 j d wegen c) sowie d d0 2 N . Folgerung 1 b) liefert d = d0 .
Da fur b = 0 oenbar d = jaj die gewunschten Eigenschaften a), b), c) besitzt, genugt es
wegen Folgerung 1 a) den Existenzbeweis fur a b 2 N zu fuhren. Es sei etwa a b. Sukzessive
Division mit Rest liefert das nachstehende Schema:
a = q1 b + r1 0 < r1 < b b = q2 r1 + r2 0 < r2 < r1 r1 = q3 r2 + r3 0 < r3 < r2 ..
.
rk;2 = qk rk;1 + rk 0 < rk < rk;1 rk;1 = qk+1rk :
Das Divisionsverfahren wird also solange durchgefuhrt, bis der Rest rk+1 erstmals verschwindet. Die Existenz eines solchen k 2 0 ist klar, weil die Reste r1 r2 : : : eine streng monoton
fallende Folge von nichtnegativen ganzen Zahlen bilden. Der Divisionsproze bricht daher ab.
Liest man das Schema ruckwarts, so sieht man rk j rk;1 , rk j rk;2 : : : rk j b , rk j a. Daher
ist rk gemeinsamer Teiler von a b. Ist nun t irgendein gemeinsamer Teiler von a b, so sieht
man, indem man das Schema vorwarts liest, t j r1 , t j r2 : : : t j rk . Also erfullt die Zahl
d = rk die Bedingungen a), b), c).
2
N
Denition. Die Zahl d aus Satz 2 heit der grote gemeinsame Teiler (kurz: ggT, englisch:
gcd) von a und b, in Zeichen: d = (a b) oder d = ggT(a b).
Das im Beweis von Satz 2 durchgefuhrte Verfahren der sukzessiven Division mit Rest ist der
Euklidische Algorithmus.
Beispiel 1. Fur a = 31 031, b = 10 013 ergibt sich ggT(31 031 10 013) = 31 aus
31 031 = 3 10 013 + 992
10 013 = 10 992 + 93
992 = 10 93 + 62
93 =
1 62 + 31
62 =
2 31
Denition. Gilt (a b) = 1, so heien die Zahlen a b teilerfremd (relativ prim).
Folgerung 2. Es gelten die nachstehenden Rechenregeln:
Kapitel 2. Der Euklidische Algorithmus
a)
b)
c)
13
Fur m 6= 0 gilt stets (ma mb) = m (a b).
;
; Gilt m j a und m j b, so besteht ma mb = m1 a b .
Gilt (a b) = d, so existieren x y 2 mit d = ax + by sind speziell a b 2 teilerfremd,
so existieren x y 2 mit 1 = ax + by, und umgekehrt.
Aus (a b) = (a c) = 1 folgt (a bc) = 1.
Aus a j bc und (a b) = 1 folgt a j c.
Z
Z
Z
d)
e)
Nachweis. a) Man fuhre den Euklidischen Algorithmus fur a b und fur ma mb durch. b) Man
schreibe a = ma0 , b = mb0 und verwende a). c) Lost man die Gleichungen des Euklidischen
Algorithmus ruckwarts nach d = rk auf, so erweist sich d als Linearkombination der Zahlen
a b mit ganzen Koezienten. Daraus und aus Folgerung 1 c) kommt der Zusatz. d) Man
hat 1 = ax + by, 1 = ax0 + by0 mit x x0 y y0 2 Z , also auch 1 = (ax + by)(ax0 + by0 ) =
a(axx0 + cxy0 + bx0y)+ bc(yy0 ). Die beiden Klammerausdrucke sind jeweils ganz, mit Folgerung
c) ergibt sich (a bc) = 1. e) Wegen 1 = ax + by mit x y 2 Z gilt c = acx + bcy, und aus a j ac,
a j bc sowie Folgerung 1 c) kommt a j c.
2
Beispiel 2. Aus Beispiel 1 folgt
31 = 93 ; 1 62 = 93 ; 1 (992 ; 10 93) = 11 93 ; 1 992
= 11 (10 013 ; 10 992) ; 1 992 = 11 10 013 ; 111 992
= 11 10 013 ; 111 (31 031 ; 3 10 013)
= 344 10 013 ; 111 31 031
= 344b ; 111a :
Satz 3. Es seien a b 2 . Dann existiert eine eindeutig bestimmte Zahl m 2 mit
Z
a)
b)
c)
Z
m > 0,
a j m und b j m,
aus a j v und b j v folgt m j v.
Beweis. Die Eindeutigkeit wird wie in Satz 2 erledigt.
abj die behaupteten Eigenschaften veriziert:
Die Existenz ergibt sich, indem man fur m = (jab
)
jbj , sowie aus (a b) j a , m = jbj jaj . c) Wegen
a) ist klar b) folgt aus (a b) j b , m = jaj (ab
)
(ab)
Folgerung 2 c) existieren x y 2 Z mit (a b) = jajx + jbjy. Daraus folgt
v = (av b) (a b) = (avb) (jajx + jbjy) = m jvbj x + jvaj y worin der Klammerausdruck wegen a j v, b j v ganzzahlig ist, also m j v.
2
Denition. Die Zahl m aus Satz 3 heit das kleinste gemeinschaftliche Vielfache (kurz:
kgV, englisch: lcm) von a und b, in Zeichen: a b] oder kgVa b].
Folgerung 3. Fur a b 2
Z
gilt (a b) a b] = jabj.
14
Kapitel 2. Der Euklidische Algorithmus
2.2 Primfaktorzerlegung
Denition. Es sei 1 6= p 2 . Besitzt p nur 1 und p als naturliche Teiler, so heit p Primzahl.
N
Die Menge der Primzahlen 2 3 5 : : : wird mit bezeichnet.
P
Bemerkung 1. Primzahlen werden durchweg mit dem Buchstaben p bezeichnet. Das leere
Produkt hat vereinbarungsgema den Wert 1.
Satz 4. (Fundamentalsatz der Zahlentheorie) Jede naturliche Zahl ist Produkt von Prim-
zahlen. Die Darstellung ist, abgesehen von der Reihenfolge der Faktoren, eindeutig.
Beweis. Existenz: Fur n = 1 2 ist die Behauptung wahr. Sie tree schon zu fur alle n < k.
Dann ist entweder k Primzahl, oder k hat einen echten Teiler ` 2 N . Im letzten Fall besteht
k = ` m mit ` m 2 N , 1 < ` m < k. Da nach Induktionsvoraussetzung ` m Primzahlprodukte
sind, ist auch k = ` m Produkt von Primzahlen.
Eindeutigkeit (Zermelo, 1871 - 1953): Der Fall n = 1 ist klar. Angenommen, es gibt naturliche
Zahlen > 1 mit verschiedenen Primfaktorzerlegungen. Es sei n 2 N die kleinste von ihnen.
Dann hat man n = pm = p0 m0 mit verschiedenen Primzahlen p < p0 und m m0 2 N ,
m m0 > 1, p - m0. Man betrachte die Zahl
k = n ; pm0 = p(m ; m0 ) = (p0 ; p)m0:
Oenbar gilt 1 < k < n. Nach Voraussetzung ist die Primfaktorzerlegung von k eindeutig.
Es folgt p j (p0 ; p)m0 . Da p nicht in m0 aufgeht, gilt p j (p0 ; p), also p j p0 . Dies ist fur
verschiedene Primzahlen unmoglich.
2
Folgerung 4. Es gelten die folgenden Aussagen.
a) Jedes n 2 besitzt eine kanonische Darstellung als Produkt von Primzahlpotenzen
n = p11 prr mit Primzahlen p1 < : : : < pr und Exponenten 1 : : : r 2 . Diese
N
b)
Darstellung ist eindeutig.
Aus p p1 : : : pr 2 und p j p1 pr folgt p = p% fur ein % mit 1 % r.
P
Folgerung 5. Besitzen a b 2
Z
die kanonischen Darstellungen
Y Y a=
so gilt
(a b) =
Nachweis. Man setze
p
p p b=
p
p p
Y minf g
Y
p p p a b] = pmaxfp pg :
p
p
d=
Y minf g
p p p:
p
Es gilt d > 0 sowie d j a und d j b , also d j (a b). Weiter gilt
p ; minfp p g = 0 oder p ; minfp p g = 0
N
Kapitel 2. Der Euklidische Algorithmus
15
; fur jedes p 2 . Daher sind jdaj jdbj 2 teilerfremd. Es folgt ad db = 1 oder (a b) = d gema
Folgerung 2 b).
Die zweite Behauptung kommt aus Folgerung 3,
P
N
a b] = (jaabbj) =
Denition.
Y + ;minf g Y maxf g
p p =
p p :
pp p
p
p
p
Q
Es seien a1 : : : ar 2 Z mit a% = p%p fur % = 1 : : : r. Dann heien
p
Y
(a1 : : : ar ) = pminf1p :::rpg der ggT von a1 : : : ar p
Y maxf ::: g
rp das kgV von a1 : : : ar :
1p
a1 : : : ar ] = p
p
Folgerung 6. Der ggT und das kgV der Zahlen a1 : : : ar 2
Eigenschaften:
2
haben die folgenden
Z
a)
(a1 : : : ar ) > 0 , a1 : : : ar ] > 0,
b)
(a1 : : : ar ) j a% fur 1 % r, a% j a1 : : : ar ] fur 1 % r,
c)
aus t j a% (1 % r) folgt t j (a1 : : : ar ),
aus a% j v (1 % r) folgt a1 : : : ar ] j v.
Ferner gilt (a1 a2 a3 ) = (a1 (a2 a3 )), a1 a2 a3 ] = a1 a2 a3 ]] usw.
2.3 Lineare diophantische Gleichungen
Unter diophantischen Gleichungen versteht man Polynomgleichungen mit ganzzahligen Koezienten, an deren ganzzahligen Losungen Interesse besteht (Diophant, ca. 250 n.Chr.).
Hier wollen wir notwendige und hinreichende Bedingungen fur die ganzzahlige Losbarkeit der
Gleichung
()
ax + by = c
(a b c 2
Z
fest a b nicht beide Null)
sowie die allgemeine Losung von () in ganzen Zahlen x y bestimmen.
Satz 5. Notwendige und hinreichende Bedingung fur die ganzzahlige Losbarkeit von () ist
die Bedingung (a b) j c. Ist x0 y0 eine ganzzahlige Losung von (), so sind alle Losungen
x y 2 von () gegeben durch
Z
x = x0 + (ab b) t y = y0 ; (aab) t
(t 2 ):
Z
16
Kapitel 2. Der Euklidische Algorithmus
Beweis. Die Bedingung (a b) j c ist notwendig. Sie ist auch hinreichend, denn aus der Teilerfremdheit von (aba ) (abb ) 2 Z folgt die Existenz von x0 y0 2 Z mit
1 = (aab) x0 + (ab b) y0 also c = (aacb) x0 + (abcb) y0 :
Demnach sind
x0 = (ac b) x0 y0 = (ac b) y0
Losungen von (). Ist x y 2 eine weitere Losung von (), so entsteht durch Dierenzbildung
a(x ; x0 ) + b(y ; y0) = 0, also
Z
a (x ; x ) = ; b (y ; y ):
0
0
(a b)
(a b)
Da (aba ) und (abb ) teilerfremd sind, folgt notwendig
x ; x0 = t (abb) y ; y0 = ;t (aab)
(t 2 ):
Z
Einsetzen zeigt, da dies wirklich Losungen von () sind.
2
Beispiel 3. Es sei a = 31 031, b = 10 013, c = 1 736. Die diophantische Gleichung ax+by = c
ist wegen (a b) = 31 und 1736 = 31 56 losbar. Beispiel 2 liefert als eine spezielle Losung:
x0 = ;111 56, y0 = 344 56. Also lautet die allgemeine Losung
x = ;111 56 + 323 t y = 344 56 ; 1001 t (t 2 ):
Z
In vielen Fallen, etwa bei kleinen Koezienten a b c lat sich eine spezielle Losung x0 y0
von () durch Raten ermitteln. Der Euklidische Algorithmus fuhrt stets zum Ziel.
Fur d 2 stimmen die Losungsgesamtheiten von ax + by = c und von adx + bdy = cd
uberein. Es brauchen daher nur reduzierte diophantische Gleichungen () mit (a b) = 1
gelost zu werden. Lineare Diophantische Gleichungen mit mehr als zwei Variablen lassen sich
entsprechend behandeln.
Z
Kapitel 3
Restklassenringe
In diesem Kapitel wird das Studium der Teilbarkeit fortgesetzt, und zwar im Rahmen der
Kongruenztheorie, die von Gau 1801 in den Disquisitiones Arithmeticae systematisch entwickelt wurde.
3.1 Denition und grundlegende Eigenschaften
Denition. Es seien a b 2 , q 2 . Gilt q j (b ; a), so heien a b kongruent modulo q, in
Zeichen: a b mod q oder auch a b(q).
Satz 1. Genau dann gilt a b mod q , wenn a und b bei Division durch q denselben Rest
Z
N
lassen.
Beweis. Es sei a = q + r , b = q + r0 mit 0 r r0 < q. Nun bedeutet a b mod q dasselbe
wie q j (r0 ; r). Wegen jr0 ; rj < q ist dies genau fur r = r0 der Fall.
2
Der nachste Satz ist wegen Satz 1 trivial.
Satz 2. Kongruenz modq ist eine A quivalenzrelation auf , d.h. es gilt
Z
a)
b)
c)
a a mod q (Reexivitat),
aus a b mod q folgt b a mod q (Symmetrie),
aus a b mod q und b c mod q folgt a c mod q (Transitivitat).
Satz 3. Gelten a b mod q und c d mod q, so bestehen auch a + c b + d mod q und
ac bd mod q:
Beweis. Die Dierenzen (a + c) ; (b + d) = (a ; b) + (c ; d) und ac ; bd = a(c ; d) + (a ; b)d
2
haben nach Voraussetzung den Teiler q.
17
18
Kapitel 3. Restklassenringe
Folgerung 1. Es sei f (x) 2 x], d.h. f (x) = anxn + + a1x + a0 mit an : : : a1 a0 2 .
Aus a b mod q folgt dann f (a) f (b) mod q.
Denition. Die A quivalenzklassen (a)q := fm 2 : m a mod qg mit a 2 heien
Z
Z
Z
Restklassen modulo q.
Z
Folgerung 2. Es gelten die folgenden Aussagen:
Die Restklassen mod q denieren eine disjunkte Zerlegung
a)
auf , d.h.
Durch
Z
b)
S
Rq = f(0)q (1)q : : : (q ; 1)q g
Rq = und aus (a)q \ (b)q 6= folgt (a)q = (b)q .
Z
(a)q + (b)q = (a + b)q (a)q (b)q = (a b)q
sind auf Rq eine Addition und eine Multiplikation deniert. (Rq + ) ist kommutativer Ring mit Einselement (1)q , der sogenannte Restklassenring modulo q.
Nachweis. Die Behauptungen ergeben sich aus den Satzen 1, 2 und 3.
2
Denition. Jedes System von ganzen Zahlen, das aus jeder Restklasse modulo q genau
einen Reprasentanten enthalt, heit ein vollstandiges Restsystem modulo q.
Bemerkung 1. Deniert man in dem vollstandigen Restsystem
=q := f0 1 : : : q ; 1g
Z
Z
modulo q Summe und Produkt als den jeweiligen Rest der gewohnlichen Summe bzw. des
gewohnlichen Produkts nach Division durch q , so liegt der Unterschied zwischen (Rq + )
und ( =q + ) nur in der Schreibweise. Daher ist ( =q + ) ein zu (Rq + ) isomorpher Ring, den man mit dem Restklassenring modulo q identiziert.
Z
Z
Z
Z
Beispiel 1. Die Fermatsche Zahl 225 + 1 = 232 + 1 besitzt den Teiler 641 (vgl. Kapitel 1).
Der Nachweis verwendet 641 = 5 27 + 1 = 54 + 24 . Wir rechnen mit Kongruenzen modulo
641,
232 + 1 = 24 228 + 1 ;54 228 + 1 = ;(5 27 )4 + 1 ;(;1)4 + 1 0 mod 641:
Die entsprechende Rechnung in =641 lautet
Z
Z
232 + 1 = 24 228 + 1 = ;54 228 + 1 = ;(5 27 )4 + 1 = ;(;1)4 + 1 = 0:
Folgerung 3. Ist q nicht Primzahl, so ist =q nicht nullteilerfrei.
Z
Z
Nachweis. Aus der nichttrivialen Zerlegung q = ab mit 1 < a b < q in Z folgt ab = 0 in
Z=q Z mit a 6= 0 und b 6= 0.
2
Wegen Folgerung 3 ist das Kurzen in Restklassenringen im allgemeinen nicht statthaft. Das
untersuchen wir genauer.
Kapitel 3. Restklassenringe
19
Satz 4. Es gelten folgende Aussagen:
a) Genau dann gilt ac bc mod q, wenn a b mod (qcq ) besteht.
b) Fur (q c) = 1 sind ac bc mod q und a b mod q gleichwertig.
c) Fur c 2 sind a b mod q und ac bc mod qc gleichwertig.
N
Beweis. a) Die Teilerbeziehungen q j c(b ; a) und (qcq ) j (qcc ) (b ; a) sind gleichwertig.
Wegen der Teilerfremdheit von (qcq ) und (qcc ) folgt die Gleichwertigkeit mit (qcq ) j (b ; a), wie
behauptet. b) ist der Spezialfall (q c) = 1 von a), und c) ist der Spezialfall (c qc) = c von a).
2
Insbesondere sagt Satz 4 b) aus, da in Kongruenzen modulo q durch jede zu q teilerfremde
Zahl gekurzt werden darf. Damit beweisen wir die Umkehrung von Folgerung 3.
Satz 5.
=q ist genau dann Korper, wenn q Primzahl ist.
Z
Z
Beweis. Wegen Folgerung 3 bleibt zu zeigen, da fur Primzahlen q zu jedem a 2 =q mit
a 6= 0 ein b 2 =q existiert mit ab = 1 in =q . Mit =q ist auch
a =q = fa 0 a 1 : : : a (q ; 1)g
ein vollstandiges Restsystem modulo q. Denn die a mit = 0 : : : q ; 1 sind paarweise
inkongruent modulo q: Aus a a 0 mod q folgt 0 mod q gema Folgerung 4 b), also
= 0 . Insbesondere ist daher der Rest 1 mod q in a =q reprasentiert. Das heit, es gibt
ein b 2 =q mit ab = 1 in =q .
2
Z
Z
Z
Z
Z
Z
Z
Z
Z
Z
Z
Z
Z
Z
Z
Z
3.2 Prime Restsysteme
Denition. Es sei q 2 . Jede Restklasse a mod q mit (a q) = 1 heit eine prime Restklasse
N
modulo q. Jedes System von ganzen Zahlen, das aus jeder primen Restklasse modulo q genau
einen Reprasentanten enthalt, heit ein reduziertes oder primes Restsystem modulo q.
Beispiel 2. In =12 = f0 1 : : : 11g ist f1 5 7 11g primes Restsystem modulo 12.
Folgerung 4. Es seien m n 2 teilerfremd. Dann sind
a) fn + m : 1 m 1 ng ein vollstandiges Restsystem modulo mn,
b) fn + m : 1 m 1 n ( m) = ( n) = 1g ein primes Restsystem
Z
Z
N
modulo mn.
Nachweis. a) Die Zahlen n + m mit 1 m und 1 n sind paarweise inkongruent
modulo mn. Denn aus n + m 0 n + 0 m mod mn kommt ( ; 0 )n ( 0 ; )m mod mn ,
also ( ; 0 )n 0 mod m und ( 0 ; )m 0 mod n. Wegen (m n) = 1 liefert Satz 4 b) die
Kongruenzen 0 mod m und 0 mod n , die infolge j ; 0 j < m und j ; 0 j < n nur
fur = 0 und = 0 moglich sind.
20
Kapitel 3. Restklassenringe
b) Damit n + m eine prime Restklasse modulo mn reprasentiert, ist ersichtlich die Bedingung ( m) = ( n) = 1 notwendig. Sie ist auch hinreichend. Gabe es namlich eine Primzahl
p mit p j mn und p j (m + n), also etwa p j n, so kame p j m, was wegen ( n) = 1 auf
p j m fuhrt. Das widerspricht (m n) = 1. Ein Ruckgri auf a) erledigt den Nachweis von b).
2
Denition. Fur q 2 bezeichnet
G(q) = fa 2 : 1 a q (a q) = 1g
N
N
ein primes Restsystem modulo q und
'(q) =
X
a2G(q)
1
seine Elementeanzahl. Die Funktion ' : ! heit Eulerfunktion.
N
N
Satz 6. Es ist (G(q) ) ( =q ) eine abelsche Gruppe, genannt prime RestklassengrupZ
Z
pe modulo q. Ihre Gruppenordnung '(q) ist eine multiplikative Funktion, d.h. es gilt '(1) = 1
und '(mn) = '(m) '(n) fur alle teilerfremden m n 2 .
N
Beweis. Das Produkt primer Reste mod q ist wieder primer Rest mod q. Daher fuhrt die
Restklassenmultiplikation aus G(q) nicht heraus. Es gilt 1 2 G(q) , und fur a 2 G(q) ist mit
G(q) auch a G(q) ein primes Restsystem modulo q. Da in a G(q) speziell 1 reprasentiert ist,
existiert zu a 2 G(q) stets ein b 2 G(q) mit ab 1 mod q. Das heit, jedes a 2 G(q) ist in G(q)
invertierbar. Die Multiplikativitat der Eulerfunktion kommt unmittelbar aus Folgerung 4 b).
2
Folgerung 5. Es gilt
'(q) = q
Y
pjq
1 ; 1p wobei das Produkt u ber alle Primteiler p von q erstreckt ist.
Nachweis. Fur p 2 P und 2 N ist '(p ) die Anzahl der zu p teilerfremden Zahlen aus
G(p ), also die Anzahl der nicht durch p teilbaren naturlichen Zahlen a p . Das heit
X
X
X
'(p ) =
1=
1;
1 = p ; p ;1 = p 1 ; 1 :
1ap
pa
-
1ap
1ap
pja
Die allgemeine Behauptung kommt nun aus Satz 6.
p
2
Beispiel 3. '(12) = '(3) '(4) = (3 ; 1)(4 ; 2) = 4.
X
Satz 7. Es gilt '(d) = q, wobei die Summation uber alle naturlichen Teiler d von q
lauft.
djq
Beweis. Wir betrachten die Mengen
Ad = fa 2 N : 1 a q (a q) = dg
und stellen die folgenden Eigenschaften fest:
Kapitel 3. Restklassenringe
a)
b)
21
Die Ad mit d j q bilden eine disjunkte Zerlegung von f1 : : : qg.
X
1 = '( dq ).
Ad = da0 : 1 a0 dq (a0 dq ) = 1 also jAdj =
a2Ad
Aus a) und b) folgt durch U bergang zu den Elementeanzahlen
q=
X
jAd j =
X ;q
X
' d = '(d)
djq
djq
djq
wobei zuletzt die Teiler dq durch die komplementaren Teiler d von q ersetzt wurden.
2
Satz 8. (Euler) Fur (a q) = 1 gilt a'(q) 1 mod q .
Beweis. Da G(q) = fa1 : : : a'(q) g gema Satz 6 eine abelsche Gruppe der Ordnung '(q)
ist, besteht a G(q) = G(q) fur jedes a 2 G(q). Es folgt
(aa1 ) (aa'(q) ) a1 a'(q) mod q :
Nach Satz 4 b) darf hierin durch a1 a'(q) gekurzt werden.
2
Folgerung 6. Als Spezialfall q = p 2 folgt mit '(p) = p ; 1 aus Satz 8 der sogenannte
Fermatsche Satz\: Fur Primzahlen p und a 2 mit p a gilt ap;1 1 mod p. Eine
"akleine
quivalente Version lautet ap a mod p fur alle p 2 und a 2 .
P
Z
P
-
Z
Eine Anwendung von Folgerung 6 ist die
Folgerung 7. Es sei 1 6= a 2 . Dann hat jeder ungerade Primteiler p von a2r + 1 die
Gestalt p = k 2r+1 + 1 mit k 2 . (Zum Beispiel gilt 10 26 + 1 = 641 j 232 + 1)
Nachweis. Es sei h 2 minimal gewahlt mit ah 1 mod p. Dann heit h die Ordnung von
a 2 G(p). Wir behaupten
(i) h j (p ; 1) ,
(ii) h = 2r+1 .
N
N
N
Hieraus kommt oenbar die Behauptung von Folgerung 7. Zum Beweis von (i) dividieren
wir p ; 1 mit Rest durch h, also p ; 1 = h + %, 0 % < h. Aus Folgerung 6 entsteht
1 ap;1 = (ah ) a% a% mod p. Wegen der Minimalitat von h folgt % = 0, also h j p ; 1.
Zum Beweis von (ii) dividieren wir 2r+1 mit Rest durch h, also 2r+1 = h + , 0 < h.
Wie
in (i) folgt = 0, also h j 2r+1 . Warer schon h j 2r , also 2r = h, so ware schon
r
2
a (ah ) 1 mod p im Widerspruch zu a2 ;1 mod p. Also ist h = 2r+1 .
2
Wir haben einen algebraischen Sachverhalt entdeckt: Es sei G eine Gruppe (mit multiplikativ geschriebener Verknupfung), und es sei h 2 die Ordnung von g 2 G . Ist gm = e
(Einselement) fur ein m 2 , so gilt h j m.
N
N
Der folgende Satz geht auf Wilson (1741 - 1793) zuruck.
Satz 9. (Wilsonsche Kongruenz) Es sei 1 6= n 2 . Genau fur Primzahlen n gilt
(n ; 1)! ;1 mod n :
N
22
Kapitel 3. Restklassenringe
Beweis. a) Ist n 2= , so existiert ein Teiler d von n mit 1 < d < n, und es folgt (n ; 1)! 0 6 ;1 mod d, erst recht (n ; 1)! 6 ;1 mod n.
b) Fur p = 2 gilt oenbar (p ; 1)! = 1 ;1 mod p. Fur ungerades n = p 2 betrachten
wir das Produkt aller Elemente der primen Restklassengruppe G(p) = f1 2 : : : p ; 1g. Zu
jedem a 2 G(p) liegt auch das multiplikativ Inverse in G(p). Dabei gilt a a 1 mod p genau
fur (a ; 1)(a + 1) 0 mod p , also genau fur a = 1 und a = p ; 1 (a 2 G(p)). Bei geeigneter
Zusammenfassung der Faktoren 2 : : : p ; 2 zu Paaren modulo p inverser Zahlen erhalten wir
P
P
;
(p ; 1)! = 1 2 3 (p ; 3) (p ; 2) (p ; 1) ;1 mod p wie behauptet.
2
Bemerkung 3. Satz 9 liefert ein bekanntes Primzahlkriterium, dessen praktischer Nutzen
wegen des Wachstums der Fakultat begrenzt ist.
Kapitel 4
Polynomkongruenzen
In diesem Kapitel werden lineare Kongruenzen und Kongruenzsysteme sowie Polynomkongruenzen behandelt.
4.1 Lineare Kongruenzen
Satz 1. Es seien a b 2 , q 2 . Genau dann ist die Kongruenz ax
b mod q losbar, wenn
(a q) j b gilt. In diesem Fall gibt es genau eine Restklasse mod (aqq ) , welche die Kongruenz
Z
N
lost, also genau (a q) Losungen mod q.
Beweis. Ist 2 Z Losung von ax b mod q , so gilt q j (a ; b), also (a q) j b.
Umgekehrt gelte (a q) j b. Die Losbarkeit von ax b mod q ist aquivalent zur Losbarkeit der
diophantischen Gleichung
a0 x + q0 y = b0
(1)
mit a0 = (aqa ) , b0 = (aqb ) , q0 = (aqq ) . Gema Kapitel 2, Satz 5, existiert genau eine Restklasse
x0 mod q0, welche (1) lost. Sie zerfallt in genau (a q) Restklassen x0 + q0 mod q mit =
0 1 : : : (a q) ; 1. Das war behauptet.
2
Beispiel 1. Die Kongruenz 12x 9 mod 27 ist wegen (12 27) = 3 j 9 nach Satz 1 losbar.
Nach den Kurzungsregeln ist sie aquivalent zu 4x 3 mod 9 oder auch 4x 12 mod 9, also zu
x 3 mod 9. Die gesuchten Restklassen mod27 sind demnach 3 12 21 mod 27. Bei groeren
Moduln fuhrt stets der Euklidische Algorithmus zum Ziel.
Bemerkung 1. Fur q1 : : : qr 2 besteht a b mod q% fur % = 1 : : : r genau
dann, wenn
1
a b mod q1 : : : qr ] gilt. Hat speziell
q 2 die kanonische Zerlegung q = p1 prr , so gilt
%
a b mod q genau fur a b mod p% mit % = 1 : : : r.
N
N
Nachweis. Es wird Folgerung 6 b), c) aus Kapitel 2 angewandt.
23
2
24
Kapitel 4. Polynomkongruenzen
Satz 2. Es sei q 2 , a% b 2 fur % = 1 : : : r und d = (a1 : : : ar q). Genau dann ist die
Kongruenz
N
Z
a1x1 + + ar xr b mod q
losbar, wenn d j b gilt. In diesem Fall gibt es genau dqr;1 r-tupel (1 : : : r ) von Restklassen
% mod q, welche die Kongruenz losen.
Beweis. Fur r = 1 erledigt Satz 1 die Behauptung. Die Bedingung d j b ist trivialerweise
notwendig. Wir zeigen induktiv, da sie hinreichend ist. Dazu nehmen wir die Richtigkeit des
Satzes fur r ; 1 statt r an und setzen d0 = (a1 : : : ar;1 q). Dann ist also (d0 ar ) = d. Die
Kongruenz
ar xr b mod d0
hat nach Satz 1 genau (ar d0 ) = d Losungen mod d0 , also genau d dq Losungen r mod q. Zu
jeder derartigen Losung r setzen wir
0
b0 = (b ;da0 r r ) :
Laut Induktionsannahme hat die Kongruenz a1 x1 + ar;1 xr;1 b0 d0 mod q genau d0 qr;2
Losungen (1 : : : r;1 ) mod q. Also ist die Anzahl aller Losungen (1 : : : r ) mod q der Kongruenz a1 x1 + + ar xr = b mod q gleich d dq d0 qr;2 = dqr;1 . Das war behauptet.
2
0
Beispiel 2. Die Kongruenz 2x + 6y 4 mod 8 ist losbar wegen (2 4 8) = 2 j 4. Sie ist
aquivalent zu x + 3y 2 mod 4. Es gibt genau 4 Paare von Restklassen mod 4, die diese
Kongruenz losen. Wegen (1 4) = 1 sehen wir alle moglichen Restklassen y 0 1 2 3 mod 4
nach. Es folgt jeweils x 2 + y mod 4, also x 2 3 0 1 mod 4 resp. Damit haben wir alle
vier Losungspaare (2 0) (3 1) (0 2) (1 3) mod 4 (das ergibt 16 Losungspaare mod 8).
Satz 3. Fur % = 1 : : : r seien a% b% 2 , q% 2 mit (a% q%) = 1, und die q% seien
paarweise teilerfremd. Dann ist das lineare Kongruenzsystem
Z
(Sr )
N
a% x b% mod q% (% = 1 : : : r)
losbar, und zwar durch genau eine Restklasse mod q1 qr .
Beweis. Wir fuhren den Beweis in zwei Schritten.
a) Ist 2 Z eine Losung von (Sr ), so lost die ganze Restklasse mod q1 qr das System (Sr ),
und weitere Losungen existieren nicht.
Denn es gilt a% ( + tq1 qr ) b% mod q1 qr fur jedes t 2 Z . Sind 0 Losungen von (Sr ),
so folgt a% ( ; 0 ) 0 mod q% , wegen (a% q% ) = 1 also 0 mod q% fur % = 1 : : : r. Das
heit, es gilt 0 mod q1 qr .
b) (Sr ) hat eine Losung.
Fur r = 1 liefert Satz 1 die Behauptung. Es sei nun eine Losung von (Sr;1 ). Zu zeigen ist,
da dann auch (Sr ) losbar ist, also das System
(2)
x mod q1 qr;1
ar x br mod qr :
Kapitel 4. Polynomkongruenzen
25
Nun ist (2) aquivalent zu ar ( + t q1 qr;1 ) br mod qr also zu
(3)
ar q1 qr;1 t + qr s = br ; ar :
Nach Kapitel 2, Satz 5, lautet die notwendige und hinreichende Losbarkeitsbedingung von (3)
(ar q1 qr;1 qr ) j br ; ar :
Nach Voraussetzung steht links 1. Daraus folgt die Behauptung.
2
Bemerkung 2. Ist die Bedingung (a% q%) = 1 nicht von vornherein erfullt, ist (a% q%) j b%
die notwendige und hinreichende Losbarkeitsbedingung fur die %-te Kongruenz. Diese lat
sich dann geeignet reduzieren. Gilt (a% q% ) b% , so ist die %-te Kongruenz bereits unlosbar
erst recht (Sr ).
Die paarweise Teilerfremdheit der q% in Satz 12 kann ersetzt werden durch die Bedingung
(q% q ) j (a% b ; a b% ) (1 % < r):
Sie ist hinreichend und notwendig fur die Losbarkeit des Systems (Sr ). Es existiert dann genau
eine Losungsrestklasse modq1 : : : qr ].
-
Folgerung 1. Ein Spezialfall von Satz 3 ist der sogenannte Chinesische Restsatz:
Sind q1 : : : qr 2 paarweise teilerfremd und b1 : : : br 2 , so besitzt das Kongruenzsystem
x b% mod q% (% = 1 : : : r)
genau eine Losung mod q1 qr .
N
Z
Beispiel 3. Das Kongruenzsystem 2x 3 mod 5 , 3x 2 mod 10 ist aquivalent zu 2x 3 mod 5 , 3x 2 mod 5 , x 0 mod 2 , also zu 2x 3 mod 5 , x 0 mod 2 . Mit x = 2y
geht dies u ber in die aquivalente Kongruenz 4y 3 mod 5 mit der eindeutigen Losung y 2 mod 5 , also x 4 mod 10 .
4.2 Nichtlineare Kongruenzen
Es sei f (x) = an xn + + a1 x + a0 2 x] ein Polynom mit ganzen Koezienten. Wir
behandeln Polynomkongruenzen f (x) 0 mod q . Aus Kapitel 3, Folgerung 1, ist bekannt,
da mit jeder Losung 2 alle Zahlen mod q Losungen sind.
Z
Z
Denition. Unter der Losungsanzahl %f (q) der Polynomkongruenz f (x) 0 mod q versteht
man die Anzahl der Restklassen mod q , die die Kongruenz losen.
Satz 4. Es sei q = q1 qk mit paarweise teilerfremden q 2 . Dann ist die Polynomkongruenz f (x) 0 mod q aquivalent zum System der Polynomkongruenzen f (x) 0 mod q
mit = 1 : : : k. Die Funktion %f : ! 0 ist multiplikativ.
N
N
N
Beweis. Die erste Aussage ist trivial (vgl. Bemerkung 1). Zum Nachweis der Multiplikativitat
von %f seien m n 2 N teilerfremd und 1 : : : s mod m alle Losungen von f (x) 0 mod m ,
1 : : : t mod n alle Losungen von f (x) 0 mod n .
26
Kapitel 4. Polynomkongruenzen
Fur jedes Paar ( ) dieser Losungen ist das lineare Kongruenzsystem
x mod m x mod n
nach dem Chinesischen Restsatz eindeutig modulo mn losbar. Fur verschiedene Paare ( )
sind die Losungen inkongruent modulo mn. Also gilt %f (mn) = %f (m) %f (n).
2
Wegen Satz 4 brauchen nur noch Polynomkongruenzen mit Primzahlpotenzmoduln untersucht
zu werden. Tatsachlich genugt es, sich mit Primzahlmoduln zu beschaftigen. Wir bemerken
dazu, da jede Losung von f (x) 0 mod p +1 auch Losung von f (x) 0 mod p ist. Ist also
eine Losung von f (x) 0 mod p , so ist jede zu gehorige Losung von f (x) 0 mod p+1
in der Restklasse mod p zu nden. Dies fuhrt auf die Kongruenz
f ( + tp ) 0 mod p+1
fur t. Nun ist
f ( + tp ) = an ( + tp )n + + a1 ( + tp ) + a0
f () + t p f 0() mod p+1:
Wegen p j f ( ) bleibt zu losen
f 0() t ; f ( ) mod p :
p
Dies ist eine lineare Kongruenz mit der Losungsanzahl
1 falls p f 0 ( )
-
0 falls p j f 0 ( ) und p fp( )
p falls p j f 0 ( ) und p j fp( ) :
-
Damit ist die Strategie klar, wie man von Losungen von f (x) 0 mod p zu denen von
f (x) 0 mod p +1 aufsteigt. Es bleiben daher noch Polynomkongruenzen mit Primzahlmoduln zu losen. Dafur gibt es kein allgemeines Verfahren.
Beispiel 4. Die Polynomkongruenz x2 + 3x + 2 0 mod 72 ist zu losen.
Wegen 72 = 23 32 bestimmen wir die Losung mod 23 und mod 32 einzeln gema Satz 4.
a) Losungen mod 2: x2 + 3x + 2 0 mod 2 () x 0 mod 2 oder x 1 mod 2
Losungen mod 4: x2 + 3x + 2 0 mod 4 ()
x = 2t: 4t2 + 6t + 2 0 mod 4 () t 1 mod 2 () x 2 mod 4
x = 2t + 1: 4t2 + 10t + 6 0 mod 4 () t 1 mod 2 () x 3 mod 4
Losungen mod 8: x2 + 3x + 2 0 mod 4 ()
x = 4t + 2: 16t2 + 28t + 12 0 mod 8 () t 1 mod 2 () x 6 mod 8
x = 4t + 3: 16t2 + 36t + 20 0 mod 8 () t 1 mod 2 () x 7 mod 8
Zwischenergebnis: x2 + 3x + 2 0 mod 8 hat genau die Losungen x 6 mod 8 und
x 7 mod 8.
Kapitel 4. Polynomkongruenzen
27
b) Losungen mod 3: x2 + 3x + 2 0 mod 3 () x 1 mod 3 oder x 2 mod 3
Losungen mod 9: x2 + 3x + 2 0 mod 9 ()
x = 3t + 1: 9t2 + 15t + 6 0 mod 9 () t 2 mod 3 () x 7 mod 9
x = 3t + 2: 9t2 + 21t + 12 0 mod 9 () t 2 mod 3 () x 8 mod 9
Zwischenergebnis: x2 + 3x + 2 0 mod 9 hat genau die Losungen x 7 mod 9 und
x 8 mod 9.
c) Alle Losungen von x2 + 3x + 2 0 mod 72 entstehen durch Kombination aller Losungen mod 8 mit allen Losungen mod 9. Dies liefert folgende Kongruenzsysteme, die nach
dem Chinesischen Restsatz alle eindeutig losbar mod 72 sind:
x
x
x
x
x
x
x
x
6 mod 8 () x ;2 mod 72 7 mod 9
6 mod 8 () x ;10 mod 72 8 mod 9
7 mod 8 () x 7 mod 72 7 mod 9
7 mod 8 () x ;1 mod 72 :
8 mod 9
Also sind alle Losungen von x2 + 3x + 2 0 mod 72 gegeben durch x ;1 ;2
7 ;10 mod 72.
d) Man hatte sich die ganze Arbeit sparen konnen, wenn man die Zerlegung x2 + 3x + 2 =
(x + 1)(x + 2) verwendet hatte. In =72 ist (x + 1)(x + 2) = 0 aquivalent dazu, da ein
Faktor verschwindet, also x = ;1 oder x = ;2, oder beide Faktoren sind komplementare
Nullteiler, also x = 7 oder x = ;10.
Z
Z
Bemerkung 3. Es sei q 2 , f (x) 2 x], deg f (x) 0, und a 2 eine Losung von
f (x) 0 mod q. Dann gibt es ein Polynom g(x) 2 x] mit deg g(x) = ;1 + deg f (x) und
f (x) (x ; a)g(x) mod q fur alle x 2 . Es ist namlich
N
Z
Z
Z
Z
f (x) ; f (a) = an (xn ; an ) + : : : + a1(x ; a) = (x ; a)g(x)
so da die Dierenz f (x) ; (x ; a)g(x) = f (a) durch q teilbar ist. Etwa gilt in Beispiel 4:
x2 + 3x + 2 = (x + 1)(x + 2) = (x ; 7)(x + 10) in =72 .
Z
Z
Satz 5. (Lagrange, 1736 - 1813) Es sei f (x) = anxn + : : : + a1 x + a0 2 x], p 2 und
p an . Dann hat die Kongruenz f (x) 0 mod p hochstens n Losungen.
Z
P
-
Beweis. Fur n = 0 ist die Aussage trivial, fur n = 1 folgt sie aus Satz 1. Wir nehmen an,
die Behauptung trit fur n ; 1 statt n zu. Es sei a 2 Z eine Losung von f (x) 0 mod p. Mit
geeignetem g(x) = an xn;1 + 2 Zx] gilt nach obiger Bemerkung f (x) (x ; a)g(x) mod p
fur alle x 2 Z. Ist nun 2 Z eine Losung von f (x) 0 mod p , so gilt f ( ) ( ;a)g( ) mod p ,
also ( ; a) 0 mod p oder g( ) 0 mod p wegen p 2 P. Die Behauptung folgt aus der
Induktionsannahme.
2
28
Kapitel 4. Polynomkongruenzen
Bemerkung 4. Wie Beispiel 4 zeigt, ist fur Nichtprimzahlmoduln die Aussage von Satz 5
falsch.
Folgerung 2. Es sei f (x) 2 x], n = deg f (X ) 2 0 , p 2 , und die Polynomkongruenz
f (x) 0 mod p habe mehr als n Losungen. Dann sind alle Koezienten des Polynoms f (x)
durch p teilbar. Das heit, in ( =p )x] ist f (x) das Nullpolynom.
Nachweis. Nach Voraussetzung hat f (x) = an xn + + a1 x + a0 mehr als n Nullstellen in
=p . Satz 5 liefert p j an und anxn 0 mod p fur alle x. Also hat das Polynom an;1 xn;1 +
+ a0 mehr als n Nullstellen, es folgt p j an;1 , usw.
2
Z
Z
Z
N
P
Z
Z
Bemerkung 5. Folgerung 2 ermoglicht einen neuen Beweis der Wilsonschen Kongruenz
(p ; 1)! ;1 mod p fur p 2
Nach dem kleinen Fermatschen Satz gilt ap;1 1 mod p fur alle a 2 mit p a . Mit f (x) =
xp;1 ; 1 hat die Kongruenz f (x) 0 mod p die p ; 1 Losungen 1 2 : : : p ; 1 mod p . Dasselbe
trit auf g(x) = (x ; 1)(x ; 2) (x ; (p ; 1)) zu. Das Dierenzpolynom h(x) = f (x) ; g(x)
h(x) 0 mod p hat einen Grad < p ; 1, aber mindestens p ; 1 Nullstellen in =p . Aus
Folgerung 2 kommt speziell p j (f (0) ; g(0)), also (p ; 1)! (;1)p mod p. Beachtet man noch
(;1)p ;1 mod p fur alle p 2 , so folgt (p ; 1)! ;1 mod p.
P
Z
-
Z
P
Z
Kapitel 5
Quadratische Kongruenzen
Das Hauptergebnis dieses Kapitels ist das von Gau 1796 (im Alter von 19 Jahren) bewiesene
quadratische Reziprozitatsgesetz.
5.1 Das Legendre-Symbol
Die allgemeine quadratische Kongruenz
Ax2 + Bx + C 0 mod q
mit A B C 2 , q 2 ist nach Kapitel 4, Satz 4, aquivalent zu dem System der quadratischen
Kongruenzen
Ax2 + Bx + C 0 mod p (p kq):
Dabei steht p kq fur p j q und p +1 q. Jede Losung mod p ist auch Losung mod p, und in
Kapitel 4 wurde gezeigt, wie man von Losungen mod p zu solchen mod p2 , p3 : : : aufsteigt
(wenn moglich). Daher genugt es, quadratische Kongruenzen
Z
N
-
Ax2 + Bx + C 0 mod p
mit Primzahlmoduln p zu untersuchen. Dabei darf p 6= 2 vorausgesetzt werden, da die Losbarkeit fur p = 2 durch triviales Probieren zu testen ist. Ferner darf p A angenommen werden,
da die Kongruenz sonst linear ist. Nach dem kleinen Fermatschen Satz ist Ap;1 1 mod p,
und bei Durchmultiplikation der quadratischen Kongrenz mit Ap;2 sieht man, da A = 1
vorausgesetzt werden darf. Wegen B B + p mod p fur jede ungerade Primzahl p darf B
als gerade angenommen werden. Mit gewissen Koezienten b c 2 hat man also die quadratische Kongruenz x2 + 2bx + c 0 mod p zu untersuchen, also (x + b)2 b2 ; c mod p.
Schreibt man darin a statt b2 ; c und x statt x + b, so bleibt
(1)
x2 a mod p
-
Z
29
30
Kapitel 5. Quadratische Kongruenzen
zu behandeln. Fur p j a hat man als triviale Losung genau die Restklasse 0 mod p. Ist die
Kongruenz fur p a losbar, so gibt es genau zwei inkongruente Losungen mod p. Wir fassen
zusammen:
-
Bemerkung 1. Das Problem der Losbarkeit quadratischer Kongruenzen ist reduziert auf
die Losbarkeit von (1) mit 2 =
6 p 2 und a 2 . Im Fall p j a gibt es genau eine Losung,
P
Z
namlich 0 mod p. Im Fall p a besitzt die Kongruenz (1) entweder keine oder genau zwei
mod p inkongruente Losungen.
-
Denition. Es sei 2 6= p 2 , p a 2 . Ist (1) losbar, so heit a quadratischer Rest (R)
modulo p, andernfalls
a quadratischer Nichtrest (N) modulo p. Fur 2 6= p 2 und a 2 ist das
Legendre-Symbol p (gelesen: a nach p) erklart durch
P
-
Z
P
8
>
< 0
a
1
p =>
:
;1 Z
falls p j a
falls a quadratischer Rest mod p
falls a quadratischer Nichtrest mod p :
Problem der Losbarkeit von (1) ist also aquivalent zur Bestimmung des Legendre-Symbols
Das
a
p . Wir notieren die triviale
Folgerung 1. Es sei 2 6= p 2 .
P
a)
Jede Quadratzahl m2 mit p m 2 ist quadratischer Rest modulo p :
m2 p = 1 fur p m 2 .
-
-
b)
Z
Z
Das Legendre-Symbol
nach p ist eine p-periodische Funktion:
b
p = p fur a b mod p.
a
Beispiel 1. 31 = 1, 23 = ;1 15 = 54 = 1, 25 = 35 = ;1.
Satz 1. Fur 2 6= p 2 gelten die folgenden Aussagen.
P
a)
Es gibt ebensoviele quadratische Reste wie Nichtreste modulo p.
b)
Die samtlichen quadratischen Reste modulo p werden reprasentiert durch die Zahlen
m2 mit m 2 mit 1 m p;2 1 .
N
Beweis. a) Wegen Folgerung 1 a) sind die Zahlen m2 mit 1 m p;2 1 quadratische Reste
modulo p. Sie sind paarweise inkongruent modulo p, denn aus 2 2 mod p folgt p j ( ; )
oder p j ( + ). Wegen 1 < + < p entfallt die zweite Moglichkeit, und aus j ; j < p
folgt = .
b) Zu zeigen bleibt, da es keine weiteren quadratischen Reste modulo p gibt. Samtliche
quadratischen Reste modulo p sind unter den Restklassen m2 mod p mit 1 m p ; 1.
Kapitel 5. Quadratische Kongruenzen
31
Wegen 2 (p ; )2 mod p kann es nur hochstens p;2 1 quadratische Reste modulo p geben,
und die Behauptung folgt aus a).
2
Satz 2. Es besteht das Eulersche Kriterium: Fur 2 6= p 2 gilt
P
a
p 1
2 mod p :
a
p
;
Beweis. Fur p j a ist die Behauptung oenbar richtig. Es sei nun p - a. Wir unterscheiden
zwei Falle.
a) ap = 1: Dann existiert ein 2 Z mit 2 a mod p, und der kleine Fermatsche Satz
liefert wegen p - p 1
a 2 p;1 1 mod p:
;
p 1
b) ap = ;1: Der kleine Fermatsche Satz liefert p j (ap;1 ; 1), also p j (a 2 ; 1) oder
p 1
p 1
p j (a 2 + 1). Im letzten Fall folgt a 2 ;1 mod p und daraus die Behauptung.
Zu zeigen
p 1
bleibt, da der erste pFall
unmoglich ist. Angenommen, es gilt doch
p j (a 2 ; 1). Dann
; p;1 2
1
2
2
hat die Kongruenz x 2 1 mod p die Losungen 1 , 2 , : : : , 2 . Diese Zahlen sind
paarweise inkongruent modulo p. Auerdem ist a eine Losung der obigen Kongruenz. Da a
quadratischer Nichtrest modulo p ist, haben wir damit p+1
2 paarweise inkongruente Losungen
p 1
von x 2 1 mod p. Dies widerspricht dem Satz von Lagrange (Kapitel 4, Satz 5).
2
;
;
;
;
;
;
Satz 3. Fur 2 6= p 2 und alle a b 2 gilt abp = ap pb das Legendre-Symbol nach
P
Z
p ist also eine vollstandig multiplikative Funktion.
Beweis. Das Euler-Kriterium liefert
ab ; p21
p ab
Es folgt
;
=a
p
;
2
1
b
p
;
2
1
ap pb mod p:
ab p a b ;
p
p p :
Dabei ist der Betrag der rechten Seite 2, wegen p > 2 also Null, und die Kongruenz modulo
p geht in Gleichheit uber.
2
Folgerung 2. Reste und Nichtreste modulo p genugen dem Multiplikationsschema
aR R=N N=R und R N=N R=N .
Die Bestimmung von p braucht nur durchgefuhrt zu werden fur a = ;1, a = 2 und
a = q 2 mit ungeraden Primzahlen p =
6 q.
P
Nachweis. Die Behauptungen folgen aus Satz 3.
2
32
Kapitel 5. Quadratische Kongruenzen
5.2 Die Erganzungssatze und das Gau
sche Lemma
Satz 4. (1. Erganzungssatz) Fur 2 6= p 2 gilt ;p1 = (;1) p 2 1 .
;
P
Beweis. Das Euler-Kriterium liefert
Behauptung folgt.
;1 p 1
2 mod p, woraus wie bei Satz 3 die
(
;
1)
p
;
2
Folgerung 3. Die Kongruenz x2 + 1 0 mod p ist losbar genau fur die Primzahlen p = 2
und p 1 mod 4.
Folgerung 4. Es gibt unendlich viele Primzahlen p 1 mod 4.
Nachweis. Euklids Idee lat sich modizieren: Angenommen, es sind p1 : : : pk samtliche
Primzahlen 1 mod 4. Die Zahl
n = (2p1 : : : pk )2 + 1 > 1
besitzt einen Primteiler p. Oenbar gilt p 2= f2 p1 : : : pk g. Es folgt p 3 mod 4 im Widerspruch zu Folgerung 3.
2
Satz 5. (Gausssches Lemma)
Es sei 2 6= p 2 und p a 2 . Es bezeichne die Anzahl
p;1
der Zahlen 1a 2a : : : P
2
-
Z
a , deren absolut kleinster Rest modulo p negativ ist. Dann gilt
a
p = (;1) :
Beweis. Die absolut kleinsten primen Reste modulo p sind die p;1 Zahlen 1 2 : : : p;2 1 .
Sie bilden ein primes Restsystem modulo p. Die absolut kleinsten Reste modulo p der Zahlen
1a , 2a , : : : , p;2 1 a seien, gegebenenfalls in anderer Reihenfolge,
;r1 ;r2 : : : ;r r10 r20 : : : r0
(0 < ri rj0 p;2 1 )
mit + = p;2 1 . Sie besitzen die Eigenschaften
i 6= j =) ri 6 rj mod p
i 6= j =) ri0 6 rj0 mod p
i j 1 =) ri 6 rj0 mod p:
Nur die letzte Eigenschaft ist nichttrivial. Sie wird indirekt gezeigt: Angenommen, es gilt doch
ri rj0 mod p fur gewisse i j . Dann folgt p ; ri + rj0 0 mod p. Die Zahlen p ; ri und rj0 sind
Reste von verschiedenen Vielfachen %a und a mod p. Das heit, es gilt p j (% + )a, wegen
p a also p j (% + ). Das ist wegen 1 < % + < p unmoglich.
Damit ist gezeigt: Die p;2 1 Zahlen ri rj0 bilden eine Permutation der Zahlen 1 : : : p;2 1 . Es
folgt
r1 r r10 r0 = p ;2 1 !
und weiter
p 1
a 2 p ;2 1 ! (;1) p ;2 1 ! mod p :
-
;
Kapitel 5. Quadratische Kongruenzen
Das ergibt
mit dem Euler-Kriterium also
woraus die Behauptung folgt.
a
p
33
1
;
2
(;1) mod p a
p (;1) mod p 2
Eine erste Anwendung des Gauschen Lemmas ist der
2
Satz 6. (2. Erganzungssatz) Fur 2 6= p 2 gilt 2 = (;1) p 8 1 .
p
P
;
Beweis. Wir setzen a = 2 im Gauschen Lemma und mussen die negativen unter den absolut
kleinsten Resten modulo p der Zahlen 2 4 : : : p ; 1 abzahlen. Man sieht sofort = p;4 1 ,
also
h
i
= p ;2 1 ; p ;4 1 :
2
Zu zeigen bleibt: p;2 1 ; p;4 1 p 8;1 mod 2.
Fur p 1 mod 4, also p = 4k + 1 mit k 2 N folgt
p ; 1 ; h p ; 1 i = k und p2 ; 1 = 2k2 + k k mod 2:
2
4
8
Fur p ;1 mod 4, also p = 4k ; 1 mit k 2 N folgt
p ; 1 ; h p ; 1 i = k und p2 ; 1 = 2k2 ; k k mod 2:
2
4
8
Damit ist Satz 6 bewiesen.
2
Bemerkung 2. Nur eine andere Formulierung von Satz 6 ist
(
2
1
fur p 1 mod 8
=
p
;1 fur p 3 mod 8:
Die quadratische Kongruenz x2 2 mod p ist also losbar genau fur die Primzahlen p = 2 und
p 1 mod 8.
Folgerung 5. (Euler) Es seien p 3 mod 4 und q = 2p + 1 Primzahlen. Dann gilt 2p ; 1 0 mod q. Insbesondere ist 2p ; 1 nicht Primzahl, wenn q = 2p + 1 2 mit einer Primzahl
P
p > 3 besteht.
Nachweis. Es gilt q 7 mod 8, infolge Satz 6 also 2 = 1. Das Euler-Kriterium liefert
2
q
q
1 = q 2 2 2p mod q
wie behauptet. Der Zusatz kommt aus 2p ; 1 > 2p + 1 = q fur p > 3, so da q dann echter
Teiler von 2p ; 1 ist.
2
;
1
Beispiel 2. Die Mersenneschen Zahlen 211 ; 1, 223 ; 1 sind nicht prim, denn 23 j 211 ; 1
und 47 j 223 ; 1.
34
Kapitel 5. Quadratische Kongruenzen
5.3 Das quadratische Reziprozitatsgesetz
Satz 7. (Quadratisches Reziprozitatsgesetz) Fur ungerade Primzahlen p 6= q gilt
q p
p 1q 1
2
2 :
q = (;1)
p
;
;
q
Beweis. Wir setzen p = 2k +1, q = 2` +1 und bestimmen
Lemma.
p mit dem Gauschen
q Zu betrachten sind die Zahlen 1q 2q : : : kq. Fur 1 k gilt q = p p + % mit
1 % p ; 1. Summation ergibt
q k(k 2+ 1) = p
k h i
X
q
k
X
+ % :
p
=1
=1
Die Betrage jr j der absolut kleinsten r % mod p durchlaufen die Zahlen von 1 bis k. Es
sei wieder die Anzahl der negativen unter den r . Dann gilt
k
X
=1
% = p +
k
X
=1
r also
k h i
k
X
X
k
(
k
+
1)
q
q 2 =p
+ p + r :
=1 p
=1
q
Nach dem Gauschen Lemma gilt p = (;1) , und es kommt nur darauf an zu entscheiden,
ob gerade oder ungerade ist. Daher braucht die obige Gleichung nur modulo 2 ausgewertet
zu werden. Wegen x ;x mod 2 fur jedes x 2 folgt
Z
k h i
k
k(k + 1) X
q + + X
jrj mod 2:
2
p
=1
=1
Darin hat die letzte Summe den Wert k(k2+1) , und es kommt
Fur pq = (;1) folgt analog
k h i
X
q
=1
p mod 2:
X̀ h p i
=1
q mod 2:
Demnach ist Satz 7 vollstandig bewiesen, wenn gezeigt wird, da + k` mod 2 besteht,
also
k h i X̀ h i
X
q +
p k` mod 2:
p
q
=1
=1
Kapitel 5. Quadratische Kongruenzen
35
Wir zeigen sogar
k h i
X
q
X̀ h
i
p = k`:
+
=1 p
=1 q
Dazu betrachten wir die Zahlen q ; p mit 1 k und 1 `. Es sind k` paarweise
Zahlen 6= 0. Wir zahlen die positiven unter ihnen ab: Bei festem sind es genau
verschiedene
q , insgesamt ist also genau
p
(2)
k h i
X
q
=1
p :
Wir zahlen die negativen unter ihnen ab: Es sind genau
X̀ h p i
=1
q :
Addition ergibt die Restbehauptung (2). Damit ist Satz 7 bewiesen.
2
Beispiel 3. Ist die Kongruenz x2 300 mod 101 losbar?
Es gilt
300 3 100 3 101 ;1 3 1 101 1 101
2
2
=
=
=
(
;
1)
101
101 101
101
3 = 3 = 3 = ;1
die Kongruenz x2 300 mod 101 ist also unlosbar.
;
;
Beispiel 4. Fur welche Primzahlen ist x2 3 mod p losbar?
Fur p = 2 und p = 3 ist die Losbarkeit trivial. Fur p > 3 heit Losbarkeit p3 = 1. Das
quadratische Reziprozitatsgesetz liefert
p 1 1 = p3 = (;1) 2 3p
Wir unterscheiden
zwei Falle:
p
p 1
Es ist 3 = 1 und (;1) 2 = 1 aquivalent zu p 1 mod 3 und p 1 mod 4, also zu p p 1
1 mod 12 es ist p3 = ;1 und (;1) 2 = ;1 aquivalent zu p ;1 mod 3 und p ;1 mod 4,
also zu p ;1 mod 12. Insgesamt ist x2 3 mod p ist losbar genau fur die Primzahlen p = 2,
p = 3 und p 1 mod 12.
Leicht zu sehen ist damit, da x2 3 mod pk mit 1 < k 2 losbar genau fur die Primzahlen
p 1 mod 12 ist.
;
;
;
N
Bemerkung 3. Fur k 2 , a 2 und p 2 mit p 2a ist x2 a mod pk losbar genau
dann, wenn ap = 1 gilt.
N
Z
P
-
36
Kapitel 5. Quadratische Kongruenzen
Kapitel 6
Summen von Quadraten
Das Ziel dieses Kapitels ist die multiplikative Charakterisierung der naturlichen Zahlen, die
eine Darstellung als Summe von hochstens zwei Quadratzahlen besitzen, sowie der Nachweis,
da jede naturliche Zahl eine Summe von hochstens vier Quadratzahlen ist.
6.1 Summen von zwei Quadraten
Fur festes k 2 setzen wir
N
Qk = fn 2 : es existieren n1 : : : nk 2
N
N
0
mit n = n21 + : : : + n2k g:
Oenbar gilt Q1 Q2 Q3 Q4 : : : wegen 2 2 Q2 n Q1 , 3 2 Q3 n Q2 und 7 2 Q4 n Q3 .
Hier wird Q2 charakterisiert. Eine wichtige multiplikative Eigenschaft enthalt
Lemma 1. Aus m n 2 Q2 folgt mn 2 Q2 .
Beweis. Es gilt, wie man leicht direkt veriziert,
(a2 + b2 )(c2 + d2 ) = (ac + bd)2 + (ad ; bc)2 :
Aufschlureicher ist der komplexe Beweis. Es gilt namlich (a;bi)(c+di) = (ac+bd)+i(ad;bc),
und die Norm N (z ) := jz j2 = zz hat die Eigenschaft N (zw) = N (z )N (w). Daraus folgt die
Behauptung.
2
Wir untersuchen, welche Primzahlen in Q2 liegen.
Lemma 2. Es gilt 2 2 Q2 sowie p 2 Q2 fur alle p 2 mit p 1 mod 4.
Beweis. Klar ist 12 + 12 = 2 2 Q2 . Fur p 2 , p 1 mod 4, ist die Kongruenz x2 + 1 0 mod p losbar durch ein x 2 mit 1 x < p2 . Erst recht ist x2 + y2 0 mod p losbar durch
P
P
N
37
38
Kapitel 6. Summen von Quadraten
ein Paar (x y) 2
N
2
mit 1 x y < 2p . Es sei jetzt (x0 y0 ) ein Losungspaar derart, da
x20 + y02 = m0 p
(1)
;
1 x0 y0 < p2
mit minimalen m0 2 besteht. Dann sind x0 y0 teilerfremd, und es gilt 1 m0 < p. Wir
zeigen m0 = 1.
Angenommen, es gilt m0 > 1. Division von x0 y0 durch m0 mit kleinstem Absolutrest liefert
die Existenz von 2 0 mit
N
N
x0 = m0 + x1 y0 = m0 + y1
jx1 j jy1 j m20 :
;
Es gilt x21 + y12 > 0, denn aus x1 = y1 = 0 folgt m0 j (x0 y0 ) = 1, also schon m0 = 1 entgegen
der Annahme. Wir haben damit 0 < x21 + y12 x20 + y02 0 mod m0 oder
;
x21 + y12 = m1 m0
(2)
0 < m1 < m0 :
Multiplikation von (1) und (2) ergibt m1 m20 p = (x20 + y02 )(x21 + y12 ). Mit der Zerlegungsformel
aus Lemma 1 geht dies uber in
m1 m20 p = (x0 x1 + y0y1 )2 + (x0 y1 ; x1 y0)2 :
(3)
Dabei gilt
x0 x1 + y0 y1 = x0 (x0 ; m0 ) + y0 (y0 ; m0 ) = m0 (p ; x0 ; y0 ) = m0 x2 x0 y1 ; x1 y0 = x0 (y0 ; m0 ) ; y0 (x0 ; m0 ) = m0 (y0 ; x0) = m0 y2 und aus (3) entsteht
m1 p = x22 + y22
mit 0 < m1 < m0 . Das ist der Widerspruch zur Minimalitat von m0 . Es folgt m0 = 1, und
Lemma 2 ist vollstandig bewiesen.
2
Lemma. 3. Es sei n 2 Q2 und p kn mit p 2 , p 3 mod 4, 2 . Dann gilt 2 j .
Beweis. Jedes n 2 Q2 lat sich in der Form n = m2 (a2 + b2 ) mit teilerfremden a b 2 0
schreiben. Wir zeigen p (a2 + b2 ), woraus p km2 und weiter 2 j folgt.
Angenommen, es gilt doch a2 + b2 0 mod p. Wegen (a b) = 1 folgt p b. Also existiert b0 2
mit bb0 1 mod p, also (ab0 )2 + 1 0 mod p. Das heit, da die Kongruenz x2 ;1 mod p
losbar ist entgegen ;1 = ;1 fur Primzahlen p 3 mod 4.
2
P
N
N
-
-
N
p
Zusammenfassung der drei Lemmata ergibt den
Satz 1. (Fermat) Eine naturliche Zahl ist genau dann Summe von hochstens zwei Quadratzahlen, wenn ihre Primteiler p 3 mod 4 in gerader Multiplizitat in ihr aufgehen.
Bemerkung 1. Es gilt Q2 = fkm2 2 : p j k =) p = 2 oder p 1 mod 4g.
N
Kapitel 6. Summen von Quadraten
39
6.2 Summen von vier Quadraten
Man sieht leicht, da keine Zahl der Form 4 (8k +7) mit k 2 0 in Q3 liegt. Da umgekehrt
Q3 aus allen anderen naturlichen Zahlen besteht, ist schwieriger zu beweisen. Es werden dazu
Kenntnisse aus der Theorie der ternaren quadratischen Formen benotigt. Eine Lemma 1
entsprechende multiplikative Charakterisierung von Q3 gibt es nicht, wie das Bespiel der
Zahlen 3 5 2 Q3 zeigt es gilt 15 62 Q3 . Der Vier-Quadrate-Satz von Lagrange besagt Q4 = :
N
N
Satz 2. (Lagrange) Jede naturliche Zahl ist Summe von hochstens vier Quadratzahlen.
Bemerkung 2. Zusammen mit Q3 6= Q4 liefert Satz 2 die Losung des Waringschen Problems fur Quadratzahlen. Es gilt g(2) = 4 (vgl. Beispiel 7 aus Kapitel 1).
Zum Beweis von Satz 2 benotigen wir eine multiplikative Charakterisierung von Q4 .
Lemma 4. Aus m n 2 Q4 folgt mn 2 Q4 .
Beweis. Es besteht die Eulersche Identitat
(4)
(x21 + x22 + x23 + x24 ) (y12 + y22 + y32 + y42 ) = z12 + z22 + z32 + z42
mit
8
>
>
>
<
z1 = x1 y1 + x2 y2 + x3 y3 + x4 y4
z2 = x1 y2 ; x2 y1 ; x3 y4 ; x4 y3
>
z3 = x1 y3 + x2 y4 ; x3 y1 ; x4 y2
>
>
:
z4 = x1 y4 ; x2 y3 + x3 y2 ; x4 y1 :
(5)
Diese Identitat lat sich direkt verizieren, aber wie kommt man darauf? Hierzu ist etwas
Algebra nutzlich: Der Quaternionenschiefkorper (nach Hamilton, 1805 - 1865, der ihn zuerst
systematisch untersuchte) entsteht aus durch Adjunktion von i j k mit
H
R
i2 = j 2 = k2 = ;1 ij = k = ;ji jk = i = ;kj ki = j = ;ik :
In
= fx1 + x2 i + x3 j + x4 k : x1 x2 x3 x4 2 g
lat sich mit der Addition wie in 4 und der Multiplikation gema obigen Regeln vernunftig
rechnen. Man addiert komponentenweise und multipliziert gema
R
H
R
(x1 ; x2 i ; x3 j ; x4 k)(y1 + y2 i + y3 j + y4 k) = z1 + z2 i + z3 j + z4 k
mit den Zahlen z1 z2 z3 z4 2 aus (5). Die Multiplikation ist oenbar nicht kommutativ.
Die Existenz von ( + ) ergibt sich konstruktiv aus der Existenz von 4 . Setzt man die
zu X = x1 + x2 i + x3 j + x4 k konjugierte Zahl X durch
R
H
R
X = x1 ; x2 i ; x3 j ; x4 k
fest, so folgt XX = XX = x21 + x22 + x23 + x24 2 . Das Produkt N (X ) := XX nennt man
die Norm von X . Sie ist multiplikativ, N (XY ) = N (X ) N (Y ), was aus XY = X Y folgt. Die
Beziehungen (4) und (5) lauten dann kurzer N (X ) N (Y ) = N (Z ) mit Z = X Y .
2
R
40
Kapitel 6. Summen von Quadraten
Die zahlentheoretische Konsequenz von Lemma 4 besteht darin, da zum vollstandigen Beweis
von Satz 2 nur noch gezeigt werden mu, da jede Primzahl eine Darstellung als Summe von
hochstens vier Quadratzahlen besitzt. Aus Lemma 2 wissen wir das schon fur p = 2 und
p 1 mod 4. Es bringt aber keinen Vorteil, nur die Primzahlen p 3 mod 4 zu betrachten.
Beweis von Satz 2. Wegen Lemma 4 genugt es, p 2 Q4 fur alle ungeraden p 2 P zu zeigen.
a) Wir zeigen zuerst die Existenz von x y 2 N 0 mit 0 x y < p2 und
x2 + y2 + 1 0 mod p:
p;1
p+1
2
Denn die p+1
2 Zahlen x mit 0 x 2 sind paarweise inkongruent modp, und die 2
Zahlen ;y2 ;1 mit 0 p p;2 1 sind auch paarweise inkongruent mod p. Von diesen insgesamt
p +1 Zahlen fallen wenigstens zwei in dieselbe Restklasse mod p. Damit folgt die Existenz von
x y mit 0 x p;2 1 und x2 ;1 ; y2 mod p.
b) Wegen a) existieren Zahlen x1 x2 x3 x4 2 mit jx j < 2p , so da gilt
(6)
x21 + x22 + x23 + x24 = m0 p
mit minimalem m0 2 . Dann besteht 1 m0 < p sowie (x1 x2 x3 x4 ) = 1.
c) Wir zeigen nun m0 = 1. Angenommen, es gilt m0 > 1. Aus (6) folgt speziell
x21 + x22 + x23 + x24 0 mod m0 und hierin sind wegen (x1 x2 x3 x4 ) = 1 < m0 nicht alle x durch m0 teilbar. Division von
x mit kleinstem Absolutrest durch m0 liefert die Existenz von Zahlen 2 0 und y 2
mit
x = m + y jy j m0 :
Z
N
N
Z
Es folgt
(7)
0
2
2
2
2
2
2
2
2
2
0 < y1 + y2 + y3 + y4 x1 + x2 + x3 + x4 0 mod m0 oder
y12 + y22 + y32 + y42 = m0 m1 mit 0 < m1 m0 :
Wir schlieen m1 = m0 aus: In diesem Fall gilt namlich jy1 j = jy2 j = jy3 j = jy4 j = m20 ,
insbesondere 2 j m0 und x = (2 1) m20 . Einsetzen in (6) ergibt
m20 ;(2 1)2 + (2 1)2 + (2 1)2 + (2 1)2 = m p
1
2
3
4
0
4
oder
m0 1 ;(2 1)2 + (2 1)2 + (2 1)2 + (2 1)2 = p:
1
2
3
4
2 2
Wegen p 2 folgt m0 = 2. Deshalb sind alle x ungerade. Aus (6), also x21 + x22 + x23 + x24 = 2p,
P
kommt aber
x1 + x2 2
x1 ; x2 2 x3 + x4 2 x3 ; x4 2
+
+
+
= p:
2
2
2
2
Dies widerspricht der Minimalitat von m0 . Es folgt daher m1 < m0 , wie behauptet. Multiplikation der Gleichungen (6) und (7) ergibt
m1 m20 p = (x21 + x22 + x23 + x24 ) (y12 + y22 + y32 + y42 ) = z12 + z22 + z32 + z42
Kapitel 6. Summen von Quadraten
41
mit den Zahlen z aus (5). Wir werden nachrechnen, da jede der Zahlen z durch m0 teilbar
ist. Dann gilt also z = m0 t mit t 2 , und es folgt
Z
m1p = t21 + t22 + t23 + t24 :
Dies widerspricht der Minimalitat von m0 > 1. Es gilt also m0 = 1 in (6), und Satz 2 ist
nachgewiesen. Die letzte Rechenaufgabe ist rasch erledigt: Aus den Gleichungen (5), (6), (7)
kommt
z1 x21 + x22 + x23 + x42 0 mod m0
z2 x1 x2 ; x2 x1 ; x3 x4 + x4 x3 0 mod m0
z3 x1 x3 + x2 x4 ; x3 x1 ; x4 x2 0 mod m0
z4 x1 x4 ; x2 x3 + x3 x2 ; x4 x1 0 mod m0 :
2
Bemerkung 4. Die vorstehenden Beweise der Satze 1 und 2 sind ahnlich. Sie beruhen
beide auf der von Fermat entwickelten "Methode des Abstiegs\. Es gibt inzwischen andere
Beweismethoden fur den Kern der beiden Satze, da namlich jede Primzahl 1 mod 4 Summe
von zwei Quadraten und jede Primzahl 3 mod 4 Summe von vier Quadraten ist.
42
Kapitel 6. Summen von Quadraten
Kapitel 7
Arithmetische Funktionen
In diesem Kapitel wird die arithmetische Struktur komplexwertiger Folgen erortert.
7.1 Die Dirichletsche Faltung
Denition. Jede Folge f : ! heit arithmetische Funktion. Ihre Menge wird mit F
bezeichnet. Auf F sind die linearen Operationen fur f g 2 F und 2 wie ublich punktweise
N
C
C
durch
(f + g)(n) = f (n) + g(n) und (f )(n) = f (n)
und die Dirichletsche Faltung durch
(f g)(n) =
X
dm2
dm=n
f (d) g(m)
(n 2 )
N
N
erklart.
Hinsichtlich der linearen Operationen bildet F ersichtlich einen -linearen Raum (komplexen
Vektorraum). Hinsichtlich der Addition und der Dirichletschen Faltung als multiplikativer
Verknupfung ist F ein Integritatsbereich, also ein kommutativer nullteilerfreier Ring mit
Einselement " 2 F ,
(
"(n) = 1 fur n = 1
(n 2 ) :
0 sonst
Die Nullteilerfreiheit sieht man so: Aus f (a) 6= 0 und g(b) 6= 0 mit minimalen Zahlen a b 2
folgt (f g)(ab) = f (a) g(b) 6= 0. Diese Eigenschaften fat der folgende Satz zusammen.
C
N
N
Satz 1. Unter den linearen Operationen und der Dirichletschen Faltung bildet F eine kommutative -Algebra mit Eins.
C
43
44
Kapitel 7. Arithmetische Funktionen
Es stellt sich die Frage nach der multiplikativen Gruppe F von F sie besteht aus den
bezuglich der Dirichletschen Faltung invertierbaren Elementen von F .
Satz 2. Die multiplikative Gruppe von F ist F = ff 2 F : f (1) 6= 0g.
Beweis. Nach Denition enthalt F genau solche f 2 F , zu denen es ein g 2 F mit f g = "
gibt. Das heit
X
dm2
dm=n
(
f (d) g(m) = 1 fur n = 1
0 sonst.
N
Dies ist ein unendliches lineares Gleichungssystem fur die Werte von g auf . Es ist eindeutig
losbar genau fur f (1) 6= 0, namlich durch
N
8 1
>
< f (1)
fur n = 1
sonst.
1 P
: f (1) dm=n f (d) g(m)
m<n
Wegen (f g)(1) = f (1) g(1) ist F auch abgeschlossen unter der Dirichletschen Faltung,
g(n) = > ;
2
insgesamt also Gruppe.
Das faltungsinverse Element von f 2 F wird fortan mit f ;1 bezeichnet. Die Rekursionsgleichung fur f ;1 fuhrt im allgemeinen nicht zu einer expliziten Formel fur die Werte f ;1 (n).
Eine andere multiplikative Verknupfung auf F ist das punktweise Produkt fg 2 F von
f g 2 F . Diese Operation macht zusammen mit der punktweisen Addition aus F einen nicht
nullteilerfreien kommutativen Ring mit Einselement 1 2 F , deniert durch 1(n) = 1 fur alle
n 2 . Dessen multiplikative Gruppe ist die Menge der f 2 F mit f (n) 6= 0 fur alle n 2 .
N
N
Als einfache gruppentheoretische Konsequenz von Satz 2 notieren wir
Folgerung 1. Es seien f g 2 F und h 2 F . Dann sind die Beziehungen f = g h und
g = f h;1 aquivalent.
Folgerung 2. Es seien F G : 1 1) ! und h 2 F . Dann sind aquivalent:
X
(i) F (x) = h(d) G xd fur alle x 1 C
(ii)
dx
X
G(x) = h;1 (d) F xd
d x
fur alle x 1 :
Nachweis. Es genugt zu zeigen, da (ii) aus (i) folgt. Dazu rechnen wir nach,
X
x X
x X ;1
X
h (d) F xd = h;1 (d)
h(m) G dm
=
h;1 (d) h(m) G dm
dx
dx
dmx
mx=d
X X X ;1
x
x
=
wie in (ii) behauptet.
nx
h (d) h(m) G n = G n = G(x) nx
dm=n
2
Kapitel 7. Arithmetische Funktionen
45
7.2 Additive und multiplikative Funktionen
Von besonderem Interesse sind arithmetische Funktionen, die zusatzliche additive oder multiplikative Eigenschaften aufweisen und oft vorkommen.
Denition. Funktionen f 2 F heien additiv, wenn gilt
f (mn) = f (m) + f (n)
(1)
fur alle teilerfremden m n 2 :
N
Funktionen f 2 F heien multiplikativ, wenn gilt
f (mn) = f (m) f (n)
(2)
fur alle teilerfremden m n 2 :
N
Die Mengen der additiven und der multiplikativen Funktionen werden mit A bzw. mit M
bezeichnet. Gelten die Gleichungen (1) bzw. (2) sogar fur alle m n 2 , so heien f 2 F
bzw. f 2 F vollstandig additiv bzw. vollstandig multiplikativ.
N
Beispiel 1. Es sei !(n) die Anzahl der verschiedenen Primteiler, "(n) die Anzahl der Primfaktoren und log n der naturliche Logarithmus von n 2 . Dann gilt ! " log 2 A , insbesondere sind ", log und die Nullfunktion 0 mit 0(n) = 0 fur alle n 2 sogar vollstandig
N
N
additiv.
Beispiel 2. Es sei (n) die Anzahl der naturlichen Teiler, (n) die Summe der naturlichen
Teiler von n 2 und '(n) die Anzahl der primen Restklassen mod n. Dann gilt ' 2 M .
Mit 2 sei I 2 F erklart durch I (n) = n fur alle n 2 . Dann sind I , 1 = I 0 , I = I 1 ,
" 2 M sogar vollstandig multiplikativ.
Folgerung 3. Additive und multiplikative Funktionen besitzen folgende Eigenschaften.
a) Jedes f 2 AM ist durch die Werte f (p ) auf der Menge = fp : p 2 2 g der
N
R
N
P
P
N
Primzahlpotenzen schon eindeutig bestimmt. Ist f vollstandig additiv oder vollstandig
multiplikativ, so ist f schon durch die Werte f (p) auf festgelegt.
Es gilt f 2 M genau dann, wenn f 6= 0 und (2) gilt, und dieses ist wieder genau dann
der Fall, wenn f (1) = 1 und (2) gilt.
Aus f 2 A folgt f (1) = 0, und es gilt ef 2 M.
P
b)
c)
Nachweis. a) Ist n = p11 prr mit paarweise verschiedenen p% 2 P und % 2 N die kanonische Darstellung von n 2 N , so folgt
f (n) =
f (n) =
r
X
%=1
r
Y
%=1
f (p%% )
falls f 2 A f (p%% )
falls f 2 M :
Bei vollstandig additiven bzw. vollstandig multiplikativen Funtionen f gilt noch f (p ) = f (p)
bzw. f (p ) = f (p).
;
b) Aus f 2 M folgt f 6= 0 und aus f (n) 6= 0 fur ein n 2 weiter f (1) ; 1 f (n) = 0, also
N
46
Kapitel 7. Arithmetische Funktionen
f (1) = 1.
c) Aus f 2 A kommt f (1) = f (1) + f (1) und daraus f (1) = 0. Fur teilerfremde m n 2
folgt
N
(ef )(mn) = ef (mn) = ef (m)+f (n) = ef (m) ef (n) = (ef )(m) (ef )(n)
2
wie behauptet.
Satz 3. Die Klasse A ist Unterraum von F bezuglich der linearen Operationen. Die Klasse
M ist Untergruppe von F bezuglich der Dirichletschen Faltung.
Beweis. Die Aussage uber A ist trivial. Wegen Satz 2 bleibt zu zeigen, da M unter der
Faltung abgeschlossen ist und da mit f auch f ;1 in M liegt.
a) Fur teilerfremde m n 2 hat jeder Teiler d 2 von mn eine; eindeutige
Darstellung der
Form d = ab mit a b 2 , a j n und b j m. Es gelten (a b) = 1, ma nb = 1. Damit folgt fur
f g 2 M
N
N
N
m n
X
=
f
(
ab
)
g
f (d) g mn
d
ab
ajmbjn
djmn
X
n
X
= f ( a) g m
f
(
b
)
g
a bjn
a = (f g)(m) (f g)(n):
ajm
(f g)(mn) =
X
b) Zu f 2 M existiert f ;1 2 F . Damit denieren wir eine multiplikative Funktion g 2 M
durch
g(p ) = f ;1 (p )
(p 2 )
P
und multiplikative Fortsetzung auf . Dann ist gema a) auch f g 2 M , und fur p 2 gilt
N
(f g)(p ) =
P
X
f (d) g pd = f (d) f ;1 pd = "(p ):
djp
djp
X
Es folgt f g = " auf und, da beide Seiten dieser Gleichung multiplikative Funktionen
sind, f g = " auf , also f ;1 = g 2 M .
2
P
N
Folgerung 4. Aus h = f g 2 M folgt f g 2 M oder f g 2= M.
Nachweis. Aus h 2 M und etwa f 2 M kommt mit Satz 3 sofort g = h f ;1 2 M .
2
Es ist oensichtlich, da A die multiplikative Struktur von F nicht aufweist und da bei M
die lineare Struktur von F verloren geht.
Kapitel 7. Arithmetische Funktionen
47
7.3 Beispiele und Anwendungen
Denition. Es sei 2 und 1 < k 2 . Die Teilersummenfunktionen , die TeilerfunkR
N
tionen k und die Mobiusfunktion (Mobius, 1790 - 1868) sind erklart durch
= 1 I k = 1 1
mit k Faktoren 1 = 1;1 :
Folgerung 5. Die oben erklarten Funktionen sind alle multiplikativ. Speziell gilt 2 = ,
1 = sowie
X
Y
(n) = 1 = ( + 1)
(n) =
djn
X
djn
(
d=
r
(n) = (;1)
0
p kn
Y
p kn
(1 + p + + p )
fur n = p1 pr mit paarweise verschiedenen p% 2
sonst.
P
Nachweis. Die Funktionen sind als Faltungsprodukte oder Faltungsinverse multiplikativer
Funktionen ebenfalls multiplikativ. Die Produktdarstellungen rechnet man mit (p ) = + 1
und (p ) = 1 + p + p2 + + p nach. Fur die Mobiusfunktion folgt aus 1 = " an den
Primzahlpotenzstellen p 2 mit 2
( 1)(p) = 1 + (p) = 0
X
;
( 1)(p ) = (d) = 1 + (p) + (p2 ) + + (p ) = 0
P
djp
woraus die Behauptung u ber die Werte (p ) kommt.
2
Bemerkung 1. In den Folgerungen 1 und 2 wird oft vorausgesetzt, da h 2 M vollstandig
multiplikativ ist. Der Vorteil besteht darin, da in diesem Fall h;1 = h gilt, denn
X
X
( h h)(n) =
(d) h(d) h(m) = h(n)
(d) = h(n) "(n) = "(n):
dm=n
dm=n
In diesem Spezialfall erhalten die Folgerungen ein etwas einfacheres Aussehen. Die A quivalenz der resultierenden Gleichungen f = g h und g = f h nennt man auch 1. Mobiussche
Umkehrformel, und die entsprechende A quivalenz aus Folgerung 2 wird 2. Mobiussche Umkehrformel genannt. Zumeist ndet man den Fall h = 1, also h;1 = .
Satz 4. Fur die Eulerfunktion ' gilt ' = I .
Beweis. Die Gleichungen ' = I und ' 1 = I sind aquivalent. Letztere besagt
X
'(d) = n fur alle n 2 :
djn
Dies ist die Aussage von Satz 7 aus Kapitel 3.
N
2
48
Kapitel 7. Arithmetische Funktionen
Folgerung 6. Es gilt
'(n) = n
Y
1
=
n
1
;
d
p
djn
pjn
X (d)
(n 2 ):
N
Nachweis. Die erste Gleichung kommt aus Satz 4. Die rechte Seite der zweiten Gleichung ist
eine multiplikative Funktion von n. An Primzahlpotenzen n = p 2 P stimmt sie oenbar
mit '(n) = p ; p ;1 uberein. Also gilt die Gleichung schon fur alle n 2 N .
2
Satz 5. Es sei f 2 A . Dann gilt
(
fur n = p 2 sonst
;1
( f )(n) = f (p ) ; f (p )
0
(n 2 ):
P
N
Beweis. Da f additiv ist, gilt ( f )(1) = f (1) = 0, und wegen (p% ) = 0 fur alle p 2 P und
% > 1 kommt ( f )(p ) = f (p ) ; f (p ;1 ) fur p 2 P . Hat schlielich n 2 N die Gestalt
n = ab mit teilerfremden a b 2 N , so hat jeder naturliche Teiler d von n die Gestalt d = a0 b0
mit eindeutig bestimmten naturlichen a0 j a und b0 j b. Damit folgt
( f )(n) =
X ab X ;
d f (d) = aa0 bb0 f (a0 ) + f (b0 )
djab
a ja
0
b jb
0
= ( f )(a) "(b) + ( f )(b) "(a):
2
Dies verschwindet fur a > 1 und b > 1.
Eine in der Primzahltheorie wichtige Anwendung von Satz 5 geht auf von Mangoldt (1854 1925) zuruck.
Denition. Die von Mangoldt-Funktion # : ! ist erklart durch # = log.
N
R
Aus Satz 5 kommt sofort die
Folgerung 7. Es gilt
#(n) =
(
log p
0
fur n = p 2 sonst
P
(n 2 ):
N
Kapitel 8
Elementare analytische Techniken
In diesem Kapitel werden elementare analytische Techniken zur Untersuchung des mittleren
Verhaltens arithmetischer Funktionen bereitgestellt und angewandt.
8.1 Partielle Summation
Die Werte arithmetischer Funktionen sind oft sehr unregelmaig verteilt. Die Teilerfunktion ist dafur ein typisches Beispiel sie ist beliebig groer Werte fahig, nimmt aber den
Funktionswert 2 unendlich oft an. Dagegen erweist sich das Verhalten der Summe
X
nx
f (n)
haug als ziemlich regelmaig, und sie lat sich durch bekannte reell- oder komplexwertige
Funktionen gut approximieren. Ein wesentlicher Teil des Studiums arithmetischer Funktionen besteht in der Untersuchung ihres summatorischen Verhaltens. Ist insbesondere f die
charakteristische Funktion einer Menge von naturlichen Zahlen, etwa der Primzahlmenge ,
so werden auch Abzahlungsprobleme davon erfat.
P
Denition. Es sei a 0 reell, f 2 F . Dann heit die durch
sf (x) = sf (a x) =
X
a<nx
f (n)
(x 0)
erklarte Treppenfunktion sf : 0 1) ! eine summatorische Funktion von f .
C
Bemerkung 1. Die Funktion sf ist rechtsseitig stetig. Es gilt sf (a x) = 0 fur x < 1 oder
x a. Fur 0 a b x gilt sf (a x) = sf (a b) + sf (b x).
49
50
Kapitel 8. Elementare analytische Techniken
Vollig abweichend von unserer an die Limitierungstheorie angelehnten Denition ndet man
bisweilen in der Literatur auch das Dirichletsche Faltungsprodukt 1 f als summatorische
Funktion von f bezeichnet.
;
Beispiel 1. Es gilt s1(0 x) = x], sI (0 x) = 12 x] x] + 1 .
Ein wesentliches technisches Hilfsmittel zur Berechnung von Integralen ist das Verfahren der
partiellen Integration. Unter geeigneten Dierenzierbarkeitsvoraussetzungen an die Funktionen f g besteht
Zx
Zx
f (t) g(t) dt = F (x) g(x) ; F (t) g0 (t) dt a
a
wobei F Stammfunktion von f mit F (a) = 0 ist. Das analoge Hilfsmittel zur Berechnung von
Summen geht auf Abel (1802 - 1829) zuruck es handelt sich um das Verfahren der (abelschen)
partiellen Summation.
Satz 1. Es sei 0 a x, f 2 F und g : a x] ! eine stetige und stuckweise stetig
C
dierenzierbare Funktion. Dann gilt
sfg (a x) = sf (a x)g(x) ;
Beweis. Man rechnet nach
sfg (a x) =
=
wobei zuletzt
verwendet wurde.
X
a<nx
X
f (n) g(n) =
Zx
a
sf (a t) g0 (t) dt:
X ;
sf (a n) ; sf (a n ; 1) g(n)
a<nx
X
sf (a n) g(n) ;
sf (a n) g(n + 1)
a<nx;1
X
;
= sf (a x) g(x]) ;
sf (a n) g(n + 1) ; g(n)
a<nx;1
Z n;1
X
= sf (a x) g(x]) ;
sf (a n)
g0 (t) dt
n
a<nx;1
Z x]
= sf (a x) g(x]) ;
sf (a t) g0 (t) dt
a
Zx
= sf (a x) g(x) ; sf (a t) g0 (t) dt a
Zx
sf (a x) (g(x) ; g(x])) = sf (a t) g0 (t) dt
x]
a<nx
2
Folgerung 1. Es bezeichne B1 : ! die durch
R
R
B1 (t) = t ; 12 fur 0 t < 1
und 1-periodische Fortsetzung auf denierte Bernoulli-Funktion (Jakob Bernoulli, 1654 1705). Es sei weiter 0 a x und g : a x] ! stetig und stuckweise stetig dierenzierbar.
R
C
Kapitel 8. Elementare analytische Techniken
Dann gilt
51
Zx
x Z x
sg (a x) = g(t) dt ; B1(t) g(t)a ; B1 (t) g0 (t) dt :
a
a
(1)
Nachweis. Mit f = 1 und sf (a x) = x] ; a] kommt
Zx;
sg (a x) = x] ; a] g(x) ;
t] ; a] g0 (t) dt
aZ
Zx
x 1
= x] g(x) ; a] g(a) ;
t ; 2 g0 (t) dt +
t ; t] ; 12 g0 (t) dt
a
a
Zx
x Z x 1
=
g(t) dt ; t ; t] ; 2 g(t)a +
t ; t] ; 12 g0 (t) dt
a
Zax
x Z x
= g(t) dt ; B1 (t) g(t)a + B1 (t) g0 (t) dt
a
a
;
2
Bemerkung 2. Formel (1) ist ein Spezialfall der sogenannten Eulerschen Summenformel.
Diese entsteht aus (1) durch weitere partielle Summation des letzten Integrals, wobei g als
genugend oft dierenzierbar vorauszusetzen ist. Als sukzessive Stammfunktionen treten dabei
die 1-periodischen Bernoulli-Funktionen Bk auf mit
Zx
Bk+1(x) = (k + 1)
0
Bk (t) dt +
Z1
0
tBk (t) dt
(k 2 0 x < 1)
N
Die Bk sind fur k 2 auf stetig, und sie haben die Mittelwerteigenschaft
R
Z1
0
Bk (t) dt = 0
(k 2 ):
N
Die sogenannten Bernoullischen Zahlen sind die Werte Bk (0). Man rechnet etwa nach B2 (x) =
x2 ; x + 16 fur 0 x < 1. Von Interesse sind die Fourierentwicklungen, etwa
B2 (x) = 12
Damit folgt
1 1
X
n=1
1 cos(2nx)
X
n=1
n2
(x 2 ):
R
2
n2 = 6 .
8.2 Die Landauschen Symbole
Bevor wir Satz 1 und Folgerung 1 anwenden, fuhren wir eine zweckmaige Schreibweise ein,
die auf Landau (1877 - 1938) zuruckgeht.
52
Kapitel 8. Elementare analytische Techniken
Denition. Es sei M , a 2 f1g ein Haufungspunkt von M , ferner f g : M !
und r : M ! + . Man schreibt mit den Landauschen Symbolen O und O
_
^ jf (z ) ; g(z )j
f (z ) = g(z) + O(r(z)) fur z 2 M anstelle von
c
r(z)
C
C
C
R
c2
R+
f (z) = g(z) + O(r(z)) fur z ! a anstelle von
Asymptotische Gleichheit ist erklart durch
zlim
!a
z 2M
f (z) g(z ) fur z ! a genau dann, wenn
z2M
f (z) ; g(z ) = 0 :
r (z )
zlim
!a
z2M
f (z ) = 1:
g (z )
Anstelle des Landauschen O Symbols ist auch das von Vinogradov (1891;- 1983)
eingefuhrte
Symbol gebrauchlich: Es bedeutet f (z ) r(z ) dasselbe wie f (z ) = O r(z ) .
Bemerkung 3. Genau dann besteht f (z) g(z) fur z ! a, wenn f (z) = g(z) + O(jg(z)j)
fur z ! a gilt.
Es sei M = , a = 1 und f 2 F . Dann bedeutet f (n) = O(1), da f eine Nullfolge ist, und
f (n) = O(1), da f eine beschrankte Folge ist. Die Tatsache, da jede Nullfolge beschrankt
ist, druckt die "Gleichung\ O(1) = O(1) aus. Es ist oensichtlich, da die Verwendung des
N
Gleichheitszeichens im Zusammenhang mit den Landauschen Symbolen logisch nicht einwandfrei ist. Mit der Element- und der Inklusionsbeziehung ware aber solchen Einwanden leicht der
Boden zu entziehen. In der Tat fuhren die (eingeburgerten) Landauschen Symbole zu einer so
groen Vereinfachung der Schreibweise und des Verstandnisses, da puristische Kleinlichkeit
unangebracht ist.
Beispiel 2. Der ersten Orientierung dienen die folgenden Abschatzugen: sin x = O(1) fur
x 2 , x] = x + O(1) fur x 2 , sin x = x + O(jxj3 ) fur x ! 0, log(1 + x; ) x fur x ! 0,
log x = O(x" ) fur x 1 und jedes " > 0, ex = 1 + O(jxj) fur jxj 1, exp O(1) = 1 + O(1)
fur x ! a, x x + 1 fur x ! 1, log x log(x + 1) fur x ! 1, ex 6 ex+1 fur x ! 1.
R
R
8.3 Elementare asymptotische Formeln
Wir untersuchen das asymptotische Verhalten einiger spezieller Summen, die oft benotigt
werden.
Satz 2. Es sei x 1. Dann gilt
8
1
>
<
log
x
+
+
O
X 1
x 1;
=>
x
1
n
:
nx
1 ; + + O x
fur = 1
fur 0 < < 1:
Dabei sind Konstanten mit den Darstellungen (0 < < 1)
Z1
Z1
1
B
(
t
)
1
1
B1(t) dt :
1
=2;
dt
=
;
;
2
t
2 1;
1
1 t1+
Kapitel 8. Elementare analytische Techniken
53
Beweis. Fur = 1 liefert Folgerung 1 mit 0 < < 1
X 1 Z x dt B1 (1 ; ) B1 (x) Z x B1 (t)
=
+ 1; ; x ;
2 dt
n
t
t
1
;
1
;
nx
Zx
Z1
Z1
dt
B
(1
;
)
B
(
x
)
B
(
t
)
B1 (t) dt 1
1
1
=
+
;
;
dt
+
2
1;
x
t2
1; t
1; t
x
also fur ! 0+ bereits
X 1
= log x + + R(x)
n
nx
mit
Z1
jB1 (t)j dt 1 = O 1 :
j
B
(
x
)
j
1
jR(x)j +
x
t2
x
x
x
Die Behauptung im Fall 0 < < 1 ergibt sich entsprechend unter Beachtung der absoluten
Konvergenz des Integrals
Z1
B1 (t) dt 1
(x 1):
x
t1+
x
2
Bemerkung 4. Es ist die bekannte Euler-Mascheroni-Konstante,
= xlim
!1
Satz 3. Mit der Konstanten c = 1 +
X
n
X
Z1
1
nx
1 ; log x :
n
B1 (t) dt gilt fur n 2
t
N
log = n log n ; n + 12 log n + c + O n1 :
Beweis. Wir zeigen zuerst die Existenz von
Z1
B1 (t)
1
t dt n :
n
Fur k 2 liefert die Substitution u = t ; k ; 21
N
Z k+1
k
also
2u2
B1 (t) dt = Z 12 u du = ; Z 12
du ;
t
; 21 u + k + 12
0 k + 12 2 ; u2
0;
Z k+1
k
B1 (t) dt 1 t
4k 2
woraus die behauptete Konvergenz und die Abschatzung
Z 1
n
1 1
B1 (t) dt 1 X
1
2
t
4 k =n k
n
54
Kapitel 8. Elementare analytische Techniken
ablesbar sind. Nun ergibt Folgerung 1
X
n
Zn
n
Zn
B1(t) dt
t
1
1
Z1
B1 (t) dt + O 1 :
= n log n ; n + 1 + 21 log n +
t
n
1
log =
log t dt ; B1 (t) log t1 +
2
Satz 3 ist
Bemerkung 5. Aus der Grundvorlesung uber Analysis ist c = p12 log 2 bekannt
n
n
namlich die logarithmische Version der Stirlingschen Formel n! 2n e fur n ! 1 mit
; dem genaueren Restglied O n1 statt O(1).
8.4 Die mittlere Gro
enordnung einiger arithmetischer Funktionen
Hier behandeln wir die summatorischen Funktionen von ' und beweisen zur Vorbereitung
den folgenden
Satz 4. Es bestehen die folgenden Konvergenzaussagen:
a)
P
1
X
n=1
b)
P
Konvergieren beide
P Reihen f (n) und g(n) mit f g 2 F absolut, so konvergiert
auch die Reihe (f g)(n) absolut, und es gilt
(f g)(n) =
1
X
n=1
f (n)
1
X
n=1
g(n) :
P
Es sei f 2 MQ. Genau
dann konvergiert die
;
Absolutreihe jf (n)j , wenn das Abso2
lutprodukt
1 + jf (p)j + jf (p )j + konvergiert, und in diesem Falle gilt die
p2
Eulersche Produktformel
P
1
X
n=1
f (n) =
Y;
p2
1 + f (p) + f (p2 ) + :
P
Im Fall der vollstandigen Multiplikativitat von f gilt dann sogar
1
X
n=1
f (n) =
Y;
p2
1 ; f (p) ;1 :
P
Beweis. a) Die Reihen durfen ausmultipliziert und umgeordnet werden. Bei geeigneter Zusammenfassung der Glieder entsteht
1
X
m=1
f (m )
1
X
d=1
g(d) =
1
X
md=1
f (m) g(d) =
1 X
X
n=1 md=n
f (m) g(d) =
1
X
n=1
(f g)(n) Kapitel 8. Elementare analytische Techniken
55
und die Produktreihe konvergiert absolut.
b) Aus der Konvergenz des Absolutprodukts und der Ungleichung
X
nN
jf (n)j Y ;
pN
p2
1 + jf (p)j + jf (p2 )j + P
Y;
p2
1 + jf (p)j + jf (p2 )j + < 1
P
1
P
kommt die Konvergenz von
jf (n)j . Umgekehrt kommt aus der Konvergenz der Absolutn=1
reihe die von 1 + jf (p)j + jf (p2 )j + fur jedes p 2 , und die Abschatzung
P
Y
X
X
;
2
1 + f (p) + f (p ) + ;
f (n) = f (n)
pN
nN
n>N
pjn ) pN
X
Y ;
X
2
jf (n)j =
n>N
pjn)pN
X
n>N
pN
1 + jf (p)j + jf (p )j + ;
nN
jf (n)j
jf (n)j = O(1) fur n ! 1
liefert die Konvergenz des Absolutprodukts und die behauptete Produktformel. Der Zusatz
fur vollstandig multiplikatives f folgt daraus durch Summation der geometrischen Reihen
1 + f (p) + f (p2 ) + = 1 + f (p) + f 2 (p) + = 1 ; 1f (p) :
Denition. Die Riemannsche Zetafunktion ist fur s > 1 deniert durch
(s) =
2
1 1
X
s:
n=1 n
Folgerung 2. Die Zeta-Reihe konvergiert absolut fur alle s > 1 und gleichmaig fur alle
s 1 + " mit " > 0. Fur s > 1 ist (s) stetig, und es gelten dort die absolut konvergenten
Produktdarstellungen
1 (n) Y ;1
X
1
1
1 :
(s) =
1 ; ps (s) =
=
1
;
s
ps
n=1 n
p2
p2
Y
P
P
2
Insbesondere gilt (2) = 6 .
Nachweis. Die Behauptungen folgen aus Satz 4, wobei im Fall der Mobiusfunktion 1 = "
sowie j(n)j 1 fur alle n 2 N eingeht. Der Zusatz kommt aus Bemerkung 2.
2
Satz 5. Fur x 2 gilt
a)
X
nx
2
(n) = (2)
2 x + O(x log x) b)
X
nx
'(n) = 21(2) x2 + O(x log x).
56
Kapitel 8. Elementare analytische Techniken
Beweis. a) Wegen = 1 I liefern die Satze 1 und 2 sowie Folgerung 2
x X
XX
X
X X
X x 2
(n) =
d=
d=
d = 21
+
O
m
nx
nx djn
mx dx=m
mx m
dmx
X
X 1 1
2 X
x
1
1
2
+
O
x
+
O
x
= 2
2
2
m>x m
m=1 m
mx m
Z1 dt + O;x log x = (2) x2 + O;x log x:
2 + O x2
= (2)
x
2
2
x t2
b) Mit ' = I folgt analog
X
n x
'(n) =
XX
nx djn
1X
X
X
X
(d) nd =
(d) m = (d)
m
dmx
x 2
x dx
2
x X
mx=d
(d) + O x X 1
=2
(d) d + O d = 2
2
dx
dx d
dx d
1 (d)
2 X
2
2 X 1 + O ;x log x = x + O (x log x):
= x2
+
O
x
2
2
2 (2)
d=1 d
d>x d
Satz 6. Fur x 1 gilt
;p X
2
(n) = x log x + (2 ; 1)x + O x .
nx
Beweis. Mit = 1 kommt aus Satz 2 zunachst
X
X X
X
X X
X hxi
(n) =
1=
1=
1=
nx
=
nx md=n
X x
mdx
mx dx=m
X 1
mx
m
m + O(1) = x mx m + O(x) = x log x + O(x)
mx
was zum Beweis der Behauptung oenbar nicht ausreicht. Zur Verbesserung der Abschatzung
folgen wir Gau und gehen auf
X
X
(n) =
1
nx
dmx
zuruck. Rechts steht die Anzahl der Gitterpunkte (d m) 2 2 , die im ersten Quadranten
unterhalb oder auf der Hyperbel dm = x liegen. Aus Symmetriegrunden folgt mit Satz 2
X
X
X X
p 1; x 2
(n) =
1=2
N
nx
mdx
mpx d mx
X x
=2
;p m + O(1) ; x + O x = 2x
mpx
p
;p
= 2x log x + + O p1x ; x + O x
X 1
;p x
;
x
+
O
m
p
m x
;p = x log x + (2 ; 1)x + O x wie behauptet.
2
Kapitel 8. Elementare analytische Techniken
57
Bemerkung 6. Man kann fragen, fur welche Exponenten # die Aussage
X
(n) = x log x + (2 ; 1)x + O x#
nx
zutrit. Es sei = inf #. Die Bestimmung von ist das sogenannte Dirichletsche Teilerproblem. Man wei etwa
1 35
4
108
1
35
(man beachte 108 < 3 ). Die untere Schranke stammt von Hardy und Landau (1915), die obere
geht zuruck auf Kolesnik (1982). Die Schranke 31 wurde schon 1903 von Voronoi bestimmt.
Es gibt weitere Verbesserungen der oberen Schranke. Man vermutet = 41 .
Bemerkung 7. Durch partielle Summation lassen sich aus den Satzen 5 und 6 asymptotische Aussagen fur die Summen
X (n)
X '(n)
X (n)
nx
nx
nx
n n n
mittels partieller Summation gewinnen. Etwa liefert Satz 1 fur x 2
Zx X
X (n) 1 X
1
=
(n) +
(n) dt
nx
Dabei wurde zuletzt
n
Zx
log t
1
x nx
1 t2 nt
;
= (2) x + O log2 x :
1 log2 x verwendet.
dt
=
t
2
58
Kapitel 8. Elementare analytische Techniken
Kapitel 9
Elementare Ergebnisse zur
Primzahlverteilung
In diesem Kapitel werden die Verteilung der Primzahlen studiert und quantitative Ergebnisse
mit elementaren Methoden bewiesen.
9.1 Die Abschatzungen von Chebyshev
Die Idee, aus der Primfaktorzerlegung von n! quantitative Abschatzungen u ber die Anzahl
der Primzahlen p x zu gewinnen, geht auf Chebyshev (1821 - 1894) zuruck.
Denition. Fur x 1 bezeichnet (x) die Anzahl der Primzahlen x.
1 hni
Y (n)
X
p
Satz 1. Fur n 2 N gilt n! = p
mit p(n) =
k .
p2
k=1 p
Beweis. Produkt und Reihe sind jeweils endlich wegen pnk = 0 fur pk > n. Insbesondere lauft
n
bei festem p die Summe p(n) nur u ber die k 2 N mit k log
log p , und das Produkt braucht nur
P
uber die Primzahlen p n erstreckt zu werden. Wir zahlen ab, wie oft eine Primzahl p n
in n! aufgeht: Unter den Faktoren 1 2 : : : n von n! haben genau die Zahlen
p
p2
usw.
h i
mit = 1 : : : np
hni
mit = 1 : : : p2
den Teiler p den Teiler p2
Der Gesamtbeitrag p (n) der Primzahl p zu n! ist daher np ] + pn2 ] + , wie behauptet. 2
59
60
Kapitel 9. Elementare Ergebnisse zur Primzahlverteilung
Satz 2. Fur x 2 gilt die Abschatzung von Chebyshev
1 x < (x) < 4 x :
4 log x
log x
Beweis. Wir betrachten fur n 2 N den Binomialkoezienten 2nn 2 N . Oenbar gilt
n)! = 2n 22n p (2
n
n! n!
n<p2n
Y
also
X
(1)
n<p2n
log p (2 log 2) n:
Es folgt (2n) (n)+2 log 2 logn n fur alle n 2 , n 2. Es sei nun x > 4 mit 2k;1 < x 2k
und 3 k 2 . Wir machen die rekursive Ungleichung explizit:
N
N
k
k;1
2
(x) (2k ) < k 2; 1 + k2 ; 2 + + 21 + (2) = 1 + 2
k ;1 X
2
=1
:
Induktion nach k fur k 3 zeigt
1+2
k;1 X
2
=1
k;1
k+1
2
2
x :
=
4
<
4
k
;
1
(k ; 1) log 2
log 2
log x
Damit ist die beauptete Abschatzung von (x) nach oben fur x 4 gezeigt, und fur 2 x 4
veriziert man sie direkt.
Andererseits liefern Induktion und Satz 1
n)! = Y pp(2n);2p (n) :
2n 2nn = (2
(n!)2
(2)
Wegen
folgt
p2n
(
2x] ; 2x] = 0
1
fur 0 # < 12
fur 12 # < 1
(x = x] + #)
1 h 2n i h n i log 2n
X
p(2n) ; 2p(n) =
k ; 2 pk log p :
k=1 p
Einsetzen in (2) liefert
2n Y
p2n
log 2n
p log p = (2n)(2n) Kapitel 9. Elementare Ergebnisse zur Primzahlverteilung
61
und durch Logarithmieren entsteht (2n) log2 2 log2n2n fur n 2 . Schachtelt man x > 6 ein
durch 2n < x 2n + 2 mit n 2 , n 3 , so kommt
N
N
; log 2 2n log x x
2 x log 2n log x
n x ; 3 log 2 x
; log2 2 2n2+2
log x 8
log x
(x) (2n) > 41 logx x und fur 2 x 6 veriziert man dies wieder direkt. Damit ist die Abschatzung von Chebyshev
vollstandig nachgewiesen.
2
Bemerkung 1. Satz 2 sagt aus, da (x) die Groenordnung logx x hat. Es gilt namlich
1
(x) log x lim (x) log x 4:
4 lim x
x
9.2 Die Funktionen # und Es ist zweckmaig, anstelle von (x) die gewichteten Summen #(x) und (x) zu untersuchen:
Denition. Fur x 1 sind # erklart durch
#(x) =
X
px
log p (x) =
X
p x
log p :
Bemerkung 2. Oenbar ist die summatorische Funktion der von Mangoldt-Funktion #,
(x) =
X
nx
#(n):
Folgerung 1. Fur x 2 gelten die Abschatzungen
p
#(x) ; (x) log x logx x (x) ; #(x) x :
Insbesondere gilt (x) log x #(x) (x) fur x ! 1.
Nachweis. Partielle Summation ergibt
#(x) =
Mit Satz 2 folgt
Zx
(t )
1
t dt 4
Zx
2
X
px
log p = (x) log x ;
Zx
(t)
1
t dt:
p
dt Z x + Z x dt px + x x (x):
px log t
log t
log x log x
2
62
Kapitel 9. Elementare Ergebnisse zur Primzahlverteilung
Die zweite Abschatzung ergibt sich aus
(x) ; #(x) =
X
p x
2
;p ;p log p = # x + # 3 x + wobei rechts wegen #(y) = 0 fur y < 2 die Anzahl der nicht verschwindenden Summanden
x
log
log 2 ist. Aus Satz 2 und dem schon bewiesenen Teil von Folgerung 1 kommt #(x) x und
damit
p
p p
(x) ; #(x) x + 3 x log x x :
Wegen Satz 2 haben (x) log x , #(x) undp(x) die Groenordnung x . Die behauptete asymptotische Gleichheit folgt schlielich aus x = O(x) und (x) = O(x) fur x ! 1.
2
Die Chebyshevschen Abschatzungen von (x) lassen sich auf #(x) und (x) ubertragen.
Folgerung 2. Es gibt eine Konstante c > 0, so da gilt
cx #(x) < 3x cx (x) < 4x
(x 2):
Nachweis. Es gilt
(x) =
X
p x
log p =
X
px
log p
X
1 log x
log p
1 (x) log x < 4x :
Zum Beweis von #(x) < 3x gehen wir auf (1) zuruck,
#(2n) ; #(n) < (2 log 2) n
(n 2 ):
N
Einschachteln von x > 1 durch Zweierpotenzen, 2k;1 < x 2k mit k 2 , ergibt
N
;
#(x) #(2k ) < log 2 2k + 2k;1 + + 2 + 1 < 2k+1 log 2 < (4 log 2) x < 3x :
Wegen (x) #(x) bleibt nur noch #(x) cx mit einer positiven Konstanten c fur x 2 zu
zeigen. Aus Folgerung 1 und Satz 2 kommt
#(x) = (x) log x + O logx x 41 x + O(x) 18 x
fur alle x x0 etwa. Fur 2 x x0 gilt
#(x) log 2 = logx 2 x logx02 x :
Mit c = min
1 log 2 8 x0 > 0 folgt nun #(x) cx fur alle x 2.
2
Kapitel 9. Elementare Ergebnisse zur Primzahlverteilung
63
9.3 Ein Satz von Mertens
Die Reihe
X1
p2
P
p
divergiert. Ware sie namlich konvergent, so kame wegen 1 + x + x2 + = 1;1 x 1 + 2x fur
0 x 21
Y Y
X 1 Y 1 + 1 + 1 + 1+ 2 e2=p
nN
n
pN
p p2
X 1
= exp 2
pN
pN
X 1
p
pN
p exp 2 p2 p < 1
P
bei beliebigem N 2 , was der Divergenz der harmonischen Reihe widerspricht. In der Tat
lat sich mittels partieller Summation aus Satz 2 leicht entnehmen, da
Zx
X1 1
(t) dt
= (x) +
N
px
p
x
2
t2
die Groenordnung log log x fur x 4 besitzt. Wendet man die Chebyshevsche Idee direkt
auf n! an, so ergibt sich eine wesentlich scharfere Abschatzung, die von Mertens (1840 - 1927)
gefunden wurde.
X
log
p
; log n < 3.
Satz 3. Fur alle n 2 gilt
N
Beweis. Satz 1 liefert
log n! =
X
pn
log p
p n
p
1 hni
1 1
X
X
X
X log p
X log p
n
log
p
=
n
+
n
:
k
k
pn
pn p
pn p(p ; 1)
k=1 p
k=1 p
Darin gilt
1 log k
1 X̀
2
X
log p X
log k
=
p
(
p
;
1)
k
(
k
;
1)
k
(
pn
k=2
`=1 k=2` 1 +1 k ; 1)
1 log 2`
1
2
X
1
X
X̀
1
`
log 2
k ; 1 ; k = `=1 2` = 2 log 2 < 2:
`=1
k=2` 1 +1
X
;
;
; Aus n! > ne n fur alle n 2 N folgt log n! > n log n ; n , und Zusammenfassung ergibt
X log p
log n < 3 +
(3)
Andererseits hat man
pn
p :
1 hni X
n
X
X log p
log n! = log p
log
p
;
1
=
n
; #(n):
k
p
pn
pn
pn p
k=1 p
X
64
Kapitel 9. Elementare Ergebnisse zur Primzahlverteilung
Aus #(n) < 3n gema Folgerung 2 und log n! n log n kommt schlielich
X log p
(4)
log n ;3 +
:
pn
p
Die Ungleichungen (3) und (4) ergeben zusammen die Behauptung des Satzes.
2
Folgerung 3. Fur x 2 gilt mit einer gewissen Konstanten c
X log p
px
p = log x + O(1)
1 =
log
log
x
+
c
+
O
:
p
log
x
px
X1
Nachweis. Satz 3 ergibt fur x 2
X log p
= logx] + O(1) = log x ; log x] + O(1)
woraus wegen
liefert damit
p x p
;
log xx] log 1 + x1] 21
x
die erste Behauptung folgt. Partielle Summation
X log p Z x X log p 1
1
=
=
+
dt
t log2 t
2
pt p
px p px p log p log x px p
Zx
log
x
+
O
(1)
= log x + log t + 2O(1) dt
t log t
2
Zx
1 O(1) dt:
= 1 + O log x + log log x ; log log 2 +
2 t log2 t
Wegen der Konvergenz des Integrals
Z1
O(1) dt
2 t log2 t
folgt auch die zweite Behauptung.
X1
X log p 1
Folgerung 4. Wenn der Grenzwert
#(x) = lim (x) = lim (x) log x
a = xlim
x!1 x
x!1
!1 x
x
existiert, so gilt a = 1.
Nachweis. Mit partieller Summation entsteht
Zx
X log p #(x) Z x #(t)
a + O(1) dt
=
+
dt
=
O
(1)
+
2
px
p
x
2
t
= a log x + O(1) +
Zx
O(1)
2
t dt:
2
t
t
2
Kapitel 9. Elementare Ergebnisse zur Primzahlverteilung
65
Aufspaltung des Integrals bei log x zeigt fur x ! 1
Zx
O(1)
2
Es folgt
t
Z log x Z x O(1)
dt =
+
t dt = O(log log x) + O(log x) = O(log x):
2
log x
X log p
= a log x + O(log x)
p
px
und ein Vergleich mit Folgerung 3 liefert a = 1.
2
Bemerkung 3. Die Existenz des Grenzwertes aus Folgerung 4 ist Inhalt des 1896 von
Hadamard und de la Vallee Poussin mit funktionentheoretischen Methoden bewiesenen Primzahlsatzes
(x) logx x :
Dazu aquivalente Versionen sind (x) x und #(x) x fur x ! 1.
66
Kapitel 9. Elementare Ergebnisse zur Primzahlverteilung
Kapitel 10
Der Dirichletsche Primzahlsatz
Der Beweis des Dirichletschen Primzahlsatzes durch Dirichlet (1805 - 1859) gilt als die Geburtsstunde der analytischen Zahlentheorie. Der Satz besagt, da in jeder primen Restklasse
nach einem festen Modul q 2 unendlich viele Primzahlen liegen. In diesem Kapitel wird
eine quantitative Form bewiesen.
N
10.1 Restklassencharaktere
Die Dirichletschen Restklassencharaktere ermoglichen die Separierung einer primen Restklasse
modulo q aus der primen Restklassengruppe G(q). Sie spielen eine Schlusselrolle beim Beweis
des Dirichletschen Primzahlsatzes.
Denition. Es sei q 2 . Hat : ! die Eigenschaften
N
N
a)
ist vollstandig multiplikativ,
b)
(n) = (m) fur n m mod q,
c)
(n) = 0 fur (n q) 6= 1,
C
so heit ein Restklassencharakter (Dirichletscher Charakter) mod q. Es bezeichnet Gb(q) die
Menge der Restklassencharaktere mod q.
Bemerkung 1. Es sei 2 Gb(q) und n 2 G(q). Dann ist (n) eine '(q)-te Einheitswurzel.
Dies folgt aus dem kleinen Fermatschen Satz, n'(q) 1 mod q, bei Anwendung von sowie
den Eigenschaften a) und b).
Satz 1. (Gb(q) ) ist endliche abelsche Gruppe mit jGb(q)j = '(q).
67
68
Kapitel 10. Der Dirichletsche Primzahlsatz
Beweis. Die punktweise Multiplikation von Restklassencharakteren mod q ist assoziative
und kommutative Verknupfung auf Gb(q). Einselement ist der Hauptcharakter 0 mod q mit
(
fur (n q) = 1
sonst
0 (n) = 1
0
(n 2 ) :
N
Zu 2 Gb(q) multiplikativ invers ist der konjugierte Charakter 2 Gb(q) mit
(n) = (n)
(n 2 ) N
denn oenbar gilt = 0 .
Jeder Restklassencharakter 2 Gb(q) ist wegen b) und c) vollstandig durch seine Werte auf
der primen Restklassengruppe G(q) bestimmt. Wegen Bemerkung 1 ist also Gb(q) endlich. Zur
Bestimmung der Elementeanzahl verwenden wir das folgende
Lemma 1. Es gilt der Hauptsatz uber endliche abelsche Gruppen: Jede endliche abelsche
Gruppe ist direktes Produkt zyklischer Untergruppen (die Gruppenverknupfung sei dabei
multiplikativ geschrieben).
Zur Erlauterung sei (G ) eine endliche abelsche Gruppe mit dem Einselement e. Die zu
jedem g 2 G eindeutig bestimmte kleinste Zahl h = h(g) 2 mit gh = e heit die Ordnung
von g oder der von g erzeugten zyklischen Untergruppe fg g2 : : : gh = eg. Gibt es Elemente
g1 : : : gk 2 G mit den Ordnungen h1 : : : hk 2 derart, da jedes g 2 G eine eindeutige
Darstellung der Gestalt
N
N
g = g11 gkk
(0 < h fur = 1 : : : k)
besitzt, so schreibt man
G = G1 G k
mit den von g 2 G erzeugten zyklischen Untergruppen G = fg g2 : : : gh = eg und nennt
G das direkte Produkt von G1 : : : Gk . Ein induktiver Beweis (einer etwas allgemeineren
Version) von Lemma 1 steht bei Hornfeck, Algebra, de Gruyter, Berlin 1971.
Wir setzen den Beweis von Satz 1 fort. Jedes 2 Gb(q) ist durch die Werte (n) mit
n 2 G(q) eindeutig bestimmt. Infolge Lemma 1 existieren n1 : : : nk 2 G(q) mit den Ordnungen h1 : : : hk 2 derart, da jedes n 2 G(q) eindeutig als Potenzprodukt
N
n = n1 1 nk k
(0 < h fur = 1 : : : k)
geschrieben werden kann. Oenbar gilt '(q) = jG(q)j = h1 hk . Fur jeden Restklassencharakter 2 Gb(q) und jedes n 2 G(q) hat man
;
1
(n) = (n1 )
;
(nk ) k so da durch das k-tupel seiner Werte (n ) auf den erzeugenden Elementen n1 : : : nk
vollstandig bestimmt ist. Wegen nh = 1 in G(q) ist (n ) stets eine h -te Einheitswurzel. Die
Anzahl der verschiedenen k-tupel mit dieser Eigenschaft betragt h1 hk = '(q). Umgekehrt
deniert jedes k-tupel, dessen -te Komponente eine h -te Einheitswurzel fur = 1 : : : k
Kapitel 10. Der Dirichletsche Primzahlsatz
69
ist, auch einen Restklassencharakter 2 Gb(q), und verschiedene derartige k-tupel liefern
verschiedene Restklassencharaktere mod q. Daraus kommt die Behauptung.
2
Der Beweis von Satz 1 gibt die Anleitung, wie man alle Restklassencharaktere mod q ndet.
Es ist, entsprechend Lemma 1, ein System von Erzeugenden n1 : : : nk 2 G(q) fur die direkte
Produktzerlegung von G(q) zu bestimmen und mit den entsprechenden Einheitswurzeln zu
belegen. Wir geben dazu
Beispiel 1. Die Charaktergruppen Gb(q) modulo q = 1 2 3 4 5 und q = 15 sind gegeben
durch
Gb(1) = f0 g mit 0(1) = 1, also 0 (n) = 1 fur alle n 2 .
Gb(2) = f0 g mit 0(1) = 1, also
N
(
0 (n) = 1
0
fur 2 n
fur 2 j n :
-
Gb(3) = f0 1 g mit 0 (2) = 1 und 1 (2) = ;1, also
8
>
<1
0 (n) = > 1
:0
fur n 1 mod 3
fur n 2 mod 3
fur n 0 mod 3 0 (n) = 1
0
fur 2 n
fur 2 j n -
fur n 1 mod 3
fur n 2 mod 3
fur n 0 mod 3 :
1 (n) = > ;1
:0
Gb(4) = f0 1 g mit 0 (3) = 1 und 1 (3) = ;1, also
(
8
>
<1
(
1 (n) = (;1)
0
n
1
;
2
fur 2 n
fur 2 j n :
-
Gb(5) = f0 1 2 3 g mit 0 (2) = 1 , 1 (2) = i , 2(2) = ;1 , 3 (2) = ;i .
Fur q = 15 gilt G(15) = f1 2 4 7 8 11 13 14g = f1 2 4 8gf1 14 g, und die acht Charaktere
mod 15 sind bestimmt durch die Kombination der Werte (2) 2 f1 i ;1 ;ig mit den Werten
(14) 2 f1 ;1g.
Bemerkung 2. Die Gruppe G(q) und ihr Dual Gb(q) sind isomorph. Eine vermittelnde
Isomorphieabbildung lat sich aus der direkten Produktzerlegung G(q) = G1 Gk mit
den Ordnungen h = jGj und den Erzeugenden n gewinnen. Die Potenzen von mit
(n) = exp 2hi
bilden das Dual Gb von G , und es besteht Gb(q) = Gb1 Gbk .
Folgerung 1. Es gelten die nachstehenden zueinander dualen Aussagen.
a) Zu jedem 2 Gb(q) mit =
6 0 existiert ein m 2 G(q) mit (m) =6 1.
b) Zu jedem n 2 G(q) mit n 6 1 mod q existiert ein 2 Gb(q) mit (n) 6= 1.
70
Kapitel 10. Der Dirichletsche Primzahlsatz
Nachweis. a) ist wegen 6= 0 klar.
b) folgt aus a) und Bemerkung 2. Ist namlich n = n1 1 nk k 2 G(q) mit 0 < h und
(etwa) 1 6= 0, so wird durch
(
; 2i exp
h1
(n ) =
1
fur = 1
fur 1 < k
; 1i ein 2 Gb(q) mit (n) = exp 2
h1 6= 1 bestimmt.
2
Satz 2. Es gelten die folgenden Aussagen.
a)
b)
Fur 2 Gb(q) gilt
Fur n 2 G(q) gilt
X
n2G(q)
X
2Gb(q)
(
(n) = '(q)
0
(
(n) = '(q)
0
fur = 0
sonst.
fur n 1 mod q
sonst.
Beweis. Fur = 0 und n 1 mod q treen a) und b) oensichtlich zu.
Zu 6= 0 existiert nach Folgerung 1 a) ein m 2 G(q) mit (m) 6= 1. Da mit n auch mn ein
primes Restsystem mod q durchlauft, folgt
X
und daraus
X
n2G(q)
n2G(q)
(n) =
X
n2G(q)
(mn) = (m)
X
n2G(q)
(n)
(n) = 0.
Zu n 6 1 mod q existiert nach Folgerung 1 b) ein 2 Gb(q) mit (n) 6= 1. Da mit auch die Charakterguppe Gb(q) durchlauft, folgt
X
und daraus
X
2Gb(q)
2Gb(q)
(n) =
X
2Gb(q)
()(n) = (n)
X
2Gb(q)
(n)
2
(n) = 0.
Bemerkung 3. Die Summation in Satz 2 a) darf auch uber alle n 2 =q oder alle n 2
Z
Z
N
eines beliebigen vollstandigen Restsystems mod q erstreckt werden, und auch die Aussage
von Satz 2 b) bleibt richtig, wenn statt n 2 G(q) einfach n 2 vorausgesetzt wird.
N
Folgerung 2. Es gelten die Orthogonalitatsrelationen fur Restklassencharaktere:
a)
b)
Fur 2 Gb(q) besteht
Fur m n 2 G(q) besteht
X
n2G(q)
X
2Gb(q)
(
(n) (n) = '(q)
0
(
(n) (m) = '(q)
0
fur = sonst.
fur m n mod q
sonst.
Kapitel 10. Der Dirichletsche Primzahlsatz
71
Nachweis. Wir haben (n) (n) = ( )(n) mit = 0 genau fur = . Entsprechend
gilt (n) (m) = (n m'(q);1 ) mit n m'(q);1 1 mod q genau fur m n mod q. Anwendung
von Satz 2 liefert die Behauptungen.
2
Die Bedeutung der Restklassencharaktere liegt in
Satz 3. Es seien f 2 F und a q 2 teilerfremd. Dann gilt fur x > 0
N
X
nx
na mod q
f (n) = '(1q)
X
2Gb(q)
(a)
X
nx
f (n) (n):
Beweis. Gema Folgerung 2 b) stellt fur a 2 N mit (a q) = 1
1 X (n) (a) (n 2 N )
'(q) b
2G(q)
die charakteristische Funktion der Menge fn 2 : n a mod qg dar. Einsetzen liefert
X
X
X
X
X
f (n) = f (n) '(1q)
(a) f (n) (n)
(n) (a) = '(1q)
nx
nx
nx
b
b
N
2G(q)
na mod q
2G(q)
2
wie behauptet.
10.2 Quantitative Version des Dirichletschen Satzes
Eine quantitative Version des Dirichletschen Primzahlsatzes gibt
Satz 4. Es seien a q 2 teilerfremd. Dann gilt fur x 1
N
X
px
pa modp
log p = 1 log x + O(1):
p
'(q)
Bemerkung 4. Sind a q 2 nicht teilerfremd, so enthalt die arithmetische Progression
N
a a + q a + 2q : : : hochstens eine Primzahl, namlich a selbst. Satz 4 sagt aus, da im logarithmischen Mittel in jeder primen Restklasse mod q gleichviele Primzahlen liegen. Man kann
zeigen
X
1 '(1q) logx x
(x ! 1)
px
pa modq
dies liegt allerdings viel tiefer (fur q = 1 ist es der Primzahlsatz).
Der Beweis von Satz 4 verwendet Satz 3,
X log p
1 X (a) X (p) log p :
=
p
'(q) b
p
px
px
pa modq
2G(q)
72
Kapitel 10. Der Dirichletsche Primzahlsatz
Dabei gilt fur den Hauptcharakter 0 2 Gb(q) wegen Folgerung 3 aus Kapitel 9
X 0 (p) log p X log p X log p
=
;
= log x + O(1):
p
px
px p
px p
pjq
Da die Anzahl der Restklassencharaktere mod q endlich ist, genugt es, zum Beweis von Satz 4
zu zeigen
X (p) log p
;
b(q):
=
O
(1)
x
1
=
6
2
G
0
p
Dazu aquivalent ist
px
X (n)#(n)
(1)
n
nx
;
= O(1)
x 1 0 6= 2 Gb(q) denn es gilt
X
(n)#(n) ; X (p) log p = X (p ) log p X log p
n
p p x
p p p(p ; 1)
nx
px
2
< 2
wobei die letzte Abschatzung etwa dem Beweis von Satz 3 aus Kapitel 9 entnommen werden
kann. Dem Nachweis von (1) sind die beiden nachsten Abschnitte gewidmet.
10.3 Dirichletsche L-Reihen
Die analytische Behandlung von multiplikativen Problemen aus der Zahlentheorie basiert
zumeist auf den nach Dirichlet benannten Reihen der Form
1
X
n=1
an n;s
(s 2 ) :
C
Wir benotigen hier spezielle Dirichletsche Reihen, deren Koezientenfolge ein Restklassencharakter ist und die hier nur fur reelles s behandelt werden.
Denition. Es sei q 2 und 2 Gb(q). Man nennt
N
L(s ) =
1
X
n=1
(n) n;s
(s 2 )
R
eine Dirichletsche L-Reihe.
Folgerung 3. Dirichletsche L-Reihen konvergieren absolut fur s > 1 mit der Eulerschen
Produktdarstellung
L(s ) =
Y;
p
1 ; (p) p;s ;1 :
Kapitel 10. Der Dirichletsche Primzahlsatz
73
Fur den Hauptcharakter 0 2 Gb(q) besteht L(s 0 ) =
Y;
pjq
1 ; p;s (s) sowie
'(q) :
lim
(
s
;
1)
L
(
s
)
=
0
s!1+
q
Nachweis. Die L-Reihen werden fur s > 1 majorisiert durch (s). Die Produktdarstellungen
kommen deshalb aus Satz 4 und Folgerung 2 aus Kapitel 8. Wegen
(n + 1);s <
Z1
Z n+1
n
t;s dt < n;s
(n 2 s > 1)
N
gilt (s) ; 1 <
t;s dt = s ;1 1 < (s) oder gleichwertig 1 < (s ; 1) (s) < s fur
1
s > 1. Daraus kommt (s ; 1) (s) 1 fur s ! 1+ und weiter schlielich die behauptete
Limesbeziehung.
2
Satz 5. Es sei 0 6= 2 Gb(q) ein Restklassencharakter mod q. Dann gelten fur s > 0 die
Abschatzungen
a)
b)
X
;
s
(n) n '(q) x;s (1 x < y)
x<ny
X
;s log n '(q) x;s log x
(
n
)
n
(e1=s x < y):
x<ny
Beweis. Es handelt sich um Spezialfalle des Dirichletschen Konvergenzkriteriums. Wir setzen
A(t) =
X
x< t
( )
und summieren partiell. Wegen j( )j 1 und Bemerkung 3 ist A(t) beschrankt,
jA(t)j '(q)
und es folgt fur 1 x < y
X
Zy
y
;
s
;
s
;
s
;
1
(
n
)
n
=
A
(
t
)
t
+
s
A
(
t
)
t
dt
x
x
x<ny
Zy
'(q) y;s + s t;s;1 dt = '(q) x;s :
x
Das war in a) behauptet. Analog kommt b) heraus, wobei t;s log t fur t e1=s monoton
fallt.
2
Folgerung 4. Es sei 0 6= 2 Gb(q) und > 0. Dann gelten die folgenden Aussagen.
a) Fur s konvergiert L(s ) gleichmaig, und fur s > 0 ist L(s ) stetig.
74
Kapitel 10. Der Dirichletsche Primzahlsatz
b)
Fur s konvergiert
dierenzierbar mit
X
(n) n;s log n gleichmaig, und fur s > 0 ist L(s ) stetig
1
X
0
L (s ) = ; (n) n;s log n :
n=1
c)
Fur s > 1 konvergieren L(s ) und L0 (s ) absolut mit
L(s )
d)
1
X
n=1
1
L0 (s ) = ; X
(n) #(n) n;s:
L(s )
n=1
(n) (n) n;s = 1 Fur s > 1 ist L(s ) 6= 0.
Nachweis. Es sind a), b) direkte Konsequenzen aus Satz 5. In c) ist dieP
absolute Konvergenz
0 (s ) fur s > 1 klar, ebenso die der Reihen (n) (n) n;s und
der
Reihen
L
(
s
)
und
L
P
(n) #(n) n;s wegen j(n) (n)j 1 und j(n) #(n)j log n. Die behaupteten Identitaten
kommen aus den Faltungsdarstellungen
( ) = (1 ) = " und ( #) = (1 #) = log
sowie Satz 4 a) aus Kapitel 8. Schlielich folgt d) aus der ersten Identitat in c).
2
U ber Folgerung 4 d) hinaus geht der
Satz 6. Fur 0 6= 2 Gb(q) besteht L(1 ) 6= 0.
Den Beweis von Satz 6 fuhren wir im nachsten Abschnitt. Hier zeigen wir, da (1) aus Satz 6
folgt: Wegen log = 1 # gilt namlich
X (d) #(d) X (m)
X (n) log n X (n) X
=
#(d) =
:
(2)
nx
n
Wegen Satz 5 a) wissen wir
nx
X
mx=d
n
dx
djn
d
m xd
m
(m) = L(1 ) + O d m
x
und Folgerung 2 aus Kapitel 9 liefert weiter
1 X
X (d) #(d) d O
=
O
#(
d
)
= O(1):
d
x
x
dx
dx
0
Da L (1 ) konvergiert, besteht andererseits
X (n) log n
und Einsetzen in (2) ergibt insgesamt
L(1 )
= O(1)
n
nx
X (d) #(d)
dx
Aus Satz 6 folgt daher (1), wie behauptet.
d
= O(1):
2
Kapitel 10. Der Dirichletsche Primzahlsatz
75
10.4 Beweis von Satz 6
Lemma 2. Es seien a q 2 teilerfremd und h die Ordnung von a in G(q). Dann ist (a) fur
jeden Restklassencharakter 2 Gb(q) eine h-te Einheitswurzel, und jede h-te Einheitswurzel
N
wird gleich oft angenommen, wenn die Restklassencharaktere mod q durchlauft.
Beweis. Wegen ((a))h = (ah ) = (1) = 1 ist der erste Teil der Behauptung trivial. Aus
a 1 mod q folgt h = 1 und (a) = 1 fur jedes mod q, so da nichts zu zeigen ist. Es sei
also a 6 1 mod q, also auch h > 1. Weiter sei 2 C eine h-te Einheitswurzel. Wir betrachten
die Summe
hX
;1 X (a) S=
:
=0 2Gb(q)
Wegen Satz 2 b) gilt
X
2Gb(q)
; a =
(
'(q)
0
fur a 1 mod q
sonst,
wobei nach Voraussetzung a 1 mod q mit 0 < h genau fur = 0 zutrit. Es folgt
daher
hX
;1
hX
;1
X
1
(a) = '(q)
S = 1
= '(q):
=0
=0
a 1mod q
2Gb(q)
Andererseits ist mit auch = (a) eine h-te Einheitswurzel, und es gilt
8 h
hX
;1
< 1;
= : 1;
h
=0
=0
fur 6= 1
fur = 1
wobei = 1 genau fur (a) = eintritt. Es folgt
S=
;1 (a) X hX
2Gb(q) =0
=h
X
2Gb(q)
(a)=
1:
Zusammenfassung ergibt fur die gesuchte Anzahl
X
2Gb(q)
(a)=
1 = '(hq) wie behauptet.
Wir benotigen die folgende Konsequenz aus Lemma 2.
Folgerung 5. Es gelten die Aussagen:
2
76
Kapitel 10. Der Dirichletsche Primzahlsatz
Y
L(s ) 1.
a)
Fur s > 1 ist
b)
Es gibt hochstens einen Restklassencharakter 2 Gb(q) mit L(1 ) = 0 dieser ist
reell.
2Gb(q)
Nachweis. a) Wegen Folgerung 3 besteht fur s > 1
Y
2Gb(q)
L(s ) =
Y Y;
Y
1 ; (p) p;s ;1 =
2Gb(q) p
Y ;
Fur p j q gilt (p) = 0, also
2Gb(q)
;1
;
s
1 ; (p) p
:
Y
;
p
2Gb(q)
1 ; (p) p;s = 1. Fur p q gilt mit der Ordnung h 2
-
N
; von p in G(q), = exp 2hi und z = p;s gema Lemma 2
Y ;
2Gb(q)
1 ; (p) p;s =
hY
;1 ;
=0
'(q)
h
1; z
;
= 1 ; zh
'(hq)
;
= 1 ; p;hs
'(hq)
1:
Daraus folgt a).
b) Angenommen, fur die verschiedenen Charaktere 1 2 2 Gb(q) mit 0 =
6 1 2 gilt
L(1 1 ) = L(1 2 ) = 0. Dann liefert a) fur s > 1
Y
Y
(3) s ;1 1 s ;1 1
L(s ) = (s ; 1) L(s 0 ) Ls(s;11) Ls(s;12 )
L(s ):
b
b
2G(q)
2G(q)
6=0 1 2
Wegen Folgerung 3 existiert
lim (s ; 1) L(s 0 ) = '(qq) :
s!1+
Aus Folgerung 4 b) kommt fur j = 1 2 die Existenz von
L(1 j ) = L0(1 )
lim1+ L(s js) ;
lim L(s j ) = s!
j
s!1+ s ; 1
;1
sowie wegen Folgerung 4 a)
lim
s!1+
Y
2Gb(q)
6=0 1 2
L(s ) =
Y
2Gb(q)
6=0 1 2
L(1 ):
Daher ist die rechte Seite von (3) fur s ! 1+ beschrankt, die linke Seite ist dagegen unbeschrankt. Fur hochstens ein 2 Gb(q) gilt folglich L(1 ) = 0. Da L(1 ) = 0 stets L(1 ) = 0
nach sich zieht, mu nach dem schon bewiesenen Teil = gelten, der Charakter 2 Gb(q)
also reell sein.
2
Lemma 3. Es sei 6= 0 ein reeller Restklassencharakter mod q. Dann gilt L(1 ) 6= 0.
Kapitel 10. Der Dirichletsche Primzahlsatz
77
Beweis. Hier verlassen wir den von Dirichlet eingeschlagenen Weg und folgen Mertens (1897).
Wegen Satz 2 aus Kapitel 7 ist
f =1
multiplikativ, und es gilt
8
< 1;((p))+1
f (p ) = 1 + (p) + + ((p)) = : 1;(p)
+1
fur (p) 2 f0 ;1g
fur (p) = 1 also jedenfalls f (p ) 0 und damit f (n) 0 fur alle n 2 . Weiter gilt f (p2 ) 1 fur alle
2 und damit sogar f (m2 ) 1 fur alle m 2 . Insbesondere ist wegen
X f (n)
X f (m2 )
X 1
p N
N
N
n
nx
die Reihe
1 f (n)
X
n=1
mpx
m
mpx
m
pn unbeschrankt.
Andererseits haben wir aber
X f (n) X 1 X
X (d)
pn = pn (d) =
p p
d m
p(d) X p1 + X p(d) X p1
=
m px<dx d mx=d m
dpx d mx=d
X (d) X 1
X 1
X
p(d)
p
pm +
pm
=
px<dx=m d
dpx d mx=d
mpx
P P
=: 1 + 2 :
nx
nx
X
mdx
djn
Nach Satz 2 aus Kapitel 8 und Satz 5 a) ist darin
r d X (d) r x
P
p 2 + 1 + O
=
1
dpx
p
=2 x
p
d
d
2
x
X (d)
X (d)
X 1
d + 12 dpx pd + O px dpx 1
dpx
= 2 x L(1 ) + O(1):
Ebenso bekommen wir
X 1 1 P
pm O p4 x = O(1):
=
2
Beides zusammen ergibt
mpx
pn = 2 px L(1 ) + O(1):
X f (n )
nx
1
X
fp(n) beschrankt. Dieser Widerspruch zeigt die BehaupWare nun L(1 ) = 0, so ware
n=1 n
tung von Lemma 3 und vervollstandigt den Beweis des Dirichletschen Primzahlsatzes. 2
78
Kapitel 10. Der Dirichletsche Primzahlsatz
Kapitel 11
Partitionen
In diesem Kapitel werden additive Zerlegungen naturlicher Zahlen betrachtet und der Pentagonalzahlensatz von Euler und Legendre sowie die logarithmische Version der asymptotischen
Partitionenformel von Hardy und Ramanujan bewiesen.
11.1 Partitionsfunktionen
Das Grundproblem der additiven Zahlentheorie besteht bei gegebenen Mengen A B in
der Charakterisierung der Summenmenge A + B = fa + b : a 2 A b 2 B g.
Z
Beispiel 1. Additive Aussagen sind etwa:
Der Vier-Quadrate-Satz von Lagrange beinhaltet die Gleichung 0 = A + A + A + A
wobei A = fn2 : n 2 0 g die Menge der Quadratzahlen ist.
b) Die Losung des Waringschen Problems durch Hilbert (1909) lautet, da zu jeder Zahl
k 2 n f1g ein g(k) 2 existiert mit 0 = A + + A mit g(k) Summanden, wobei
A = fnk : n 2 0 g die Menge der k-ten Potenzen ist.
c) Die bislang unbewiesene Goldbach-Vermutung aus dem Jahre 1742 besagt A + A =
f2n : n 2 n > 2g, wobei A = n f2g die Menge der ungeraden Primzahlen
bezeichnet. Vinogradov zeigte 1937 die Existenz eines n0 2 mit der Eigenschaft
fn 2 : n n0 2 ng A + A + A , und Chen bewies 1966 die Existenz eines
n0 2 mit fn 2 : n n0 2jng A + B , wobei B = A fpp0 : p p0 2 Ag nur
ungerade Primzahlen und Produkte zweier ungerader Primzahlen enthalt.
Von Interesse ist oft die Anzahl der Darstellungen von n 2 0 als Summe n = a + b mit a 2 A ,
b 2 B . Oenbar gilt n 2 A + B genau dann, wenn die Darstellungsanzahl nicht verschwindet.
Bei den Partitionsfunktionen p(n) und pk (n) treen wir diese Situation an.
a)
N
N
N
N
N
N
N
P
N
N
-
N
N
N
Denition. Fur n 2 und k 2 bezeichnen p(n) und pk (n) die Anzahl der DarstellunN
N
gen von n als Summe von beliebig vielen bzw. von hochstens k naturlichen Zahlen. Dabei
79
80
Kapitel 11. Partitionen
werden zwei Darstellungen als gleich angesehen, wenn sie sich nur durch die Reihenfolge der
Summanden unterscheiden. Ferner setzt man p(0) = pk (0) = 1.
Beispiel 2. Oenbar gelten p(1) = pk (1) = 1 und 1 = p1 (n) < p2 (n) < < pn(n) = p(n)
fur alle k n 2 . Man erhalt etwa p(2) = 2, p(3) = 3, p(4) = 5, p(5) = 7 sowie p3 (5) = 5.
N
Es sei nun
n = n1 + + nk mit n1 n2 : : : nk > 0
eine Partition von n. Sie lat sich durch ein Diagramm aus zeilen- und spaltenweise angeordneten Punkten veranschaulichen, welches in der j -ten Zeile genau nj Punkte enthalt.
14 = 5 + 4 + 4 + 1
14 = 4 + 3 + 3 + 3 + 1
Liest man das Diagramm vertikal, so erhalt man wieder eine Partition von n, die zur Ausgangspartition konjugierte Partition
;
n = k| + {z + k} + (k ; 1) + + (k ; 1) + + (1
+ {z
+ 1)}
|
|
{z
}
n Summanden
n1 ;n2 Summanden
nk 1 ;nk Summanden
= nk k + (nk;1 ; nk ) (k ; 1) + + (n1 ; n2 ) 1 k
;
wobei der grote Summand gleich k ist. Die durch Konjugation erklarte Abbildung ist oenbar
bijektiv. Damit erhalt man
Satz 1. Die Anzahl der Partitionen von n in genau k naturliche Summanden ist gleich der
Anzahl der Partitionen von n, deren groter Summand k ist. Die Anzahl pk (n) der Partitionen von n in hochstens k naturliche Summanden ist gleich der Anzahl der Partitionen mit
Summanden k.
Folgerung 1. Es gilt
X
pk (n) =
(1 :::k )2Nk0
1:
11 +22 ++kk =n
Demnach kann die Bestimmung von pk (n) als eine Abzahlaufgabe von Losungen einer diophantischen Gleichung aufgefat werden.
Folgerung 2. Es gilt die Rekursionsformel
k]
X
n
pk (n) =
=0
pk;1 (n ; k)
;
speziell p1 (n) = 1, p2 (n) = n2 + 1, p3 (n) = p2 (n) + p2 (n ; 3) + + p2 n ; 3 n3 .
Kapitel 11. Partitionen
81
11.2 Erzeugende Potenzreihen
Das Aufsummieren von ]-Symbolen gema Folgerung 2 wird schnell ziemlich unhandlich.
Eine ganz andersartige Methode zur Bestimmung von pk (n) beruht auf der Verwendung von
Potenzreihen.
Satz 2. Fur k 2
N
0
und jxj < 1 besteht
k
Y
j =1
1
X
1
n
1 ; xj = n=0 pk (n) x :
Beweis. Fur jxj < 1 konvergieren die geometrischen Reihen in xj absolut und durfen ausmultipliziert und umgeordnet werden. Es gilt
k
Y
1
k ;
Y
1 + xj + x2j + =
j =
j =1 1 ; x
j =1
letzteres wegen Folgerung 1.
1
X
1 2 :::k =0
x1 +22 ++kk
=
1
X
n=0
pk (n) xn 2
Beispiel 3. Bezeichnet hxi die zu x 2 mit 2x 2= nachstgelegene ganze Zahl, so gilt
R
Z
h
n + 5) i = D (n + 3)2 E:
p3 (n) = (n + 1)(
12
12
Denn Satz 2 liefert fur jxj < 1
1
f3 (x) = (1 ; x)(1 ; x2 )(1 ; x3) =
Mit ! = e 2i3 = ; 12 + i
p3
1
X
n=0
p3 (n) xn :
lautet die Partialbruchzerlegung von f3 (x):
f3 (x) = (1 ; x)3 (1 + x)(11 ; !x)(1 ; !2 x)
1
1
17
1
1
1 :
72 + 8 + 1
= (1 ;6 x)3 + (1 ;4 x)2 + 1 ;
+
x 1 + x 9 1 ; !x 1 ; !2 x
Reihenentwicklung der Partialbruche und Zusammenfassung ergibt
f3 (x) =
2
1 (n + 2)(n + 1)
X
n=0
12
17 + (;1)n + !n + !;n xn :
+ n +4 1 + 72
8
9
Durch Koezientenvergleich folgt
2 6n + 5 17 (;1)n !n + ! ;n
p3 (n) = n +12
+ 72 + 8 +
9
2
(
n
+
3)
(
n
+
1)(
n
+
5)
+ %1 (n) = 12 + %2 (n)
=
12
mit 0 %1 (n) < 1 und j%2 (n)j 21 , woraus die obigen Formeln kommen.
82
Kapitel 11. Partitionen
Durch Satz 2 wird der folgende Sachverhalt nahegelegt.
Satz 3. (Euler) Fur jxj < 1 gilt
1
Y
k=1
1
X
1
n
1 ; xk = n=0 p(n)x :
Beweis. a) Fur jxj < 1 konvergiert das Produkt absolut. Denn bei festem x mit 0 x < 1
sind die Partialprodukte fk (x) monoton wachsend und beschrankt wegen
1
k
Y
j =1
X
k
X
X
k X
1 xj 1 X
1
1
j
1 ; xj = exp j =1 log 1 ; xj = exp j =1 =1 exp =1 j =1 x
X
1 x 1 1 X
x :
= exp
x
= exp
exp
1 ; x =1
(1 ; x)2
=1 1 ; x
1
b) Wir zeigen die Existenz von
f (x) =
1
X
n=0
p(n) xn
fur jxj < 1. Es genugt, dies fur 0 x < 1 zu erledigen. Bei festem x wachst die Folge der
Partialsummen
k
X
n=0
1
p(n) xn monoton. Aus Satz 2 und Teil a) folgt deren Beschranktheit, denn
k
X
n=0
p(n) xn <
k
X
n=0
p(n) xn +
= fk (x) =
Also konvergiert
1
X
n=0
k
Y
j =1
1
X
n=k+1
1
1 ; xj
pk (n) xn =
<
1
Y
j =1
1
X
n=0
pk (n) xn
1 :
1 ; xj
p(n)xn = f (x) fur jxj < 1.
c) Aus b) sieht man fur 0 x < 1
k
X
n=0
p(n) xn < fk (x) < f (x) =
1
X
n=0
p(n)xn also klim
f (x) = f (x). Damit kommt
!1 k
1
X
n=0
wie behauptet.
p(n)xn = f (x) =
lim f (x) = klim
!1
k!1 k
k
Y
j =1
1
1 ; xj
=
1
Y
j =1
1 1 ; xj
2
Kapitel 11. Partitionen
83
Bemerkung 1. Zieht man funktionentheoretische Hilfsmittel hinzu, so sieht man
1
X
1
Y
n
f (z ) = p(n) z =
n=0
k=1
1
(z 2 jz j < 1):
1 ; zk
C
Die Cauchyschen Integralformeln liefern die Darstellung
Z
(n) (0)
f
1
z ) dz p(n) = n! = 2i zfn(+1
k
wobei k ein einfach geschlossener, positiv orientierter Kreis um 0 vom Radius r < 1 ist. Bei
geeigneter Wahl von r und sogenannter Farey-Zerschneidung (Farey, 1766 - 1826) der Spur
von k lat sich mit der Hardy-Littlewoodschen Kreismethode die beruhmte Partitionenformel
r
p(n) 1p exp 23n
4n 3
(n ! 1)
von Hardy und Ramanujan gewinnen. Eine (schwachere) asymptotische Formel fur log p(n)
wird am Schlu dieses Kapitels bewiesen.
11.3 Der Euler-Legendresche Pentagonalzahlensatz
Wegen Satz 3 konvergiert fur jxj < 1 das unendliche Produkt
1 ;
Y
k=1
1 ; xk . Der Pentagonal-
zahlensatz von Euler und Legendre liefert die Potenzreihenentwicklung dieses Produkts.
Denition. Es sei 3 k 2 . Die Zahlen n + (k ; 2) n2 mit n 2 heien k-Eck-Zahlen.
N
N
Bemerkung 2. Die folgenden Punktediagramme fur k = 3 4 5 erlautern die Bezeichnung.
Die k-Eck-Zahlen sind die Partialsummen der arithmetischen Folge
1 1 + (k ; 2) 1 + 2(k ; 2) 1 + 3(k ; 2) : : : 84
Kapitel 11. Partitionen
also die Zahlen
n ;
X
=1
1 + ( ; 1)(k ; 2) = n + (k ; 2) n2 :
Fur k = 3 enthalt man die Dreieckzahlen n(n2+1) , fur k = 4 die Quadratzahlen, fur k = 5 die
Funfeckzahlen (n) = 3n22;n . Man sieht (;n) = 3n22+n sowie (n) < (;n) < (n + 1) fur
n 2 . Die paarweise verschiedenen Zahlen (n) mit n 2 nennt man Pentagonalzahlen.
N
N
Satz 4. (Euler-Legendrescher Pentagonalzahlensatz) Es seien G(n) und U (n) die Anzahl
der Partitionen von n in eine gerade bzw. eine ungerade Anzahl paarweise verschiedener
naturlicher Summanden. Dann gilt
(
G(n) ; U (n) = 0
(;1)
fur n 6= ()
fur n = ()
( 2 ):
N
Beweis. Neben Beweisen von Euler (1750), Legendre (1830), Jacobi (1846) gibt es einen
hubschen kombinatorischen Beweis von Franklin (1881), den wir im folgenden behandeln.
Wir betrachten im Punktediagramm Partitionen von n 2 N in paarweise verschiedene Summanden. Etwa ist eine solche Partition von 17 gegeben durch
17=6+5+4+2
16=7+6+3
s
s
b
b
s
b
17=7+6+4
16=6+5+3+2
Dabei wird s als Seite, b als Basis bezeichnet. Wir denieren eine Operation T durch Anlegen
von b an s oder von s an b, so da die neue Partition von n wieder paarweise verschiedene
Summanden enthalt, die zeilenweise der Groe nach geordnet sind. Wenn T durchfuhrbar ist,
so gibt es die beiden Moglichkeiten
T = T1 :
Lege b an s an,
T = T2 :
Lege s an b an.
Wenn T1 moglich ist, so gilt b s. Falls T = T2 moglich ist, so gilt s < b. Wenn also T
uberhaupt durchfuhrbar ist, dann eindeutig. In diesem Fall ordnet T einer geraden Partition
von n bijektiv eine ungerade zu und umgekehrt. Wir untersuchen, wann T durchfuhrbar ist.
a) s > b : T = T1 ist stets durchfuhrbar.
b) s = b : T = T1 ist durchfuhrbar, es sei denn, s und b haben einen Punkt gemeinsam.
Dies tritt genau dann ein, wenn
n = b + (b + 1) + + (b + (b ; 1)) = 2b (3b ; 1) = (b).
Kapitel 11. Partitionen
c)
85
s < b : T = T2 ist durchfuhrbar, es sei denn, s = b ; 1 und s, b haben einen Punkt
gemeinsam. Dies ist genau dann der Fall, wenn
n = (s + 1) + (s + 2) + + (s + s) = 2s (3s + 1) = (;s).
Die Ausnahmezahlen vom Typ b) und c) sind paarweise verschieden. Mit 2 folgt:
a) Fur n 62 ( ) gilt G(n) = U (n).
b) Fur n = () gilt G(n) ; U (n) = (;1) .
c) Fur n = (;) gilt G(n) ; U (n) = (;1) .
N
Z
2
Das war behauptet.
Als Konsequenz aus Satz 4 kommt
Satz 5. (Euler) Fur jxj < 1 gilt
1
Y
k=1
(1 ; xk ) = 1 +
X
1
1
X
;
(;1) x() + x(;) =:
(;1) x 2 (3;1) :
=;1
Beweis. Der Koezient von xn entsteht durch Ausmultiplikation von
(1 ; x)(1 ; x2 ) (1 ; xn ):
Er ist oenbar G(n) ; U (n), und die Behauptung kommt aus Satz 4.
2
Zusammen mit Satz 3 ermoglicht der Satz 5 nun eine rasche rekursive Berechnung von p(n).
Folgerung 3. Fur n 2 gilt
N
p(0) = 1 p(n) =
X
1
(;1)+1 p(n ; ()) + p(n ; (;)) wobei anzeigt, da p(;m) = 0 fur m 2 einzusetzen ist.
N
Nachweis. Die Satze 3 und 5 liefern fur jxj < 1:
1
X
n=0
p(n) xn
1+
1
X
=1
; ()
(
;
)
(;1) x + x
= 1:
Ausmultiplizieren der Reihen und Koezientenvergleich ergibt p(0) = 1 sowie fur n 2 die
behauptete Rekursionsgleichung.
2
N
Beispiel 4. Die ersten Pentagonalzahlen sind
()
(;)
1
1
2
2
5
7
3
12
15
4
22
26
5
35
40
6
51
57
:::
:::
:::
86
Kapitel 11. Partitionen
Damit wird
p(n) = + p(n ; 1) + p(n ; 2) ; p(n ; 5) ; p(n ; 7)
+ p(n ; 12) + p(n ; 15) ; p(n ; 22) ; p(n ; 26)
+ p(n ; 35) + p(n ; 40) ; p(n ; 51) ; p(n ; 57) + + ; ; und man berechnet rasch p(0) = p(1) = 1, p(2) = 2, p(3) = 3, p(4) = 5, p(5) = 7, p(6) = 11,
p(7) = 15, p(8) = 22, p(9) = 30, p(10) = 42 usw.
11.4 Das asymptotische Verhalten von log p(n)
Durch Logarithmieren q
der Partitionenformel von Hardy und Ramanujan aus Bemerkung 1
entsteht log p(n) 23n fur n ! 1. Hierfur hat Erdos (1913 - 1986) im Jahre 1941
einen elementaren Beweis geliefert, der 1951 von Newmann zu einem vollstandigen Beweis der
Hardy-Ramanujanschen Formel ausgebaut wurde. Wir beschranken uns hier auf den Beweis
des Ergebnisses von Erdos.
Satz 6. (Erdos) Es gilt
r
log p(n) 23n
(n ! 1):
Der Beweis von Satz 6 beruht entscheidend auf dem folgenden Lemma, das auch von eigenstandigem Interesse ist.
Lemma 1. Fur n 2 gilt die Rekursionsformel
X
X
n p(n) =
p(n ; k) =
(m) p(n ; m):
N
mn
kn
Beweis. Werden alle p(n) Partitionen von n addiert, so ergibt sich einerseits die Summe
n p(n). Andererseits tritt der Summand in diesen Partitionen genau p(n ; )+ p(n ; 2 )+ Male auf. Multiplikation mit und Summation u ber ergibt die erste Gleichung. Setzt man
darin k = m und beachtet = 1 I , so folgt auch die zweite Gleichung.
2
Alternativ kann der Beweis von Lemma 1 auch durch Umformung bekannter Identitaten
erbracht werden: Fur jxj < 1 gilt namlich wegen Satz 3
1
X
1
Y
f (x) = p(n) xn =
n=0
k=1
1
X
1 X
1 xk 1 ; xk = exp k=1 =1 :
Logarithmische Dierentiation ergibt
1
1
1 X
X
xf 0(x) = X
m
k
f (x) k=1 =1 k x = m=1 (m) x :
Kapitel 11. Partitionen
87
Andererseits ist
x f 0(x) =
also
1
X
n=1
n p(n) xn =
1
X
n=1
1
X
`=1
n p(n) xn
p(`) x`
1
X
m=1
(m) xm :
Ausmultiplikation und Koezientenvergleich liefert erneut die Behauptung von Lemma 1.
Es folgt ein technisches Lemma zur asymptotischen Analysis.
Lemma 2. Es sei a = q
2
3
und b > 0. Dann gilt
1 X (m) e;b(pn;pn;m) = a2 + O(1)
n
b2
mn
(n ! 1):
Beweis. Fur 0 y 1 gilt
1
p2
2 1 + y:
1+ 1;y 2;y
Damit folgt fur 1 m n
pn ; pn ; m = pm
2
m + # m2 n;3=2
p
p
=
m
2 n 1+ 1; n 2 n
mit 0 # = #(m n) < 1. Es entsteht
1 X (m) e;b(pn;pn;m) = 1 X (m) e; 2 b n m e;b #m2 n
n
n
p
mn
;
3=2
mn
= n1 S1 + n1 S2 wobei S1 die Summe u ber 1 m n2=3 und S2 die Summe uber n2=3 < m n bezeichnen.
Nun ist fur n ! 1
1 S 1 X (m) e; 2 b n m e; 2b n1=6 1 X (m) n2 e; 2b n1=6 = O(1)
n 2 n n2=3 <mn
n mn
1 S = 1 X (m) e; 2 b n m e;b#m2 n 3=2 = ;1 + O(1) 1 X (m) e; 2 b n m :
n 1 n
n
p
;
p
mn2=3
p
mn2=3
Partielle Summation mit
g(t) = e; 2
b t
n
p
und
X
mt
2
3=2
(m) = (2)
2 t + O(t )
(t 1)
88
Kapitel 11. Partitionen
liefert wegen (2) = a42 schlielich
1 X (m) e; 2bmn
n mn2=3
p
Z n2=3 X
b
b n1=6 X
1
b
;
;
3
=
2
2
= ne
(m) + 2 n
(m) e; 2 n t dt
p
1
mt
b t
; ;3=2 Z n2=3 3=2 ; 2 b n t
b
(2)
;
;
3
=
2
2
2
n
= O(1) + 4 n
t e
dt + O n
t e
dt
1
1
Z 2b n1=6
a2 + O(1):
2
(2)
+
O
(1)
=
= b2 b 1=2 x2 e;x dx + O(1) = 4b(2)
2
b2
n
mn2=3
2
Z n2=3
p
p
;
Zusammenfassung ergibt die Behauptung von Lemma 2.
2
Nun ist der Beweis von Satz 6 rasch erledigt: Fur 0 < " < 1 gibt es gema Lemma 2 ein
n0 2 mit
N
1 X (m) e;(a;")(pn;pn;m) = a 2 + O(1) > 1
n
a;"
mn
p
fur alle n n0 . Es sei c0 = c0 (") > 0 so gewahlt, da p(n)e;(a;") n > c0 fur alle n n0
ausfallt. Das heit
p
p(n) > c0 e(a;") n fur n n0 :
Wir behaupten
p
(1)
p(n) > c0 e(a;") n fur alle n 2 :
p
Dazu sei n > n0 , und p( ) > c0 e(a;") gelte schon fur alle < n. Lemma 1 liefert
p
X
X
(m) p(n ; m) > c 1
(m) e(a;") n;m
p(n) = 1
N
0n
n mn
mn
X
p p
p
p
1
(m) e;(a;")( n; n;m) > c0 e(a;") n
= c0 e(a;") n n
mn
und (1) folgt nach dem Induktionsprinzip. Ebenso sieht man
p
(2)
p(n) < c1 e(a+") n fur alle n 2
mit einer geeigneten Konstanten c1 = c1 (") > 0. Aus (1) und (2) kommt
p
p
c0 e(a;") n < p(n) < c1 e(a+") n
und Logaritmieren ergibt
log p(n)
p
" + O p1 ;
a
n
n
oder
log p(n)
p
"
lim
;
a
n!1
n
N
p
fur jedes " > 0. Das heit log p(n) a n fur n ! 1, wie in Satz 6 behauptet.
2
Bemerkung 3. Die Ungleichung (2) lat sich leicht zu p(n) < e
verscharfen. Der Induktionsbeweis beruht allein auf Lemma 1.
N
apn
fur alle n 2
Herunterladen