Urologische Sportverletzungen - Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin

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Urologie
Übersichten
K.-H. Bichler, A. Zumbrägel, W. Mattauch und S. Lahme
Urologische Sportverletzungen
Trauma of the genitourinary tract
Urologische Klinik der Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Zusammenfassung
Summary
Mit diesem Beitrag sollen die wichtigsten Verletzungsarten auf urologischem Fachgebiet vorgestellt werden, die bei der Ausübung verschiedener Sportarten beobachtet werden können. Sportverletzungen im Fachgebiet Urologie sind zwar im Vergleich zu anderen Fachgebieten (z.B.
Unfallchirurgie) seltener anzutreffen, können jedoch schwerwiegende
Folgen nach sich ziehen, wenn sie nicht rechtzeitig und fachkompetent
erkannt bzw. behandelt werden. So können beispielsweise Nierenverletzungen als Folge von Sportunfällen beim Fußballspiel, im Reitsport und
beim Alpin-Ski auftreten. Aber auch Verletzungen des äußeren Genitale, Harnblasen- und Harnröhrenverletzungen sind hier zu nennen. Abhängig vom Schweregrad der Verletzung ist eine rasche Diagnostik und
Therapie, bis hin zu operativen Maßnahmen erforderlich, um eventuelle Spätfolgen zu vermeiden. Bedeutung kommt der sogenannten
Sporthämaturie zu, die differentialdiagnostisch zu einer umfangreichen
urologischen Abklärung zwingt. Vor diesem Hintergrund ist ein Mindestmaß an urologischen Fachwissen auch in der Sporttraumatologie
wünschenswert und sollte Gegenstand der ärztlichen Fortbildung sein.
Schlüsselwörter: Urologische Traumatologie, Nierenverletzungen,
Hodentorsion, Blasenruptur, Harnröhrenruptur,
Sporthämaturie, Sporthämoglobinurie
Einleitung
Verletzungen des Urogenitaltraktes beim Sport sind, gemessen an der Häufigkeit anderer bei Sportverletzungen beteiligter Organe, eher selten. Trotzdem kann es im Einzelfalle
zu erheblichen Schädigungen nach Gewalteinwirkung kommen, die eine unverzügliche urologische Versorgung des Patienten erfordern. Desweiteren können nicht erkannte urologische Schädigungen des Urogenitaltraktes infolge Sportverletzung zu ernsthaften Spätproblemen („Page-Niere“,
Urinom, Hodenatrophie u.a.) führen, so dass die Notwendigkeit der suffizienten urologischen Primärversorgung betont werden muss.
Tabelle 1 zeigt den Bezug der Verletzungen zu bestimmten Sportarten, wobei erkennbar ist, dass Fußball, Rad- und
Skisport sowie Leichtathletik im Vordergrund stehen. Interessant sind hierzu auch die Zahlen der schweizerischen
Unfallversicherung, die 270 Verletzungen des Genitaltraktes
im Berichtsjahr bei Sportunfällen verzeichnet, wobei etwa
50% beim Fußball auftraten (Tab. 2 und 3) (9).
Jahrgang 51, Nr. 11 (2000)
This article deals with the most important types of observed sports injuries pertaining to the field of urology. Although sports injuries relating to the urological specialty are not as frequent as those in other medical fields (such as emergency surgery), sports injuries may have grave
consequences if not recognized and treated early and expertly. Renal injuries, for example, occur as consecutive symptoms of sports injuries in
soccer, horseback riding or in downhill skiing, as do injuries of the outer genitals, bladder and urethra. Depending on the degree of severity of
injury, immediate diagnosis and treatment and even surgical measures
are imperative in order to avoid possible sequelae. Important in this context is the so-called sports haematuria which requires extensive urological diagnostics. In view of these background facts, it is clear that a
basic command of theoretical urological expertise should be a requirement in sports traumatology and should also be an area of advanced
medical training.
Keywords: Trauma of the genitourinary tract, renal trauma, testicular
torsion, bladder trauma, urethral injury, exercise related haematuria, exertional haemoglobinuria
Prinzipiell kann unterschieden werden in Verletzungen
des oberen Harntraktes, der Harnblase, der Harnröhre, des
Penis und des Skrotums (Hoden). Außerdem hat sich unter
dem Gesichtspunkt der notwendigen Therapie die Differenzierung in offene und geschlossene Verletzungen bewährt.
Tabelle 1: Verletzungen des Urogenitaltraktes bei unterschiedlichen
Sportarten
Verletzungen
Sportart
• Äußeres Genitale (Vulva, Meatus) Fußball, Rad- und Motorradfahren
• Hoden (Zerreißung der Kapsel)
Reiten, Ski alpin, Leichtathletik
• Nebenhoden (Einrisse u. Hämatome)
• Penis (Ablederung, Harnröhrenverletzungen)
• Harnröhren- und Harnblasenverletzungen (Beckenfraktur,
Straddle-Verletzungen)
Fußball, Reiten, Ski alpin,
Leichtathletik (Sprungdisziplinen)
Radfahren, Motorradfahren
• Nierenverletzungen (Kontusion,
Kapselhämatome, Parenchymzerreißungen, Nierenstielabrisse)
Fußball, Reiten, Ski alpin, Rodeln
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Tabelle 2: Genitalverletzungen im Sport. SUVA, Schweiz (n= 270,
hochgerechnete 10 %-Stichprobe), Verletzungsarten (zit. aus 9).
Verletzungsarten
Anteile in Prozent
Hodenkontusion
Vorhaut- und Frenulumverletzungen
Hodenruptur
Hodentorsion
Scrotumwunde
Penishämatom
Samenstrangquetschung
Sonstiges (u.a. Labium [Risswunde], Blasenruptur,
Schwellkörperverletzung)
Gesamt
(davon 52% beim Fußball)
55 %
10 %
5%
5%
5%
5%
5%
10 %
100 %
Tabelle 3: Genitalverletzungen im Sport. SUVA, Schweiz (n= 270, hochgerechnete 10 %-Stichprobe), Kausalitätsvarianz (Zit. aus 9).
Unfallhergang
Anteil in Prozent
Sportart
Schlag, Tritt oder
Zusammenprall mit
Gegner
43%
Fußball, Handball,
Karate
Bälle
18 %
Fußball, Volleyball
Aufprall gegen harten
Gegenstand, Sturzsituation, Sonstiges
39 %
Skifahren, Baden,
Schlitteln, Joggen
Bodenbeschaffenheit
4%
Fußball
Verletzungen des äußeren Genitale
Stumpfe Verletzungen des äußeren Genitale mit Prellungen
von Penis und Skrotum können zu unterschiedlich ausgeprägten Hämatomen führen, die zumeist keine operative Intervention erfordern, im Einzelfalle muss jedoch eine operaAbbildung 1:
Beispiel einer
Hodenruptur
a) Hodenkapselzerreißung bei einem
Fußballspieler (D.H,
22J.). Unfallhergang: Fußtritt gegen das Skrotum
b) Schematische
Darstellung eines
Kapselrisses des
Hodens und operative Versorgung
tive Revision und Hämatomausräumung in Erwägung gezogen werden (bzgl. Harnröhrenverletzung, s. dort).
Schwieriger ist die Frage der operativen Freilegung des
Hodentraumas zu beantworten. Nicht zwangsläufig liegt
dabei immer ein großes Skrotalhämatom vor. Da aber auch
360
intrakapsulär gelegene Hämatome zur Druckerhöhung
innerhalb des Hodens führen können, sind Sonographie
und gegebenenfalls Angiodynographie unverzichtbare
Untersuchungsmethoden beim Skrotaltrauma. Wichtig ist es,
die Zerreißung der tunica albuginea, d.h. der unmittelbaren
Hodenhülle zu erfassen (Abb.1a und 1b). Bei nicht rechtzeitig durchgeführter oder unterlassener Hodenfreilegung muss
eine Atrophie des Organs befürchtet werden. Um derartige
Verletzungen nicht zu übersehen, kommt der fachuroloAbbildung 2:
Beispiel einer
Hodentorsion
a) Operationssitus
einer Hodentorsion
nach skrotaler Freilegung (3 Std alte
Torsion nach Fahrradfahren, Patient
B.D, 16 J.). Der
Hoden ist um
mindestens 1800
torquiert und zeigt
eine blau-livide Verfärbung als Ausdruck der Ischämie.
b) Nach Retorquierung kommt es
zum Rückgang der
Ischämie. Der Hoden
konnte erhalten
werden und wurde
orchidopexiert.
gischen Untersuchung mit Sonographie eine erhebliche Bedeutung zu.
Auch die Differentialdiagnose Hodentorsion muss beim
stumpfen Hodentrauma bedacht werden. Definitionsgemäß
versteht man unter einer Hodentorsion die Verdrehung des
Hodens um die Längsachse des Samenstranges (synonym:
Samenstrangtorsion). Die klinisch-diagnostische Abgrenzung der Hodentorsion auch von einer akuten Epididymitis
(Nebenhodenentzündung) kann erschwert sein. Neben der
Anamnese, dem Hodenpalpationsbefund und dem Urinstatus
ist die Hoden-Angiodynographie unter Umständen richtungsweisend, wenn sich eindeutige intratestikuläre Perfusionsimpulse feststellen lassen. Bleibt jedoch der geringste
a)
b)
Abbildung 3: Schematische Darstellung der Harnblasenrupturen
a) intraperitoneale Harnblasenruptur b) extraperitoneale Harnblasenruptur
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Verdacht auf eine Hodentorsion, ist die sofortige Hodenfreilegung unumgänglich, da die Prognose durch die begrenzte Ischämiezeit von max. 4-6 Stunden bestimmt wird.
Jenseits der 4-6 Stunden liegen bereits irreversible Schädigungen mit Nekrosebildungen des Hodenparenchyms vor,
so dass nur noch die Orchiektomie bleibt. Über die Entwicklung und Entstehung von Hodentorsionen ist wenig bekannt.
Als gesichert gilt, dass anatomische Veränderungen, wie verlängerter Samenstrang, „Glockenschlegelhoden“ oder pathologische Kremasterkontraktionen die Entstehung von Hodentorsionen begünstigen können. Die Frage, inwieweit
sportliche Betätigungen oder Sporttraumata eine Hodentorsion verursachen können, ist wenig untersucht. In einer retrospektiven Auswertung von 71 Patienten mit Hodentorsion aus unserem Krankengut kam es in 8,4% der Fälle zur Hodentorsion (7,17) nach sportlicher Aktivität. Ein Beispiel für
eine Hodentorsion nach Fahrradfahren zeigen die Abbildungen 2a und 2b.
Harnblasenverletzungen
Harnblasenverletzungen kommen gehäuft beim Fußball und
beim Wintersport vor. Bei stumpfen Traumen ist hier die gefüllte Blase mehr verletzungsgefährdet als die entleerte. Leitsymptom sind Hämaturie bzw. Tamponade (durch Blutkoagel) bzw. akutes Abdomen. Kommt es zur Harnblasenruptur,
so muss zwischen einer intraperitonealen bzw. extraperitonealen unterschieden werden (Abb. 3a und 3b). Bei Beteiligung des Peritoneums besteht in der Regel eine Abwehrspannung im Bereich des Abdomens. Zur Abklärung ist
bei Verdacht auf Harnblasenverletzung eine Kontrastmitteldarstellung erforderlich (Zystogramm). Während kleinere
Schleimhautrisse allein mit einer Katheterableitung ausreichend versorgt sind, machen Verletzungen mit Extravasation offen-operative Versorgung notwendig.
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Abbildung 5: Beispiel einer Harnröhrenverletzung
a) Schematische Darstellung der Harnröhre
Abbildung 5:
b) Normalbefund im
retrograden Urethrogramm: die Kontrastmittel-(KM-)
darstellung zeigt eine im Kaliber normwertige vordere und
hintere Harnröhre
mit Kontrastmittelübertritt in die Blase
ohne Hinweis für eine Urethrastriktur
oder KM-Extravasation
c) Bulbäre Harnröhrenverletzung im
retrograden Urethrogramm: die KM
Darstellung zeigt
eine ausgeprägte
Extravasation der
hinteren Harnröhre.
Harnröhrenverletzungen
Harnröhrenverletzungen treten häufig in Kombination mit
Beckenfrakturen bzw. bei „Straddle“-Verletzungen auf (Abb.
4a). Zur Symptomatik gehört die Hämaturie bzw. Harnsperre
sowie Schwellung und Schmerzhaftigkeit im Verletzungsbereich. Auch skrotale Hämatome können wegweisend für eine Harnröhrenverletzung sein (Abb. 4b). Die rektale Untersuchung kann bei totalem Harnröhrenabriss im hinteren Anteil den typischen Befund der kranial dislozierbaren Prostata
Abbildung 4:
Harnröhrenruptur
nach ‘Straddle-Verletzung’
a) Schematische
Darstellung
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b) Skrotales Hämatom, wegweisend
für eine Harnröhreverletzung
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ergeben. Ein einmaliger Katheterisierungsversuch kann unternommen, sollte jedoch nicht vom Ungeübten durchgeführt werden, da neben der Verschlimmerung des Befundes
(„via falsa“) eine Infektion begünstigt werden kann (6). Unter klinischen Bedingungen bringt die retrograde Urethrographie die Entscheidung (Abb. 5). Die Abbildungen zeigen
schematisch die Anatomie der Harnröhre (Abb. 5a), sowie
den Normalbefund einer Harnröhre (Abb. 5b) im Vergleich zu
einer bulbären Harnröhrenverletzung (Abb. 5c) im retrograden Urethrogramm.
Zur Behandlung der Harnröhrenverletzung hat sich bei
uns ein zweizeitiges Vorgehen bewährt. Zunächst sollte eine
suprapubische Harnblasenableitung durch Zystostomiekatheter erfolgen. Einer operativen Versorgung des Harnröhrendefektes im Intervall geben wir den Vorzug gegenüber
der sofortigen operativen Versorgung. Hier bestehen allerdings je nach Klinik z.T. differente Vorgehensweisen. Neben
offen-operativen haben sich auch endoskopische Techniken
mit kombiniertem transurethralem und transvesikalem
Vorgehen bewährt (5,6).
Nierenverletzungen
Wie aus Tabelle 1 ersichtlich, werden Nierenverletzungen
verschiedenen Ausmaßes bei folgenden Sportarten am häufigsten beobachtet: Fußball, Reiten, Ski (alpin) und Rodeln
(9, 12,16). Sie können aber auch in anderen Disziplinen auftreten.
Die anatomisch geschützte Lage der Nieren
unterhalb des Rippenbogens spielt für die Häufigkeit und Ausprägung der
Sportverletzungen
des
oberen Urogenitaltraktes
eine wichtige Rolle. Es
bedarf einer wesentlichen
Gewalteinwirkung, damit
ein stumpfes Trauma zur
Abbildung 6: Nierenruptur nach
Verletzung beim Fußballspielen (H.E, 17J.
Verletzung der Nieren
männlich)
führt. Oft ist eine Verleta) Die Nieren-Angiographie zeigt einen
Perfusionsdefekt der rechten Niere im
zung des knöchernen
mittleren und unteren Drittel sowie den
Thorax begleitend. Die
Parenchymeinriss
b) Operationssitus der Nierenruptur mit Quereinriss in Höhe des Nierenhilus
Ausprägung des Nierenschadens wird nach Hodges (13) bzw.
modifiziert nach Peters (14) in drei Grade eingeteilt.
• Grad I bezieht sich auf Nierenkontusionen oder kleineren Parenchymverletzungen mit subkapsulärem Hämatom.
• Grad II zeigt bereits eine tiefergehende Parenchymruptur mit Beteiligung der Nierenkapsel aber noch ohne Verletzung des Hohlsystems.
• Grad III umfasst die schweren Parenchymverletzungen
mit Hohlraumbeteiligung oder Nierengefäßverletzungen/Nierenstielabriss.
Diese Einteilung spielt für die Behandlung der verschiedenen
Verletzungen eine wichtige Rolle.
Im Rahmen einer retrospektiven Untersuchung unseres
Krankengutes konnten wir während eines Zeitraums von 17
Jahren insgesamt 26 ernsthafte, klinisch zu behandelnde
Verletzungen des Urogenitaltraktes beim Sport beobachten
(3) (kleinere Verletzungen, die ambulant versorgt werden
konnten, sind nicht in diese Untersuchung eingegangen). Bei
18 dieser Patienten lag eine Nierenverletzung vor. Berücksichtigt man die Gesamtzahl der im Untersuchungszeitraum
behandelten Nierenverletzungen (n=164), so beträgt die
Häufigkeit der Verletzungen beim Sport 11%. Andere Arbeitsgruppen, so z.B. Ennemoser kommen zu einem noch
höheren Anteil an sportbedingten Nierenverletzungen (37,5
%) (12,15).
Beim Verdacht auf eine Nierenverletzung bei einem entsprechenden Unfallmechanismus (z.B. Sturz vom Pferd oder
beim Skifahren und dabei erfolgendem Aufschlagen auf die
Flanke, Tritt beim Fußballspiel ins Nierenlager u.a.) sowie
Nachweis von Prellmarken bzw. Hämaturie sind entsprechende diagnostische Maßnahmen notwendig: Unerlässlich
ist die urologische Basisdiagnostik mit Urinstatus, weitere
Labordiagnostik (Blutbild, Kreatinin, Gerinnungsstatus) und
Sonogramm. Röntgenologisch haben sich zur Beurteilung
des Hohlraumsystems und des Nierenparenchyms die Ausscheidungsurographie und das Computertomogramm bewährt. Zur Zeitersparnis bei der urologischen Primärdiagnostik hat sich bei Verdacht auf Nierenkontusion/-ruptur bewährt, initial das Computertomogramm anzufertigen. Eine
anschließend durchgeführte Nierenleeraufnahme komplettiert die Diagnostik mit dem renal ausgeschiedenen Kontrastmittel. Bei Verdacht auf Nierenstielverletzung bzw. zur
c) Operationssitus mit fast vollständiger Durchtrennung der Niere in zwei Hälften. Der blaue
Zügel markiert den Harnleiter.
d) Schematische Darstellung dieser Nierenruptur, Grad II-III nach Hodges (13)
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Abbildung 8a: Schematische Darstellung
der Sporthämaturie. Bei entleerter Blase
und bedingt durch den Druck der inneren
Organe kommt es zur Kompression der Blase
mit mechanischer Reibung des Blasendachs
am Blasenboden
Abbildung 8b: Schematische Darstellung der
durch Kompression mechanisch verursachten
Schleimhautverletzungen in der Harnblase
präoperativen Planung (insbesondere in Hinsicht auf rekonstruktive Maßnahmen) ist die Erkennung der Gefäßverhältnisse wichtig. Hier kommt die selektive Nierenangiographie in Frage.
Während Grad 1 und manche Verletzungen Grad 2 ein
konservatives Vorgehen erlauben (Bettruhe, Antibiotische
Prophylaxe, Laborkontrollen: Hämoglobin, Erythrocyten,
Kreatinin), sind in Teilen von Grad 2, sicher aber bei Grad 3Verletzungen der Niere operative Maßnahmen indiziert (2,4).
Ein Beispiel einer Grad II-III Nierenverletzung als Sporttraumafolge soll anhand der Abbildung 6 vorgestellt werden.
Abbildung 6a zeigt die Angiographie eines 16 Jahre alten
Torwartes, der nach Zusammenstoß mit einem Gegenspieler
wegen einer Makrohämaturie zur urologischen Abklärung
kam. Der intraoperative Situs (Abb. 6b) zeigt eine vollständige Nierenruptur. Eine Rekonstruktion war in dieser Situation nicht möglich, so dass eine Nephrektomie durchgeführt werden musste. Die schematische Darstellung dieser
Nierenruptur ist in Abbildung 6c abgebildet.
Abbildung 7: Pathophysiologie der Hämoglobinurie
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Abbildung 8c: Endoskopischer Befund einer
Schleimhautverletzungen mit Erosion des
Urothels im Rahmen einer Sporthämaturie.
So bleibt festzuhalten: Besteht aufgrund der
Ausscheidungsurographie oder des Computertomogramms
der Verdacht auf eine Läsion des Hohlraumsystems oder des
Parenchyms, so ist eine Nierenfreilegung indiziert. Inwieweit
die Kontinuität der Niere wiederhergestellt werden kann, ist
intraoperativ zu entscheiden. Ggf. muss auch die Nephrektomie in Erwägung gezogen werden. Dabei ist zu bedenken,
dass leider nicht zu selten die Verletzung von größerem Ausmaß ist, als es im Röntgenbild erscheint.
Hämaturie
(Erythrozyturie/Hämoglobinurie)
Unter Sporthämaturie versteht man die gelegentlich auftretende, rot-bräunliche Verfärbung des Urins nach Ausdauersportarten (z.B. Langlauf, Marathon). Das Phänomen kann
als Mikro- oder Makrohämaturie bzw. Hämoglobinurie auftreten und verlangt umfangreiche differentialdiagnostische
Kenntnisse und Untersuchungsstrategien (8). Richtungsweisende Bedeutung kommt der Urinuntersuchung (Urinstix,
Mikroskopie) zu, wo zwischen Erythrozyturie (positiver Urinstix und mikroskopischen Nachweis von Erythrozyten)
und Hämoglobinurie (Urinstix auf Hämoglobin positiv, jedoch in der Mikroskopie keine Erythrozyten) unterschieden
werden kann. Die Erythrozyturie kann Folge von pathologischen Veränderungen im Bereich der ableitenden Harnwege
in Form von Entzündungen, Tumoren, Traumata und Anomalien sein und bedarf der umfangreichen urologischen
Diagnostik. Die Hämoglobinurie spricht für eine prärenale
Ursache und sollte entsprechend abgeklärt werden (z.B. hämolytische Prozesse oder Myolyse).
Die Hämoglobinurie kann als Folge sportlicher Belastung
auftreten, sie wird in der Literatur mit den Begriffen
„Marsch-Hämoglobinurie“ oder „Sporthämoglobinurie“ bezeichnet (8,10,11). Abhängig vom Laufstil, der Laufdistanz
und der Beläge (harter Boden, Straßenasphalt,etc.) kommt es
dabei im Fußsohlenbereich zur mechanischen Beeinflussung
der Kapillaren und konsekutiv zur Erythrozytenfragmentati-
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on mit Hämolyse. Das Ergebnis ist eine Dunkelverfärbung
des Urins mit Hämoglobinurie. Zur Pathophysiologie siehe
Abbildung 7.
Aber auch eine Erythrozyturie kann nach sportlicher Belastung auftreten, verursacht durch leichte Erosionen der
Harnblasenschleimhaut. Es handelt sich dabei um Traumatisierungen des Urothels, die nach scheuernden Bewegungen
(innere Schürfungen) des Blasendachs mit dem Harnblasenboden entstehen. Bei Langstreckenläufern kann so das Urothel durch die in der Bauchhöhle befindlichen Organe, insbesondere bei geleerter Blase, aufeinander gedrückt werden
und zu den genannten Veränderungen führen. Die Abbildungen 8a-c geben sowohl den schematischen Ablauf als
auch den endoskopischen Befund wider. Die stets leicht gefüllte Blase während der sportlichen Aktivität stellt eine protektive Maßnahme zur Vermeidung von Sporthämaturien
dar.
Resumée
Zusammengefasst ist festzuhalten, dass urologische Verletzungen bei Sporttraumen zwar selten sind, im Einzelfall jedoch bei nicht rechtzeitiger Erkennung zu ernsthaften Spätschäden führen können. Vor allem Nierenverletzungen können zu schwerwiegenden Folgen führen und nehmen einen
besonderen Stellenwert ein. Wesentliches Symptom bei
Verletzungen der Niere bzw. der ableitenden Harnwege ist
die Hämaturie (Makro-, Mikro-). Hier ist unverzüglich die
weitere urologische Abklärung erforderlich. Als bildgebende
Verfahren haben sich die Sonographie bzw. das Ausscheidungsurogramm, das Computertomogramm sowie die Angiographie bewährt. Ausgehend von dem Verletzungsgrad ist
die Therapie zu entscheiden. Bei Beteiligung des Parenchyms
oder des Hohlraumsystems ist eine operative Therapie erforderlich.
Durch Sportunfälle verursachte Harnblasen- bzw. Harnröhrenverletzungen erfordern eine urologische Diagnostik
und Therapie. Bei Leitsymptomen wie Hämaturie bzw.
Harnverhalt sollte der Sportarzt an derartige Verletzungen
(z.B. „Straddle“) denken. Vorsicht ist bei Katheterisierungsversuchen geboten. Zur operativen Versorgung von Harnröhrenverletzungen kommt nach Möglichkeit ein zweizeitiges Vorgehen in Betracht.
Bei Skrotaltraumen ist vor allem die Frage der operativen
Freilegung zu entscheiden (Kapselzerreißung). Ein besonderer Stellenwert kommt dabei der Sonographie zu. Die Differentialdiagnose „Hodentorsion“ mit der imperativen offenen Abklärung ist hier zu bedenken.
Eine rot-bräunliche Verfärbung des Urins bedarf der umfangreichen Diagnostik, um ernsthafte urologische Erkrankungen auszuschließen. Differentialdiagnostisch kann es jedoch auch sportbedingt zur Hämoglobinurie und Erythrozyturie kommen, verursacht durch mechanische Irritationen im
Bereich der Fußsohlen und Harnblase.
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Die urologische Sporttraumatologie (1) weist den Sportmediziner darauf hin, sich auch in diesem Fachgebiet Mindestkenntnisse anzueignen, um seiner Tätigkeit in allen Bereichen gerecht zu werden. Andererseits muss der Urologe,
der sich sportärztlich engagieren möchte, um Kenntnisse der
sportartspezifischen Verletzungsmechanismen bemüht sein.
Literatur
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Berlin 1994.
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Beckenfrakturen. Unfallheilkunde 82 (1979) 477-484.
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Wintersport. Vortrag, Sporttraumatologisches Symposium „Verletzungen
beim Skilauf“ Stuttgart 1985
16. Strohmaier WL: Urologische Probleme im Reitsport, in: Bichler KH, Lahme
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17. Zumbrägel A, Bichler KH, Brück D, Nelde HJ: Hodentorsion nach sportlicher Belastung, in: Bichler KH, Lahme S, Zumbrägel A, Mattauch W
(Hrsg): Sport-Urologie, Einhorn-Presse-Verlag GmbH Reinbek (1997) 7682.
Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. med. Karl-Horst Bichler
Ärztl. Direktor der Urologischen Klinik
Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Hoppe Seyler-Str. 3, 72076 Tübingen
Tel.: (07071) 298 66 13, Fax: 29 50 92
E-mail: [email protected]
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