Migräne ist behandelbar - Migräne Praxis Nieland

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MIGRÄNE IST BEHANDELBAR
Heino Nieland
Inhaltsverzeichnis
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Vorwort…………………………………………………………………………………………. 3
Wenn der große schwarze Vogel seine Flügel über mir ausbreitet......................................... 4
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Migräne ist keine Krankheit?………………………………………………………. 7
Ein Urteil über Migräne……………………………………………………………. 10
Der Vorteil von Migräne…………………………………………………………… 12
Mit Migräne umgehen……………………………………………………………… 13
Die pharmazeutische Industrie und
ihre „Gefolgschaft“……………………………………………………………...…. 16
Migräne in den Medien…………………………………………………………..... 18
Die Position des Arztes…………………………………………………………….. 20
Umdenken…………………………………………………………………………... 21
Die Natur als Lehrmeister…………………………………………………………. 23
Die Einstellung des Arztes…………………………………………………………. 25
Die richtige Diagnose……………………………………………………………..... 27
Differentialdiagnose……………………………………………………………...… 29
Medikation………………………………………………………………………….. 31
Ernährung………………………………………………………………………….. 33
Die Migräne Behandlung…………………………………………...….….............. 35
Heilung als Beweis?………………………………………….. .................................40
Nachwort an den Migränepatienten………………………………………………………... 42
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Vorwort
Ich war 5 Jahre alt, als sich bei mir die ersten Anzeichen von Migräne zeigten: Bauchschmerzen! Unser Hausarzt war ein freundlicher Mann, der sich sehr für seine Patienten einsetzte und
meiner Mutter eine Überweisung nach der anderen für mich mitgab. Es folgten Röntgenaufnahmen und Endoskopien in akademischen Krankenhäusern, die aber keinen Aufschluss brachten. Die Diagnose lautete daher: Es ist die Psyche! Im Alter von etwa 15 Jahren hatte meine
Migräne die klassische Ausprägung erreicht und bis zu meinem 22. Lebensjahr traten die Anfälle dann regelmäßig auf.
Da mich das „Unerklärbare“ im Leben immer besonders gereizt hat und der Arztberuf eine
große Anziehungskraft auf mich ausübte (wahrscheinlich aufgrund meiner positiven Erfahrungen mit unserem freundlichen Hausarzt in meiner Kindheit) lag die Berufswahl „Heilpraktiker“
auf der Hand. Seit 1981 bin ich in meiner Praxis tätig und spezialisierte mich auf die Neuraltherapie nach Huneke. Gerade aufgrund der regulierenden Wirkung der Neuraltherapie ist diese für
die Behandlung des Hormonhaus-halts so geeignet.
Behandlungsformen, bei denen der Hormonhaushalt mithilfe von Hormonpräparaten oder Medikamenten beeinflusst wird, führen nicht zu dem gewünschten Ergebnis, zudem haben die
eingesetzten Medikamente etliche Nebenwirkungen.
In meiner Praxis werden denn auch zunehmend Gesundheitsprobleme behandelt, die durch
Störungen des Hormonhaushalts hervorgerufen werden. Diese reichen von Wechseljahrbeschwerden bis hin zum unerfüllten Kinderwunsch, die häufig als sog. „Frauenleiden” bezeichnet
werden. Selbstverständlich gehört auch die Behandlung der monatlich wiederkehrenden Migräne zu meiner therapeutischen Tätigkeit. Da die Migräne aber als unheilbar angesehen wurde
(und von vielen Menschen immer noch wird), hatte ich mich anfänglich noch nicht darauf spezialisiert. Auch ich trug damals noch Scheuklappen, aber Sie können versichert sein: Ich habe
die Scheuklappen abgelegt!
Im Laufe der Zeit stellte ich in meiner Praxis fest, dass sich bei der Behandlung von Hormonstörungen als Begleiterscheinung auch die Migräne verbesserte oder sogar völlig verschwand.
Daraus ergab sich eine Verlagerung meiner therapeutischen Tätigkeit und ich spezialisierte
mich zunehmend auf die Behandlung von Migräne. Mit der Weiterentwicklung dieser Therapie
wurde ich schließlich zum Migränetherapeuten!
Heino Nieland, im März 2010
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Wenn der große schwarze Vogel seine Flügel über mir ausbreitet
Von Maria von Blumencron
(Migränepatientin, Autorin und Filmemacherin)
Ihre Vorboten sind harmlos: Eine Ermattung der Lebensgeister kombiniert mit einer unbändigen
Lust auf Schokolade. Ich schnüre meine Joggingschuhe, um vor dem Unabwendbaren davonzulaufen. Manchmal gelingt das. Doch heute renne ich umsonst sieben Runden im Park. Das
dumpfe Ziehen in Höhe der Schulterblätter sagt mir, dass ich den Kampf verlieren werde: Der
nächste Migräneanfall steht mir bevor.
Unabwendbar wandert der Schmerz in den Hinterkopf und weiter bis in die rechte Seite der
Stirne. Hat er dort seinen geliebten Stammplatz gefunden, kommt es wie eine Naturgewalt über
mich. Es ist, als ob ein großer schwarzer Vogel seine mächtigen Flügel ausbreitet und mein
Leben für die nächsten Stunden und Tage verhüllt. Ich kann mich nicht wehren. Nichts dagegen
tun. Ich schließe die Fenster und ziehe die Vorhänge zu. Ich sperre das Leben aus meinem
Leben. Denn alles was zu ihm gehört, schmerzt: Licht, Gerüche, Geräusche.
Es ist, als würde jemand ein Messer in meinem Gehirn umdrehen.
Nun kommt die Übelkeit. Sie erfasst jede Zelle meines Körpers, jede Faser meines Seins.
Dies ist keine Krankheit. Es ist ein Zustand, in dem ich mich nun bewege. Eine Art Blase. Eine
dumpfe Aura, die mich umgibt. Ich erbreche. Stundenlang. Bis nichts mehr kommt, als die
bitteren Säfte des Magens.
Ein Glück, wenn ich während eines Anfalles zu Hause bin. Oft bin ich es nicht.
Dreharbeiten, Lesereisen, Recherchetrips - als Filmemacherin und Autorin bin ich viel unterwegs. Wie oft schon hing ich leidend auf Zugtoiletten, auf Autobahnrastplätzen, Parkbänken, in
Schnitträumen, am Filmset und am schlimmsten: im Flugzeug!
Der letzte große Anfall überkam mich letztes Jahr in einem indischen Propellerflieger. Vergeblich hatte ich vor dem Abflug versucht, die Attacken im Kopf mit Tigerbalsam zu lindern. Die
Gebete meiner tibetischen Freunde, die mich zum Flugplatz gebracht hatten, halfen mir nicht.
Auch nicht die weißen Glückschleifen, die sie mir zum Abschied um den Hals gelegt hatten.
Nichts kann den Verlauf einer Migräne, die so richtig in Fahrt ist, stoppen.
Die Welt drehte sich auf den Kopf. Es war nicht das Flugzeug. Es war meine Wahrnehmung.
Von einem unglaublichen Schwindelgefühl erfasst, wusste nicht mehr, wo oben und unten war.
Ich fühlte mich ausgeliefert, alleine, hoch oben im Himmel, kein Boden unter den Füßen. Nur
Abgrund.
Auch die Landung in Delhi brachte keine Linderung. Eine indische Millionenmetropole ist der
ungünstigste Ort auf Erden, um ungeschützt einer Migräne ausgeliefert zu sein. Nach einer
abenteuerlichen Irrfahrt durch den stinkenden, lärmenden Moloch landete ich schließlich in
meinem Hotel. Es lag mitten in einer Hauptverkehrsstraße und hatte keine Klimaanlage.
Vor meinem Fenster endloses Hupen und Tröten die ganze Nacht – und über mir surrte wie der
Propeller eines Hubschraubers ein Ventilator. Es war völlig unmöglich, Ruhe zu finden. Dehydriert vom vielen Erbrechen suchte ich vergeblich nach einer Flasche keimfreiem Wasser und
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fand in der Minibar nur gähnende Leere. Da legte ich meinen Kopf auf die Kühle des steinernen
Bodens und betete um einen Ausweg aus der Migräne, bevor ich früh morgens weiter nach
Nepal reisen musste.
Zurück in Deutschland machte ich mich auf die Suche nach Hilfe. Einiges hatte ich bereits
probiert. Doch weder Akupunktur noch Homöopathie und Schmerztabletten hatten geholfen. Zu
Triptanen habe ich nie gegriffen – aus Angst mich in einem Labyrinth aus chemischer
Symptombekämpfung und Abhängigkeit zu verlieren. Irgendwo auf dieser Welt musste es doch
einen Arzt oder Therapeuten geben, der mir helfen konnte! Ich glaubte ganz fest daran. Ich
konnte mich nicht länger krank auf Lebenszeit denken. Ich recherchierte im Internet, notierte
Namen von Kliniken und las Berichte von Betroffenen. Warum sprach hier niemand von Heilung? Bestenfalls von einer Linderung der Symptome? Das fand ich höchst irritierend. Mein
Instinkt sagte mir, dass es für jede Erkrankung auch ein Heilmittel geben musste.
Da stieß ich auf Heino Nielands Internetseite, deren Überschrift wie ein Lichtstrahl in meine
gedämpfte Stimmung fiel: MIGRÄNE IST BEHANDELBAR.
Endlich. Ich litt nun seit zehn Jahre an regelmäßig auftretenden Anfällen. Sie kamen jeden
Monat am zweiten oder dritten Tag der Periode und legten mein Leben zwei bis drei Tage still.
Ich wusste, es gab noch weit härtere Fälle. Menschen, die täglich mit ihrer Migräne leben, die
gar nicht mehr arbeiten können, die gar keinen Weg mehr aus ihrem abgedunkelten Leben
herausfinden. Doch das war kein Trost. Die Migräne hatte mir meine Lebensfreude genommen.
Manchmal wünschte ich mir am tiefsten Punkt eines Anfalles zu sterben. MIGRÄNE IST
BEHANDELBAR.
Entschlossen griff ich zum Telefonhörer. Die Frau am anderen Ende der Leitung nahm sich
Zeit, meine Geschichte anzuhören. Sie gab mir das Gefühl: Hier versteht mich jemand! Hier ist
jemand, der weiß, wie es mir geht! Wir vereinbarten einen Termin. Dass ich drei Stunden Fahrzeit in Kauf nehmen musste, störte mich nicht. Instinktiv spürte ich: Jetzt wirst du einen Weg
aus der Migräne finden. MIGRÄNE IST BEHANDELBAR.
Heino Nieland ist kein Arzt im klassischen Sinne. Für mich ist er ein Heiler im wahrsten Sinne
des Wortes. Er sieht den Menschen in seiner Ganzheit. Er erfasste meine Person, meinen Charakter. Er wusste sofort Bescheid. Vor allem aber strahlte er den Willen aus, mir nicht nur helfen zu wollen, sondern mich wirklich zu heilen.
“Zehn Jahre Migräne sind eine lange Zeit”, sagte er mir: “Sie werden mindestens zehn bis
fünfzehn Behandlungen brauchen, um Ihr Hormonsystem in ein Gleichgewicht zu bringen”.
Ich habe nun acht Behandlungen hinter mir und werde noch weitere machen. Aber schon heute
kann ich sagen, dass die Therapie unglaublich erfolgreich war. Ich bin frei von den schweren
Anfällen. Zwar spüre ich während der Periode, dass sich hormonell etwas bei mir verändert. Ich
werde müde, übellaunig, ich fühle mich geschwächt und würde mich am liebsten vor beruflichen Anforderungen verkriechen. Es ist, als ob der große schwarze Vogel immer noch hinter
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mir lauert. Aber er öffnet seine Flügel nicht mehr. Vor allem die Kopfschmerzen und die Übelkeit bleiben nun gänzlich aus. Was für ein Gewinn!!!
Ich kenne viele Frauen, die regelmäßig Migräne haben. Oft sind es Frauen, die viel leisten im
Leben. Die Beruf und Familie vereinen, sich sozial engagieren, sich um ihre Mitmenschen
kümmern, auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig tanzen. Frauen mit Power und Kreativität.
Frauen, die ihren Mann stehen in unserem schnellen, modernen Leben.
Vielleicht brauchte ich früher meine Migräne, um meinen Motor, der sonst nie still stand, wenigstens zwei bis drei Tage im Monat herunter zu fahren. Meinen Kopf zu entleeren, die Sorgen
ruhen zu lassen. Mit der Heilung meiner Migräne habe ich gelernt, mich besser um mich selber
zu kümmern.
Das Reich der Migräne ist dunkel. Ihr Zustand ist wie ein Abstieg in die Unterwelt, auch ins
Unbewusste. Mit diesem Wissen betrete ich nun die Tage meiner Periode. Ich nehme mir
gerade in diesen Tagen mehr Zeit. Ich verdunkle die Räume, in denen ich arbeite. Ich schaue
nach innen und versuche der dunklen Frau in mir zu begegnen. Der Schattenseite des Lebens.
Ich stelle mir vor, dass es die Frauen in früheren Kulturen es auch so gemacht haben.
Wahrschein-lich gaben sie den Tagen ihrer Periode einen besonderen Raum. Frauen von heute
müssen im-mer gleich gut funktionieren.
Erzähle ich Migräneleidenden von meiner Therapie, bekomme ich oft als Antwort: ‚Ich habe
schon alles probiert. Warum sollte mir ausgerechnet diese Therapie helfen?‟
Der Verlust der Hoffnung ist die verhängnisvollste Begleiterscheinung der Migräne. Mich hatte
die Hoffnungslosigkeit mental so sehr geschwächt, dass ich zehn Jahre lang kostbare Zeit verlor: Jeden Monat drei Tage. Auf zehn Jahre umgerechnet sind das 360 Tage. Ich habe quasi ein
ganzes Lebensjahr an schweren Kopfschmerzen, Übelkeit und Depressionen gelitten – ohne
etwas dagegen zu unternehmen! Viele Menschen leiden noch mehr. Und ihnen möchte ich
sagen: Was tut es, einen Tag in seine Lebenszeit zu investieren? Sich ins Auto zu setzen, oder
in den Zug oder Flieger – wie auch immer – sich in Bewegung zu setzen, um seinen Heiler zu
finden?
Ich möchte es jedem Migränepatienten so sehr ans Herz legen: Verharren Sie nicht in der Hoffnungslosigkeit! Geben Sie die Hoffnung auf Heilung nie auf! Hören Sie nicht auf Ärzte, die nur
ihre Symptome behandeln. Die ihnen Weis machen wollen, man könne die Schmerzen der
Migräne bestenfalls dämmen. Wagen Sie es, aufs Ganze zu gehen. Suchen Sie ihren Heiler!
Meiner heißt Heino Nieland. Noch habe ich ein paar Behandlungen offen. Aber ich weiß, bald
wird der schwarze Vogel seine Flügel heben und ganz ganz aus meinem Leben verschwinden.
MIGRÄNE IST BEHANDELBAR.
Maria von Blumencron, 2. März 2010
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Migräne ist keine Krankheit ?
Eine mutige Behauptung, denn Migräne wird im Allgemeinen als Krankheit angesehen. Migräne ist keine Erkrankung, Migräne ist ein Selbstschutzmechanismus des Körpers, um
ihn vor Krankheiten zu schützen.
Um dies zu erläutern, werde ich Ihnen einiges über das Funktionieren des menschlichen Körpers erzählen.
Alles was unser Körper uns spüren lässt, erfüllt einen Sinn. Das gilt vor allem für
Schmerzen. Der Schmerz ist immer ein Signal und will uns darauf aufmerksam machen, dass
„etwas nicht stimmt”. Schmerzen schützen uns zum Beispiel bei Verletzungen: Eine Verletzung
schränkt uns bei unseren alltäglichen Aktivitäten ein und dadurch entlasten wir automatisch den
verletzten Körperteil, weil „es weh tut”.
Wenn der Mensch ohne Schmerzempfinden geboren werden würde, wäre er der Welt
ungeschützt ausgeliefert und könnte nicht alt werden. Bereits in der Kindheit machen wir uns
dies klar, wenn wir uns zum Beispiel an der heißen Herdplatte verbrennen. Hätten wir als Kind
keine Schmerzempfindung, würden wir uns immer wieder aufs Neue verbrennen und vermutlich schon im jugendlichen Alter an den Folgen der Verbrennungen sterben.
Der menschliche Körper ist eine Einheit, die sich selbst im Gleichgewicht hält und
auch halten will. Dafür braucht er keine Hilfe von außen. Fieber zum Beispiel ist nur eine Reaktion des Körpers, durch Erhöhung der Körpertemperatur die Krankheitskeime abzutöten. Letztendlich ist ein Leben ohne das “Schutzschild” Schmerz nicht möglich. Das gilt ebenso für unseren seelischen Schmerz.
Wir erfahren Schmerzen als negativ, weil sie uns in unserem Erleben, unseren Tätigkeiten und Funktionieren einschränken. Die Wahrheit aber ist, dass die menschliche Natur auf
das Überleben ausgerichtet ist und die Schmerzen dabei eine wichtige Rolle spielen. Der
Schmerz ist das einzige unmittelbar wirksame Signal, das uns in jeder Situation schützt und
dafür sorgt, dass im Körper automatische Mechanismen ausgelöst werden, wie beispielsweise
die Kampf- oder Fluchtreaktion. Da diese Reaktionen automatisch und bei allen Menschen in
der gleichen Art und Weise ablaufen, sind sich die meisten Menschen dessen nicht bewusst.
Wenn sie meine vorherigen Ausführungen berücksichtigen, werden Sie mir darin folgen können, dass die Tatsache, dass Sie Migräne bekommen, der Beweis für das Funktionieren
Ihres Körpers ist. Er reagiert mit Schmerzen, weil er sie beschützen möchte. Das Symptom
Migräne tritt nur dann auf, wenn es wirklich erforderlich ist, also nur wenn der Körper es zu
seinem eigenen Schutz einsetzt.
Migräne schützt uns gegen Schäden, die möglicherweise auftreten würden, wenn unser Gehirn über einen zu langen Zeitraum überaktiv ist, ohne sich ausruhen zu können. Durch
Aktivität entsteht Wärme - also Energie - wie sie bei jeder Aktivität freigesetzt wird. Wenn wir
schnell laufen, nimmt der Stoffwechsel in der Muskulatur aufgrund der höheren Verbrennung
zu. Die Körpertemperatur steigt an.
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Wir transpirieren, um überschüssige Wärme an die Umgebung abzugeben. Dadurch
kühlt der Körper über die Haut ab: ein Schutzmechanismus des Körpers, um uns vor Überhitzung zu bewahren.
Vielleicht fragen Sie sich, wozu dieser Schutz erforderlich ist. Jede Körperzelle besteht aus Eiweiß (Proteinen). Eiweiß hat die Eigenschaft, bei hohen Temperaturen zu verbrennen. Wenn wir Fieber über 40°C nicht bekämpfen würden, kann das zelleigene Eiweiß absterben, was zum Tode führen könnte.
Auf diese Art lässt sich eigentlich auch die Migräne einfach erklären. Durch Überaktivität des Gehirns droht diesem eine übermäßige Erwärmung. Das Gehirn verfügt jedoch nicht
über die Möglichkeit zu schwitzen, weil es zum Schutz in den harten Schädel „eingebettet“ ist.
Bei dem Versuch, die übermäßige Erwärmung zu reduzieren, erweitern sich die Blutgefäße.
Dieser Vorgang ist mit Schmerzen verbunden, d.h. mit Migräne! Einerseits bewirkt die Erweiterung der Blutgefäße eine sofortige Abkühlung des Gehirns, andrerseits zwingt der Schmerz, der
mit dem Vorgang einhergeht, den Migränepatienten zur Ruhe, weil er durch die alles beherrschenden Schmerzen nicht mehr in der Lage ist zu denken und so gezwungen wird sich auszuruhen. Der einseitige Kopfschmerz unterstützt diesen Prozess, denn er erschwert das logische
Denken erheblich. Der Migränepatient wird dazu gezwungen, seinem Körper Ruhe zu gönnen
und alle Reize von außen – wie Licht und Lärm - auszuschalten. Dadurch nimmt die Gehirnaktivität ab, was auch deutlich am Verhalten des Patienten ablesbar ist. Der immer aktive
Migränepatient verändert sich zu einem passiven Individuum. Der Perfektionist, der immer die
Organisation in der Hand behalten will, nimmt jetzt vorübergehend nicht aktiv an der Gemeinschaft teil und schaltet auf „inaktiv” um. Die Natur stellt den notwendigen Zustand her: Ruhe
für das Gehirn!
Als kritischer Migränepatient denken Sie jetzt bestimmt: „Alles ganz interessant, was
der Heilpraktiker da so schreibt, aber ich kann doch mein Gehirn nicht einfach abschalten. Und
dass ich Ruhe während eines Migräneanfalles brauche, wusste ich schon vorher. Was also kann
ich mit diesem Wissen anfangen und wie werde ich meine Migräne los?“ Um Ihnen dies zu
erklären, werde ich einen Schritt weitergehen, denn wenn man begreift, wie Migräne entsteht,
hat man die Lösung bereits in der Hand.
Ursache der Migräne ist die Überaktivität des Gehirns. Aber diese Überaktivität ist
zugleich Folge eines tieferen Problems: und zwar eines gestörten Hormonhaushalts.
Kein einziger Migränepatient hat jedoch „fortwährend“ Migräne. Migräne tritt unter
dem Einfluss hormoneller Veränderungen auf, z. B. vor oder während des Eisprungs und der
Menstruation.
Es gibt eine Reihe von Faktoren, die eine Störung des Hormonhaushalts begünstigen
können. Grundsätzlich kann jede größere hormonelle Schwankung eine Störung des Hormonhaushalts auslösen oder verstärken. Nach der Pubertät, nach der Schwangerschaft oder den
Wechseljahren stellen Patienten häufig selbst das erstmalige Auftreten, die Veränderung oder
aber die Verstärkung ihrer Beschwerden fest. Das sind Phasen, in denen der Hormonhaushalt
besonders großen Schwankungen unterliegt.
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Oft wird eine Störung des Hormonhaushaltes auch durch Entzündungen hervorgerufen, vor allem der Mandeln. Aber auch Zahnprobleme, Pubertät, Schwangerschaft und Wechseljahre, Infektionen, Unfälle und Operationen, lang andauernder Stress sowie Krankheiten, die
mit einer entzündlichen Reaktion im Körper einhergehen, wie beispielsweise Rheuma, können
den Hormonhaushalt beinträchtigen. Die Grundlage für Hormonstörungen wird häufig bereits in
der frühen Kindheit gelegt. Unbemerkte Mandelentzündungen, die chronisch geworden sind,
können sich jahrelang als „Störfaktor“ für den Hormonhaushalt bemerkbar machen. Dasselbe
gilt für Zahnprobleme, bei denen auch die verwendeten (eventuell unterschiedlichen) Metalle
eine große Rolle spielen können.
Da unser Körper versucht, jede Entzündung zu bekämpfen, reagiert er mit einer
“Mehr“-Produktion. Alle Entzündungen im Bereich des Kopfes, vor allem der Mandeln, die
sich in unmittelbarer Nähe der Schilddrüse befinden, beeinflussen deren Funktion, so dass diese
durcheinander gerät und ihre wichtige Aufgabe in dem komplizierten endokrinen System nicht
mehr optimal erfüllen kann.
Das hierbei entstehende Ungleichgewicht innerhalb des Hormonhaushalts führt überdies dazu, dass das vegetative Nervensystem nicht mehr richtig angesprochen wird. Es entsteht
vor allem eine größere Stimulation, die wiederum eine erhöhte Gehirnaktivität auslöst. Und wie
ich bereits vorher in diesem Kapitel erläutert habe: Migräne ist nicht mehr und nicht weniger als
ein Schutzmechanismus des Körpers, der uns vor Schaden bewahren soll, der bei längerer
Überaktivität unseres Gehirns entstehen könnte, wenn ihm keine Ruhepausen gegeben werden.
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Ein Urteil über Migräne?!
Nur jemand, der schon in derselben Situation war, kann die Gefühle einer anderen
Person nachempfinden und ergründen. Das werden Sie aufgrund Ihrer eigenen Erfahrungen
bestätigen. Jemand, der noch nie Fahrrad gefahren ist, weiß nicht, wie es sich anfühlt, sich auf
zwei Rädern fortzubewegen.
Darüber denken wir jedoch meistens nicht nach und sind schnell mit einem Urteil,
oder besser einem Vorurteil, bei der Hand und sprechen dieses auch aus. Nur was wir aus eigener Erfahrung kennen, können wir auch richtig beurteilen. Für die Migräne heißt das, dass nur
ein Migränepatient tatsächlich beurteilen kann, was es heißt, an Migräne zu leiden.
Durch die Tatsache, dass ich selbst Migränepatient gewesen bin, fühle ich mich daher
in besonderer Weise berufen. Ich kann das Leiden und alles, was damit zusammenhängt, verstehen und kann daher mit den Patienten mitfühlen. Dadurch habe ich volles Verständnis, denn ich
habe alles selbst durchgemacht. Die Tatsache, dass ich mich in den Patienten hineinversetzen
kann, führt automatisch zu größerer Einsicht und Vertrauen des Patienten, der sich ansonsten oft
nicht verstanden fühlt und häufig bereits einen langen Weg im medizinischen Dschungel hinter
sich hat. Die mit Abstand größte Zahl meiner Patienten hat bereits viele Ärzte und Therapeuten
konsultiert, bevor sie zu mir in die Praxis kamen. Auf diesem langen Weg hat der Patient sich
vielen Untersuchungen und Behandlungen unterzogen, die nicht zur Verbesserung seiner Symptome geführt haben. Das Ausbleiben der versprochenen Wirkungen hat zu Enttäuschungen
geführt oder im schlimmsten Fall dem Selbstwertgefühl geschadet, wenn der Patient dann letztlich mit der Diagnose “Es ist die Psyche” nach Hause geschickt wurde.
Einerseits beruht eine derartige Aussage auf einer Unzulänglichkeit des Arztes, der
keinen Fortschritt bei seinem Patienten erzielen kann, andrerseits auf dem Vorurteil aus grauer
Vorzeit, dass es sich bei Migräne um ein typisches psychisches Frauenleiden” handelt. Armer
männlicher Migränepatient: Außer den Beschwerden, die die Migräne ohnehin verursacht, hat
er auch noch gegen das Vorurteil „typisch psychisch weiblich“ zu kämpfen.
Da der weibliche Hormonhaushalt durch den monatlichen Zyklus und Schwangerschaften größeren Hormonschwankungen unterworfen ist, trifft es zwar zu, dass Frauen zweibis dreimal so oft betroffen sind wie Männer. Aber das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass
auch Männer an Migräne leiden.
Ich kann Ihnen aber versichern, dass bei der Entstehung von Migräne weder bei der
Frau noch beim Mann die Psyche eine Rolle spielt. Im Gegenteil: Der Migränepatient ist aufgrund seiner hohen Gehirnaktivität gerade nicht für gesundheitliche Probleme psychischen
Ursprung prädestiniert. Dass das Leben mit der Migräne großen psychischen Druck mit sich
bringt, gilt für Frauen und Männer gleichermaßen, wobei auch noch der Anspruch „Ein Mann
muss stark sein“ eine Rolle spielt. Sowohl in der eigenen Erfahrung als auch in den Reaktionen
der Mitmenschen kann dies schnell als Schwäche empfunden oder aufgefasst werden.
Die häufigen Enttäuschungen erschweren das Leben des Migränepatienten. Immer
wenn er eine neue Therapie beginnt, hat er die Hoffnung: „Diesmal wir es klappen“. Häufig ist
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er aber auch aufgrund früherer Misserfolge oder falscher Versprechungen verzweifelt oder
skeptisch geworden.
Kenntnisse im Bereich Migräne und Verständnis für den Migränepatienten sind die
wichtigsten Voraussetzungen, die ein Arzt oder Therapeut gegenüber seinem Migränepatienten
erfüllen muss, um ihn in ehrlicher, humaner und verantwortungsvoller Weise behandeln zu
können. Dafür ist es häufig erforderlich, bestehende Vorurteile abzubauen, vor allem aber ist es
notwendig, dass Ärzte und Therapeuten die Ursachen der Migräne erkennen und nicht „auf gut
Glück“ Empfehlungen aussprechen oder Medikamente verschreiben. Wenn diese nämlich nicht
zu einer Verbesserung führen, geht es dem Patienten hinterher noch schlechter als zuvor. Er
verliert immer mehr an Selbstvertrauen, was seinen psychischen Zustand weiter beeinträchtigt.
Denn grundsätzlich ist der Mensch geneigt, die Fehler bei sich selbst zu suchen und daher gibt
er sich selbst die Schuld am Scheitern der Behandlung. Nicht zuletzt wird ihm dieses Gefühl
auch von seinem Arzt vermittelt, wenn dieser “mit seinem Latein am Ende ist”, dies aber nicht
zugeben kann, weil von ihm erwartet wird, dass er sich auskennt.
Aus diesem Grunde erkläre ich jedem Patienten zu Beginn der Behandlung, dass es
nicht seine Schuld ist, wenn meine Therapie nicht anschlagen sollte. In meiner Praxis widme
ich der körperlichen Voruntersuchung viel Zeit und Aufmerksamkeit und die Diagnose, die
sich hierbei herausstellt, ermöglicht es mir, eine klare Prognose zu treffen. Wenn die
Aussichten günstig sind, kann ich sagen und erklären, weshalb!
Ein alter Indianerspruch lautet: „Beurteile keinen anderen, bevor du nicht vierzehn
Tage lang seine Mokassins getragen hast“. In meinem Buch habe ich diesem Thema ein Kapitel
gewidmet, um dem Migränepatienten Mut zu machen und ihm von vornherein den Kummer
nehmen, der ihn wegen der vorhandenen (Vor)- Urteile gegen Migräne noch zusätzlich
belastet. Das Symptom Migräne kann äußerst effektiv behandelt werden, wenn seine Ursache
therapiert wird.
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Der Vorteil der Migräne
Die Tatsache, Migräne zu haben, erfahren Sie als belastend, einschränkend und negativ, als etwas „ausschließlich Schlechtes“. Das ist allzu verständlich, denn Migräne schränkt Ihr
Leben und Ihre Lebensfreude ein und der Migräneschmerz ist übermächtig. Und dennoch erzähle ich Ihnen, dass Migräne ein Geschenk ist. Warten Sie noch einen Moment damit, mich für
verrückt zu erklären und dieses Buch beiseite zu legen und lassen Sie uns die Vorteile, die mit
Migräne einhergehen, näher ansehen.
Wie Sie im ersten Kapitel gesehen haben, ist Migräne der Beweis dafür, dass Ihr
Körper so funktioniert, wie er funktionieren muss. Er will Sie beschützen und greift zu dem
Symptom Migräne als Schutzmechanismus.
Darüber hinaus hat der Migränepatient durch seine erhöhte Gehirnaktivität weitere
Vorteile, die in seinem Charakter zu Tage treten. Eine typische Folge dieser erhöhten Gehirnaktivität ist, dass der Migränepatient organisatorisch viele Dinge gleichzeitig überblicken kann.
Überdies will er im Leben gerne “alles richtig machen” und macht keine halben Sachen, sondern alles hundertprozentig! Da er außerdem auch noch ein großes Verantwortungsgefühl und
viel Selbstdisziplin besitzt, integer und präzise ist, macht ihn dies zu einem zuverlässigen Mitmenschen, der für seinen Arbeitgeber ein wertvoller und beliebter Arbeitnehmer ist.
All diese Eigenschaften versetzen den Migränepatienten in die Lage, große Taten zu
vollbringen, die er möglicherweise selbst gar nicht so bewertet. Einerseits, weil er diese Aktivitäten als “normal” ansieht, andererseits, weil die Umgebung nicht immer positiv auf diese Charaktereigenschaften reagiert. Häufig nämlich werden Personen mit diesen Eigenschaften als
„Streber“ angesehen und der Migränepatient wird als „Perfektionist“ bezeichnet. Ich gebe Ihnen
den Rat, sich diesen Schuh nicht anzuziehen, denn Sie sind nicht dafür verantwortlich, wie
andere Menschen Sie erleben. Mit Ihrem Drang zur Perfektion, Ihrer Zuverlässigkeit und Integrität sind Sie für diese Welt ein außerordentlich wertvoller Mensch!
Diese tieferen Einsichten musste ich während meiner Arbeit als Migränetherapeut
ganz zwangsläufig erwerben. Auch ich habe das früher noch nicht so sehen können. Ich habe
jedoch von meinen tausenden Migränepatienten unvorstellbar viel lernen dürfen und fühle mich
verpflichtet, Ihnen diese Erkenntnisse mitzuteilen und sie zu verbreiten, damit das Leben eines
jeden Migränepatienten lebenswerter wird.
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Mit Migräne umgehen
Wir haben im Leben die Wahl, auf unterschiedliche Weise mit Problemen umzugehen. Wir können das Problem schlichtweg akzeptieren, wir können versuchen, die Symptome
zu bekämpfen, aber wir können auch die Ursache beseitigen. Auch bei Migräne haben wir diese
drei Möglichkeiten.
Zum einen haben wir die Möglichkeit, die Migräne anzunehmen, in dem Wissen, dass
es sich um einen Schutz gegen schlimmeres Leid handelt, und lassen der Natur ihren Lauf. In
unserer heutigen Gesellschaft ist es jedoch beinahe unmöglich, dies auch praktisch umzusetzen.
Der Migränepatient kann von Zeit zu Zeit nicht so funktionieren, wie er oder sie es gewohnt ist.
Was das für den Patienten bedeutet, brauche ich Ihnen nicht zu erklären. Er/sie weiß es und es
geht ihm/ihr gegen den Strich! Der sonst so pflichtbewusste Migränepatient wird gezwungen,
Termine abzusagen, Arbeiten zu versäumen und die Organisation anderen zu überlassen… Da
man nie weiß, wann der nächste Anfall auftreten wird, kann man im Laufe der Zeit sogar Terminen aus dem Weg gehen, weil man „möglicherweise Migräne haben könnte“. Bei einigen
Migränepatienten besteht sogar die Gefahr einer sozialen Isolierung. Die Umgebung zeigt nicht
immer gleich großes Verständnis. Zwischen den Anfällen fehlt den Patienten doch gar nichts?
„Jeder hat doch hin und wieder Kopfschmerzen.“ „Nimm doch eine Paracetamol”, „Nimm das
Leben doch nicht so schwer “ und „Es ist die Psyche”, das sind Reaktionen, die der
Migränepatient, der ohnehin oft das Gefühl hat zu versagen, häufig hört. Und damit ist noch
nichts über die Belastungen für den Partner und die Familie gesagt, über die übermächtigen
Schmerzen, die Konzentrationsstörungen und mögliche Wesensveränderungen vor oder während eines Migräneanfalls.
Leben mit Migräne ist die Hölle und ich kann nicht an einer Hand abzählen, wie viele
Patienten mir erklärt haben, dass das Leben für sie so nicht mehr lebenswert ist. Die Migräne zu
akzeptieren ist daher die vielleicht “unmöglichste Möglichkeit” die man im Umgang mit der
Migräne hat.
Die zweite Möglichkeit, die wir beim Umgang mit Migräne haben, scheint dem Patienten eine Lösungsmöglichkeit zu bieten: Die Einnahme von Migränemedikamenten, und zwar
den sog. „Triptanen”. Mit ihrer Hilfe kann der Migränepatient sogar während des Anfalls noch
einigermaßen funktionieren. Termine können eingehalten werden, die Arbeit muss nicht verschoben werden, der Patient behält das Gefühl, dass er die Organisation in der Hand behält.
Heureka, das ist die Lösung. Leider ist es aber nur eine Scheinlösung.
Die pharmazeutische Industrie hat Medikamente entwickelt, die die Eigenschaft besitzen, einen Migräneanfall zu blockieren. Zunächst waren dies die Ergotamine, später die
Triptane. Sie greifen dort ein, wo der Schmerz entsteht: Bei der Erweiterung der Blutgefäße im
Gehirn. Diese Medikamente verengen für die Dauer ihrer Wirksamkeit die Blutgefäße. Diese
Wirkung beschränkt sich jedoch nicht nur auf die erweiterten Blutgefäße (wo es wünschenswert
wäre) sondern betrifft den gesamten Körper - mit allen schädlichen Konsequenzen. Wenn Sie
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den Beipackzettel dieser Medikamente aufmerksam lesen, erkennen Sie, welche Nebenwirkungen diese Medikamente haben und das davon die Blutgefäße im gesamten Körper, wie z.B.
Gehirn, Herz und Knochenmark betroffen sein können.
Neben den Risiken, die die Einnahme von Triptanen mit sich bringen, nimmt auch die
Frequenz der Migräneanfälle durch die Verabreichung von Triptanen zu. Patienten, bei denen
die Medikamenteneinnahme im Laufe der Zeit von „monatlich“ sich bis hin zu „fast täglich“
gesteigert hat, sind leider eher die Regel als die Ausnahme. Jeder Migränepatient beginnt mit
einer Injektion bzw. einer Tablette. Die meisten Patienten, die zu mir kommen, geben zögernd
zu, dass Ihr Medikamentenkonsum in den letzten Monaten oder Jahren drastisch zugenommen
hat und 20 Tabletten oder Injektionen pro Monat nichts Außergewöhnliches sind. Der Patient ist
der Meinung, dass er von den Medikamenten “abhängig” sei, aber bei dem zugenommenen
Konsum handelt es sich nicht um Abhängigkeit. Zu erklären ist das trotzdem: Die Medikamente
setzen den Selbstschutzmechanismus außer Kraft. Der Körper benutzt die Migräne als Mittel,
um dem Gehirn Ruhe zu verschaffen. Durch die Einnahme des Medikaments tritt die erforderliche Ruhe aber nicht ein und unser Körper, der alles zu unserem Schutz Erforderliche tut, antwortet darauf mit einer immer schnelleren Folge von Migräneanfällen. Dadurch gerät der
Migränepatient in einen Teufelskreis, in dem es ihm nicht besser sondern schlechter geht und
aus dem er ohne Hilfe nur schwer wieder herausfinden kann…
Ich verurteile nicht die Tatsache, dass der Patient Medikamente einnimmt. Im Gegenteil, dafür habe ich Verständnis. Da Migränepatienten im Allgemeinen sehr disziplinierte Menschen mit großem Verantwortungsgefühl sind, fällt es ihnen schwer, nicht ihren Verpflichtungen nachkommen zu können. Eine Zuflucht in Medikamenten zu suchen, die sie in die Lage
versetzen, noch einigermaßen zu funktionieren, ist also durchaus logisch und nachvollziehbar.
Dennoch sollte man sich aufgrund der obigen Ausführungen aber der Tatsache bewusst sein,
dass die Einnahme der Medikamente zwar eine Möglichkeit, aber keine Lösung darstellt.
Die dritte Möglichkeit, die Migränepatienten haben, ist die Therapie ihrer Ursachen,
so dass die Migräne überflüssig wird. Dass es sich bei Migräne nicht um eine Krankheit handelt, dürfte Ihnen nach den vorstehenden Ausführungen deutlich geworden sein. Migräne ist ein
Symptom, das der Körper zu seinem eigenen Schutz gebraucht. Der komplexe Organismus
„Mensch“ lässt sich aber nicht ohne Schaden oder negative Nebenwirkungen überlisten. Daher
muss die Ursache des Migränesymptoms behandelt werden (und nicht der Schmerz als solcher).
Die Medikamente stellen nur eine Scheinlösung dar. Im vorigen Kapitel haben wir gelesen, dass
die Ursache der Migräne in einem gestörten Hormonhaushalt zu suchen ist. Hormone, die
„Postboten“ im menschlichen Körper, lassen sich jedoch nicht durch Medikamente steuern. Der
Hormonhaushalt ist ein Regulierungssystem, das die Aufgabe hat, alle lebenswichtigen Prozesse
im Körper zu beeinflussen. Der Hormonhaushalt funktioniert selbständig, d.h. ohne Zutun von
außen. Das hat zur Folge, dass der Hormonhaushalt auch nur regulierend behandelt werden
kann.
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Diese Theorie habe ich allerdings nicht entwickelt, weil ich danach gesucht habe. Ich
bin vielmehr darauf gestoßen, weil meine Einsichten in die Migräne und ihre Entstehung mir so
offensichtlich waren, dass die Lösung sozusagen „auf der Hand lag“. Wenn von einem
Ungleichgewicht des Hormonhaushalts die Rede ist, ist es erforderlich, die Zusammenarbeit
zwischen den verschiedenen Hormondrüsen und dem Gewebe wiederherzustellen. Die Therapie
sollte darauf beruhen, dass sie sich das körpereigene Regulierungssystem bedient. Jedes
einzelne Organ, das gestört ist, hat Einfluss auf das gesamte System. Daher ist es notwendig,
alle zu diesem System gehörenden Faktoren, die also ihrer-seits das System insgesamt stören
können, zu betrachten. Grundsätzlich funktioniert das System autonom, allerdings entsteht bei
einer Störung eine gegenläufige Regulierung, die das Gesamtsystem nachteilig beeinflusst. Um
dies zu durchdringen und ein optimale Funktionalität zu realisieren, muss man verstehen,
welche Ziele die Natur verfolgt. Dieses Ziel heißt Überleben und, dass dies schon seit 5
Millionen Jahren funktioniert, beweist, dass wir damit Erfolg haben. Aber diesen Erfolg
verdanken wir zu einem großen Teil dem Regulierungssystem „Hormon-haushalt”, der dabei
eine gewichtige Rolle spielt, weil alle wichtigen Überlebenssysteme von Hormonen gesteuert
werden.
Nehmen wir beispielsweise unser limbisches System – das unsere Kampf- und
Fluchtreaktionen regelt – dann erkennen wir, dass dieses System ohne Hormonsteuerung nicht
funkti-onieren kann. Das System arbeitet, ohne unseren Verstand einzuschalten, und mit dem
Ziel, uns überleben zu lassen. Wenn wir zum Beispiel fast von einem Auto überfahren werden
und daher erschrecken, können wir augenblicklich zur Seite springen und uns dadurch in
Sicherheit bringen, weil diese Reaktion in Sekundenbruchteilen über das limbische System
abläuft. Dass wir dabei Kraftausdrücke benutzen, die wir sonst vielleicht nicht in den Mund
nehmen würden, beweist, dass der Verstand an diesem Verlauf nicht beteiligt ist. Alles dient
dem Ziel, uns zu beschützen, damit wir überleben!
Erst wenn wir begriffen haben, dass das Ziel Überleben heißt und was unser Körper
alles dafür tut, uns überleben zu lassen, können wir die Migräne verstehen und ihre Ursachen
behandeln.
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5
Die pharmazeutische Industrie und ihre „Gefolgschaft“
Das Streben nach wirtschaftlichem Gewinn ist eine starke Triebfeder des Menschen
und wir können nicht leugnen, dass in unserer westlichen Welt gerade im Gesundheitssektor ein
hohes Gewinnstreben vorhanden ist. Außer der pharmazeutischen Industrie haben auch Ärzte,
Apotheker und Gesundheitseinrichtungen kräftig ihre Hand im Spiel und das Phänomen „Gesundheit“ arbeitet ihnen dabei in die Tasche!
Für die Pharmaindustrie und viele andere, die an der Migräne mitverdienen, ist die
Wahrheit über Migräne daher nicht angenehm. Sie können sich vielleicht vorstellen, dass sie
nicht gerade auf einen Heilpraktiker gewartet haben, der seinen Patienten von der Einnahme
von Triptanen abrät. Und wenn der Patient von seiner Migräne geheilt ist, hat dieser Heilpraktiker zu allem Überfluss auch noch Recht behalten.
Sie wissen, dass die Tatsache, dass beim Gebrauch von Triptanen die Dosis von einmal monatlich bis auf (bisweilen beinahe) täglich zunimmt, beileibe keine Ausnahme darstellt.
Sie werden es von sich selbst kennen: Anfangs haben Sie auch mit einer Tablette pro Monat
begonnen... Das Produkt ist ein Selbstläufer und lässt die Verkaufszahlen automatisch steigen.
Die Pharmaindustrie hat damit Gewinn und dadurch ist auch der wirtschaftliche Erfolg garantiert. Das bedeutet, dass ein größerer finanzieller Spielraum für Marketing und Promotion besteht. Die Pharmaindustrie floriert! Aber nicht Ihre Gesundheit.
Jedes Unternehmen braucht den unternehmerischen Erfolg, dafür will und kann ich
die Pharmaindustrie nicht beschuldigen. Triptane aber dienen nur ihren Zielen, sie stellen eine
ausgezeichnete Einnahmequelle dar und sind zweifellos eine zielgerichtete Methode der Machtausübung. Wenn nur nicht so hohe Gesundheitsrisiken damit verbunden wären...
Der Apotheker
Der Apotheker ist beruflich auf den Verkauf von Arzneimitteln angewiesen, nicht mehr und
nicht weniger. Sollten keine Triptane mehr verkauft werden, drohen ihm Einkommensverluste.
Es ist also logisch, dass der Verkauf für ihn erste Priorität besitzt.
Die Krankenversicherer
Die Versicherungsgesellschaften sind Institutionen, die das Geld des Patienten dem Arzt (oder
anderen in der Gesundheitspflege Tätigen) zuleiten. Dabei handelt es sich um große, unübersichtliche Organisationen, die nach Vorschriften arbeiten, welche ihnen von höherer Stelle
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vorgegeben werden. Häufig fehlt es den Vorschriften an jeglicher Logik und Missbrauch ist
nicht immer auszuschließen. Es ist keine einfache Aufgabe, alles in richtige Bahnen zu lenken
und das Gleichgewicht zwischen Ökonomie und dem menschlichen Wohlergehen zu erreichen.
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6
Migräne in den Medien
Wir werden immer klüger. Dank der Medien, die dafür sorgen, dass uns jede verfügbare Information erreicht, so dass wir jederzeit darüber informiert sind, was in der Welt passiert.
Zweifellos sind die Medien ein probates Mittel, um die Menschen zu informieren und so über
neue Entwicklungen, Erfindungen oder Hypothesen auf dem Laufenden zu halten. Und so
werden wir auch über „Migräne-Gene“, „Shunts” oder „erhöhte Hirninfarktrisiken” informiert.
Es ist Aufgabe der Medien, uns zu informieren, aber nicht, vorrangig zu prüfen, ob
die Fakten „der Wahrheit entsprechen“. Und weil nicht alles, was geschrieben oder gesagt wird,
der Wahrheit entspricht, ist es wichtig, dass wir selbst nachdenken, die Informationen eigenständig interpretieren, relativieren und den uns gegebenen Informationen gegenüber kritisch
bleiben.
Wenn wir das nicht tun, kann die Information uns verunsichern, zum Beispiel, wenn
wir in der Zeitung lesen, dass das Hirninfarktrisiko bei einem Migränepatienten um das Fünffache erhöht ist.
Würde der Migränepatient diese Information undifferenziert als „wahr“ auffassen,
würde diese „Tatsache” ihn - verständlicherweise - sehr ängstigen, weil „es ihn auch betreffen
könnte“ und er selbst machtlos ist.
Geht man hingegen kritisch mit einem Medienbericht um, kann man die Information
auch relativieren. Würde man sich zum Beispiel fragen „Welche Medikamente haben die Probanden eingenommen?“, käme man zu der Schlussfolgerung, dass praktisch alle Probanden
Arzneimittel eingenommen haben, die größtenteils aus Triptanen bestanden. Dadurch erhöht
sich die Wahrscheinlichkeit, dass die gefäßverengende Wirkung der Triptane bei der Entstehung
des Hirninfarkts die entscheidende Rolle spielt. Und nun erscheint die Information plötzlich von
unschätzbarem Wert und man bekommt die Sache wieder in den Griff. Man wird angeregt, über
den eigenen Medikamentenkonsum nachzudenken, weil sich herausstellt, dass man das Risiko
zum Teil selbst steuern kann… Es zeigt sich also, dass es sich lohnt, mit den zur Verfügung
stehenden Informationen kritisch umzugehen.
Im Oktober 2008 war meine Praxis in der Fernsehsendung „Immer Kopfschmerzen“
der Fernsehanstalt VARA (Zembla) zu sehen. Es ging um eine kritische Dokumentation über
den Leidensweg von Patienten und die fehlende Aufmerksamkeit für ihre Probleme. Dabei
wurde verdeutlicht, dass das Gesundheitswesen nicht in der Lage zu sein scheint, zwei Millionen Migräne- bzw. Kopfschmerzpatienten richtig zu behandeln. Deutlich herausgestellt wurde
auch, dass die Hausärzte häufig nicht die richtige Diagnose stellen und falsche Medikamente
verschreiben und dass Neurologen „zu wenig davon wissen”. Die Schlussfolgerung war, dass zu
allem Überfluss hunderttausende von Menschen in „Abhängigkeit von Medikamenten“ geraten,
die ihrerseits Kopfschmerzen verursachen - mit viel persönlichem Leid und großem wirtschaftlichen Schaden wegen des Arbeitsausfalls.
Meine Therapie wurde deutlich positiv beurteilt. Eine meiner Patientinnen, die seit 38
Jahren an Migräne litt, berichtete von ihren Erfahrungen und davon, wie sie nach 10 Behand-
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lungen von ihrer Migräne geheilt wurde. Auch die Tatsache, dass das Pilotprojekt, das die
Krankenversicherung Menzis mit meiner Praxis über einen Zeitraum von einem Jahr durchgeführt hat, ein sehr positives Ergebnis erbracht hat, war eine gute Nachricht: Von den 40 Patienten, die an dem Projekt teilnahmen, nahmen nach Ablauf des Jahres 39 Patienten keine Triptane
mehr ein! Eine enorme Kostenersparnis für die Krankenversicherungen, denn abgesehen von
der Tatsache, dass diese nicht mehr für die hohen Kosten für Triptane aufkommen müssen,
können zugleich mögliche zukünftige Krankheitsheitskosten infolge langfristigen
Triptangebrauchs vermieden werden. Gute Nachrichten also sowohl für die Krankenkassen als
auch für den Migränepatienten.
Aber ein Dorn im Auge der Niederländischen Vereinigung der Kopfschmerzpatienten, die in der Vergangenheit schon mehrfach versucht hat, meine Praxis zu boykottieren. In der
Fernsehsendung wurde diese Vereinigung ziemlich in die Mangel genommen. Denn es wurde
deutlich, dass sich dieser Verband von der pharmazeutischen Industrie sponsern lässt! Das
erklärt auch die Versuche, meine Praxis zu boykottieren, denn ich habe mit meiner Meinung zu
Triptanen seit dreißig Jahren nicht hinter dem Berg gehalten.
Aber wie wertvoll und objektiv sind Informationen, die eine solche „Patienten“Vereinigung verbreitet, vor allem vor dem Hintergrund, dass dieser Verband von der pharmazeutischen Industrie gesponsert wird? Sind dann nicht auch die Ratschläge, die sie erteilen,
ebenfalls aus finanziellen Gründen gefärbt? Promoten sie die Triptane nicht nur deshalb, weil
die pharmazeutische Industrie anscheinend ihr Brötchengeber ist? Interessenkonflikte sind
äußerst schädlich und von Objektivität und ehrlicher Information kann keine Rede mehr sein.
Das Internet ist ein Medium zur Information des Menschen, aber auch zu seiner Manipulation. Die genannte “Patientenvereinigung” beschreibt auf ihrer Website Triptane als
„spezifische Antimigränemittel, die im Allgemeinen nur leichte und kurz anhaltende Nebenwirkungen haben“. Auf ihrer Website schreiben sie: „Bei einigen Patienten kann bereits das erste
Mittel anschlagen; andere müssen verschiedene Triptane ausprobieren, bevor sie ein Präparat
gefunden haben, das durchschlagende Wirkung hat. Daher ist es wichtig, nicht so schnell den
Mut zu verlieren. Auch wenn drei Triptane nicht zu dem gewünschten Erfolg führen, gibt es
immer noch vier andere zum Ausprobieren“...
Die deutsche Facharztzeitschrift „Arzneitelegramm” berichtete unlängst aufgrund einer kürzlich in Deutschland durchgeführten Untersuchung der Wirkung von Triptanen, dass die
Wirkung sämtlicher sieben zur Verfügung stehenden Triptane „vergleichbar“ sei, und dies,
obwohl stets neue Triptane auf den Markt gebracht würden, ohne eine echte Neuerung zu beinhalten.
Ich kann Ihnen daher nur raten, mit den Informationen, die Sie hören oder sehen, sehr
kritisch zu sein. Interpretieren Sie, differenzieren Sie und benutzen Sie Ihren eigenen Verstand.
Lassen Sie sich „weise“ machen, aber lassen Sie sich „nichts weiß machen“!
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7
Die Position des Arztes
Vielleicht fragen Sie sich, warum Ärzte weiterhin Medikamente verschreiben, obwohl
sie die Nachteile und Risiken der Migränemittel kennen. Wie kann ein Arzt ein Arzneimittel
verschreiben, von dem er weiß, dass es die Blutgefäße im gesamten Körper verengt und zugleich ein häufigeres Auftreten der Migräneanfälle verursacht? Wenn er sich dessen bewusst ist
- und das sollte jeder Arzt sein – müsste er sich dann nicht auch nach diesen Erkenntnissen
richten?
Zunächst einmal sind seine Möglichkeiten begrenzt, denn er hat keine anderen Lösungsmöglichkeiten zur Hand. Der Patient bittet ihn um Hilfe und möchte seine Beschwerden
loswerden. Ein Arzt ist ein Mensch wie jeder andere; nur befindet er sich in einer Position, in
der viel von ihm erwartet wird und ihm ist bewusst, dass er diese Erwartungen nicht erfüllen
kann, auch wenn er dies gerne tun würde. Der Arzt steht unter Erfolgsdruck und möchte seinem
Patienten gerne helfen. Da er die Migräne nicht heilen kann, greift er zu den gängigen „Lösungen“, die ihm zur Verfügung stehen: Migränemittel. Genau genommen befindet sich nicht nur
der Migränepatient sondern auch sein Arzt in einem Teufelskreis, aus dem er ohne fremde Hilfe
nicht herausfindet.
Darüber hinaus halten auch Ärzte gerne an gewohnten Denkmustern fest, weil es
mühsam ist umzudenken, die Struktur umzustoßen und zuzugeben, dass die bisher angewandte
Methode nicht unbedingt die richtige war. Das Umfeld, in dem er tätig ist und die Sichtweise
der Kollegen, die ihn als “Außenseiter” oder “Nestbeschmutzer” bezeichnen würden, halten ihn
davon ab, sich öffentlich auf neue oder alternative Heilmethoden zu verlegen. Das Neue wird
von Vornherein abgelehnt und verurteilt.
Erst wenn wir begriffen haben, dass das Ziel Überleben heißt und was unser Körper
alles dafür tut, uns überleben zu lassen, können wir die Migräne verstehen und ihre Ursachen
behandeln.
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8
Umdenken
Jede Idee entsteht „im Kopf”. Und wenn man sich länger mit der Idee beschäftigt,
wird sie weiter verarbeitet. Dann stellt man fest, dass möglicherweise Nachteile und Konsequenzen damit verbunden sind. Fasst man diese Nachteile und Konsequenzen als Hürde auf und
ist nicht bereit, diese Hürde zu nehmen, bleibt die Idee auf der Strecke und alles bleibt, wie es
war. Der Status quo und damit der Teufelskreis bleibt erhalten. Bedauerlich, denn so entsteht
nichts Neues!
Versuche, allgemeine Ansichten umzustoßen, sind mühsam und gehen mit etlichen
Problemen einher. Aber gerade Probleme bringen die Dinge voran, weil sie immer eine Lösung
in sich tragen!
Oft wird das Neue aus Angst vor dem Unbekannten zurückgewiesen, oder, weil die
damit verbundenen Probleme unüberwindlich erscheinen. Dafür hält man an dem Bestehenden
fest, weil es einem vertraut und bekannt ist. Das Neue wird häufig als etwas Bedrohliches angesehen und erfahren. Das ist die natürliche Skepsis des Menschen. In vielen Fällen ist ein gesundes Misstrauen durchaus angebracht und schützt uns. Aber alles hat zwei Seiten: Ohne Veränderung gibt es keinen Fortschritt!
Durch die Erfahrungen des deutschen Arztes Ignaz Semmelweis ist zu erkennen, wie
der Fortschritt behindert werden kann, indem wir am „ alten und vertrauten “ festhalten. Semmelweis wurde 1846 als Assistenzarzt der Geburtshilflichen Klinik des allgemeinen Krankenhauses in Wien angestellt. Diese Klinik bestand aus zwei Abteilungen. Für eine Abteilung
waren Ärzte und Medizinstudenten zuständig, für die andere die Hebammen. Schon sehr schnell
fiel Semmelweis auf, das die Todesrate auf der Abteilung für die die Arzte zuständig waren,
sehr viel höher war, als auf der Abteilung der Hebammen, selbst bei schweren „Epidemien“ von
Kindbettfieber.
Als ein befreundeter Arzt 1847 sich bei der Sezierung eines verstorbenen Patienten verletzte
und an den Folgen einer Blutvergiftung starb, erkannte Semmelweis bei ihm das gleiche Krankheitsbild, wie bei den Frauen mit Kindbettfieber. Für Semmelweis stand nun fest, dass die Ärzte
und Medizinstudenten selbst verantwortlich waren für die hohe Todesrate auf ihrer eigenen
Abteilung. Sie verließen den Operationssaal immer ohne sich die Hände zu waschen und brachten so die Krankheitskeime auf andere Patienten über.
Semmelweis ergriff direkt Gegenmaßnahmen und befahl allen Ärzten und Medizinstudenten ihre Hände mit Chlorkalk zu desinfizieren. Durch diese Maßnahmen konnte er die
Todesrate um die Hälfte verringern. Trotzdem erntete Semmelweis von seinen Kollegen nur
Hohn und Spott. Sie verachteten ihn und wollten nicht einsehen, dass sie selbst für die Todesfälle der Patienten verantwortlich waren. Semmelweis wurde zwar zum Privatdozenten für „ theoretische Geburtshilfe“ ernannt, jedoch nicht den Professorentitel, den er sich erhofft hatte. Gekränkt verließ er Wien und kehrte zu seinem Geburtsort Pest zurück, wo er 1855 Professor für
Geburtshilfe wurde.
Als Semmelweis 1865 eine ernste psychische Störung zeigte, wurde er in eine Klinik
eingewiesen, wo er noch in diesem Jahr ausgerechnet an den Folgen einer Wundinfektion verstarb. Zwei Jahre nach seinem Tod wurden seine Arbeiten anerkannt, nachdem der schottische
Arzt Joseph Lister nachwies, dass die Desinfektion des Operationstisches die Todesrate deutlich
senkte.
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Viele Todesfälle hätten vermieden werden können, wenn wenn man die Erkenntnisse von
Semmelweis direkt anerkannt und danach gehandelt hätte. In der Zwischenzeit können wir uns
nicht mehr vorstellen, dass ein Arzt seine Hände nicht desinfiziert hat, bevor er an unser Krankenbett tritt! Das Vorbild von Semmelweis verdeutlicht, das der Mensch oft zu lange Zeit an
vertrauten Gewohnheiten festhält, auch wenn dies Schaden verursacht.
Wenn wir diese Eigenschaft aber nicht ablegen, behindern wir den Fortschritt. Nur wenn wir
uns entwickeln und Zusammenhänge verstehen lernen, gelangen wir zu Lösungen, die zu einem
besser funktionierenden Gesundheitssystem beitragen.
Jeder Mensch handelt und entscheidet zu seinem eigenen Vorteil oder besser gesagt
danach, was es für seinen Vorteil hält. Dabei kann er aufgrund seiner persönlichen Erfahrungen
selbständig handeln und entscheiden. Auch dies ist eine Überlebensstrategie des Menschen,
denn das Unbekannte könnte ihm ja schaden! Um zu überleben, möchte der Verstand die Oberhand behalten und der Verstand hat nun einmal die Erfahrungen gesammelt. Aus diesen Erfahrungen hat der Verstand Schlussfolgerungen gezogen, die im Gehirn eines jeden Menschen
gespeichert sind. Diese Schlussfolgerungen bilden die Basis dafür, wie der Mensch be- oder
verurteilt. Sie haben das Sagen und spielen beim Denken, Fühlen und Handeln des Menschen
eine wesentliche Rolle.
Negative Erfahrungen können die Denk- und Herangehensweise nachteilig beeinflussen. Aber der Mensch ist wie ein Foto: Wenn er sich entwickelt, wird er positiv. Und nur aus
einer positiven Einstellung heraus ist es möglich, seine Denkweise umzustellen. Und eine andere Denkweise ist notwendig, um Dinge nachhaltig verändern zu können. Es ist daher erforderlich, dass wir uns fortwährend weiterentwickeln. Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er
bricht. Um etwas zu verändern, und vor allem, etwas verändern zu wollen, ist nur Mut erforderlich und der Wille, sich auf etwas Neues einzulassen.
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Die Natur als Lehrmeister
Die beste Methode zum Fortschritt ist es, die Natur zu respektieren und von ihr zu
lernen - ein Weg, der von Erfolg gekrönt ist. Die Natur ist unser Lehrmeister und wir verdanken
ihr unseren Fortschritt. Wahrscheinlich haben Sie noch nie darüber nachgedacht, dass wir keine
Flugzeuge hätten, wenn es keine Vögel gegeben hätte, von denen wir uns das Fliegen „abgucken“ konnten. Wir haben die Natur benutzt und unseren Zielen angepasst, damit sie uns nützlich ist. Aber in ihrer Vielfältigkeit und Intelligenz bleibt sie unsere Erkenntnisquelle.
Die Natur funktioniert perfekt und ist in der Lage, sich fortwährend den Umständen
anzupassen. Deshalb überleben wir – als Teil der Natur – schon seit 5 Millionen Jahren.
Dass ich diese Einsicht auf die Behandlung von Migräne übertragen habe, ist einer der
Gründe für den Erfolg meiner Praxis und die erfolgreiche Behandlung der Migräne. Ich habe
erkannt, dass wir die Natur nur unterstützen müssen und dass es kontraproduktiv ist, der Natur
„Gewalt anzutun“. Aber was genau verstehen wir unter Unterstützung und wann tun wir der
Natur Gewalt an? Wenn wir einsehen, dass die Natur uns keine Migräne antut, um uns Schaden zuzufügen und erkennen, dass Migräne einen Zweck hat, sind wir auf dem richtigen Wege.
Wenn wir das Ziel der Migräne nicht wahrnehmen, indem wir die Symptome durch
Arzneimittel unterdrücken, tun wir der Natur Gewalt an. Ich werde versuchen, Ihnen das anhand
eines ganz anderen Beispiels zu erläutern. Wenn Sie sich beispielsweise am Knie verletzen,
versuchen Sie es zu schonen, weil jede Bewegung Schmerzen verursacht. Ihr Knie braucht zur
Heilung Ruhe und mit dem Signal „Schmerz“ bringt die Natur Sie dazu, dem Knie die erforderliche Ruhe zu verschaffen. Hätten Sie keine Schmerzen, würden Sie mit dem verletzten Knie
„weiterlaufen“ und ihm dadurch nachhaltig schaden. Schmerz ist ein Schutzmechanismus!
Durch den Schmerz werden Sie geschützt! Wenn Sie jedoch schmerzstillende Medikamente
einnehmen und damit gegen die Natur arbeiten, haben Sie zwar die Möglichkeit weiterzulaufen,
aber Ihr Knie wird dadurch noch mehr geschädigt. Das kann bedeuten, dass der Heilungsprozess mehr Zeit in Anspruch nimmt, aber kann auch letztlich zu einem künstlichen Kniegelenk
führen, wenn Sie die Zeichen der Natur über längere Zeit ignorieren.
Für Migräne gilt nichts Anderes. Daher folgt auch auf einen Migräneanfall, der durch
Medikamente unterdrückt wird, schnell ein weiterer Migräneanfall. Je öfter man das macht,
umso schneller reagiert die Natur wiederum mit Migräne. Das erklärt die Tatsache, dass der
Migränepatient immer mehr Triptane braucht und den Teufelskreis, in den der Patient gerät.
Abgesehen von der Tatsache, dass unserer Gesundheit durch die Einnahme von Triptanen
schwerer Schaden zugefügt wird, indem wir die Risiken von Durchblutungsstörungen auf uns
nehmen. Wir lösen eine Gegenreaktion der Natur aus, nämlich den Migräneanfall.
Dass die Natur unser Überleben sicherstellen will, sehen wir besonders deutlich
während der Schwangerschaft, weil diese Zeit für das Überleben unserer Art unentbehrlich ist.
Keine einzige Migränepatientin leidet in den letzten sechs Schwangerschaftsmonaten an Migräne, allenfalls an migräneähnlichen Kopfschmerzen. Das beruht darauf, dass die Natur alles für
unser Überleben Notwendige tut und beweist, dass der Hormonhaushalt in der Lage ist, sich
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selbst zu regenerieren, wenn dies für unseren Fortbestand notwendig ist. Zugleich ist daraus
abzuleiten, dass das Funktionieren des Hormonhaushalts durch eine zielgerichtete Regulierung
verbessert werden kann.
Möglicherweise ist es überflüssig darauf hinzuweisen, dass wir der Natur besonders
viel Gewalt antun, wenn wir versuchen, sie z.B. durch Hormongaben zu beeinflussen, also
durch die Einnahme der Antibabypille, den Gebrauch einer Hormonspirale oder die dreimonatliche Injektion von Hormonen. Als Verhütungsmittel besser geeignet ist die Kupferspirale, weil
hier keine Hormone abgegeben werden. Wenn wir nämlich den Hormonhaushalt „von außen”
manipulieren, ignorieren wir die Natur vollständig und verhindern, dass der Hormonhaushalt
seine Aufgaben auf natürliche Weise erledigen kann.
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Die Einstellung des Arztes
Die berufliche Einstellung des Arztes ist maßgeblich für seinen Erfolg. Ob und in
welchem Maße er sich mit seinem Beruf identifizieren kann, bestimmt darüber, ob er in seiner
Profession glücklich oder unzufrieden ist. Beides zusammen macht aus einem Menschen einen
Arzt.
Bevor man in diesem Beruf tätig gewesen ist, kann man schwerlich beurteilen, was es
bedeutet, Arzt zu sein. Man hat noch nicht den richtigen Einblick und auch noch kein Gespür
dafür, was es bedeutet, Entscheidungen im Hinblick auf die Gesundheit eines Mitmenschen zu
treffen, Entscheidungen, bei denen es um Leben und Tod gehen kann. Man kann den Beruf nur
als Außenstehender beurteilen. Hierbei kann man zwar von dem ausgehen, was man sieht,
erfährt oder empfindet, aber das muss nicht immer die Wahrheit sein. Die Entscheidung, Medizin zu studieren, beruht auf Vermutungen und Erwartungen. Dabei können auch finanzielle
Erwägungen eine (zu große) Rolle spielen, die möglicherweise später enttäuscht werden. Gesellschaftliches Ansehen erscheint vielleicht attraktiver, als es in Wirklichkeit ist. Der erfolgreiche Abschluss des Medizinstudiums macht aus einem Menschen noch keinen Arzt und wenn
diese Berufswahl auf der Grundlage falscher Kriterien erfolgt ist, führt dies mit Sicherheit zu
Misserfolg und Unzufriedenheit.
Und so kann sich dann während der Berufstätigkeit als Arzt herausstellen, dass der
Beruf ganz anders erlebt wird, als man es sich vorgestellt hat. Gerade das Leben als Arzt kann
viel schwieriger sein, als man dies von außen beurteilen kann, aber es kann auch sehr viel schöner sein, als man dies im Voraus eingeschätzt hatte.
Wie wir etwas erfahren und ob wir dabei glücklich sind, beruht zu einem großen Teil
auf den Zielen und Prioritäten, die wir uns gesetzt haben, und auf den Erfolgen, die wir dabei
erreichen wollen. Ich schreibe das, weil ich Ihnen als Patient einen besseren Einblick geben
möchte und Ihnen dadurch die Wahl des richtigen Arztes erleichtern will. Vermutlich werden
Sie in einen Arzt, der seinen Beruf liebt, mehr Vertrauen haben, wenn Sie wissen, dass dies
Voraussetzung für seinen Erfolg ist und er daher auch Erfolg hat.
Ein glücklicher Arzt ist ein Mediziner, der sich richtige Ziele setzt und dabei die wahren Prioritäten nicht aus dem Auge verliert. Nächstenliebe steht dabei ganz obenan, das Geld
darf nicht ausschlaggebend sein. Nur wenn er seinen Beruf aus voller Überzeugung ausübt, wird
ihn der Beruf ausfüllen und aus ihm einen zufriedenen und erfolgreichen Arzt machen. Nur ein
zufriedener Arzt kann sich als „Dienstleister“ fühlen, also mit Liebe „Dienst“ am Menschen
„leisten“ und offen sein für Veränderungen. Nur ein zufriedener Arzt kann sich ganz auf seine
Patienten einlassen. Aber dann muss es ihm auch tatsächlich eine Herzensangelegenheit sein,
das Bestmögliche für seinen Patienten zu erreichen.
Eine selbstkritische Einstellung ist dabei durchaus von Vorteil, denn sie vergrößert
den Überblick und das Verständnis. Größeres Verständnis führt zu mehr Vertrauen und damit
automatisch zu einem besseren Verhältnis zwischen Arzt und Patient. Und je besser dieses ArztPatienten-Verhältnis ist, umso größer die Aussicht auf eine erfolgreiche Behandlung.
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Unter diesen Voraussetzungen kann die Arbeit im Gesundheitswesen eine positive
Entwicklung nehmen; davon profitieren Arzt und Patient gleichermaßen. Ich vertrete die Ansicht, dass die positive Energie letztendlich sogar selbst einen Beitrag im Genesungsprozess
leistet.
Ich schreibe dies aufgrund meiner persönlichen Erfahrungen, denn ich konnte bei
meiner Arbeit feststellen, dass die Liebe und das Vertrauen, das man seinen Patienten entgegenbringt, auf fruchtbaren Boden fällt. Die positive Resonanz, die ich von meinen Patienten
bekomme, beweist mir, dass ich mich glücklich schätzen kann, in diesem Beruf tätig sein zu
dürfen, weil es unendlich befriedigend ist, mit der richtigen Einstellung beruflich zu arbeiten.
Und das wünsche ich jedem Arzt - in seinem eigenen Interesse, aber vor allem in Ihrem!
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Die richtige Diagnose
Der Erfolg einer Therapie steht und fällt mit der richtigen Diagnose. Auch für mich
ist eine richtige Diagnose bei jeder Therapie von unschätzbarem Wert, um die Migräne
Therapie effektiv und zielgerichtet durchführen zu können. Nur eine richtige Diagnose versetzt
mich in die Lage, ursächlich zu behandeln.
Ursächlich behandeln (auch kausale Behandlung genannt) beginnt damit, sich sehr
viel Zeit für eine gründliche Diagnose zu nehmen. Eine gründliche Diagnose fängt mit der
Erhebung der ausführlichen Krankengeschichte (Anamnese) an, wozu auch die Familienanamnese gehört. Wenn ein Patient sich in meiner Praxis einen Termin für eine erste Untersuchung
geben lässt, erhält er ein Anamneseformular zugesandt, das er in aller Ruhe zu Hause ausfüllen
kann. Müsste er dieses Formular im Wartezimmer ausfüllen, bestünde die Gefahr, dass er wesentliche Dinge vergisst.
Zu Beginn der Erstuntersuchung wird seine Anamnese mit ihm durchgesprochen. Dabei ist alles, was sich seit seiner Geburt ereignet hat, von Wichtigkeit. Dies können Krankheitsbilder, Gesundheitsbeschwerden oder Operationen sein.
Wie Sie bereits dem 1. Kapitel entnehmen konnten, spielen frühere Mandelentzündungen (Tonsillitis) bei der Entstehung von Hormonstörungen eine erhebliche Rolle. Es ist
bekannt, dass latent vorhandene chronische Entzündungen den Hormonhaushalt als Störfaktor
beinflussen können. Bis in die 60er Jahre wurde nach dieser wissenschaftlichen Einsicht behandelt und Kindern zwischen dem 3. und 5. Lebensjahr wurden die Mandeln entfernt, selbst dann,
wenn diese keine Probleme verursachten. Das Ziel war, schwereren Erkrankungen vorzubeugen, so dass man auch von einer prophylaktischen Therapie sprechen kann. Damals war bereits
bekannt, dass Mandelentzündungen etliche Komplikationen auslösen und sogar Krankheitsbilder, wie z.B. Polyarthritis, Herz- und Nierenversagen, also lebensbedrohliche Krankheiten,
verursachen können. Da diese Krankheiten vom Arzt eindeutig diagnostiziert werden konnten,
kam man schnell zu einer Verbindung zu den Mandeln.
Weniger bekannt, wenn nicht sogar gänzlich unbekannt ist die Verbindung zu den
Hormonstörungen. Diese Verbindung ist auch schwieriger herzustellen, weil die Zeitspanne, in
der sich die Hormonstörung aufbaut, viele Jahre in Anspruch nehmen kann und eine Hormonstörung im Körper schwieriger nachzuweisen ist. Dies ist auch der Grund dafür, dass es auf
diesem Gebiet nur wenige Studien gibt. Selbst wenn die Mandeln bereits vor langer Zeit entfernt wurden – das kann Jahrzehnte zurückliegen – können frühere Entzündungen noch einen
großen Einfluss und die Grundlage für eine Hormonstörung gelegt haben. Für die Anamnese ist
dies daher von wesentlicher Bedeutung.
Aber nicht nur Mandelentzündungen sind für eine gründliche Anamnese wichtig. Alle
kleinen Veränderungen im Körper können später erhebliche Folgen für den Hormonhaushalt
haben und damit eine Hormonstörung begünstigen. Größere Schwankungen im Hormonhaushalt, so wie diese in der Pubertät, Schwangerschaft und in den Wechseljahren auftreten können,
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aber auch Infektionen, Entzündungen und Operationen können diese Hormonstörungen ihrerseits noch verstärken.
Bereits im Mittelalter war bekannt, dass die Zähne für die Entstehung etlicher Krankheiten verantwortlich sind. Die Zähne wurden daher auch oft gezogen, was allerdings nicht
immer dazu führte, dass auch die Beschwerden verschwanden. Aber in dieser Zeit waren die
diagnostischen Möglichkeiten noch sehr eingeschränkt.
Heutzutage haben wir die Möglichkeit, differentialdiagnostisch zu arbeiten, das bedeutet, alle anderen Ursachen auszuschließen, bevor die eigentliche Behandlung beginnt. Das
wird allerdings nicht immer so gemacht und mit den Daten wird häufig oberflächlich und wenig
sensibel umgegangen. Hinzu kommt, dass der Patient von jedem Arzt aus dessen Fachrichtung
heraus beurteilt wird. Ein Zahnarzt sieht es als seine Aufgabe an, die Funktionsfähigkeit der
Zähne zu erhalten und stellt keinen Zusammenhang mit Hormonstörungen oder anderen Krankheitsbildern her und wird daher auch nicht in diese Richtung behandeln. Auch der Arzt denkt
nicht auf Anhieb an die Zähne als Ursache für Krankheitsbilder, die nicht unmittelbar damit in
Zusammenhang stehen.
Vielleicht können Sie sich daher vorstellen, dass bei vielen Gesundheitsbeschwerden
oder Krankheiten die Ursache nicht gefunden wird, weil der Blickwinkel des Arztes bzw. Zahnarztes auf sein Fachgebiet fokussiert ist, so dass die richtigen Verknüpfungen nicht erkannt
werden. Meiner Meinung nach sollte während der Ausbildung des Arztes bzw. Zahnarztes mehr
Zeit und Aufmerksamkeit darauf verwendet werden, diesen Blickwinkel zu vergrößern. Jede
Behandlung oder Therapie steht und fällt mit der richtigen Diagnose und das Stellen der richtigen Diagnose steht und fällt mit der Größe des Blickwinkels eines Arztes.
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Differentialdiagnose
Jeder Patient hat das Recht auf eine Differentialdiagnose, denn bei der Entstehung eines Krankheitsbildes können mehrere Ursachen eine Rolle spielen und dieses erklären. Das
Beschwerdebild des Patienten muss daher aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet werden.
Bisweilen ist es möglich, so viele Dinge auszuschließen, dass letztlich nur noch eine Möglichkeit übrig bleibt. Hierbei muss man allerdings Vorsicht walten lassen, denn wenn bestimmte
Dinge beim Stellen der Diagnose außer Betracht gelassen werden, können diese schließlich
auch bei der Behandlung nicht mehr berücksichtigt werden.
In der Schulmedizin wird zwischen etlichen Sorten der Migräne unterschieden. So
wird zum Beispiel von klassischer Migräne, migraine accompagnée, migraine sans migraine
oder hormoneller Migräne gesprochen, um nur einige zu nennen. Diese unterschiedlichen Bezeichnungen sind für die Ursache, die Behandlung und schließlich die Heilung der Migräne
allerdings ohne Belang, denn die Ursache der einzelnen Arten ist immer dieselbe, die Migräne
äußert sich lediglich in unterschiedlicher Weise.
In meiner Praxis unterscheide ich daher nur zwei Sorten der Migräne: die „Migräne“
und den„migräneartigen Kopfschmerz“. Migräne ist eine Reaktion auf die gestörte Regulierung
des Hormonhaushalts. Migräneartiger Kopfschmerz kann zwar viele Parallelen zur Migräne
aufweisen und ebenso wie die Migräne mit zerebralen Symptomen, wie einseitigem Kopfschmerz, Übelkeit und Erbrechen eingehen, er kann jedoch sehr unterschiedliche Ursachen
haben, wie zum Beispiel Haltungsschäden oder Ernährung.
Den Unterschied zwischen beiden Formen des Kopfschmerzes herauszufinden, ist für
den Erfolg der Behandlung von größter Bedeutung. Mein Ziel ist es immer, meine Patienten von
allen Beschwerden, also auch von den migräneartigen Kopfschmerzen zu befreien, so dass es
notwendig ist, von unterschiedlichen Blickwinkeln heraus – also multidisziplinär - zu arbeiten.
Auch bei migräneartigen Kopfschmerzen kann der Hormonhaushalt eine Rolle spielen, allerdings nicht die ausschlaggebende. Unter hormonellem Einfluss können die Bänder zum Beispiel
„weicher” werden und dadurch Haltungsprobleme zu Tage treten lassen. Dies geschieht zum
Beispiel verstärkt in der Schwangerschaft, aber es kann sich auch in anderen Phasen mit Hormonschwankungen manifestieren.
Das Haltungsproblem ist dennoch die eigentliche Ursache, denn wenn es keine Haltungsprobleme gegeben hätte, hätte der Hormonhaushalt diese Beschwerden nicht auslösen
können.
Eine häufige Ursache migräneartiger Kopfschmerzen ist eine falsche Körperhaltung,
der sog. „Beckenschiefstand“. Dieser Schiefstand hat Einfluss auf die gesamte Wirbelsäule und
kann Blockaden der Halswirbel hervorrufen.
Da beide Formen des Kopfschmerzes auch nebeneinander vorkommen können, kann
der Patient verschiedene „Arten“ des Kopfschmerzes haben. Zwei Szenarien sind denkbar: Der
Patient bemerkt selbst den Unterschied zwischen den verschiedenen Formen des Kopfschmerzes oder er stellt keinen Unterschied fest. Wenn der Patient sich der unterschiedlichen Sorten
des Kopfschmerzes nicht bewusst ist, ist es logisch, dass er bei beiden Arten des Kopfschmerzes
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die gegen Migräne verschriebenen Medikamente einnimmt. Das sind in der Regel Triptane, die
jedoch bei migräneartigem Kopfschmerz nicht wirken, sondern den Schmerz allenfalls etwas
dämpfen können.
Wenn der Patient also angibt, dass die Triptane ihm „nicht helfen“, ist es sehr wahrscheinlich, dass Probleme mit der Körperhaltung im Beschwerdebild des Patienten eine Rolle
spielen und bei dem Arzt müssten die Alarmglocken klingeln.
Für einen entsprechend ausgebildeten Arzt ist es relativ einfach, beide Formen des
Kopfschmerzes/Migräne zu diagnostizieren. Die richtige Diagnose führt automatisch zur richtigen Behandlung und dadurch kann vermieden werden, dass der Patient allzu häufig die falschen
Präparate verschrieben bekommt oder zu Zeitpunkten einnimmt, in denen es absolut unnötig ist.
Bei Patienten, die an beiden Formen des Kopfschmerzes leiden, sehe ich in meiner
Praxis dasselbe Muster im Heilungsprozess. Nach 4 oder 5 Behandlungen tritt eine deutliche
Verbesserung ein, obwohl die Migräne oder der migräneartige Kopfschmerz noch nicht verschwunden sein muss. Aber die Art und Weise, in der sich die Migräne manifestiert, zeigt ein
verändertes Muster. Die Migräne kann weniger heftig, die Dauer der Anfälle verkürzt oder die
Abstände zwischen den einzelnen Anfällen können vergrößert sein. Es kommt auch vor, dass
nur noch die Aura übrig geblieben, der Kopfschmerz aber verschwunden ist.
Oft stelle ich fest, dass zu dem Zeitpunkt, zu dem sich die Migräne deutlich verbessert
hat oder sogar vollständig verschwunden ist, der migräneartige Kopfschmerz deutlicher zu Tage
tritt. Diagnostisch gesehen ist dies von großer Wichtigkeit und deshalb lege ich großen Wert
darauf, dass die Diagnose nicht als unumstößliche Tatsache angesehen, sondern fortwährend
differentiell angepasst wird. Dadurch entsteht eine „andauernde“ Diagnose, was zur Folge hat,
dass jeweils im richtigen Zeitpunkt die erforderlichen anderen Disziplinen zum Einsatz kommen können, wie z.B. Chiropraktik, manuelle Therapie oder Podologie.
Eine gute Zusammenarbeit mit den verschiedenen anderen Disziplinen ist hierbei von
großer Bedeutung, ebenso wie die gute Beratung durch den Hausarzt des Patienten, da dieser
die Eignung und Qualifikation des betreffenden Therapeuten in der Umgebung besser beurteilen
kann.
Ich bedaure die Tatsache, dass nach wie vor dieser erfolgreichen multidisziplinären
Herangehensweise Vorurteile im Wege stehen, weil sich dies für den Migränepatienten nachteilig auswirkt - auch weil Ärzte und Therapeuten dazu neigen, die Kontrolle über den Patienten
behalten zu wollen und mögliche Erfolge am liebsten auf ihre eigenen Fahnen schreiben. Der
Erfolg hat viele Väter, der Misserfolg bleibt meistens ein Waisenkind. Deshalb ist es im Interesse des Migränepatienten wichtig, persönliche Eitelkeiten außen vor zu lassen, denn nur eine
differentielle und multidisziplinäre Behandlung führt zum dauerhaften Erfolg.
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13
Medikation
Ein Synonym für Medikation ist „ Heilmittel“, also ein Mittel, das zu Heilzwecken
eingesetzt wird. Um heilen zu können, ist es wichtig, bei der Ursache anzusetzen. So wie wir in
den vorherigen Kapiteln gesehen haben, sieht dieser Prozess folgendermaßen aus: Migräne
entsteht durch Störungen im Hormonhaushalt. Da der Hormonhaushalt zugleich für die Steuerung des vegetativen Nervensystems verantwortlich ist, entsteht eine Überaktivität im Gehirn.
Darauf reagiert unser Körper mit dem Selbstschutzmechanismus „Migräne“, um das Gehirn vor
einer Schädigung zu bewahren.
Die Schulmedizin versucht durch den Einsatz von „Heil”-Mitteln diesen Prozess auf
verschiedenen Ebenen zu beinflussen. Allerdings bleibt es bei „untauglichen“ Versuchen, denn
diese „Heil“-Mittel wurden entweder für andere Krankheitsbilder entwickelt oder werden ein
oder mehrere Stadien zu spät im Migräneprozess eingesetzt, so dass sie die Ursache verfehlen.
Eine Heilung kann hierbei nicht eintreten und zudem treten als Folge dieser sog. „Heil“-Mittel
Nebenwirkungen auf, die im Körper beträchtlichen Schaden anrichten können
Häufig werden bei Migräne als „Heil“-Mittel die sog. Betablocker verschrieben. Dabei handelt es sich um Medikamente, die zur Behandlung von Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen entwickelt worden sind. Diese Mittel haben zwar einen Einfluss auf das vegetative Nervensystem, gehen aber an dem Thema Hormonhaushalt vorbei, so dass echte Heilung
nicht eintreten kann.
Vielfach werden Migränepatienten auch Antiepileptika verordnet. Diese Medikamente
wurden – wie der Name bereits sagt – zur Behandlung der Epilepsie entwickelt. Epilepsie tritt
auf als Folge erhöhter Reizbarkeit der Nervenzellen. Daher haben diese Arzneimittel eine
dämpfende Wirkung auf die Nervenzellen im Gehirn, gehen aber auch hier an der eigentlichen
Ursache der Migräne vorbei, so dass von wirklicher Heilung ebenfalls nicht die Rede sein kann.
Triptane, die im Allgemeinen gegen Migräne verordneten „Heil“-Mittel, haben eine
gefäßverengende Wirkung und beeinflussen den Migräneprozess also erst in der allerletzten
Phase, und zwar wenn die Blutgefäße sich erweitert haben. Die Erweiterung der Blutgefäße ist
aber gerade der Schutzfaktor, den der Körper einsetzt, um ihn vor schwereren Schäden zu bewahren. Wenn dieses System über einen längeren Zeitraum blockiert wird, wird der Körper
erheblich geschädigt. Da die Verengung der Blutgefäße sich nicht allein auf die erweiterten
Blutgefäße beschränkt, sondern im ganzen Körper wirksam ist, birgt die Einnahme dieser „Heil“Mittel erhebliche Gesundheitsrisiken in sich.
Auch das Rauchen verengt die Blutgefäße und stellt damit ein Gesundheitsrisiko dar.
Es besteht die Gefahr der Arteriosklerose und anderer Herz- und Gefäßerkrankungen. Von allen
Seiten werden wir daher vor den Gefahren des Rauchens gewarnt und von höherer Stelle werden Kampagnen geführt, um die Menschen auf diese Gefahren aufmerksam zu machen. Krankenkassen bieten ihren Mitgliedern kostenlose Seminare an und überall werden Beratungen
angeboten, wie man mit dem Rauchen aufhören kann. Aber ein Migränepatient bekommt von
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seinem Arzt dennoch ein Mittel verschrieben, das eigentlich nicht als „Heil”-Mittel bezeichnet
werden dürfte.
Keine guten Aussichten für den Migränepatienten, denn abgesehen von der Tatsache,
dass die Triptane seiner Gesundheit schaden, nimmt auch die Häufigkeit der Migräneanfälle
durch die Einnahme von Triptanen zu. Die Medikamente setzen die Wirkungen des Selbstschutzmechanismus des Körpers außer Kraft. Der Körper nutzt Migräne als Mittel, als Instrument, dem Gehirn die erforderliche Ruhe zu verschaffen. Durch die Einnahme des Medikaments tritt diese notwendige Ruhe nicht ein und, da unser Körper alles tut, um uns zu schützen,
wird er den nächsten Anfall umso schneller auslösen.
Das „Heil“-Mittel entpuppt sich als „Selbstläufer“ und damit zugleich als „Selbstverkäufer”. Positiven Entwicklungen und dem Fortschritt steht es im Wege. Und ich sehe schwarz,
dass sich hieran kurzfristig etwas ändern wird. Das ist keine Schuldzuweisung an die Pharmaindustrie, die letztendlich auch von ihren Gewinnen abhängig ist. Ihr können wir die Schuld nicht
zuschieben. Ich bin vielmehr der Meinung, dass der Politik hier eine wichtige Aufgabe zukommt und rufe diese hiermit zur Verantwortung.
Aber wo liegt die letzte Verantwortung? Bei dem Migränepatienten selbst! Letztendlich ist jeder selbst für seine Gesundheit verantwortlich. Um diese Verantwortung übernehmen
zu können, müssen wir jedoch über die Fakten informiert sein. Deshalb halten Sie dieses Buch
in der Hand. Nur wenn wir die Risiken, die wir eingehen, kennen und wissen, dass es eine
Wahlmöglichkeit gibt, und uns umfassend informiert haben, sind wir in der Lage, die richtige
Entscheidung zu treffen und die Verantwortung für unsere Gesundheit selbst zu übernehmen.
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14
Ernährung
Neue Entwicklungen, die uns der Fortschritt gebracht hat, eröffnen uns Möglichkeiten, die unseren Eltern und Großeltern noch nicht zur Verfügung standen. Dies hat dazu beigetragen, dass wir in einer Gesellschaft leben, in der unser Leben zunehmend von „Machbarkeit“
geprägt ist. Es wurden noninvasive Operationstechniken entwickelt, es wurde möglich, in unserem Körper technische Glanzleistungen zu vollbringen, wir können Zellen klonen, Eizellen
einfrieren und unseren Körper umformen lassen, wenn die Größe oder Form uns nicht gefällt.
Wir können kaum noch über etwas staunen. Und das liegt daran, dass wir in einer
schnelllebigen Zeit leben und die Gewöhnung in allen Bereichen immer schneller eintritt.
Dankbar machen wir von Neuerungen, die uns zur Verfügung gestellt werden, Gebrauch. Wir
wollen rund um die Uhr erreichbar sein: Durch die Erfindung des Handys kann dieser Wunsch
sofort erfüllt werden. Kaum ist allerdings das Handy auf dem Markt, liegt auch schon der IPod
im Schaufenster. Wir sind dadurch so „verwöhnt“, dass wir immer höhere Ansprüche stellen.
Auch unsere Ernährung kam nicht ungeschoren davon und hat einen grundlegenden
Veränderungsprozess durchgemacht. Im Gegensatz zur Ernährung unserer Großeltern, die aus
unverfälschten Nahrungsmitteln - wie frischem Fisch und Fleisch, Gemüse und Obst, Samen
und Nüssen - bestand, wird unsere Nahrung mehr und mehr manipuliert und verarbeitet. Die
technische Entwicklung macht es möglich und, da wir diese Möglichkeiten haben, nutzen wir
sie auch. Wir bearbeiten unsere Nahrungsmittel, damit sie unseren Ansprüchen gerecht werden,
ob wir uns nun dessen bewusst sind oder nicht.
Unsere Ernährung soll die richtige Farbe haben, also werden Farbstoffe zugefügt. Es
dürfen keine Klümpchen drin sein, also wird ein „Antiklumpmittel” beigemischt. Selbstverständlich soll alles appetitlich aussehen - dazu nehmen wird Glanzmittel- und vor allem soll es
natürlich gut schmecken. Über Geschmack lässt zwar nicht streiten, aber auch hier spielt Gewöhnung eine Rolle. Also muss ordentlich Salz hinzugegeben werden (mit der Folge, dass wir
alle viel zu viel Salz zu uns nehmen) und fast jedes Nahrungsmittel hat einen ziemlich hohen
Zuckergehalt (als Folge neigen immer mehr Menschen zur Hypoglykämie = niedriger Blutzuckerspiegel oder entwickeln sogar eine Diabetes = Zuckerkrankheit).
Darüber hinaus bringt unser hektisches Leben in der westlichen Gesellschaft es mit
sich, dass wir unter „chronischem Zeitmangel” leiden. Also wollen wir lieber nicht täglich
einkaufen und finden es praktisch, wenn die Nahrungsmittel lange haltbar sind (Konservierungsmittel). Die Zubereitung soll schnell gehen, aber schmecken soll es auch! Auch dafür hat
die Nahrungsmittelindustrie etwas gefunden: Geschmacksverstärker. Das sind die Stoffe, die
auf der Liste mit den E-Nummern (E 620 bis 650) gekennzeichnet sind und den natürlichen
Geschmack der Nahrungsmittel verstärken. Dadurch wird es uns ermöglicht, unserer Nahrung
in relativ kurzer Zeit den Geschmack zu geben, den wir wünschen und an den wir uns gewöhnt
haben. In den Niederlanden werden vor allem die Zusatzstoffe mit den E-Nummern 620, 621
und 622 eingesetzt, für die allerdings unterschiedliche Namen gebräuchlich sind, so wie z. B.
Monosodiumglutamat (MSG), Mononatriumglutamat, Glutamat oder Vetsin.
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Abgesehen von der Tatsache, dass die „Geschmacksverstärker“ den Geschmack unserer Nahrungsmittel buchstäblich verstärken, wird unser Sättigungsgefühl gebremst, so dass wir
mehr essen als erforderlich. Amerikanische Wissenschaftler bezeichnen sie daher als “Meuchelmörder” unserer Gesellschaft.
Als Folge all dieser Zusatzstoffe sind Überempfindlichkeiten, Intoleranzen und Allergien vorprogrammiert. Aber auch dafür hat dann die Pharmaindustrie wieder eine Lösung parat:
Antiallergische Medikamente sowie Antihistaminika.
Bei Histamin handelt es sich jedoch um einen Stoff, der natürlicher Bestandteil unserer Nahrung ist. Es ist ein sogenanntes biogenes Amin, ein Signalstoff, der in verschiedenen
Bereichen unseres Körpers eine Rolle spielt. In unserem Gehirn wirkt es als Neurotransmitter,
es regelt unsere Schlafprozesse und der Stoff ist im Magen-Darm-Trakt an verschiedenen physiologischen Prozessen beteiligt, wie z. B. an der Produktion der Magensäure. Indirekt sorgt
Histamin für eine Erhöhung der Adrenalinproduktion und hat die Eigenschaft, die Gefäße zu
erweitern.
Möglicherweise ist diese gefäßerweiternde Eigenschaft der Grund dafür, dass gerade
Migränepatienten besonders empfindlich auf Histamine reagieren. Bei vielen Migränepatienten
ist ein chronisch erhöhter Histamingehalt im Blut nachweisbar. Bei Histamin handelt es sich um
einen Stoff, den der Körper in der ersten Phase einer Entzündung ausschüttet. Durch seine
gefäßerweiternde Eigenschaft verbessert er nämlich die Durchblutung. Da bei vielen
Migränepatienten eine Hormonstörung als Folge latenter Entzündungen, vor allem der Mandeln,
aufgetreten ist, könnte dies eine Erklärung für den erhöhten Histamingehalt im Blut sein.
Unser Darm sorgt dafür, dass nicht zu viele biogene Amine in unsere Blutbahn gelangen. Es gibt jedoch mehrere Faktoren, die diesen Prozess stören können. Nicht nur ein angeborener Mangel an dem Enzym Diamin-Oxidase (DAO), Alkoholmissbrauch oder ein gestörter
Hormonhaushalt, sondern auch Medikamente, die die Wirkung dieses Enzyms blockieren. Eine
gestörte Darmflora und Magen und Darmgeschwüre können dafür ursächlich sein, dass das
Histamin nicht schnell genug abgebaut wird, so dass das Histamin ins Blut gelangt und sich im
ganzen Körper verteilen kann. Hier kann es überall Beschwerden und speziell bei
Migränepatienten einen Anfall von migräneartigem Kopfschmerz auslösen.
Viele Migränepatienten wissen, dass einige Nahrungsmittel bereits seit geraumer Zeit
als sog. „Trigger“ angesehen werden, z.B. Vetsin, Rotwein, abgelagerter Käse, Kaffee und
Schokolade und vermeiden daher diese Nahrungsmittel. Vielen - aber nicht allen - ist bekannt,
dass diese Nahrungsmittel einen erhöhten Histamingehalt aufweisen und dieser Stoff für einen
Teil ihrer Beschwerden verantwortlich sein kann.
Geschmacksverstärker (Glutamate, Hefeextrakte) beinhalten besonders viel Histamin
und können eine derartig heftige Körperreaktion auslösen, dass sogar Herzrhythmusstörungen
und Atemprobleme auftreten können. Aber auch Haut- und Bauchbeschwerden können Folge
einer erhöhten Histaminkonzentration sein.
Jeder Körper hat eine Toleranzgrenze oder –schwelle. Durch Zusatzstoffe in unserer
Nahrung kann diese jedoch schnell überschritten sein. Die Weltgesundheitsorganisation hat
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diesbezüglich Richtlinien aufgestellt und zulässige Grenzwerte festgelegt. Durch die Kombination verschiedener Nahrungsmittel, solcher, die Histamin enthalten und solcher, die Histamin
freisetzen, und Zusatzstoffe, die als Geschmacksverstärker fungieren, sind diese Grenzwerte
jedoch schnell überschritten. Zudem ist die Grenze „zulässig“ ein dehnbarer Begriff, der von
Person zu Person unterschiedlich zu beurteilen ist.
Es kann daher nur jedem – vor allem aber dem Migränepatienten, der einen Anfall
von migräneartigem Kopfschmerz als Folge einer Histaminreaktion vermeiden will – nur empfohlen werden, auf Geschmacksverstärker in der Nahrung unbedingt und gänzlich zu verzichten. Darüber hinaus ist es ratsam – wenn die Überempfindlichkeit groß ist – sich die in der
Nahrung befindliche Histaminmenge bewusst zu machen. Im Hinblick auf Histamine gibt es
Nahrungsmittellisten, aus denen ersichtlich ist, ob das Nahrungsmittel Histamine im Körper
„freisetzen“ kann und in denen zugleich der Prozentsatz an Histamin, der in dem Nahrungsmittel enthalten ist, angegeben ist.
In Bezug auf die Geschmacksverstärker sind die Nahrungsmittelhersteller verpflichtet
anzugeben, ob in dem Lebensmittel Geschmacksverstärker vorhanden sind. Aber da die
Menschheit über die negativen Folgen dieses Zusatzstoffes immer besser Bescheid weiß, versuchen die Lebensmittelhersteller die Angaben immer öfter zu verschleiern und es ist beinahe ein
Studium erforderlich, um die Etiketten analysieren zu können. So wird beispielsweise auf dem
Etikett nicht angegeben, dass es Geschmacksverstärker enthält, sondern der Inhaltsstoff mit
„Brühe“ bezeichnet. Aber natürlich beinhaltet diese Brühe dann wieder Geschmacksverstärker!
Zudem gibt es unterschiedliche Bezeichnungen für Zusatzstoffe, sowie hydrolisiertes (pflanzliches) Eiweiß hydrolisiertes pflanzliches Öl, pflanzliche Eiweißextrakte, Sodium Caseinat,
Calciumcaseinat und Hefeextrakte, von denen die wenigsten wissen, dass diese Stoffe ihrerseits
Geschmacksverstärker enthalten.
Einige Hersteller kokettieren sogar mit der Tatsache, dass sie keine Geschmacksverstärker verwenden und geben auf der Verpackung in Fettdruck an, dass ihre Lebensmittel „keine
Geschmacksverstärker enthalten“. Dadurch wird der nichtsahnende Kunde getäuscht und ein
heftiger migräneartiger Kopfschmerz ist die Folge. Ein sehr empörter Konsument schrieb 2009
an einen großen Nahrungsmittelhersteller: „Auf Ihrer Website steht, dass Cup-a-Soup specials
keine Geschmacksverstärker enthalten. Tatsächlich aber enthält das Produkt Hefeextrakt, einen
Geschmacksverstärker also, denn Hefeextrakt enthält Glutamat. Ihr Text ist dann ja wohl nicht
richtig und sogar irreführend. Oder sehe ich das falsch?“ Der Mann erhielt folgende Antwort:
“Sehr geehrter Herr L.! Gerne beantworten wir Ihr Schreiben. Hefeextrakt ist laut Gesetz kein
Geschmacksverstärker. Dass Hefeextrakt Glutamat enthält, trifft jedoch zu. Wir hoffen, Ihnen
mit dieser Auskunft behilflich gewesen zu sein.“
Die Reaktion spricht für sich. Aber wie viele migräneartige Kopfschmerzanfälle hat
diese Cup-a-soup inzwischen ausgelöst und wie viele werden künftig noch dadurch ausgelöst
werden?
Für unser aller Gesundheit wäre es von größtem Vorteil, wenn wir von diesen überflüssigen Zusatzstoffen verschont blieben. Aber sind sie wirklich überflüssig oder meint man,
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dass wir auf dieses Geschmackerlebnis nicht verzichten können? Und richtet sich das Angebot
hier nach der Nachfrage oder ist es umgekehrt? Solange wie wir weiter konsumieren, solange
wird der Hersteller weiter produzieren. Vielleicht würden wir es als Opfer auffassen, wenn wir
sämtliche manipulierten Nahrungsmittel aus unserer Ernährung eliminieren und uns auf unverfälschte natürliche Ernährung beschränken würden! Ich bin jedoch eher davon überzeugt, dass
wir zurzeit zu viel von unserer Gesundheit opfern, wenn wir diese Zusatzstoffe weiterhin akzeptieren und konsumieren.
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Die Migräne Behandlung
Was genau bedeutet nun diese Migräne Behandlung und warum ist sie erfolgreich? Es
ist wichtig, dass die „Botenstoffe“ (Hormone) ihre steuernde Wirkung im Körper optimal
entfalten können. Unser Hormonhaushalt (das endokrine System) besteht aus einer Anzahl
unterschiedlicher aber zusammenwirkender Drüsen und Gewebe, die Hormone produzieren.
Die einzelnen Drüsen produzieren unterschiedliche Hormone. Die meisten dieser Hormone
werden in die Blutbahn abgegeben, wo sie ihre „Anweisungen“ an die Organe weiterleiten.
Wenn der Hormonhaushalt im Ungleichgewicht ist, ist es erforderlich, das Zusammenwirken
zwischen den einzelnen Hor-mondrüsen und dem Gewebe wiederherzustellen. Der
Selbstschutzmechanismus des Körpers wird dabei nämlich nicht außer Kraft gesetzt, die
Migräne also nicht unterdrückt, sondern überflüssig gemacht. Denn ein Körper, der sich im
hormonellen Gleichgewicht befindet, braucht die Migräne nicht mehr.
Die Therapie ist deshalb so erfolgreich, weil man sich des körpereigenen Regulierungssystems bedient. Jedes Gewebe, das „gestört” ist, beeinflusst das gesamte System; daher
können wir nicht davon ausgehen, dass nur die Funktion der Schilddrüse, der Eierstöcke, der
Hypophyse oder die Bauchspeicheldrüse eingeschränkt ist. Nein, wenn ein hormonproduzierendes Organ gestört ist, wird das Gesamtsystem davon negativ betroffen. Es ist daher wichtig, alle
beteiligten Faktoren, die das System aus dem Gleichgewicht bringen können, zu beachten.
Wenn wir dies beherzigen, dann hat dies einen positiven Einfluss auf das gesamte System zur
Folge.
Aus diesem Grund ist eine umfassende Voruntersuchung von außerordentlich großer
Bedeutung, um alle Faktoren, die zu einer Regulierungsstörung im Hormonhaushalt geführt
haben könnten, genauestens festzuhalten. Die Anamnese, die körperliche Untersuchung, die
Blut- und Urinuntersuchung sowie EKG und Sauerstofftest sind Bestandteile dieser Voruntersuchung. Wenn die Ergebnisse zeigen, dass der Hormonhaushalt aus dem Gleichgewicht geraten
und die Prognose positiv ist, kann mit der Behandlung begonnen werden.
Durch Injektionen eines Lokalanästhetikums, zum Beispiel Lidocain, Procain oder
Xylocain, wird eine Regulierung des Hormonhaushalts realisiert. Diese Mittel kommen in der
Anästhesie und Neuraltherapie bereits seit über 100 Jahren zum Einsatz. Abgesehen davon, dass
diese Mittel betäubende Eigenschaften besitzen, haben sie nämlich zugleich die Eigenschaft,
das Zellpotential positiv zu verändern, so dass die „Botenstoffe“, die Hormone, ihre Aufgaben
besser wahrnehmen und die Regulierung in Gang setzen können. Das Mittel wird also nicht
wegen seiner betäubenden Wirkung angewendet, sondern wegen seiner lokalen Wirkung auf
die Zellmembran (das Eingangstor zur Zelle). Hier entfaltet es seine therapeutische Wirkung,
indem es das elektrische Potential der Zelle reguliert. Dabei ist bereits eine kleine Menge des
Mittels ausreichend, um die Regulierung zu bewirken.
Grundsätzlich kann also jeder Patient mit der Therapie behandelt werden.
Es ist nur erforderlich, dass bestimmte Antikonzeptiva (wie die
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Pille, die Hormonspirale und die Dreimonatsspritze) weggelassen werden, weil diese eine Regulierung des Hormonhaushaltes behindern und damit blockieren würden.
Es ist natürlich von großem Vorteil, wenn der Patient auch die Einnahme von
Triptanen beendet oder zumindest auf ein Minimum reduziert, weil die Triptane die
Anfallhäufigkeit erhöhen. Aufgrund der positiven Wirkungen der Therapie fällt es dem Patienten allerdings in der Regel nicht schwer, die Triptane vollständig abzusetzen.
Bei bestimmten Krankheitsbildern oder bei der Einnahme von Medikamenten ist
selbstverständlich, die Dosis entsprechend anzupassen, zum Beispiel bei Patienten mit Kreislaufproblemen, aber auch bei überempfindlichen Patienten. Sehr selten treten allergische Reaktionen auf Lidocainhaltige Mittel auf (1:10.000 Personen). Um jedoch alle Risiken auszuschließen, wird vor der ersten und zweiten Behandlung eine Testinjektion an der Innenseite des Unterarms gespritzt. Sollte eine allergische Reaktion erfolgen, können auf Wunsch vergleichbare
Mittel injiziert werden.
Aufgrund der schnellen und effektiven Injektionstechnik und des verwendeten Mittels, ist die Therapie nahezu schmerzlos. Man spürt lediglich einen kleinen Einstich, weil das
Mittel zugleich eine lokalbetäubende Wirkung hat. Unter dem Einfluss des Reizes bewirkt der
Körper anschließend selbständig die Regulierung, indem das darunterliegende Organ zur Regulierung angeregt wird. Im Blut wird das Mittel innerhalb von ungefähr 30 Minuten abgebaut.
Die Anzahl der erforderlichen Behandlungen ist unterschiedlich, kann aber nach der
Voruntersuchung recht genau abgeschätzt werden. Diese Anzahl ist weniger von der Dauer und
Heftigkeit der Migräneanfälle abhängig als vielmehr von dem Zeitraum, über den die Hormonstörung im Körper vorhanden war.
Der Erfolg der Therapie kann sich bereits nach einer Behandlung bemerkbar machen,
in jedem Fall aber sind nach der vierten Behandlung deutliche Zeichen eines veränderten Hormonhaushalts spürbar. Aus diesem Grund erfolgt im Rahmen der fünften Behandlung eine
Zwischenuntersuchung, um die Wirkung der Therapie auf den Hormonhaushalt zu untersuchen.
Da die Hormone ihre „Botenstoff-Funktion” im gesamten Körper ausüben, haben sie
sowohl auf unsere körperliche als auch auf unsere psychische Gesundheit unmittelbaren Einfluss. Hormone bestimmen, ob wir uns fröhlich oder depressiv fühlen, ob wir tatkräftig oder
antriebslos sind und ob wir uns entspannt fühlen oder schnell nervös werden. Hormone beeinflussen unsere Stimmung. Ein Hormonhaushalt, der nicht im Gleichgewicht ist, kann deshalb –
außer Migräne – alle möglichen Beschwerden auslösen. Daher ist auch das Anwendungsgebiet,
in dem die Therapie mit Erfolg eingesetzt werden kann, sehr groß.
Außer Migräne und vielen anderen Formen des Kopfschmerzes können auch Rheuma, Übergewicht, Wechseljahrbeschwerden, unerfüllter Kinderwunsch, Menstruationsbeschwerden (PMS),
chronische Müdigkeit, Muskel- und Gelenkprobleme, Schlafstörungen, Hautkrankheiten, Depressionen, Nervosität, Haarausfall, Neuralgien, Allergien und psychosomatische Krankheitsbilder behandelt werden. Kurzum: alle Krankheitsbilder, die durch eine Störung im Hormonhaushalt hervorgerufen werden können. Abgesehen von der Tatsache, dass der Migränepatient
durch die Therapie von seinem Leiden befreit wird, wird er daher eventuell noch viele weitere
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körperliche und psychische Veränderungen bei sich feststellen. Nicht selten geschieht dies
bereits während der Therapie. In der Regel hat der Patient deutlich mehr Energie, fühlt sich
entspannter, glückli-cher und zufriedener, was sich auch positiv auf seine Umgebung auswirkt.
Partner, Kinder, Familie, Freunde und Kollegen werden diese Veränderungen feststellen. Eine
positive liebevolle Resonanz ist die Folge. Der Teufelskreis ist durchbrochen und das Leben
des Migränepatienten wird nicht länger von der Migräne dominiert. Er kann sich mit seinen
vielen Talenten wieder optimal entfalten und das Leben wieder genießen.
Vermutlich klingt das alles utopisch in Ihren Ohren, aber lesen Sie die Erfahrungsberichte meiner Patienten (auf unserer Internetseite). All diese Patienten litten seit langer Zeit
unter Migräne, hatten viele Therapien und Behandlungen hinter sich und (meist mit
zunehmender Tendenz) Arzneimittel eingenommen. Und alle drohten den Mut und die
Hoffnung auf Besserung bzw. Heilung zu verlieren. Dank der Therapie, ihrer eigenen Ausdauer
und der Befolgung meiner Ratschläge haben sie in ein normales Leben zurückgefunden, etwas,
woran sie häufig selbst nicht mehr geglaubt hatten.
Die Tatsache, dass sie immer wieder den Wunsch äußerten, ihren Erfolg auch
anderen Migränepatienten mitzuteilen, brachte mich auf die Idee, den behandelten Patienten zu
fragen, ob er seine Erfahrungen an Sie weitergibt. Ein Kapitel von Migränepatienten für
Migränepatienten.
Ihre persönliche Geschichte wird Sie ansprechen und Sie werden sich darin wiedererkennen. Aber ich hoffe vor allem, dass sie Ihnen die Hoffnung geben wird, dass auch für Sie
eine Besserung bzw. Heilung möglich ist.
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Heilung als Beweis ?
"Wer heilt, hat Recht" aber wer heilt da eigentlich? Der Arzt, der Therapeut? Im
Kapitel „Die Natur als Lehrmeister” wurde die Antwort eigentlich schon gegeben. Die Natur
heilt, das bedeutet: Unser eigener Körper macht uns gesund. Dabei können wir unserem Körper
nur regulierend helfen, d.h. zur Regulierung anregen und diese Regulierung unterstützen.
In der früheren Heilkunde war diese Sichtweise schon lange anerkannt und wurde in
der Praxis umgesetzt und es gibt daher auch viele Therapien, die nach diesem Prinzip arbeiten.
Die sogenannten „Kneippkuren“ zum Beispiel, bei denen ein Kältereiz den Körper zur verstärkten Wärmeproduktion anregt und damit den Kreislauf stabilisiert und Entzündungen bekämpft.
In ähnlicher Weise arbeiten „Schröpfköpfe “ und „Blutegel”, auch sie stimulieren die körpereigene Regulierungskraft. Das körpereigene Regulierungssystem funktioniert ohne Einmischung
von außen sehr gut. Wenn das System jedoch aus dem Gleichgewicht gerät, kann man es mit
zielgerichteten Reizen stimulieren und so dafür sorgen, dass die Balance wieder hergestellt wird
und der Körper sich selbst heilen kann.
Diese Sichtweise ist nicht neu, aufgrund der pharmazeutischen und technischen Entwicklung bleibt sie jedoch immer öfter auf der Strecke. Es trifft zwar zu, dass diese Entwicklungen erstaunliche Möglichkeiten zur schnellen Schmerzbekämpfung bieten. Sie lassen aber
die Regulierungskraft unserer Natur außer Acht. Das Ergebnis ist eine kurzfristige Schmerzbekämpfung, was in den meisten Fällen aber zur Folge hat, dass die Beschwerden chronisch werden.
Wir sehen das zum Beispiel bei Schmerzen, die als Folge der Medikation entstehen.
Dies wird auch als Medikamentenabhängigkeit bezeichnet. Aber ein besserer Ausdruck hierfür
wäre Medikationsabhängiger Schmerz. Durch die andauernde Einnahme von Medikamenten
wird die natürliche Körperregulierung derart gestört, dass der Körper schließlich mit einer
dauerhaften Irritation in Form von Schmerzen reagiert, womit er uns eigentlich warnen möchte.
Ein Mensch, der in eine solche Situation gerät, verzweifelt und kommt wegen fehlender Kenntnisse oft nicht mehr aus eigener Kraft aus diesem Teufelskreis heraus.
Unabhängig davon, ob eine Therapie wirksam ist oder nicht und ob der Menschheit
damit gedient ist, werden häufig Beweise ihrer Wirksamkeit gefordert und Sätze wie: „Das ist
doch überhaupt nicht bewiesen“ klingen mir in den Ohren. Aber was ist wichtiger: Die Frage,
ob eine Methode bewiesen ist, oder die Frage, ob sie ihr Ziel erreicht? Und ist die Tatsache,
dass eine Therapie ihr Ziel erreicht, vielleicht nicht schon ein Beweis an sich? Für die vielen
tausend Migränepatienten, die mithilfe der Therapie von ihrer Migräne erlöst wurden, ist ihr
neues Leben ohne Migräne Beweis genug!
Es gibt allerdings (noch) keinen wissenschaftlichen Beweis.
Wie schon erwähnt, würde ich es sehr begrüßen, wenn die Wirkungen dieser Therapie
gründlich erforscht würden, weil die Forschungsergebnisse uns noch weiteren Aufschluss über
die Migräne und ihre Behandlung geben könnten. Und weil ich weiß, dass es der einzige Weg
ist, der uns von dem Irrweg aus Triptanen, Betablockern, Antibabypille und
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Antiepileptika wieder zurückführen kann. Solange die Migräne weiter mithilfe chemischer
Produkte unterdrückt wird, wird der Status quo für den Migränepatienten sich nicht ändern. Der
Fortschritt wird gebremst von den „finanziellen Nebenwirkungen“, die diese Medikamente
haben. Aber auf wessen Kosten? Auf Kosten Ihrer Gesundheit! Wer fragt eigentlich nach dem
wissenschaftlichen Nachweis der Wirkung von Triptanen, von Antibabypille und Antiepileptika
bei Migräne? Und was soll bewiesen werden? Dass sie ihr Ziel erreichen? Welchen Schaden sie
im Körper anrichten? Oder dass sie gesund machen? Heilen kann man nur dann, wenn man die
Ursache versteht und erkennt, was unser Körper eigentlich bewirken will, wenn er uns Migräne
„antut“. Heilen kann man nur dann, wenn von dieser Ursache her behandelt wird. Und heilen
kann man nur, wenn man mit der Natur zusammenarbeitet und der Natur Respekt entgegenbringt. Weil unsere Natur alles dafür tut, um uns gesund werden zu lassen. Und "wer heilt, hat
Recht!"
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Nachwort an den Migränepatienten
Für mich ist es wesentlich, dass Sie, der Sie an Migräne leiden, wissen, dass Sie wichtig sind. Es geht um Sie und die Lösung Ihrer Probleme. Es geht um Ihren schrecklichen und
übermächtigen Schmerz, Ihre Auren, Ihre Übelkeit und Ihre Gefühle der Hoffnungs- und Aussichtslosigkeit.
Sie sind derjenige, der mit all den Einschränkungen konfrontiert ist, die Migräne in
Ihrem Leben verursacht. Ich weiß, dass Ihre Migräne Ihr Leben beherrscht und auch Ihre nächste Umgebung beeinträchtigt: Ihren eventuellen Partner, Kinder, Familie, Freunde und Kollegen.
Ich weiß, wie schwer es Ihnen fällt, Termine absagen zu müssen, nicht zu Arbeit gehen zu
können, die Organisation anderen überlassen zu müssen. Ich kann nachvollziehen, wie unsicher
das Leben wird, weil Sie nicht wissen, wann der nächste Anfall kommt. Und ich weiß auch,
dass Ihre Umgebung nicht immer ein gleich großes Verständnis aufbringt.
Ich weiß, dass der Migräneanfall als solcher nicht das einzige ist, womit Sie als
Migränepatient zu tun haben. Und ich weiß, dass Sie auch Vorurteilen ausgesetzt sind, weil
Migräne lange Zeit als „hysterische Frauenkrankheit“ angesehen wurde und nichtssagende
Ratschläge wie „Nimm das Leben doch nicht so schwer“, „Sorge für mehr Entspannung“ oder
„Nimm eine Paracetamol ein“ Sie hart treffen und von Ihnen als indirekte Kritik empfunden
werden können.
Ich weiß, dass Sie von solchen Sprüchen enttäuscht wurden, um es einmal vorsichtig
auszudrücken. Möglicherweise haben Sie auch einem Arzt gegenüber gesessen, der Sie mit der
Diagnose “Das ist die Psyche” nach Hause geschickt hat, was Ihrem Selbstvertrauen zusätzlich
geschadet hat. Und das, obwohl Sie doch ohnehin schon selbst oft das Gefühl haben zu versagen, weil Sie den Anforderungen (von denen Sie denken, dass diese an Sie gestellt werden)
nicht entsprechen und weil Sie die Schuld dafür bei sich selbst suchen.
In Wirklichkeit sind diese Vorurteile und nichtssagenden Ratschläge für Sie als
Migränepatient eine Beleidigung. Aber denken Sie daran: Häufig werden sie von Menschen
gebraucht, die den Ernst des Migräneleidens nicht verstehen.
Es ist logisch, dass Sie bisweilen den Wald vor Bäumen nicht mehr sehen, weil alle
Informationen, die in den Medien verbreitet werden, Sie verunsichern und dazu führen, dass Sie
nicht mehr wissen, was Sie tun sollen. Ebenso logisch ist, dass es Ihnen schwerfällt, Ihrem Arzt
gegenüber Ihre eigene Meinung zu vertreten, vor allem dann, wenn diese den Auffassungen und
Ratschlägen des Arztes widerspricht.
Vor diesem Hintergrund verstehe ich, dass Sie sich immer wieder in demselben Dilemma befinden, wenn Ihnen Ihr Arzt zum Beispiel Betablocker verschreiben will, obwohl Sie
keinen Bluthochdruck haben oder Antiepileptika, obwohl Sie nicht an Epilepsie erkrankt sind ,
oder die Antibabypille, obwohl Sie diese gar nicht brauchen.
Ich weiß, dass Sie eigentlich lieber keine Migränemittel, wie Triptane, einnehmen
würden, weil diese starke Nebenwirkungen haben und Sie sich wie ein Zombie vorkommen,
aber ich verstehe auch, dass Sie sie trotz der Ihnen bekannten Nebenwirkungen einnehmen,
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denn Sie sind diszipliniert und haben ein großes Verantwortungsgefühl, so dass es Ihnen
schwerfällt, Ihre Verpflichtungen zu vernachlässigen. Aber Sie müssen wissen, dass die Nebenwirkungen dieser Medikamente Ihrer Gesundheit schaden und in Wirklichkeit eine „böse
Falle“ sind, denn die Häufigkeit Ihrer Migräneanfälle nimmt zu.
Ich weiß, dass viele von Ihnen bereits einen langen Weg durch den medizinischen
Dschungel hinter sich haben und sich verschiedensten Untersuchungen und Behandlungen
unterzogen haben, die aber nicht zur Besserung führten, und ich verstehe, dass Sie dadurch
verzweifelt und skeptisch geworden sind und vielleicht sogar jegliche Hoffnung verloren haben.
Oft höre ich von meinen Patienten: „Wenn ich nicht zu Ihnen gekommen und von
meiner Migräne geheilt worden wäre, hätte ich meinem Leben wahrscheinlich ein Ende gesetzt,
weil ich nicht mehr weiter wusste”.
Jemand, der niemals Migräne gehabt hat, wird diesen Satz nicht verstehen können,
aber man kann sehr wohl die Schlussfolgerung ziehen, wie entsetzlich schwer es ist, an Migräne
zu leiden. Und jemand, der nicht weiß, was das bedeutet, wird die Tragweite nie nachempfinden
können.
Gerade weil ich selbst an Migräne gelitten habe, kann ich es so gut nachfühlen und
mir liegt jeder Migränepatient am Herzen. Ich nehme Ihre Migräne ernst. Ich setzte alle mir zur
Verfügung stehenden Mittel ein, um den Kampf gegen die Migräne zu gewinnen.
Dieses Buch ist ein Teil davon, aber die wichtigste Waffe die ich im Kampf gegen
Migräne habe, ist die Migräne Therapie und ich möchte, dass alle Patienten darüber Bescheid
wissen. Geben Sie nicht auf. Keine Sache ist verloren, bevor sie aufgegeben wird. Und die
Heilungschance ist so groß!
Natürlich schmeichelt es mir, wenn ein Patient, nachdem er nach so vielen Jahren des
Leidens völlig frei von Migräneattacken ist, zu mir sagt, dass ich „anscheinend ein Wunderdoktor” bin. Aber natürlich bin ich kein Wunderdoktor. Allerdings weiß ich sehr wohl, warum
Migräne entsteht. Und weil ich die Ursachen der Migräne kenne, weiß ich, wie sie zu behandeln
ist.
Und Sie brauchen selbst gar nicht so viel zu tun. Wenn Sie konsequent alle Süßigkeiten, eventuellen Hormonpräparate und soweit wie möglich auch die Triptane weglassen, dan
reichen in den meisten Fällen 10 bis 15 Behandlungen aus. Fast jeder Patient fühlt sich während
der Behandlung zunehmend besser. Da der Hormonhaushalt wieder ins Gleichgewicht kommt,
treten viele positiven Nebeneffekte auf: Man fühlt sich tatkräftiger, weniger angespannt und
fröhli-cher.
Sie haben es sich nicht ausgesucht, Migräne zu haben und Sie waren sich vielleicht der
Möglichkeit, sie wieder loswerden zu können, noch nicht bewusst. Deshalb habe ich dieses
Buch geschrieben. Aber auch um für mehr Verständnis für das Leid des Migränepatienten zu
werben. Ich hoffe, dass es jedem, der mit Migräne zu tun hat, die Augen öffnen wird und hoffe,
Ihnen hiermit Mut gemacht zu haben. Weil Sie ein Recht darauf haben, verstanden zu werden
und weil Sie ein Recht auf die Wahrheit haben, vor allem aber weil Sie ein Recht auf ein Leben
ohne Migräne haben. Denn das Leben ist viel zu schön, um Migränepatient zu bleiben.
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