Die Beziehung zwischen Japan und Thailand während

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Die Beziehung zwischen Japan
und Thailand während des Zweiten Weltkrieges
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Lars Bertram
Die erste Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts war für die Länder in Südostasien vom Leben
unter kolonialer Herrschaft geprägt und nur Siam bzw. Thailand verstand es, der Besetzung
durch eine fremde Macht aus dem Weg zu gehen.1 Der Balanceakt Thailands zwischen den
Großmächten Japan und Großbritannien gestaltete sich jedoch mit Zunahme der
internationalen Spannungen immer schwieriger.
Die Beziehungen Japans zu seinen asiatischen Nachbarn waren in der ersten Hälfte des
zwanzigsten Jahrhunderts von Unbeständigkeit und somit Unberechenbarkeit geprägt. Einer
langen Zeit selbstverordneter Isolation, die 1853 mit der Ankunft der sog. schwarzen Schiffe
gewaltsam
beendet
wurde,
folgte
ein
verheerender
Expansionsrausch,
der
den
südostasiatischen Ländern auch heute noch deutlich in Erinnerung ist. Mit wachsender
wirtschaftlicher und politischer Stärke wuchs Japans Interesse an der Region Südostasien,
durch welche einerseits die für die Rohstoffversorgung wichtigen Seewege verlaufen und die
andererseits einen großen Absatzmarkt für japanische Produkte darstellt. Der stärker
werdende Druck des Westens, die Großmacht Japan unter Kontrolle zu bekommen, ließ
japanische
Unternehmen
auch
den
siamesischen
Markt
erobern.
Das
ungleiche
Kräfteverhältnis bestimmte jedoch von Anbeginn die wirtschaftlichen und besonders die
politischen Beziehungen zwischen beiden Ländern, die im Bündnis von 1941 gipfelten.
Die folgende Untersuchung widmet sich zwei Fragestellungen.
Vor welchem Hintergrund wurde das Bündnis mit Thailand, das ebenso wie die Großmacht
Japan durch vorangetriebene Modernisierung der eigenen Gesellschaft einer kolonialen
Besetzung ausweichen konnte, geschlossen? Wie hat Thailand den Spagat geschafft, trotz der
Freundschaft mit Japan den Zweiten Weltkrieg nicht als Verlierer zu beenden und warum
stand das Nachkriegsjapan wirtschaftlich bald schon wieder besser dar, als der einstige
Kreditgeber Thailand?
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Japan erobert den siamesischen Markt
In Japan hatte sich die Industrialisierung durch tiefgreifende gesellschaftliche und
wirtschaftliche Umstrukturierung seit Ende des 19. Jahrhunderts rasant vollzogen. Ein Grund
dafür lag u. a. in einer Bevölkerungsexplosion und der hohen Verschuldung der Bauern. Ein
Heer billiger Lohnarbeiter, in weiten Bereichen der Industrie Frauen und Kinder, stand zur
Verfügung. Im Zeitraum zwischen 1880 und 1920 stieg die Zahl der Fabriken von ca. 200 auf
fast 50.000. Auch das Verhältnis von Land- und Fabrikarbeitern, das noch 1905 bei 80 % Land
lag, war bereits zu Beginn der 20er Jahre ausgeglichen2. Der wirtschaftliche Aktivismus der
Meiji-Zeit begann sich schon früh auf den Export zu konzentrieren und erreichte so auch den
siamesischen Markt, der noch fest in der Hand kolonialer Unternehmen war.
Bereits Ende des letzten Jahrhunderts hatte Japan den siamesischen Markt für Streichhölzer
und europäische Regenschirme fast vollständig unter Kontrolle. Die Qualität war zwar mit
europäischen Standards noch nicht zu vergleichen, aber der Preis brachte den Durchbruch.3
Auch der japanische Export von Zement, Kohle und von Baumwollprodukten, dem Herz
englischer Handelsfirmen, die den Markt zu einem Drittel beherrschten, begann seit 1890 zu
wachsen.4 Verglichen mit anderen Waren hatte dieser Bereich bereits 1910 alle japanischen
Exporte nach Siam weit abgeschlagen. Die englischen Berichte dieser Zeit nahmen von der
wachsenden Bedrohung zunächst jedoch keine Notiz. Der Erste Weltkrieg brachte eine
Ausweitung der japanischen Exporte auf Südostasien. Waren die Importe Japans am Anfang
des Krieges gegenüber dem englischen Anteil von 26 % eher marginal, so hatte sich die Lage
mit Kriegsende stark zugunsten Japans verändert, und sie hielten nun 11 % des siamesischen
Importmarktes. Englischen Berichten zufolge verdankte Japan diese Wendung hauptsächlich
der Tatsache, dass sie die deutschen Billigimporte ersetzten, die nun wegen der
Kriegsniederlage wegfielen. England, das einen Rückgang auf 20.5 % hinnehmen musste,
hoffte aber, diesen Verlust durch den Qualitätsvorteil der eigenen Waren, bald wieder
ausgeglichen zu haben. Man betrachtete Japan noch immer nicht als ernstzunehmenden
wirtschaftlichen Gegner.5 Obwohl England auf dem Textilmarkt Siams ein stetes Wachstum
verzeichnete - bis 1923 ca. 35.2 % - waren die Japaner trotz bescheidener 7.5 % bereits der
zweitgrößte Importeur für Baumwollprodukte. Auch in anderen Bereichen wie z. B. bei
Aluminiumprodukten, Papier- und Glaswaren konnte Japan bis Mitte der 20er Jahre aufholen.
Im Jahr 1928 musste der englische Konsul in Chiang Mai feststellen, dass sich die billigen
japanischen Waren einen festen Platz erkämpft hatten. Während 1928 der Marktanteil
Englands bei 30.3 % stagnierte, kam Japan auf 15.3 %.6
Waren es anfangs noch in Siam ansässige chinesische Händler, die japanische Produkte
importierten, bemühte man sich in Japan schon bald, die wachsenden Exporte durch eine
eigene Schiffsverbindung nach Bangkok zu kontrollieren. So richtete Japans größte Reederei
㧙㧙
Nihon Yūsen K.K. (NYK) im Jahr 1906 auf der Hauptroute Hong Kong - Bangkok eine
regelmäßige Handelsverbindung ein, die zuerst zweimal monatlich, dann wöchentlich
verkehrte. Die direkte Konkurrenz mit der deutschen Reederei Nord Deutscher Lloyd auf
dieser Strecke führte zu einem für beide Seiten verlustreichen Preiskrieg.7 Auch hier wirkte
sich der Krieg vorteilhaft für Japan aus. Allein zwischen 1915 und 1919 entstanden elf neue
Reedereien, und bis Mitte der 20er Jahre hatten sich die japanischen Gesellschaften einen
festen Platz hinter England und Norwegen sowohl im Schiffs- als auch im Ladungsaufkommen
erkämpft. Im September 1926 stellte Ōsaka Shōsen K.K. (OSK) durch eine Ausweitung der
Route Japan - Saigon nach Bangkok die erste regelmäßige Verbindung zwischen Japan und
Siam her. Im Jahr 1928 lief Mitsui Bussan Siam direkt an.
Die wirtschaftlichen Erfolge im Handel mit Siam führten zu einer Reihe von neuen
Niederlassungen in Bangkok. Neben Mitsui Bussan (seit 1906) waren Ōyama Yōkō (1907),
Yamaguchi Yōkō (1908), Ebata Yōkō und Ōtani Yōkō (1927) in Siam vertreten.8 Siam wurde
so nicht nur ein wichtiger Handelspartner Japans, die direkte Konkurrenz mit europäischen
Waren auf diesem Markt bot der Wirtschaft Japans die Chance, sich zu profilieren. Innerhalb
von 20 Jahren hatte Japan sich nach dem militärischen Erfolg von 1905 nun auch als
Wirtschaftsmacht im Bewusstsein der Westmächte verankert.
Durch die Weltwirtschaftskrise musste auch Japan zunächst zwischen 1929/31 einen Rückgang
der
Handelsbeziehungen um 50 % hinnehmen. Gravierende Einbußen im siamesischen
Nationaleinkommen, die hauptsächlich durch einen Einbruch der Reisexporte verursacht
wurden, ließen die Kaufkraft sinken9. Der Bedarf an teuren Waren aus dem Westen ging
drastisch zurück, was den billigeren Produkten aus Japan zu neuer Attraktivität auf dem
siamesischen Markt verhalf. Japan konnte seine Handelseinbußen schnell wieder aufholen bzw.
übertreffen. Bereits 1934 hatte Japan den alten Konkurrenten überholt und war der größte
Exporteur Siams.10 Ein Jahr später hatte der Anteil Japans am Textilmarkt schon ca. 75 %
erreicht und nahm damit die Monopolstellung ein, während die englischen Importe auf 7 %
geschrumpft waren. Japan weitete die Exporte auf Waren wie Lebensmittelkonserven, Elektround Dieselmotoren, Autoteile, Radios, Bier, Fahrräder und Zubehör aus. Mit der Bestellung von
sechs japanischen Automobilen durch einen chinesischen Importeur stieg Japan in den letzten
von den USA und England beherrschten Markt ein. Neben schärferen Zollbestimmungen für
japanische Waren nach der Weltwirtschaftskrise, die das Engagement Japans stärker auf das
asiatische Festland lenkten, war die Yen-Abwertung um etwa 50 % gegen den US$ zwischen
1931 und 1933 eine weitere wichtige Ursache für den Exportanstieg nach der Depression.11
Nicht weniger ausschlaggebend für den Erfolg Japans war die Beobachtung der lokalen Märkte
und die spezielle Produktion für die jeweiligen Verbraucher.
"Japan was teaching the West that to trade successfully the individual market’s requirements must receive
㧙㧙
specific attention." 12
Auch wenn England und Deutschland in den späten 30er Jahren wieder einige Prozente
gewannen, der Export britischer Textilwaren verdreifachte sich beispielsweise 1936, erreichte
Japan in diesem Jahr mit 28 % Importmarktanteil in Siam seinen Höhepunkt, was 13,8 % am
Gesamtexport Japans in dieser Region entsprach.
Japan bevorzugte im Außenhandel die eigenen Handelshäuser, die bereits 1929 über die Hälfte
aller japanischen Importe kontrollierten, wogegen aus Bangkok auch durch chinesische und
indische Händler japanische Produkte auf den siamesischen Markt gelangten. Unter den
großen Handelshäusern, die sich in den 30er Jahren in Siam niederließen, waren u. a. im Jahr
1933 Itō Chū Shōji aus Ōsaka (hauptsächlich im Textilienhandel tätig). Zwei Jahre später
folgten Mitsubishi Shōji und Ōsaka Shōsen. Japans größte ausländische Investmentbank, die
Yokohama Specie Bank, eröffnete im Juli 1936 in Bangkok eine Niederlassung. Diese Firmen
halfen im September 1936, die Siam Japanese Chamber of Commerce and Industry (Shamu
Nihonjin Shōkō Kaigisho), eine Schirmorganisation der japanischen Händler in Bangkok, zu
gründen. 13
Während der japanische Export nach Siam in den 30er Jahren fast jährlich neue Rekorde
einfuhr, brach der siamesische Export nach Japan in dieser Zeit dramatisch weg. Die
Regierung in Tōkyō lizenzierte 1933 den Reisimport, um die einheimische und koloniale
Reisproduktion zu fördern.14
Siam ging bei der Lizenzvergabe leer aus, was verheerende
Folgen für den Gesamtexport nach Japan hatte, da allein Reis einen Anteil von 85 % aller
siamesischen Exporte nach Japan ausmachte. Aber auch die japanischen Handelshäuser in
Bangkok waren betroffen, und so nahm man Verhandlungen mit der Regierung auf, um die
Restriktionen zu entspannen, was schließlich 1935 zum Erfolg führte. Schon Mitte der 30er
Jahre
begann
das
Problem
der
ungleichen
Handelsbilanz
die
sonst
von
einer
freundschaftlichen Atmosphäre geprägten Beziehungen zu überschatten. Um den Eindruck
eines einseitigen wirtschaftlichen Interesses zu beseitigen, traf sich 1936 eine japanische
Handelsdelegation u. a. mit Innenminister Pridi Phanomyong in Bangkok, um über diese und
weitere Probleme zu verhandeln. Das Hauptargument der japanischen Seite war, dass Siam
nur ein wichtiges und für Japan problematisches Exportgut zu bieten hatte, nämlich Reis. Die
siamesische Seite beklagte wiederum, dass eine Beschränkung auch für gebrochenen Reis in
keinem Zusammenhang mit der japanischen Reisproduktion stünde, da dieser vorwiegend für
die Herstellung von billigem Sake benutzt wurde.15
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Importe Thailands aus Japan und England 1929-1941 (in 1000 Baht) 16
Jahr
Gesamtimport
Thailand
Import aus
Japan
1929/30
206.713
16.649
1930/31
155.009
1931/32
Anteil
in %
Import aus GB
Anteil
in %
8,1
34.077
16,5
17.386
11,2
25.065
16,2
99.909
8.440
8,4
14.389
14,4
1932/33
89.497
12.851
14,4
13.788
15,4
1933/34
92.963
17.886
19,2
12.385
13,3
1934/35
101.727
25.726
25,3
12.972
12,6
1935/36
108.754
31.667
29,1
14.186
13,0
1936/37
110.044
31.098
28,3
12.793
11,6
1937/38
111.824
24.055
21,5
15.441
13,8
1938/39
129.631
20.239
15,6
17.798
13,7
1939/40
194.604
18.728
9,6
79.465
40,8
1940
124.249
20.874
16,8
11.263
9,1
1941
168.839
53.781
31,8
11.076
6,6
Die ersten erfolgreichen japanischen Investitionen in Thailand kamen auf Grund der ungleich
starken Wirtschaft und des sich vergrößernden Handelsbilanzdefizits zugunsten Japans
zustande. Sie dokumentieren den Beginn eines langen Problems, das sich bis in die heutige Zeit
fortsetzt. Da das Angebot an Exportgütern nach Japan trotz vorhandenen reichen Potentials
noch sehr einseitig war, erkannte Japan, welche Chance für die eigene Wirtschaft in der
Entwicklung der Rohstofferschließung lag. Über das erforderliche Know How und Kapital
verfügte Japan. Der siamesischen Industrie würde so auf die Beine geholfen und die
Investitionen Japans, die zu der Zeit als nicht vorhanden bezeichnet werden können, erhöht.
Verglichen mit anderen japanischen Investitionen in Südostasien, bereits 1905 gab es
japanische Plantagen in Ostindien, Malaysia und Borneo, kam Siam relativ spät an die Reihe.
Die ersten Bemühungen, hier außerhalb des Handelssektors zu investieren, begannen 1908, als
sich Ebata Yakichi nördlich von Bangkok auf einer Fläche von 48 ha im Reisanbau versuchte.
Er scheiterte u. a. an den klimatischen Bedingungen und den schwankenden Reispreisen. Das
nächste Unternehmen startete Shimada Sōjirō, der mit zwei chinesischen Partnern erfolglos
ein Kautschukgeschäft betrieb.17
Durch finanzielle Unterstützung der Regierung und der
japanischen Zuckerindustrie wurde 1936 eine Zuckerfabrik errichtet. Aber auch dieses Projekt
scheiterte u. a. aus Gründen mangelnden Interesses siamesischer Investoren. Erst 1937
konnten sich zwei japanische Unternehmen durchsetzen. Nanyō Kigyō K.K. (Southern Seas
Enterprises Ltd.)
investierte 2 Mio. Yen in die Entwicklung des Kautschukanbaus in
Südthailand. Taiwan Menka (Taiwan Cotton) startete ein Baumwollanbauprojekt. Es folgten
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Tōyō Shōkō und Mitsubishi Kōgyō (Mitsubishi Bergbau), die 1938 Abbaurechte für
zinnhaltigen Sand im Süden des Landes erwarben. So gab es 1940 neben den Handelsfirmen
erst
vier
japanische
Unternehmen, die
vor
Ort
präsent
waren.
Gegenüber
dem
Festland-Südostasien gingen 1938 etwa 99 % aller japanischen Investitionen in die Inselwelt
der Region. Ein Grund war das traditionelle Produkt, das Siam als Export zu bieten hatte, Reis.
Auch durch den Machtwechsel 1933, der Phahon und Phibun an die Macht brachte, und die in
den folgenden Jahren eine deutlich japanfreundlichere Politik betrieben, änderte sich zunächst
nichts an der Zurückhaltung japanischer Investoren.
Mit den Investitionen von Mitsubishi Kōgyō (Mitsubishi Zaibatsu) und Tōyō Shōkō (Mitsui
Zaibatsu) waren zwei Unternehmen der größten japanischen Konzerne vertreten. Die beiden
Pionierunternehmen in Siam, Nanyō Kigyō und Taiwan Menka waren aber sogenannte
National Policy Companies (kokusaku kaisha).
Diese halboffiziellen, regierungsnahen
Unternehmen sollten in dieser Region die Durchführung der japanischen Wirtschaftspolitik,
einer Politik der Expansion und des industriellen Aufschwungs Japans, gewährleisten.
Während private Investoren scheiterten, verfügte erst diese Art von Unternehmen über die
nötige Ausdauer, um eine erfolgreiche Ansammlung von Investitionskapital in Siam zu
ermöglichen. Das Einschalten der National Policy Companies signalisierte, dass Japans
Regierung nun deutliches Interesse an einer schnelleren Erschließung der Ressourcen in Siam
hatte. Dieses Interesse stieg mit dem wachsenden Einfluss des Militärs auf japanische
Regierungsentscheidungen. Die Tatsache, dass sich England zunehmend als möglicher Feind
Japans darstellte, beschwor den kommenden Angriff auf Singapur, der bereits 1938 ins Auge
gefasst wurde. Der Ausbau der Industrie in Siam durch verstärkte japanische Hilfe war
vorgezeichnet.
Japans Investitionen in SOA 1938 (in Mio. ¥) 18
Holzeinschlag
Meeresprodukte
237
-
-
434
500
Indochina
-
-
-
903
-
Philippinen
1.330
12.237
-
7.419
67.000
87.986
Ost-Indien
2.543
-
3.542
8.838
27.373
42.296
Malaysien:
No. Borneo
Sarawak
42.785
6.894
2.614
3.317
43.409
100.019
Gesamt
46.895
1.9131
6.156
20.911
139.282
232.375
Land
Siam
Bergbau
㧙㧙
Handel
Landwirtschaft
Gesamt
1.171
903
Thailands Exportausweitung und die Kredite an Japan
Der Kriegsausbruch in China und der Boykott Chinas berührten auch den Handel Japans mit
Siam, da chinesische Händler in Siam ca. 90 % des Binnenhandels kontrollierten.19
Der
chinesische Marktanteil stieg auf Kosten des japanischen und konnte erst durch den
Kriegsausbruch in Europa abgefangen werden. Während Japans Exporte aus Europa ebenfalls
Einbußen einstecken mussten, zeigte sich der von keiner Kolonialmacht abhängige Markt
Thailand trotz des halbherzigen chinesischen Boykotts offen.
Der Krieg in China einerseits, mehr aber noch die Exportbeschränkungen der USA, Englands
und Holländisch-Ostindiens an Japan, die zwischen Juli 1940 und Juli 1941 ständig stärker
wurden, erhöhten den Bedarf an Gummi, Reis, Leder, Eisen, Zinn usw., so dass die beiden
japanischen Reedereien OSK und Mitsui Bussan thailändische, norwegische und andere
Schifffahrtslinien anmieten mussten, um die enormen Exportmengen aus Thailand
abtransportieren zu können. Der japanische Reisankauf, der hauptsächlich für die besetzten
Gebiete in China bestimmt war, nahm ständig zu. Ebenso wuchs der japanische Direkteinkauf
an Zinn im Jahr 1941 auf 4.000 t an. Obwohl die japanische Regierung die gesamte
Zinnerzförderung von 1941 kaufen wollte und damit keinen Erfolg hatte, da England den
Zinnmarkt in Thailand kontrollierte, konnte sie sich doch 19 % sichern. Auch die
Gummiproduktion sollte vollständig gekauft werden, nachdem der Einkauf von geringen
Mengen in den 30er Jahren auf 3.600t im Jahr 1940 gestiegen war. Wohl unter englischem und
amerikanischem Druck lehnte die thailändische Regierung ab. Japan konnte aber doch noch
auf dem offenen Markt über die Hälfte der Jahresproduktion erwerben.20
Der Export
Thailands betrug 1941 über 32 % der japanischen Gesamteinfuhr aus SOA, noch vor Indochina
mit 28 % und Ostindien mit 27 %.
Diese enormen japanischen Käufe stießen an die Grenzen dessen, was die Japaner in der Lage
waren zu bezahlen. Die Yokohama Specie Bank hatte bereits ihren Überziehungskredit von 2
Mio. Baht bei der British Bank überschritten. Man musste daher mit der Regierung in
Bangkok ein neues Zahlungsabkommen vereinbaren. Das Problem bestand in der
Abhängigkeit Japans vom Britischen Pfund. Um mit Thailand zu handeln, musste Japan
zunächst Britische Pfund erwerben, mit denen dann Baht gekauft werden konnte. Der Tausch
von Yen gegen Baht war für Thailand nicht annehmbar, da Yen nur in Japan und deren
Kolonien akzeptiert waren. Die japanische Minimalforderung war die Möglichkeit einer
Yenreserve neben dem Pfund für Bahtkäufe. Trotz der japanfreundlichen Stimmung in
Regierungskreisen, stand der tief verwurzelte Einfluss Englands auf Handel und Zahlung den
Bemühungen der Yokohama Bank im Weg. Japan wartete auf ein deutliches Signal aus
Bangkok.
1941 verschärften sich die Wirtschaftssanktionen der USA und England gegen Japan, und die
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Gefahr eines Einfrierens der ausländischen Devisenreserven Japans stand unmittelbar bevor.
Mit dem Einmarsch japanischer Truppen in Indochina Mitte Juli 1941 traten diese
Befürchtungen ein. Daraufhin bemühte sich der japanische Gesandte Futami Yasusato, bei
Thaipremierminister Phibun Songkhram einen Kredit zu erwirken und brachte ihn damit vor
eine schwierige Wahl. Sollte Thailand den Japanern helfen, könnte es zu Problemen in den
Beziehungen mit den Westmächten kommen, andererseits würde eine Verweigerung von Japan
als Zeichen gewertet werden, das noch immer neutrale Thailand als Verbündeten der
Westmächte zu betrachten. Am 31. Juli erhielt Japan einen Kredit über 10 Mio. Baht zu 5 %
jährlichen Zinsen. Die ursprüngliche Forderung eines in gleicher Währung rückzahlbaren
Yenkredits wurde von thailändischer Seite, die auf der Rückzahlung in Goldbarren bestanden
hatte, abgelehnt. Da Japan seinerzeit aber schon mit 14.5 Mio. Baht verschuldet war, muss
angenommen werden, dass die Yokohama Specie Bank ursprünglich einen größeren Kredit
verlangte. Mitte August wurde dann auch ein weiterer Kredit über 50 Mio. Baht beantragt, der
mit einer Hinterlegung in Gold in einer Bank in Japan abgesichert werden sollte. Man einigte
sich auf einen Kredit über 25 Mio. Baht, fällig an Thailand am 31. Dezember 1941. Das Gold
wurde als Besitz des National Banking Bureau of Thailand in der Bank of Japan ohne
anfallende Gebühren für Thailand verwahrt. Bei Bedarf in Thailand sollte die Yokohama
Specie Bank dieses Gold gesamt oder in Teilen in Japan anfordern und nach Thailand
transportieren. Das Misstrauen Thailands saß tief und war nicht ganz unbegründet. Bei
Kriegsausbruch am 8. Dezember, drei Wochen vor Ablauf der Zahlungsfälligkeit, hatten erst 13
Mio. Baht in Gold Thailand erreicht, und weitere Kredite in Gesamthöhe von 65 Mio. Baht
liefen.
Die Verhandlungen um die Zahlungsmodalitäten spiegeln den japanischen Anspruch dieser
Zeit wider. Auf japanischer Seite war man irritiert, dass Thailand auf der Lieferung der
Goldbestände beharrte und so entgegen allen Bekundungen für Japan offen der Bank of Japan
als Verwahrungsort misstraute. Die thailändischen Goldreserven, die in englischen und
amerikanischen Banken lagerten, wurden hingegen nicht diskutiert. Man kann es als kleinen
Erfolg Thailands werten, dass Japan auf eine Bezahlung in Gold einging, obwohl eigentlich
eine Verrechnung Baht gegen Yen angestrebt war. Japan musste aber mit Blick auf das
kommende Bündnis die thailändische Kooperation suchen. Unabhängig von früheren Krediten
kam es im Juni 1943 zu einer Vereinbarung über ein spezielles Yenkonto. Japan nahm immer
größere Kredite auf, bis September 1945, als die Thairegierung alle Verträge mit Japan aufhob,
belief sich die Schuld auf über 1 Mrd. Baht.21
Die politischen Beziehungen vor dem japanisch-thailändischen Bündnis
Der Sieg im Japanisch-Russischen Krieg 1905 festigte die Vormachtsstellung Japans in
㧙㧙
Ostasien und hatte noch über dreißig Jahre später in der Japan-Bewunderung Phibuns
prägende Bedeutung. Nach der Annexion von Korea im Jahr 1910 bemühte sich Japan, auch
China seinen Willen aufzuzwingen. Trotz Japans Teilnahme an der Konferenz von Washington
1921, die sich um eine Sicherung des Status quo im Pazifik bemühte, wurde die Politik der
“offenen Tür in China” nicht aufgegeben.22 Die internationalen und wirtschaftlichen Erfolge
hatten Japan zu schnell ereilt, als dass es von diesem Kurs abweichen konnte. Während man
sich in Europa nicht zuletzt wegen des Ersten Weltkrieges auf eine Abkehr vom Imperialismus
verständigte, fand diese neue Stimmung im gerade erst groß gewordenen Japan, das von
Kampfhandlungen und Kriegsschäden verschont worden war, kaum Verständnis. Wegen
innenpolitischer Probleme, die mit der Bildung von Parteien und Gewerkschaften einhergingen,
konnte die Regierung aber kaum eine starke außenpolitische Position vertreten. So kam es
dann schließlich 1930 zu der in Japan sehr umstrittenen Unterzeichnung des Londoner
Flottenabkommens, das eine starke Begrenzung der japanischen Marine festschrieb. Die
Ratifizierung dieses Abkommens bedeutete den Höhepunkt in Japans Zusammenarbeit mit
dem Westen. Mit dem Mandschurei-Zwischenfall 1931 stellte Japan die Weichen der
zukünftigen Politik.
Innenpolitisch gab es schon längere Zeit Bestrebungen, die Shōwa-Restauration - eine
Revolution von oben mit dem Ziel einer Art Kaisersozialismus - mit Gewalt zu erzwingen.
Durch den coup d'état im Mai 1932 versuchte eine Gruppe junger Militärs diese durch Terror
durchzusetzen, scheiterte jedoch.23
Im folgenden Jahr gab die Regierung die sogenannte
Amau-Erklärung ab, die besagte, dass Japan sich für die Durchsetzung des Friedens im
pazifischen Raum Ostasiens verantwortlich fühlt. Der Erfolg in der Mandschurei und das
Stillhalten der Westmächte verstärkte innenpolitisch den militärischen und nationalen Druck,
der sich schließlich in dem Putschversuch vom 26. 02. 1936 entlud, dem letzten Versuch, die
Shōwa-Restauration mit Gewalt zum Erfolg zu führen. Auch mit der Wahl des Prinzen Konoe
Fumimaro zum Premierminister im darauffolgenden Jahr konnte der ständig schwelende
Konflikt zwischen Parteien und Militär nicht dauerhaft beruhigt werden. Im Juli kam es dann
zum offenen Konflikt an der Marco-Polo-Brücke, in dessen Folge der unerklärte Krieg mit
China ausbrach.24
Auch in Siam drängte eine neue Elite an die Macht. Am 24. Juni 1932, wurde durch den coup
d'état, an dem sich sowohl Jungtürken als auch Mitglieder der von Pridi Phanomyom 1930
gegründeten Volkspartei beteiligten, die absolute Monarchie der Chakri-Dynastie abgelöst. Im
Jahr darauf probte Prinz Boworadet einen Gegenputsch, der aber u. a. von Phibun Songkram
niedergeschlagen wurde. Bereits während dieser innenpolitisch unruhigen Zeit in Siam, suchte
man den politischen Kontakt mit Japan. So führte Phibun Songkram, der in Fontainebleau
studiert hatte und nun die Artillerie befehligte, im Vorfeld des Putsches Geheimgespräche mit
dem japanischen Botschafter.25 Siam bekannte sich seinerzeit auch schon öffentlich zu Japan.
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Als der Einfall Japans in die Mandschurei von 1931 zwei Jahre später im Völkerrat von allen
Mitgliedern verurteilt wurde, war Siam das einzige Land, das sich seiner Stimme enthielt.26
Nachdem Phibun im Jahr 1934 Verteidigungsminister geworden war, begann er mit einer
massiven Aufrüstung. Bis zum Ende der 30er Jahre entstand so die zweitgrößte Marine und
Luftwaffe der Region. Die Einheit von Militär und demokratischen Kreisen um Pridi verlor sich
schnell in dem stärker werdenden Nationalismus. Ab 1936 trat Phibun offen für den
Irredentismus ein, gleichzeitig wurden die intellektuellen Bestrebungen, eine thailändische
Identität zu definieren, stärker. Der Minister für Schöne Künste, Luang Vichit Vathakhan,
verfasste z. B. neben patriotischen Opern schon sehr früh Artikel, welche die Bedeutung des
bushidō für die Stärke der japanischen Nation hervorhoben und eine ebenso starke
Verwurzelung nationaler Tugenden für die eigene Nation forderten.27 Ausländerfeindlichkeit
gegen die wirtschaftlich starken ethnischen Chinesen und die vietnamesischen Flüchtlinge im
Norden des Landes heizte den Nationalismus weiter an. In einer Rede vor Studenten griff
Vichit mit dem Vergleich der Chinesen als Juden des Orients ein aus der Zeit der absoluten
Monarchie von König Vajirawud geprägtes Bild auf und fügte es nahtlos in seine
nationalistische Ideologie.28 Phibun Songkhram trat im Dezember 1938 die Regierung an. Er
nahm den Gedanken einer diktatorischen Regierung mit seiner Person als Landesvater, wie
einst König Rama V., wieder auf und regierte durch Dekrete, die u. a. genaue Verhaltensregeln
für das alltägliche Leben festlegten.29 Neben der traditionellen Orientierung an europäischen
Gewohnheiten wurde Japan zunehmend zum Vorbild für den eigenen Nationalismus.
Schon vor seinem Regierungsantritt 1938 machte Phibun Songkhram, der mit seiner
Pan-Thai-Doktrin die Vision von einem Großreich für alle Thaivölker verfolgte, die
Wiedergewinnung dieser Gebiete zum Thema seiner Politik. Mit der Umbenennung Siams in
Thailand im Jahr 1939 suggerierte er ein Gebiet, das von Assam über Südchina bis nach
Nordvietnam reichte.30 Der Proklamation folgte nun die Umsetzung dieser Idee. Ziel dieser
Politik waren zunächst die Gebiete in Laos und Kambodscha (Sayaburi, Champasak, Siemreap,
Battambang), die Siam zwischen 1867 und 1907, als Frankreichs Macht in Indochina ihren
Höhepunkt erreicht hatte, vertraglich an diese Kolonialmacht abtreten musste.31 Seit der
Festlegung der Grenzen durch die Kolonialmächte im letzten Jahrhundert kam es immer
wieder zu Auseinandersetzungen. Siam bestand auf der Thalweg-Lösung, da es die natürliche
Grenze bildete.32 Diplomatische Verhandlungen mit Paris wurden durch den Einmarsch der
Deutschen in Frankreich gestört. Noch am 12. Juni 1940, zwei Tage vor der Besetzung
Frankreichs durch die Deutschen, unterzeichnete Thailand einen Nichtangriffspakt mit
Frankreich, der aber nicht mehr ratifiziert wurde. Nachdem Paris gefallen war, die Japaner in
Französich-Indochina gelandet waren, die Handelsverbindung nach China kontrollierten und
Verhandlungen mit der Vichy-Regierung aufnahmen, war für Phibun die Zeit gekommen, zu
handeln. Die Gebiete von Laos und Kambodscha wurden von Thaitruppen besetzt, was einem
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Angriff auf Frankreich gleichkam. In Verhandlungen mit den Westmächten und Japan sollten
diese Eroberungen vertraglich bestätigt werden. In einer Geheimabsprache machte Phibun den
Japanern deutlich, dass er, wenn sie seine Eroberung akzeptierten, nichts gegen eine Passage
japanischer Truppen hätte.33 Durch das Abkommen von Tōkyō am 9. Mai 1941 wurde der
Friedensvertrag zwischen Thailand und Frankreich geschlossen.34 Japans Vermittlerrolle in
dieser wichtigen Frage hob das Image in Thailand.35 Da die westlichen Großmächte den
japanischen Aggressionen im ostasiatischen Raum nicht mehr tatenlos zusehen konnten,
verhängten sie im Sommer 1941 über Japan ein totales Embargo, das zwangsläufig in den
Krieg mit den USA und England mündete. Da die Ausweitung des Krieges in China die
japanische Wirtschaft schon bis an die Grenze belastete, stand neben der strategischen
Bedeutung Thailands nun auch die wirtschaftliche Notwendigkeit für Japan im Vordergrund,
mit Thailand ein Bündnis einzugehen.
Das Bündnis von 1941
Im Verlauf des Jahres 1941 wurde aus Tōkyō der Druck auf Phibun stärker, das
Durchmarschrecht für japanische Truppen zu genehmigen. Aus zwei Gründen war dieses
Bündnis kriegswichtig. Der Plan einer Ausdehnung auf dem südostasiatischen Festland,
Singapur einzunehmen und Burma anzugreifen, erforderte die passive Hilfe Thailands.
Andererseits konnte Japan durch ein Bündnis auch die eigenen, durch Krieg und Embargo
entstandenen wirtschaftlichen Belastungen auf Thailands Wirtschaft verlagern. Obwohl
Phibun den Japanern freundlich gesonnen war und durch die Geheimabsprache von 1940
nichts gegen ein Bündnis hatte, hielt er sich bis zuletzt noch eine andere Option offen. Während
er alle Gespräche mit Japan direkt und vertraulich führte, ließ er durch seinen Außenminister,
Direk Jayanama, ebensolche Kontakte zu den Alliierten unterhalten. Das Außenministerium
galt den Japanern daher nicht zu Unrecht als suspekt und alliiertenfreundlich. Die öffentliche
Haltung Thailands betonte auch nach dem Einfrieren der japanischen Devisenreserven im
Ausland den strikten Willen zur Neutralität. Noch im Herbst 1941 gab es öffentliche
Kampagnen und Radioansprachen, die Thailands Neutralität und den Willen der Nation
bekräftigten, dem Feind zu widerstehen.36 Den Alliierten waren die wachsende wirtschaftliche
Verflechtung und die immer größeren Kredite an Japan nicht verborgen geblieben, und so
verhielten sie sich trotz Neutralitätsbeteuerungen skeptisch und abwartend. Japan, durch die
wirtschaftlichen Sanktionen in die Enge getrieben, machte Phibun durch seinen Botschafter
Tsubogami Teiji und dem Militärattaché Tamura deutlich, dass es auf die Hilfe Thailands
angewiesen sei. Bestärkt durch die Anfangserfolge der Japaner und geschmeichelt, dass die
Großmacht Japan die Kooperation Thailands braucht, vergrößerte sich Phibuns Sympathie für
diesen asiatischen Nachbarn mit seinen kriegerischen Traditionen. In seiner Vorstellung
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gehörten beide Nationen auf natürliche Weise zusammen. Durch geheime Gespräche mit
Phibun bemühte sich Tamura, dessen Bedenken zu zerstreuen, Thailand könne nach einem
Bündnis ein zweites Manchukuo werden. Wirtschaftliche Hilfe im Falle eines Einfrierens der
thailändischen Devisenreserven durch England und die Wiedereingliederung der Gebiete in
Burma und Malaysia wurden zugesichert. Trotz der freundschaftlichen Beziehungen konnte
Phibun die Japaner nicht einfach offiziell einladen, ohne sich mit den Westmächten
Schwierigkeiten einzuhandeln bzw. sich von der eigenen Öffentlichkeit zu isolieren. Auch
durfte Thailand nicht durch zu starken Druck der Japaner das Gesicht verlieren. In einer
Kabinettssitzung erklärte Phibun zunächst, dass in einem Kriegsfall zwischen Japan und
England ein Bündnis mit Japan für die Nation die bessere Wahl sei, woraufhin es fast zu
tätlichen Auseinandersetzungen zwischen der Pro-Japan-Fraktion und der Opposition im
Kabinett kam. Am 1. Dezember, dem Tag der Kaiserlichen Konferenz in Tōkyō, auf welcher die
Kriegserklärung beschlossen wurde, traf Generalkonsul Asada mit einem Geheimdokument,
das die Botschaft in Bangkok über den Tag X für den Angriff informierte, in Thailand ein.
Tsubogami und Tamura ersannen daraufhin den Plan, eine kurzfristige Invasion Thailands
zeitlich mit dem Überfall auf Pearl Harbour zu verbinden.37 Daher stellte der Botschafter
Tsubogami dem thailändischen Außenminister in der Nacht vom 7. zum 8. Dezember ein
Ultimatum für den ungehinderten Durchzug der japanischen Truppen - eine einmalige
Handlung Japans vor einem Angriff. Am Morgen des 8. Dezember drangen fünfzehn japanische
Divisionen, gefolgt von fünfhundert Bombern, in das Territorium Thailands ein, wo sie sich
kleinere Gefechte mit Armee- und Polizeiverbänden lieferten.38 Phibun, der unter
fadenscheiniger Begründung gerade in diesen kritischen Stunden nicht auffindbar war, tauchte
erst am Morgen des 8. Dezember im Kabinett auf. Im Verlauf der Sitzung einigte man sich auf
einen ersten Geheimvertrag, der in der japanischen Botschaft geschlossen wurde und erteilte
den Befehl zum Waffenstillstand. Obwohl Phibun noch zwei Tage vor der Invasion die
Zusicherung von Churchill erhielt, dass ein Angriff japanischer Truppen auf Thailand einer
Kriegserklärung an England gleichkommt und ihn noch am Morgen ein weiteres Telegramm
mit der Zusage vollster Unterstützung durch britische Truppen erreichte, hatte er längst
entschieden.39
Seine Radioansprache, in der er sich bestürzt gab über die Invasion
japanischer Truppen, war daher nur eine Ehrenrettung vor der Öffentlichkeit. Zwei Tage
später rief Phibun im Kabinett den Notstand aus und am 11. Dezember wurde die Allianz mit
Japan unterschrieben. In seiner Radioansprache einen Tag später schwenkte er ganz auf die
Seite Japans um, indem er sich von der ehemaligen befreundeten Macht England
verabschiedete und zu einem Kampf “Schulter an Schulter mit den Japanern” um die
Befreiung Birmas gegen die britische Kolonialmacht aufrief. Unter großem zeremoniellem
Aufwand wurde am 21. Dezember 1941 die Verbrüderung mit den japanischen Truppen im Wat
Phra Kaeo, dem Zentralheiligtum Thailands, durch ein heiliges Dokument besiegelt.40
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Phibun gab sich in der gesamten Zeit seiner Kooperation der Illusion hin, die Allianz mit Japan
würde, neben der Rückgabe der ehemaligen Gebiete, auch die Größe und Stärke der neuen
thailändischen Nation neben den Japanern festigen. Er glaubte, dass Japan einen solchen
Bündnispartner duldete bzw. nach erfolgreicher Beendigung der kriegerischen Handlungen
weiter benötigte. Dem äußeren Anschein nach lief zunächst alles sehr gut. Die Gründung des
Ministeriums
für
Groß-Ostasien
im
Oktober
1942
und
Proklamation
der
Großostasiatischen-Wohlstandssphäre, dai tōa kyōeiken, bestätigte offenbar seine Ahnung.
Auch Japan bemühte sich, nicht nur als militärischer Eindringling zu erscheinen. So wurde am
28. Oktober 1942 ein Kulturabkommen geschlossen und ein japanisches Kulturinstitut,
Nippon-Bunka-Kaikan, gegründet. Durch diesen Schritt sollte die japanische Kultur in
Thailand breiter bekannt gemacht werden.41
In diesem Zusammenhang entsandte Japan
sogar buddhistische Mönche nach Thailand - eine absurde Idee, da Thailand dem
Theravada-Buddhismus anhängt.42 Hier wird laut Direk Jayanama die wahre Absicht Japans
deutlich, nämlich die soziale und religiöse Unterwanderung der Kulturen aller asiatischen
Länder. Da Thailand nie Kolonie war, benötigte es keine japanische Hilfe bei der Befreiung von
kolonialen Resten.43 Es muss aber als entlastendes Argument erwähnt werden, dass Japan
sich während der gesamten Zeit der militärischen Präsenz in Thailand an die getroffene
Vereinbarung, die Wahrung der Souveränität, hielt. Es gab keine Kontrolle Japans über die
Armee oder Administration. Die japanischen Truppen hatten den Status einer Gastarmee stets
eingehalten. Dafür gab es verschiedene taktische Gründe. Einerseits waren die japanischen
Truppen in den anderen Kampfgebieten genügend beansprucht, andererseits bekamen sie
alles, was sie zur weiteren Kriegsführung benötigten. Die Respektierung des Vertrages hatte,
neben der Aufrechterhaltung der Ehre, auch eine große propagandistische Wirkung. Japan
konnte so eine Weile das vom Westen gezeichnete Bild einer wild gewordenen asiatischen
Großmacht ad absurdum führen.
Als japanische Truppen begannen, von thailändischem Gebiet aus britische Stellungen in
Burma anzugreifen und den Überfall auf Singapur vorzubereiten, wurde auch Bangkok durch
britische
Flugzeuge
bombardiert.
Phibun
sah
nun
die
Stunde
gekommen,
seine
irredentistischen Ideen in die Tat umzusetzen. Am 25. Januar 1942 erklärte er den Krieg gegen
England und die USA. Die spätere Darstellung, dass der japanische Druck und auch Phibuns
Übereifer, ausgelöst durch die enormen Anfangserfolge der japanischen Marine, zu dieser
Kriegserklärung geführt hätten, lässt sich nicht halten.44
Auch die Tatsache, dass der
Botschafter Tsubogami Phibun zu dem Kriegseintritt gratulierte, ist kein hinreichender Beweis
für ein Einvernehmen in dieser Entscheidung. Japan hatte nicht nur keinen Druck ausgeübt,
sondern sogar darum gebeten, dass Thailand keine Kriegserklärung abgeben möchte - ein
einmaliger Vorgang, der sogar Goebbels eine Notiz wert war.45 Phibun hatte sich demnach
gegen den Willen der Japaner für seine eigenen Ziele entschieden. Mit der Kriegserklärung
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konnten die Alliierten nun direkt gegen Thailand vorgehen, und mit der Ruhe für die
japanischen Truppen war es vorbei.46 Trotzdem standen die Japaner zu dieser Entscheidung
und genehmigten 1943 die Ausweitung Thailands auf die bereits besetzten Gebiete in Birma
und Malaysia.
Ohne den persönlichen Einsatz und die politisch prägende Figur Phibun Songkhram wäre das
Bündnis mit Japan wohl kaum in der Form zustande gekommen. Der Nationalismus in
Thailand und die Hoffnung, unter dem Schutz einer starken asiatischen Großmacht ein lokales
Großreich zu bilden, mag die Politik von Phibun in den kritischen Wochen Ende 1941 gelenkt
haben. Durch den Besuch von Premier General Tōjō Hideki im Juli 1943 in Bangkok sah sich
Phibun zunächst noch bestärkt, dass der thailändischen Nation eine führende Rolle in SOA
zukommt. Die Möglichkeit, dass Japan aber nur den Platz Englands, als kolonialer Monopolist
in SOA, einnehmen wollte, war ihm zu diesem Zeitpunkt offenbar verborgen geblieben. Da
Thailand das eigene Schicksal mit dem der Japaner verbunden hatte, suchte man nach einem
Ausweg, als sich die Niederlage der Achsenmächte immer deutlicher abzeichnete. Man hoffte,
wie in Italien 1943, durch ein Abkommen mit den Alliierten aus der schwierigen Lage
herauszukommen. Innerhalb der 1942 gegründeten Bewegung „Freies Thailand“ unter
Mitbeteiligung des demokratischen Prinzregenten Pridi Phanomyong gab es verschiedene
Überlegungen. Sie reichten von der Gründung einer Exilregierung bis hin zur Bereitschaft
einzelner Mitglieder, in den Reihen der britischen Armee für eine Befreiung zu kämpfen. Über
zahlreiche Mitglieder, vor allem in den USA, hielt die Bewegung ständig Verbindung mit den
Alliierten.47 Ein passendes Konzept konnte jedoch nicht gefunden werden. In ihren
Befreiungsbestrebungen richtete sich die Opposition jedoch immer nur gegen das
japanfreundliche Programm Phibuns. Seine Person aber wurde nie in Frage gestellt.
Mit dem Fall des Tōjō-Kabinetts, dem man den ungünstigen Kriegsverlauf und die Niederlagen
an den verschiedensten Kriegsabschnitten anlastete, schien die Wende gekommen. Auf der
Versammlung der ehemaligen Ministerpräsidenten, jushin, wurde auch unter Mithilfe des
Tennō Hirohito beschlossen, dass Tōjō nicht mehr tragbar sei, worauf dieser den Kaiser am 18.
Juli 1944 um seinen Rücktritt bat. Da man sich in den Verträgen mit Japan immer das Recht
einer Regierungsumbildung vorbehalten hatte, war dieser Zeitpunkt auch für einen Wechsel in
Thailand günstig. Unter fadenscheiniger Begründung reichte Phibun am 22. Juli seine
Demission ein. Am 2. August bildete der neue Ministerpräsident Khuang Aphaiwong, der den
Wünschen und dem Druck der Japaner geschickt auszuweichen verstand, ein neues Kabinett,
das bis zum 31. August 1945 die Regierung führte.
Auch ohne sich aus dem Bündnis zu lösen und so offen für die Alliierten Stellung zu beziehen,
hatte sich Thailand durch den Rückzug Phibuns aus der aktiven Politik zu diesem kritischen
Zeitpunkt geschickt aus der Affäre gezogen. Der Wechsel des Premierministers hatte zwar
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nicht offiziell einen Kurswechsel zur Folge, aber mit der Unterstützung für die japanischen
Truppen war es auch ohne offiziellen Beschluss vorbei. Nach der vollständigen japanischen
Regierungsübernahme in Französisch-Indochina im März 1945 fürchtete man in Thailand
dasselbe Schicksal. Aber noch am 24. Mai erklärte der japanische Botschafter in einer
Nachricht an Tōkyō, dass man bis zuletzt die Souveränität Thailands achten werde. Auch der
Außenminister Tōgō Shigenori wies noch Mitte Juli die Botschaft an, dass die Entscheidung
des Truppeneinsatzes gegen Thailand in Tōkyō gefällt wird. Im Gegensatz zu Indochina hatte
man es in Thailand nicht nur mit ein paar Franzosen zu tun. Es wurde später auch von
thailändischer Seite dem umsichtigen Handeln von Nakamura Aketo, dem Chef der
japanischen Truppen in Bangkok, zugeschrieben, dass es bis zum letzten Tag japanischer
Militärpräsenz in Thailand zu keiner bewaffneten Eskalation kam.48 Die Atombombenabwürfe
auf Hiroshima und Nagasaki und der Eintritt der Sowjetunion in den Krieg mit Japan ließen
letztlich keine Wahl. Am 10. August erfuhr Nakamura, dass Tōkyō in die Potsdamer Erklärung
eingewilligt und die Kapitulation beschlossen hatte. Am 14. August 1945 erklärte Tennō
Hirohito in einer Radioansprache die Kapitulation Japans und forderte seine Volk auf, „das
Unerträgliche zu ertragen“.
Die Neuverteilung der Kräfte im Pazifik nach 1945
Neben Japan müssen auch die alten Kolonialmächte, obwohl als Alliierte im Krieg siegreich, im
Raum SOA als die großen Verlierer verstanden werden. Durch den Sieg im Pazifik übernahm
die USA nach 1945 die ehemalige Rolle Englands als Großmacht in dieser Region.
Nach der Besetzung Japans durch die Amerikaner wurde von der eigens geschaffenen
Organisation SCAP unter General McArthur mit der Umstrukturierung der japanischen
Gesellschaft begonnen. Die wichtigsten Aufgaben der SCAP bestanden in der Demilitarisierung
und Demokratisierung Japans. Dabei vermieden es die Amerikaner, die Grundstruktur der
japanischen Staatsform völlig zu zerstören. So wurde das Kaisertum nicht abgeschafft, sondern
nur modifiziert. Am 3. Mai 1947 trat eine neue Verfassung in Kraft. Im Artikel 9 sprach sich
Japan für alle Zeiten das Recht ab, Politik mit militärischen Mitteln durchzusetzen. Der
Koreakrieg und das Heraufziehen des Kalten Krieges beschleunigten die internationale
Eingliederung Japans. Am 8. September 1951 unterzeichnete Japan in San Francisco den
Friedensvertrag mit 48 Nationen. Diese Unterzeichnung und der besondere Sicherheitsvertrag
mit den USA, der sich nach turbulenter Revision 1960 automatisch um zehn Jahre verlängert,
verhalf Japan wieder zu dem Status einer unabhängigen Nation. Durch den Sicherheitsvertrag
gab Japan für die nächsten Jahrzehnte seine Außenpolitik an den neuen Verbündeten ab. Die
amerikanische Besatzung endete am 28. April 1952.
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Nach dem Sieg der Kommunisten auf dem chinesischen Festland 1949 und besonders während
des Koreakrieges 1950 bis 1953 konnten die Japaner, obwohl durch Artikel 9 der Verfassung
eingeschränkt, den Amerikanern ihre neue Verbundenheit beweisen. Der Koreakrieg, laut
Yoshida Shigeru ein "gift of the gods", brachte für Japan den Beginn der Rückkehr zu
wirtschaftlicher Stärke. Bis zu seinem Ende unterstützte Japan die Truppen der USA und der
UN mit Leistungen im Wert zwischen 930 Mio. US$ und 2 Mrd. US$. Die japanische
Autoindustrie kam neben Lizenzbauten aus dem Westen auch durch Reparaturleistungen an
US-Militärfahrzeugen wieder auf die Beine. Die Wirtschaft Japans erfuhr in dieser Zeit den
Beginn eines rasanten Wandels. Zwischen 1946 und 1976 wuchs die Wirtschaft um das
Fünfundfünfzigfache. Das Nationaleinkommen verdoppelte sich von 1951 bis 1960. Die
Voraussetzungen für das Wirtschaftswunder nach dem Krieg wurden aber schon vor dem Krieg
geschaffen. So war Japan bereits 1935 der drittgrößte Schiffbauer der Welt. Der weltweit
steigende Bedarf an Öl ließ nach dem Krieg die Nachfrage nach immer größeren Tankern
wachsen. Japan besaß ebenfalls sehr gut ausgebildete Fachleute, die vom Krieg weitgehend
verschont geblieben waren. Zur Verbesserung von Produktionsprozessen und Steigerung der
Produktivität führte Toyota 1956 das Just-in-time-system, kanban, ein.
Der Erfolg hing aber auch mit der staatlichen Organisation der Wirtschaft zusammen. Im Mai
1945 wurde aus dem seit 1925 bestehenden Ministry of Commerce and Industry das Ministry of
International Trade and Industry (MITI), das u. a. für eine effiziente Verteilung der
Rohstofflieferungen aus den USA sorgte. Ebenfalls staatlich abgesichert zeichneten sogenannte
overloans für gezieltes Wirtschaftswachstum verantwortlich. Ausgesuchten Unternehmen
wurde ein höherer Kreditrahmen bewilligt, als sie benötigten oder absichern konnten. Zu
weiteren staatlichen Organisationen zählen das Export Council, gegründet 1954 und die
Japanese External Trade Organizaiton (JETRO). Japan wurde 1956 Mitglied in der UNO, aber
ohne Sitz im Sicherheitsrat. In den 50er Jahren trat Japan des Weiteren Organisationen wie
Food and Agriculture Organization (FAO), 1952 International Monetary Fund (IMF), 1955
General Agreement on Tariffs and Trade (GATT) bei. Das Ministry of Foreign Affairs (MoFA)
hob im ersten Blaubuch 1957 die Bedeutung der Wirtschaftsdiplomatie, keizai gaikō, und
gutnachbarlicher Beziehungen
gegenüber den asiatischen Ländern hervor.
Durch eine
exportorientierte bzw. - fördernde Politik der japanischen Regierung nach dem Prinzip
Rohstoffe gegen technische Hilfe entfernte man sich zwar von den Idealen der GATT, die enge
Verbindung Japans mit den USA halfen aber, in SOA wirtschaftlich wieder Fuß zu fassen.
Bereits zwischen 1966 und 1971 flossen von 2,432 Mrd. US$ ODA-Wirtschaftshilfe der
japanischen Regierung dreiviertel in die Region Südostasien.
Da sich mit dem Sieg der Alliierten das Kräfteverhältnis in Asien zuungunsten der alten
Kolonialmächte verschoben hatte, die Briten und Franzosen erfolglos versuchten, ihre
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Vorkriegsposition wiedereinzunehmen, bot sich die USA als unbescholtener, mächtiger
Verbündeter an. Die große Lobby der in den USA ansässigen thailändischen Mitglieder der
Bewegung “Freies Thailand”, deren Kontakte bis in das State Department reichten,
verhinderten eine Überbewertung der Kriegserklärung an die USA. England hatte hingegen
die thailändische Kriegserklärung als tiefe Demütigung empfunden, die nun nicht ungestraft
bleiben durfte. So behandelten sie Thailand als Kriegsverlierer und stellten nur unter harten
wirtschaftlichen Bedingungen einen Friedensvertrag in Aussicht, der schließlich nach zähen
Verhandlungen am 1. Januar 1946 unterzeichnet wurde. Eine wirtschaftliche Unterstützung
durch die UNRRA scheiterte trotz Fürsprache der USA am Widerstand Englands.
Auf englischen Druck wurden die projapanischen Regierungsmitglieder als Kriegsverbrecher
zunächst verurteilt. Phibun konnte jedoch durch die Fürsprache seiner Freunde in der
Regierung, u. a. auch Pridi, einer hohen Bestrafung entgehen, da man ihm bescheinigte, für die
Interessen seines Vaterlandes eingetreten zu sein. Die Regierung unter Seni Pramoj und
schließlich Pridi konnte die Demokratie nicht stabilisieren, und nach einer relativ kurzen
Haftzeit findet der 1946 entlassene Phibun ein von wirtschaftlichen Krisen gebeuteltes und
durch Intrigen gegen die Nachkriegsregierung politisch schwaches Thailand vor. Der
gewaltsame Tod des gerade aus dem Exil zurückgekehrten Königs Ananda 1946 und die eher
halbherzigen Untersuchungen der Umstände durch eine Regierungskommission erzeugten
eine Situation, die Kreise des Militärs zu einem Umsturzversuch bewegten. Nach erfolgtem
Staatsstreich löste Phibun im April 1948 Khuang Aphaiwong, der die Regierung fünf Monate
als Übergangsfigur geführt hatte, im Amt des Premierministers ab, das er ohne Unterbrechung
bis 1957 ausübte.
Das politische Kurzzeitgedächtnis Thailands ermöglichte die Rückkehr Phibuns und trotz
wirtschaftlicher Differenzen einen problemlosen Umgang mit Japan. Da man das Bündnis
seinerzeit nicht aufgelöst hatte, konnte ohne Schwierigkeit an alte Beziehungen angeknüpft
werden. So fanden 1955 gleich mehrere Begegnungen alter Kriegskameraden statt. Nachdem
Phibun ihn auf seiner Weltreise in Japan besuchte, traf Nakamura im Juni zu einem
Gegenbesuch in Bangkok ein und wurde herzlich empfangen. Bezeichnend für die
Einschätzung der Kriegsvergangenheit ist die Äußerung von Expremier Khuang, dem
Nachfolger Phibuns im Krieg und nicht gerade als projapanisch in Erinnerung, auf einem
Diner der Thai Merchant Association:
"We have fought together; now we want to trade together!"
Im September 1957 stürzte General Sarit Thanarat die Regierung Phibuns, die während der
letzten Jahre durch Machtkämpfe innerhalb der Militärs schwächer geworden war. Phibun
begab sich ins japanische Exil. Im Oktober 1958 löst Sarit seinen Freund Thanom
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Kitthikachorn im Amt als Premier ab. Ein Jahr später erlässt er eine neue Verfassung, die ihm
alle Macht überträgt. Mit dem Machtwechsel von 1957 hatte sich eine neue Militärelite
durchgesetzt. Sarit kann als erster echter Thaimilitär bezeichnet werden, da er im Gegensatz
zu der Generation Phibuns nie sein Land verlassen bzw. im Ausland studiert hatte.
Thailand konnte durch die frühzeitige Unterstützung der amerikanischen Truppen im
Koreakrieg Zuverlässigkeit beweisen und so seine internationale Stellung
stärken. Die
Lieferungen der USA, die Thailand als Bollwerk gegen die kommunistische Gefahr ausbauen
wollten, verhalfen zu einer wirtschaftlichen Entspannung. Zwischen 1951 und 1954 erhielt
Thailand amerikanische Hilfe in Höhe von jährlich 6 Mio. US$, ab 1955 ca. 30 Mio. US$. Die
verstärkte Einbindung der USA in den Indochinakonflikt erhöhte die wirtschaftliche und
sicherheitspolitische Bedeutung Thailands in der Region.
Mit der Einbindung in die sicherheitspolitischen Maßnahmen der USA gaben die einstigen
Kriegsverbündeten Japan und Thailand ihren außenpolitischen Einfluss in der Region ab.
1
Die alte Bezeichnung Siam für Thailand bezieht sich im historischen Rückblick bis auf die Umbenennung in
Thailand im Jahr 1939.
2 Crome, Peter, Der Tenno , Kiepenheuer&Wisch, S. 20.
3 Ebd., S. 66.
4 Hall, John Whiteney, Das Japanische Kaiserreich, Fischer Taschenbuch Verlag GmbH Frankfurt a. M., 1990, S.
298 ff. Japan wurde 1899 der weltgrößte Seidenlieferant und durch die Modernisierung der
Baumwollspinnereien konnte der Handel ausgebaut werden.
5 Swan, William L., Aspects of Japan`s Prewar Economic Relations with Thailand, in Chaiwat Khamchoo (ed.),
Thai-Japanese Relations in Historical Perspective, Institute of Asian Studies, Chulalongkorn University
Bangkok, Innomedia Co., Ltd Press 1988, p. 67.
6 Ebd., p. 69.
7 Ebd., p. 71.
8 Ebd., p. 72.
9 Ebd., p. 74. Zwischen 1928 und 1933 sank der Reisexport von 175 Mio. Baht auf 83 Mio. um fast die Hälfte.
10 Ebd., p. 78 ff.
11 Hall, a.a.O., S. 327.
12 Thompson, Thailand: The New Siam, wie zit. in Chaiwat, a.a.O., p. 77.
13 Ebd., pp. 79.
14 Taiwan war seit 1895 und Korea seit 1910 japanische Kolonie.
15 Chaiwat, a.a.O., p. 82. Die Bangkok Post schrieb, man solle keine japanischen Lokomotiven und Schiffe kaufen,
wenn Japan keinen Reis mehr abnimmt.
16 Sathiti phayakon, No. 14, 2471 (1928 /29) – No. 21, 2482 - (1939/40) 2487 (1944), wie zitiert
in Chaiwat, a.a.O.,
p. 76.
17 Ebd., pp. 85.
18 Nanyō Kōkai Keizai Kondankai Sankō Shiyō, dai 4ten , Shōwa 14nen 9gatsu (Southern Seas Economic
Conference Reference Data, 4th edition, September 1939), wie zitiert in Chaiwat, a.a.O., p. 89.
19 Bianco, Lucien (Hg.), Das moderne Asien, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt a. M., März 1977, S. 109.
20 Vgl., Chaiwat, a.a.O., pp. 96.
21 Direck, Jayanama, Thailand im Zweiten Weltkrieg, Horst Edmann Verlag Tübingen und Basel 1970, S. 48, vgl.
auch Chaiwat, a.a.O., p. 205.
22 Hall, a.a.O., S. 296 ff.
23 Ebd., S. 325 ff.
24 Ebd., S. 330, u. vgl. Charivat Santaputra, Thai Foreign Policy 1932 – 1946, Thai Khadi Research Institute
Thammasat University, 1985, pp. 127.
25 Vgl. Chavirat Santaputra, a.a.O., pp. 110.
26 Onodera Ryoji, Thai Japanese Relation in Historical Perspective, in: The JCIE Papers Japan and Thailand
Historical Perspective and Future Directions, 4th. Japan-Thai Symposium Bangkok June 1987, p. 37.
㧙㧙
27
Terwiel, B. J., Thai Nationalism and Identity, Popular Themes of the 30`s, in Reynolds, Craig J., National
Identity and its Defenders: Thailand 1939 – 1989, pp 135. Schon im April 1933 wurde der Artikel veröffentlicht,
was eine frühe Beziehung der künftigen Elite zu Japan dokumentiert.
28 Anek Laothamas, Business Association and the New Political Economy of Thailand, Institiute of Southeast
Asian Studies, Westview Press Singapore 1992, pp. 25, und Poole, Peter A., The Vietnamese in Thailand,
Cornell University Press London 1970, pp. 23. Seit 1909 flüchteten Vietnamesen vor den Franzosen, bis 1938
war die Zahl auf sechzigtausend angewachsen.
29 Thamsook Numnoda,Thailand and Japanese Presence 1941 – 45, Institute of Southeast Asian Studies,
Singapore October 1977 pp. 30. So galt bspw. das Tragen von Hüten, Handschuhen, der Abschiedskuss, den der
Gatte bekommen soll, bevor er zur Arbeit geht, u. ä. als Ausdruck einer zivilisierten Nation.
30 Vgl. Thamsook, a.a.O., pp. 22.
31 Charivat Santaputra, a.a.O., pp. 198.
32 Chaiwat, a.a.O., ref. 18 p. 157.
33 Swan, Wiliam L., Thai-Japanese Relation at the Start of the Pacific War: New Insight into a Controversial
Period, Journal of Southeast Asian Studies, Sept. 1987, Vol. XVIII, No. 2, p. 271. Also mehr als ein Jahr vor dem
Bündnis gab es diese später von Phibun heftig bestrittene Geheimabsprache.
34 Charivat Santaputra, a.a.O., pp. 240.
35 Direck, a.a.O., S. 39 ff.
36 Swan, a.a.O., pp. 272.
37 Ebd., pp. 277.
38 Direck, a.a.O., S. 153.
39 Swan, a.a.O., p 279 u. 284. Eine der Nachkriegslegenden war, dass Thailand wegen dieses Telegramms keine
Chance gehabt hätte. Churchill telegrafierte aber keineswegs nur “ (…) defend yourself (…)”, sondern sicherte
umfangreiche Unterstützung zu, was Phibun aber verschwieg.
40 Ebd., pp. 289.
41 Thamsook Numnoda, a.a.O., pp. 26.
42 Japanese Domination of Thailand, Diss. PhD, Mikrofilmkopie im Bestand der Bibliothek der Universität
Hamburg, Fachbereich Thaiistik, S. 43 ff.
43 Direck, a.a.O., S. 104 ff.
44 Thamsook Numnoda, a.a.O., p. 14 u. Direck a.a.O., S. 162.
Hier wird auf das Lahmlegen der amerikanischen
Pazifikflotte in Pearl Harbour, das Versenken der als unsinkbar geltenden britischen Schlachtschiffe Repulse
und Prince of Wales im Januar 1942 und die schnelle Einnahme von Penang durch die Japaner Bezug
genommen.
45 The Goebbels Diary, Hamish Hamilton London 1970. In seiner Eintragung vom 21. Januar 1942 schrieb
Goebbels, dass Japan Thailand gebeten hat, nicht in den Krieg einzutreten.
46 Swan, a.a.O., p. 290.
47 Direck, a.a.O., S. 165.
48 Chaiwat, a.a.O., E. Bruce Reynolds, General Nakamura Aketo – a khaki-clad Diplomat in Wartime Thailand, p.
162: Direck schrieb überschwenglich “(…) General Nakamura was (…) a statesman as well as a soldier. He
possessed the great foresight, and was able to prevent fighting from breaking out between the Siamese people
and Japanese troops (…)”.
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