Einige kognitions- und neurobio lo gische Aspekte von

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Karl-Heinz Eser
Einige kognitions- und neurobio­­lo­gische
Aspekte von Lernbehinderung
Karl-Heinz Eser
Zusammenfassung
Gerhardt Nissen hat bereits 1977 ein (grobes) Ursachenmodell für psychische Störungen entworfen, das auch Lernbehinderungen umfasst, und primäre biologische, sekundäre psychische
sowie tertiäre soziale Einflüsse modellhaft zusammenführt. Wesentlich neu sind heute die
zahlreichen internationalen Detailuntersuchungen und Nachweise – vorzugsweise an (jungen)
Menschen mit grenzwertiger Intelligenz oder Lernbehinderung und hier nur exemplarisch
belegt – zu kognitiven und neurobiologischen (Teil-) Prozessen samt genetischen Strukturen,
die solche Störungen hervorrufen und (auch) deren primäre somatische Natur belegen. Solche
Kenntnisse können zum Teil kurativ genutzt werden, z. B. in Form des Elektroenzephalogramm
(EEG) basierten Neurofeedback-Trainings bei Aufmerksamkeitsstörungen, die oft mit Lernerschwernissen einhergehen oder sogar (mit) ursächlich sind.
1. Einleitung
Wie das Lernen selbst, ist auch Lernbehinderung – ausgehend von „Kombinierten Störungen schulischer Fertigkeiten“ (ICD-10 F81.3), die gehäuft mit grenzwertiger Intelligenzausstattung (IQ 70±5 – 85±5, wegen Messfehler) und Merkmalen einer unreifen Persönlich199
Berufliche Rehabilitation 3/16 | Beiträge
keitsentwicklung einhergehen – ein Produkt äußerer und vor allem innerer Handlungen,
bei dem eine Reihe (multiplikativer) Faktoren in unterschiedlicher Kombination zu demselben Ergebnis führen können. Auch ohne konsentierte Ansätze einer Theorie der Lernbehinderung ist es für den pädagogischen Umgang (Ziele, Methoden) mit Betroffenen bedeutsam, individuelle, milieureaktive und pädagogische Hauptursachenkomponenten zu
unterscheiden, die an entsprechenden Stichproben gewonnen wurden.
Exkurs
Wissenschaftliche Analysen stehen in der Regel für die nomothetische (allgemeingültige) Sicht, arbeiten generalisierend, sehen von Details ab, sind an Mittelwerten orientiert,
erfassen Typisches oder Regelhaftes und münden in Klassifizierungen, Typisierungen,
Modellen oder Theorien. Als Beispiel diene der Baum als abstrahierte Kategorie, definiert
als „verholzte Pflanze, die aus einer Wurzel, einem daraus emporsteigenden, hochgewachsenen Stamm und einer belaubten Krone besteht“.
Dagegen dominiert aus idiographischer (individualtypischer) Sicht die Beachtung der
Vielfalt bzw. des „Gewimmels“ vieler Einzelfälle. Sie arbeitet individualisierend, beachtet Details des konkreten Einzelfalles, ist an der Streuung orientiert und versucht, wenn
nötig, die individuelle Einzigartigkeit mit dem Ziel ihrer Behandlung zu beschreiben. Als
Beispiel mögen konkrete Exemplare der Kategorie Baum (diese Lärche, diese Buche,
diese Eiche usw.) dienen.
„Individuelles kann nur durch den Vergleich mit der Norm sichtbar gemacht werden –
Individualität und Norm sind miteinander verbunden wie Figur und Hintergrund.“
(Meyer 2004, 75)
(Junge) Menschen mit Lernbehinderung begegnen nicht selten einem Vorurteil, das sich
mit drei Adjektiven charakterisieren lässt: „dumm – faul – frech“. Die Schwere dieser Behinderung wird – nicht nur im Einzelfall – auf diese Weise bagatellisiert, verkannt und in
ungünstigen Fällen sowohl die nötige sonderpädagogische Diagnostik gemieden als auch
Unterstützungen verhindert, die dem besonderen Förderbedarf betroffener Menschen
Rechnung tragen. Zudem besteht in unserem Sozialsystem die nicht unerhebliche Tendenz,
Fördergelder nicht so sehr für „schlecht erzogene Kinder“ zu gewähren, die dann womöglich als „dumm, faul und frech“ gelten, wohl aber für körperlich (die organische Komponente von Lernbehinderung und/oder Verhaltensstörung) Behinderte. Das lässt die Notwendigkeit erkennen, gerade den wenig bekannten primären, d.h. körperlich-hirnorganisch
begründeten Charakter von Lernbehinderung exemplarisch deutlich zu machen, denn –
plakativ formuliert – ist Lernbehinderung (auch) die Körperbehinderung des Gehirns.
Lange Jahre vor Verabschiedung der „Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit,
Behinderung und Gesundheit“ (ICF) in 2001 durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO)
arbeitete Gerhardt Nissen mit einem bio-psycho-sozialen Modell zum Verständnis psychischer
Störungen im Kindes- und Jugendalter (einschließlich Lernbehinderungen und Verhaltensstörungen), das auch den gesamten Lebenshintergrund Betroffener berücksichtigte.
200
Berufliche Rehabilitation 3/16 | Beiträge
kompensiert
Lern- und Verhaltensstörungen
verfestigt
▲
▲
positiv
◀
Umwelteinflüsse:
▶
Familie, Kindergarten, Schule …, soziogen (3)
negativ
▲
Sekundäre (Teil-) Störungen
▐
▐
▐
▼
Teilleistungsstörungen,
psychogen (2)
▲
▐
▐
▐
•
•
•
•
•
•
•
•
Wahrnehmungsstörungen
Bewegungsstörungen
Merkfähigkeitsschwäche
Aufmerksamkeitsdefizite
Stimmungsschwankungen
Motivationsstörungen
Sprachstörungen
usw.
▼
(Minimale) Hirnorganische Schädigungen
▲
▲
Biologische Grundlagen gestört,
somatogen (1)
▲
▲
Soziale Grundlagen
gestört, soziogen (3)
▲
Primäre Ursachen
= anlagebedingt
Sekundäre Ursachen
= zerebralbedingt
Tertiäre Ursachen
= milieubedingt
Genetisch kodierte,
endogene Faktoren:
erblich oder angeboren
Hirnorganische
Störungen: exogene
Hirnschäden vor, während oder nach der
Geburt
Informations- und Motivationsdefizite durch
schwere Mängel in der
(frühen) sozialen Umwelt,
z. B. Vernachlässigung
oder Fehlerziehung
→ Reifungsverzögerung bis Begabungsmangel
→ kompensierbare
bis irreparable
Hirnfunktionsschwäche
→ chronische psychische
Frustration bis neurotische Fehlentwicklung
Primäre Grundmängel an Lern- und Verhaltensmöglichkeiten
Abb. 1: Verursachung von psychischen, Lern- und Verhaltensstörungen (in Anlehnung an Nissen,
1977)
201
Berufliche Rehabilitation 3/16 | Beiträge
Die biologischen (1), psychischen (2) und sozialen (3) Komponenten der Entwicklungsdynamik in dieser Modellvorstellung (vgl. Abbildung 1), deren diagnostische Abklärung für
die Beschulung, Therapie und Prognose von großer Bedeutung ist, dienen der weiteren
gedanklichen Gliederung.
2. Zum primär-biologischen Charakter von Lernbehinderung
2.1 Genetische und chromosomal bedingte Einflüsse
„Wenn man Daten über alle Studien zusammen nimmt, machen genetische Einflüsse [auf
Intelligenzunterschiede] einen Anteil von rund 50% der Varianz aus“ (Petrill et al., 2004).
„Vererbbarkeitsschätzungen für kleine Kinder sind in der Regel niedriger (um 30%), während
Schätzungen für Erwachsene höher sind (bis zu 70–80%)“ (Deary, 2013). Allein diese unstrittigen Aussagen zu biologisch fundierten Anteilen der Intelligenz als einem der drei
wesentlichen Definitionselemente von Lernbehinderung verweisen auf die Notwendigkeit
der näheren Betrachtung dieses Ursachenpfades.
Erbgenetisch bedingte Lernbehinderungen lassen sich nach Nissen und Trott (1995, 212–214)
als isolierte Erbfaktoren im strengen Sinne – bis auf das Fragile-X-Syndrom (mutiertes
FMR1Gen mit verlängerten Basentripletts, nach dem Down-Syndrom [Trisomie 21] die
häufigste Form von genetisch bedingter kognitiver Behinderung, betroffene Frauen sind
etwa zu je 33% gesund, lernbehindert oder geistig behindert) – nicht nachweisen, wenn
man etwa an metabolische oder chromosomale Untersuchungsbefunde denkt, auch nicht
durch Familienuntersuchungen. Familiär gehäuft auftretende Lernbehinderungen sind
oft, keineswegs aber regelmäßig genetisch bedingt, weil auch ungünstige Umweltfaktoren
berücksichtigt werden müssen („soziale Vererbung“). Es ist anzunehmen, dass für einen
Teil der familiär gehäuft auftretenden Lernbehinderungen eine multigenetische Situation
(„multiple additive Gene“) mit einer großen Anzahl von Varianten kleiner Effektgrößen
ursächlich ist. Deary, Spinath und Bates (2006) stellten gut zehn Jahre später dazu fest:
„Während die hohe Erblichkeit der Intelligenzunterschiede immer deutlicher gemacht
werden konnte, ist die durch diese Erblichkeit implizierte Art der genetischen Polymorphismen unklar.“
Unter den chromosomal bedingten Lernbehinderungen sind wegen ihrer Häufigkeit zwei
Abweichungen von besonderem Interesse: das Klinefelter-Syndrom (XXY-Aberration, nur
männlich, Häufigkeit bei Sonderschülern bis zu etwa 1%, ca. 15% lernbehindert, vor allem
sprachliche, aber auch motorische Beeinträchtigungen) und das Turner-Syndrom (XO-Aberration, nur weiblich, Intelligenz manchmal unterdurchschnittlich).
Geht es um Anlagebedingungen menschlicher Entwicklung, ihren „Bauplan“, ist natürlich
immer das unlösliche Zusammenspiel mit Umweltbedingungen mitzudenken (s. auch
unten: Epigenetik), wie schon William Stern (1914/1952, 39) in seiner Konvergenztheorie der
Entwicklung („Die Anlage potenziert, die Umwelt realisiert.“) nahelegte: Anlagebedingungen stecken vielfach nur die Bandbreite für Entwicklungen ab, innerhalb derer dem Ansatz
202
Berufliche Rehabilitation 3/16 | Beiträge
der Umwelt ein gewisser Spielraum für Verschiedenheiten nach Art und Grad der Entwicklung bleibt. Aldous Huxley (zit. nach Remplein, 1963, 28) formuliert es schlicht und treffend
so: „Was du bist, hängt von drei Faktoren ab: Was du geerbt hast, was deine Umgebung
aus dir gemacht hat, und was du in freier Wahl aus deiner Umgebung und deinem Erbe
gemacht hast“. Der Eigenaktivität wird zusätzlich eine wichtige Rolle beigemessen, die
gegenüber den Anlage- und Umweltfaktoren gerne in Vergessenheit gerät.
Kushlick (1966, 130) erwähnte nach Sichtung zahlreicher britischer Studien, dass „Eltern
schwer geistig behinderter Kinder gleichmäßig auf alle sozialen Schichten der Industriegesellschaft verteilt sind, während die von leicht geistig Behinderten (= schwer Lernbehinderten) vorwiegend aus unteren sozialen Schichten stammen. Es gäbe nun Beweise, dass
eine leichte geistige Behinderung ohne abnorme neurologische Symptome (z. B. Epilepsie,
elektroenzephalographische, biochemische und chromosomale Anomalien oder sensorische
Mängel) praktisch auf die unteren sozialen Schichten beschränkt bleibt. Und tatsächlich
gibt es Hinweise, dass fast keine Kinder aus höheren sozialen Schichten Eltern mit IQ-Werten unter 80 haben, es sei denn, sie unterliegen einem der oben erwähnten pathologischen
Prozesse.“ 1 (Übersetzung KHE)
Dieser Minderungseffekt erkläre sich vor allem durch das Zusammenwirken milieubedingter Nachteile und dem aktuellen emotionalen bzw. motivationalen Zustand der untersuchten Personen. Schon Burt (1963) hat nachgewiesen, dass sich die empirische Intelligenzverteilung der Normalverteilung annähert, wenn diese Personen nicht erfasst werden.
Dabei treten emotionale und soziale Auffälligkeiten keineswegs immer isoliert auf, im
Gegenteil. Grissemann (1989, 83f.) beispielsweise betonte den engen Zusammenhang von
Lern- bzw. Leistungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten, den er an einer selektiven
Stichprobe (Erziehungsberatung, N = 176) zeigte. Deren empirisch ermittelte Schnittmenge von 63% entspricht einer hochsignifikanten Korrelation von r = .794*** mit sehr großer
Effektstärke (Cohens d = 2,61) und damit auch praktischer Bedeutung. Zudem seien die
bio-psycho-sozialen Entwicklungsvoraussetzungen von lernschwachen Kindern und Jugendlichen im Sinne von Risikomomenten vielfach hochkomplex auffällig.
Eine Übersichtsarbeit von Nisbett et al. (2012) zum Thema „Intelligenz“ integriert neuere
Befunde und theoretische Entwicklungen. Eric Turkheimer, einer der Co-Autoren, bestätigt
und ergänzt die Kushlick‘schen Aussagen nach über 40 Jahren (zit. nach Nisbett et al. 2012,
3f.): "Bei Familien mit dem niedrigsten sozio-ökonomischen Status erklären äußere Einflüsse
fast alle Variationen der Intelligenzhöhe (IQ). Mit wachsendem sozialen Status nimmt die
Rolle der Umwelt ab. Bei der unteren Mittelklasse gibt es einen Gleichstand zwischen äußeren
und ererbten Faktoren, und in Familien mit dem in der Studie höchsten Status (gebildete
Eltern, gute Förderung) beruhen die IQ-Unterschiede zwischen den Kindern praktisch nur
noch auf ihrer genetischen Ausstattung. Förderliche Umweltbedingungen für die Entwicklung
geistiger Fähigkeiten sind hier für alle im Wesentlichen gleich und die interindividuellen Intelligenzunterschiede müssen aus genetischen Quellen stammen." (Übersetzung KHE)
203
Berufliche Rehabilitation 3/16 | Beiträge
Entwicklungszeit
Lernbehinderung
(IQ > 70) [%]
Leichte geistige
Behinderung
(IQ 50 – 70) [%]
Pränatal (vorgeburtlich)
• Infektionen, z. B. Virusinfektionen der Mutter
• c hemische Einwirkungen
(Alkohol, Drogen, Medikamente)
23
51 / 40,8
18
5 / 4,2
2
11 / 2,8
55
55 / 52,1
• S
trahlen bzw. sonstige Umweltbelastungen
• usw.
Perinatal (geburtlich)
• H
ypoxisch-ischämische Enzephalopathie
(durch Sauerstoffmangel bedingt)
• A
sphyxie (Herabsetzung der Atmung bzw.
Atemstillstand und Herz-Kreislauf-Versagen)
• E
rkrankungen des Neugeborenen (Meningitis, Blutgruppenunverträglichkeit)
• G
eburtstraumata, z. B. Verletzungen von
Gehirnteilen,
• Frühgeburten
• usw.
Postnatal (nachgeburtlich)
• E
ntzündliche Erkrankungen des Zentralnervensystems: Meningitis (Hirnhautentzündung), Enzephalitis (Gehirnentzündung)
• S
chädel-Hirn-Trauma, z. B. durch Unfälle oder
Kindesmisshandlungen
• Hirntumore
• H
irnschädigungen durch Intoxikation (Vergiftungen) oder Stoffwechselkrisen
• u
sw.
Unbekannt, unsicher, unklar
Tab. 1: Relative Häufigkeiten (in Prozent) von Entwicklungsrisiken durch exogene Hirnschädigungen
bei Lernbehinderung (Hagberg et al., 1981) und bei leichter geistiger Behinderung [früher: schwere
Lernbehinderung] (Strømme & Hagberg, 2000; Heikura et al., 2005)
204
Berufliche Rehabilitation 3/16 | Beiträge
Diane Halpern, ebenfalls Co-Autorin, deutet diese Befunde so, „dass ein niedriger sozio-ökonomischer Status den genetischen Beitrag zur Intelligenz begrenzt, was bedeutet, dass
arme Kinder nicht ihr volles genetisches Potenzial entwickeln“. Eine Aussage wie „Intelligenz
ist zu XY Prozent erblich“ sei also nur in Zusammenhang mit bestimmten Personen in bestimmten (sozialen) Situationen sinnvoll und gültig. (zit. nach Wai, 2012; Übersetzung KHE)
2.2 Exogene Hirnschädigungen
Mit Neuhäuser (1999, 29) werden exogene Hirnschädigungen oft zeitlich als Dreiklang
prä-, peri- und postnataler Ursachen geordnet und durch die Kategorie „unbekannt/unsicher/unklar“ ergänzt. Für Lernbehinderung und leichte geistige Behinderung bzw. schwere Lernbehinderung werden dazu unterschiedliche Ursachenhäufungen berichtet, die
abhängig von Merkmalsliste und untersuchter Stichprobe zum Teil weit streuen.
2.3 Körperfunktionen
Der primäre Charakter von Lernbehinderung meint vor allem deren hirnorganische Funktionsanteile und strukturelle Verortungen. Die Neurobiologie des Lernens und intelligenten Verhaltens konzentriert sich heute besonders auf die Wirkungsweise des Arbeitsgedächtnisses und der neuronalen Effizienz zugeordneter hirnorganischer Prozesse (vgl.
Borkenau et al., 2005). Sie forscht in zwei Richtungen.
2.3.1 Kognitive Richtung
Die kognitive Richtung versucht, elementar-kognitive Prozesse zu identifizieren, die zu
einer effizienten Bearbeitung von Problemlöseaufgaben beitragen, und kennt mittlerweile zwei Basiskomponenten.
Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung
Vaney et al. (2015) studierten ereigniskorrelierte Potentiale (EKP) bei indischen Kindern mit
grenzwertiger Intelligenz (BIF). Sie gingen davon aus, dass niedrige allgemeine kognitive
Fähigkeiten häufig Ursache für Lern- und schulische Schwierigkeiten sind. Die Studie untersuchte kognitive Fähigkeiten von Kindern mit grenzwertiger Intelligenz objektiv durch
EEG-Ableitungen, d.h. Gehirnstrommessungen.
Sie wurde an N = 19 Kindern (8-12 Jahre) mit grenzwertiger Intelligenz (IQ: 70-85) durchgeführt und deren kognitive Fähigkeiten anhand ereigniskorrelierter Potentiale beurteilt.
Das Hauptergebnis zeigt eine signifikante Verlängerung der Latenzzeit, d.h. Reaktionszeit,
physiologische Leitungszeit oder Verarbeitungsgeschwindigkeit, an den Potentialpunkten
P200, N200 und P300 mit nicht signifikantem Amplitudenunterschied bei Kindern mit
grenzwertiger Intelligenz im Vergleich zu N = 15 Kontrollkindern.
Das lässt den Schluss zu, dass Gehirn-Systeme, die für die Reizdiskriminierung wichtig sind
und kognitive Repräsentationen (geistige Landkarten bzw. Vorstellungen) nutzen, um
Denken und Verhalten zu steuern, bei Kindern mit niedriger Intelligenz (BIF) beeinträchtigt
sind. Bei alledem ist zu beachten, dass Ereigniskorrelierte Potentiale (EKP) und Intelligenzhöhe bzw. Lernfähigkeit keine trivialen, d.h. einfachen Zusammenhänge aufweisen.
205
Berufliche Rehabilitation 3/16 | Beiträge
Welche biologischen Ursachen die beteiligten Gehirnfunktionen beinträchtigen, war
lange Zeit fraglich. Mittlerweile gibt es Hinweise, dass bestimmte Gen-Mutationen
den Stromfluss, d.h. die Informationsleitung im Gehirn verändern können. Das „Deutsche Netzwerk für mentale Retardierung“ (MR-NET, 2008 – 2011), koordiniert durch das
Humangenetische Institut der Universität Erlangen-Nürnberg, geht davon aus, dass
solche Mutationen die molekulare Signalübertragung zwischen den Nervenzellen
verändern. Bei Menschen mit geistiger Behinderung wurden beispielsweise Genveränderungen gefunden, die für bestimmte Ionenkanäle im Gehirn kodieren. Ist etwa
das Gen GRIN2B mutiert, das die Information für einen durch Neurotransmitter regulierten Ionenkanal (den NMDA-Rezeptor) trägt, verändert sich die Leitfähigkeit des
Ionenkanals. Elektrische Impulse können im Gehirn dann nicht mehr korrekt übertragen werden und als Folge ist die Gehirnfunktion beeinträchtigt. Gregor (2014, 2) untersuchte – im Rahmen dieses Netzwerks – die Funktion des Gens GPM6A und des
Orthologs m6 genauer. Sie konnte u.a. zeigen, dass korrekte m6-Level für das Langzeitgedächtnis nötig sind. Beispielhafte Ergebnisse an einer Klientin deuteten dabei
„auf eine Dosissensitivität von m6 hin und unterstützen eine kausale Rolle der GPM6A-Duplikation für die Lernbehinderung“.
Kapazität des Arbeitsgedächtnisses
Es herrscht große Einigkeit, dass das Arbeitsgedächtnis ein Kernstück menschlicher Intelligenz ist. Zahlreiche Studien haben erhebliche Korrelationen zwischen Leistungen in Arbeitsgedächtnisaufgaben und der Intelligenzhöhe (IQ) demonstriert.
Jankowska et al. (2012), ein Forschungsteam aus Polen und Kanada, beobachteten Speicherstrategien und deren Einfluss auf den Lernprozess bei Personen mit grenzwertigen intellektuellen Fähigkeiten. Sie gehen davon aus, dass das Niveau mentaler Funktionen bei
grenzwertiger Intelligenz noch zu einer breit verstanden Norm gehören kann. Das Ziel der
vorliegenden Studie war es, den aktuellen Stand des Wissens rund um das Thema speicherbezogener Prozesse bei Personen mit grenzwertiger Intelligenz zu präsentieren, insbesondere von Schulkindern. Kinder mit grenzwertiger Intelligenz haben ein Risiko für
chronisches Schulversagen, Schulschwänzen, die Wiederholung von Klassen und Abbrechen
oder Schulverweise.
Das Forschungsteam konzentrierte sich in erster Linie auf die Erörterung der Beziehung
zwischen speicherbezogenen Prozessen und charakteristischen Denkprozessen dieser
Personen, darunter eine Präferenz für den Umgang mit konkretem Material, starrem und
wenig kritischem Denken und Schwierigkeiten bei der Organisation und Verallgemeinerung
von Wissen, die alle ernsthafte Defizite bei schulischen Leistungen und effektivem Lernen
verursachen.
Die Ergebnisse besagen, dass „Schüler mit grenzwertiger Intelligenz durch eine reduzierte
Effizienz der Kurzzeit-, Arbeits- und Langzeitspeichersysteme gekennzeichnet sind (Verguts
& Deboeck, 2001; Kostańska, 1995). Auswendiglernen ist bei ihnen jedoch gut entwickelt,
weshalb eine der am häufigsten verwendeten Lernstrategien die Beherrschung des Wissens
206
Berufliche Rehabilitation 3/16 | Beiträge
ohne logisches Verständnis der erinnerten Inhalte ist. Darüber hinaus wirkt sich die hohe
Anfälligkeit für Ablenkungen – manifestiert durch Schwierigkeiten bei der Konzentration,
die für Personen mit grenzwertiger Intelligenz charakteristisch sind – auf den Prozess der
Informationsverarbeitung im Gedächtnis aus. Das wird teilweise in Situationen sichtbar,
in denen Operationen mit Material durchgeführt werden, das schwierig, nicht verstanden
und abstrakt ist. Wirksames und lang anhaltendes Lernen erfordert nicht nur die Fähigkeit,
das zu lösende Problem zu erkennen und zu verstehen, sondern auch die notwendige
Planung und Steuerung des Lernprozesses in Übereinstimmung mit einem früher akzeptierten Ziel, einschließlich seiner ständigen Überwachung.
Einer der wichtigsten Aspekte des Speicherprozesses ist das Selbst-Bewusstsein und
Wissen um die eigenen Stärken und Schwächen in Zusammenhang mit kognitiven Funktionen (Becker, 1975; Bobrow 1975; Bobrow & Norman, 1975). Kenntnisse darüber, wann
verschiedene Arten von Fähigkeiten, die bei der Lösung eines bestimmten Problems
beteiligt sind, zu benutzen, wie zu koordinieren und in welcher Weise zu überwachen
sind, ist die Basis der Metakognition (Mayer, 1998; Pressley, 2006). Es sind Exekutivfunktionen, die für die Problem- bzw. Aufgabenlösung verantwortlich sind. Die Unterschiede
im Intelligenzniveau sind eng verbunden, wie in diesem Artikel gezeigt, mit dem Funktionieren des Kurzzeit, Langzeit- und Arbeitsgedächtnisses, dem Niveau der Selbsterkenntnis des Individuums (Brown & Lawton, 1977) und der Effizienz der Exekutivfunktionen (Campione & Brown, 1980).“
In letzter Zeit häufen sich auch in Deutschland wissenschaftliche Arbeiten, die zur Klärung der Natur von Lernbehinderung beitragen. Sie machen deutlich, dass Wechselwirkungen zwischen angeborenen und erworbenen Eigenschaften des kortikalen Informationsverarbeitungssystems dazu wichtige Aufschlüsse geben. Eine der Arbeiten davon
stammt von den Hildesheimer Forscherinnen Schuchardt und Mähler (2012). Sie untersuchten Arbeitsgedächtnisprofile von Kindern unterschiedlicher Begabungsniveaus, um
das Verhältnis zwischen Arbeitsgedächtnis (früher: Kurzzeitgedächtnis) und Intelligenz
zu klären. Die Ergebnisse – Details im Originalbeitrag – liefern Hinweise auf Unterschiede zwischen den Gruppen bei allen Arbeitsgedächtniskomponenten sowie Stärken und
Schwächen je nach dem Grad der Intelligenz. Begabte Kinder bearbeiten serielle verbale Arbeitsgedächtnisaufgaben außergewöhnlich gut, während diese Überlegenheit bei
der Nichtwort-Wiederholung nicht ersichtlich ist. Daraus schließen wir, dass begabte
Kinder keinen hocheffektiven phonologischen Speicher haben, aber einen sehr gut funktionierenden inneren Wiederholungsprozess (rehearsal). Außerdem scheinen diese Kinder gut funktionierende und abrufbare Speicherstrategien zu haben, die zu ausgezeichneten Leistungen bei einfachen visuellen Mustern oder räumlichen Wegen führen. Bei
zunehmender Komplexität könnten diese Strategien weniger effektiv sein. Kinder mit
Lern- resp. geistiger Behinderung zeigen insbesondere Schwächen bei der Kurzzeitspeicherung und Verarbeitung von visuellem und räumlichem Material, unabhängig davon,
ob sie verbales oder visuell-räumliches Material reproduzieren und ob die Aufgaben
reine Speicherung oder Fähigkeiten der zentral-exekutiven Verarbeitung verlangen.
Interessanterweise zeigten diese Kinder geringere Leistungsdefizite innerhalb der pho207
Berufliche Rehabilitation 3/16 | Beiträge
nologischen Schleife bei der Nichtwort-Wiederholung als bei der Zahl- und Wortwiederholung. Begabte Kinder erbrachten das umgekehrte Muster. Sie kamen zu Höchstleistungen bei der Zahlen- und Wortspanne, nicht aber bei der Nichtwortspanne oder der
Nichtwort-Wiederholung.
Diese Befunde zeigen, dass die Aktivierung und der Zugang zum semantischen Lexikon (im
Langzeitgedächtnis) die Leistung bestimmen könnte. Begabte Kinder scheinen den Zugang
leicht zu finden, Kinder mit Lern- respektive geistiger Behinderung eher schlecht. Entsprechend könnten Vorkenntnisse eine entscheidende Rolle für den seriellen Zugriff spielen.
Einerseits könnte der Rückgriff auf die Wissensbasis die Arbeitsgedächtnisleistung beeinflussen. Andererseits wird vermutet, dass die Arbeitsgedächtnisfunktion Einfluss auf den
Erwerb von Wissen hat. Deshalb gehen die Autorinnen von einer bedeutsamen Wechselwirkung aus, die die Grundlage für die enormen Gedächtnis- und Wissensleistungen begabter Kindern und die schlechten Leistungen von Kindern mit geistiger Behinderung
bildet. Sie gehen weiter davon aus, dass umfangreiche Defizite in allen Arbeitsgedächtniskomponenten und eine geringe intellektuelle Kapazität zu den erheblichen Lernschwierigkeiten in der Schule führen.
2.3.2 Neurobiologische Richtung
Die Datenverarbeitung im menschlichen Gehirn wird durch ein Netzwerk von Nervenzellen
garantiert. Für die Übertragung von Informationen sind spezialisierte Kontaktstellen
verantwortlich, so genannte Synapsen. Elektrische Impulse in einer sendenden Nervenzelle setzen Botenstoffe (Transmitter) frei, die von anderen Nervenzellen empfangen werden.
Die Effektivität dieses Übertragungsprozesses kann von den beteiligten Zellen genau reguliert werden. Die moderne Hirnforschung geht davon aus, dass bestimmte Hirnregionen
bestimmte Funktionen haben. Allerdings weiß man mittlerweile, dass das gesunde Gehirn
netzwerkartig arbeitet und sich kognitive Leistungen nicht einfach auf bestimmte, fest
umrissene Gehirnareale beschränken lassen. Mentale Fähigkeiten folgen also einem komplexen Zusammenspiel.
Bildgebende Elektroenzephalogramm (EEG)-Verfahren haben gezeigt, dass intelligente
Menschen die Aktivierung des Gehirns auf kleinere Areale der Großhirnrinde beschränken
können, vor allem auf solche, die für die Bearbeitung der jeweiligen Aufgabe wirklich nötig
sind. Weniger begabte hingegen müssen größere Teile aktivieren und verbrauchen so für
dieselbe Aufgabe mehr Energieressourcen.
Die neurobiologische Richtung versucht mit bio-psychologischen und bildgebenden Verfahren zu belegen, dass Intelligenz und damit auch Lernfähigkeit
(1) Ausdruck allgemeiner Gehirneigenschaften von bis zu 100 Mrd. Neuronen und 100 Billionen (1014) Synapsen ist und spricht in diesem Zusammenhang von „neuronaler Effizienz“.
(2) womöglich in bestimmten Arealen vorrangig lokalisierbar ist, z. B. dem Präfrontalen
Cortex (Frontallappen-Hypothese der Intelligenz).
208
Berufliche Rehabilitation 3/16 | Beiträge
Lernen und allgemeine Gehirneigenschaften
Lernen und Vergessen findet an Synapsen statt, wobei die Funktion des Kurzzeitgedächtnis‘ von der Hirnaktivität und die des Langzeitgedächtnis‘ von der Hirnstruktur abhängt,
die dafür sorgt, dass Gelerntes als Verschaltung vieler Nervenzellen gespeichert wird.
Nach der Hypothese der neuronalen Effizienz, die mit Positronen-Emissions-Tomographie
(PET) Studien untermauert wurde, zeigen sich Unterschiede der Intelligenz im Grad der
Gehirnaktivierung, die beim Problemlösen auftritt. Das heißt für intelligentere Personen,
richtige Antworten gehen mit weniger Hirnaktivierung einher als bei weniger intelligenten Personen (Haier et al., 1988).
Obwohl die Neuronale-Effizienz-Hypothese oft bestätigt wurde, sind auch moderierende
Faktoren identifiziert worden, insbesondere die Aufgabenschwierigkeit und Übung oder
Lernen (Neubauer & Fink, 2009). Das führte zu unterschiedlichen Korrelationsrichtungen:
Eine negative Beziehung zwischen Gehirnaktivierung und Intelligenz wurde nur für leichtere Aufgaben gefunden, während für die schwierigeren die entgegengesetzte Beziehung
galt. Wenn bei komplexen Aufgaben mehr Aufwand erforderlich ist, scheinen intelligentere Teilnehmer ihre verfügbaren Ressourcen zu aktivieren. Daraus resultiert eine positive
Korrelation zwischen (höherer) kortikaler Aktivierung und (besserer) Leistung. Im Gegensatz dazu benötigen sie für mittelschwere Aufgaben weniger kortikalen Ressourcen, um
die gleiche Leistung wie weniger intelligente Menschen zu erreichen. Das führt zu einem
negativen Zusammenhang zwischen kortikaler Aktivierung und Leistung.
Bereits Haier et al. (1992) verweisen auf Studien, die zeigen, dass geistig behinderte und
autistische Menschen einen überdurchschnittlich starken Energieverbrauch im Gehirn
haben.2 Als man Gehirne solcher Personen nach dem Tode sezierte, fand man ungewöhnlich viele Synapsen. Die Befunde lassen vermuten, dass unterdurchschnittliche Intelligenz
mit einer ineffizienten oder unvollständigen neuralen Bereinigung (neural pruning) erklärbar sein könnte. In diesen Gehirnen wäre demnach zu Vieles mit zu Vielem verknüpft,
während „Genies“ vielleicht Menschen mit besonders effizient bereinigten Gehirnen sind,
also nur die wirklich nötigen Synapsen haben.
Nussbaumer, Grabner und Stern (2015) konnten in ihrer Untersuchung zur neuronalen
Effizienz bei unterschiedlich schwierigen Arbeitsgedächtnisaufgaben zeigen, dass „Studien der menschlichen Intelligenz (…) starke Beweise für die Neuronale-Effizienz-Hypothese
(liefern), die effizientere Gehirnfunktionen (das heißt, weniger oder mehr konzentrierte
Aktivierung) bei intelligenteren Personen vermuten lässt. Jüngste Studien haben den
Umfang der Neurale-Effizienz-Hypothese mit dem Vorschlag präzisiert, dass die Beziehung
zwischen Gehirnaktivierung und Intelligenz nur für Probleme von mittlerer Schwierigkeit
gilt, durch Training verändert werden kann und nur in frontalen Hirnregionen gefunden
wird. Wir untersuchten die moderierende Rolle von Aufgabenschwierigkeit und Training
auf das Neuronale-Effizienz-Phänomen in Zusammenhang mit einem Arbeitsgedächtnistraining.
In zwei Studien mit 54 studentischen Teilnehmern (Studie 1) und 29 studentischen Teil209
Berufliche Rehabilitation 3/16 | Beiträge
nehmern (Studie 2) von je drei Schweizer Universitäten wurde die kortikale Aktivierung
mittels Elektroenzephalographie (EEG) beurteilt, oder genauer gesagt durch die ereignisbezogene Desynchronisation (ERD) im oberen Alpha-Band. Die ERD wurde während der
Durchführung von Arbeitsgedächtnisaufgaben in einem „Vortest – Training – Nachtest“
Design bewertet und Gruppen niedrigerer und höherer Intelligenz (auf hochschulischem
Niveau) miteinander verglichen.
Wir fanden stützende Beweise für die Neuronale-Effizienz-Hypothese nur bei mittelschweren Arbeitsgedächtnisaufgaben in frontalen Hirnregionen, auch in Abwesenheit von Leistungsunterschieden. Es gab keine Wirkung der Intelligenz bei einfachen oder sehr anspruchsvollen adaptiven Arbeitsgedächtnisaufgaben. Letztere führten jedoch zu einem
intelligenzbezogenen Unterschied auf der Verhaltensebene, aber das Training veränderte
die Beziehung zwischen Intelligenz und Gehirnaktivierung nicht.
Diese Ergebnisse bestätigen die moderierende Rolle der Aufgabenschwierigkeit auf die
Neurale-Effizienz-Hypothese bei Arbeitsgedächtnisanforderungen und deuten darauf hin,
dass ein Training das Neuronale-Effizienz-Phänomen in Zusammenhang mit Arbeitsgedächtnisanforderungen nicht beeinflusst“ (Nussbaumer, Grabner & Stern, 196).
Lernprozesse werden ebenfalls in Abhängigkeit der neuronalen Effizienz gesehen, die sich
mit Eigenschaften der Nervenzellen (Neuronen) erklären lässt, insbesondere mit der Synapsenzahl, der synaptischen Effizienz und der dendritischen Verzweigung als Bestandteilen der sog. grauen Hirnsubstanz (grey matter): rGM x Intelligenz ≈ .27 (.14 – .41), korreliert
bei Männern höher als bei Frauen. Die Dichte der dendritischen Verzweigung ist dabei von
Umweltreizen bzw. -anregungen, d.h. von Lernprozessen abhängig! Nach dem Aufbau der
synaptischen Verbindungen in den ersten fünf Lebensjahren werden offenbar in den folgenden Jahren nicht genutzte, „überflüssige“ Verbindungen wieder abgebaut.
Lernen und vorrangige Gehirnareale
Die Output-Leitungen (Axone) der Nervenzellen, die über die Kontaktstellen Verbindungen
mit anderen Zellen herstellen, sind häufig von einer Art Isolierschicht umgeben, dem Myelin als weißer Hirnsubstanz (white matter). So wie ein besser isoliertes elektrisches Kabel
Signale schneller und mit geringeren Leitungsverlusten transportiert, lässt sich in Laborversuchen nachweisen, dass stärker myelinisierte Axone die bio-elektrische Erregung besser weiterleiten, weniger kurzschlussanfällig sind usw. und damit neuronal effizienter
(Myelin–Hypothese der Reizleitung): rWM x Intelligenz ≈ .31 (.08 – .51), korreliert bei Frauen
höher als bei Männern (vgl. Gignac et al., 2003; Mittel aus 7 Studien). Gehirne mit solchen
Axonen dürften auch eher in der Lage sein, die Aktivität auf kleinere Areale zu begrenzen.
Duncan et al. (2000) untersuchten die Aktivität des frontalen lateraler Cortex bei Aufgaben,
die Denken und Urteilen verlangen (G-Faktor-Aufgaben; Spearman, 1904: „reasoning“), und
sahen ihn hierbei hoch aktiviert. Die Funktionen des Präfrontalen Cortex, der damit als
wichtiges Gehirnareal erscheint, das intelligentes Verhalten möglich macht, umfassen
Handlungsplanung, Entscheidungsfindung, selektive Aufmerksamkeit, Arbeitsgedächtnis
und zentrale Exekutive.
210
Berufliche Rehabilitation 3/16 | Beiträge
Abb. 2: Neurophysiologisches
Gehirnmodell
(Neubauer 2007, 3)
Baglio et al. (2014) untersuchten abnorme Entwicklungen des senso-motorischen, visuell
temporalen und parahippocampalen Cortex bei Kindern mit Lernschwierigkeiten und
Grenzwertiger Intelligenz. Sie gehen davon aus, dass Grenzwertige Intelligenz ein Zustand
ist, der durch einen IQ zwischen 70 und 85 charakterisiert wird. Betroffene Kinder zeigen
kognitive, motorische, soziale und adaptive Beeinträchtigungen, die zu Lernstörungen und
im späteren Leben häufiger zu psychischen Störungen führen.
Ziel dieser Studie war es, die Gehirnmorphometrie und ihre Beziehung zur IQ-Ebene bei
Kindern mit grenzwertiger Intelligenz zu untersuchen. Dreizehn Kinder (N = 13) mit niedrigem IQ und 14 alters- und geschlechtsparallelisierte normal entwickelte Kinder (N = 14)
waren einbezogen. Alle Kinder wurden einer vollständigen IQ-Bewertung (WISC-III-Skala)
und einer Magnetresonanz-Prüfung (MR) mit den üblichen Sequenzen unterzogen, um
gehirnstrukturelle Anomalien zu beurteilen und hochauflösende 3D-Bilder für die voxel-basierte Morphometrieanalyse zu erhalten. Um zu prüfen, inwieweit die Gruppenzugehörigkeit (lernbehinderte vs. normal entwickelte Kinder) das Volumen der Grauen Substanz
(GM) beeinflusst, wurden sowohl univariate wie multivariate lineare Varianzanalysen
gerechnet als auch eine Varimax-Faktorenanalyse, um variable Korrelationen und Cluster
zwischen Personen zu erkunden. Die Ergebnisse zeigten, dass Kinder mit grenzwertiger
Intelligenz im Vergleich zu Kontrollkindern ein regional erhöhtes GM-Volumen im bilateralen senso-motorischen und rechten hinteren seitlichen Cortex (right posterior temporal
cortex) und ein verringertes GM-Volumen im rechten para-hippocampalen Gyrus haben.
Die GM-Volumen korrelieren zudem stark mit den IQ-Indizes.
Die vorliegende Arbeit ist eine Fallstudie, die zeigt, dass grenzwertige Intelligenz mit abnormen kortikalen Entwicklungen in Hirnregionen verbunden ist, die eine Schlüsselrolle
bei motorischen, Lern- und Verhaltensprozessen spielen. Obwohl die Ergebnisse wegen der
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Berufliche Rehabilitation 3/16 | Beiträge
geringen Fallzahl nur eine beschränkte Verallgemeinerung auf die Grundgesamtheit zulassen, tragen sie zu den äußerst begrenzten Kenntnissen in diesem Bereich bei. Künftige
MR-Längsschnittstudien könnten überprüfen, ob kortikale Eigenschaften im Laufe der Zeit
auch in Verbindung mit rehabilitativen Interventionen modifiziert werden.
3. Zum sekundär-psychischen und tertiär-sozialen Charakter von Lernbehinderung
Während der primäre Charakter von Lernbehinderung das Ursachenspektrum endogener,
d.h. genetisch angelegter und angeborener, sowie exogener, d.h. erworbener (früh-) kindlicher Hirnschädigungen im prä-, peri- und postnatalen Stadium umfasst, betreffen nach
Nissen (1977) sekundäre Faktoren psychische Teilleistungsstörungen, z. B. Wahrnehmung,
Bewegung, Merkfähigkeit, Aufmerksamkeit, Stimmung, Motivation und Sprache. Dagegen
beziehen sich tertiäre Faktoren vor allem auf familien- und erziehungsrelevante Entwicklungsbedingungen – materielle und insbesondere emotionale Vernachlässigung bis hin
zur Verwahrlosung gehören dazu.
Eine amerikanische Untersuchung sei an dieser Stelle pars-pro-toto für tertiäre Entwicklungsbedingungen referiert. Fenning et al. (2007) wählten den Titel „Kinder mit grenzwertiger Intelligenz erziehen: eine eindeutige Risikogruppe“. Untersucht wurde die Erziehung
in Familien von Kindern mit grenzwertiger Intelligenz im Vergleich zu Familien von normal
entwickelten Kindern und Kindern mit Entwicklungsverzögerungen. Erziehungsinformationen wurden an 217 Müttern und ihren 5-jährigen Kindern (126 Jungen, 91 Mädchen) mit
unterschiedlichen kognitiven Fähigkeiten (142 Kinder mit IQ ≥ 85, 29 Kinder mit IQ 7–84, 46
Kinder mit IQ ≤ 70) durch natürliche häusliche Beobachtung gewonnen. Die teilnehmenden
Familien repräsentierten relativ unterschiedliche Ethnien und sozio-ökonomische Verhältnisse. Dabei hatten Mütter normal entwickelter Kinder eine höhere Bildung als Mütter von
Kindern mit grenzwertiger Intelligenz und Entwicklungsverzögerungen, deren Bildung
sich nicht unterschied.
Sechs wohldefinierte Dimensionen der mütterlichen Erziehung wurden ausgewertet:
Positivität, Negativität, Empfindsamkeit, Aufdringlichkeit, Wahrnehmungsstimulation
und Ablösung bzw. Distanz. Mütter von Kindern mit grenzwertiger Intelligenz zeigten
weniger bejahend-aktives und einfühlsames Erziehungsverhalten als andere Mütter und
am seltensten einen Stil schlüssigen Einsatzes. Kinder mit grenzwertiger Intelligenz waren
in der Beobachtung nicht verhaltensproblematischer als andere Kinder, aber ihre Mütter
nahmen mehr externalisierende, vor allem aggressive Verhaltenssymptome wahr als Mütter von normal entwickelten Kindern. Die Ergebnisse deuten darauf hin, wie wichtig mütterliche Erklärungsmodelle für kindliche Schwierigkeiten und für besondere Kinder mit
grenzwertiger Intelligenz sind – hier als eindeutiges Risiko für schlechte Erziehung.
Die Ursachenforschung an großen Zahlen von Menschen mit Lern- und geistiger Behinderung thematisierte Eser (2012) in einer Zusammenschau. „Zur Entstehung von besonderem
Förderbedarf mit Schwerpunkten Lernen (Lernbehinderung) und geistige Entwicklung
(geistige Behinderung)“ greift in einer Zeit fragwürdiger Bemühungen um Dekategorisierung vor allem auf frühere anglo-amerikanische Studien zurück, die komplementär wir212
Berufliche Rehabilitation 3/16 | Beiträge
kende (hirn-) organische und soziale Entstehungsbedingungen entlang des Kontinuums
intellektueller Leistungsfähigkeit analysieren. Insbesondere für das Verhaltensbild von
Lernbehinderung scheinen kontextuelle soziale Ursachenmomente von erheblicher Bedeutung, die sich lebensgeschichtlich (auch) auf die Entwicklung von Gehirnstrukturen
und -funktionen auswirken.
Ein bedeutsamer Entwicklungs- und Wirkmechanismus dabei trägt die Bezeichnung Epigenetik und ist seit 1942 durch den Entwicklungsbiologen Conrad Hal Waddington bekannt.
Schon Lamarck (1744–1829) und Lyssenko (1898–1976) vertraten die Ansicht, dass erworbene Eigenschaften vererbt würden. In ihrem absoluten Anspruch waren deren Thesen falsch
und nicht bewiesen, allerdings lassen sich nach heutiger Auffassung gewisse erworbene
Eigenschaften durchaus vererben. Die Epigenetik befasst sich mit Umwelteinflüssen bzw.
-effekten, z. B. frühkindlichen Erfahrungs- und Lernprozessen in Familie, Schule und Freundeskreis, die angeborene, also genetisch determinierte (Fehl-) Funktionen im Rahmen der
Gehirnentwicklung modifizieren.
„Neuere klinische und tierexperimentelle Forschungen zeigen ganz klar (…) eine Korrelation bzw. Wechselwirkung zwischen genetisch determinierten und umweltinduzierten
Mechanismen (Bock & Braun, 2011; Harold et al., 2013). Das Bindeglied zwischen Genetik
und Umweltfaktoren bildet die Epigenetik: Bereits im Mutterleib ist (bei ADHS) der Embryo
Infektionen und Umweltgiften ausgesetzt, z. B. Alkohol, Benzodiazepine und Nikotin, darüber hinaus gelten Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen, niedriges Geburtsgewicht, ungünstige psychosoziale familiäre Bedingungen und Ernährung als exogene
Risikofaktoren. Schwere Vernachlässigung, Misshandlung und Traumata in der frühen
Kindheit können die Genexpression verändern. Umweltinduzierte Veränderungen der
Genexpression können unmittelbar nach dem Erlebten auftreten und nur transient (vorübergehend) sein, aber sie können auch erst längerfristig zum Tragen kommen und sich
lebenslang manifestieren. (…)
Solche umweltinduzierten epigenetischen Veränderungen können, wie neuere tierexperimentelle Untersuchungen zeigen, sogar auf die nächsten Generationen vererbt werden,
was die Unterscheidung zwischen epigenetischen (umweltinduzierten) und genetischen
Vererbungsmechanismen noch weiter erschwert. D.h. defizitäre Familienkonstellationen
(gestörte Eltern-Kind Bindung, elterliche Konflikte etc.) oder Verhaltensstörungen und
psychische Beeinträchtigungen der Eltern (z. B. eine depressive Mutter, deren emotionale
Interaktion mit ihrem Säugling eingeschränkt ist) können quasi ‚psychologisch‘ vererbt
(d.h. anerzogen) werden, die von einer rein ‚genetischen‘ Vererbung nur schwer zu unterscheiden ist. Zudem gibt es tierexperimentelle Befunde die zeigen, dass frühe emotionale Erfahrungen zu epigenetischen Veränderungen führen, die möglicherweise direkt in
Zusammenhang stehen mit den langfristigen Verhaltensveränderungen, die infolge dieser
Erfahrungen auftreten (Fagiolini, Jensen & Champagne, 2009). So führen bei Ratten und
Mäusen pränataler Stress, aber auch Veränderungen des mütterlichen Pflegeverhalten
nach der Geburt bei den Nachkommen zu epigenetischen Veränderungen, die eine Veränderung der Genexpression von Stresshormonrezeptoren zur Folge haben (Champagne,
213
Berufliche Rehabilitation 3/16 | Beiträge
Bagot & van Hasselt, 2008; Mueller & Bale, 2008; Roth, Lubin, Funk & Sweatt, 2009; Weaver
et al., 2004). Es ist zu vermuten dass solche über frühkindliche Bindungserlebnisse, Deprivations- und Stresserfahrungen induzierten epigenetischen Mechanismen in die Gehirnentwicklung eingreifen und damit langfristig zu gehirnstrukturellen Veränderungen,
d.h. einer veränderten Hirnfunktion führen.“ (Braun, 2014)
4. Fazit
Biologische, aber auch psychische und soziale Ursachen und Begleiter von Lernbehinderung
sind Gegenstand dieses Beitrags.
Für erschwertes Lernen scheint im Hinblick auf Erbanlagen vor allem eine multigenetische
Situation („multiple additive Gene“) mit einer großen Anzahl von Varianten kleiner Effektgrößen ursächlich, keine isolierten Erbfaktoren im strengen Sinne. Etwa die Hälfte exogener Hirnschädigungen ist dabei unklarer, unsicherer oder unbekannter Natur. Ungünstige
vorgeburtliche Einflüsse – soweit bekannt – überwiegen deutlich die geburtlichen und
nachgeburtlichen. Das Bindeglied zwischen Genetik und Umweltfaktoren bildet die Epigenetik. Sie gibt Anlass zu der starken Vermutung, dass über frühkindliche Bindungserlebnisse, Deprivations- und Stresserfahrungen induzierte epigenetische Mechanismen in
die Gehirnentwicklung eingreifen und damit langfristig zu gehirnstrukturellen und -funktionalen Veränderungen führen – nicht immer zum Vorteil Betroffener.
Unter kognitiven Gesichtspunkten ist bei lernbehinderten Menschen eine verringerte
Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung zu erwarten, die in bestimmten Genmutationen gründen könnte und darüber hinaus beispielsweise auch in Leitereigenschaften
der verbindenden Axone, z. B. deren Abschirmung durch eine isolierende Myelinschicht
bestimmter Mächtigkeit. Junge Menschen mit grenzwertiger Intelligenz fallen durch eine
reduzierte Effizienz der Kurzzeit-, Arbeits- und Langzeitspeichersysteme so auf, dass sich
diese Arbeitsgedächtnisdefizite als Funktionsdefizite begreifen lassen. Bei umfassenden
Schulleistungsstörungen – für lernbehinderte Schüler/innen typisch – sind sowohl phonologische als auch visuell-räumliche und zentral-exekutive Arbeitsgedächtnismängel
beobachtbar.
Neurobiologisch betrachtet, zeigen sich Unterschiede der Intelligenz im Grad der Gehirnaktivierung. Diese Hypothese der neuralen Effizienz gilt allerdings nur für mittelschwere
Aufgaben, deren Lösung sich in frontalen Hirnregionen abbildet, und geht mit Trainingsresistenz einher. Mittlerweile wird auch diskutiert, dass grenzwertige Intelligenz mit feinanatomisch auffälligen Entwicklungen in Hirnregionen verbunden ist, die eine Schlüsselrolle bei motorischen, Lern- und Verhaltensprozessen spielen. Das Volumen der Grauen
Hirnsubstanz korreliert dabei stark mit Intelligenzmaßen.
Sekundäre psychische Begleiter intensiv erschwerten Lernens, z. B. Aufmerksamkeitsstörungen, sind hinlänglich so bekannt, dass sie hier nicht näher beleuchtet werden.
214
Berufliche Rehabilitation 3/16 | Beiträge
Tertiäre soziale, z. B. milieureaktive Ursachen von Lernbehinderung sind nur exemplarisch
in Form des Wirkungsnachweises mütterlicher Erklärungsmodelle für kindliche Schwierigkeiten und für besondere Kinder mit grenzwertiger Intelligenz angedeutet – hier als
eindeutiges Risiko für schlechte Erziehung mit vielfältigen entwicklungshemmenden
Folgen. Diese und andere Umwelteinflüsse – positive wie negative – sorgen in der Regel
für den Grad der Ausschöpfung angelegter Entwicklungsbandbreiten bzw. Verhaltenspotenziale.
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1
Das erklärt womöglich auch die öffentlichkeitswirksame Lobby durch sozialpolitisch „sprachfähige“
Eltern geistig behinderter Menschen im Gegensatz zu den nicht selten bildungsfernen Eltern lernbehinderter junger Menschen.
Neuronale Effizienz: „Intelligenz hängt nicht davon ab, wie angestrengt das Gehirn arbeitet, sondern
vielmehr wie effizient. (...) Diese Effizienz kann von der Nichtnutzung vieler Gehirnbereiche, die irrelevant für eine gute Aufgabenlösung sind, sowie dem gezielteren Einsatz bestimmter aufgabenrelevanter
Bereiche abgeleitet werden.“ (Haier et al., 1992) (Übersetzung KHE)
2
3
Weiterführende Literatur findet sich teilweise in den zitierten Aufsätzen.
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