Definition 0.1 (Teilbarkeitsrelation) Die Teilbarkeitsrelation | ⊆ N × N ist definiert als | = {(a, b) | ∃k ∈ N : b = k · a} Satz 0.1 Die Teilbarkeitsrelation natürlicher Zahlen a|b, sprich a teilt b ist eine partielle Ordnung auf der Menge N. Wir werden diesen Satz ausfürlich beweisen, in 2 Variationen. Beide Variationen wären für einen Beweis im ersten Semester mustergültig (abgesehen von dummen Fehlern meinerseits, die überall lauern können). Zuerst betrachten wir den Beweis, so wie er für eine Übung, oder eine Klausur aufgeschrieben werden sollte. Danach genau das selbe nochmal mit Erklärungen für den Leser in blau. Beweis 0.1 z.z.: | ist reflexiv, transitiv und antisymmetrisch. | reflexiv: Formal ist zu zeigen: ∀n ∈ N : n|n. Sei v ∈ N beliebig. Nach der Definition von | gilt v|v genau dann, wenn ∃k ∈ N : v = k · v. Wähle k = 1. Damit gilt v = 1 · v. Da wir v beliebig aus N gewählt haben, gilt ∀n ∈ N : n|n. Also ist | reflexiv. | transitiv: Formal zu zeigen ist: ∀n, m, l ∈ N : n|m ∧ m|l → n|l. Sei n, m, l ∈ N beliebig. Nach der Definition von | gilt somit: ∃k1 ∈ N : m = k1 · n und ∃k2 ∈ N : l = k2 · m. k=k ·k Damit gilt auch ∃k ∈ N : l = k · n wie folgt:. Wähle k = k2 · k1 . Damit: k · n =2 1 Ass. von · Annahme Annahme k2 ·k1 ·n = k2 ·(k1 ·n) = k2 ·m = l. Da wir den Beweis für beliebige n, m, l gezeigt haben, gilt auch ∀n, m, l : n|m ∧ m|l → n|l. Damit haben wir die Behauptung, dass | transitiv ist, bewiesen. | antisymmetrisch: Formal zu zeigen ist: ∀n, m ∈ N N : n|m ∧ m|n → m = n. Beweis durch Kontraposition. Wir zeigen also äquivalenterweise: ∀n, m ∈ N : m 6= n → n 6 |m ∨ m 6 |n. Sei n, m ∈ N beliebig, mit n 6= m. Damit muss gelten n > m oder m > n. Sei o.B.d.A n > m. Aus Schulwissen folgt, dass dann n|m ∈ N nicht gelten kann. Damit ist n|m ≡ ⊥ und damit ist n 6 |m ∨ m 6 |n wahr. Damit ist die Kontraposition bewiesen. Da wir n und m beliebig gewählt haben, gilt auch ∀n, m ∈ N : n 6= m → n 6 |m ∨ m 6 |n. Also ist | auch antisymmetrisch. Alternativer Beweis der Kontraposition ∀n, m ∈ N : m 6= n → n 6 |m ∨ m 6 |n: Sei n, m ∈ N beliebig, mit n 6= m. Dann ist zu zeigen, dass n 6 |m oder m 6 |n. Beweis durch Fallunterscheidung:. Es gibt dann vier Fälle: 1. n 6 |m und m 6 |n 1 2. n 6 |m und m|n 3. n|m und m 6 |n 4. n|m und m|n In den ersten drei Fällen ist nichts weiter zu zeigen, da dann direkt (n 6 |m) ∨ (m 6 |n) erfüllt ist. Betrachten wir den letzten Fall, dass n|m und m|n. Wenn n|m, dann gilt nach Definition von |, dass ∃k ∈ N : m = k · n. Damit ist aber auch n = k1 · m. Wir benutzen nun eine einfach zu zeigende Tatsache der Zahlentheorie: Wenn x · b = y · b für b > 0, x, y ∈ R, dann ist x = y. Damit ist klar, dass k1 ∈ N gelten muss, falls m|n gilt, da es wegen unseres Satzes aus der Zahlentheorie keine Zahl k 0 6= k1 geben kann, so dass n = k 0 · m. Aber k1 ∈ N gilt nur, wenn k = 1, und damit k1 = 1. Dies impliziert aber n = 1 · m = m, also n = m, was ein Widerspruch zu unserer Annahme ist, dass n 6= m. Damit kann der vierte Fall nicht auftreten, und alles ist gezeigt. q.e.d Hier der ausführlich kommentierte Beweis mit Erklärungen für den im Beweisen ungeübten Leser mit Kommentaren in blau. Beweis 0.2 Wir beginnen damit, die Behauptung schrittweise so aufzulösen, dass die verwendeten Begriffe in ihrer Definition dastehen, und wir damit genau wissen, was zu zeigen ist. z.z.: | ist reflexiv, transitiv und antisymmetrisch. Wir gehen Schrittweise vor, und zeigen Reflexivität, Transitivität und Antisymmetrie je einzeln. | reflexiv: Formal ist zu zeigen: ∀n ∈ N : n|n. Wir haben also nichts anderes getan, als die prädikatenlogische Definition von reflexiv zu nehmen, und auf | anzuwenden. Jetzt wissen wir also, was ganz genau hier zu zeigen ist. Sei v ∈ N beliebig.Wir bereiten hier die Verwendung der Schlussregel ∀-Generalisierung vor, indem wir den Satz mit einem festen, aber beliebigen v ∈ N zeigen. Nach der Definition von | gilt v|v genau dann, wenn ∃k ∈ N : v = k · v. Wir verwenden die Definition von | um wieder genauer zu wissen, was eigentlich zu zeigen ist. Wähle k = 1. Damit gilt v = 1 · v. Wir wenden hier die Schlussregeln ∃-Generalisierung an, indem wir zeigen, es gibt ein k, nämlich k = 1, dass die ∃-quantifizierte Aussage erfüllt. Wir machen dem Leser klar, dass wir die Regel ∃-Generalisierung anwenden, indem wir schreiben: Wähle k = 1. Das genügt. Der durchschnittliche Bremser kennt das Wort ∃Generalisierung nicht, weiss aber, das man dies hier tun muss. Da wir v beliebig aus N gewählt haben, gilt ∀n ∈ N : n|n. Wir machen dem Leser klar, dass wir hier also mit Hilfe der ∀-Generalisierung aus unserem Argument für v auf die ∀-quantifizierte Formel schließen dürfen . Also ist | reflexiv.Wir sagen: Der Teil-Beweis ist (unserer Meinung nach) fertig. Sowas wie q.e.d. in Worten, jedoch nur für den Teilbeweis. | transitiv: Formal zu zeigen ist: ∀n, m, l ∈ N : n|m ∧ m|l → n|l. Sei n, m, l ∈ N beliebig. Bisher läuft alles so wie oben im Teil für die Reflexivität auch. Als einzige (nicht essentielle) Variation verwenden wir bei unsere Wahl für die konkreten Werte aus N, 2 mit denen wir nun die ∀-Generalisierung vorbereiten, die selben Symbole wie die, über die zuvor quantifiziert wurde, nämlich n, m, l. Beim Beweis der Refelxivität haben wir das n, über das quantifiziert wurde, noch durch ein v ∈ N konkretisiert, also einen neuen Buchstaben, ein neues Symbol gewählt. Das ist didaktisch sehr sinnvoll, leider macht das fast niemand. Wir sind uns im folgenden jedoch bewusst, dass n, m, l innerhalb der Prädikatenlogischen Formel eben noch Individuenvariablen waren, und wir nun die selben Buchstaben benutzen, um sie als Metavariablen für konkrete (uns aber nicht genau bekannte) Zahlen aus N zu verwenden. Nach der Definition von | gilt somit: ∃k1 ∈ N : m = k1 · n und ∃k2 ∈ N : l = k2 · m. Wir haben nun die Prämisse (also das links von →) mit Hilfe der Definition von | umgeschrieben. Damit gilt auch ∃k ∈ N : l = k · n wie folgt:Wir zeigen nun, wie daraus die Konklusion (das rechts von →) folgt. Damit zeigen wir, dass die Implikation insgesamt gilt. Wähle k = k2 · k1 .Wir können die ∃Aussage zeigen, indem wir ein konkretes k aus bereits bekannten Zahlen konstruieren, dass l = k · n zeigt. Wir wenden also hier die Schlussregeln ∃-Generalisierung an. Dak=k ·k Ass. von · Annahme Annahme mit: k · n =2 1 k2 · k1 · n = k2 · (k1 · n) = k2 · m = l.Wir begründen jeden Umformungsschritt. Entweder direkt über dem Gleichheitszeichen (was hier sehr hässlich wird, oder neben jeder Umformung am Rande des Blattes. Da wir den Beweis für beliebige n, m, l gezeigt haben, gilt auch ∀n, m, l : n|m ∧ m|l → n|l. Damit haben wir die Behauptung, dass | transitiv ist, bewiesen. | antisymmetrisch: Formal zu zeigen ist: ∀n, m ∈ N N : n|m ∧ m|n → m = n. Beweis durch Kontraposition.Mal was anderes! Wir zeigen also äquivalenterweise: ∀n, m ∈ N : m 6= n → n 6 |m∨m 6 |n.Achtung: Kontrapositionsbeweisen sind keine Widerspruchsbeweise. Wir nutzen nur eine äuqivalente Darstellung der Implikationsaussage, um leichter damit arbeiten zu können. Damit der Bremser das auch weiss, schreiben wir zur Sicherheit hinzu, was wir vorhaben zu tun, nämlich die Kontraposition zu zeigen, und dass das ganze äquivalent zur ursprünglichen Aussage ist. Sei n, m ∈ N beliebig, mit n 6= m.Auch hier wieder eine Anwendung der ∀-Generalisierung. Nix mit einem konkreten Gegenbeispiel wie 2 und 4. Das geht nicht! n und m müssen allgemein sein. Die Implikation nach dem Doppelpunkt in der ∀-Aussage erlaubt uns jedoch, direkt die Prämisse, also n 6= m als Eigenschaft von n und m zu fordern. Damit muss gelten n > m oder m > n.Offensichtliches Schulwissen wird hier angewand. Eigentlich ist es gar nicht so offensichtlich, was wir hier tun, da wir von Ungleichheit zweier Zahlen darauf schliessen, dass die beiden Zahlen n und m geordnet sind, entweder in die eine, oder die andere Richtung. Dies können wir nur, weil wir bereits wissen, dass die Relation ≤ auf N eine totale Ordnungsrelation ist, und damit n 6= m auch n > m oder m < n impliziert. Bei natürlichen Zahlen scheint uns das alles sehr offensichtlich. Wenn wir es jedoch irgendwann mit komplizierteren Strukturen zu tun haben, dann müssen wir diesen scheinbar einfachen Schluss genau betrachten und evtl. als Zwischenschritt (als Lemma) beweisen. Sei o.B.d.A n > m. heisst: ohne Beschränkung der Allgemeinheit. Das will sagen. Wir haben hier eingentlich zwei Fälle zu unterscheiden, nämlich m > n und n > m. Da wir aber über n und m keinerlei An- 3 nahmen gemacht haben, die die beiden Zahlen unterscheiden würden, ist es egal, ob wir mit m > n oder n > m weiterarbeiten, beide Fälle gehen genau gleich. Wir wählen daher nur einen der beiden aus. Achtung: wenn es nicht ganz, ganz klar ist, dass beide Fälle wirklich genau gleich gehen, dann kein o.B.d.A. machen, sondern beide getrennt betrachten! Aus Schulwissen folgt, dass dann n|m ∈ N nicht gelten kann. Damit ist n|m ≡ ⊥ und damit ist n 6 |m ∨ m 6 |n wahr. Damit ist die Kontraposition bewiesen. Da wir n und m beliebig gewählt haben, gilt auch ∀n, m ∈ N : n 6= m → n 6 |m ∨ m 6 |n. Also ist | auch antisymmetrisch.Und wir sind fertig!!!! Ab dem Teil, wo wir anfingen, über Schulwissen zu reden, hat der Beweis ein wenig an Präzision verloren. Wir können ihn tatsächlich besser machen, ganz ohne uns auf (Pseudo?-)Schulwissen zu beziehen. Das wollen wir nun tun: Alternativer Beweis der Kontraposition ∀n, m ∈ N : m 6= n → n 6 |m ∨ m 6 |n: Sei n, m ∈ N beliebig, mit n 6= m. Dann ist zu zeigen, dass n 6 |m oder m 6 |n. Beweis durch Fallunterscheidung:Fallunterscheidung bedeutet, wir überlegen uns, was für eine beliebige Wahl von n und m, unter der Annahme n 6= m alles passieren kann. Wichtig ist dabei, dass wir wirklich alles bedenken, und nicht irgendwelche Fälle übersehen. Es gibt dann vier Fälle: 1. n 6 |m und m 6 |n 2. n 6 |m und m|n 3. n|m und m 6 |n 4. n|m und m|n In den ersten drei Fällen ist nichts weiter zu zeigen, da dann direkt (n 6 |m) ∨ (m 6 |n) erfüllt ist. Betrachten wir den letzten Fall, dass n|m und m|n. Wenn n|m, dann gilt nach Definition von |, dass ∃k ∈ N : m = k · n. Damit ist aber auch n = k1 · m. Wir benutzen nun eine einfach zu zeigende Tatsache der Zahlentheorie: Wenn x · b = y · b für b > 0, x, y ∈ R, dann ist x = y. Damit ist klar, dass k1 ∈ N gelten muss, falls m|n gilt, da es wegen unseres Satzes aus der Zahlentheorie keine Zahl k 0 6= k1 geben kann, so dass n = k 0 · m. Aber k1 ∈ N gilt nur, wenn k = 1, und damit k1 = 1. Dies impliziert aber n = 1 · m = m, also n = m, was ein Widerspruch zu unserer Annahme ist, dass n 6= m. Damit kann der vierte Fall nicht auftreten, und alles ist gezeigt.Unsere Fallunterscheidung endete in einem Widerspruch. Insgesamt war unser Beweis jedoch kein Widerspruchsbeweis, sondern ein direkter Beweis. q.e.d 4