Das Sierpinski-Dreieck Florian König 14. April 2015 1 Einleitung Der von Benoit Mandelbrot geprägte Begriff Fraktal leitet sich von dem lateinischen Wort frangere bzw. fractum ab (deutsch: brechen, bzw. gebrochen) und bezieht sich auf die oft nicht ganzzahlige Dimension von Fraktalen. Es gibt bis jetzt noch keine umfassende Definition von Fraktalen. Um einen Arbeitsbegriff zur Verfügung zu haben, gibt es einige typische Eigenschaften, die als hinreichende Bedingungen für ein Fraktal gelten. Das bedeutet, dass es möglicherweise auch Fraktale ohne diese Eigenschaft gibt. Eine nicht ganzzahlige Dimension ist ein solches hinreichendes Erkennungsmerkmal von Fraktalen, zudem weisen sie einen hohen Grad von Skaleninvarianz bzw. Selbstähnlichkeit auf. In diesem Vortrag wird im Besonderen das Sierpinski-Dreieck als ausgewähltes Fraktal behandelt. 2 Hauptteil 2.1. Konstruktion des Sierpinski-Dreiecks 1. Wähle ein gleichseitiges Dreieck (Initiator). 2. Verkleinere die Figur der jeweils aktuellen Stufe mit dem Skalierungsfaktor s = 1/2 , erstelle drei Kopien davon und füge sie gemäß Abbildung 1 zusammen (Generator). 3. Wiederhole Schritt 2 unendlich oft. 1 Abbildung 1: Schritte des Algorithmus zur Entstehung des SierpinskiDreiecks(Quelle: [4]) Definition 2.2. Das Grenzbild, welches bei unendlicher Wiederholung des unter 2.1. beschriebenen Prozesses entsteht, bezeichnet man als SierpinskiDreieck. Definition 2.3. Eine Struktur heißt selbstähnlich, wenn Teile von ihr verkleinerte Kopien des Ganzen sind. Eine Struktur heißt exakt selbstähnlich, wenn sie sich in einzelne, genaue Kopien des Ganzen zerlegen lässt. Jeder dieser Teile einer exakt selbstähnlichen Struktur ist eine genaue Kopie des Ganzen. Denkt man sich den Prozess der Konstruktion des Sierpinski-Dreiecks unendlich oft fortgeführt und zoomt in ein beliebiges Teildreieck hinein, so wird sich immer wieder das gleiche Bild ergeben. Die in jedem Schritt erzeugten äußeren Teildreiecke enthalten verkleinerte exakte Kopien des gesamten Dreiecks, weshalb das Sierpinski-Dreieck ein Musterbeispiel für exakte Selbstähnlichkeit ist. Satz 2.4. Der Flächeninhalt des Sierpinski-Dreiecks ist gleich null. Beweis: Wird mit a0 die Kantenlänge des Ausgangsdreiecks bezeichnet, so erhält man für den Flächeninhalt dieses Dreiecks √ 3 2 a. A0 = 4 0 Da das Ausgangdreieck nach Konstruktion mit dem Faktor 12 skaliert und danach verdreifacht wird, ergibt sich nach einem Generationsschritt für die Kantenlänge a1 = 12 a0 und somit für den Flächeninhalt des zweiten Dreiecks von Abb. 1 √ √ 3 2 3 1 2 3 A1 = 3 a1 = 3 ( a0 ) = A0 . 4 4 2 4 2 Analog bekommt man für den Flächeninhalt des folgenden Dreiecks 3 3 A2 = A1 = ( )2 A0 4 4 und im allgemeinen Fall 3 An = ( )n A0 , n ∈ N0 . 4 Im Endeffekt ergibt sich für den Flächeninhalt AS.−D. des Sierpinski-Dreiecks 3 AS.−D. = lim An = lim ( )n A0 = 0. n→∞ n→∞ 4 Vgl. [2] Satz 2.5. Der Umfang des Sierpinski-Dreiecks ist gleich unendlich. Beweis: Wird mit a0 die Kantenlänge des Ausgangsdreiecks bezeichnet, so erhält man für den Umfang dieses Dreiecks U0 = 3a0 . Die Kantenlänge des zweiten Dreicks aus Abb. 1 ist durch a1 = 12 a0 gegeben. Daraus folgt der Umfang dieses Dreiecks: 3 1 U1 = 3(3a1 ) = 3(3 a0 ) = U0 . 2 2 Analog ergibt sich in weiterer Folge für ein beliebiges n ∈ N0 3 Un = ( )n U0 2 und somit für den Umfang US.−D. des Sierpinski-Dreiecks 3 US.−D. = lim Un = lim ( )n U0 = ∞. n→∞ n→∞ 2 Zusammenfassend kann man also sagen, dass das Sierpinski-Dreieck zwar keine Fläche bzw. exakter die Fläche A = 0 hat, aber dennoch einen Umfang besitzt. Dieser ist sogar unendlich lang, obwohl er sich auf einem begrenztem Stück Fläche befindet. Das Sierpinski-Dreieck ist somit weder Fläche noch Linie. Genau diese Erkenntnis wollte der Mathematiker und Namensgeber Waclaw Sierpinski seinen Studenten und Studentinnen näher bringen, nämlich dass die Begriffe Linie und Fläche durchaus nicht trivial sind. 3 3 Beispiele für Vorkommen und Anwendung des Sierpinski-Dreiecks Beispiel 3.1. Pascalsches Dreieck Beim Pascalschen Dreieck entsteht eine diskrete Version des SierpinskiDreiecks, wenn man die ungeraden Zahlen einfärbt und die geraden Zahlen farblos lässt. Zeichnet man genügend viele Zeilen des Pacalschen Dreiecks auf, so kann man die Verwandtschaft zum Sierpinski-Dreieck deutlich erkennen. Siehe [3, Abb. 89]. Beispiel 3.2. Handy-Antenne Die amerikanischen Wissenschaftler Nathan Cohen und Robert Hohlfeld entwickelten eine praktische Anwendung für das Sierpinski-Dreieck, die fraktale Handy-Antenne. Diese ist zum einen kleiner und billiger, zudem leistungsfähiger und für weitaus mehr Frequenzen geeignet als, die bis dahin übliche Version aus Gummi. Viele Antennen, die aussehen wie eine einzelne Einheit, wie die meisten Radarantennen, sind in Wirklichkeit Anordnungen von bis zu mehreren tausend kleinen Antennen. Es hat sich herausgestellt, dass der fraktale Aufbau die Stabilität der zufälligen Anordnung mit Effizienz der regelmäßigen Anordnung verbindet. Durch das Zusammenknäulen der Antenne benötigt man nicht nur 61 des Platzes, sondern es entsteht dadurch eine elektrische Kapazität und Induktivität, durch die die Notwendigkeit für externe Geräte zur Erweiterung des Frequenzbereichs beseitigt wird. Literatur [1] Stewart, Ian. (2000). Die Allgegenwart des Sierpinski-Dreiecks. Spektrum der Wissenschaft, 2, 106-107. [2] http://www.math.uni-bremen.de/didaktik/ma/ralbers/ Veranstaltungen/MaDenken1313/Material/Dim_Skript_K2b. pdf[Stand:13.3.2015] [3] http://www.3d-meier.de/tut10/Seite0.html[Stand:14.3.2015] [4] http://www.muel.at/pa/Vorlesungsweb/EG1_6_aehnlichkeit/ Image170.gif[Stand:14.3.2015] 4