Empfehlungen zur Notfallechokardiographie - DGK

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Empfehlungen
Kardiologe 2013
DOI 10.1007/s12181-013-0531-2
© Deutsche Gesellschaft für Kardiologie -  
Herz- und Kreislaufforschung e.V.  
Published by Springer-Verlag Berlin Heidelberg
- all rights reserved 2013
A. Hagendorff1 · K. Tiemann2 · G. Simonis3 · M. Campo dell‘ Orto4 ·
S. von Bardeleben5
1 Abt. für Innere Medizin, Department für Kardiologie und Angiologie,
Universitätsklinikum Leipzig AöR, Leipzig
2 Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin, Isar Herzzentrum, München
3 Klinik für Innere Medizin/Kardiologie, TU Dresden, Herzzentrum Dresden Universitätsklinik, Dresden
4 Department für Kardiologie, Kerckhoff-Klinik, Bad Nauheim
5 Department für Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin,
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität, Mainz
Empfehlungen zur
Notfallechokardiographie
1. Einleitung
Die Echokardiographie ist die zentrale
Bildgebung in der Kardiologie. Auch und
gerade beim instabilen Notfallpatienten
ist die Echokardiographie zur schnellen
Beurteilung von kardiovaskulärer Morphologie und Funktion unersetzbar.
Das Ziel des vorliegenden Dokumentes ist die Ausarbeitung einer Deutschen
Empfehlung für die sichere und effiziente Anwendung der Echokardiographie in
Notfalleinheiten – speziell für Notfälle mit
kardiovaskulären Problemkonstellationen – sowie die Darlegung für notwendige und hinreichende Standards bei der
Durchführung der Notfallechokardiographie im Hinblick auf die Geräte, die Ausbildung und das Training der beteiligten
Anwender. Zusätzlich werden praktische
Aspekte und Konstellationen im Notfallszenario für die Notfallechokardiographie
unter Berücksichtigung der Situation in
Krankenhäusern und Notaufnahmen diskutiert. Aufgrund der zunehmenden Anwendung der Sonographie durch NichtKardiologen in Notfallszenarien werden
von den nationalen und internationalen
kardiologischen Fachgesellschaften Standards für die Anforderungen an die Ausbildung „Notfallechokardiographie“ formuliert [1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10]. Seit 2013
existieren Empfehlungen zur Notfallechokardiographie der europäischen Fachgesellschaft EACVI (European Association
of Cardiovascular Imaging), die für die-
se Empfehlungen an die Verhältnisse der
Notfallversorgung in Deutschland angepasst wurden [1].
2. Definitionen
2.1. Definition:
Notfallechokardiographie
Der Begriff Notfallechokardiographie
ist in Übereinstimmung mit den kürzlich publizierten EACVI-Empfehlungen
auch in diesem Dokument reserviert für
eine qualifizierte Diagnostik durch einen
Kardiologen oder einen Arzt, der eigenständig und eigenverantwortlich die Untersuchung durchführen, dokumentieren, interpretieren und befunden kann
[9]. Dies impliziert bestmögliche praktische Fertigkeiten des Anwenders in Bezug auf die Echokardiographie und fundierte klinische Erfahrung bei der Diagnostik und Therapie kardiovaskulärer
Erkrankungen.
2.2 Definition: fokussierte
Sonographie des Herzens
Vom Begriff Notfallechokardiographie ist
der Begriff der „fokussierten Sonographie
des Herzens“ zu unterscheiden.
Die fokussierte Sonographie des Herzens ist eine orientierende, fokussierte diagnostische Maßnahme im Notfall,
die im Hinblick auf die Gerätetechnik,
die Durchführung, die Dokumentation,
die Datenspeicherung, die Interpretation
und den Befund nicht einer vollständigen
standardisierten Echokardiographie entspricht [1]. Die fokussierte Sonographie
des Herzens dient primär zur einfachen
Ausschlussdiagnostik wesentlicher Notfalldiagnosen und zur schnellen Sicherung wichtiger Befunde im Notfall. Unter
die fokussierte Sonographie des Herzens
fallen damit sonographische Untersuchungen der Notfallmedizin, der Intensivmedizin, der Allgemeinmedizin oder
sonstiger angrenzender Fachbereiche, die
nach nur partieller Vermittlung durch
entsprechende fokussierte Ausbildungsinhalte auch von Nicht-Kardiologen durchgeführt werden können. Kurztrainingsprogramme mit nur partieller Vermittlung der Methode haben als Echoscannen [7, 9] und als sog. fokussierte Echokardiographie in der Literatur Einzug ge-
Infobox Empfehlungen zur Notfallechokardiographie
A. Hagendorff, K. Tiemann, S. von Bardeleben
für die Arbeitsgruppe AG5 „Kardiovaskulärer
Ultraschall“ der Deutschen Gesellschaft für
Kardiologie
G. Simonis und M. Campo dell‘ Orto für die
Arbeitsgruppe AG3 „Kardiovaskuläre Intensivund Notfallmedizin“ der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie
Der Nukleus der AG 05 „Kardiovaskulärer
Ultraschall“ der DGK war am Verfassen dieser
Arbeit beteiligt.
Der Kardiologe 2013 | 1
Empfehlungen
Notfall:
Akute Dyspnoe/ akuter Thoraxschmerz/ hämodynamische Instabilität
Notfallechokardiographie
nicht ad hoc verfügbar
Notfallechokardiographie
verfügbar
Notfallechokardiographie
Fokussierte Notfallsonographie
des Herzens
Diagnosesicherung
und
genaue
Analyse
Ausschlussdiagnostik oder
Diagnosebestätigung
Perikarderguss
ja-nein
LV-Dilatation
ja-nein
LV-Funktion
normal-reduziert
RV-Dilatation
ja-nein
RV-Funktion
normal-reduziert
V. cava inferior
normal-gestaut
Herzinsuffizienz
Herzinfarkt
Lungenembolie
Perikardtamponade
Klappenvitium
falls pathologisch
mit Zeitreserve
falls pathologisch
ohne Zeitreserve
bei hämodynamischer
Instabilität
oder Reanimation
Endokarditis
Aortendissektion
Sofortige
Therapieentscheidung
aus Klinik und
Sonographiebefund
Sofortmaßnahmen
wie Lyse,
Perikardpunktion,
Katheterintervention,
Operation
falls normal
Frühzeitige elektive
Echokardiographie
Abb. 1 9 Entscheidungswege zur fokussierten Sonographie des Herzens
bzw. zur Notfallechokardiographie in Abhängigkeit
von Symptomen des Patienten im Notfall. LV linker Ventrikel, RV rechter
Ventrikel
Myokardinfarkt und myokardiale Ischämie
2 | Untersuchungsmodalitäten
Durchführung
Schnittebenen
Analysen
Zielgrößen und
Zielstruktur
Analysestufe
1
Visuelle qualitative
Wandbewegungsanalyse
M-Mode;
PLAX und PSAX;
apikale Standardschnitte:
AP4, AP2, APLAX
RWBS: RCX
RWBS: LAD/RCX/RCA
AP4: LAD/RCX/RCA; AP2:
LAD/RCA; APLAX: LAD/RCX
Analysestufe
2
Semiquantitative und
quantitative
Wandbewegungsanalyse (RWBS)
Analysestufe
3
Zusatztechniken zur
Detektion von Infarktkomplikationen
Analysestufe
4
Weitere Zusatzuntersuchungen
Der Kardiologe 2013
PLAX und PSAX;
apikale Standardschnitte: AP4,
AP2, APLAX
Farbdoppler;
PW-, CW-Doppler;
RWBS in
anatomischen M-Modes;
LV-Planimetrie nach Simpson;
Gewebedoppler;
Deformations-Imaging
Infarkt-VSD; MI; Al;
Subkostale Anlotung
Perikarderguss bei M. Dressler
oder Perforation
Kontrastechokardiographie;
Transösophageale
Echokardiographie;
Stressechokardiographie
RWBS und Perforationen;
RWBS und alle
Infarktkomplikationen;
Induzierbare RWBS
Abb. 2 9 Untersuchungsmodalitäten, Schnittebenen und Zielstrukturen bei
der echokardiographischen
Notfalldiagnostik des Myokardinfarktes. RWBS regionale Wandbewegungsstörung, AP4 apikaler 4-Kammer-Blick, AP2 apikaler 2Kammer-Blick, APLAX apikale lange Achse, PLAX
parasternale lange Achse, PSAX parasternale kurze Achse, LAD Ramus interventricularis anterior, RCA
rechte Koronararterie, RCX
Ramus circumflexus, MI Mitralklappeninsuffizienz, AI
Aortenklappeninsuffizienz,
VSD Ventrikelseptumdefekt, PW „pulsed wave“, CW
„continuous wave“
Zusammenfassung · Abstract
funden [11, 12, 13, 14, 15, 16, 17]. Die fokussierte Sonographie des Herzens ist damit
eine mit nichtkardiologischer Kompetenz durchgeführte Maßnahme und entspricht einer schnellen, nicht standardisierten sonographischen Darstellung kardialer Zielstrukturen mit den konventionellen echokardiographischen Techniken
der 2D- und Farbdopplerechokardiographie durch ärztliches und z. T. auch nichtärztliches Personal. Die fokussierte Sonographie des Herzens mit Pocket-Size-Imaging-Devices ist in der Literatur als Echoscannen beschrieben [7, 9].
Die fokussierte Sonographie des Herzens ist bei allen potenziellen kardiovaskulären Notfällen indiziert, bei denen aus
organisatorischen Gründen nicht eine
Notfallechokardiographie durch einen
Kardiologen oder einen Arzt mit kardiologischer Expertise und echokardiographischen Fertigkeiten durchgeführt werden kann. Aufgrund ihres orientierenden
Charakters dient sie primär zur Bestätigung oder zum Ausschluss einer primären Verdachtsdiagnose. Somit können mit
der fokussierten Sonographie des Herzens
folgende kardiovaskuläre Problemkonstellationen geklärt werden: die mechanischen Herzaktionen zur Detektion einer
elektromechanischen Entkopplung, die
Größe und die Funktion des linken und
rechten Ventrikels bei der Verdachtsdiagnose eines Herzinfarktes, einer Herzinsuffizienz und/oder einer Lungenembolie,
der Perikarderguss bei der Klärung einer
möglichen Tamponade und die Weite der
unteren Hohlvene zur Analyse des Volumenstatus des Kreislaufsystems bzw. der
Einflussbehinderung in den rechten Vorhof. Bei Feststellung einer kardiovaskulären Erkrankung durch eine fokussierte
Sonographie des Herzens muss anschließend eine qualifizierte Notfallechokardiographie oder eine elektive Echokardiographie zur weiteren Beurteilung des kardialen Status des Patienten erfolgen.
3. Einsatzmöglichkeiten
der Notfallechokardiographie unter besonderer
Berücksichtigung spezieller
kardiovaskulärer Erkrankungen
Die Durchführung einer Notfallechokardiographie erfordert als technische Vor-
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Empfehlungen zur Notfallechokardiographie
Zusammenfassung
Die Deutschen Empfehlungen für die Anwendung der Echokardiographie in der Notfallmedizin zeigen die Standards der Notfallechokardiographie im Hinblick auf Gerätetechnik, Durchführung, Dokumentation, Datenspeicherung, Interpretation und Befund sowie Ausbildung und Training der beteiligten Anwender. Eine Notfallechokardiographie definiert eine qualifizierte Diagnostik
durch einen Kardiologen oder einen Arzt, der
eigenständig und eigenverantwortlich die
Untersuchung durchführen, dokumentieren,
interpretieren und befunden kann. Die fokussierte Sonographie des Herzens ist dagegen
eine orientierende, fokussierte diagnostische
Maßnahme im Notfall, die nicht den qualitativen Standards einer Notfallechokardiographie entspricht. Diese Empfehlungen beschreiben die echokardiographische Vorgehensweise bei Myokardinfarkt, Lungenembolie, Perikardtamponade, akutem Herzklappenfehler, Endokarditis, Aortendissektion,
Thoraxtrauma, Schock und Herzinsuffizienz
unter Berücksichtigung der wesentlichen kardialen Strukturen.
Schlüsselwörter
Notfall · Echokardiographie · Fokussierte
Sonographie · Standards · Dokumentation
Recommendations on emergency echocardiography
Abstract
The German recommendations on emergency echocardiography set up and propose
standards for ultrasound equipment, execution, documentation, data storage, interpretation of the results as well as education and
training of physicians performing echocardiography in the emergency setting. Emergency echocardiography is defined as a comprehensive diagnostic procedure performed
by cardiologists or physicians who are able
to independently perform echocardiography
and its documentation and to interpret the
results unaided. In contrast, focused sonography of the heart is an informative, focused diagnostic measure in emergencies which does
aussetzung die Verfügbarkeit aller Modalitäten der konventionellen transthorakalen und transösophagealen Echokardiographie sowie der Kontrastechokardiographie. Optional und wünschenswert ist die
Möglichkeit des Einsatzes moderner Verfahren wie die multidimensionale Echokardiographie und die Deformationsbildgebung.
Die Notfallechokardiographie ist
grundsätzlich bei jedem potenziellen kardiovaskulären Notfall durchzuführen,
wenn primär ein Kardiologie oder Arzt
mit kardiologischer Expertise die Untersuchung mit den notwendigen echokardiographischen Fertigkeiten durchführen kann. Die Notfallechokardiographie
not adequately conform to the quality standards of emergency echocardiography. The
recommendations describe the echocardiographic approach and procedure in cardiovascular diseases, such as acute myocardial infarction, pulmonary embolism, pericardial tamponade, acute heart valve diseases, endocarditis, aortic dissection, thoracic trauma,
shock and heart failure considering the most
important cardiac structures.
Keywords
Emergency · Echocardiography · Focused
sonography · Standards · Documentation
ist entsprechend der Fragestellung und
möglichen Diagnose strukturiert und
zielgerichtet durchzuführen. Die primäre Durchführung einer Notfallechokardiographie oder einer fokussierten Sonographie des Herzens ist sowohl durch die
möglichen Verdachtsdiagnosen als auch
durch die Verfügbarkeit von Geräten und
Untersuchern sowie durch Zeitfaktoren
determiniert (. Abb. 1). Die Notfallechokardiographie dient primär zur Klärung der im Folgenden aufgeführten kardiovaskulären Erkrankungen. Für diese Fragestellungen ist in der Literatur jeweils mit einem Evidenzgrad I nach allgemeiner Übereinkunft beschrieben, dass
die Echokardiographie im Notfall effektiv
Der Kardiologe 2013 | 3
Empfehlungen
Lungenembolie
Untersuchungsmodalitäten
Durchführung
Schnittebenen
Analysen
Zielgrößen
Rechtsherzbelastung,
hämodynamische
Instabilität
Analysestufe
1
Visuelle qualitative
Beurteilung des
rechten Ventrikels;
Wandbewegungsanalyse
M-Mode;
PSAX; AP4;
subkostale Anlotung;
Farbdoppler
Größe des RA und RV;
RV-Funktion; Weite des Truncus
pulmonalis; Thromben
TV-Insuffizienz; Venenstauung
Analysestufe
2
Parallele bzw.
primäre
Zusatzuntersuchungen
Klinische Parameter; EKG;
Laboruntersuchungen:
hs-Tn, BGA
Tachykardie; Hypotonie;
Niedervoltage; RSB; D-Dimere;
Thrombozyten; HämatokritErhöhung; Zyanose;
Herzsilhouette
Analysestufe
3
Spezielle Zusatz- und
Alternativuntersuchungen mit
jeweiliger Priorität
nach Leitlinien
Computertomographie;
Pulmonalisangiographie;
Szintigraphie;
TEE
Nachweis von thrombotischem
Material;
Dokumentation des
Perfusionsdefizits
Abb. 3 9 Untersuchungsmodalitäten, Schnittebenen und Zielgrößen bei der
echokardiographischen
Notfalldiagnostik der Lungenembolie. PSAX parasternale kurze Achse, AP4 apikaler 4-Kammer-Blick, RA
rechtes Atrium, RV rechter
Ventrikel, EKG Elektrokardiogramm, BGA Blutgasanalyse, hs-Tn hochsensitives
Troponin, TEE transösophageale Echokardiographie,
RSB Rechtsschenkelblock,
TV Trikuspidalklappe
Perikardtamponade
Untersuchungsmodalitäten des
Perikardraumes
Durchführung
Schnittebenen
Analysen
Zielgrößen
Analysestufe
1
Qualitative
Beurteilung des
Perikardraumes
M-Mode;
AP4;
subkostale Anlotung
Flüssigkeit im Perikard;
Kompression von RA
und/oder RV;
Beurteilung V. cava inferior
Analysestufe
2
Funktionelle Analyse
der
hämodynamischen
Relevanz des
Perikardergusses
AP4;
PW-Spektraldoppler;
subkostale Anlotung
Kompression von RA
und/oder RV;
Atemvariabilität der
intrakardialen Flusskurven;
“Swinging heart”
Analysestufe
3
Evaluierung vor bzw.
bei Perikardpunktion
Präinterventionelle Zielortung
und Dokumentation;
Simultanes Guiding unter sterilen
Kautelen
Darstellung der
Einstichanlotung bzw. der
Nadelführung
und nützlich ist [18]. Eine Notfallechokardiographie und/oder eine fokussierte Sonographie des Herzens sind jedoch auch
bei jeglichen unklaren Notfallsituationen
gerechtfertigt, weil sie potenziell für die
Diagnosestellung wichtig sind.
Im Folgenden werden bei den wesentlichen kardiovaskulären Notfällen strukturierte Untersuchungsgänge der Notfallechokardiographie im Kontext der Notfalldiagnostik vorgestellt. Die abgebilde-
4 | Der Kardiologe 2013
ten Ablaufschemata für die jeweiligen
Diagnosen entsprechen praktischen Empfehlungen der Autoren.
3.1. Myokardinfarkt und
Myokardischämie (regionale
Wandbewegungsstörungen
und Komplikationen)
Die echokardiographische Zielgröße zur
Detektion einer akuten myokardialen Is-
Abb. 4 9 Untersuchungsmodalitäten, Schnittebenen und Zielgrößen bei der
echokardiographischen
Notfalldiagnostik der Perikardtamponade. AP4 apikaler 4-Kammer-Blick, RA
rechtes Atrium, RV rechter
Ventrikel, V. cava inferior Vena cava inferior, PW „pulsed wave“
chämie und/oder eines Myokardinfarktes
ist die neu aufgetretene regionale Wandbewegungsstörung und deren Ausmaß,
die nativ bei unzureichender Bildqualität
besser mithilfe der Kontrastechokardiographie mit Sensitivitäten und Spezifitäten jeweils über 80% dokumentiert werden können [19, 20, 21]. Die moderne Deformationsbildgebung ist auch im Notfall
eine vielversprechende, derzeit jedoch im
Hinblick auf die bislang nicht standardi-
sierten Berechnungen der Deformationsparameter bei den verschiedenen Geräteherstellern eine noch zu evaluierende
Methode. Aufgrund der aktuellen Definition des Myokardinfarktes hat die kardiale Bildgebung – speziell bei der Diagnose des posterolateralen Infarktes – eine
zunehmende Bedeutung [22, 23]. Der
posterolaterale Myokardinfarkt im Perfusionsgebiet des Ramus circumflexus ist
in den Standardableitungen des 12-KanalEKG oft maskiert. Daher sollte die Echokardiographie speziell bei der Diagnostik
des NSTEMI und des akuten Koronarsyndroms zur Sicherung oder zum Ausschluss einer posterolateralen Kinetikstörung und damit einer transmuralen Seitenwandischämie im Notfall zum Einsatz kommen. Weiterhin wird die Notfallechokardiographie in der Detektion
der Infarktkomplikationen wie Ventrikelseptumdefekt, Papillarmuskelruptur und
akute Mitralklappeninsuffizienz eingesetzt (. Abb. 2).
3.2. Lungenembolie
Die echokardiographische Beurteilung
des rechten Herzens bei Lungenembolie
ist eine zentrale Aufgabe der Notfallechokardiographie. Mittels Echokardiographie
können in erster Linie die hämodynamischen Konsequenzen einer Lungenembolie nachgewiesen werden, während die
Detektion von Thromben in der Pulmonalisstrombahn nur unter günstigen Umständen gelingt. Damit liegt die Sensitivität zur Detektion einer akuten Lungenembolie in der Literatur zwischen 56 und 79%
[24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31]. Die echokardiographische Abschätzung der hämodynamischen Relevanz der Lungenembolie
ist jedoch von prognostischer und therapeutischer Bedeutung. Dabei müssen die
Dimensionen der rechten Herzhöhlen, die
Kontraktionsamplitude des rechtsventrikulären Myokards, die rechtsventrikuläre
Wandstärke, der Schweregrad der Trikuspidalklappeninsuffizienz, die kalkulierten pulmonalarteriellen Drücke und der
Füllungszustand der systemischen Venen
zur Gesamtbeurteilung analysiert und
interpretiert werden. Eine akute hämodynamisch relevante Lungenembolie ohne Vorerkrankung des rechten Herzens
geht z. B. mit einer rechtsventrikulären
Dilatation, einer Abnahme der rechtsventrikulären Kontraktionsamplitude, einer
Wandverdünnung, einem eher niedrigen Schweregrad der Trikuspidalklappeninsuffizienz, mäßig erhöhten Pulmonalisdrücken und unterschiedlich ausgeprägten Zeichen einer Rechtsherzstauung
bzw. einer systemvenösen Stauung einher
(. Abb. 3).
3.3. Perikardtamponade
(hämodynamische Relevanz
eines Perikardergusses,
perikardiale Blutungen bei
Myokardperforationen)
Die Detektion eines Perikardergusses ist
echokardiographisch leicht möglich und
wird in der Regel durch die subkostale
Anlotung diagnostiziert und dokumentiert. Die Sensitivität zur Detektion eines
Perikardergusses liegt bei 95–100%, die
Spezifität über 85% [32, 33]. Die Schwierigkeit bei der Diagnostik des Perikardergusses liegt in der Einschätzung der hämodynamischen Relevanz. Die Dokumentation einer hämodynamischen Relevanz bis zur Perikardtamponade hat zudem die direkte therapeutische Konsequenz der Perikardpunktion zur Folge
und sollte daher zuverlässig und sicher
erfolgen. Eine weitere echokardiographische Herausforderung ist die Differenzierung von teilorganisierten Perikardergüssen sowie die Beurteilung peri- und parakardialer Hämatome mit ihren hämodynamischen Effekten (. Abb. 4).
3.4. Akute Herzklappenfehler
(akute Klappendysfunktionen, Endokarditis)
Die Echokardiographie spielt eine zentrale Rolle in der morphologischen und
funktionellen Analyse der Herzklappen.
Die echokardiographische Dokumentation und Analyse sollten nach den nationalen und internationalen Empfehlungen
zur Beurteilung von Herzklappenfehlern
erfolgen [18, 34, 35, 36, 37]. Morphologisch sollte die Ursache eines Klappenfehlers dargestellt werden, damit die Ursache
des Defektes geklärt werden kann. Funktionell ist der Schweregrad des Klappendefektes durch die Analyse der jeweiligen Zielgrößen zu ermitteln. Die Zielgrö-
ße einer Stenose ist die anatomische bzw.
effektive Klappenöffnungsfläche, die Zielgröße einer Insuffizienz die Regurgitationsfraktion oder alternativ die Regurgitationsöffnung. Oft gelingt die Beurteilung
des Schweregrades eines Klappenfehlers
nur indirekt durch dopplerechokardiographische Messungen. Die einem Herzklappenfehler benachbarten Herzhöhlen
sind in Bezug auf Dimension und Funktion zur Entscheidungsfindung eingehend
zu beurteilen (. Abb. 5).
Eine besondere Notfallindikation zur
Echokardiographie besteht bei Verdacht
auf eine Endokarditis. Neben der direkten Detektion der morphologischen Korrelate der Endokarditis wie Vegetationen und Abszedierungen analysiert der
Untersucher mit der Echokardiographie
die Morphologie und Funktion der einzelnen Klappen sowie mögliche endokarditische Komplikationen wie mykotische
Aneurysmata und myo- und perikardiale Beteiligungen. Endokarditische Läsionen wie Vegetationen und Abszedierungen werden mit einer Sensitivität und Spezifität jeweils zwischen 90 und 100% detektiert [38, 39]. Aufgrund der drohenden Komplikationen wie Hirninfarkt,
Klappendestruktionen und Abszedierungen ist, in der Regel aufgrund der besseren
diagnostischen Genauigkeit, sofort auch
im Notfall eine transösophageale Echokardiographie durchzuführen (. Abb. 6).
3.5. Aortendissektion
Die Aortendissektion stellt eine besondere Notfallsituation dar. Auf der einen Seite ist sie die Hauptdifferenzialdiagnose bei
Verdacht auf Myokardinfarkt und/oder
bei akutem Koronarsyndrom bei Patienten mit nicht nachweisbaren regionalen
Wandbewegungsstörungen, zum anderen
zwingt die Diagnose einer Dissektion der
Aorta ascendens (Typ-A-Dissektion nach
Stanford-Klassifikation) zu einer sofortigen bzw. schnellstmöglichen operativen
Therapieeinleitung. Neben einer oft typischen Anamnese weisen ein Perikarderguss und/oder eine Aortenklappeninsuffizienz auf das mögliche Vorliegen einer
Typ-A-Dissektion hin. Aber auch ohne
diese genannten Hinweise kann eine Aortendissektion vorliegen. Durch die Echokardiographie – speziell die transösophaDer Kardiologe 2013 | 5
Empfehlungen
Akute Herzklappenfehler
Klappenfehler
Zielstruktur
Durchführung
Schnittebenen
Analysen
Aortenklappenstenose
LV-/LVOT- und Aortendimension und LV- und
AV-Funktion
PLAX und PSAX;
AP4, AP2, APLAX;
Spektral- und Farbdoppler;
PW-LVOT; CW-AV
Planimetrie AVA;
AV-Gradient;
AVA-Kontinuitätsgleichung;
globale LV-Funktion
Aortenklappeninsuffizienz
LV-/LVOT- und Aortendimension und LV- und
AV-Funktion
AP4, AP2, APLAX;
Spektral- und Farbdoppler;
PW-LVOT; CW-AV;
Descendens-/Subclavia-Fluss
LV-Funktion;
Aortendurchmesser; HZV;
PHT; diastolischer Rückfluss in
den großen Gefäßen
Mitralklappenstenose
LA- und LVDimension und LAund MV-Funktion
PLAX, PSAX;
AP4, AP2, APLAX;
Spektral- und Farbdoppler;
CW-MV und CW-TV
LA- und LV-Dimension;
LA- und LV-Funktion;
MVA-Planimetrie; MVGradient; PHT; PISA; PAPsys
Mitralklappeninsuffizienz
LA- und LV-Dimension
und LA- und
MV-Funktion
AP4, AP2, APLAX;
Spektral- und Farbdoppler;
CW-MV und CW-TV
LA- und LV-Dimension;
LA- und LV-Funktion;
V. contracta; PISA; PAPsys
Trikuspidalklappeninsuffizienz
RA- und RVDimension und RAund TV-Funktion
AP4 und rechter AP2;
Spektral- und Farbdoppler;
CW-TV; subkostale Anlotung
RA- und RV-Dimension;
RA- und RV-Funktion;
V. contracta; PAPsys;
Dimension - Kollaps V. cava inferior
Zielgröße:
Öffnungsfläche bzw.
Regurgitationsfraktion
Abb. 5 9 Zielstruktur,
Schnittebenen und Zielgrößen bei der echokardiographischen Notfalldiagnostik
von akuten Herzklappenfehlern. PLAX parasternale
lange Achse, PSAX parasternale kurze Achse, AP4 apikaler 4-Kammer-Blick, AP2
apikaler 2-Kammer-Blick,
APLAX apikale lange Achse, AVA Aortenklappenöffnungsfläche, AV Aortenklappe, LVOT linksventrikulärer Ausflusstrakt, LV linker
Ventrikel, LA linkes Atrium,
HZV Herzzeitvolumen, PHT
„pressure half time“, MVA
Mitralklappenöffnungsfläche, MV Mitralklappe, PISA „peak isovelocity surface area“, PAPsys systolischer
Pulmonalisdruck, TV Trikuspidalklappe, RA rechtes Atrium, RV rechter Ventrikel, V. cava inferior untere
Hohlvene, PW „pulsed wave“, CW „continuous wave“
Endokarditis
Zielgrößen:
Vegetationen;
Abszess
Analysestufe
1
Morphologische
Analyse von Klappen
und Myokard
M-Mode und alle standardisierten
und sonstigen Schnittebenen zur
morphologischen
Charakterisierung
Flottierende Strukturen an
den Klappen; perianuläre
Gewebeauflockerungen
Analysestufe
2
Funktionelle Analyse
von Klappen und
Myokard
Alle standardisierten apikalen
Schnitte zur LV- und RV-Analyse;
PW- und CW-Spektraldoppler;
Farbdoppler
Qualitative Beurteilung von
Klappenfehlern; Turbulenzen
im Myokard als Hinweis auf
perianuläre und murale
Abszedierungen
Analysestufe
3
Endokarditiskomplikationen und
Begleiterkrankungen
Farbdoppler;
Subkostale Anlotung
Größe und Emboliegefahr der
Vegetationen; Abszedierungen
in der fibrösen aorticomitralen
Übergangszone; murale
Abszesse; Perikardeinblutungen
Analysestufe
4
Notwendige Zusatzuntersuchungen
Transösophageale
Echokardiographie;
Kontrastechokardiographie;
CCT; Abdomen-CT
Sicherung der Diagnose und
präoperative Struktur- und
Funktionsanalyse; Detektion
peripherer Embolien
geale Echokardiographie – kann nach Literatur eine Dissektion mit einer Sensitivität von 85–100% und einer Spezifität von
75–100% nachgewiesen werden [40, 41,
6 | Durchführung
Schnittebenen
Analysen
Der Kardiologe 2013
42, 43]. Die Computertomographie ist in
der Lage den gesamten Verlauf der Aorta abzubilden und intramurale Hämatome zu identifizieren. Daher bietet sie vie-
Abb. 6 9 Stufendiagnostik, Schnittebenen und Zielgrößen bei der echokardiographischen Notfalldiagnostik der Endokarditis. LV
linker Ventrikel, RV rechter
Ventrikel, PW „pulsed wave“, CW „continuous wave“,
CT Computertomographie,
CCT koronare Computertomographie
le Vorteile in der Diagnostik der Aortendissektion. Wesentlicher Vorteil der initialen echokardiographischen Notfalldiagnostik – auch mittels transösophagea-
ler Technik – ist die schnelle, bettseitige
Identifizierung einer komplizierten TypA-Dissektion bei hämodynamisch instabilen Patienten. Somit sind in der Akutsituation eine sehr schnelle Sicherung der
Verdachtsdiagnose, eine schnelle Beurteilung einer Aortenklappeninsuffizienz und
eines Perikardergusses und dadurch eine
schnelle Therapieplanung einschließlich
der Beurteilung der Notwendigkeit einer
Aortenklappenrekonstruktion oder Prothesenimplantation möglich (. Abb. 7,
8).
3.6. Thoraxtrauma
Nach stumpfen und auch penetrierenden Thoraxtraumata sowie beim Dezelerationstrauma (z. B. Sturz aus großer Höhe, Autounfall) ist die echokardiographische Notfalldiagnostik zur Klärung der
kardialen Beteiligung – insbesondere bei
eintretender hämodynamischer Instabilität und bei sekundären Rhythmusstörungen – indiziert [5]. Herzkontusionen mit
Einblutungen in das Myokard auf Vorhofund Ventrikelebene, Rupturen der thorakalen Aorta und großer thorakaler Gefäße mit Perikardtamponade sowie Ausrisse einzelner Klappenstrukturen stellen
das Spektrum des traumatischen Notfallszenarios am Herzen dar. Beim Thoraxtrauma gestattet aufgrund der oberflächlichen Wunden oft nur die transösophageale Echokardiographie den einzigen sonographischen Blick auf das Herz. Die typische Prädilektionsstelle für eine Aortenruptur beim Dezelerationstrauma liegt
im Bereich des ehemaligen Ductus Botalli
(Aortenisthmus) und ist nur mittels transösophagealer Echokardiographie oder alternativ mittels thorakaler Computertomographie einsehbar (. Abb. 9).
3.7. Schockzustände
Neben den Indikationen der Notfallechokardiographie bei bestimmten Verdachtsdiagnosen kardiovaskulärer Erkrankungen wird die Echokardiographie zur Differenzierung von Schockformen und zur
Klärung der Genese einer Herzinsuffizienz eingesetzt [20, 44]. Die Notfallechokardiographie ist bei unklarem Schockzustand in der Lage, durch gezielte Anlotungen und Darstellungen von kardialen
Strukturen Entscheidungshilfen zur Differenzierung der verschiedenen Schockformen zu geben (. Abb. 10).
3.8. Akute Herzinsuffizienz
Klinische Zeichen einer Herzinsuffizienz
im Notfall prädisponieren zum Einsatz
der Notfallechokardiographie. Die schnelle Ursachenklärung der Einschränkung
der globalen links- und rechtsventrikulären Funktion kann im Zusammenhang
mit weiteren echokardiographischen Befunden und klinischen Informationen zur
Differenzierung einer akuten bzw. chronischen kardiovaskulären Problematik und
damit zur Erleichterung einer schnellen
gezielten Therapieentscheidung beitragen ([45, 46, 47], . Abb. 11).
4. Kardiale Struktur- und
Funktionsanalyse durch die
Notfallechokardiographie
– speziell in kardiologischen
Notfalleinheiten („emergency
care units/chest pain units“)
Speziell bei unbekannter Grunderkrankung ist im Notfall mindestens eine
schnelle, fokussierte, nach Möglichkeit jedoch vollständige und systematische Dokumentation der kardiovaskulären Strukturen und kardialen Funktion durchzuführen. Je nach Pathologie sollten die entsprechenden Schnittebenen für die Charakterisierung der zuvor angesprochenen
Erkrankungen unter besonderer Berücksichtigung der folgenden 7 wichtigen kardialen Strukturen beurteilt werden:
Fdie Funktion der Mitralsegel und des
linken Ventrikels,
Fdas interatriale Septum,
Fdie Aortenklappe und die fibröse aorticomitrale Übergangszone,
Fdie Aortenwurzel, die proximale Aorta ascendens und der Aortenbogen,
Fder rechte Ventrikel und das interventrikuläre Septum,
Fdie untere Hohlvene und die zentralen Lebervenen,
Fder Perikardraum.
Die Dokumentation und Beurteilung der
kardialen Strukturen sowie der kardialen
Funktion sollte nach Möglichkeit auch im
Notfall entsprechend den internationalen
Empfehlungen vorgenommen werden.
Die Dokumentation von Morphologie
und Funktion dieser Strukturen ist mithilfe konventioneller echokardiographischer
Methoden – speziell der 2D-Echokardiographie, der Spektral- und Farbdopplerechokardiographie – möglich, sodass eine
qualifizierte Notfallechokardiographie
prinzipiell auch mit portablen Echogeräten durchgeführt werden kann [3, 10, 18,
30, 31, 34, 35, 36, 48, 49]. Der Einsatz von
Ultraschallsystemen mit den modernen
Optionen der Echokardiographie sollte,
soweit möglich und verfügbar, bevorzugt
werden, da spezielle Fragestellungen der
Wandbewegungsanalyse und der Klappenmorphologie direkt mittels Deformationsimaging und 3D-Echokardiographie
genauer beantwortet werden können und
besser objektivierbar sind.
Struktur: Funktion der
Mitralsegel und des linken
Ventrikels (. Abb. 12)
Das vordere Mitralsegel ist die morphologische Trennung zwischen der linksventrikulären Einflussbahn während der
Diastole und der linksventrikulären Ausflussbahn während der Systole. Während
der frühen Diastole (E-Welle) öffnet sich
normalerweise das vordere Mitralsegel bis
auf eine minimale Distanz zum Kammerseptum hin. Während der Systole bildet
es den Boden der linken Herzkammer bei
geschlossener dichter Mitralklappe. Diese Relaisfunktion des vorderen Mitralsegels kann am besten in einer langen Achse des linken Ventrikels analysiert werden, da diese Schnittebene genau senkrecht zur Kommissur der Mitralis angeordnet ist. Eine intakte Funktion der Mitralklappe kann durch einen laminaren
Fluss während des gesamten Herzzyklus
ohne Nachweis von Turbulenzen durch
die farbkodierte Dopplerechokardiographie erkannt werden.
Der echokardiographische Blick auf
das vordere Mitralsegel zeigt im Notfall
somit relativ einfach eine mögliche relevante Störung der Gesamtfunktion des
linken Ventrikels an. Die Detektion einer
relevanten restriktiven Funktionseinschränkung des hinteren Mitralsegels mit
konsekutiver Mitralklappeninsuffizienz
weist auf eine Myokardischämie der Hinterwandregion hin. Die Beurteilung der
Der Kardiologe 2013 | 7
Empfehlungen
Aortendissektion (Stanford A)
Durchführung
Schnittebenen
Analysen
Zielgrößen:
Weite der Aorta
ascendens;
Dissektionslamelle
Analysestufe
1
Beurteilung thorakale
Aorta;
direkte und indirekte
Hinweise für Dissektion
PLAX; APLAX, AP5;
Farbdoppler;
Subkostale Anlotung
Aortendurchmesser;
Dissektionslamelle;
Aortenklappeninsuffizienz;
Perikarderguss
Analysestufe
2
Parallele
Zusatzuntersuchungen
Klinische Parameter; EKG;
Laboruntersuchungen;
Thoraxröntgenaufnahme
Akuter Thoraxschmerz;
ST-Hebungen; Niedervoltage bei
PE; Troponin; D-Dimere;
Herzsilhouette
Analysestufe
3
Spezielle Zusatzuntersuchungen
TEE;
Computertomographie;
(Kardio-MRT)
TEE: Dissektionslamelle;
Entry und Re-Entry;
CT/MRT: Darstellung der
Dissektionsmembran
Abb. 8 8 Zweidimensionale und multidimensionale Echokardiographie sowie Spiral-CT als Beispiel der kompetitiven Diagnostik im Notfall bei der Aortendissektion
8 | Der Kardiologe 2013
Abb. 7 9 Stufendiagnostik,
Schnittebenen und Zielgrößen bei der echokardiographischen Notfalldiagnostik
der Aortendissektion. PLAX
parasternale lange Achse,
APLAX apikale lange Achse, AP5 apikaler 5-KammerBlick, PE Perikarderguss, TEE
transösophageale Echokardiographie, EKG Elektrokardiogramm, MRT Magnetresonanztomographie, CT
Computertomographie
Thoraxtrauma
Zielstruktur
Durchführung
Schnittebenen
Analysen
Zielgrößen der:
Myokardkontusion:
Einblutung, Ödem
Zielgrößen der Myokardruptur:
Perforation, Perikarderguss
Analysestufe
1
Beurteilung RVund LV-Wand
sowie RV- und LVFunktion (RWBS)
M-Mode, PLAX, PSAX;
AP4, AP2, APLAX;
PW-Doppler; Farbdoppler;
Subkostale Anlotung
RA-/RV- und LA-/LV-Wanddicke;
RV- und LVKontraktionsamplitude; HZV;
Mitralklappeninsuffizienz;
Perikarderguss
Analysestufe
2
Morphologie und
Funktion des
Myokards durch
Zusatzuntersuchungen
Thoraxröntgenaufnahme;
Kardio-MRT;
Computertomographie
Darstellung der kardialen
Läsion und Rupturen der
großen thorakalen Gefäße
Abb. 9 9 Zielstruktur,
Schnittebenen und Zielgrößen bei der echokardiographischen Notfalldiagnostik von Thoraxtraumata.
RV rechter Ventrikel, LV linker Ventrikel, RWBS regionale Wandbewegungsstörungen, PLAX parasternale
lange Achse, PSAX parasternale kurze Achse, AP4 apikaler 4-Kammer-Blick, AP2
apikaler 2-Kammer-Blick,
APLAX apikale lange Achse,
RA rechtes Atrium, LA linkes Atrium, HZV Herzzeitvolumen, PW „pulsed wave“, MRT Magnetresonanztomographie
Schockzustände und deren Differenzierung
Fokussierte Notfallsonographie
des Herzens oder
Notfallechokardiographie
Durchführung
Schnittebenen
Analysen
Zielproblem:
Schock
Subkostale Anlotung:
AP4, V. cava inferior;
Apikale Anlotungen:
kleiner LV
Volumenmangel, LV¶,
HZV¶
ja
hyperdynamer LV;
niedriges VTI;
schmale V. cava inferior
Hypovolämischer
Schock / Blutung
Subkostale Anlotung: LV,
V. cava inferior;
Apikale Anlotungen:
Normale LV-Dimension
LV-Volumen:
LVµ oder LV¶,
HZVµ
ja
gute LV-Funktion;
hyperdynamer LV;
hohes VTI;
schmale V. cava inferior
Septischer bzw.
anaphylaktischer
Schock
AP4: LAD/RCX/RCA; AP2:
LAD/RCA; APLAX: LAD/RCX;
Subkostale Anlotung;
Farbdoppler
LVEF¶,
RWBS, HZV¶,
Klappendefekte
ja
Reduzierte LV-Funktion;
LV-RWBS;
VSD – AI – MI - PE
(M. Dressler, Perforation)
Kardiogener
Schock
PSAX: RV; AP4: RA;
subkostal: V. cava inferior;
PSAX, subkostal LV: PE;
PLAX, APLAX: LVIT-LVOT
Kompression,
PE, Tumore,
RV-Dilatation
ja
RV-/RA-Dilatation;
Stauung: V. cava inferior;
Perikarderguss;
Obstruktion LA/LV;
Obstruktiver
Schock /
Lungenembolie
Diagnose
Abb. 10 8 Algorithmus in der echokardiographischen Notfalldiagnostik zur Differenzierung der verschiedenen Schockformen. RV rechter Ventrikel, LV linker Ventrikel, RWBS regionale Wandbewegungsstörungen, PLAX parasternale lange Achse,
PSAX parasternale kurze Achse, AP4 apikaler 4-Kammer-Blick, AP2 apikaler 2-Kammer-Blick, APLAX apikale lange Achse, RA
rechtes Atrium, LA linkes Atrium, V. cava inferior untere Hohlvene, HZV Herzzeitvolumen, VTI Velocity-Time-Integral, VSD Ventrikelseptumdefekt, AI Aortenklappeninsuffizienz, MI Mitralklappeninsuffizienz, PE Perikarderguss, LVIT linksventrikulärer Einflusstrakt, LVOT linksventrikulärer Ausflusstrakt, LAD Ramus interventricularis anterior, RCA rechte Koronararterie, RCX Ramus
circumflexus, LVEF linksventrikuläre Ejektionsfraktion
linksventrikulären Funktion sollte in den
3 apikalen Standardanlotungen erfolgen –
jedoch zumindest in einem apikalen oder
subkostalen 4-Kammer-Blick oder in parasternalen Kurzachsenschnitten.
Struktur: interatriales
Septum (. Abb. 13)
Das interatriale Septum ist ein Druckindikator des menschlichen Herzens. Unter
Der Kardiologe 2013 | 9
Empfehlungen
Herzinsuffizienz und deren Differenzierung
Herzinsuffizienzursache
Durchführung
Schnittebenen
Analysen
Fokussierte Notfallsonographie
des Herzens oder
Notfallechokardiographie
Pathologische
Zielstruktur
Myokardiale
Genese
M-Mode, PLAX, PSAX;
AP4, AP2, APLAX
LV- und RVKontraktionsamplitude;
globale und regionale
LV- und RV-Funktion; RWBS
LV- / RVDimension / Funktion
Klappen – Perikard:
o.B.
Valvuläre
Genese
PLAX und PSAX;
AP4, AP2, APLAX:
Spektraldoppler,
Farbdoppler
MS / MI
AS / AI
TS / TI
ASD / VSD
Mitralklappe
Aortenklappe
Trikuspidalklappe
Shunt-Vitien
Embolische
Genese
PSAX: RV; AP4: RA, RV;
subkostal: V. cava inferior
PLAX, APLAX: LVIT-LVOT
RV- und LV-Dilatation;
RV- und LV-Funktion;
IAS-Bewegung
LV- / RVDimension / Funktion
Perikardiale
Genese
PSAX: RV; AP4: RA;
subkostal: V. cava inferior;
PSAX, subkostal,
AP4: PE
Perikarderguss;
Perikardtamponade;
Perikardiale Einblutung
Kompression der
Herzhöhlen;
Perikardraum
Parakardiale
Genese
PLAX, PSAX;
AP4, AP2, APLAX;
subkostale Anlotung
Parakardiale Tumore
Kardiale Kompression
durch nichtkardiale
Strukturen
physiologischen Bedingungen ist im Bereich des membranösen Anteils in der
Fossa ovalis mit jedem Herzschlag eine
pendelnde Bewegung des interatrialen
Septums zu beobachten. Eine Erhöhung
der linksatrialen Drücke und des linksventrikulären Füllungsdrucks führt typischerweise zu einer Auslenkung des interatrialen Septums nach rechts. Bei primärer Erhöhung der rechtsatrialen Drücke
und des rechtsventrikulären Füllungsdrucks ist das interatriale Septum nach
links überdehnt (wie z. B. bei einer Lungenembolie). Im Falle einer beidseitigen
balancierten Druckerhöhung und Füllungsstörung beider Ventrikel zeigt das
interatriale Septum typischerweise eine
verminderte Beweglichkeit und steht relativ starr in der Mitte zwischen rechtem
und linkem Atrium.
Das interatriale Septum kann in einem
parasternalen und subkostalen Kurzachsenschnitt in Höhe des linksventrikulären
Ausflusstraktes sowie in einem apikalen
oder subkostalen 4-Kammer-Blick dargestellt werden. Zusätzlich kann das interatriale Septum auch gut in einer schrägen
Kurzachsenanlotung mit Schallkopfposition zwischen dem parasternalen und apikalen Anlotungspunkt eingestellt werden.
10 | Der Kardiologe 2013
Struktur: Aortenklappe
und fibröse aorticomitrale
Übergangszone (. Abb. 14)
Die Anlotung der Aortenklappe erfolgt
in der Notfallechokardiographie zur Detektion eines hämodynamisch relevanten Ventildefektes an der Aortenklappe
und zur Dokumentation möglicher endokarditisch bedingter Läsionen. Bei klinischem Verdacht auf Endokarditis ist zudem eine besondere Aufmerksamkeit auf
die fibröse aorticomitrale Übergangszone
zu legen, da sich in dieser Region besonders häufig Abszesse bilden. Aufgrund
ihrer häufig niedrigen Echogenität mit
schlechter Abgrenzbarkeit und der oftmals limitierten Bildqualität sind Abszesse jedoch in der transthorakalen Anlotung schwer zu erkennen. Vegetationen
an den Mitral- und Aortenklappen werden dagegen aufgrund ihrer auffallenden
Bewegungen eher leicht und schnell erkannt. Oft erscheinen sie in der apikalen
Anlotung aufgrund der schlechteren lateralen Auflösung im Vergleich zur radialen
Auflösung größer als in der parasternalen
Anlotung. Allerdings ist dieses Phänomen
auch die Ursache für häufige Fehlinterpretationen, die dann zu falsch positiven Befunden führen können.
Abb. 11 9 Algorithmus
in der echokardiographischen Notfalldiagnostik zur
Klärung der Genese einer
Herzinsuffizienz. RV rechter Ventrikel, LV linker Ventrikel, PLAX parasternale lange Achse, PSAX parasternale kurze Achse, AP4 apikaler
4-Kammer-Blick, AP2 apikaler 2-Kammer-Blick, APLAX
apikale lange Achse, LVIT
linksventrikulärer Einflusstrakt, LVOT linksventrikulärer Ausflusstrakt, RA rechtes
Atrium, LA linkes Atrium,
IAS interatriales Septum,
V. cava inferior untere Hohlvene, HZV Herzzeitvolumen, VTI Velocity-Time-Integral, ASD Vorhofseptumdefekt, VSD Ventrikelseptumdefekt, AI Aortenklappeninsuffizienz, AS Aortenklappenstenose, MI Mitralklappeninsuffizienz, MS Mitralklappenstenose, PE Perikarderguss, TS Trikuspidalklappenstenose, TI Trikuspidalklappeninsuffizienz
Die Aortenklappe wird in der parasternalen langen und kurzen Achse, in
der apikalen langen Achse und im apikalen 5-Kammer-Blick, in der subkostalen
kurzen Achse sowie in der suprasternalen Anlotung in Längsrichtung des Aortenbogens dargestellt. Die farbkodierte
Darstellung in der apikalen langen Achse dokumentiert am besten mögliche Turbulenzen an der Aortenklappe. Die fibröse aorticomitrale Übergangszone, welche
dem Bereich des vorderen Mitralklappenringes zwischen den beiden Trigona entspricht, wird in der parasternalen und apikalen langen Achse sowie in einem Kurzachsenschnitt in Höhe des basalen vorderen Mitralanulus beurteilt.
Struktur: Aortenwurzel,
proximale Aorta ascendens und
Aortenbogen (. Abb. 15)
Bei jedem akuten thorakalen Schmerzereignis ist neben dem Myokardinfarkt und
der myokardialen Ischämie die Aortendissektion eine der möglichen Differenzialdiagnosen. Im akuten Notfall muss somit
die Dissektion in der Aorta ascendens
und im Aortenbogen bestätigt oder ausgeschlossen werden. Das Entry einer Dissektion oder das intramurale Hämatom in
Abb. 12 9 Darstellung des
vorderen Mitralsegels bei
normaler Morphologie und
linksventrikulärer Funktion
während der a Systole und
b Diastole sowie bei Herzinsuffizienz während der c
Systole und d Diastole
die Aortenwand ist nicht einfach zu diagnostizieren. Die Aortenwurzel muss daher
im parasternalen Lang- und Kurzachsenschnitt subtil nach Auflockerungen der
Aortenwand oder Doppellamellen abgesucht werden. Das praktische Problem
in der Beurteilung der proximalen Aorta ascendens besteht in der häufig unzureichenden Darstellung dieser Region. Es
ist anzuraten, die längs getroffene aszendierende Aorta in einer schrägen parasternalen langen Achse mit weiter Sektorbreite darzustellen. Bei Verdacht auf Dissektion muss zusätzlich der Aortenbogen von
suprasternal in Längsrichtung dargestellt
werden, und es sollte eine Beurteilung
der proximalen Halsarterien zum Dissektionsausschluss erfolgen. Zur Klärung
einer Dissektion können auch lungengängige Kontrastmittel verwendet werden.
Die transthorakale Echokardiographie bei
Verdacht auf Aortendissektion und unkla-
ren Befunden ist durch eine transösophageale Echokardiographie, eine Magnetresonanztomographie oder eine Computertomographie zu ergänzen.
Struktur: rechter Ventrikel
und interventrikuläres
Septum (. Abb. 16)
Der rechte Ventrikel ist in der Notfallechokardiographie die Zielstruktur zur
Differenzierung zwischen Druck- oder
Volumenbelastung sowie zur Dokumentation einer Rechtsherzinsuffizienz. Die
Beurteilung der rechtsventrikulären Dimensionen im Zusammenhang mit der
Wandstärke des rechten Ventrikels und
der Kontraktionsamplitude des rechtsventrikulären Myokards ist entscheidend
bei Krankheitsbildern wie der chronischen pulmonalen Hypertonie und des
Cor pulmonale, der akuten Lungenembolie, Rechtsherzinfarzierung, Shuntvi-
tien mit Volumenbelastung des rechten
Herzens und Klappenfehlern des rechten Herzens. Die Funktionsanalyse des
rechten Ventrikels umfasst neben der Bestimmung der Trikuspidalring-Exkursion
(„tricuspid annular plane systolic excursion“, TAPSE) die gezielte Beurteilung der
rechtsventrikulären Myokardabschnitte
des Einflusstraktes und des Ausflusstraktes. Bei typischer Klinik ohne eindeutige
elektrokardiographische Infarktzeichen
sind die posterolateralen und inferioren
Regionen des rechten Ventrikels durch
Darstellung des rechtsventrikulären Einfluss- und Ausflusstraktes ausgehend von
Neigungen nach medial und lateral aus
der langen Achse abzubilden.
Die echokardiographische Beurteilung
des rechten Herzens ist wegen der komplexen Anatomie des rechten Ventrikels
schwierig. Die Interpretation der Befunde
umfasst die Beurteilung der rechtsventriDer Kardiologe 2013 | 11
Empfehlungen
Abb. 13 8 Unauffälliges membranöses interatriales Septum während a der frühen Systole und b der isovolumetrischen Relaxationszeit sowie c, d jeweils zu den gleichen Zeitpunkten bei kontinuierlicher Überdehnung nach rechts infolge linksventrikulärer Füllungsbehinderung und e, f bei kontinuierlicher Überdehnung nach links infolge rechtsventrikulärer Füllungsbehinderung
kulären Dimensionen und Kontraktilität,
den Schweregrad einer vorliegenden Trikuspidalklappeninsuffizienz und der pulmonalen Druckerhöhung sowie den Füllungszustand der zentralen Venen. So ist
bei Dilatation des rechten Ventrikels und
eingeschränkter Kontraktilität des rechten Herzens z. B. zwischen den Diagnosen Rechtsherzinfarkt, akute Lungenembolie, dekompensierte Rechtsherzinsuffizienz und Ausflussbahnobstruktion bei
Pneumothorax zu differenzieren.
Das interventrikuläre Septum ist normalerweise systolisch und diastolisch zum
rechten Ventrikel hin vorgewölbt. Eine
Abflachung des interventrikulären Septums zwischen rechtem und linkem Ventrikel oder eine sog. paradoxe Septumbewegung weist auf eine signifikante Druckerhöhung im rechten Ventrikel infolge
einer akuten oder chronischen Rechtsherzbelastung hin.
12 | Der Kardiologe 2013
Struktur: untere Hohlvene und
zentrale Lebervenen (. Abb. 17)
Die Vorlast des rechten Herzens kann anhand der Dimension und der Atemvariabilität der unteren Hohlvene abgeschätzt
werden. In der Notfallechokardiographie
ist somit schnell eine Abschätzung des Volumenstatus möglich. Physiologisch zeigen die Dimensionen von V. cava inferior
und zentralen Lebervenen pulssynchrone
und atemabhängige Schwankungen. Bei
tiefer Inspiration kollabiert bei normalen
Venendimensionen die untere Hohlvene
nahezu vollständig, was einen niedrigen
bis normalen zentralen Venendruck dokumentiert. Ein partieller Kollaps belegt
einen erhöhten zentralen Venendruck, ein
fehlender Kollaps extrem erhöhte zentrale Venendrücke über 20 mmHg. Der sog.
Kollapsindex wird durch atemabhängige
Durchmesser der unteren Hohlvene ca.
1–2 cm vor der Einmündung der unteren
Hohlvene in das rechte Atrium bestimmt.
Eine mäßige Dilatation der unteren
Hohlvene kann jedoch auch unter physiologischen Bedingungen z. B. bei Leistungssportlern zu finden sein. Pathologische Ursachen einer Dilatation der unteren Hohlvene und der zentralen Lebervenen sind neben der Hypervolämie, Vorhofflimmern, die höhergradige Trikuspidalklappeninsuffizienz, die Rechtsherzinsuffizienz und Rechtsherzdekompensation, konstriktive Füllungszustände des
rechten Herzens wie z. B. bei hämodynamisch relevantem Perikarderguss und Pericarditis constrictiva und restriktive Füllungsdynamiken wie bei Speichererkrankungen.
Die untere Hohlvene und die Lebervenen werden in der Regel in Längsrichtung von subkostal dargestellt. Zur besseren Objektivierung der Weite der unteren
Hohlvene ist ein Kurzachsenschnitt des
Gefäßes zu bevorzugen, da der maxima-
Abb. 14 8 Unauffällige Aortenklappe und fibröse aorticomitrale Übergangszone (Pfeile) im parasternalen transösophagealen
a Längs- und b Kurzachsenschnitt sowie c, d auffällige Befunde in entsprechenden Anschnitten bei Aortenklappenendokarditis und e, f bei Abszedierung der fibrösen aorticomitralen Übergangszone
le Durchmesser in dieser Anlotung eher
kontrolliert werden kann.
Struktur: Perikardraum
(. Abb. 18)
In der Notfallechokardiographie sind die
Dokumentation eines Perikardergusses
sowie dessen hämodynamische Relevanz
und die Detektion einer Perikardtamponade eine zentrale diagnostische Maßnahme. Die Größe des Perikardergusses korreliert nicht mit dessen hämodynamischer
Relevanz. Ein akut auftretender Perikarderguss kann auch bei sehr kleinen Ergussmengen schnell hämodynamisch relevant
werden, während bei chronischen Prozessen auch große Ergussmengen lange Zeit
gut toleriert werden können. Nach der
Einteilung der Ergussformen nach Horowitz spricht man von einem feuchten
Perikard, wenn sich nur systolisch Flüssigkeit im Perikardraum zeigt. Falls auch
diastolisch Flüssigkeit zu detektieren ist,
liegt ein Perikarderguss vor. Die Ergussmenge wird grob durch die enddiastolische Weite eines Perikardergusses hin-
ter dem linken Ventrikel abgeschätzt, wobei ein Perikarderguss <10 mm mit einer
Ergussmenge <100 ml einhergeht. Liegt
ein zirkulärer Perikarderguss von 10–
20 mm vor, liegt die Ergussmenge zwischen 100 und 250 ml. Ist der Perikarderguss >20 mm kann von einer Ergussmenge von mehr als 500 ml ausgegangen werden. Die Ausmessung des Perikardsaumes
erfolgt in der Regel in der parasternalen
Kurzachsenanlotung hinter dem linken
Ventrikel auf Höhe der Papillarmuskeln.
In der parasternalen langen Achse differenziert man durch die Lage des Ergusses zwischen Ventrikel und Aorta descendens zwischen Perikarderguss und Pleuraerguss (ein Perikarderguss zieht im sonographischen Bild zwischen die posteriore Wand des linken Ventrikels und die
Aorta descendens, ein Pleuraerguss im
Bild nach unten „vor“ die Aorta descendens). Die Beurteilung einer möglichen
Dynamik eines Perikardergusses sollte
mehrere Standarddarstellungen beinhalten, sodass ein Progress dadurch objektiviert werden kann. Daher sollten nach
Möglichkeit alle parasternalen und apikalen Standardschnitte zur Dokumentation
eines Perikardergusses herangezogen werden. Im Notfall ist eine Beurteilung des
Perikardraumes von subkostal zu befürworten. Obwohl in dieser Anlotung häufig eine Schräganlotung des Perikardraumes erfolgt, die zu einer Überschätzung
der Menge des Perikardergusses führen
kann, ist die hämodynamische Relevanz
durch die Kompression des rechten Atriums und die Stauung der zentralen Venen einfach abzuschätzen. Ein zusätzliches Problem infolge ähnlicher Echogenitäten zum benachbarten Myokard stellen im Notfall die Detektion organisierter,
z. B. eitriger Perikardergüsse dar sowie die
Abgrenzung eines Perikardergusses von
einem parakardial hämodynamisch relevanten Hämatom nach operativen Thoraxeingriffen mit Perikarderöffnung.
Die subkostale Anlotung ist bei der
Wahl der Punktionsrichtung vor Entlastungspunktionen ebenfalls von Bedeutung.
Der Kardiologe 2013 | 13
Empfehlungen
Abb. 15 9 Unauffällige
Aortenwurzel und proximale Aorta ascendens a im
parasternalen Längsschnitt
sowie b im gleichen Anschnitt bei Vorliegen einer
Stanford-A-Dissektion im
dorsalen Wurzelbereich
bzw. c im ventralen Ascendensbereich. d Ein Wandhämatom der proximalen
Aorta als Frühstadium der
Dissektion ist in der transösophagealen Anschallung
gezeigt. Die Markierungen
kennzeichnen jeweils die
Pathologie der Aortenwand
5. Techniken der Notfallechokardiographie und deren Einsatz
Die wesentlichen echokardiographischen
Techniken der Notfallechokardiographie
sind in . Tab. 1 angeführt und umfassen
die transthorakale Echokardiographie, die
transösophageale Echokardiographie und
die Kontrastechokardiographie [34, 50, 51,
52, 53, 54, 55, 56, 57, 58].
Bestehen ausreichende Zeitreserven, sollte auch im Notfall das komplette Spektrum der Untersuchungstechniken [34] genutzt werden und die Untersuchung von der Standarduntersuchung
zu den erweiterten Untersuchungsgängen bis zu den Spezialmethoden je nach
Anforderung ausgedehnt werden [3, 10].
Im akuten Notfall bleibt auch für den Experten häufig nur Zeit für eine fokussierte Untersuchung. Der Experte kann bei
der Untersuchung die aktuelle Pathophysiologie schnell durch Wahl der geeigneten Schnittebenen und entsprechenden Untersuchungstechniken analysieren. Die transthorakale und transösophageale Echokardiographie dient zur Bestä-
14 | Der Kardiologe 2013
tigung oder zum Ausschluss klinischer sowie transthorakaler Verdachtsdiagnosen,
die mit einer hohen Mortalität oder Morbidität einhergehen [50, 51, 52]. Weiterhin
wird die transösophageale Echokardiographie im Notfall zum Thrombenausschluss im linken Vorhof vor Kardioversion bei symptomatischem Vorhofflimmern eingesetzt [53].
6. Einsatzbereiche und Geräte
der Notfallechokardiographie
Die Notfallechokardiographie kommt in
Notfallaufnahmen, auf Intensivstationen und „Cardiac Care Units/Chest Pain
Units“, im Operationssaal und im Katheterlabor sowie bei anderen Akutsituationen
zum Einsatz.
Die Indikationsstellung zur Notfallechokardiographie erfolgt der Situation
entsprechend entweder primär diagnostisch oder gezielt symptomorientiert. Eine
besondere Situation ist das Umfeld der
kardiopulmonalen Reanimation. Unter
Reanimationsbedingungen müssen gezielte Fragestellungen mit der Notfalle-
chokardiographie (oder durch die fokussierte Sonographie des Herzens) beantwortet werden, die akut zu der klinischen
Entscheidungsfindung beitragen. Zusätzlich dient die Notfallechokardiographie
zum Monitoring invasiver Prozeduren
wie z. B. bei Perikard- und Pleurapunktionen. Die postprozeduralen Kontrollen
zur Detektion möglicher Komplikationen
sind ein weiterer Einsatzbereich der Notfallechokardiographie. Fast ausschließlich
mittels transösophagealer Echokardiographie erfolgt das intraoperative Monitoring
des Volumenstatus und der myokardialen
Funktion.
„Handheld-“ oder „Pocket-Size-Imaging-Devices“ sind im Notfall schnell
einsetzbare Sonographiegeräte, die allerdings aufgrund der Gerätelimitation keine
als Notfallechokardiographie zu bezeichnende Untersuchungen ermöglichen [1,
8]. Die „Pocket-Size-Imaging-Devices“
verfügen allerdings über eine Bildqualität, die ausreichend ist für eine schnelle
fokussierte Sonographie des Herzens im
Notfall oder auch für Screeninguntersuchung in einer Ambulanz, bei bettseiti-
Abb. 16 8 Normaler rechter Ventrikel – systolisch und diastolisch – a, b im 4-Kammer-Blick und c, d im parasternalen Kurzachsenschnitt in Höhe der Papillarmuskeln sowie e–h Darstellung der entsprechenden Schnittebenen einer diastolischensystolischen paradoxen Septumbewegung bei Cor pulmonale in den entsprechenden Schnittebenen
Abb. 17 8 Verhalten der unteren Hohlvene während a, d tiefer Exspiration und b, e Inspiration sowie c, f Dokumentation der
Atemvariabilität der unteren Hohlvene im M-Mode bei a–c jeweils subkostaler Anlotung für einen sog. partiellen Kollaps bei
Rechtsherzinsuffizienz bzw. d–f fehlenden Kollaps der unteren Hohlvene bei Rechtsherzdekompensation
Der Kardiologe 2013 | 15
Empfehlungen
Abb. 18 8 Dokumentation eines hämodynamisch nicht relevanten kleinen Perikardergusses ohne hämodynamische Relevanz in der Systole a in der parasternalen langen Achse und b in der parasternalen kurzen Achse und c im apikalen 4-Kammer-Blick sowie Dokumentation eines hämodynamisch relevanten Perikardergusses mit Kompression des rechten Ventrikels
in der Diastole d in der parasternalen langen Achse und e in der parasternalen kurzen Achse sowie f im subkostalen 4-Kammer-Blick
gen Untersuchungen oder außerhalb von
Praxis und Krankenhaus. Die tragbaren
Ultraschallsysteme („Laptopgeräte“) ermöglichen eine nicht methodenlimitierte Echokardiographie einschließlich der
transösophagealen Echokardiographie.
High-End-Echokardiographiegeräte bieten alle konventionellen Möglichkeiten
der Echokardiographie sowie den Einsatz
spezieller Verfahren wie die transösophageale Echokardiographie, die Stress- und
Kontrastechokardiographie und die 3DEchokardiographie sowie die objektive
Analyse der myokardialen Funktion mittels Gewebedoppler und Speckle Tracking
(. Tab. 2, 3).
16 | Der Kardiologe 2013
7. Durchführung und Befundung
der Notfallechokardiographie
Um unnötige Fehler bei der Notfallechokardiographie zu vermeiden und die Herausforderungen an die Notfallechokardiographie im „Real Life“ zu bewältigen,
wurde in der internationalen Literatur der
sog. „ABCD-Ansatz“ beschrieben.
A bedeutet „awareness“. Diese Instruktion appelliert an die Aufmerksamkeit
des Untersuchers. Er soll primär gegen
die eigene Routine angehen und nicht die
Notfalluntersuchung ohne Aufmerksamkeit und Sorgfalt nach vielleicht unzureichenden SOPs („standard operating pro-
cedure“) durchführen. Zusätzlich muss im
Notfall die Klinik des Patienten in Verbindung mit dem echokardiographischen Befund den Zustand erklären können.
B bedeutet „be suspicious“. Hiermit
wird an die Kritikfähigkeit des Untersuchers in der Akutsituation appelliert. Er
soll immer die vorliegende Fragestellung
hinterfragen und anzweifeln, da diese –
falls sie falsch ist – irreführend ist und zu
falschen Maßnahmen führen kann. Als
Beispiel sei hier an die Fragestellung Perikarderguss bei Virusinfekt bei Thoraxschmerz gedacht. Es kann jedoch auch ein
Perikarderguss durch Ascendens-Dissektion vorliegen, an den man im Notfall im-
Tab. 1 Gerätetechnik, Untersuchungsmodalität und Merkmale der unterschiedlichen echo-
kardiographischen Anwendungen
Technik
Transthorakale
Echokardiographie
Transösophageale
Echokardiographie
Kontrastechokardiographie
Modalität
– M-Mode
– 2D-Echokardiographie
– pw-/cw-Doppler
– Farbdoppler
– Gewebedoppler
– Speckle Tracking
– 3D-Echokardiographie
– M-Mode
– 2D-Echokardiographie
– pw-/cw-Doppler
– Farbdoppler
– 3D-Echokardiographie
– 2D-Echokardiographie
mit konventionellem
Setting für die Shuntdetektion
– 2D-Kontrast-Setting im
Low-Mechanical-IndexModus
Besonderheiten
– Bei allen akuten Fragestellungen bei ausreichender
Schallbarkeit
– Zielführend bei entsprechender Expertise für nahezu
alle klinischen Fragestellungen
– Bei allen akuten Fragestellungen bei suboptimaler oder
fehlender transthorakaler Schallbarkeit
– Bei eingeschränkter Schallbarkeit
– Bei Verdacht auf ventrikuläre Thromben, Aneurysmen,
Pseudoaneurysmen, Ventrikelperforationen
– Zur Darstellung der Katheterlage bei Perikard- oder
Gefäßpunktionen
– Bei Verdacht auf Aortendissektion zur Darstellung der
Dissektionslamelle
– Zum Shuntnachweis mit kolloidalen Luft-FlüssigkeitsMischungen
mer denken muss. Man soll nie einer Fragestellung vertrauen. Man muss immer
die Diagnose bestätigen oder bewusst eine
Diagnose sicher ausschließen.
C bedeutet „comprehensiveness“. Dieser Hinweis appelliert an die technischen
Fähigkeiten des Untersuchers und an seine
Fachkompetenz. Er sollte eine möglichst
komplette Dokumentation durchführen,
trotz der widrigen Untersuchungsbedingungen im Notfall. Weiterhin muss er vorsichtig, sorgfältig und kritisch die Befunde interpretieren.
D bedeutet „double R“, und R ist „record
and review“. Hiermit wird an die forensische Verpflichtung erinnert, überhaupt
und möglichst vollständig zu dokumentieren. Es besteht bei der Notfallechokardiographie – und auch bei der fokussierten Sonographie des Herzens – nach der
Muster-Berufsordnung in Deutschland
eine Dokumentationspflicht der echokardiographischen Daten für 10 Jahre. Im
Anschluss an die Dokumentation sollten
die Bilder kontrolliert werden und auf
mögliche Fehler und übersehene Diagnosen kritisch hinterfragt werden. Eine Auswertung im Team beinhaltet die Gefahr,
dass sich jeder auf den anderen verlässt
und keiner die Verantwortung aktiv selber übernimmt.
Die praktischen Aspekte und Gegebenheiten im Notfall sowie die derzeit
noch eingeschränkte Verfügbarkeit von
Untersuchern zu einer qualifizierten Notfallechokardiographie führen zu 3 grundsätzlichen Szenarien, die ebenfalls in den
Europäischen Empfehlungen zur Notfallechokardiographie aufgeführt sind.
1.Die Untersuchung wird vom Kardiologen durchgeführt.
2.Die Untersuchung wird von NichtKardiologen durchgeführt, die vor
Ort sind und über einen echokardiographischen Ausbildungsstatus verfügen, der der Weiterbildung zum Kardiologen entspricht. Dieser Status erfordert eine qualifizierte theoretische
und praktische Ausbildung, in der die
ausreichende praktische Fertigkeit in
der Echokardiographie und eine kardiologische klinische Fachkompetenz
über die Pathophysiologie und Behandlung kardiovaskulärer Erkrankungen bestätigt werden kann.
3.Die Untersuchung im Sinne einer fokussierten Sonographie des Herzens
wird von Nicht-Kardiologen, Notfallmedizinern und/oder Anästhesisten durchgeführt, die keine entsprechende Ausbildung zur Durchführung und Befundung einer echokardiographischen Untersuchung haben.
Aufgrund fehlender Verfügbarkeit
eines kardiologischen Hintergrundes
mit echokardiographischer Expertise
und infolge logistischer Engpässe und
zeitlicher Sofort-Notwendigkeiten
auf Notfalleinheiten ohne kardiologische Präsenz wurden in diesem Zusammenhang Kurzausbildungen für
die Sonographie für Notfallmediziner
eingeführt. Diese sonographischen
Modalitäten werden FEEL (= „focussed echocardiography in emergency
life support“), FATE (= „focussed assessed transthoracic echocardiography“), FAST (= „focussed assessment
with sonography for trauma“) und
RACE (= „rapid assessment by cardiac echo“) genannt [11, 12, 13, 14,
15, 16, 17].
Eine Zwischenlösung dieser Szenarien
kann durch einen permanenten kompetenten echokardiographischen Service
bei Optimierung der jeweiligen Logistik
im Notfall gegeben sein. Neben den technischen Gegebenheiten der Verfügbarkeit
von modernen Ultraschallgeräten in ausreichender Anzahl und den personellen
Anforderungen an Anzahl und Ausbildung der Kardiologen und Nicht-Kardiologen sollten zur schnellen Supervision
die Echokardiographiegeräte zwischen
den Abteilungen – speziell zwischen einer Kardiologie und der Notfallmedizin
– in ein Netzwerk integriert sein, sodass
eine schnelle Bilddatenkommunikation
zwischen den Beteiligten möglich ist.
Jede Notfallechokardiographie und jede fokussierte Sonographie des Herzens
muss dokumentiert, archiviert und befundet werden. Der schriftliche Befund sollte fokussiert und möglichst zeitnah zur
Untersuchung erfolgen, damit die Resultate in den jeweiligen Kommunikationssystemen der Notfalleinheiten und Kliniken zur Verfügung stehen und kommuniziert werden können, sodass auch andere Fachabteilungen in die diagnostischen
und therapeutischen Maßnahmen kurz
nach der Notfallechokardiographie oder
der fokussierten Sonographie des Herzens
involviert werden können.
Der Kardiologe 2013 | 17
Empfehlungen
Tab. 2 Einteilung der verfügbaren Echokardiographiegeräte
Handheld-,
Pocket-Size-Imaging-Device
Portables LaptopEchokardiographiegerät
High-End-Echokardiographiegerät
Vorteil: vollständige Mobilität, Flexibilität am Patienten, sofortige Verfügbarkeit wenige Sekunden nach dem Einschalten
Nachteil: Beschränkung auf 2D-Echokardiographie und Farbdoppler, geringe
Bildschirmgröße, keine EKG-Dokumentation, Einschränkung der Dokumentation bzw. DICOM-Anbindung, keine Akzeptanz als echokardiographische
Untersuchung
Vorteil: komplette konventionelle 2D-Echokardiographie einschließlich Gewebedoppler und transösophageale Echokardiographie; kleines praktikables
Gerät, möglicher Batteriebetrieb
Nachteil: Einschränkungen bei der erweiterten Wandbewegungsanalyse und
beim Postprocessing
Vorteil: alle Modalitäten der Echokardiographie verfügbar – einschließlich
transösophageale Echokardiographie, Stress-, Kontrast-, Gewebedoppler und
optional 3D-Echokardiographie und Speckle Tracking mit modernen Postprocessing-Analysen
Nachteil: relative Immobilität, längere Startzeiten
Tab. 3 Entscheidende Fragestellungen der Notfallechokardiographie
Indikationsstellung
Diagnostisch
Symptomorientiert
Umfeld der Reanimation
Indikationen
Zur Differenzierung aller Schockzustände
Bei Myokardinfarkt und Myokardischämie (regionale Wandbewegungsstörungen und Komplikationen)
Zur Differenzierung der akuten Herzinsuffizienz (Einschränkung der globalen links- und rechtsventrikulären Funktion und deren Ursache)
Bei akuten Herzklappenfehlern (akute Klappendysfunktionen, Endokarditis)
Bei Lungenembolie
Bei Perikardtamponade (hämodynamische Relevanz eines Perikardergusses, Myokardperforationen)
Bei Aortendissektion
Bei Thoraxtrauma
Bei akuter Dyspnoe
Bei Thoraxschmerz
Bei Fieber
Bei Zyanose
Klärung des Volumenstatus
Klärung der globalen links- und rechtsventrikulären Funktion
Klärung einer elektromechanischen Entkopplung
Bestätigung oder Ausschluss einer Perikardtamponade
Klärung einer rechts- oder linksventrikulären Obstruktion
Tab. 4 Kompetenzlevel nach dem ESC CORE Curriculum. (Nach [62])
Level I
Level II
Level III
18 | Erfahrung bei der Auswahl der geeigneten diagnostischen bildgebenden Modalität
– speziell der Echokardiographie – und beim Interpretieren der Ergebnisse. Dieser Level
beinhaltet nicht die Durchführung der Technik (insbesondere auch nicht bildgebender
Methoden wie die Magnetresonanztomographie)
Praktische Erfahrung in der Echokardiographie, jedoch nicht als unabhängiger Untersucher (d. h. praktische Echokardiographie unter der Assistenz eines Trainers oder unter
permanenter Supervision eines erfahrenen Untersuchers
Vollständig eigenständiger und eigenverantwortlicher Umgang mit der Echokardiographie und die Fähigkeit, aus den Ergebnissen bzw. Bildsequenzen die korrekten Schlussfolgerungen zu ziehen (der Expertenlevel für einen Kardiologen)
Der Kardiologe 2013
8. Voraussetzungen
zur Durchführung der
Notfallechokardiographie
und der anschließenden
Interpretation der Bilddaten
Die Durchführung der Notfallechokardiographie stellt eine Herausforderung
an den Untersucher dar. Die Bildakquisition erfolgt in der Regel unter Zeitdruck
und bei ungünstigen Licht-, Lagerungsund Umgebungsbedingungen. Gerade in
einem Szenario, in dem korrektes Diagnostizieren sehr wichtig für die Behandlung und das individuelle „Outcome“ des
Patienten ist, sollten ausreichende Anforderungen an den Untersucher und die Gerätetechnik gestellt werden und optimale Dokumentationsstandards angestrebt
werden. Für die Notfallechokardiographie
sollte das Echokardiographiegerät den
Anforderungen an die apparative Ausstattung nach der Ultraschallververeinbahrung vom 18.12.2012 entsprechen [59,
60] und nach Möglichkeit noch über die
technischen Voraussetzungen zur Kontrastechokardiographie, zur 3D-Echokardiographie und zur Deformationsanalyse
verfügen [2, 3, 4, 9, 59, 60]. Die Untersucheranforderungen an unterschiedliche
Kompetenzstufen diagnostischer Techniken sind auf europäischer Ebene z. B. im
CORE Curriculum der European Society of Cardiology (ESC) definiert worden
([61, 62, 63], . Tab. 4).
Die absolvierte fachspezifische Weiterbildung und die nachgewiesene praktische
Ausbildung im Bereich der Echokardiographie entsprechen in Deutschland den
Voraussetzungen zur Erlangung der Fachkompetenz für den Kardiologen und sind
analog zur qualifizierten Notfallechokardiographie für die Expertenstufe auf europäischer Ebene. Für Nicht-Kardiologen ist
– auch nach den EACVI-Empfehlungen –
der gleiche Kompetenzgrad wie für Kardiologen zu fordern. Dies beinhaltet, dass
Nicht-Kardiologen eine zusätzliche theoretische und praktische Ausbildung sowie
Trainingseinheiten benötigen, um als eigenständige Untersucher die Notfallechokardiographie durchzuführen [62].
Notfallechokardiographie durch nichtärztliches Personal wie sog. „Sonographer“ durchführen zu lassen entspricht
nicht den internationalen Vorgaben, bei
denen eine Notfallechokardiographie nur
von einem Arzt durchgeführt werden
kann, der eigenständig und eigenverantwortlich die Untersuchung durchführen,
dokumentieren, interpretieren und befunden kann. Die Deutsche Gesellschaft
für Ultraschall in der Medizin bezeichnet daher die Ultraschalldiagnostik als eine ausschließlich ärztliche Tätigkeit, weil
sie sofort zu weiteren akut relevanten diagnostischen und therapeutischen Eingriffen führen kann [64].
9. Forensische Aspekte der
Notfallechokardiographie
Aufgrund der hohen Wahrscheinlichkeit,
dass im Notfall diagnostische Fehler passieren können, müssen sich alle beteiligten Ärzte mit den potenziellen forensischen Konsequenzen befassen. Aus diesem Grund sollten alle Untersuchungen in
Notfallszenarien mit den möglichst besten
zur Verfügung stehenden Ultraschallgeräten durchgeführt werden. Alle Bilddaten
müssen digital abrufbar gespeichert werden, da die Akutfälle ggf. kurzfristig erneut eingesehen werden müssen und da
das Bilddokument des akuten Notfalls die
getroffenen Entscheidungen belegen sollte. Die Aufbewahrungsfrist der Bilddaten
beträgt 10 Jahre [65]. Die aus den Bilddaten gewonnenen Befunde und deren
Interpretation sollen kurzfristig nach der
Untersuchung in einem schriftlichen Dokument vermerkt und vom Untersucher
unterschrieben werden.
Zusammenfassung
In der Notfallsituation ist durch die Sonographie – und speziell die Echokardiographie – ein erheblicher diagnostischer
Gewinn möglich. In der Notfallechokardiographie sollten moderne Ultraschallgeräte bzw. Laptopgeräte bevorzugt eingesetzt werden. Sogenannte Pocket-Size-Devices entsprechen aufgrund der
Gerätelimitationen nicht dem notwendigen Standard einer Notfallechokardiographie. Mit diesen Geräten ist per se nur
eine fokussierte Sonographie des Herzens möglich. Die Notfallzentrenbildung
führt immer mehr Untersucher nichtkardiologischer Fachbereiche zur sonographischen Akutbeurteilung des kardialen
Status. Untersuchungen, die jedoch nicht
dem kardiologischen Standard entsprechen, bezeichnet man nicht als Notfallechokardiographie, sondern als fokussierte Ultraschalluntersuchung des Herzens. Damit sind diese Untersuchungen,
die u. a. von Nicht-Kardiologen mit verkürzter methodischer Ausbildung durchgeführt werden, von der Notfallechokardiographie klar zu separieren, die eigenständig und eigenverantwortlich von
einem Kardiologen oder einem Facharzt
mit entsprechender kardiologischer Expertise durchgeführt wird. Die Echokardiographie ist eine hoch spezialisierte
und differenzierte bildgebende Methode, deren diagnostische Möglichkeiten
insbesondere auch in der Notfallechokardiographie nur dann ausgeschöpft werden können, wenn man diese Methode
mit den notwendigen praktischen Fertigkeiten und der ausreichenden fachlichen
Kompetenz und klinischen Expertise beherrscht. Die theoretische Ausbildung
zur Notfallechokardiographie sollte nach
Möglichkeit in die bestehenden Echokardiographiekurse integriert werden.
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. A. Hagendorff
Abt. für Innere Medizin, Department
für Kardiologie und Angiologie,
Universitätsklinikum Leipzig AöR
Liebigstr. 20, 04103 Leipzig
[email protected]
Appendum. Review der „Empfehlungen zur NotfallEchokardiographie“ durch die Mitglieder des Nukleus
der Arbeitsgruppe „Kardiovaskulärer Ultraschall“ der
Deutschen Gesellschaft für Kardiologie: Stephan Beckmann (Berlin), Ole Breithardt (Leipzig), Thomas Buck
(Essen), Wolfgang Fehske (Köln), Frank Flachskampf
(Upsalla/Schweden), Irmtraut Kruck (Ludwigsburg),
Karl Graf LaRosee (Bonn), Jens-Uwe Voigt (Leuven/Belgien) und Frank Weidemann (Würzburg) sowie Review
und Konsentierung für die S2 Leitlinie Lungenembolie
durch Stavros Konstantinides (Mainz).
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt. Den Interessenkonflikt der Autoren finden Sie online auf der DGK-Homepage unter
http://leitlinien.dgk.org/ bei der entsprechenden Publikation.
Dieser Beitrag beinhaltet keine Studien an Menschen
oder Tieren.
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