Variable frei

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II
Die Logik der Sprache PL
16
Der Aufbau der Sprache PL
Ein Beispiel
(1) Alle Menschen sind sterblich.
Sokrates ist ein Mensch.
Also: Sokrates ist sterblich.
Problem
Intuitiv ist dieses Argument gültig.
Aber mit aussagenlogischen Mitteln lässt sich seine
Gültigkeit nicht nachweisen.
1
Die Sprache PL – Syntax
Denn wenn wir versuchen, das Argument
(1) Alle Menschen sind sterblich.
Sokrates ist ein Mensch.
Also: Sokrates ist sterblich.
in AL zu übersetzen, geht das nur so:
(1′) p
q
Also: r
p
q
r
!
!
!
Alle Menschen sind sterblich
Sokrates ist ein Mensch
Sokrates ist sterblich
Und das Argument (1′) ist sicher nicht gültig.
Die Sprache PL – Syntax
2
Fazit
Um die Gültigkeit von (1) nachzuweisen, benötigen
wir eine reichere Sprache als AL – eine Sprache,
deren Sätze eine größere innere Struktur aufweisen.
Aus diesem Grund betrachten wir im folgenden die
strukturreichere Sprache PL.
Vorbemerkung
Da wir wiederum nur an Argumenten interessiert
sind, enthält auch PL nur Aussagesätze.
Die Sprache PL – Syntax
3
Syntax
1. Aus welchen Grundzeichen oder Grundausdrücken sind die Sätze dieser Sprache aufgebaut?
2. Wie erzeugt man aus diesen Grundzeichen die
Sätze der Sprache?
Semantik
1. Was bedeuten die Grundzeichen der Sprache?
2. Wie ergeben sich aus der Bedeutung der
Grundzeichen Wahrheitsbedingungen für die
Sätze dieser Sprache?
Die Sprache PL – Syntax
4
16.1
Die Syntax von PL
Vorüberlegungen
Welche Arten von Ausdrücken gibt es im Deutschen?
1. Auch im Deutschen gibt es Satzoperatoren (‚und‘,
‚weil‘, obwohl‘, ‚nachdem‘ usw.).
2. Daneben gibt es aber auch Namen (‚Hans‘, ‚Edelgard Bulmahn‘, ‚Paris‘, ‚Spanien‘, ‚Elbe‘ usw.).
3. Es gibt Prädikate (‚ist eine Großstadt‘, ‚liegt an‘,
‚trainiert‘ usw.).
4. Und es gibt quantifizierende Ausdrücke (‚alle‘, ‚es
gibt mindestens ein‘ usw.).
Die Sprache PL – Syntax
5
Namen bezeichnen Gegenstände.
Prädikate drücken Eigenschaften oder Beziehungen aus;
sie treffen auf Gegenstände oder n-Tupel von Gegenständen zu.
Prädikate und Namen werden unter anderem dazu
verwendet, Sätze zu bilden, in denen Gegenständen
Eigenschaften zugesprochen werden oder in denen
gesagt wird, dass Gegenstände in bestimmten
Beziehungen zueinander stehen.
Die Sprache PL – Syntax
6
Beispiele
Pablo Picasso ist berühmt.
Rom ist eine Hauptstadt.
Herbert trainiert.
Dresden liegt an der Elbe.
Heribert läuft schneller als Frieder.
Bielefeld liegt zwischen Hannover und Dortmund.
! Prädikate unterscheiden sich in ihrer Stellenzahl.
Es gibt einstellige, zweistellige, dreistellige Prädikate
usw.
Die Sprache PL – Syntax
7
Neben den Junktoren soll es in PL auch Zeichen
geben, die den Namen und den Prädikaten im
Deutschen entsprechen.
Diese werden ‚Individuenkonstanten‘ und ‚Prädikatbuchstaben‘ heißen.
Außerdem soll es in PL Ausdrücke geben, die den
Ausdrücken ‚alle‘ und ‚mindestens ein‘ im Deutschen
entsprechen.
Die Sprache PL – Syntax
8
Deskriptive Zeichen von PL
Individuenkonstanten
Individuenkonstanten sind kleine Buchstaben ab dem
Buchstaben ‘a’, wenn nötig auch mit Indizes.
Also z.B. die Zeichen ‘a’, ‘b’, ‘c’, ‘d’ usw. sowie die
Zeichen ‘a1’, ‘a2’, ..., ‘b1’, ‘b2’ usw.
Prädikatbuchstaben
Prädikatbuchstaben sind Zeichen der Form ‘Fn’, ‘Gn’,
‘Hn’ usw., wenn nötig auch mit Indizes. (Das hochgestellte ‘n’ steht für die Stellenzahl des Prädikatbuchstabens).
Also z.B. die Zeichen ‘F1’, ‘F2’, ‘F3’, ‘G1’ ‘G2’, ‘H1’
usw. sowie die Zeichen ‘F11’, ‘F21’, ‘H13’, usw.
Die Sprache PL – Syntax
9
Logische Zeichen von PL
Die Junktoren ‘¬’, ‘∧’, ‘∨’, ‘→’ und ‘↔’.
Die Quantorzeichen ‘∀’ und ‘∃’.
Individuenvariablen
Individuenvariablen sind kleine Buchstaben ab dem
Buchstaben ‘x’, wenn nötig auch mit Indizes. (Also
z.B. die Zeichen ‘x’, ‘y’, ‘z’ usw. sowie die Zeichen
‘x1’, ‘x2’, ..., ‘y1’, ‘y2’ usw.)
 Quantoren

Quantoren sind aus je einem Quantorzeichen und
 einer Individuenvariablen aufgebaut: ’∀x’, ’∃y’ usw. 
Die Sprache PL – Syntax
10
Hilfszeichen von PL
Die beiden Klammern ‘(’ und ‘)’.
Die Sprache PL – Syntax
11
Sätze der Sprache PL
1. Atomare Sätze
Atomare Sätze bestehen aus einem Prädikatbuchstaben, der von einer seiner Stellenzahl entsprechenden
Anzahl von Individuenkonstanten gefolgt wird.
Beispiele
F1a
G1e
F2a4a1
H2cc
H3b1a4c3
Die Sprache PL – Syntax
12
2. Komplexe Sätze
Komplexe Sätze entstehen, indem man vor einen
Satz das Zeichen ‘¬’ schreibt oder indem man
zwischen zwei Sätze die Zeichen ‘∧’, ‘∨’, ‘→’ oder
‘↔’ schreibt.
Dabei muss – außer bei der Anwendung des Negationszeichen – der neu erzeugte Satz in Klammern
gesetzt werden.
Die Sprache PL – Syntax
13
Beispiele
¬F1a
¬¬H1c
(F1a ∧ H1c)
¬(F2bb ∨ G2bc)
(¬G2ad → G1b)
(¬F1a ∧ (G2ac ↔ H3dad))
Es gelten wieder die Klammerersparnisregeln
1. Äußerste Klammern dürfen weggelassen werden.
2. ‘∧’ und ‘∨’ binden stärker als ‘→’ und ‘↔‘.
Die Sprache PL – Syntax
14
3. Quantifizierte Sätze (1)
Um den Aufbau dieser dritten Art von Sätzen präzise
beschreiben zu können, müssen zunächst noch einige Vorbereitungen getroffen werden.
Als erstes muss ein zentraler Hilfsbegriff eingeführt
werden – der Begriff der Satzfunktion.
15
Die Sprache PL – Syntax
Vorläufige Definition
Satzfunktionen sind Sätze und die Ausdrücke, die aus
Sätzen entstehen, wenn man in ihnen eine oder
mehrere Individuenkonstanten durch Individuenvariablen ersetzt.
Beispiele
Der Satz ‘G2ab’ ist eine Satzfunktion.
Aus ihm kann man unter anderem aber auch die
folgenden Satzfunktionen gewinnen:
G2xb
G2xy
G2ay
G2xx
Die Sprache PL – Syntax
16
Aus Satzfunktionen kann man auf zwei Arten
Sätze erzeugen:
1. Indem man die Individuenvariablen wieder durch
Individuenkonstanten ersetzt.
F1x
F1a
G2ay
G2ac
G2xy
G2by
G2ba
2. Indem man vor die Satzfunktionen geeignete
Quantoren schreibt, um – wie man sagt – die
Variablen zu binden.
F1 x
G2ay
G2xy
∀xF1x
∃yG2ay
∃yG2xy
Die Sprache PL – Syntax
∀x∃yG2xy
17
Weitere Hilfsbegriffe
Definition 16.1
Der Bereich eines Quantors ist die kürzeste vollständige
Satzfunktion, die unmittelbar auf den Quantor folgt.
Beispiele
(1) ∀x(F1x ∧ G1x)
(2) ∀yF2ay
(3) ∀xF1x ∧ G1x
(4) ∀yF2xy
(5) F2xy
(6) ∃x∀yF2xy
Die Sprache PL – Syntax
(6) ∃x∀yF2xy
18
Definition 16.2
Ist A eine Satzfunktion, in der die Variable α vorkommt, dann heißt ein Vorkommnis von α in A
genau dann gebunden, wenn dieses Vorkommnis in
einem Quantor oder im Bereich eines Quantors mit
derselben Variable liegt.
Definition 16.3
Ist A eine Satzfunktion, in der die Variable α vorkommt, dann heißt ein Vorkommnis von α in A
genau dann frei, wenn dieses Vorkommnis nicht
gebunden ist.
Die Sprache PL – Syntax
19
Beispiele
(Freie Vorkommnisse sind durch grüne, gebundene
Vorkommnisse durch rote Buchstaben gekennzeichnet.)
(1) ∀x(F1x ∧ G1x)
(2) ∀yF2ay
(3) ∀xF1x ∧ G1x
(4) ∀yF2xy
(5) F2xy
(6) ∃x∀yF2xy
Die Sprache PL – Syntax
20
Auf der Grundlage der bisher getroffenen Festlegungen, die sich nur auf einzelne Vorkommnisse von
Variablen beziehen, kann man weiter allgemein
definieren:
Definition 16.4
Eine Variable α kommt in einer Satzfunktion A genau
dann frei vor, wenn wenigstens ein Vorkommnis von
α in A frei ist.
Definition 16.5
Eine Variable α kommt in einer Satzfunktion A genau
dann gebunden vor, wenn wenigstens ein Vorkommnis von α in A gebunden ist.
Die Sprache PL – Syntax
21
! Eine Variable kann in einer Satzfunktion sowohl
frei als auch gebunden vorkommen. (Das ist etwa
im Beispiel (3) der Fall.)
Die Sprache PL – Syntax
22
3. Quantifizierte Sätze (2)
Ist B eine Satzfunktion und α die einzige Individuenvariable von PL, die in B frei vorkommt, dann sind
∀αB und ∃αB Sätze von PL.
Die Sprache PL – Syntax
23
Definition 16.6
A ist genau dann eine Satzfunktion der Sprache PL,
wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:
(i) Φn ist ein n-stelliger Prädikatbuchstabe von PL,
τ1, ..., τn sind n Individuenkonstanten oder
Individuenvariablen von PL und A = Φnτ1...τn;
(ii) B und C sind Satzfunktionen von PL, und
A = ¬B, A = (B ∧ C), A = (B ∨ C), A = (B → C)
oder A = (B ↔ C);
(iii) B ist eine Satzfunktion und α eine Individuenvariable von PL, die in B frei vorkommt, und
A = ∀αB oder A = ∃αB.
Die Sprache PL – Syntax
24
Definition 16.7
A ist genau dann ein Satz von PL, wenn A eine
Satzfunktion von PL ist, in der keine Variable frei
vorkommt.
25
Die Sprache PL – Syntax
Beispiele
(1)
G1c
(2)
F3aac
(3)
G1y
(4)
F2xx
(5)
F1a → G2ba
(6)
¬¬(H1a ∨ ¬F2xy)
(7)
∃yG1y
(8)
∀x(F1y ↔ F3ayb)
Die Sprache PL – Syntax
!
26
Weitere Beispiele
(9)
¬(∃zF3zb)
(10)
∀x(F1x → ∃yF3ayb)
(11)
¬(F1a → ∃yH1y)
(12)
∀x(F1x → ∃yG2yx)
(13)
∃y(F1x ∨ ¬F2axy)
(14)
∀x(F1x → ∃xG1x)
(15)
∀x(F1y → ∃xG1x)
!
!
!
Die Sprache PL – Syntax
27
Verabredung
Ist A eine Satzfunktion, α eine Individuenvariable
und τ eine Individuenkonstante, dann soll mit ‚[A]"‘
die Satzfunktion bezeichnet werden, die entsteht,
wenn man in A alle freien Vorkommnisse von α
durch τ ersetzt
Die Sprache PL – Syntax
28
Beispiele
(1)
[F1x]#
= F1 a
(2)
[F2xy]$
= F2by
(3)
[F1x]%&
= F1x
(4)
[∃xF2xy]' = ∃xF2xb
(5)
[[F2xy]#]%&= [F2ay]% = F2aa
(6)
[G3abx ∨ ∃xF1x]# = G3aba ∨ ∃xF1x
(7)
[∀yG3ayy → ∃yF1y]% = ∀yG3ayy → ∃yF1y
(8)
[∀yF2xy ↔ ∀xF2xx]# = ∀yF2ay ↔ ∀xF2xx
Die Sprache PL – Syntax
29
16.2
Die Semantik von PL
Die Bedeutung der deskriptiven Zeichen der Sprache PL
Die Bedeutung der deskriptiven Ausdrücke der
Sprache PL wird durch eine Interpretation I festgelegt.
Interpretationen spielen in PL die Rolle, die Bewertungen in AL spielen.
Die Sprache PL – Semantik
1
Interpretationen
Jede Interpretation I besteht aus der Angabe eines
nichtleeren Bereichs D und einer Funktion V, die
jedem deskriptiven Zeichen von PL eine Bedeutung
zuweist.
Jede Interpretation I ist also ein geordnetes Paar
<D, V> aus einem Bereich D und einer Funktion V.
Erinnerung
Die Individuenkonstanten von PL sollen den Namen
der deutschen Umgangssprache entsprechen, und
die Prädikatbuchstaben von PL den Prädikaten der
deutschen Umgangssprache.
Die Sprache PL – Semantik
2
Individuenkonstanten
In der deutschen Umgangssprache bezeichnen
Namen einzelne Gegenstände (in einem weiten
Sinne). So bezeichnet ‘Gerhard Schröder’ die Person
Gerhard Schröder und ‘Rom’ die Stadt Rom.
Auch Individuenkonstanten sollen Gegenstände bezeichnen; deshalb wird bei jeder Interpretation I =
<D, V> jeder Individuenkonstanten τ von PL durch
die Funktion V ein Gegenstand V(τ) des Bereichs D
zugeordnet – der Gegenstand, den τ bzgl. I bezeichnet.
Die Sprache PL – Semantik
3
Prädikatbuchstaben 1
Umgangssprachliche Prädikate zeichnen sich dadurch
aus, dass sie auf Gegenstände (bzw. auf Paare oder
n-Tupel von Gegenständen) zutreffen.
So trifft das Prädikat ‚... ist ein Freizeitradsportler‘ auf
Rudolf Scharping zu. Und ‚... ist älter als ...‘ trifft z.B.
auf das geordnete Paar aus Gerhard Schröder und
Bill Clinton zu.
Die Bedeutung jedes umgangssprachlichen Prädikats
kann also durch die Menge der Gegenstände (bzw.
die Menge der n-Tupel von Gegenständen) angegeben werden, auf die das Prädikat zutrifft.
Die Sprache PL – Semantik
4
Prädikatbuchstaben 2
Entsprechend weist auch die Funktion V jedem
Prädikatbuchstaben Φn von PL eine Menge von
Gegenständen der Grundmenge D zu bzw. eine
Menge von n-Tupeln von Gegenständen von D.
Jede Interpretation I = <D, V> legt so für jeden
Prädikatbuchstaben Φn die Menge V(Φn) der Dinge
(bzw.der n-Tupel von Dingen) fest, auf die Φn bzgl. I
zutrifft.
Die Sprache PL – Semantik
5
Definition 16.9
Eine Interpretation I der Sprache PL ist ein geordnetes Paar <D, V> aus einer nichtleeren Menge D (dem
Bereich von I) und einer Abbildung V, die
1. jeder Individuenkonstante τ von PL ein Element
von D und
2. jedem n-stelligen Prädikatbuchstaben Φn von PL
eine Menge von n-Tupeln von Elementen von
D zuordnet.
Die Sprache PL – Semantik
6
Beispiel einer Interpretation I1 = <D1, V1>
D1
= die Menge der natürlichen Zahlen
V1(ai) = i für alle Individuenkonstanten ai von PL
V1(F1) = {x; x ist eine gerade natürliche Zahl}
V1(G1) = {x; x ist eine ungerade natürliche Zahl}
V1(H1) = {x; x ist eine Primzahl}
V1(F2) = {<x, y>; x ist kleiner als y}
V1(G2) = {<x, y>; x ist größer als y}
V1(F3) = {<x, y, z >; x + y = z}
Die Interpretation der übrigen Individuenkonstanten
und Prädikatbuchstaben sei beliebig.
Die Sprache PL – Semantik
7
Die Wahrheitsbedingungen der Sätze von PL
1. Atomare Sätze
• Atomare Sätze bestehen aus einem Prädikatbuchstaben, der von einer seiner Stellenzahl entsprechenden Anzahl von Individuenkonstanten gefolgt wird.
• Individuenkonstanten bezeichnen Gegenstände
von D, Prädikatbuchstaben treffen auf Gegenstände bzw. auf n-Tupel von Gegenständen zu.
Die Sprache PL – Semantik
8
Atomare Sätze 2
Betrachten wir einen Satz der Form Φ1τ.
Ein solcher Satz ist bzgl. einer Interpretation I = <D, V>
genau dann wahr, wenn der Gegenstand V(τ), den V τ
zuordnet, zur Menge V(Φ1) gehört, die V Φ1 zuordnet.
Beispiel
‘F1a1’ ist bgzl. I1 genau dann wahr,
wenn V1(a1) Element der Menge V1(F1) ist,
d.h. wenn 1 Element der Menge der geraden
natürlichen Zahlen ist,
wenn also 1 eine gerade natürliche Zahl ist.
Die Sprache PL – Semantik
9
Weitere Beispiele
‘G1a3’ ist bgzl. I1 genau dann wahr,
wenn V1(a3) Element der Menge V1(G1) ist,
d.h. wenn 3 Element der Menge der ungeraden
natürlichen Zahlen ist,
wenn also 3 eine ungerade natürliche Zahl ist.
‘H1a4’ ist bgzl. I1 genau dann wahr,
wenn V1(a4) Element der Menge V1(H1) ist,
d.h. wenn 4 Element der Menge der Primzahlen ist,
wenn also 4 eine Primzahl ist.
Die Sprache PL – Semantik
9
Atomare Sätze 3
Generell
Ein Satz der Form Φnτ1...τn ist bzgl. einer Interpretation I = <D, V> genau dann wahr, wenn das nTupel <V(τ1), …, V(τn)> der Gegenstände, die V den
Individuenkonstanten τ1,… , τn zuweist, zur Menge
der n-Tupel V(Φn) gehört, auf die Φn (bzgl. I) zutrifft.
Beispiel
‘F2a1a3’ ist bgzl. I1 genau dann wahr,
wenn das geordnete Paar <V1(a1), V1(a3)> Element der
Menge V1(F2) ist,
d.h. wenn <1, 3> Element der Menge {<x, y>; x ist
kleiner als y} ist, wenn also 1 kleiner als 3 ist.
Die Sprache PL – Semantik
11
Weitere Beispiele
‘G2a3a12’ ist bgzl. I1 genau dann wahr,
wenn das geordnete Paar <V1(a3), V1(a12)> Element
der Menge V1(G2) ist,
d.h. wenn <3, 12> Element der Menge {<x, y>; x ist
größer als y} ist,
wenn also 3 größer als 12 ist.
‘F3a4a7a11’ ist bgzl. I1 genau dann wahr,
wenn das Tripel <V1(a4), V1(a7), V1(a11)> Element der
Menge V1(F3) ist,
d.h. wenn <4, 7, 11> Element der Menge {<x, y, z >;
x + y = z} ist,
wenn also 4 + 7 =11.
Die Sprache PL – Semantik
9
2. Komplexe Sätze
Komplexe Sätze sind Sätze der Form ¬B, (B ∧ C),
(B ∨ C), (B → C) und (B ↔ C).
Ein Satz der Form ¬B soll genau dann wahr sein bzgl.
einer Interpretation I, wenn B falsch (nicht wahr) ist
bzgl. I.
Ein Satz der Form (B ∧ C) soll genau dann wahr sein
bzgl. einer Interpretation I, wenn B und C beide
wahr sind bzgl. I.
Ein Satz der Form (B ∨ C) soll genau dann wahr sein
bzgl. einer Interpretation I, wenn von den Sätzen B
und C mindestens einer wahr ist bzgl. I.
Die Sprache PL – Semantik
13
Komplexe Sätze 2
Ein Satz der Form (B → C) soll genau dann wahr sein
bzgl. einer Interpretation I, wenn B falsch ist bzgl. I
und/oder C wahr ist bzgl. I.
Ein Satz der Form (B ↔ C) soll genau dann wahr sein
bzgl. einer Interpretation I, wenn B und C beide
wahr sind oder beide falsch sind bzgl. I.
Die Sprache PL – Semantik
14
3. Quantifizierter Sätze
Wann ist der Satz
(1)
∀x G2 xa3
bezüglich der Interpretation I1 = <D1, V1> wahr?
Wir erinnern uns:
D1
= die Menge der natürlichen Zahlen.
V1(a3) = 3
V1(G2) = {<x, y>; x ist größer als y}
Der Satz (1) soll also offenbar besagen, dass alle
natürlichen Zahlen größer sind als 3.
Wie kann man diese Wahrheitsbedingung präzise
fassen?
Die Sprache PL – Semantik
15
Ausgangsüberlegung
‚∀xG2 xa3‘ ist genau dann wahr bzgl. I1, wenn der
Satz ‚G2 aa3‘ wahr ist – unabhängig davon, welche
Zahl die Individuenkonstante ‘a’ bezeichnet.
Die Sprache PL – Semantik
16
Definition 16.10
Sind I = <D, V> und I′ = <D′, V′> zwei Interpretationen und ist τ eine Individuenkonstante von PL, dann
ist I′ eine τ-Variante von I (symbol.: I′ ( I) genau
dann, wenn sich I′ von I höchstens bzgl. der
Interpretation von τ unterscheidet, d.h. wenn gilt:
(a) D = D′,
(b) V′ ordnet allen Individuenkonstanten – außer
möglicherweise τ – dieselben Gegenstände zu
wie V und
(c)
V′ ordnet allen Prädikatbuchstaben dieselben
Werte zu wie V.
Die Sprache PL – Semantik
17
Die Ausgangsüberlegung lässt sich jetzt so formulieren
‚∀xG2 xa3‘ ist genau dann wahr bzgl. I1, wenn der
Satz ‚G2 aa3‘ wahr ist bzgl. aller a-Varianten I′ von I1.
Außerdem gilt
G2 aa3 = [G2 xa3]#
Mit anderen Worten
‚∀xG2 xa3‘ ist genau dann wahr bzgl. I1, wenn der
Satz [G2 xa3]# wahr ist bzgl. aller a-Varianten I′ von
I1.
Die Sprache PL – Semantik
18
Generell
Ein Satz der Form ∀αA ist genau dann wahr bzgl.
einer Interpretation I, wenn der Satz [A]" wahr ist
bzgl. aller τ-Varianten I′ von I, wobei τ eine
Individuenkonstante ist, die in A nicht vorkommt.
Für Existenzaussagen gilt entsprechend
Ein Satz der Form ∃αA ist genau dann wahr bzgl.
einer Interpretation I, wenn der Satz [A]" wahr ist
bzgl. zumindest einer τ-Variante I′ von I, wobei τ
eine Individuenkonstante ist, die in A nicht
vorkommt.
Die Sprache PL – Semantik
19
Definition 16.11
Ist I = <D, V> eine Interpretation der Sprache PL,
dann ist ein Satz A von PL genau dann wahr bzgl. I,
wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:
(i) A ist atomar, d.h. A = Φnτ1...τn, und das nTupel <V(τ1), ..., V(τn)> ist Element der Menge
von n-Tupeln, die V dem Prädikatbuchstaben
Φn zuordnet, d.h. Element von V(Φn);
(ii) A = ¬B, und B ist falsch bzgl. I;
(iii) A = (B ∧ C), und die Sätze B und C sind beide
wahr bzgl. I;
(iv) A = (B ∨ C), und von den Sätzen B und C ist
mindestens einer wahr bzgl. I;
Die Sprache PL – Semantik
20
Definition 16.11 (2)
(v)
A = (B → C), und B ist nicht wahr bzgl. I oder
C ist wahr bzgl. I oder beides;
(vi)
A = (B ↔ C), und die Sätze B und C sind
beide wahr oder beide falsch bzgl. I;
(vii) A = ∀αB (B ist eine Satzfunktion von PL, in
der nur die Variable α frei vorkommt), und
[B]"&ist wahr bzgl. aller τ-Varianten I′ von I,
wobei τ eine Individuenkonstante von PL ist,
die in B nicht vorkommt;
Die Sprache PL – Semantik
21
Definition 16.11 (3)
(viii) A = ∃αB (B ist eine Satzfunktion von PL, in
der nur die Variable α frei vorkommt), und
[B]" ist wahr bzgl. mindestens einer τ-Variante I′ von I, wobei τ eine Individuenkonstante
von PL ist, die in B nicht vorkommt.
Die Sprache PL – Semantik
22
Die folgenden Sätze sind wahr bzgl. I1
(1)
G1a1
(2)
¬F1a3
(3)
F1a3 → ¬G1a1
(4)
F2a1a3
(5)
F3a1a1a2
(6)
F3a1a2a3
(7)
¬∀xG2xa3
(8)
∃x(H1x ∧ G2xa2)
(9)
¬∃x(H1x ∧ F2xa2)
(10)
∀x∃zF2xz
Die Sprache PL – Semantik
23
Die folgenden Sätze sind nicht wahr bzgl. I1
(11)
H1a4
(12)
F3a2a2a4 → G1a2
(13)
∃xF2xx
(14)
∀x∃yF2yx
(15)
∀x∀y∀z(F3xyz → G2xy).
Die Sprache PL – Semantik
24
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