Reaktionstechnik und Katalyse Umfang 13 Einheiten zu je 3 Vorlesungsstunden und je einer Übung Ziele • Thermodynamik Th d ik und d Stö Stöchiometrie hi ti – Stöchiometrie und Ablauf einer chemischen Reaktion – Thermodynamische Aspekte einer chemischen Reaktion • Grundbegriffe der Kinetik • Mikrokinetik von Reaktionsabläufen • Stofftransport • Grundzüge der (heterogenen) Katalyse • Makrokinetik • Reaktionsapparate und Prozessführung ➜ Konzeptionelles Lösen von Problemen in der chemischen Reaktionstechnik Ziele der Reaktionstechnik Raw materials Ausgangsstoffe Feed Vorbehandlung Feed conditioning Reaktor Teilumsatz Reactor withmit partial conversion Trennung of Feed Separation feedund andProdukte products Produkt ProductTrennung separation Die Grundoperationen sind durch den Prozess im Reaktor vorbestimmt. • Konzeption K i neuer Reaktionsrouten • Steigerung der spezifischen Produktleistung Einsatz von Katalysatoren • Erhöhung der Selektivität verringert Umfang der Trennschritte Produkte 1 Liste empfohlener Lehrbücher zur Vorlesung Technische Chemie II • M.Baerns, A. Behr, A. Brehm, J.Gmehling, H. Hofmann, U. Onken, A. Renken Technische Chemie Chemie, Wiley-VCH, Wiley VCH Weinhein (2006) • M. Baerns, H. Hofmann, A. Renken, Chemische Reaktionstechnik, Thieme, Stuttgart (1987). • E. Fitzer, W. Fritz, Technische Chemie, Einführung in die Chemische Reaktionstechnik, Springer, Berlin (1989). • O. Levenspiel, The Chemical reactor, Omnibook, Osu Oregon (1993). • O. Levenspiel, Chemical Reaction Engineering, Wiley, New York (1972). Klassifizierung chemischer Reaktionen • Zahl der beteiligten Phasen – homogene Reaktionen – heterogene Reaktionen p g im Reaktor • Temperaturführung – isotherme Reaktionsführung – adiabatische Reaktionsführung – polytrope Reaktionsführung • Reaktionstyp – einfache Reaktion – komplexe Reaktion • Reaktionsführung – kontinuierlich – diskontinuierlich • Idealisierter Reaktortyp – Strömungsrohr – Rührkessel 2 Definitionen Reaktionsapparat, Reaktionsgefäß, Reaktor Apparat in dem die Reaktion durchgeführt wird Reaktionsgemisch, Reaktionsmasse Gesamtheit eingeschlossener Stoffe Reaktanten an der Umsetzung beteiligte Stoffe Begleitstoffe Lösungs-, Verdünnungsmittel, Katalysatoren,... Reaktionsvolumen V von Reaktionsmasse eingenommenes Volumen Reaktorvolumen VR Leerraum des Reaktionsapparats Chemische Spe Spezies ies Ai Molzahl von Ai ni = kmol Ai Masse von Ai im Reaktionsgemisch mi = Mi * ni N m= Gesamte Reaktionsmasse ∑m i =1 i Molzahl und stöchiometrischer Koeffizient Ändert sich die Molzahl ni durch den Ablauf einer Reaktion so gilt: N ∑ν n M i =1 i i i =0 Massenbilanz ν stöchiometrische Koeffizienten für die Reaktion – für die Edukte negativ – für fü die di Produkte P d kt positiv iti N2 + A1 = N2 A2 = H2 A3 = NH3 3 H2 ⇌ M1 = 28 M2 = 2 M3 = 17 2 NH3 ν1 = - 1 ν2 = - 3 ν3 = +2 N=3 3 Die Reaktionslaufzahl ξ Die Molzahländerung einer Spezies Ai wird durch die Reaktionslaufzahl („extent of reaction“) beschrieben: ξ= ni − ni0 νi nio Molzahl zur Zeit t = t0 ni Molzahl zur Zeit t = t ξ ist mit dem Formelumsatz und nicht mit dem Umsatz einer Komponente verknüpft. Die Molzahl einer Spezies Ai ist dann beim Ablauf der Reaktion definiert als: ni = ni 0 + νi ξ Die Masse beim Ablauf einer Reaktion ist dann analog gegeben als: mi = mi 0 + Mi νi ξ Laufen mehrere Reaktionen (j = 1,…, M) ab so gilt für jede Reaktion N ∑ν n M i =1 i i i =0 sowie für eine an allen Reaktionen beteiligte Spezies M ni = ni 0 + ∑ νij ξ j j=1 bzw. M mi = mi , 0 + M i ∑ν ijξ j j =1 4 Intensive Größen zur Kennzeichnung der Zusammensetzung des Reaktionsgemisches Stoffmengen-Stoffmengen xi = -anteil ni N ∑n i =1 = Massen-Massen ni n wi = i mi ∑m i =1 -konzentration ci = ni V -verhältnis κi = ni nk = N ρi = Einheit mi m dimensionslos i Mol bzw. Masse pro Volumen mi V Wi = mi mk dimensionslos n Gesamtmolzahl, m Gesamtmasse, ρ (Gesamt-)Dichte, c Gesamtkonzentration im Reaktionsgemisch Da die extensiven Größen meist nicht direkt messbar sind, werden intensive Größen benutzt. λ= ξ λ ξ ξ , λ ' = , λ '' = = V m n0 c0 N n0 = ∑ ni 0 i= 1 Dadurch lassen sich alle Konzentrationen, Stoffmengenanteile etc. eindeutig als Funktion einer Variablen angeben. ci = ci 0 + νi λ c = c0 + νλ und es gilt xi = N N N i=1 i= 1 i=1 c = ∑ ci , c0 = ∑ ci 0 , ν = ∑ νi ci c +νλ x + ν λ '' = i0 N i = i0 N i c c + ν λ 1 + ν λ '' ∑ i ∑ i 0 i=1 i= 1 5 Beachte: wenn N ∑ν i =1 i ≠0 ändert sich auch der Stoffmengenanteil einer Inertkomponente ! Da aber die Dichte und Konzentration verknüpft sind ρ i = M i ⋅ ci gilt ρ i = ρ i 0 + M iν i λ (fü V = konstant) (für k t t) Und für den Massenanteil w wi = wi 0 + M i vi λ ' (auch für V ≠ konstant) Definitionen • Reaktionsdauer tR – ist die Zeit in der die Reaktanten und Begleitstoffe am Reaktionsort reagieren. • Reaktorbetriebszeit tZ – Zeit, die für die Durchführung der Reaktion benötigt wird • Betriebszeit tB – bei kontunierlich durchströmten Festbettreaktoren gleich der Lebensdauer des Katalysators • Reaktordurchsatz – die di pro Z Zeiteineinheit it i i h it aus/eintretende / i t t d St Stoffmenge ff (k (kg·h h-11)bei )b i -1 3 -1 F = kmol·h ; V = m ·h • Belastung des Reaktors – Verhältnis des Gesamtdurchsatzes zum Reaktorvolumen 6 Definitionen • Umsatzgrad X – die während der Reaktionsdauer umgesetzte Menge einer bestimmten Menge (ausgedrückt in Bruchteilen dieser Menge) M X= ni 0 − ni =− ni 0 ∑ νijj ξ j j=1 ni 0 • Ausbeute Yk – die während der Reaktion aus dem Ausgangsstoff gebildete Menge eines Reaktionsprodukts k (ausgedrückt in Bruchteilen der maximal möglichen Menge) Yk = nk − nk 0 νi . ni 0 νk – Bei einfachen Reaktionen sind Umsatz und Ausbeute gleich, falls Ai die stöchiometrisch begrenzende Komponente ist. Definitionen • Integrale Selektivität – Verhältnis von Ausbeute und Umsatz • Reaktorleistung L – Produkt aus Durchsatz und Umsatz, bzw. – Durchsatz und Ausbeute • Reaktorkapazität – maximal mögliche Reaktorleistung 7 Stöchiometrie Lehre von den Gesetzmäßigkeiten denen die Änderungen der Zusammensetzung eines Reaktionsgemisches während des Ablaufs einer chemischen Reaktion unterliegt. νi ⇌ CH4 + H2O -1 -1 CO + 3H2 +1 +3 ΔnCO ΔnH 2 ΔnCH 4 ΔnH 2O Δni = = = = =ξ +1 +3 −1 −1 νi • V Von welchen l h S Spezies i müssen ü M l hl Ä d Molzahl-Änderungen mindestens i d t bekannt sein, um Molzahl-Änderungen aller Komponenten beschreiben zu können? – Schlüsselkomponenten • Wie viele Gleichungen benötigt man? - Schlüsselreaktionen • Wie sind bei komplexen Systemen die gemessenen MolzahlÄnderungen und der Reaktionsfortschritt miteinander verknüpft? In einem geschlossenen System bleiben auch beim Ablaufen einer chemischen Reaktion die Anzahl der Atome eines jeden Elements konstant. Anzahl der Elemente L gezählt als h = 1, 2, ..., L Anzahl der Spezies N gezählt als A1, A2, ... βhi Koeffizient von Element h in der Summenformel der Spezies Ai ni Anzahl der Mole an Ai bh Anzahl der Grammatome eines Elementes h im Reaktionsgemisch N ∑ βhi ni = bh i =1 h = 1,..., L Bei der chemischen Reaktion ändern sich zwar die Molzahlen ni um Δni = ni - ni0, die Atommengen bleiben aber unverändert. N ∑ βhi Δni = 0 i=1 8 Schlüsselkomponenten und Schlüsselreaktionen Wenn Summenformeln aller an den Umsetzungen beteiligten Spezies i bekannt sind gilt N ∑ βhi Δni = 0 i=1 ein homogenes Gleichungssystem in den N Unbekannten Δni mit den Koeffizienten βhi. Die Matrix B der βhi hat die Dimension L x N, ihr Rang ist Rβ. Meist ist Rβ = L und N ist größer als L. Ö Gleichungssystem ist unterbestimmt. Lösung durch Bestimmung von Rß (gebundene Unbekannte) als Funktion von N - Rβ (freie Unbekannte). Die freien Unbekannten sind die Molzahl-Änderungen der Schlüsselkomponenten. Sind sie bekannt, sind auch die übrigen Komponenten (gebundene Unbekannte) eindeutig berechenbar. Die Zahl der Schlüsselkomponenten ist dann R = N - Rβ Schlüsselkomponenten und Schlüsselreaktionen Bei der Synthesegaserzeugung aus Methan und Wasser bei 600°C und 1·10-5 Pa treten 7 Spezies auf (N = 7): CH4 H2O H2 CO CO2 C C2H6 Die Element-Spezies Matrix B der βhi für dieses Beispiel lautet Die Anzahl der Schlüsselkomponenten R ergibt sich aus R = N - Rβ = 7 – 3 = 4 9 Mit H2, CO, CO2 und C2H6 als Schlüsselkomponenten erhält man als C-Bilanz Δ nC + Δ nCH 4 + 0 = − (0 + Δ nCO + Δ nCO2 + 2 Δ nC2 H 6 ) als H-Bilanz 0 + 4 ΔnCH + 2 ΔnH O = − (2 ΔnH + 0 + 0 + 6ΔnC H ) 4 2 2 2 6 als O-Bilanz 0 + 0 + Δ nH 2O = − (0 + Δ nCO + 2 Δ nCO2 + 0) Nach Einsetzen erhält man für die gebundenen Unbekannten ΔnC = +1 +1// 2 ΔnH 2 − 3 / 2 ΔnCO − 2 ΔnCO2 − 1 / 2 ΔnC2 H 6 ΔnCH 4 = −1 / 2 ΔnH 2 + 1 / 2ΔnCO + ΔnCO2 − 3 / 2 ΔnC2 H 6 ΔnH 2O = − ΔnCO − 2 ΔnCO2 Für die Umsätze der Schlüsselkomponenten H2, CO, CO2 und C2H6 werden gemessen (und damit vorgegeben) ΔnH 2 = 3.3 kmol ΔnCO = 0.8 kmol ΔnCO 2 = 0.2 kmol ΔnC 2 H 6 = 10 −7 kmol Bei Vernachlässigung des kleinen Umsatzes zu Ethan ergibt sich damit für die Bilanzgleichungen ΔnC = 0.05 kmol ΔnCH 4 = 1.05 kmol ΔnH 2O = 1.2 kmol 10 Die Schlüsselkomponenten sind stets so zu wählen, dass in den Nichtschlüsselkomponenten mindestens RßElemente enthalten sind. Wenn man sich für die Reaktionsgleichung interessiert, geht man aus von N ∑ νi Ai = 0 i= 1 für das Dampf-Reformieren von Methan führt dies zu + CO + 3 H2 – CH4 – H2O = 0 Für jede chemische Reaktion gilt auch der Satz von der Erhaltung der Masse eines jeden Elements für einen Formelumsatz mit Δni = νi gilt N ∑ βhiνi = 0 i= 1 h = 1,…,L Die Lösung dieses homogenen Gleichungssystems mit der Elementmatrix liefert die stöchiometrischen Koeffizienten νi der zu formulierenden Reaktionsgleichung. ⎡ ν 11 ⎢ ⎢ ν 1j ⎢ ν 1R v ⎣ ... ν i1 ... ν ij ... ν iR v ... ν N1 ⎤ ⎥ ... ν Nj ⎥ ... ν NR v ⎥⎦ • Da das System unterbestimmt ist, muss die allgemeine Lösung des Gleichungssystems ermittelt werden, die aus • Rν = N – Rß Sonderlösungen besteht. 11 Der Reaktionsfortschritt In einem reagierenden System mit der Zahl der Schlüsselreaktionen Rν = N-Rβ > 1, wird die Molzahländerung einer Komponente durch mehrere Teilreaktionen verursacht. Es können mehr Reaktionen M ablaufen, wobei gilt M = Rν g Ist der Beitrag der j-ten Reaktion zu Δni gleich δnij so gilt δnij = ξj νij = (kmol) Reaktionslaufzahl nij ,0 − nij νij M M j= 1 j= 1 Δni = ∑ δnij = ∑ νijξ j i = 1,..., N Stöchiometrie und Reaktionskinetik • Kinetik aus zeitlichen Veränderungen der reagierenden Systeme physikalisch chemisch sinnvolle Gesetzmäßigkeiten abzuleiten. • Stöchiometrie aus stöchiometrischen Überlegungen abgeleitete Gleichungen bzw bzw. Schlüsselreaktionen haben meist keine kinetische Bedeutung. • Schlüsselreaktionen sollen so definiert werden, dass sie den ablaufenden Reaktionen entsprechen Ri = dci M = ∑ νij rj dt j= j=1 i = 1,..., N Äquivalentreaktionsgeschwindigkeit rj = 1 dξi dλ j = V dt dt j=1,..., M 12 Drei Fälle können auftreten Ö M = Rν = N – Rβ Zahl der Reaktionen gleich den von Stöchiometrie gefordert ➜ für die Kinetik können aber auch ungeeignete g g Reaktionen g gewählt werden. Ö M > Rν = N – Rβ Zahl der Reaktionen größer als von Stöchiometrie gefordert ➜ für die Kinetik sind auch linear abhängige Reaktionen zu berücksichtigen. Ö M < Rν = N – Rβ Einige Reaktionen sind kinetisch unmöglich ➜ R liefert nur die Obergrenze der möglichen Reaktionen Eine allgemein anwendbare experimentelle Methode zur Ermittlung der Zahl R erfordert die Messung der Umsätze aller N Spezies zu t verschiedenen Reaktionszeiten - kinetische Messungen! Reaktionsenthalpie ΔHr und freie Bildungsenthalpie ΔGr • ΔHr Wärmetönung einer Reaktion bei konstantem Druck – Ausgangsstoffe negativ – Produkte positiv – nur abhängig vom Ausgangs und Endzustand (Wert über Linearkombinationen andere Reaktionen zu berechnen) – Berechnung meist aus den Bildungsenthalpien N Δ H = ∑ ν i Δ H fi i=1 • Bei komplexen Reaktionen ergibt sich der Wärmeumsatz aus M ( ΔH R ) tot = ∑ ξ j ( ΔH R ) j j=1 • Abschätzung der Bildungsenthalpie über die Bildungsenthalpien funktioneller Gruppen 13 Das chemische Gleichgewicht Für jede Gleichgewichtssituation, also auch für das chemische Gleichgewicht gilt ⎛ ∂G ⎞ = μi ⎜ ⎟ ⎝ ∂ni ⎠ p ,T ,n k N G = ∑ ni μi Daher gilt für die freie Reaktionsenthalpie i=1 Für die Änderung der Gibbsschen freien Enthalpie bei einer Reaktion N N N i= 1 i= 1 i=1 ΔGR = GEnde − GAnfang = ( ∑ ni μi ) Ende −( ∑ ni μi ) Anfang = ∑ νi μi Im Gleichgewicht gilt also für ein reagierendes System N ∑νμ i =1 i i =0 Massenwirkungsgesetz Für die Gibbssche freie Enthalpie gilt andererseits die Beziehung dG = − SdT + Vdp + ∑ νi μi dξ für konstante Temperatur und konstantem Druck und reagierendem Gemisch N ⎛ ∂G ⎞ ΔGR0 = ⎜ ⎟ = ∑ νi μi0 ⎝ ∂ξ ⎠ p,T i = 1 und für die Druck und Temperaturabhängigkeit des chemischen Potentials μi = ( p, T ) = μi0 + RTln Daraus folgt für eine chemische Reaktion pi p0 N N i=1 i=1 ' 0 ∑ νi μi + RT ∑ νi lnpi = 0 14 Nach dem Massenwirkungsgesetz gilt N lnKp = ∑ νi ln pi' i=1 und daher folgt N 0 ∑ νi μi + RTlnKp = 0 i=1 Kp = e − ΔGRo RT ⎛ ν μ0 ⎞ oder Kp = exp⎜ − i i ⎟ ⎝ RT ⎠ ΔGRo = − RT ln K p Die Gleichgewichtskonstanten können mit Hilfe des Heßschen Satzes aus den freien Bildungsenthalpien berechnet werden. log Kp = ∑ νi log Kpfi Die Temperaturabhängigkeit ist durch die Beziehung von van‘t Hoff gegeben d ln Kp dT ΔHR0 = RT 2 Maximaler Umsatz νi xk0 X k* νk = log Kp − ( ∑ νi ) log p ∑ νi log ∑ν i=1 1 − i xk0 X k* νk N xi 0 − 15