5 Photonische Kristalle Photonische Kristalle sind Materialien mit einer räumlich periodischen Brechzahl. Für Photonen, deren Wellenlänge in der Größenordnung der Periodizität liegt, ändern sich die optischen Eigenschaften erheblich. Analogie Halbleiter: •Bänder in Halbleitern entstehen durch periodische Potenziale der Atomrümpfe für Elektronen mit passender Wellenlänge •Es entstehen Bandlücken – energetische Bereiche, wo keine Zustände sind Analogie Halbleiter-Übergitter: •Künstliche Strukturen (1D) für erweiterte elektronische Eigenschaften 5 Photonische Kristalle Photonische Kristalle sind nicht nur künstlich hergestellte Strukturen – es gibt sie massenweise in der Natur Die „Seemaus“ Mikrostruktur der Haare 5 Photonische Kristalle Tiefseefisch Coelacanth mit periodisch strukturierter Hautoberfläche (ausgestorben seit mehr als 80Mio. Jahren) 5 Photonische Kristalle ...doch noch nicht ausgestorben. 5 Photonische Kristalle Photonische Kristalle sind sexy! (Kurier Juni 2003) Polarisationsabhängigkeit der Photonischen Kristalle (Schmetterlingsflügel) detektiert mit Polfilter („Auge“ einiger Schmetterlinge) 5 Photonische Kristalle Farbeffekte von Schmetterlingsflügeln 5 Photonische Kristalle Natürliche Opale sind als Schmuck beliebt 5 Photonische Kristalle Photonische Kristalle sind ein sehr aktuelles Forschungsthema (AD 2003), aber eigentlich schon sehr lange experimentell untersucht. „Insbesondere bei der zweifach periodischen Struktur können ausgeprägte frequenzabhängige Sperrbezirke, also fehlende Lichtausbreitung im periodischen Wellenleiter für bestimmte Einkoppelwinkelbereiche auftreten.“ Remigius Zengerle, Dissertation Stuttgart, 1978 5.1 Modifizierte Dispersion Vektordiagramme – die einfache Herleitung für die merkwürdigen Eigenschaften von PCs ω Wellenvektordiagram (nach Russell und Zengerle) βy vg βx,y,z ω=const Dispersionsrelation β βx G G vg = ∇ β ω β () Homogenes isotropes Medium 5.1 Modifizierte Dispersion Snellius – mal anders Bei gleicher Energie, ω=const.: Größerer Wellenvektor kleinere Wellenlänge im Material – größere Brechzahl βy y vg ω=const β βx vg x Tangentialkomponente bleibt konstant Grenzfläche zwischen zwei homogenen isotropen Medien 5.1 Modifizierte Dispersion Vektordiagramme – die einfache Herleitung für die merkwürdigen Eigenschaften von PCs βy vg β ω=const βx anisotropes Medium 5.1 Modifizierte Dispersion Vektordiagramme – die einfache Herleitung für die merkwürdigen Eigenschaften von PCs βy y vg β ω=const βx Tangentialkomponente bleibt konstant Grenzfläche zweier Medien x 5.1 Modifizierte Dispersion y Periodisch moduliertes Material Ortsraum Periodizität L => x Bloch-Floquet-Theorem: G βy G G β µ = β 0 + µK e x K= 2π L β K 2K βx 5.1 Modifizierte Dispersion Periodisch moduliertes Material βy vg β0 K 1ste Brillouin-Zone βx 5.1 Modifizierte Dispersion Periodisch moduliertes Material βy vg β0 K 1ste Brillouin-Zone βx 5.1 Modifizierte Dispersion βy 2 fach periodisch moduliertes Material K K Ortsraum y x βx 5.1 Modifizierte Dispersion βy K K βx 5.1 Modifizierte Dispersion βy' βx‘ 5.1 Modifizierte Dispersion βy' βx‘ 5.1 Modifizierte Dispersion βy' βx‘ 5.1 Modifizierte Dispersion Remigius Zengerle, Dissertation Stuttgart, 1978 Fokussierung 5.1 Modifizierte Dispersion Remigius Zengerle, Dissertation Stuttgart, 1978 Streuung, Winkelverstärkung 5.1 Modifizierte Dispersion Evaluierung des Marktpotenzials für neue optische Komponenten (speziell PCs) X Material Fabrication X X Performance/ functionality Market requirements X Knowledge / experience Yield Cost footprint Price Coupling / integration Success 5.2 Photonische Bandlücken Photonic Crystal Roadmap 5.1 Modifizierte Dispersion Neuere Anwendungen der modifizierten Dispersionseigenschaften: Superprisma – Starke wellenlängenabhänbgige Ablenkung Vorteil: PC-Struktur für Wellenlängenmultiplex braucht viel geringere Fläche auf dem Wafer (~Faktor 100000) 5.1 Modifizierte Dispersion Modifizierten Dispersionseigenschaften (Ultrarefraktive Effekte, superrefraktive Effekte, beam-steering) Vorteil: •Geringe Änderung der Parameter ergibt starke Änderung der optischen Eigenschaften •Abstimmbarkeit mit geringer Ansteuerung möglich Nachteil: •Die Struktur muss sehr exakt hergestellt werden, um die gewünschten Eigenschaften zu erhalten 5.1 Modifizierte Dispersion Neuere Anwendungen der modifizierten Dispersionseigenschaften: Beam-Splitter Vorteil: PC-Struktur für Splitter braucht viel geringere Fläche auf dem Wafer (~Faktor 1000) 5.1 Modifizierte Dispersion K. Inoue et al.: “Observation of small group velocity...”, PRB 65 (2002) Time of flight Messungen: vg=0,03c in AlGaAs 2D PCs 5.1 Modifizierte Dispersion Wozu braucht man langsames Licht? Design dispersion relation for reduced group velocity Increase interaction time of light with matter / external fields Enhance effective material properties Verdet constant Short optical isolators electrooptics Small, fast modulators lifetime better sensors High efficiency sources Nonlinear effects, scattering Short, efficient amplifiers 5.1 Modifizierte Dispersion Beispiel Modulator Klassischer MZI-Modulator Dispersionsrelation von 1D PC MZI mit PC 5.1 Modifizierte Dispersion Fertige Produkte: Polfilter, hergestellt mit Autocloning 5.2 Photonische Bandlücken Erster Schritt zur Bandlücke: Der dielektrische Spiegel (1D photonischer Kristall) Licht einer Wellenlänge dringt nicht ins Substrat ein Substrat d1 ≈ d2 ≈ λ0 4n1 λ0 4n2 5.2 Photonische Bandlücken 2D PCs: Wellenleiter jenseits der Bedingungen für Totalreflexion Beliebige Krümmungsradien möglich Höchst integrierte Optik 5.2 Photonische Bandlücken Klassen von PCs in verschiedenen Dimensionen 5.2 Photonische Bandlücken 5.2 Photonische Bandlücken Theorie hinter den photonischen Kristallen H (r , t ) = H (r )eiω t ∇ ⋅ H (r , t ) = 0 E (r , t ) = E (r )eiω t ∇ ⋅ ε (r ) E (r , t ) = 0 Maxwell 1 ∇ × E (r , t ) + H = 0 c ε (r ) E (r , t ) = 0 ∇ × H (r , t ) − c Ansatz ebene Wellen ∇ ⋅ H (r ) = ∇ ⋅ D(r ) = 0 Keine Quellen iω iω ∇ × E (r ) + H (r ) = ∇ × H (r ) − ε (r ) E (r ) = 0 c c −ic 1 ω Zu lösende E (r ) = ∇ × H (r ) ∇× ∇ × H (r ) = H (r ) Gleichungen ωε (r ) ε (r ) c 2 5.2 Photonische Bandlücken Z.B. zeitliche Entwicklung der elektrischen Feldkomponente (Hausaufgabe) Problem: Numerische Berechnung eines 3D PCs mit wenigen Perioden in alle Raumrichtungen benötigt eine Rechenzeit in der Größenordnung von Tagen 5.2 Photonische Bandlücken Resultierende Bandstruktur und Zustandsdichte 0,8 Frequenz ωa/2πc Frequenz ωa/2πc 0,8 0,6 vollständige Photonische Bandlücke 0,4 0,2 0,0 H-Pol. E-Pol. 0Γ 2 M4 K6 Wellenvektor k 8 10 Γ 0,6 0,4 0,2 H-Pol. E-Pol. 0,0 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 Zustandsdichte (willk. Einh.) 5.2 Photonische Bandlücken Bandlücken sind abhängig von Polarisation und Füllfaktor Es existiert ein minimaler Brechzahlkontrast, damit eine vollständige Bandlücke entsteht (etwa ∆n=2) 5.2 Photonische Bandlücken Richtungsunabhängige Bandlücken Prinzipiell nicht realisierbar in einem Gitter, aber mit Strukturen höherer Symmetrie theoretisch gut approximierbar 5.2 Photonische Bandlücken 1D-2D-3D und der praktische Nutzen 1D photonische Kristalle haben für eine Ausbreitung entlang der Periodizität immer eine photonische Bandlücke (100% Reflexion ist möglich) 2D photonische Kristalle haben je nach Brechzahlkontrast und Gitterstruktur eine Bandlücke in alle Richtungen in der Ebene der Periodizität 3D Kristalle haben je nach Brechzahlkontrast und Gitterstruktur eine Bandlücke in alle Richtungen im Raum Alle klassischen Funktionen der integrierten Optik können mit planaren Strukturen realisiert werden. Daher gibt es auch keinen Zwang bei photonischen Kristallen zu 3D überzugehen! 5.2 Photonische Bandlücken 2D PCs und das vertikale Confinement n1 n2 n3 Vertikal wird das Licht analog zu einem klassischen Wellenleiter geführt mit effektiven Brechzahlen n´1, n´2, n´3 5.2 Photonische Bandlücken 2D PCs und das vertikale Confinement Optionen 5.2 Photonische Bandlücken Mögliche Realisierungen von 2D PCs • Löcher ätzen mit sehr hohem Aspektverhältnis (Trockenchemisch geätzt in Halbleiter-Heterostrukturen) 5.2 Photonische Bandlücken Mögliche Realisierungen von 2D PCs 100 µm • Löcher ätzen mit sehr hohem Aspektverhältnis (Photoelektroschemisch in Si) 0.5 µm 0.43 µm 5.2 Photonische Bandlücken Mögliche Realisierungen von 2D PCs • Wellenleiter dünn machen mit sehr hohem Brechzahlkontrast SiN 5.2 Photonische Bandlücken 3D PCs und das Problem der Herstellung 5.2 Photonische Bandlücken Sequentielles Verfahren Probleme: Ausrichtung Schreibzeit 5.2 Photonische Bandlücken Holografisches Verfahren Probleme: Gittertypen beschränkt Defektwellenleiter fehlt 5.2 Photonische Bandlücken Selbstorganisation (z.B. Opale) Probleme: Gitterfehler Brechzahlkontrast 5.2 Photonische Bandlücken Autocloning (zur Definition von Wellenleitern) 5.2 Photonische Bandlücken Photonische Kristalle alleine sind ziemlich nutzlos (so wie undotierte Halbleiterkristalle oder –schichten alleine) Interessant sind: •Defekte (Dotierung) •Reihen oder Bereich von Defekten (leitfähige Kanäle oder Quantumwells) •Abstimmbare PCs (Transistor) 5.2 Photonische Bandlücken Photonische Kristallfasern Periodische Struktur formt das Cladding, ein Defekt bildet das Corematerial 5.2 Photonische Bandlücken Photonische Kristallfasern Propagationsdiagramm 1. Propagation ist überall erlaubt 2. Propagation in Luft verboten 3. Übliche Modenführung mit Totalreflexion 4. Licht ist immer evaneszent 5.2 Photonische Bandlücken Gestapelter 3D PC aus Wolfram Spontane Emission wird unterdrückt und spektral verschoben 5.2 Photonische Bandlücken Defektwellenleiter W1 Ausbreitung des Lichts ist nur in den Defekten räumlich getrennt von den Bandlücken möglich. So lassen sich Knicke und Splitter bauen 5.2 Photonische Bandlücken Auskopplung durch Defekte Die Ausbreitung wird durch Defekte neben dem Wellenleiter gestört. Licht einer bestimmten Wellenlänge koppelt dort aus. 5.2 Photonische Bandlücken Bessere Lasercavities Mit PCs können Cavities mit hohen Güten in kleinen Volumina realisiert werden. Das kann zu verringerter Laserschwelle und schmaleren Bandbreiten führen. 5.2 Photonische Bandlücken Left-handed materials, negative Brechzahl Formal: ε<0, µ<0 Realisierung für Mikrowellen: Unterhalb von Plasmaresonanz ist ε<0 Unterhalb von LC-Resonanz ist µ<0 „Normal“ ε r µr n= ε 0 µ0 „Nicht normal“ 5.2 Photonische Bandlücken Left-handed materials, negative Brechzahl Einige der merkwürdigen Eigenschaften (heiß diskutiert): •Perfekte Linsen •Umgekehrte Ausbreitungsrichtung von Gruppen- und Phasengeschwindigkeit (Filme) 5.2 Photonische Bandlücken Visionen für den Einsatz von photonischen Kristallen Schockley 1949 Sandia 1999 Intel 2000 Micropolis“ vision by MIT 2001 5.2 Photonische Bandlücken Photonische Kristalle im Vergleich zu Halbleitern zKeine signifikante Verbesserung der Eigenschaften durch Miniaturisierung (abgesehen vom Laser) zEs gibt keine Coulomb-WW für Photonen zEs gibt keine Kapazitäten (also keine RC-Zeiten) die die Bandbreite in PCs begrenzen zDie Elektronenladung beeinflußt die Bandstruktur (Selbstkonsistentes Problem) – Defekte können abgeschirmt werden zDie Kohärenzlänge von Elektronen bei Zimmertemperatur ist normalerweise vernachlässigbar und diffuser Transport dominiert zElektronik arbeitet mit binärer Logik und nicht mit Wellenlängenmultiplexing zAtome können identisch sein, Löcher in photonischen Kristallen nicht zAdiabatische Koppler brauchen Strukturgrößen jenseits der Größen von künftiger integrierter Elektronik zEs gibt keinen Massenmarkt für photonische Komponenten (im Vergleich: 109 Computer sind verkauft worden) 5.2 Photonische Bandlücken Abhängigkeit der Bandlücke von Abweichungen der Lochradien 5.2 Photonische Bandlücken Zu lösende Probleme bei PCs •Koppelverluste liegen im Bereich von 3dB (anstatt 0,1dB bei klassischer integrierter Optik •Verluste von Defektwellenleitern liegen bei 30dB/cm (klassisch 0,1dB/cm) •Verluste entstehen durch raue Oberflächen ~(∆n)2.5 •Verluste entstehen durch Absorption 5.2 Photonische Bandlücken PCs - Licht ein- und auskoppeln Problem: Modenfelder sind extrem klein Eingebaute Lichtquelle 5.2 Photonische Bandlücken Verringerung der Modenfelddurchmesser Ö 3D-Taper mit Graustufenlitho in SOI Ö “X-mas tree” von IBM - 2D 5.2 Photonische Bandlücken Verringerung der Modenfelddurchmesser Ö Conic tapered fibers (FORC, Moscow) Ö Lensed fibers Ö Geätzte Axicon lensed fiber tips (Jhe, Seoul) Intensity 1.2µm Fiber position (µm) Ö Anderes (BallLinsen, GRIN...) 5.2 Photonische Bandlücken Anpassung eines klassischen Wellenleiters an einen PC-Wellenleiter Verringerung der Reflexion bei Umwandlung in Bloch-Wellen Kleinste Abmessungen etwa 20nm! Palamaru 2001 Baba 2001 5.2 Photonische Bandlücken Zusammenfassung: Merkwürdige Eigenschaften von PCs •Photonische Bandlücken •Starke Polarisationsabhängigkeit •Freie Wahl der Dispersion •Superprisma •Fokussierung, negative Brechzahl •Lokalisierung von Licht •Modifikation der spontanen Emission •Verbesserung der Emissionseigenschaften von Lasern •Veränderung der effektiven nichtlinearen Effekte 5.2 Photonische Bandlücken Klassifizierung der PC-Komponenten