4. Münchner Wissenschaftstage 22.- 26. Oktober 2004 Klinische Anwendung adulter Blutstammzellen I Stammzelltransplantation bei bösartigen Bluterkrankungen Blutstammzellen: Seit mehr als 30 Jahren in der klinischen Anwendung Gewinnung von hämatopoetischen Stammzellen Die Blutstammzelltransplantation ist ein Beispiel für die ethisch unstrittige Anwendung somatischer Stammzellen in der modernen Medizin. Im Blut werden 3 Zellreihen unterschieden: Die weißen Blutkörperchen (Leukozyten), die für die Abwehr von Infektionen wichtig sind, die roten Blutkörperchen (Erythrozyten), die den Sauerstoff transportieren und die Blutplättchen (Thrombozyten), die bei Knochenmarkentnahme Da die blutbildenden Vorläuferzellen im Knochenmark „wohnen“ liegt es nahe, dass sie auch von hier gewonnen der Blutgerinnung benötigt werden. Alle Blutkörperchen haben eine beschränkte Lebensdauer und werden laufend neu gebildet (Hämatopoese). Die verschiedenen hochspezialisierten Blutzellen stammen alle aus dem Knochenmark und reifen dort aus werden können. Tatsächlich war die Methode der Knochenmarkgewinnung durch Punktion des Beckenkammes in Vollnarkose über Jahrzehnte die Methode der Wahl zur Gewinnung von hämatopoetischen Stammzellen. Gegenwärtig verschiedenen Vorstufen heran. Diese Vorstufen haben gemeinsame Vorfahren: Die so genannten hämatopoetischen Stammzellen. Insgesamt bilden die Stammzellen nur einen sehr kleinen Teil der Knochenmarkzellen (ca. 0.05%). Stammzellen (EBMT-Daten 2002) werden etwa 1/3 der allogenen Transplantate durch die klassische Knochenmarkentnahme gewonnen. Es gibt durchaus relevante biologische Unterschiede zwischen hämatopoetischen Stammzellen, die aus müssen für die ständige Regeneration der Hämatopoese im Laufe eines Lebens sorgen. Sie sind deshalb in der besonderen Lage, sich einerseits selbst zu erneuern (Self-renewal) sowie andererseits in verschiedene spezialiserte Zellreihen auszureifen dem Knochenmark und solchen, die aus dem Blut gewonnen werden. (Multipotenz). Abb. 1 stellt die Teilungsschritte einer Blutstammzelle bis zu einer reifen Zelle im Blut schematisch vereinfacht dar. Periphere Blutstammzellen Selbsterneuerung Normalerweise sind im peripheren Blut keine Stammzellen vorhanden. Durch körpereigene hämatopoetische Hämatopoetische Hämatopoetische G0 Stammzelle Stammzelle Wachstumsfaktoren können aber hämatopoetische Stammzellen aus ihrem „Wohnort“, dem Knochenmark, in das strömende Blut ausgeschwemmt werden. Dies macht man sich bei der Stammzellmobilisation zunutze. Der Spender (oder der Patient) erhält den gentechnisch hergestellten Wachstumsfaktor G-CSF (Granulozyten-KolonieStimulierender-Faktor) unter die Haut gespritzt. Dieser Faktor regt die Stamm- und Vorläuferzellen zum Wachstum und Knochenmark zum Ausströmen in das periphere Blut an. Stammzellen tragen ein spezielles Protein auf ihrer Oberfläche, das CD34Antigen. Anhand dieses Markers können Stammzellen im Blut erkannt und gezählt werden. Bei ausreichender Vorläuferzellen Mobilisation wird dem Spender in einem Verfahren, das Leukapherese genannt wird, Blut entnommen und aus diesem Blut werden die Stammzellen angereichert. Hierzu wird das Blut aus dem Körper über einen Zellseparator geleitet, der myeloisch die Stammzellen von den übrigen Blutbestandteilen trennt. Die nicht benötigten Blutbestandteile werden wieder in die Blutbahn zurückgeleitet. Für dieses Verfahren ist keine Narkose notwendig. Etwa 2/3 der allogenen Transplantate und weit mehr als 90% der autologen Transplantate werden mittels dieser Technik gewonnen. lymphoid Reife Zellen des Blutes Leukapherese zur Gewinnung von Stammzellen aus dem peripheren Blut Abb. 1: Schema zur Entwicklung reifer Blutzellen aus hämatopoetischen Stammzellen Abb. 2: Mikroskopische Ansicht von hämatopoetischen Stamm- und Vorläuferzellen Bei einigen Erkrankungen der Blutbildung (Hämatopoese) kann eine Heilung durch einen Ersatz des erkrankten Organs – des Knochenmarks – erzielt werden. Bei anderen Krankheiten können durch hochdosierte Chemo- und/oder Strahlentherapie bösartige Zellen gut behandelt werden. Die Therapie ist aber so intensiv, dass die Blutbildung sehr stark geschädigt wird. In beiden Fällen werden hämatopoetische Stammzellen eingesetzt, um einen Behandlungserfolg zu erzielen. Allogene Hämatopoetische Stammzelltransplantation Zum Ersatz einer erkrankten Blutbildung durch eine gesunde ist eine Transplantation von gesunden Spenderstammzellen Separator notwendig. So geht man z.B. bei der chronischen myeloischen Leukämie (CML) davon aus, dass die Erkrankung die Stammzellen des Patienten betrifft. Die Vernichtung der Leukämie des Patienten und die erfolgreiche Übertragung von Blutstammzellen eines Blutbahn gesunden Spenders mit einem Anwachsen der Spenderblutbildung sind die Ziele einer so genannten allogenen hämatopoetischen Stammzelltransplantation. Die Methode ist nicht neu: Die erste erfolgreiche allogene Stammzellen CD34+ Knochenmarktransplantation von einem HLA-identischen Geschwister erfolgte 1968 in Minneapolis zur Behandlung eines Immundefektsyndroms. Doch auch mehr als 30 Jahre später ist die Methode nebenwirkungsreich und für den Patienten nicht ungefährlich. Daten zur hämatopoetischen Stammzelltransplantation werden in Europa von der EBMT (European Bone Marrow Transplantation Registry) gesammelt. Im Jahr 2002 wurden der EBMT 6523 allogene Prozeduren gemeldet. Autologe hämatopoetische Stamzelltransplantation Bei einigen bösartigen Erkrankungen des blutbildenden Systems sind die Stammzellen des Patienten nicht betroffen. Um die Gabe einer effektiven Therapie in sehr hoher Dosis möglich zu machen, werden die eigenen Stammzellen des Patienten gewonnen, in tiefkaltem Stickstoff eingefroren und nach der Durchführung einer sehr hochdosierten Chemo- und/oder Strahlentherapie wieder zurückgegeben. Dieses Vorgehen wird als autologe Stammzelltransplantation bezeichnet. Im Jahr 2002 wurden der EBMT 13292 autologe Transplantationen gemeldet. In Tabelle 1 sind einige der Erkrankungen genannt, bei denen häufig eine Indikation zur Abb 3: Proband an der Leukapherese Maschine (Separator) Abb 4: Prinzip der Stammzellgewinnung aus dem Blut durch Leukapherese Nabelschnurblut als Quelle hämatopoetischer Stammzellen hämatopoetischen Stammzelltransplantation gestellt wird. Die Tabelle ist nicht vollständig und zeigt nur die häufigsten Erkrankungen, bei denen eine Transplantationsindikation von den behandelnden Ärzten gesehen wird. Das Blut der Plazenta, das dem fötalen Blutkreislauf entstammt, ist reich an blutbildenden Vorläuferzellen. Nach der Geburt des Kindes kann das Nabelschnurblut gewonnen werden. Aus diesem Blut werden die mononukleären Zellen angereichert, in dieser Zellfraktion sind viele Stammzellen zu finden. Sie können eingefroren und als Transplantat Tabelle 1: Indikationen zur autologen und allogenen hämatopoetischen verwendet werden. Hierzu ist weder der Einsatz hämatopoetischer Wachstumsfaktoren noch eine Operation notwendig. Immunologische Unterschiede zwischen Spender und Empfänger können in Grenzen akzeptiert werden, so dass hier Stammzelltransplantation eine neue Methode der allogenen Transplantatgewinnung erschlossen wurde, deren Rolle zunehmen wird. Erkrankung allogen autolog AML (Akute myeloische Leukämie) +++ ALL (Akute lymphatische Leukämie) +++ + + CML (Chronisch myeloische Leukämie) +++ + Multiples Myelom + +++ Hodgkin-Lymphom + +++ Non-Hodgkin-Lymphom + +++ Keimzelltumoren +++ SAA (Schwere aplastische Anämie) +++ SCID (kombinierter Immundefekt) +++