und intrakorporale Lithotripsie

Werbung
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
ZUR FORTBILDUNG
Extra- und
intrakorporale
Lithotripsie
Christian EH',
Heinrich Ird und
Michael Marberger3
Minimal invasive Verfahren in der Urologie,
Gastroenterologie und HNO-Heilkunde
Extrakorporale Verfahren
Innerhalb der letzten zehn Jahre
wurden drei physikalisch unterschiedliche Prinzipien zur Erzeugung von extrakorporalen Stoßwellen genutzt und bis zur klinischen
Reife entwickelt (1, 2, 3):
0 Das Urprinzip der extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie basiert auf einer Unterwasser-Funkenstreckenentladung (elektrohydraulisches Prinzip). Dazu wird an Elektroden, die im Brennpunkt eines
halbellipsoidförmigen Reflektors angebracht sind, Hochspannung angelegt. Der bei Entladung entstehende
Funke führt zu einer kurzzeitigen
Ausbildung einer Gasblase. Die sich
dabei kugelförmig ausbreitende
Druckwelle wird durch den halbellipsoidalen Reflektor in einem zweiten Brennpunkt, in dem sich das
Konkrement befinden muß, fokussiert (Abbildung 1).
Piezoelektrische Systeme erzeugen Stoßwellen durch einen kugelschalenförmigen Schallstrahler. Dieser ist mosaikartig mit bis zu mehreren
tausend Piezokeramikelementen bestückt. Die Keramikelemente werden
durch Spannungspulse kurzzeitig gedehnt. Die so in Flüssigkeit entstehenden Schallimpulse werden über entgastes Wasser fortgeleitet und in den
Körper des Patienten eingekoppelt.
Die Kalottenform des Schallwandlers
ermöglicht die direkte Fokussierung
der in Brennpunktnähe sich zu Stoßwellen vereinigenden Schallimpulse
(Abbildung 1).
Extra- und intrakorporale Lithotripsieverfahren haben die Behandlung des Steinleidens in den
Fachgebieten Urologie, Gastroenterologie und HNO-Heilkunde
im letzten Jahrzehnt entscheidend
verändert: eingreifende chirurgische Methoden werden zunehmend durch neue, sogenannte
minimal-invasive und daher den
Patienten weniger belastende
Verfahren wie Endoskopie, Laserund Stoßwellenapplikation ergänzt oder sogar ersetzt. Diese
neuen Verfahren spielen besonders bei der Therapie der Harnund Gallengangsteine eine entscheidende Rolle und haben hier
zum Rückgang der offenen Steinoperationen um mehr als 90 Prozent geführt (Nephrolithiasis). Inzwischen finden minimal-invasive
Lithotripsiemethoden auch bei
der Behandlung von Gallenblasen-, Pankreasgang- und Speichelgangsteinen zunehmend Verbreitung.
über eine flexible Membran in den Patienten eingekoppelt (Abbildung 1).
Bei nahezu allen in Deutschland
zur Verfügung stehenden Systemen
erfolgt die Steinortung entweder
über einen in der Längsachse des
Schallstrahlers eingebauten Ultraschallscanner und/oder einen in den
Lithotripter integrierten beziehungsweise ankoppelbaren Röntgen-CBogen (Abbildung 2).
Während die Ara der legendären „Badewanne" bereits zu Ende
geht, stehen für alle drei physikalisch
differenten Prinzipien inzwischen
ausgereifte Lithotripter der sogenannten zweiten oder dritten Generation zur Verfügung. Sie erlauben
eine genauere, schonendere und für
den Patienten komfortablere Behandlung. Während bei der elektrohydraulischen „Badewanne" zu Beginn eine Vollnarkose unumgänglich
war, genügt für die Steintherapie mit
modernen Lithotriptern lediglich eine intravenöse Sedo-Analgesie. Dabei scheint die Schmerzempfindung
um so geringer zu sein, je größer der
Eintrittswinkel (Apertur) der Stoßwellen in den Körper ist. Diesbezüg-
(1) Elektromagnetische Systeme
erzeugen die zur Steinfragmentation
erforderlichen Druckwellen ( =
Stoßwelle) durch schlagartige Auslenkung einer Metallmembran, die
durch einen elektromagnetischen
Feldimpuls in Bewegung versetzt
wird. Die Stoßwellen werden über
die interne Wasservorlaufstrecke des
Generators fortgeleitet, mit einer
akustischen Linse fokussiert und
C) Medizinische Klinik I mit Poliklinik (Direktor: Prof, Dr. med. Eckart G. Hahn),
C Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenkranke (Direktor: Prof. Dr. med. Malte E.
Wigand), Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen—Nürnberg
Urologische Klinik (Direktor: Prof. Dr.
med. Michael Marberger) der Universität
Wien
Gewidmet Herrn Professor Dr. med. Dr.
med. h. c. Ludwig Demling zum 70. Geburtstag.
A-3834 (42) Dt. Ärztebl. 88, Heft 45, 7. November 1991
e
lich sind piezoelektrische Systeme
vorbildlich. Bei ihnen kann nahezu
ausnahmslos auf Analgetika oder Sedativa bei der Behandlung verzichtet
werden (4). Hinsichtlich der Fragmentationsleistung sind dagegen die
derzeit sich in Deutschland im Einsatz befindlichen Systeme der zweiten Generation, unabhängig vom
physikalischen Prinzip, als nahezu
gleichwertig anzusehen (5).
Intrakorporale Verfahren
Abbildung 1: Physikalische Prinzipien
der extrakorporalen
Stoßwellenlithotripsie
Extrakorporale Lithotripsie - Physikalische Prinzipien
Piezoelektrisch
Elektrohydraulisch
cc-
-esoesa-
Elektromagnetisch
Mechanische Lithotripsie: Sie
stellt die älteste Methode der intrakorporalen Steinzertrümmerung dar.
Bereits im letzten Jahrhundert für
die Fragmentation von Harnblasensteinen in der Urologie entwickelt,
wurde die Methode Anfang der 80er
Jahre von der Erlanger Arbeitsgruppe für die Anwendung bei Gallengangsteinen modifiziert und verbessert (6). Das Prinzip der mechanischen Lithotripsie besteht darin, zunächst das Konkrement mit einem
Körbchen aus Drahtlitzen einzufangen. Die Drahtlitzen werden dann
über eine Rändelschraube gegen eine in der Längsrichtung nicht komprimierbare Metallspirale so weit zurückgezogen, bis der Stein mechanisch zerbricht (Abbildungen 3a, b).
Neuere mechanische Lithotripsieverfahren, die um die Längsachse rotierende Metallitzen oder druckluftgesteuerte Metallsonden zur Steinzertrümmerung nutzen, sind in klinischer Erprobung.
Elektrohydraulische Lithotrip-
sie: Der intrakorporalen elektrohy-
-22.24,12.
draulischen Lithotripsie liegt das
gleiche physikalische Prinzip wie
der extrakorporalen elektrohydraulischen Lithotripsie zugrunde. Durch
Funkenstreckenentladung an einer
unmittelbar in die Nähe des Steines
vorgeschobenen Metallsonde wird
im wässrigen Medium eine Stoßwelle
induziert, die zur Steinfragmentation
ausreicht. Bei fehlerhafter Applikation kann sie aber auch umgebendes
Gewebe schädigen. Obwohl durch
technische Verbesserungen in jüngster Zeit die Steuerung des Fragmentationsprozesses verbessert wurde,
ist der Einsatz der intrakorporalen
elektrohydraulischen Lithotripsiesonde aufgrund der potentiellen Nebenwirkungen nur unter direkter
endoskopischer Sicht gestattet (7).
Ultraschallinduzierte Lithotripsie: Bei der ultraschallinduzierten
Lithotripsie werden Ultraschallwellen in einen metallenen Wellenleiter
eingekoppelt und die akustische
Energie direkt auf den Stein übertra-
Abbildung 2: Prinzip
eines dualen
Ortungssystems bei
der extrakorporalen
Stoßwellenlithotripsie
mit kontinuierlicher
Ultraschall- und
Röntgenlokalisation
in situ
gen. Das Risiko der Gewebeschädigung bei Fehlapplikation der Schallwellen ist wegen des hohen akustischen Kontrastes (Metall/Wasser)
gering. Eine Einschränkung erfährt
die Methode jedoch dadurch, daß sie
nur dann erfolgreich eingesetzt werden kann, wenn keine wesentliche
Krümmung des Wellenleiters erforderlich ist (zum Beispiel perkutan in
der Niere). Andernfalls kommt es zu
einer vorzeitigen Auskopplung der
akustischen Energie im Bereich des
größten Krümmungsradius (8).
Laserinduzierte Lithotripsie:
Zur Zeit steht der Laser im Mittelpunkt der industriellen Entwicklung
und klinischen Forschung: die laserinduzierte intrakorporale Stoßwellenlithotripsie (LISWL) bietet im
Gegensatz zu den bereits aufgeführten Verfahren alle erforderlichen
Optionen wie Energieleitung über
hochflexible Lichtleiter ohne wesentlichen Energieverlust bei anatomisch
bedingten Krümmungen, hohe Fragmentationsleistung und geringes Risiko für umgebende Gewebestrukturen bei Fehlapplikation des Laserstrahls: Gepulste Festkörperlaser
(Nd: YAG, Alexandrit) konkurrieren mit Flüssigkeits- Farbstofflasersystemen. Die Pulsdauer variiert zwischen Millisekunden und Nanosekunden, entsprechend auch die Leistungsspitzen zwischen 10 3 und 109
Wat.DsenrgichLlt
wird über 0,2 bis 0,4 mm dünne,
hochflexible Glasfasern transmittiert. Durch extreme Leistungsdichten unmittelbar vor der Steinoberfläche oder teilweise sogar direkt auf
Dt. Ärztebl. 88, Heft 45, 7. November 1991 (45) A-3837
der Oberfläche kommt es zur sogenannten Plasmabildung, Plasmaexpansion und in der Folge zur Ausbildung einer Stoßwelle. Die durch die
Stoßwelle induzierten Zug- und
Druckkräfte führen bei Überschreiten der Festigkeitsgrenzen zur Steinfragmentation (Abbildung 4) (9).
Um Farbstofflaser auch ohne direkte endoskopische Sicht, lediglich
unter radiologischer Kontrolle betreiben zu können, wurde inzwischen
ein opto-elektronisches Rückkopplungssystem entwickelt. Mit Hilfe
dieses Verfahrens erfolgt eine automatische Abschaltung des Lasers,
wenn der zu zertrümmernde Stein
sich nicht direkt im Fokus des Laserstrahls befindet (10).
Auch Excimer-Laser, welche im
ultravioletten Spektralbereich arbeiten, kommen grundsätzlich für die
laserinduzierte Lithotripsie in Frage.
Mit ihnen sind sogenannte fotoablative Effekte, die weder thermischer
noch elektromechanischer Natur
sind, möglich. Die fotoablative Wirkung scheint durch direktes Aufbrechen von intramolekularen Verbindungen bedingt zu sein. Eine Umwandlung der optischen Energie in
Wärme erfolgt nicht. Thermische
Schäden sind deshalb nicht zu erwarten.
Die mit Excimer-Lasern induzierte, ausgesprochen feine Fragmentation ist vor allem bei der Steinkrankheit kleiner Gangsysteme (zum
Beispiel Speicheldrüsengänge) von
Interesse (11).
Abbildung 3a, b: Prinzip der mechanischen Lithotripsie eines Gallengangsteines
Harnsteine
Wenn noch zu Beginn der 80er
Jahre die offene Schnittoperation an
erster Stelle der therapeutischen
Maßnahmen bei Harnsteinen stand,
stellt heute in mehr als 90 Prozent
aller Patienten die extrakorporale
Stoßwellenlithotripsie (ESWL) das
Verfahren der Wahl dar. Hierfür besonders geeignet sind Nierensteine,
die bevorzugt sonographisch geortet
und während der Therapie kontinu-
Abbildung 4: Prinzip der kontrollierten laserinduzierten Lithotripsie eines Gallensteines mittels gepulstem Nd:YAG-Lasers
A 3840
-
(48) Dt. Ärztebi. 88, Heft 45, 7. November 1991
ierlich beobachtet werden können
(Abbildungen 5a, b) (12). Lediglich in
Ausnahmesituationen ist die perkutane intrakorporale Lithotripsie erforderlich. Bei Konkrementen im
Bereich des Harnleiters kommen Ultraschall oder — besonders im mittleren Harnleiterdrittel — Röntgen als
Ortungsverfahren für die ESWL in
Frage.
Mehr als zwei Drittel aller Harnleitersteine können damit lokalisiert
und fragmentiert werden. Lassen
sich Uretersteine nicht orten und damit nicht mittels ESWL behandeln
oder steht ein extrakorporaler Stoßwellenlithotripter nicht zur Verfügung, kommt die intrakorporale
Lithotripsie über starre, halbstarre
oder flexible Endoskope zum Einsatz. Weit verbreitet ist noch die Ultraschall-Lithotripsie, die allerdings
starre Endoskope benötigt und damit eine höhere Belastung für den
Patienten darstellt. Dagegen lassen
sich für die elektrohydraulische Lithotripsie mit ihren bis zu 1 mm dünnen Lithotripsiesonden semiflexible
Endoskope einsetzen. Die laserinduzierte Lithotripsie über halbstarre
oder sogar flexible Endoskope verspricht, eine wertvolle Ergänzung
der endourologischen Steintherapie
zu werden, da sie den Sicherheitsansprüchen am besten genügt. Die ho-
hen Anschaffungskosten behindern
jedoch derzeit noch die weitere Verbreitung (13).
Bei Harnblasensteinen stellen
die mechanische Lithotripsie mit
Fragmentextraktion und die elektrohydraulische Lithotrispie auch in Zukunft die Verfahren der Wahl dar.
Tabelle: Auswahllaiterien für die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie von Gallenblasensteinen
Einschlußkriterien
—symptomatische Cholezystolithiasis
—Kalkfreiheit (Röntgen-Leeraufnahme oder CT)
—gute Gallenblasenfunktion (Ultraschall mit Reizmahlzeit)
Gallenblasensteine
Intrakorporale Lithotripsieverfahren spielen bei der Behandlung
der symptomatischen Cholezystolithiasis derzeit keine Rolle. Dagegen
kann die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie bei etwa zehn Prozent aller Patienten eine sinnvolle Maßnahme sein. Eine sorgfältige Selektion
geeigneter Patienten entscheidet
über den Erfolg dieses wenig belastenden Therapieverfahrens (Tabelle). Im Gegensatz zu der Harnsteinbehandlung ist bei der Therapie von
Gallenblasensteinen eine adjuvante
orale Litholysebehandlung mit Gallensalzen erforderlich. Die Steinortung erfolgt ausschließlich sonographisch. Werden nach der Lithotripsie
noch größere Fragmente (> 4 mm)
beobachtet, sollten frühzeitig Wiederholungsbehandlungen durchgeführt werden, um den Zeitraum bis
zum Erreichen der kompletten
Steinfreiheit zu verkürzen. Bei sorgfältiger Patientenauswahl, sachgerechter Behandlung und Nachbetreuung sind nach einem Jahr Steinfreiheitsraten von 70 bis 90 Prozent
— Solitärstein (maximal 30 mm im Durchmesser) oder bis zu 3 Steine
mit entsprechender Steinmasse
Ausschlußkriterien
— kompliziertes Gallensteinleiden (zum Beispiel akute oder chronische
Cholezystitis, Steineinklemmung im Ductus cysticus etc.)
—Gerinnungsstörungen, Antikoagulations-Therapie
— schwerwiegende abdominelle Begleiterkrankungen (zum Beispiel
Leberzirrhose), Schwangerschaft oder eine fehlende Bereitschaft zur
Kontrazeption während der Therapie
erreichbar (14, 15). Wie bei allen anderen organerhaltenden Therapieverfahren ist von Nachteil, daß bei
einem Teil der Patienten (zirka 20
Prozent bei Solitärsteinen) mit Rezidivsteinen gerechnet werden muß
(16).
Gallengangsteine
Bei der Therapie der Choledocholithiasis ist heute die endoskopische Papillotomie mit Steinextraktion auf endoskopisch-retrogradem
Wege das Standardverfahren. Durch
911../
19,01,88
09.14,38
STOP
35 25
iT 1. 6
FC FM Fhl
E:F 24 24
HE
u7
4 E2 E23
CAR 45 451
CL 50 501
51-03 03:
EU 44441
12
4-
* UROLOGIE UNI ERLANGEN
1
1
1
1
Abbildung 5: Nierenstein mit deutlichem
Schallschatten vor
extrakorporaler
Stoßwellenlithotripsie
im sonographischen
Schnittbild (a, links).
Nach Lithotripsie
kompletter Fragmentabgang (b, rechts)
diese Maßnahme, die 1974 von der
Erlanger Arbeitsgruppe um Demling
und Classen in die Klinik eingeführt
wurde, wird bei etwa 80 Prozent aller
Patienten der Ductus choledochus
steinfrei (17, 18, 19). Die offene
Operation kommt — insbesondere bei
älteren Patienten — nur noch in Ausnahmefällen in Frage, da das perioperative Komplikations- und Letalitätsrisiko höher ist als das der endoskopischen Verfahren. In speziellen
Situationen (zum Beispiel ausgedehnte intrahepatische Cholangiolithiasis) kann auch eine perkutane
transhepatische Cholangioskopie mit
intrakorporaler Lithotripsie zur bevorzugten therapeutischen Option
werden.
Gelingt es nach endoskopischer
Papillotomie nicht, die Gallengangsteine zu entfernen, sollte als erste
Zusatzmaßnahme die mechanische
Lithotripsie zum Zuge kommen.
Dieses Verfahren zeichnet sich
durch Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit aus. Die mechanische Lithotripsie kann grundsätzlich im Rahmen der endoskopischen Erstbehandlung ohne größeren personellen
oder apparativen Aufwand erfolgen
(20). Ist das Gallengangkonkrement
zu groß, zu hart oder impaktiert, so
-daß eine mechanische Lithotripsie
nicht möglich ist oder ohne Erfolg
bleibt, kommen weitere intrakorpo-
Dt. Ärztebl. 88, Heft 45, 7. November 1991 (51)
A-3841
rale Lithotripsieverfahren oder auch
die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie in Frage (21). Je nach Verfügbarkeit der Lithotripsiesysteme und
der klinisch-endoskopischen Erfahrung ist das weitere Vorgehen zu gestalten: In einigen endoskopischen
Zentren, in denen die intrakorporale
elektrohydraulische Lithotripsiesonde zur Verfügung steht, bestehen gute Erfahrungen mit diesem System;
Voraussetzung ist, daß die Zertrümmerung unter direkter endoskopischer Sicht unter Verwendung eines
Mutter-Baby-Endoskopsystems erfolgt. Sicherer und ebenso effizient
ist die laserinduzierte Lithotripsie
(Abbildungen 6a, b, c). Perspektiven
der laserinduzierten Lithotripsie
sind die Anwendung ohne MutterBaby-Endoskop unter alleiniger radiologischer Kontrolle sowie die Option, aufgrund der kontrollierbaren
Feinfragmentation bei kleineren
Choledochuskonkrementen sogar
auf die Papillotomie verzichten zu
können (22).
Als geeignetes und inzwischen
auch etabliertes Verfahren für die
Behandlung von „Problemsteinen"
im Gallengang hat sich die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie erwiesen. Jedoch sollte sie ausschließlich
in Verbindung mit den „klassischen"
endoskopischen Maßnahmen wie
Papillotomie und Fragmentextraktion angewandt werden. Die Belastung und zusätzlichen Risiken für
die meist betagten Patienten sind bei
den modernen Stoßwellenlithotriptern gering. Der zeitliche und apparative Aufwand ist allerdings im Vergleich zum rein endoskopisch-intrakorporalen Vorgehen mitunter größer (23).
Abbildung 6: Laserinduzierte Lithotripsie eines Gallengangkonkrementes, vor Lithotripsie
(a, links), während Lithotripsie mit Mutter-Baby-Scope-System (b, Mitte), steinfreier Choledochus nach Lithotripsie (c, rechts)
Pankreasgangsteine
Pankreasgangsteine, die den Sekretabfluß in den Dünndarm behindern, können den natürlichen Verlauf einer Pankreatitis wesentlich
verschlechtern. In einzelnen Fällen
gelingt es, nach endoskopischer Papillotomie des Pankreassphinkters
kleinere Konkremente zu extrahieren. Jedoch immer dann, wenn es
sich um große impaktierte Konkremente handelt, bleibt die alleinige
endoskopische Therapie häufig ohne
Erfolg. Aufgrund der anatomischen
Verhältnisse und der mitunter
schwierigen endoskopischen Zugänglichkeit des Pankreasgangsystems liegen für intrakorporale
Lithotripsieverfahren bislang nur
kasuistische Mitteilungen vor. Hier
wird mit Verbesserung der Miniskopie und der Lasertechnologie in absehbarer Zeit Neuland betreten. Dagegen gibt es für die extrakorporale
Stoßwellenlithotripsie von Pankreasgangsteinen bereits eine Reihe vielversprechender Berichte über größere Patientenkollektive (24, 25). Liegen keine Gangstenosen vor, kommt
es nach erfolgreicher Lithotripsie
häufig zum Spontanabgang der Fragmente, oder sie können im Rahmen
der endoskopischen Kontrolluntersuchung extrahiert werden (Abbildungen 7a, b, c). Wie bei Gallengangsteinen ist die Behandlung von Konkrementen im Pankreasgangsystem
immer eine Kombination aus endoskopischen Maßnahmen und extrakorporaler Lithotripsie. Auch wenn
das Risiko einer schwerwiegenden
Komplikation (insbesondere akute
Pankreatitis) unter ein Prozent liegt,
sollte aufgrund der schwierigen Patientenselektion und den entsprechenden endoskopischen Begleitmaßnahmen (zum Beispiel Spaltung
des Pankreasgangsphinkters) die
Lithotripsiebehandlung von Pankreasgangsteinen auf Zentren beschränkt bleiben.
Speichelsteine
Abbildung 7: Pankreasgangstein vor extrakorporaler Lithotripsie (a, links), nach Lithotripsie
mit Restfragmenten (b, Mitte), steinfreier Pankreasgang nach endoskopischer Fragmentextraktion (c, rechts)
A-3842 (52) Dt. Ärztebl. 88, Heft 45, 7. November 1991
Die Behandlung von Speichelsteinen war bisher allein auf operati-
ve Maßnahmen begrenzt und richtete sich nach der Lage der Konkremente: Neben der Papillenschlitzung
und Steinextraktion bei papillennahen Konkrementen war bei allen anderen Steinlokalisationen die Exstirpation der Drüse mit dem Risiko der
Verletzung von wichtigen benachbarten Nervenstrukturen (zum Beispiel N. facialis) erforderlich.
Miniendoskopie und Lasertechnologie ermöglichen heute die minimal-invasive Therapie unter Belastung der Drüse und Minimierung
der Risiken. Allerdings ist die Zahl
der mit der laserinduzierten Lithotripsie behandelten Patienten noch
gering, und die Ergebnisse an größeren Serien müssen abgewartet werden (11). Als elegantes und insbesondere bei Parotissteinen sehr erAbbildung 8: Konkrement im Ausführungsgang der Glandula submandibularis vor Lithotripsie (a, oben); unmittelbar nach extrakorporaler Stoßwellentherapie Steinfragmentation, erkennbar am unregelmäßigen
Echomuster und der reduzierten dorsalen
Schallauslöschung (b, links)
folgreiches Verfahren erweist sich
die extrakorporale Stoßwellenlithotripsie (26, 27, 28). Allerdings liegen
bisher nur für das piezoelektrische
Stoßwellenprinzip ausreichende
Grundlagenuntersuchungen vor, die
auch den klinischen Einsatz erlauben (29, 30). Nahezu alle Patienten
mit symptomatischer Sialolithiasis
werden bereits nach der ersten Lithotripsie beschwerdefrei. Bei exakter sonographischer Lokalisation der
Stoßwellen kann bei Parotissteinen
mit einer bis zu 85prozentigen Steinfreiheit innerhalb von drei Monaten
gerechnet werden. Bei Konkrementen im Bereich der Drüsengänge der
Glandula submandibularis ist die
Steinfreiheitsrate jedoch maximal
bei 50 Prozent anzusetzen (Abbildungen 8 a, b). Bei Anwendung der piezoelektrischen Stoßwellen kann auch
im Kopf-Hals-Bereich auf die Verwendung von Anästhesie oder Analgesieverfahren komplett verzichtet
werden. Über nennenswerte Komplikationen wurde bisher nicht berichtet. Die Erfahrungen mit der
ESWL bei Sialothiasis sind jedoch
noch auf wenige Zentren begrenzt;
zur endgültigen Beurteilung auch
dieses Therapieverfahrens müssen
Langzeitergebnisse abgewartet werden.
Für die Durchsicht des Manuskriptes in
physikalisch-technischer Hinsicht möchten wir uns bei Herrn Dr. R. D. Riedlinger,
Fachbereich Akustik im Institut für
Höchstfrequenztechnik, Universität Karlsruhe, herzlich bedanken.
Die Zahlen in Klammern beziehen sich
auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über die Verfasser.
Anschrift für die Verfasser:
Privatdozent Dr. med. Christian Ell
Oberarzt der Medizinischen
Klinik I mit Poliklinik
der Friedrich-AlexanderUniversität Erlangen-Nürnberg
Krankenhausstraße 12
W-8520 Erlangen
Dt. Ärztebl. 88, Heft 45, 7. November 1991 (55)
A 3843
-
Herunterladen