Reihe, KLEINTIER KONKRET Leitsymptome beim Kaninchen Diagnostischer Leitfaden und Therapie Bearbeitet von Anja Ewringmann 1. Auflage 2010. Taschenbuch. 344 S. Paperback ISBN 978 3 8304 1090 4 Format (B x L): 17 x 24 cm Weitere Fachgebiete > Medizin > Veterinärmedizin > Veterinärmedizin: Haus- & Kleintiere Zu Inhaltsverzeichnis schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte. 192 14 Neurologische Ausfallerscheinungen 14.4.3 Diagnosesicherung durch weiterführende Untersuchungen Röntgenaufnahmen sind bei allen neurologischen Symptomen ein wichtiges Hilfsmittel. Aufnahmen des Schädels werden bei Kopfschiefhaltung angefertigt. Bei jeder Parese sind Röntgenaufnahmen der Wirbelsäule im laterolateralen und ventrodorsalen Strahlengang erforderlich. !! Bei Röntgenaufnahmen ist äußerst behutsam vorzugehen, die Tiere dürfen keinesfalls an den Gliedmaßen in die Länge gezogen werden. Eine Sedation ist abzulehnen, da durch die Erschlaffung Instabilitäten der Wirbelsäule verstärkt werden können. Aufnahmen der Wirbelsäule sollten stets so angefertigt werden, dass auch die Nieren beurteilbar sind, da Nephrolithiasis mit Lähmungserscheinungen und Ataxien der Hinterhand einhergehen kann. Röntgenaufnahmen des Thoraxes werden herangezogen, um differenzialdiagnostisch Herzerkrankungen (▶ S. 209) ausschließen zu können. Blutuntersuchungen sind erforderlich, um Stoffwechselentgleisungen bei Hepato- (▶ S. 207) und Nephropathien (▶ S. 208) sowie Hypokalzämien und Hypoglykämien (▶ S. 205) nachzuweisen. Sie dienen aber auch der Diagnose von Leukozytosen, die auf bakterielle Infektionen hindeuten. Durch serologische Untersuchungen werden Antikörper gegen Encephalitozoon cuniculi (Enzephalitozoonose, ▶ S. 192) und Toxoplasma gondii (Toxoplasmose, ▶ S. 198) nachgewiesen. Ätiologie & Pathogenese Der Erreger der Erkrankung ist Encephalitozoon cuniculi. Es handelt sich dabei um eine intrazellulär lebende Mikrosporidienart mit hoher Affinität zum zentralen Nervensystem und den Nieren. Daneben können aber auch eine Vielzahl anderer Organe wie Leber, Milz, Herz, Lunge, Darm und Augen befallen werden. Hauptwirt des Parasiten ist das Kaninchen, der Erreger wurde jedoch auch schon bei einer Vielzahl anderer Säugerspezies (inkl. Mensch) und einigen Vogelarten isoliert. Berichte über menschliche Infektionen beschränken sich bisher ausschließlich auf AIDS-Patienten. Kaninchen scheiden den Erreger vorwiegend mit dem Urin aus, sodass andere Tiere sich oral über kontaminierte Einstreu oder Futtermittel infizieren können. Auch eine transplazentare Übertragung ist nachgewiesen, ebenso wie eine Erregerausscheidung mit dem Kot. Nach oraler Sporenaufnahme wird der Erreger im Darm von Phagozyten aufgenommen und mit ihnen in die Blutbahn überführt. In diesen Zellen beginnt bereits die Parasitenvermehrung. Der Erreger gelangt dann, in freier Form oder noch eingeschlossen in Monozyten, über den Blutkreislauf in die verschiedenen Organe. Die Parasiten verursachen in ihren Prädilektionsorganen granulomatöse, nicht eitrige Meningoenzephalitiden und -myelitiden sowie interstitielle, granulomatöse Nephritiden (▶ S. 270). Etwa die Hälfte aller als Heimtiere gehaltenen Kaninchen weist Antikörper gegen Encephalitozoon cuniculi auf; nur ein geringer Teil der Tiere erkrankt jedoch. Eine Infektion kann jahrelang latent verlaufen und dann, vermutlich bedingt durch immunsupprimierende Faktoren, zu einer akuten neurologischen Symptomatik führen. 14.5 Klinik Erkrankungen Das klinische Bild ist äußerst variabel. Klassische Symptome sind Ataxie und Kopfschiefhaltung (▶ Abb. 14.1), meist in Kombination mit Nystagmus und einem Ausfall oder einer Verzögerung der Pupillarreflexe. In fortgeschrittenen Fällen sind die Kaninchen nicht mehr in der Lage zu sitzen, sondern vollführen Rotationen um die Längsachse. Bei manchen Patienten können Ausfälle der Kopfnerven, insbesondere eine Fazialislähmung (▶ Abb. 14.2) festgestellt werden. Enzephalitozoonose Z Protozoäre Infektion; häufigste Ursache für neurologische Ausfallerscheinungen. aus: Ewringmann, Leitsymptome beim Kaninchen (ISBN 9783830410904) © 2010 Enke Verlag ▶▶Abb. 14.1 Kopfschiefhaltung bei Enzephalitozoonose. ▶▶Abb. 14.3 Parese der Hintergliedmaßen bei Enzephali- ▶▶Abb. 14.2 Lähmung des N. facialis. ▶▶Abb. 14.4 Anfall bei Enzephalitozoonose. Es kommen weiterhin Mono-, Para-, Hemiund Tetraparesen vor, die innerhalb weniger Stunden bis zur Plegie fortschreiten können (▶ Abb. 14.3). Es kann sich sowohl um spastische als auch um schlaffe Lähmungen handeln. Gelegentlich wird nur eine leichte Schwäche einer Gliedmaße beobachtet, an der sich im weiteren Verlauf eine deutliche Muskelatrophie ausbildet. Oft sind auch in solchen Fällen weitere zentralnervöse Symptome wie eine Verzögerung oder ein Ausfall der Pupillarreflexe und Nystagmus zu diagnostizieren. Weiterhin können bei manchen Kaninchen Hyperoder Parästhesien entstehen, die zur Automutilation führen. Auch anfallsartige Krankheitsformen kommen vor. Neben Absencen, während derer die Kaninchen starr vor sich hinblicken und nicht ansprechbar sind, werden auch Bewusstseinsstörungen beobachtet, bei denen die Tiere „dummkollerartig“ gegen Gitterstäbe oder Wände anrennen. Auch tonisch-klonische Krampfanfälle kommen vor (▶ Abb. 14.4). In seltenen Fällen leiden die Tiere unter zentraler Blind- und Taubheit, sodass sie auf Umweltreize nicht reagieren. Gleichzeitig ist oft auch eine Koordination von Kaubewegungen nicht möglich, sodass die Tiere nicht selbstständig Futter aufnehmen können. In manchen Fällen wird das Futter zwar ins Maul genommen, die Tiere verharren dann aber bewegungslos und unfähig, den Fressvorgang fortzuführen. Der Schluckreflex ist bei diesen Kaninchen jedoch erhalten, und sie lassen sich in der Regel gut mit Brei zwangsfüttern. Neben neurologischen Symptomen können zudem Augenveränderungen (▶ S. 53) und chronische Niereninsuffizienzen (▶ S. 270) auftreten. tozoonose. Diagnose Die Kaninchen weisen trotz mitunter stark ausgeprägter Ausfallerscheinungen ein gutes Allgemeinbefinden auf. Eine exakte Diagnosestellung erfolgt durch den Ausschluss aller infrage kommenden Differenzialdiagnosen (▶ Tab. 14.1–14.4) und aus: Ewringmann, Leitsymptome beim Kaninchen (ISBN 9783830410904) © 2010 Enke Verlag 193 Neurolog. Ausfallerscheinungen 14 Neurologische Ausfallerscheinungen