Persönliche PDF-Datei für N. Czech www.thieme.de Mit den besten Grüßen vom Georg Thieme Verlag Das SentinelLymphknotenkonzept beim Mammkarzinom und anderen gynäkologischen Tumoren DOI 10.1055/s-0034-1398675 Der Nuklearmediziner 2015; 38: 34–39 Nur für den persönlichen Gebrauch bestimmt. Keine kommerzielle Nutzung, keine Einstellung in Repositorien. Verlag und Copyright: © 2015 by Georg Thieme Verlag KG Rüdigerstraße 14 70469 Stuttgart ISSN 0723-7065 Nachdruck nur mit Genehmigung des Verlags 34 Normalbefunde Konventioneller NUK-Diagnostik (non-PET) Das Sentinel-Lymphknotenkonzept beim Mammkar­ zinom und anderen gynäkologischen Tumoren The Concept of the Sentinel Lymphnode in Carcinoma of the Breast and other Gynaecological Tumors Autor N. Czech Institut Zentrum für Nuklearmedizin und PET/CT Bremen Schlüsselwörter ▶ präoperative Diagnostik ● ▶SLN-Konzept ● ▶ SLN-Szintigrafie ● ▶SPECT/CT ● Zusammenfassung Abstract Das Konzept der Sentinel-Lymphknoten ist von immer größer werdender Bedeutung, um das therapeutische Management bei Krebspatienten zu stratifizieren. Seit Langem wird der große Stellenwert dieser Methode durch die vielen Veröffentlichungen in der Fachliteratur und bereits in seinen Anfängen durch Editorials in den wichtigsten medizinischen Fachzeitschriften [7, 10] unterstrichen. Dieses Verfahren hat sich in der Routine etabliert, wird präoperativ beim Mammakar­ zinom und auch beim Malignen Melanom eingesetzt und ist dort bereits Bestandteil der Leitlinien. Da Unterschiede in der Praxis in fast allen ­Aspekten der SLN-Technologie festzustellen sind, gibt diese Arbeit einen Überblick über den aktuellen Stand der SLN-Diagnostik beim Mammakarzinom und anderen gynäkologischen Tumoren. The concept of the sentinel lymph node gains increasing importance to stratify patients for appropriate surgery in cancer. The great relevance is judged by many studies and attention has been paid to this subject by editorials in the major medical journals since early publications [7, 10]. This method is an established part of clinical routine procedures and clinical guidelines in the treatment of breast cancer and of malignant melanoma. Since there are significant differences in practice related to almost all aspects of the technology involved, this paper summarizes the current situation of SLN diagnostics in carcinoma of the breast and other gynaecological ­tumors. Key words ▶ preoperative diagnostic ● ▶ concept of SLN ● ▶ SLN scintigraphy ● ▶SPECT/CT ● ▼ Lymphatisches System und Lymphknotenszintigrafie ▼ Bibliografie DOI http://dx.doi.org/ 10.1055/s-0034-1398675 Der Nuklearmediziner 2015; 38: 34–39 © Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York ISSN 0723-7065 Korrespondenzadresse Norbert Czech Zentrum für Nuklearmedizin und PET/CT Bremen Schwachhauser Heerstraße 54 28209 Bremen Tel.: + 49/421/84131 313 Fax: + 49/421/84131 314 [email protected] In den letzten 50 Jahren hat sich über das lymphatische System, seine Dynamik und Funktion eine enorme Menge von Kenntnissen angesammelt. Etwa 2–3 Liter Lymphe fließen jeden Tag in den Lymphkreislauf, gleichbedeutend mit einem Lymphfluss von etwa 120 ml/h unter ­Ruhebedingungen. Der lymphatische Strom kann unter Belastung um einen Faktor 10–30 zunehmen. Die lymphatischen Kanäle kontrahieren und entspannen sich alle 2–3 min. Das lymphatische System ist folglich ein äußerst dynamisches und reagibles System. Es ist bekannt, dass Lymphgefäße größer sind als die umgebenden Kapillaren und dass diese Endgefäße darstellen, deren unidirektionale Flussrichtung durch Gefäßklappen gesichert werden. Ungebundene bzw. von einem Primärtumor abgelöste Zellen gelangen über interstitielle Spalten und Kanäle zum initia- ▼ len Lymphgefäß und mit dem Lymphstrom über pränodale, afferente Gefäße zu den zwischengeschalteten Lymphknoten. Das Konzept der SLN-Biopsie (Sentinel-Lymph-­ Node-Biopsie) geht davon aus, dass im Falle des Fehlens von Karzinomzellen in den Sentinel-Lymphknoten auch kein Tumorbefall in den weiteren nachgeschalteten Lymphknoten vorliegt. Nach operativer Entfernung nur der SLN kann im Fall eines negativen Befundes auf eine radikale Lymphadenektomie einhergehend mit erhöhter Morbidität verzichtet werden. Die heutigen Verfahren für die SLN Detektion und Lokalisation schließen auch Kombinationen von Radiopharmazeutika, Färbemitteln (z. B. blue dye), präoperativer szintigrafischer Bildgebung sowie intraoperativer Gammasondendetektion ein, gefolgt von einer chirurgischen Entfernung der entdeckten Lymphknoten. Bei Kombination mit der intraoperativen Applikation von blue dye wird eine falsch-negative Rate von bis zu 7,3 % mit Czech N. Das Sentinel-Lymphknotenkonzept beim Mammkarzinom … Der Nuklearmediziner 2015; 38: 34–39 Normalbefunde Konventioneller NUK-Diagnostik (non-PET) 35 ­ iner hohen Präzision (Detektion der SLN) von 91,9–95 % beim e Mammakarzinom berichtet [34]. Die Präzision ist um so ausgeprägter, je erfahrener das Untersucherteam ist [6]. Etwa 1–2 % der SLN werden weder präoperativ noch intraoperativ nachgewiesen. Es gibt keine Einigkeit bezüglich aller Durchführungsdetails. Meinungsverschiedenheiten bestehen hinsichtlich der Größe der radioaktiven Partikel, des Zeitpunktes der Szintigrafie und der intraoperativen Detektion. Soweit möglich, sollte jedoch eine präoperative Bildgebung verwendet werden, da diese im Vergleich zu einer alleinigen Nutzung einer Gammasonde zu ­einer verbesserten Präzision und Verminderung der operationsbedingten Morbidität führt [25]. Außerdem kann die Lymph­ szintigrafie ungewöhnliche Drainagemuster nachweisen, wie z. B. paraaortale oder präsakrale Lymphknoten, die im Rahmen der Behandlung des Vulvakarzinoms hilfreich sein können [2]. Unterschiedliche 99mTc-markierte Radiopharmaka werden in der radioguided SLN-Detektion beim Mammakarzinom und an▶ Tab. 1) [33]. deren gynäkologischen Karzinomen angewandt ( ● Das ideale Radiopharmazeutikum sollte einen zügigen Abstrom in Richtung der SLN aufweisen mit einer dann anhaltenden Retention in den Lymphknoten [20]. Im Allgemeinen variieren der Abfluss, die Verteilung und der Abtransport der radioaktiven Kolloide in Abhängigkeit von der Partikelgröße. Kleine Partikel werden schneller drainiert und abgeräumt, während bei größeren Partikeln dies verzögert geschieht. Mehrere Studien zeigten, dass die Nachweisrate von SLN im Wesentlichen nicht durch die Partikelgröße der Radiotracer beeinflusst wird [4]. Die Wahl des Tracers basiert daher eher auf dessen Verfügbarkeit als auf den Unterschieden in der SLN-Detektion. Beispielhaft ist das 99m Tc-Nanokolloid (Nanocoll) in Europa zugelassen und wird ­daher bevorzugt eingesetzt. Die Partikelgröße bestimmt jedoch den Zeitpunkt der präoperativen Szintigrafie und der intraoperativen Detektion der SLN: während kleine Partikel einen schnellen Nachweis der SLN ermöglichen haben größere Partikel den Vorteil einer längeren Retention im SLN. Das erlaubt auch eine intraoperative Detek­ tion am Folgetag und reduziert den Abfluss in nicht sentinel lymph nodes. Die SLN sind generell bis spätestens nur 2 h nach Tracerapplikation nachweisbar und die Patientin sollte ­innerhalb von 24 h p. i. operiert werden [4, 12, 13]. Eine Gesamtaktivität von 5–30 MBq wird beim Mammakar­ zinom allgemein als ausreichend für eine am selben Tag geplante chirurgische Maßnahme angesehen. Wenn die Tracerapplika­ tion am Nachmittag vor der Operation erfolgt, werden bis zu 150 MBq als nötig erachtet [12]. Bei oberflächlicher Applikation (periareolär, subcutan, intradermal oder subareolär) können große Tracervolumina den normalen lymphatischen Fluss stören. Deshalb werden Volumina von 0,05–0,5 ml [4] bevorzugt. Größere Volumina (z. B. 0,5–1,0 ml) werden bei peritumoraler Injektion verwendet [15]. Beim Cervixcarcinom werden zumeist Aktivitäten von bis zu 110 MBq in einem Gesamtvolumen von 2 ml angewandt. Die Spritze sollte auch eine ähnliche Menge an Luft enthalten, um den Totraum der Spritze und Kanüle [13] zu Radiopharmakon, z. B. klären. Für die komplexere endometriale Applikation sind mehrere Techniken beschrieben worden. So kann die eingespritzte Gesamtaktivität von 40 bis 185 MBq und das Volumen von 0,5 bis 8 ml [32] variieren. Beim Vulvakarzinom werden 2–4 Einspritzungen des Radiotracers mit einer Gesamtdosis von 20–150 MBq in einem Volumen von 0,4–0,5 ml (0,1 ml pro Einspritzung) [26] durchgeführt. Je höher die spezifische Traceraktivität ist, desto höher sind die Lymphknotenaktivitäten bei derselben applizierten Aktivität. Tracerapplikation und szintigrafische Bildgebung ▼ Weit verbreitete Applikationstechniken umfassen beim Mammakazinom die peritumorale, subdermale, periareoläre, subareoläre und intradermale Injektionen. Alle genannten Techniken ermöglichen eine SLN-Detektion. Die Methode der Einspritzung beeinflusst die Identifikation der axillären SLNs nicht wesentlich. Eine anschließend durchgeführte Massage des Injektionsortes erhöht den Tracerabstrom und kann auch bei verzögertem Abfluss zu jedem Untersuchungszeitpunkt angewandt werden [22]. Beim Cervixkarzinom wird das Radiopharmazeutikum peritumoral in die 4 Quadranten der Cervix mit 20er oder 22er-Gauge-Spinalkanülen eingespritzt. Eine oberflächliche Injektion wird bei kleinen Tumoren bevorzugt, die Einspritzung in den nekrotischen Teil eines größeren Tumors sollte vermieden ­werden. Die Cervixinjektion stellt beim Endometriumkarzinom die einfachste Art der Tracerinstillation dar und ist mit der o. g. Applikationsart wie beim Cervixkarzinom vergleichbar. Es ist ein 2-Tages-Protokoll möglich mit Lymphknotenmapping mittels Szintigrafie, SPECT und/oder SPECT/CT. Mithilfe der Hysteroskopie ist eine endometriale, peritumorale Applikation zu Beginn einer Operation möglich, jedoch wäre dann ein szintigrafisches Lymphmapping ausgeschlossen. Einen neuen Ansatz stellt die mit transvaginalem Ultraschall gesteuerte subseröse Tracerapplikation dar [32]. Die oberflächliche Lage der Vulvakarzinome gestaltet die Tracer­ injektion einfacher als bei anderen gynäkologischen Tumoren. Nach Lokalanästhesie auf Creme- oder Spraybasis sind 3–4 ­intradermale, peritumorale Injektionen ausreichend. Sobald der Radiotracer appliziert wurde, kann die Passage durch das lymphatische System dokumentiert werden. Die Bildgebung konventioneller Gammakameras sollte an den zeitigen Abstrom des Tracers in das lymphatische System angepasst sein. Es ist so der zügige Abtransport des Radiokolloids von der Applikationsstelle nachweisbar. Frühzeitig wird aber ein fehlender Abfluss dokumentiert. Für Endometrium- und Ovarialkarzinome wird eine dynamische Studie nicht verwendet, während beim Mammakarzinom häufiger dynamische Studien angefertigt werden. Die meisten Zen­ tren fertigen Szintigramme 15–30 und 60–120 min nach der Einspritzung an, gelegentlich bis zu 18–24 h p. i. Die Injektion Partikelgröße (nm) Maximum ® Nanokolloidales Albumin (Nanocoll ) Zinnkolloid Dextran Nanokolloidales Sulfid (Lymphoscint®) Nanokolloidales Rheniumsulfid (Nanocis®) 100 800 800 80 500 durchschnittliche Größe 5–80 30–250 10–400 10–50 50–200 Tab. 1 (99mTc-markierte Pharmaka in Europa). Czech N. Das Sentinel-Lymphknotenkonzept beim Mammkarzinom … Der Nuklearmediziner 2015; 38: 34–39 36 Normalbefunde Konventioneller NUK-Diagnostik (non-PET) a b L L Y Abb. 1 2 h p. i., Mammakarzinom links, Untergrundkontrastierung mit 99 mTc-Flächenphantom; a ventrales Szintigramm y – Yugulummarkierung, x – Xiphoidmarkierung; b LAO 45 ° Szintigramm; jeweils Bleiabdeckung der Applikationsstelle. X Abb. 2 Ventrales Szintigramm 2 h p. i., Mammakarzinom links, mit Konturmarkierung. und Bildgebung können am Tag vor dem Eingriff oder am Tag der chirurgischen Maßnahme ausgeführt werden. Spät-Szintigramme sind nützlich, um die Drainage zu weiteren Lymphabflussregionen nachzuweisen. Planare Aufnahmen werden über mindestens 3–5 min in ventraler und seitlicher Sicht angefertigt, im Fall einer Mammauntersuchung ist auch eine anterior-oblique-45 °-Sicht der betroffenen Seite sinnvoll. Eine 256 × 256 oder eine 128 × 128 Matrix mit dem Zoom 1 bzw. 2 sind die meistens verwendeten Optionen. Ein 57Co- oder 99mTc-Flächenphantom kann für eine gute Abgrenzung der Körperkontur der Patientin ▶ Abb. 1). Ansonsten sollte die Kontur mit genutzt werden ( ● ­einer z. B. 99mTc-Punktquelle (Spritze) nachgezogen werden ▶ Abb. 2). Die Stelle der vermuteten SLN’s sollte mittels ( ● ­Punktquelle aufgesucht und auf der Haut farblich gekennzeichnet werden. Die herkömmliche planare Bildaufbereitung hilft, ist jedoch nicht in der Lage, die entdeckten SLN anatomisch genau zu lokalisieren [30]. Die bekannten Hybridsysteme mit einer Kombination aus SPECT-Gammakamera und integriertem CT-Scanner (SPECT/CT) verschmelzen die tomografischen Lymphszintigramme mit den morphologischen Daten. Diese Gerätekombination ermöglicht eine genaue anatomische Lokalisierung des SLN und leistet einen wertvollen Beitrag zur Operationsplanung [24]. Die Anwendung der planaren szintigrafischen SLN-Detektion ist auch beim Malignen Melanom sowie den Kopf- und Halstumoren mit eher oberflächlichen Lymphabstrom weiter entwickelt worden. Jedoch kann es schwierig sein, die tiefe Lymphdrainage wie beim Mammakarzinom oder gynäkologischen Tumoren, insbesondere beim Cervixkarzinom und Uteruskarzinom allein mit planaren Szintigrammen zu lokalisieren. Hier sollte eine SPECT/CT-Untersuchung bevorzugt eingesetzt werden, da sie ▶ Abb. 3). Dennoch gibt eine bessere Orientierung geben kann ( ● es noch sehr wenige Studien, die SPECT/CT bei gynäkologischen Tumoren evaluierten und die Untersuchungsserien waren eher klein. Eine SPECT/CT wird gewöhnlich sofort nach der letzten planaren Szintigrafie durchgeführt. Es gibt kein festgelegtes Protokoll für die SPECT-Untersuchung. Im Allgemeinen sind 120 Projektionen (60 pro Detektorkopf), 3 °-Winkelschritt und 15–25 s pro Projektion, 128 × 128 Matrix mit Zoom 1 die akzeptierten Parameter. Die CT-Parameter sind abhängig vom jeweiligen CT-Gerät. Die low dose CT (140 kV, 2,5 mA) und die konventionelle CT (140 kV, 30–150 mA) liefern anatomische Informationen für die SLN-­ Lokalisation und Schwächungskorrektur. Während die low dose-Untersuchungstechnik ein strahlungsarmes Routinever­ fahren darstellt, ist die konventionelle CT insbesondere den adipösen Patientinnen oder Patientinnen mit Kontrastmittel­ gabe vorbehalten. Beim Vulva- und Cervixkarzinom sind die SPECT/CT-Aufnahmen besonders hilfreich im Nachweis von SLN in unübliche Regionen und weisen eine höhere Detektionsrate im Vergleich zur ▶ Abb. 4). blue dye-Methode und Sondenmessung auf [35] ( ● ­Pandit-Taskar et al. [24] berichteten über SPECT/CT-Untersuchungen bei 40 Patientinnen mit Endometriumkarzinom. Auch hier lag die Detektionsrate höher (100 %) als allein in der planaren Szintigrafie, mit der Gammasonde oder blue dye (75 % vs. 93 % vs. 83 %). Die SPECT/CT beim Mammakarzinom ist insbesondere indiziert bei negativer oder schwierig zu interpretierender planarer Szintigrafie, Adipositas, extraaxillären SLN’s und atypischen Lymphabfluss [24, 30]. Fluoreszenzbildgebung, Minigammakameras und freihändige SPECT (FhSPECT) werden als Alternativen zur Bild-gestützten SLN-Resektion aufgeführt. Die beiden zuerst genannten Techniken liefern 2D-Bildmaterial von fluoreszierend bzw. radioaktiv markierten SLNs [16, 28]. Das FhSPECT generiert intraoperativ 3D-Darstellungen der Radioaktivitätsverteilung [3]. Die hohe patientenbasierte Detektionsrate von 92,3 % und die läsionsbasierte Nachweisrate von 92,7 % zeigen, dass die FhSPECT-Methode mit der Sensitivität der planaren Szintigrafie vergleichbar ist und die Empfindlichkeit der Gammasonde sogar übersteigt. Zudem kann das Verfahren gut in den operativen Ablauf integriert werden und ist zur bildgestützten Qualitätskontrolle geeignet. Die Gammasonden stellen nicht bildgebende Untersuchungstechniken dar, die für den intraoperativen Gebrauch optimiert sind. Sie erlauben den Nachweis eines spezifischen Signals die von einer bestimmten Körperregion mit der größten Radiotracerkonzentration ausgeht. Aufgrund des zunehmenden Einsat- Czech N. Das Sentinel-Lymphknotenkonzept beim Mammkarzinom … Der Nuklearmediziner 2015; 38: 34–39 Normalbefunde Konventioneller NUK-Diagnostik (non-PET) 37 a Abb. 3 SPECT/CT 2,5 h p. i., Mammakarzinom links, gleiche Patientin aus ● ▶ Abb. 2; a coronal, b transversal. b Abb. 4 a Ventrales Szintigramm, Vulvakarzinom, 1,5 h p. i. ohne/mit Bleiabdeckung der Applika­ tionsstelle; b SPECT/CT 2 h p. i., SLN-Kette rechts iliakal und paraaortal. a R ventral L R ventral L b zes der sondengestützten SLN-Detektion in der Onkologie hat sich die Sondentechnologie im Laufe der letzten Jahre deutlich verbessert, um die Tragbarkeit, Handhabung und die Signaldetektion zu optimieren. Die Qualität der Geräte wird gewöhnlich bestimmt durch die Empfindlichkeit, Auflösung, Energieauflösung, Kollimierung und weitere Eigenschaften, die durch Routinetests überprüfbar sind [27]. Klinische Ergebnisse bei der SLN-Markierung beim Mammakarzinom ▼ Seit 2 Jahrzehnten wird die SLN Detektion und Biopsie routinemäßig im Brustkrebsmanagement, insbesondere zur Planung einer ALND (axilläre Lymphknotendissektion) eingesetzt und trägt zur Verminderung der Invasivität von Operationsverfahren bei [25, 31]. Die genauen Indikationsstellungen sind in vielen ­Publikationen und Leitlinien, z. B. der ASCO (American Society of Clinical Oncology), aufgeführt [11, 20, 31]. Für die Prognose und die Therapieentscheidung ist bei Patientinnen mit Mammakar­ zinom ein akkurater Lymphknotenstatus notwendig. Die SLN Biopsie ist eine zuverlässige Methode, um axilläre Lymphknoten zu untersuchen und einen metastatischen und/oder mikrometastatischen Befall zu identifizieren [11, 31, 33]. Die Schwankungsbreite von falsch-negativen Ergebnissen und die Deteke­ tionsraten der SLN betonen die Variabilität des Verfahrens. Ebenso variieren die Lernkurven für dieses technische Verfahren [6]. Es werden in der Routine Identifizierungsraten der SLN von mehr als 95 % berichtet [34]. In der Gruppe der Patienten mit SLN Biopsie ist die Rate der positiven Lymphknoten mit der Anzahl vergleichbar, die bei Patienten im Rahmen der axillären Lymphknotendissektion, s. Anfang des Kapitels bei ALND beobachtet wurde [17, 31]. Die SLN Biopsie hat eine signifikant niedrigere Morbidität als die ALND und hat ähnliche 5-Jahres-­ Rezidivraten der Lymphknoten wie bei Z. n. ALND. Ebensowenig finden sich bei negativen SLN weder Unterschiede im krankheitsfreien Überleben, dem Gesamtüberleben noch in der ­lokalen Kontrolle der Erkrankung [17]. Czech N. Das Sentinel-Lymphknotenkonzept beim Mammkarzinom … Der Nuklearmediziner 2015; 38: 34–39 38 Normalbefunde Konventioneller NUK-Diagnostik (non-PET) Klinische Ergebnisse der SLN-Markierung bei weiteren gynäkologischen Tumoren ▼ Cervixkarzinom Die SLN-Detektionsraten bei Cervixkarzinomen liegen höher unter Verwendung von Radiokolloiden oder einer Kombination von Radiopharmazeutika mit blue dye im Vergleich zum alleinigen blue dye-Verfahren [19]. Verheijen et al. [29] hat als einer der ersten Autoren eine Detektionsrate von 80 % bei einer Kombination von blue dye und Radiokolloid beschrieben. Lantzsch et al. [18] und Levenback et al. [19] zeigten bei alleiniger Nutzung des radioaktiven SLN Nachweises Detektionsraten von 93 % bzw. 100 %. In der Einschätzung des Erfolgs des SLN Verfahrens sind die SLN Detektionsrate und die falsch-negative SLN Rate die 2 wichtigsten Parameter. Die Detektionsraten sind in Studien mit radioaktiver SLN-Technik höher als in Studien mit blue dye (93,5 % bzw. 96 % vs. 87,5 %) [1]. Eine Kombination der 2 Techniken stellt wiederum bessere Ergebnisse dar [14]. Falsch negative Ergebnisse werden in der Literatur mit ca. 8 % in Cervixkar­ zinompatientinnen angegeben mit einem hohen negativen Vorhersagewert von 94–97 %. Die Vorteile der SLN-Detektion sind eine bessere Kenntnis des Lymphknotenstatus (Entdeckung von ungewöhnlichen Drainagemustern mit präsakralen oder paraaortalen Lymphknoten und die Möglichkeit der Entdeckung von Mikrometastasen) und eine Verminderung der Morbidität. Die Morbidität ist insbesondere die Folge einer unnötigen Lymphadenektomie oder einer Überbehandlung von Patientinnen insbesondere mit laparoskopischer SLN-Detektion, die ­anschließend neben einer Operation noch eine kombinierte ­Radio-/Chemotherapie benötigen. Frauen mit einem Cervixkarzinom kleiner als 4 cm und in frühen Tumorstadien (Ia2/Ib1, IIa1) profitieren am meisten von dem SLN-Verfahren [1]. Vulvakarzinome Der regionale Lymphknotenstatus hat bei Patientinnen mit Vulvakarzinom einen wichtigen prognostischen Wert. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt beim negativen SLN-Befund bei 94,7 % und nimmt bei positivem Befund auf 62 % ab [5]. Bei 30 % der Vulvakarzinompatientinnen zeigt sich bereits zum Zeitpunkt der Diagnosestellung eine Lymphknoteninfiltration, etwa 10–20 % dieser Knoten liegen im Beckenbereich. Wenn ein Tumor auf eine Seite der Vulva beschränkt ist, liegen mehr als 80 % der Lymphknotenmetastasen ipsilateral vor. Die Behandlung umfasst eine radikale Vulvektomie und inguinale Lymphadenektomie, die mit einer hohen Morbidität verbunden sind. Diese erklärt sich durch Wundheilungsstörungen und Lymphödeme. Die SLN Biopsie reduziert die Morbidität, führt zu einem Up-Staging und einige Autoren berichten zudem von einer Verminderung der Operationszeiten [26]. Außerdem hat sich gezeigt, dass bei steigender Zahl positiver SLN weitere Metastasen im Leistenbereich häufiger auch in nicht-SLN nachweisbar sind. Deshalb ist bei allen Patienten mit SLN Metastasen eine zusätzliche Therapie der Leistenregion zu fordern [23]. Endometrium-, Vaginal- und Ovarialkarzinome Zurzeit wird die SLN-Biopsie beim Endometrium-, Vaginal- und Ovarialkarzinom als fakultatives Verfahren betrachtet. Die Aussagekraft ist noch nicht hinreichend genug belegt, um die SLN Detektion in das klinische Management der entsprechenden ­Patientinnen einzuschließen. Es gibt nur wenige Studien, insbesondere beim Vaginalkarzinom, die den SLN in Einzelfällen ­erfolgreich nachweisen konnten [8, 9]. In frühen Stadien des ­ ndometriumkarzinoms kann das SLN Verfahren unnötige radiE kale Lymphadenektomien vermeiden. Es könnte auf der Grundlage vom SLN Status auch einen Einfluss auf die paraaortale Lymphknotendissektion haben [21]. Zusammenfassung ▼ Es findet sich eine große Anzahl an Publikationen zum Thema Detektion von Sentinel-Lymphknoten und dessen Einfluss auf das chirurgische Management bei Krebserkrankungen. Während aktuell die meisten Daten Erfahrungen beim Mammakar­ zinom widerspiegeln, gibt es ein wachsendes Interesse, das SLN-Konzept auch bei anderweitig lokalisierten Erkrankungen wie den gynäkologischen Karzinomen (Cervix, Vulva, Endometrium, usw.), urologischen Tumoren (z. B. Prostatakarzinom, usw.), aber auch bei den HNO-Tumoren anzuwenden. Es bleibt festzuhalten, dass die SLN Detektion/Methodik als sehr erfolgreich und präzise gilt und eine hohe Korrelation zwischen einer SLN Infiltration und einer weiter entfernten Lymphknotenbeteiligung besteht. Da es genügend Literaturstellen gibt, die eine ausgesprochen positive Kosten-Nutzen-Rechnung der SLN-Technik belegen, ist schon jetzt diese Methode nicht nur im Bereich der Mammakarzinome und gynäkologischen Tumore als Teil der chirurgischen Behandlung etabliert. Dennoch gibt es offensichtlich Verbesserungsmöglichkeiten in der Technologie (z. B. SPECT/ CT, Freehand SPECT-Verfahren, usw.) und in den Untersuchungsprotokollen. Literatur 1 Altgassen C, Hertel H, Brandstädt A et al. Multicenter validation study of the sentinel lymph node concept in cervical cancer: AGO Study Group. J Clin Oncol 2008; 26: 2943–2951 2 Bats AS, Mathevet P, Buenerd A et al. The sentinel node technique detects unexpected drainage pathways and allows nodal ultrastaging in early cervical cancer: insights from the multicenter prospective SENTICOL study. Ann Surg Oncol 2013; 20: 413–422 3 Bluemel C, Schnelzer A, Okur A et al. Freehand SPECT for imaged-guided sentinel lymph node biopsy in breast cancer. 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