B 2 Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung

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Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung
B 2 Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung
Vorgehensweise bei der Blutentnahme
Bei der Blutentnahme aus der Fingerbeere ist folgende Arbeitsweise streng zu
beachten:
1. Hände waschen, abtrocknen, Einmalhandschuhe überziehen.
2. Fingerbeere des zu Untersuchenden mit Alkohol (80% v/v) oder einem anderen
Antiseptikum desinfizieren.
3. Bei der Blutentnahme ausschließlich sterile Einweglanzetten verwenden.
4. Beherzt seitlich in die Fingerbeere des Mittel- oder Ringfingers der weniger
gebrauchten Hand stechen.
5. Einwegmaterialien sofort nach der Blutentnahme in vorgesehenen Abwurfbehälter
geben.
6. Ggf. Wunde mit Pflaster abkleben.
Beachtung der Betriebsanweisung ist bei Umgang mit Körperflüssigkeiten/Blut absolute
Pflicht!
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Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung
GK
1.1 Stoffmenge und Konzentration
1.2 Osmose
1.3 Stofftransport
2.1 Blut
2.2 Erythrozyten
2.4 Hämostase und Fibrinolyse
2.5 Abwehrsysteme und zelluläre Integrität
Vorbereitung:
Arbeiten Sie dieses Skript sorgfältig durch! Die Kenntnis des
Versuchsablaufes ist notwendig für eine korrekte Durchführung.
Überlegen Sie sich für jeden Versuch, warum er in dieser Form
durchgeführt wird.
Bereiten Sie die Theorie in Lehrbüchern vor, indem Sie zu jedem
einzelnen Versuch die entsprechenden Kapitel lesen. Beispielsweise:
Schmidt/Lang/Thews (29. Aufl.),
Kap. 1 Grundlagen der Zellphysiologie
Kap. 23 Blut
Kap. 30 Wasser- und Elektrolythaushalt
Kap. 34 Atemgastransport
Kap. 35 Säure-Basen-Haushalt
Klinke/Pape/Silbernagl (5. Aufl.),
Kap. 1 Wer liest schon Einleitungen?
Kap. 2 Die Zelle als Grundbaustein
Kap. 9 Blut: Ein Flüssiges Organsystem
Deetjen/Speckmann/Hescheler (4. Aufl.),
Kap. 2.1 Ruhemembranpotential
Kap. 6 Blut
Kap. 9.5 Atemgastransport
Golenhofen (4. Aufl.),
Kap. 3 Fundamentale Zellfunktionen
Kap. 7 Blut und Immunsystem
Kap. 10.3 Gastransport zwischen Lunge und Gewebe
Vorbereitung online/Links: Blutgruppenspiel (Englisch)
http://www.nobel.se/medicine/educational/landsteiner/index.html
HemoSurf - Interaktiver Hämatologieatlas (nur auf dem Uni-Server!!)
http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/MedFak/KlinChem/HemoSurf/index.htm
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Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung
Hausaufgaben:
Zur Vorbereitung auf den Praktikumstag arbeiten Sie bitte die angegebenen Kapitel in den
Lehrbüchern und die Vorlesungsmaterialien durch und beantworten sie folgende Fragen:
1. Welche Antikörperklassen gibt es? Zeichnen Sie schematisch ein IgM, eine IgG und ein IgAMolekül!
IgM
IgG
IgA
2. Welche Unterschiede gibt es zwischen den Blutgruppenantigenen des AB0 und des
Rhesussystems?
3. Warum findet man in der Regel Antikörper gegen Blutgruppen-ungleiches Blut (Ausnahme AB)
für Komponenten des AB0-Systems, nicht aber für das Rhesus-System?
4. Was versteht man unter einer anti-D-Prophylaxe?
5. Welchen Verlauf nimmt die primäre Hämostase? Welche wesentlichen Moleküle sind beteiligt?
6. Zeichnen Sie schematisch den Verlauf der Antikörper-Titer für IgM und IgG bei einem
Erstkontakt und einen Zweitkontakt mit einem Antigen!
7. Was versteht man unter aktiver bzw. passiver Immunisierung?
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Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung
8. Zeichen und beschriften Sie die einzelnen Elemente eines Blutgruppenantigens der Gruppe A
und der Gruppe B! Wie sehen die Antigene von Blutgruppe 0 und Blutgruppe AB aus?
9. Was versteht man unter der großen und der kleinen Kreuzprobe?
10. Nennen Sie verschiedene Verfahren zur Gerinnungshemmung in vivo und in vitro!
11. Welche Funktionen besitzt Thrombin?
12. Welche Teile der Gerinnungskaskade sind bei Hämophilie A und B gestört? Welchem System
sind diese zuzuordnen?
13. Erläutern Sie die Grundlagen des PTT und des Quick-Tests! Welche Informationen kann man
aus diesen Tests ziehen?
14. Welche Bedeutung hat die Untersuchung der osmotischen Resistenz von Erythrozyten im
Hinblick auf die Diagnose einer Anämie?
B2a)
Zusammenfassung Osmotische Resistenz
Wie alle Zellen besitzen die roten Blutkörperchen, die Erythrozyten, eine
Zellmembran, die einerseits das Zellinnere schützend umschließt,
andererseits einen selektiven Stoffaustausch zwischen Zellinnerem und
Zelläußerem ermöglicht. Auf diese Weise besitzt das Zellinnere im
Vergleich zum Zelläußeren einen „eigenen Lebensraum“, ein
intrazelluläres Milieu. Dieses intrazelluläre Milieu muss in engen Grenzen
konstant gehalten werden um einen regulären Ablauf aller zellulärer
Lebensvorgänge zu ermöglichen.
Schäden in der Struktur der Zellmembran führen zu Veränderungen des
intrazellulären Milieus oder gar zum Zelltod. Gleiches gilt, wenn
extrazelluläre Einflüsse die Regulationsfähigkeit der Zelle übersteigen.
Wird den Erythrozyten Wasser entzogen, (z.B. in einer hypertonen
Lösung, die einen gegenüber dem Zellinneren höheren osmotischen Druck
aufweist), so schrumpfen sie zu Stechapfelzellen (Echinozyten); bei
anhaltendem Wassereinstrom (z.B. in einer hypotonen Lösung,
niedrigerer osmotischer Druck) schwellen die Erythrozyten zu
Kugelzellen (Sphärozyten) an und zerplatzen schließlich (Hämolyse).
Führen Membrandefekte zum Untergang der Erythrozyten, so zeigen sich
Erkrankungen, die zum Formenkreis der hämolytischen Anämien zählen.
Die Bestimmung der osmotischen Resistenz ist ein Verfahren, das die
Stabilität der Erythrozytenmembran testet.
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Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung
Fallbeispiel
Während der empfohlenen Vorsorgeuntersuchung eines 4jährigen Jungen fällt dessen blassgelbe
Hautfarbe auf. Die Mutter berichtet, ihr Sohn sei nie ernsthaft krank gewesen, so dass sie keinen
Anlass gesehen habe, die für frühere Zeitpunkte vorgesehenen Vorsorgeuntersuchungen
durchführen zu lassen. Der blassgelben Hautfarbe habe sie keine Bedeutung beigemessen, zumal
das Kind sich offensichtlich wohlfühle. Allerdings habe sie schon seit längerem beobachtet, dass
der Stuhl des Kindes eher dunkel verfärbt sei. Körperliche Untersuchung: Kein Hinweis auf
körperliche oder geistige Entwicklungsverzögerung, allerdings auffallend ausgeprägte
Wangenknochen.
Verdachtdiagnose: Hämolytische Anämie
Als Anämie bezeichnet man einen Zustand, bei dem der Hämoglobin-Gehalt des Blutes erniedrigt
ist. Wenn die Anämie auf eine Auflösung der Erythrozyten im Blut zurückzuführen ist, liegt eine
hämolytische Anämie vor. Bei Verdacht auf eine Hämolyse müssen zunächst labordiagnostisch
Zeichen des gesteigerten Erythrozytenabbaus gesichert werden. Ferner sind Zeichen der
kompensatorisch gesteigerten Erythropoese nachzuweisen. Da einer hämolytischen Anämie
mehrere Ursachen zugrunde liegen können, sind weitere diagnostische Maßnahmen notwendig.
Finden sich bei der mikroskopischen Untersuchung des Blutes viele kugelförmig deformierte
Erythrozyten, ist die Prüfung der osmotischen Resistenz angezeigt.
Im Fallbeispiel lag bei dem Kind eine normochrome Anämie vor (s. B1). Ferner sprachen drei
Laborwerte der Blutuntersuchungen für einen gesteigerten Erythrozytenabbau: mäßige Erhöhung
des indirekten Bilirubins, Erhöhung der Lactatdehydrogenase (LDH) und deutliche Erniedrigung des
Haptoglobins. Bei der mikroskopischen Untersuchung des Blutes fanden sich unterschiedlich große
Erythrozyten (Anisozytose) und zahlreiche junge Erythrozytenformen (Retikulozyten), aber auch
viele Kugelzellen (Sphärozyten), so dass eine Bestimmung der osmotischen Resistenz
durchgeführt wurde.
Aufgabe 1: Versuche zur Hämolyse
Physiologisches Kernwissen
Die Zellmembran ist selektiv permeabel und bietet Wasser nur einen geringen Widerstand
(Aquaporine, Wasserkanäle), während sie für Ionen und höhermolekulare Substanzen kaum
permeabel ist. Über Transportproteine in der Membran werden spezifisch für die Zelle nötige Stoffe
durch die Membran transportiert. Der Transport kann mit dem Konzentrationsgefälle (erleichterte
Diffusion, z.B. Na+-Kanal) oder unter Verbrauch von Stoffwechselenergie gegen den
Konzentrationsgradienten stattfinden. Im letzteren Fall kann dabei von dem Transportprotein direkt
ATP verbraucht werden (Pumpen, z.B. Na+-K+-ATPase, Ca2+-Pumpe, H+-Pumpe) oder der
Transportvorgang an einen anderen Energie-liefernden Transportvorgang gekoppelt sein (Anti- oder
Co-Transporter, z.B. Na+-Ca2+-Austauscher, Na+-Glukose-Transporter).
Eine Diffusion über eine semipermeable Membran wird Osmose genannt. Hierbei ist bei Zellen vor
allem die Diffusion von Wasser über die Membran gemeint. Nimmt die Zelle Wasser auf, schwillt
sie an, gibt sie Wasser ab, schrumpft sie. Die Kraft, die eine Wasserbewegung und damit
Volumenveränderung der Zelle hervorruft wird osmotischer Druck (π) genannt und durch die Van’t
Hoff’sche Gleichung beschrieben:
π=
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n
× R× T = C× R × T
V
Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung
wobei n die Molzahl der gelösten Teilchen, V das Volumen des Lösungsmittels (in l), C die
Osmolarität der Lösung (in mosmol/l), R die allgemeine Gaskonstante und T die absolute
Temperatur bedeuten. Für zwei Lösungen, die durch eine semipermeable Membran voneinander
getrennt sind, gilt, dass Wasser sich zum Ort eines höheren osmotischen Druckes bewegt. Der
osmotische Druck des Plasmas beträgt rund 745 kPa. Ist der osmotische Druck einer Lösung
niedriger als der einer anderen Lösung, so wird diese Lösung hypoosmolar, ist der osmotische
Druck höher, so wird diese Lösung hyperosmolar genannt.
Da Zellmembranen jedoch nur für bestimmte Stoffe semipermeabel sind, während andere Stoffe
aufgrund der oben beschriebenen Transportvorgänge die Zellmembran permeieren können, wurde
folgende Definition zusätzlich eingeführt: Eine Lösung, die eine Zelle weder schrumpfen noch
schwellen lässt, wird isoton genannt. Eine hypoosmolare Lösung ist auf jeden Fall hypoton und
lässt Wasser dem osmotischen Druck folgend in die Zelle einströmen. Eine hyperosmolare Lösung
ist auf jeden Fall hyperton und lässt Wasser aus der Zelle austreten. Dagegen ist es möglich, dass
eine isoosmolare Lösung durch spezifische Eigenschaften der Zellmembran nicht isoton ist.
Durchführung der Hämolyseversuche
1. Vier Petrischalen werden auf ein Blatt kariertes Papier gelegt und mit a) „Aqua dest.“, b)
„physiologische Kochsalzlösung“, c) „isoosmolare Harnstofflösung“ und d) „physiologische
Kochsalzlösung + Saponin“ beschriftet.
2. Die entsprechenden Lösungen werden in die Petrischalen geschüttet, so dass der Boden der
Schalen gut bedeckt ist.
3. Die Kursbetreuung gibt heparinisiertes Blut dazu.
4. Die Schalen werden auf dem Blatt Papier vorsichtig geschwenkt, so dass Blut und die
Lösungsmittel gut durchmischt sind (Handschuhe anziehen).
Auswertung und Interpretation
Die Schrift unter den jeweiligen Petrischalen wird begutachtet. Ist die Schrift deutlich zu lesen, ist
die Erythrozytensuspension hämolysiert, das Hämoglobin also kolloidal gelöst (lackfarben). Ist die
Schrift nicht deutlich zu lesen, sind die Erythrozyten weiterhin intakt und es hat keine Hämolyse
stattgefunden (deckfarben). Notieren Sie, bei welchen Lösungsmitteln Hämolyse und bei welchen
keine Hämolyse stattgefunden hat. Überlegen Sie sich die Gründe für das Verhalten der
Erythrozyten anhand der oben kurz dargestellten Grundlagen zur Osmose. Eine Diskussion Ihrer
Interpretationen findet in der Nachbesprechung statt. Für die Interpretation sind folgende Fakten
wichtig: Die Erythrozyten-Membran ist für Harnstoff permeabel, Saponin ist eine Seife und macht
in der hier verwendeten Konzentration die Membran für niedermolekulare Stoffe permeabel.
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Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung
Aufgabe 2: Osmotische Resistenz
Physiologisches Kernwissen
Einige Anämieformen entstehen infolge eines beschleunigten Abbaus von Erythrozyten. Ursachen
dieser Hämolyse sind entweder erythrozytenspezifische Defekte oder schädigende Einflüsse auf die
Erythrozyten. Die erythrozytenspezifischen Defekte betreffen entweder die Erythrozytenmembran
oder das Innere des Erythrozyten.
Ein Verfahren, das erythrozytenspezifische Defekte diagnostiziert, ist der Nachweis der
osmotischen Resistenz. Gibt man Erythrozyten in eine hypoosmolare Lösung, schwellen sie an (s.
vorherige Aufgabe). Als „osmotische Resistenz“ bezeichnet man die Fähigkeit der
Erythrozytenmembran, den Einfluss dieser osmotischen Veränderung zwischen Zellinnerem und
Zelläußerem Widerstand entgegenzusetzen. Im allgemeinen beginnt die Hämolyse bei etwa 150
mosmol/L (ca. 0.44 %ige NaCl-Lösung). Je weiter die Osmolarität im Extrazellulärraum sinkt,
desto mehr nimmt die Hämolyse zu. Bei etwa 100 mosmol/l (ca. 0.30 %ige NaCl-Lösung) sind
nahezu alle Erythrozyten hämolysiert. Der Bereich zwischen diesen beiden Werten wird
Resistenzbreite genannt.
Methode
Die Prüfung der osmotischen Resistenz erfolgt in einer absteigenden Verdünnungsreihe von 0,7 bis
auf 0,3 % NaCl-Lösung in 0,02 %igen Abstufungen. In diesen hypoosmolaren Lösungen strömt
Wasser in die Erythrozyten ein (s. vorherige Aufgabe), die zunächst zu Kugelzellen (Sphärozyten)
anschwellen und bei Überschreiten des kritischen Volumens zerplatzen: Das Hämoglobin wird
kolloidal gelöst. Im Vergleich zu jüngeren Erythrozyten ist die osmotische Resistenz älterer oder
geschädigter Erythrozyten geringer. Da das Blut ein Gemisch aus Erythrozyten aller Altersstufen
ist, gibt es eine Resistenzbreite: Zuerst hämolysieren die älteren oder geschädigten Erythrozyten
(partielle Hämolyse) und erst bei stärkerem osmotischen Stress hämolysieren auch die jüngeren
Erythrozyten (dann vollständige Hämolyse).
Durchführung
1. Pipettieren Sie in das erste Reagenzglas (beschriftet mit 0,7 %) 0,7 mL 1 %ige NaClLösung. In das nächste Reagenzglas werden dann 0,68 mL 1 %ige NaCl-Lösung pipettiert,
in das dritte 0,66 ml und so weiter. In das letzte Reagenzglas werden 0,3 mL NaCl-Lösung
pipettiert. In das erste Reagenzglas werden dann 0,3 mL Aqua dest. zugegeben, in das
folgende 0,32 mL, in das dritte 0,34 mL und so weiter. Achten Sie sehr genau darauf, dass
die Volumina exakt stimmen, da der Test sehr genau ist und schon geringfügige Fehler
sofort in der Auswertung zu sehen sind.
2. Schütteln Sie den Ständer mit den Reagenzgläsern vorsichtig und mischen Sie dadurch die
Lösungen.
3. Geben Sie mit einer Pasteurpipette jeweils einen Tropfen Blut in jedes Reagenzglas.
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Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung
4. Schütteln Sie den Ständer nochmals, so dass das Blut in den Lösungen verteilt ist.
5. Stellen Sie den Reagenzglas-Ständer auf die Fensterbank und merken Sie sich, an welchem
Platz der Ständer steht.
6. Nach mindestens 2 Stunden Wartezeit kann die osmotische Resistenz ausgewertet werden.
Die Kursbetreuung gibt Ihnen Bescheid, wann die Auswertung stattfinden soll.
Auswertung und Interpretation
Nach der Wartezeit haben sich die intakten Erythrozyten auf dem Boden der Reagenzgläser
abgesetzt. Bei Hämolyse ist das Hämoglobin aus den Erythrozyten ausgetreten und kolloidal gelöst.
Betrachten Sie die Reagenzgläser zuerst gegen ein weißes Blatt Papier und notieren Sie die NaClKonzentration, bei der eine erste Gelb- bis Rotfärbung der Lösung zu beobachten ist. Dieser Wert
ist der Beginn der Hämolyse und somit der obere Wert der Resistenzbreite. Hier sind nur einige
Erythrozyten hämolysiert, die restlichen Zellen konnten dem osmotischen Stress Widerstand leisten
und befinden sich als Pellet am Boden des Reagenzglases. Betrachten Sie dann den Boden der
Reagenzgläser und bestimmen Sie den NaCl-Wert, bei dem kein Pellet auf dem Boden des
Reagenzglases mehr zu erkennen ist. Dafür ist es notwendig, die Reagenzgläser aus dem Ständer zu
nehmen und von unten gegen das Licht zu betrachten. Achten Sie darauf, dass Sie die Gläser dabei
nicht schütteln ! Der Wert, bei dem kein Pellet mehr zu erkennen ist, ist die Osmolarität, bei der
eine vollständige Hämolyse stattgefunden hat. Notieren Sie auch diesen Wert.
Eine herabgesetzte osmotische Resistenz liegt immer dann vor, wenn die zu untersuchenden
Erythrozyten bereits Kugelzellform besitzen, bevor sie in Lösung gegeben werden. Das trifft bei
jener Anämie zu, die durch Sphärozytose hervorgerufen wird. Dabei ist das Verhältnis von
Zelloberfläche und Volumen der Erythrozyten zugunsten des Volumens verschoben, so dass die
Schwellreserve klein und frühe Hämolyse die Folge ist. Der Nachweis verminderter osmotischer
Resistenz sichert hier die Diagnose.
Klinisches Kernwissen: Hämolytische Anämie
Vorkommen und Häufigkeit
Wie häufig unter den Anämien die hämolytische Form ist, kann nur geschätzt werden. Von jenen
Anämien, die direkt mit den Erythrozyten in Verbindung gebracht werden (korpuskuläre Anämien),
sind weltweit rund 100 Mill. Menschen betroffen. Darunter ist die erbliche Sphärozytose als
angeborener Membrandefekt der Erythrozyten in Mittel- und Nordeuropa am häufigsten, während
im Mittelmeerraum vor allem die autosomal-dominant erblichen Thalassämien dominieren. Bei
dieser Gruppe von Erkrankungen sind die Erythrozyten zu scheibchen-dünnen Zellen (Targetzellen)
mit erhöhter Schwellreserve und erhöhter osmotischer Resistenz umgewandelt.
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Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung
Ursachen
Normale menschliche Erythrozyten werden beim Erwachsenen im roten Knochenmark gebildet,
leben 120 Tage im Blut, legen eine Strecke von ca. 300 km zurück und werden in der Milz
abgebaut. Unter bestimmten Bedingungen kann die Lebensdauer der Erythrozyten bis auf wenige
Tage verkürzt sein. Anämien, die durch eine Verkürzung der Erythrozytenlebensdauer
hervorgerufen werden, bezeichnet man als hämolytisch. Eine besondere Rolle spielt dabei die Milz,
die veränderte Erythrozyten wie ein Filter aus dem Blut abfängt. Die Ursachen, die zu einer
Hämolyse führen, können entweder mit den Erythrozyten selbst in Verbindung gebracht werden
(korpuskulär) oder durch Faktoren ausgelöst werden, die außerhalb des Erythrozyten
(extrakorpuskulär) lokalisiert sind:
1. Korpuskuläre hämolytische Anämien
Angeboren:
Erworben:
Membranproteindefekt
z.B. hereditäre Sphärozytose
Hämoglobindefekt
z.B. Sichelzellanämie
Stoffwechseldefekt
z.B.Glukose-6-Phosphat-Dehydrogenase (G6PDH)Mangel
z.B. Paroxysmale nächtliche Hämoglobinurie (PNH)
Membranproteindefekt
2. Extrakorpuskuläre Anämien
Immunhämolyse
z.B. Morbus haemolyticus neonatorum
Mechanische Hämolyse z.B. bei künstlicher Herzklappe
Toxische Hämolyse
z.B. Malaria
Diagnostik
Vermutet man eine Form der hämolytischen Anämien, so konzentriert sich die Basisdiagnostik auf
drei Fragen:
-
Liegt eine Anämie vor ?
-
Hier sollten Anzahl der Erythrozyten, Hämoglobin, Hämatokrit und Erythrozytenindizes
bestimmt werden.
-
Finden sich Zeichen eines erhöhten Erythrozytenabbaus ?
-
Hier sind eine Erhöhung des indirekten Bilirubins oder der LDH und eine Erniedrigung des
Haptoglobins deutliche Hinweise.
-
Finden sich Zeichen einer kompensatorisch verstärkten Erythropoese ?
-
Hierfür spricht bei der mikroskopischen Untersuchung eines Blutausstrichs die Erhöhung
der Retikulozyten. Bei der mikroskopischen Untersuchung sind ferner krankhaft veränderte
Erythrozytenformen zu beachten.
Therapie
Die therapeutischen Möglichkeiten der hämolytischen Anämien sind gering. Eine kausale Therapie
der korpuskulären Anämien ist bisher nicht möglich. Die hereditäre Sphärozytose bessert sich,
sobald die Milz entfernt wird (Splenektomie). Eine kausale Therapie der extrakorpuskulären
Anämien zielt darauf, die schädigenden Faktoren zu beseitigen. Gelegentlich ist die Gabe von
Hormonen der Nebennierenrinde (Cortison) das Mittel der Wahl.
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Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung
B 2 b)
Blutgruppen
Siehe unbedingt auch Vorgehensweise bei der Blutentnahme!
Vorbereitung:
Arbeiten Sie dieses Skript sorgfältig durch! Die Kenntnis des
Versuchsablaufes ist notwendig für eine korrekte Durchführung.
Überlegen Sie sich für jeden Versuch, warum er in dieser Form
durchgeführt wird. Bereiten Sie die Theorie in Lehrbüchern vor, indem
Sie zu jedem einzelnen Versuch die entsprechenden Kapitel lesen.
Beispielsweise:
Schmidt/Lang/Thews (29. Aufl.),
Kap. 1 Grundlagen der Zellphysiologie
Kap. 23 Blut
Klinke/Pape/Silbernagl (5. Aufl.),
Kap. 1 Wer liest schon Einleitungen?
Kap. 9 Blut: Ein Flüssiges Organsystem
Deetjen/Speckmann/Hescheler (4. Aufl.),
Kap. 2.1 Ruhemembranpotential
Kap. 6 Blut
Golenhofen (4. Aufl.),
Kap. 3 Fundamentale Zellfunktionen
Kap. 7 Blut und Immunsystem
Zusammenfassung Blutgruppen
Unter Blutgruppen versteht man genetisch festgelegte Merkmale von
Blutbestandteilen.
Im
wesentlichen
handelt
es
sich
bei
Blutgruppenmerkmalen um Moleküle auf den Oberflächen der Blutzellen
(Antigene), die in einem fremden Organismus eine Immunantwort
(Antikörperbildung) auslösen können. Die Merkmale des AB0-Systems,
des bekanntesten Blutgruppensystems, bestehen z.B. aus Glykolipiden in
den Membranen nahezu aller Körperzellen. Man unterscheidet die
Merkmale A und B. Diese können einzeln (Blutgruppe A bzw. B) und
gemeinsam (Blutgruppe AB) vorkommen oder auch gänzlich fehlen
(Blutgruppe 0). Jeder Mensch bildet im Laufe der ersten Lebensjahre
reguläre Antikörper gegen die Blutgruppen-Antigene, die er selbst nicht
besitzt. Menschen der Blutgruppe A besitzen demnach Antikörper gegen
B-, Menschen der Blutgruppe B Antikörper gegen A- und Menschen der
Blutgruppe 0 Antikörper gegen A- und B-Antigene. Diese Antikörper
müssen bei jeder Bluttransfusion und Organübertragung berücksichtigt
werden, da sie zur schnellen Zerstörung unverträglicher Erythrozyten
bzw. zur Organabstoßung beim Empfänger führen können. Im Praktikum
wird exemplarisch neben dem AB0-System das Rhesus-System
untersucht.
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Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung
Fallbeispiel
In großer Aufregung ruft eine Rentnerin um die Mittagszeit in der Praxis ihres Hausarztes an. Sie
erklärt, dass sie vormittags alleine zum Einkaufen in der Stadt gewesen sei. Bei der Rückkehr habe
sie ihren Mann in einer großen Blutlache auf dem Fußboden des Badezimmers zusammengekauert
vorgefunden. Er könne zwar sprechen, habe sich aber immer wieder übergeben müssen und dabei
schwallartig ziemlich dunkles Blut erbrochen. Außerdem habe er starke Schmerzen im rechten
Oberbauch.
Verdachtdiagnose: Gastrointestinale Blutungen
Blutungen im Magen-Darm-Trakt können entweder als Sickerblutungen lange Zeit okkult bleiben
oder auch als akute gastrointestinale Blutungen einen dramatischen Verlauf nehmen, wobei die
Blutungsquelle sowohl im oberen als auch im unteren Teil des Magen-Darm-Traktes liegen kann.
Überwiegend ist der obere Gastrointestinaltrakt betroffen. Führende Symptome sind Blut-Erbrechen
(Hämatemesis), schwarzer Stuhlgang (Melaena) oder Beimengungen von rotem Blut im Stuhl
(Hämatochezie). In jedem Fall handelt es sich um einen möglicherweise lebensbedrohlichen
Zustand, so dass eine unverzügliche stationäre Einweisung zu veranlassen ist. Nach schweren
Blutverlusten können unabhängig von der Blutungsursache in Verbindung mit anderen Maßnahmen
Bluttransfusionen lebensrettend sein. Vor jeder Bluttransfusion müssen die Blutgruppen des
Empfänger- und des Spenderblutes auf ihre Verträglichkeit untersucht werden. Nur im Notfall darf
das Blut der Blutgruppe 0 Rhesus-negativ transfundiert werden.
Aufgabe: Blutgruppenbestimmung: ABO- und Rhesus-System
Physiologisches Kernwissen
Das 1901 von K. Landsteiner entdeckte AB0-System ist das am längsten bekannte
Blutgruppensystem des Menschen. Die Einteilung in Blutgruppen erfolgt durch den Nachweis
bestimmter Substanzen, die sich auf den Oberflächen der Erythrozyten, aber auch anderer Zellen
befinden und als Antigene wirken. Inzwischen konnten rund 200 verschiedene solche Antigene
nachgewiesen werden, so dass man außer dem AB0-System, das Rhesus-System, das CartwrightSystem, das Diego-System, das Duffy-System, das Kell-System, das Kidd-System usw.
unterscheidet. Insgesamt bilden die rund 200 beim Menschen nachgewiesenen Antigene etwa 15
verschiedene Blutgruppensysteme unterschiedlicher klinischer Bedeutung.
Die Merkmale des AB0-Systems bestehen aus Glykolipiden in der Membran fast aller Zellen und
demnach auch der Erythrozyten des Blutes. Dabei sind die endständigen Zucker dieses in die
extrazelluläre Matrix gerichteten Glykolipides zwischen den Blutgruppen unterschiedlich. Das
Blutgruppenmerkmal "A" hat N-Acetylgalaktosamin, das Merkmal "B" Galaktose als endständigen
Zucker des Glykolipides. Man unterscheidet demnach Blutgruppe A (nur A-Substanz), B (nur BSubstanz), AB (A- und B-Merkmale nebeneinander) und 0 (nur das Glykolipid ohne endständigen
Zucker). Das Glykolipid ohne endständigen Zucker ist kein Antigen im Menschen, so dass keine
Antikörper gebildet werden. Pflanzen jedoch können auch gegen das Glykolipid ohne endständigen
Zucker Antikörper-ähnliche Substanzen haben (Phythämagglutinine). In diesem Zusammenhang
wird das Glykolipid ohne endständigen Zucker Antigen H genannt. Genetisch festgelegt ist bei dem
AB0-System das Fehlen oder Vorhandensein der entsprechenden Glykosyltransferasen, die die
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Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung
endständigen Zucker an das Glykolipid anhängen. AB0- und ähnliche Substanzen sind in der Natur
weit verbreitet. Durch Kontakt mit Bakterien, die Blutgruppen-ähnliche Oberflächenmerkmale
besitzen, bildet jeder Mensch im Laufe der ersten Lebensjahre reguläre Antikörper gegen diese
Blutgruppensubstanzen. Dabei besitzen Personen mit der Blutgruppe A Antikörper gegen B im
Serum, Personen mit Blutgruppe B Antikörper gegen A, Personen mit Blutgruppe 0 Antikörper
gegen A und B und Personen mit der Blutgruppe AB keine Antikörper gegen A oder B. Diese
Antikörper sind ständig im Serum vorhanden, werden also nicht erst gebildet, wenn ein Kontakt mit
dem Antigen erfolgt. Deshalb ist die Reaktion des Organismus auf Zellen, die im AB0-System
unterschiedlich sind, sehr schnell und heftig.
Die Arbeiten von Livine und Stetson sowie von Landsteiner und Wiener führten 1939 bzw. 1940
zur Entdeckung eines weiteren Blutgruppensystems. Es wird heute traditionell als Rhesus-System
bezeichnet. Die Rhesus-Merkmale bestehen aus einer Kette von 412 Aminosäuren, die sich
zwölfmal durch die Erythrozytenmembran windet. Aufgrund struktureller Ähnlichkeiten z.B. mit
der Na+-K+-Pumpe wird eine Transportfunktion angenommen, zumal das extrem seltene Fehlen
aller Rhesus-Merkmale zu einer Hämolyse führt. Aufgrund des Austausches einzelner Aminosäuren
kann man u.a. die Merkmale D, C, c, E, und e unterscheiden. Das Merkmal D ist das wichtigste und
stärkste Merkmal des Rhesus-Systems. Das allele Merkmal d führt aufgrund einer Deletion zu einer
verkürzten Kette und kann mit Antiseren nicht nachgewiesen werden. Personen, die das Merkmal D
besitzen, werden als "Rhesus-positiv", Personen ohne dieses Merkmal als "Rhesus-negativ"
bezeichnet. Inzwischen ist bekannt, dass die von Landsteiner und Wiener beschriebenen Xenoseren
gegen ein D-ähnliches Antigen reagierten, das als "LW-Antigen" bezeichnet wird. Nur der von
Livine und Stetson entdeckte Antikörper war gegen das D-Antigen gerichtet.
Kommen Rhesus-negative Personen in Kontakt mit Rhesus-positivem Blut (Transfusion oder auch
Geburt), so bilden sie häufig einen Anti-D Antikörper, was bei weiteren Transfusionen (oder
Schwangerschaften) zur Hämolyse der Rhesus-positiven Erythrozyten führt. Der Morbus
haemolyticus neonatorum kann zum intrauterinen Tod des Rhesus-positiven Kindes führen. Im
Gegensatz zum AB0-System sind im Rhesus-System also ohne vorangegangenen Kontakt keine
Antikörper gegen D im Blut vorhanden, sondern es muss erst eine Sensibilisierung stattfinden, ehe
Antikörper gebildet werden.
Methode
Wegen ihrer besonderen Bedeutung ist die Blutgruppenbestimmung durch Richtlinien der
Bundesärztekammer geregelt. Die Blutgruppen des AB0-Systems werden unter Verwendung
staatlich geprüfter Seren Anti-A (blau), Anti-B (gelb) und Anti-AB (farblos) bestimmt. Diese
Bestimmung der Antigene im Serum muss durch eine Serumgegenprobe vervollständigt werden.
Dabei werden Testerythrozyten bekannter Blutgruppenzugehörigkeit mit dem Serum des
vorgesehenen Empfängerblutes in Kontakt gebracht. Normalerweise darf zwischen der
Antigenbestimmung, wie sie auch im Praktikum durchgeführt wird und der Serumgegenprobe, auf
deren Durchführung im Praktikum verzichtet wird, keine Diskrepanz auftreten. Als weiteren
Unterschied zu den Richtlinien der Bundesärztekammer wird im Praktikum kein Anti-AB Serum
verwendet, sondern ein Anti-H Serum. Wie oben beschrieben haben die Erythrozyten der
Blutgruppe 0 Glykolipide in der Membran, deren endständiger Zuckerrest fehlt. Bestimmte
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Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung
Pflanzen haben Antikörper, die das Glykolipid ohne endständigen Zucker erkennen können. Ein
solches Antiserum wird im Praktikum verwendet, um Blutgruppe 0 zu charakterisieren. Zusätzlich
erlaubt dieses Antiserum Blutgruppe A1 und A2 voneinander zu unterscheiden. Diese Blutgruppen
unterscheiden sich nicht durch das Fehlen oder Vorhandensein der Glykosyltransferasen für NAcetylgalaktosamin, sondern in der Aktivität des Enzyms. Bei der Blutgruppe A2 ist die Aktivität
des Enzyms so niedrig, dass neben dem Antigen A auch das Antigen H, also das Glykolipid ohne
endständigen Zucker nebeneinander auf der Zelloberfläche vorkommt. Die Blutgruppen des
Rhesus-Systems werden unter Verwendung eines staatlich geprüften Rhesus-Testserums Anti-D
(rot) bestimmt, wobei eine Serumgegenprobe wie bei der Bestimmung der AB0-Blutgruppe nicht
notwendig ist.
Durchführung
1. Finger müssen gut durchblutet sein. Deshalb Hände reiben, evtl. unter warmes Wasser
halten, Arme nach unten ausschütteln, um Blut in die Finger zu treiben.
2. Vorbereitung des Arbeitsplatzes: Zwei AB0-Platten, Tupfer, Desinfektionslösung und die
verpackte Lanzette bereitlegen.
3. Desinfizieren der Fingerbeere.
4. Lanzette auspacken und beherzt seitlich in die Fingerbeere des Mittel- oder Ringfingers
stechen, da der Schmerz beim Verletzen von nur der obersten Hautschicht genauso stark ist,
die austretende Blutmenge jedoch nicht für die Messung ausreicht. Lanzette sofort in das
Abfallgefäß werfen (Verletzungsgefahr!).
5. Tropfen Sie je einen Tropfen Blut in jede Vertiefung der ersten AB0-Schale und einen
größeren Tropfen in die erste Vertiefung einer zweiten ABO-Schale.
6. Die Kursbetreuung wird dann sofort je einen Tropfen Antiserum zugeben, und zwar in
Vertiefung A Anti-A, in Vertiefung B Anti-B und in Vertiefung 0 Anti-H Antikörper. In die
vierte Vertiefung wird von der Kursbetreuung ein Tropfen Antiserum D auf den
Blutstropfen gegeben.
7. Verrühren Sie das Blut sofort mit dem Antiserum. Benutzen Sie dabei unbedingt pro
Vertiefung einen eigenen Plastikspatel.
8. Prüfen Sie unter leichten Schaukel- und Kippbewegungen, in welchem der vier Felder sich
eine Agglutination zeigt.
B2 - 32
Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung
Auswertung und Interpretation
A
B
+Anti-A +Anti-B
0
+Anti-H
Blutgruppe
A1
A2
B
A1 B
A2 B
0
Auswertung und Interpretation erfolgen visuell, wobei die
nachstehende Mehrfeldermatrix den Sachverhalt verdeutlichen
soll:
Beurteilen Sie, welche Vertiefung eine Agglutination
aufweist. Nur wenn sich die Zellen nicht durch vorsichtiges
Rühren mit dem Spatel wieder verteilen lassen, liegt eine
Agglutination, also eine echte Antikörper-Antigen Reaktion
vor. Wie aus nebenstehendem Schema ersichtlich zeigt
Agglutination in Vertiefung A Blutgruppe A, eine in
Vertiefung B Blutgruppe B an. Blutgruppe AB zeigt
Agglutination in Vertiefung A und B und Blutgruppe 0 in
Vertiefung 0. Die Blutgruppe A kann nochmals unterteilt
werden in A1 bzw. A2.
Der Blutgruppentest ist ein Test auf den Phänotyp und kann
keine Aussage über den Genotyp machen. Die Bestimmung
der Allel-Zusammensetzung kann nur eine Analyse der
Während im Praktikum lediglich festgestellt wurde, ob
die Erythrozyten eines potentiellen Spenders mit dem
laborchemisch
hergestellten
Testserum
eines
potentiellen Empfängers harmonieren, setzt die
lebensnotwendige Blutübertragung im Fallbeispiel
voraus, dass außerdem die gesetzlich vorgeschriebene
Kreuzprobe (cross match) von einem Arzt durchgeführt
wurde, die aus zwei Testteilen besteht (s.
nebenstehendes Schema): im Major-Test wird die
Verträglichkeit zwischen Spendererythrozyten und
Empfängerserum beurteilt, im Minor-Test die zwischen Empfängererythrozyten und Spenderserum.
Die im Notfall durchgeführte Transfusion von Blut der Blutgruppe 0 besteht bei allen Blutgruppen
außer der Blutgruppe 0 den Minor-Test nicht: Serum von Blutgruppe 0 enthält Antikörper gegen A
und B und führt zu einer Agglutination der Erythrozyten des Empfängers. Obwohl ausschließlich
Erythrozytenanreicherungen für eine Transfusion verwendet werden in denen die Serum-Menge,
die der Empfänger erhält, stark erniedrigt ist, können die Antikörper des Spenderblutes
Transfusionszwischenfälle hervorrufen. Deshalb ist es unumgänglich Blut derselben Blutgruppe zu
transfundieren und die Blutgruppe 0 als "Universal-Spenderblut" nur im äußersten Notfall zu
verwenden.
Bei Rhesus-Negativität sind zusätzliche speziellere Untersuchungen notwendig, weil innerhalb des
Rhesus-Systems mehrere Modifizierungen bestehen, die bei einer Bluttransfusion zu beachten sind.
Bluttransfusionen mit dem falschen Rhesus-Faktor führen jedoch nicht, wie bei dem AB0-System
zu einem sofortigen Transfusionszwischenfall, sondern induzieren erst eine Antikörperbildung im
Empfänger, die dann allerdings bei nochmaligem Kontakt mit dem Fremdblut zu einem ernsthaften
Schädigung des Patienten führt.
B2 - 33
Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung
Klinisches Kernwissen: Gastrointestinale Blutungen
Vorkommen und Häufigkeit
In Deutschland werden Jahr für Jahr rund 60.000 Patienten mit akuten Gastrointestinalblutungen
notfallmäßig in Kliniken eingewiesen, wobei der Anteil älterer Patienten steigt. Bei mehr als der
Hälfte aller Blutungsfälle liegt die Blutungsquelle im oberen Gastrointestinaltrakt, wobei neben
peptischen Läsionen Rupturen von Ösophagusvarizen und Schleimhauteinrisse im Zuge des
Mallory-Wess-Syndroms
nach
jahrelangem
Alkoholabusus
zunehmen.
Im
unteren
Gastrointestinaltrakt dominieren Blutungen aufgrund von Divertikeln und verschiedenen
Gefäßveränderungen (Angiodysplasien).
Ursachen
Die Ursachen der gastrointestinalen Blutungen sind zwar potentiell zahlreich, können aber oft auf
einige wenige pathogenetische Faktoren zurückgeführt werden. Sicher spielt zum einen eine
konstitutive Überempfindlichkeit des psychovegetativen Systems eine Rolle, was vor allem bei
Magenschleimhautentzündungen und Geschwüren in Magen und Duodenum von Bedeutung sein
kann. Eine wichtige Rolle spielt heutzutage aber zusätzlich eine Infektion mit dem Erreger
Helicobacter pylori als Teilursache von Geschwüren. Zum anderen muss an Neoplasien (Tumoren)
gedacht werden, die Gefäße eröffnen können, so dass eine akute Blutung einsetzen kann. Auch die
Medikation mit nicht-steroidalen Antiphlogistika kann die Entwicklung von Blutungen begünstigen,
zumal diese Medikamente zum Teil rezeptfrei zu erhalten sind, so etwa die Acetylsalicylsäure.
Ferner ist an die Einnahme von Pyrazolonen und des Indometacins als Antirheumatikum zu
denken. Bei Ösophagusvarizenblutungen liegt allerdings meist eine Leberzirrhose zugrunde, in
deren Gefolge sich eine portale Hypertension entwickelt hat, deren Druck die nach und nach
anschwellenden ösophagealen Venen nicht mehr standhalten konnten.
Diagnostik
Die Diagnostik bei akuten Gastrointestinalblutungen ist mehrschichtig. Sie muss innerhalb
möglichst kurzer Zeit veranlasst werden. Dabei ist stets daran zu denken, dass gastrointestinalen
Blutungen oft gleichzeitig mehrere Ursachen zugrunde liegen können. So können etwa
Refluxösophagitis, Magenschleimhauterosionen und Ulcus duodeni gemeinsam auftreten. In
anderen Fällen sind Ösophagusvarizen und peptische Läsionen zwei koinzidierende Ursachen, die
unabhängig voneinander therapiert werden müssen. Alles in allem werden sich diagnostisch an die
kurze Befragung, die orientierenden Gerinnungstests und die Bestimmung der Blutgruppe zwei
Maßnahmen anschließen. Liegen Hämatemesis (Blut-Erbrechen) oder Melaena (schwarzer
Stuhlgang) vor, ist die orale Notfallgastroskopie oder Notfallkoloskopie das Mittel der Wahl, bei
Hämatochezie (rotes Blut im Stuhlgang) wird unter dem Verdacht auf Neoplasien oder ulzeröse
Läsionen mit der rektal-digitalen Untersuchung begonnen, bevor auch hier mit Magensonde und
Notfallendoskopie nach der Blutungsquelle gefahndet wird. Kann die Blutungsquelle hierdurch nicht
identifiziert werden, kann eine abdominale Szintigraphie mit markierten Erythrozyten oder eine
abdominale Angiographie erforderlich sein.
Therapie
Die Therapie zielt primär auf Kreislaufstabilisierung durch Bluttransfusionen oder Gabe von
Plasmaexpandern. Sobald der Kreislauf stabilisiert ist, kann über die Art des weiteren Vorgehens
entschieden werden, wobei in den meisten Fällen medikamentös-konservativ, in seltenen Fällen
endoskopisch-operativ oder chirurgisch vorzugehen ist. Bei blutenden Ösophagusvarizen
entscheidet man sich in der Regel für die endoskopische Sklerosierung. Im Fallbeispiel wurde die
variköse Region des Ösophagus noch während der endoskopischen Untersuchung mit 1 %igem
Polidocanol infiltriert, wodurch eine Sklerosierung der Varizen erreicht werden konnte.
B2 - 34
Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung
B 2 c)
Blutgerinnung
Zusammenfassung Blutgerinnung
Mit der Verletzung eines Blutgefäßes setzen verschiedene Reparatur- und
Verschlussmechanismen ein. Zunächst erfolgt eine vorläufige Blutstillung
(primäre Hämostase). Sie wird im wesentlichen durch Blutplättchen
(Thrombozyten) hervorgerufen, die an der Verletzungsstelle aggregieren
und diese nach und nach verschließen. Später erfolgt eine endgültige
Blutstillung, die als sekundäre Hämostase bezeichnet wird. Sie beruht auf
einer kaskadenartigen Aktivierung plasmatischer Gerinnungsfaktoren. Für
viele der Aktivierungsschritte in der Gerinnungskaskade ist die
Anwesenheit von Ca2+-Ionen notwendig. Die Aktivierung der Kaskade
kann über einen sogenannten „intrinsischen“ oder einen „extrinsischen“
Weg erfolgen. Letztendlich führen beide Wege zu einer Aktivierung von
Prothrombin zu Thrombin, welches seinerseits die Umwandlung von
Fibrinogen zu Fibrin katalysiert. Fibrin bildet ein Netz, aus dem in der
Regel durch Beimischung von Erythrozyten als Resultat der Hämostase
ein gemischter Thrombus entsteht. Die Wundheilung wird schließlich
durch eine mehrstufige Reaktion des Nachbargewebes abgeschlossen.
Wenn das Fibringerinnsel seine Aufgaben beim Wundverschluss erfüllt
hat, muss es im Verlauf der Wundheilung wieder beseitigt werden. Diese
Funktion übernimmt das fibrinolytische Plasminsystem des Plasmas.
Zahlreiche Mechanismen gewährleisten den regelrechten Ablauf der
Hämostase. Einerseits darf sich kein Thrombus spontan im Gefäßbett
bilden. Hierbei spielt eine ständige Fibrinolyse über das Plasminsystem
eine entscheidende Rolle. Außerdem darf sich eine regelrecht einsetzende
Hämostase nicht unkontrolliert weiter ausbreiten.
Störungen, bei denen eine verminderte Hämostase vorliegt, bezeichnet
man als hämorrhagische Diathesen, wobei zwischen mehreren Formen
unterschieden wird. Zur Erfassung hämorrhagischer Diathesen gehören
neben der Thrombozytenzählung eine Reihe orientierender Tests: die
Bestimmung der Blutungszeit, der partiellen Thromboplastinzeit (PTT)
und der Thromboplastinzeit nach QUICK.
Fallbeispiel
Ein 3250 g schweres männliches Neugeborenes entwickelt wenige Stunden nach der Geburt
linksseitig am Schädel ein Hämatom. Der Hämoglobingehalt liegt mit 168 g/L innerhalb des
Referenzbereiches für Neugeborene am ersten Tag. Nach regulärer Verlegung in eine Kinderklinik
fällt der Hb-Gehalt bei erheblicher Zunahme des Hämatoms bis zur 29. Stunde auf 92 g/L und damit
unter den unteren Referenzwert.
B2 - 35
Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung
Verdachtdiagnose: Hämorrhagische Diathese
Hämorrhagische Diathesen basieren auf Störungen der Hämostase. Da zahlreiche Faktoren an der
Hämostase beteiligt sind, wird zwischen mehreren Formen der Hämostase unterschieden, je
nachdem welcher der Faktoren in erster Linie für die Störung verantwortlich ist. Man unterscheidet
zwischen thrombozytären, plasmatischen und vaskulären hämorrhagischen Diathesen. Die
plasmatischen hämorrhagischen Diathesen werden auch als Koagulopathien bezeichnet. Die
Diagnostik hämorrhagischer Diathesen ist oft durch Erfragen der Vorgeschichte (Anamnese) und
Beobachten
(Inspektion)
möglich.
Näheren
Aufschluss
geben
eine
Reihe
von
Laboruntersuchungen. Dabei können leichte hämorrhagische Diathesen in der Regel nur schwer
erkannt werden. Eine erste Orientierung ist durch die Bestimmung der Blutungszeit möglich, die die
primäre Hämostase erfasst
Aufgabe: Bestimmung der Blutgerinnung:
a) Partielle Thromboplastinzeit (PTT)
b) Thromboplastinzeit nach QUICK
Physiologisches Kernwissen
Eine erste Orientierung, ob eine hämorrhagische Diathese vorliegt, liefert die Blutungszeit. Diese
erfasst die primäre Hämostase, für die in erster Linie regelrecht funktionierende Thrombozyten
verantwortlich sind. Damit die Thrombozyten sich an die kollagenen Fasern der geschädigten
Gefäßwand anheften können, müssen auf der Thrombozytenmembran bestimmte Strukturen
(Rezeptoren) vorhanden sein, an die der von WILLEBRAND Faktor (der mit Gerinnungsfaktor
VIII einen Komplex bildet) ankoppeln kann, um als Bindeglied zwischen Thrombozyten und
Endothelzellen fungieren zu können. Nach der Anheftung an die geschädigte Gefäßwand setzen die
Thrombozyten zahlreiche Substanzen frei, deren Wirkungen im Zuge der primären Hämostase zur
Bildung eines thrombozytären Pfropfes führen. Die Bestimmung der Blutungszeit erlaubt eine
grobe Beurteilung der Thrombozytenfunktion. Für eine Standardisierung wird die Blutungszeit nach
MARX verwendet: die verletzte Fingerkuppe wird in ein Becherglas getaucht, das Wasser von 37°C
enthält. Gemessen wird die Zeit, bis der vom ruhig gehaltenen Finger ins Wasser niedersinkende
Blutungsfaden abreißt.
Während die Blutungszeit die primäre Hämostase erfasst, erfassen andere Tests hämorrhagische
Diathesen, denen eine Störung des plasmatischen Systems zugrunde liegt. Hierbei muss zwischen
intrinsischem (endogenem) und extrinsischem (exogenem) Teilsystem unterschieden werden, die in
einen gemeinsamen Weg münden. Der Begriff intrinsisches System stammt von der Beobachtung,
dass eine Blutgerinnung spontan abläuft, wenn Blut in saubere Glasröhrchen überführt wird. Dies
führte zu der Vorstellung, dass alle notwendigen Komponenten für eine Blutgerinnung im
zirkulierenden Blut vorhanden wären. Der tatsächliche Grund für die einsetzende Blutgerinnung ist
die Anwesenheit anionischer Oberflächen. In der Gefäßwand entstehen anionische Oberflächen
B2 - 36
Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung
nach Ruptur der Endotheloberfläche. Zum intrinsischen System zählen die Gerinnungsfaktoren XII,
XI, IX und VIII. Die Funktionsfähigkeit dieses Weges wird durch die Bestimmung der partiellen
Thromboplastinzeit (PTT) geprüft. Die Bezeichnung extrinsisches System leitet sich aus der
Beobachtung her, dass ein zusätzlicher Faktor außerhalb des zirkulierenden Blutes vorhanden sein
muss, der die Blutgerinnung einleitet. Dieser wird als Faktor III bzw. Gewebsfaktor (tissue-factor)
bezeichnet. Die Bestimmung der Thomboplastinzeit nach QUICK erfasst über den Faktor VII die
Aktivierung des extrinsischen Systems sowie über die Faktoren X, V, II und I die gemeinsame
Endstrecke der beiden plasmatischen Gerinnungssysteme. Da alle genannten Faktoren in der Leber
gebildet werden, kann die Bestimmung der Thromboplastinzeit nach QUICK zugleich Hinweise auf
die Leberfunktion bieten.
Die Synthese der Gerinnungsfaktoren IX des intrinsischen Systems, VII des extrinsischen Systems
sowie X und II des gemeinsamen Weges beider plasmatischer Gerinnungssysteme kann nur unter
Anwesenheit von Vitamin K stattfinden. Die Gerinnung kann somit langfristig durch die Gabe von
Vitamin-K-Antagonisten (z.B. Marcumar) gehemmt werden. Die Wirksamkeit der Therapie mit
Vitamin-K-Antagonisten, etwa im Anschluss an eine erfolgreiche Thrombosebehandlung oder nach
einem Herzinfarkt kann dann über den QUICK-Wert kontrolliert werden
B2 - 37
Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung
Schema des Gerinnungssystems
Aus Schmidt/Thews: Physiologie des Menschen 29. Auflage
B2 - 38
Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung
Methode: Partielle Thromboplastinzeit
Zur Bestimmung der partiellen Thromboplastinzeit (PTT) wird eine koagulometrische Methode
benutzt. Dafür wird venös Blut entnommen und mit Citrat-Lösung (1 Teil Natriumcitratlösung (0,11
mol/L) mit 9 Teilen Blut) gemischt (grüne Monovetten). Das Citrat komplexiert die Calcium-Ionen
im Blut und verhindert eine vorzeitige Gerinnung. Dieses Blut wird zehn Minuten bei 3000 g min-1
zentrifugiert, um Plasma zu gewinnen. Dabei werden neben den anderen Blutzellen auch die
Thrombozyten zum größten Teil aus dem Plasma entfernt. Zu diesem Ca2+-verarmten Blutplasma
wird ein Gemisch aus Cephalin (Phospholipid aus Kaninchenhirn) und mikrokristallinem Kaolin
(Kieselgur, Oberflächenaktivator) gegeben. Der Mischung wird Calcium zugesetzt und die
Zeitspanne zwischen Ca2+-Zugabe und Blutgerinnung gemessen.
PTT-Messung
Vorbereitung (Praktikumsleitung):
1. Venöse Blutabnahme und Gewinnung von Citrat-Plasma.
2. Anstellen des Wärmebades (37°C) und Überprüfen der Temperatur.
3. Kaolin-Suspension kräftig schütteln und in das Fläschchen mit Cephalin geben.
Durchführung:
1. Kaolin-Cephalin schütteln, mit der CaCl2-Lösung (25 mmol/ L) in das Wärmebad stellen und
Temperatur-Ausgleich abwarten.
2. Währenddessen in vier Teströhrchen (2 mL-Eppendorf-Reaktionsgefäß) jeweils 100 µL CitratPlasma geben. Pipettenspitze wechseln. Dann je 100 µL Kaolin-Cephalin-Suspension zufügen
und in Teströhrchen „vier“ mit neuer Pipettenspitze 5 µL Heparin zugeben.
3. Alle vier Eppendorf-Gefäße für mind. 30 sek in das Wärmebad stellen.
4. Nachdem die Mischung temperiert ist, in Röhrchen “eins“ mit neuer Pipettenspitze 100 µL der
ebenfalls temperierten CaCl2- Lösung zugeben und gleichzeitig mit dem Einpipettieren die
Stoppuhr starten.
5. Mit der Öse kontinuierlich „häkeln“, die Zeit bis zum Auftreten des ersten Fibrinfadens messen
und Werte in Sekunden protokollieren.
6. Öse wechseln und nacheinander die Versuche ab Punkt 3 starten.
B2 - 39
Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung
Auswertung und Interpretation
Die Auswertung erfolgt durch Vergleich mit Referenzwerten, die nicht nur physiologisch bedingt,
sondern auch vom verwendeten Reagenz und seiner Chargennummer abhängig sind.
Referenzbereich PTT bei Verwendung von Cephalin: 28 – 40 s.
Systematische Abweichungen von diesem Bereich können einerseits auf eine Voraktivierung der
Probe durch Fehler bei der Blutabnahme oder Plasmagewinnung deuten, andererseits aber auch
gerätebedingt sein. Häufige Fehler sind:
Zu lange (länger als eine Minute) venöse Stauung, wodurch eine lokale Fibrinolyse bewirkt wird,
unsachgemäße Venenpunktion, wodurch bei Kontakt mit Gewebe außerhalb der Vene
Gewebsthromboplastin aspiriert wird, unzureichende Mischung, Inkubation oder Zentrifugation. Im
Zweifelsfall sind laboreigene Referenzbereiche zu erstellen. Beim Neugeborenen kann aufgrund
eines physiologischen Mangels an Gerinnungsfaktoren in den ersten Lebenstagen die PTT
verlängert sein.
Die PTT erfasst die Faktoren des intrinsischen sowie die gemeinsame Endstrecke des
Gerinnungssystems. Etwa 95 % aller angeborenen hämorrhagischen Diathesen gehen mit einer
Verlängerung der PTT einher. Durch Bestimmung der PTT ist nicht nur die Aufdeckung
pathophysiologischer Störungen des Blutsystems möglich, sondern auch die Überwachung der
antikoagulatorischen Therapie mit Heparin. Unter therapeutischer Antikoagulation mit
unfraktioniertem Heparin (intravenös appliziert, im Gegensatz zum „niedermolekularen Heparin mit
einer längeren Halbwertszeit und subkutan appliziert) wird der Ausgangswert der PTT in etwa
verdoppelt. Verlängerungen des PTT-Ausgangswertes um weniger als das 1,5-fache sprechen für
eine unzureichende Antikoagulation, so dass trotz der Therapie das Risiko einer Thrombose besteht;
Verlängerungen des PTT Ausgangswertes um mehr als das 2,5-fache signalisieren bei
Heparintherapie eine Überdosierung, wobei die Gefahr einer Blutung besteht.
Methode: Thromboplastinzeit (QUICK-Test)
Hier wird Citrat-Plasma (Gewebs-)Thromboplastin (Gerinnungsfaktor III) und Calcium zugesetzt.
Dadurch wird über das extrinsische System der Gerinnungsvorgang ausgelöst, indem der Faktor VII
des exogenen Systems und konsekutiv die Faktoren X, V, II und I der gemeinsamen Endstrecke der
plasmatischen Gerinnungssysteme aktiviert werden. Die Zeit bis zur Bildung des Fibringerinnsels
wird gemessen und in Prozent, bezogen auf die Gerinnungszeit von Normalplasma, angegeben. Zu
diesem Zweck wird eine Bezugskurve mit verschiedenen Normalplasmaverdünnungen erstellt. Da
alle genannten Faktoren in der Leber gebildet werden, kann die Bestimmung der
Thromboplastinzeit nach QUICK zugleich Hinweise auf die Leberfunktion bieten. Da die Synthese
der Gerinnungsfaktoren IX des endogenen Systems, VII des extrinsischen Systems sowie X und II
des gemeinsamen Weges beider plasmatischer Gerinnungssysteme unter anderem die Anwesenheit
von Vitamin K voraussetzt, kann einerseits die Gerinnung langfristig durch die Gabe von Vitamin
K-Antagonisten, etwa im Anschluss an eine erfolgreiche Thrombosebehandlung oder nach einem
Herzinfarkt über den QUICK-Wert kontrolliert werden.
B2 - 40
Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung
QUICK-Test
Vorbereitung (Praktikumsleitung):
1. Venöse Blutabnahme und Gewinnung von Citrat-Plasma.
2. Anstellen des Wärmebades (37° C) und Überprüfen der Temperatur.
Durchführung:
1. Thromborel schütteln und ins Wärmebad stellen.
2. Mit isotonischer NaCl-Lösung (0,9%) eine Verdünnungsreihe mit Citratplasma herstellen. Dazu
zunächst in vier Reaktionsgefäße (2 mL-Eppendorf-Gefäße) die angegebene Menge Plasma
pipettieren. Dann Pipettenspitze wechseln und mit NaCl-Lösung auf 100 µL auffüllen (s.
Tabelle). Reihenfolge der Gefäße merken.
1
2
3
4
Konzentration
100 %
75 %
50 %
25 %
Plasma
100 µL
75 µL
50 µL
25 µL
Phys. NaCl
0
25 µL
50 µL
75 µL
3. Die vier Reaktionsgefäße für mindestens 1 min bei 37°C inkubieren.
4. In Röhrchen „eins“ mit neuer Pipettenspitze 200 µL Thromborel zugeben und gleichzeitig
Stoppuhr drücken.
5. Mit der Öse kontinuierlich „häkeln“, die Zeit bis zum Auftreten des ersten Fibrinfadens stoppen
und Werte in Sekunden protokollieren.
6. Öse wechseln, nacheinander ab Punkt 3 alle Proben messen und die Werte in die Bezugskurve
eintragen.
Auswertung und Interpretation
Das Messergebnis kann in Sekunden angegeben und mit Referenzwerten verglichen werden. Da die
Messung jedoch auch durch methoden- und reagenzspezifische Faktoren stark beeinflusst wird,
erreicht man eine bessere Vergleichbarkeit, wenn das Messergebnis nicht in Sekunden, sondern
nach einem Vorschlag von A. Quick in Prozent einer standardisierten Bezugsgröße angegeben wird.
Als Bezugsgrößen dienen einerseits Werte, die der Hersteller des Reagenzes für jede Charge der
Subtanz mit verschiedenen Methoden ermittelt und der Verkaufspackung als Tabelle beigegeben
hat. Diese Tabelle liegt aus und der Wert Ihres Versuches kann abgelesen werden. Andererseits ist
es möglich, unter Verwendung eines normierten Standard-Humanplasmas aktuelle Bezugskurven zu
ermitteln und das individuelle Versuchsergebnis mit diesen Bezugskurven zu vergleichen. Eine
weitere Möglichkeit, Bezugskurven zu erhalten, besteht darin, dass man anstatt normiertes
B2 - 41
Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung
Humanplasma zu verwenden aus dem Blut von mindestens fünf gesunden Spendern ein
Mischplasma herstellt und diesen Pool analysiert. Wir stellen eine solche Bezugskurve aus dem
bereitgestellten Plasma her. Die ermittelten Gerinnungszeiten werden den Werten in Prozent der
Norm zugeordnet. Dabei ergibt sich als Bezugskurve idealerweise eine Gerade. Da die als
Reagenzien verwendeten Thromboplastine verschiedener Hersteller sich voneinander
unterscheiden, haben das International Committee for Standardization in Haematology und das
International Committee on Thrombosis and Haemostasis als Bezugsgröße die International
Normalized Ratio (INR) empfohlen. Das jeweils verwendete Thromboplastin eines Herstellers wird
auf diesen Standard bezogen, indem die Hersteller für ihre Thromboplastin-Charge einen
Empfindlichkeitsfaktor ermitteln, den International Sensitivity Index (ISI). Je näher er bei 1 liegt,
desto mehr gleicht das Thromboplastin dem Standardwert. Als sicher pathologisch gelten
verlängerte Thromoplastinzeiten (TPZ) mit Quick-Werten unter 70 % der Norm. Bei
Antikoagulantien-Therapie mit Vitamin K Antagonisten werden Quick-Werte in einem
therapeutischen Bereich zwischen 15 und 27 % der Norm eingestellt. Bei diesen Werten ist
einerseits die Gefahr einer Thrombosebildung aufgrund unerwünschter Gerinnungsprozesse
deutlich verringert, andererseits besteht noch kein Risiko einer anhaltenden Blutung.
Im Fallbeispiel handelte es sich um einen Mangel an Vitamin K.
B2 - 42
Osmotische Resistenz, Blutgruppen und Blutgerinnung
Klinisches Kernwissen: Hämorrhagische Diathese
Vorkommen und Häufigkeit
Hämorrhagische Diathesen sind Ausdruck einer gestörten Hämostase. Da außerordentlich viele
Faktoren eine Störung der Hämostase verursachen oder das Entstehen einer Hämostase
begünstigen können, treten hämorrhagische Diathesen in zahlreichen Situationen auf. Dazu
gehören extrem seltene Störungen wie das autosomal-rezessiv vererbte Bernard-Soulier-Syndrom
als Beispiel einer thrombozytären Erkrankung, aber auch die keineswegs seltene „klassische
Bluterkrankheit“ die Hämophilie A, die auf einem angeborenen Mangel des Blutgerinnungsfaktors
VIII beruht. Viele Formen der hämorrhagischen Diathesen finden sich im klinischen Alltag, z.B. als
sog. Verbrauchskoagulopathie bei Erschöpfung der Gerinnungsreserven oder im Zusammenhang
mit verschiedenen Infektionen.
Ursachen
Hämorrhagische Diathesen können angeboren oder erworben sein. Die angeborenen
hämorrhagischen Diathesen beruhen oft auf einem isolierten Defekt, z.B. dem Mangel eines
Gerinnungsfaktors. Die erworbenen hämorrhagischen Diathesen sind häufig das Resultat des
Zusammenwirkens mehrerer Komponenten, wobei plasmatische, thrombozytäre oder vaskuläre
Ursachen vorherrschen können.
Diagnostik
Ausgeprägte hämorrhagische Diathesen können im allgemeinen durch einfache Basistests gut
erfasst werden. Leichtere Formen lassen sich, wenn überhaupt, nur durch Anwendung speziellerer
Methoden wie Thrombozytenfunktionstests erfassen. Zum Basisprogramm gehören einerseits jene
Tests, die die thrombozytäre Komponente erfassen. Wesentliche Methode ist hier die
Thrombozytenzählung, ergänzt durch die Bestimmung der Blutungszeit. Andererseits gehören zum
Basisprogramm Tests, die Störungen der plasmatischen Komponenten aufdecken. Hierzu zählen in
erster Linie drei Verfahren: die Bestimmung der partiellen Thromboplastinzeit (PTT), die auf das
intrinsische System gerichtet ist, die Bestimmung der Thromboplastinzeit (Quick-Test) die das
extrinsische System analysiert und die Bestimmung der Thrombinzeit, die auf die gemeinsame
Endstrecke des Systems zielt.
Zur Erfassung vaskulärer hämorrhagischer Diathesen stehen zur Zeit keine spezifischen
Laboruntersuchungen zur Verfügung. Hier erfolgt die Diagnose einerseits aus dem klinischen Bild,
andererseits durch den Ausschluss anderer Ursachen. Hinweise auf eine vaskuläre Genese gibt bei
sonst normalen Gerinnungstesten der sog. Rumpel-Leede-Test: Eine Blutdruckmanschette wird um
den Oberarm der Versuchsperson gelegt, um für die Dauer von 5 min eine Stauung auslösen zu
können, die 10 mmHg über dem diastolischen Blutdruck liegt. Treten dabei Petechien (punktförmige
Einblutungen in die Haut) auf, so ist dieses Zeichen als Hinweis auf Kapillarstörungen
interpretierbar. Mitunter kann eine histologische Untersuchung des betroffenen Gewebes hilfreich
sein.
Therapie
Unter der Vielfalt therapeutischer Maßnahmen herrscht die Substitution der fehlenden
Gerinnungsfaktoren oder der Thrombozyten vor, wobei die Therapie in einigen Fällen lebenslang
durchgeführt werden muss. Einige hämorrhagische Diathesen zeigen allerdings eine
Selbstheilungstendenz,, wie z.B. die idiopathische Thrombozytopenie ITP, die als Morbus Werlhof
akut überwiegend Kinder zwischen zwei und sechs Jahren betrifft. Andere Formen können
medikamentös-allergisch ausgelöst oder Ausdruck einer Organerkrankung sein, etwa einer
Erkrankung der Leber, in der die meisten Gerinnungsfaktoren hergestellt werden.
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