Trends in Clinical and Experimental Dermatology Editor: J. Wohlrab VOLUME 5 Psoriasisarthritis Volume Editors J. Wohlrab Trends in Clinical and Experimental Dermatology Editor: J. Wohlrab Vol. 1 Trends in Dermatopharmacy – Update 2002 Editors: J. Wohlrab, R.R.H. Neubert, W.Ch. Marsch 246p, 2003. ISBN 3-8322-1100-4. Vol. 2 Advances in Experimental Dermatology Editors: J. Wohlrab, R.R.H. Neubert, W.A. Wohlrab 114p, 2003. ISBN 3-8322-2230-8. Vol. 3 Hyaluronsäure und Haut Editors: W.A. Wohlrab, R.R.H. Neubert, J. Wohlrab 368p, 2004. ISBN 3-8322-2890-X. Vol. 4 Adjuvante Therapie der atopischen Dermatitis Editor: J. Wohlrab 111p, 2005. ISBN 3-8322-3935-9. Wohlrab (ed.) Psoriasisarthritis Trends in Clinical and Experimental Dermatology Editor: J. Wohlrab Volume 5 _______________________________________________________ PSORIASISARTHRITIS Volume Editor: Johannes Wohlrab Shaker Verlag Aachen 2005 Vorwort des Herausgebers Die Psoriasis als Systemerkrankung mit den Schwerpunkten Haut, Gelenk und Knochen ist eine phänotypisch äußerst vielgestaltige und pathogenetisch faszinierende Erkrankung. Die Erhellung wesentlicher immunpatho-genetischer Hintergründe hat das Verständnis der Erkrankung deutlich geschärft und neue therapeutische Ansatzpunkte ergeben. Der Erkenntniszugewinn, der durch die Entwicklungen in Immunologie, Molekularbiologie und Genetik ermöglicht wurde, ist ein Beispiel für die enormen Fortschritte der Dermatologie in den letzten Jahren. Kaum ein anderes Fachgebiet präsentiert sich so forschungsintensiv und innovativ. Das Management von Patienten mit einer Psoriasisathritis hat sich durch das vertiefte pathogenetische Verständnis und vor allem durch die deutlich erweiterten Therapieoptionen extrem verbessert. Mittel- und langfristige Therapiekonzepte mit spezifischen, nebenwirkungsarmen Medikamenten haben die Situation für die Betroffenen tiefgreifend verbessert. Das Anliegen der Autoren des vorliegenden Buches ist es, diese Entwicklungen komprimiert darzustellen und deren praktische Relevanz für Diagnostik und Therapie aufzuzeigen. Den Lesern wünsche ich, dass das Anliegen der Autoren erkennbar wird und Ihr Interesse findet. Johannes Wohlrab, MD Herausgeber Inhaltsverzeichnis Ätiopathogenese..................................................................................... 1 J. Wohlrab Systemerkrankung „Psoriasis“: Haut, Knochen und Gelenke………… 9 W.Ch. Marsch Bildgebende Diagnostik…………………………………..................... 19 A. Herrmann, G. Keyßer Differentialdiagnosen............................................................................. 32 B. Kreft Therapeutisches Management…………………………………............ J. Wohlrab 51 Adress of Volume Editor: PD Dr. Johannes Wohlrab Universitätsklinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Ernst-Grube-Str. 40 D-06097 Halle (Saale) Ätiopathogenese 1 Ätiopathogenese J. Wohlrab Universitätsklinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Einleitung Immunpathogenese Genetische Disposition Exogene Triggerfaktoren Literaturverzeichnis 1 2 3 4 5 Einführung Der Begriff „Psoriasisarthritis (PsA)“ subsummiert entzündliche Veränderungen der gelenknahen Ansätze von Sehnen, Bändern und Gelenkkapseln (Enthesitis), der Gelenke in Form einer Synovitis, der Knochen (Osteitis), des Knochenmarks (Osteomyelitis) und/oder des periostalen Gewebes (Periostitis) im Rahmen einer Psoriasis. Die PsA ist somit eine seronegative (Rheumafaktor negative), chronisch-entzündliche, heterogene Erkrankung, die zu asymmetrischem Befall neigt und einen nachhaltigen Einfluss auf die Lebensqualität Betroffener hat. Durch das Auftreten von Schmerzen, Bewegungseinschränkungen, Gelenkschwellung und -steifheit kommt es zudem zu einer psychoemotionalen Beeinträchtigung, die von den Patienten stärker als bei der rheumatoiden Arthritis (RA) empfunden wird. Gelenkschmerzen und Steifheit treten bei bis zu 35% aller Patienten mit einer Psoriasis vulgaris auf. Hingegen lassen sich bei ca. 40% der Patienten mit einer PsA Gelenkdeformitäten und radiologische Veränderungen feststellen. Zu ca. 60% manifestieren sich psoriatische Hauterscheinungen vor, bei ca. 15% der Patienten gleichzeitig und bei ca. 25% nach dem Auftreten von Gelenksymptomen. Es ist davon auszugehen, dass die PsA hinsichtlich ihrer Häufigkeit und der individuellen Krankheitsbedeutung weitgehend unterschätzt wird. Die entzündlichen Veränderungen an den betroffenen Organen sind ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 2 Ätiopathogenese _____________________________________________________________________________________ durch proliferative und destruktive Phänomene geprägt. So zeigen sich im Unterschied zur rheumatoiden Arthritis Verkalkungen, Hyperostosen und knöcherne Gelenkversteifungen (Ankylosen) parallel zu Knochendestruktionen. Immunpathogenese Die moderne ätiopathogenetische Sichtweise ordnet die PsA der Erkrankungsgruppe der „immune-mediated inflammatory diseases (IMID)“ mit zellvermittelten und humoralen Defekten zu. Initial kommt es durch Vermittlung antigenpräsentierender Zellen (APC) zur Aktivierung von T-Lymphozyten auf ein bisher nicht identifiziertes Antigen. Durch Migration dieser aktivierten T-Zellen durch das Medium Blut ins Zielgewebe (Haut, Gelenke bzw. gelenknaher Knochen) kommt es zur Manifestation einer chronischen Entzündungsreaktion. Offensichtlich können geprimte migrierte T-Zellen auch über unbestimmte Zeit als ruhende Zellen im Zielgewebe persistieren. Die Mobilisierung derartiger residenter T-Zellen sowie deren immunologische Reaktivierung erfolgt wahrscheinlich über ein spezifisches Zytokinmuster. Dabei spielen proinflammatorische Zytokine, wie sie bei Th1-mediierten Entzündungskaskaden bekannt sind (TNF-α, IL-1β, IFN-γ, IL-6), eine zentrale Rolle. Die Veränderungen im lokalen Zytokinmilieu triggern zudem eine Vielzahl sekundärer Prozesse (z.B. Neoangiogenese). Dabei wird eine Aktivierung von nichtprofessionellen Immunfunktionen ortständiger Zellen (Keratinozyten, Synoviozyten, Osteoblasten, Fibroblasten, Endothelzellen usw.) bewirkt, die wiederum chemoattraktive Mediatoren (IL-8, MIG, IP-10, TAC) synthetisieren und freisetzen können, um die Migration weiterer Entzündungszellen (z.B. Neutrophile) zu bewirken. Insgesamt lassen sich bei Patienten mit PsA erhöhte Serumspiegel an IgA und IgG nachweisen. Zudem findet sich in der Synovia von betroffenen Gelenken eine erhöhte Anzahl von IgG- und IgApositiven Plasmazellen. Eine Beteiligung humoraler Faktoren wird auch dadurch wahrscheinlich, dass sich im Blut von PsA Patienten vermehrt zirkulierende Immunkomplexe (IgA) nachweisen lassen, deren Quantität mit der Schwere der Erkrankung korreliert. Für osteolytische bzw. osteodestruktive Vorgänge ist die ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 Ätiopathogenese 3 Akkumulation und Aktivierung von Osteoklasten notwendig. Diese entstammen der Monozyten/Makrophagen-Linie und werden als Osteoklastenvorläuferzellen aus dem peripheren Blut rekrutiert. Dabei wird die Reifung der Osteoklasten durch TNF-α gefördert. An der Knochen-Pannus-Grenze sowie subchondral bewirken Osteoklasten dann katabolische Knochenumbauprozesse, die erosive Veränderungen im Rahmen der PsA bewirken. Genetische Disposition Grundlage dieser letztlich immunologischen Fehlfunktionen ist eine genetische Disposition. Die PsA zeigt eine familiäre Häufung. Ca. 12,7% der PsA-Patienten haben eine positive Familienanamnese in der Verwandtschaft 1. Grades und 24% für Psoriasis vulgaris ohne PsA. Offensichtlich unterscheiden sich aber die genetischen Faktoren der PsA von denen der Psoriasis vulgaris zumindest teilweise. Das genetische Modell der PsA legt einen gemeinsamen Genpool mit der Psoriasis vulgaris zugrunde, geht aber weiterhin davon aus, dass zusätzliche genetische Risikofaktoren aktive bzw. protektive Faktoren defizitär sind. Die PsA besitzt im Unterschied zur Psoriasis vulgaris keine Assoziation zu PSORS1 (Chromosom 6p21.3). Vielmehr wurde eine Suszeptibilität zu Regionen auf den Chromosomen 15, 16q und 17q24-q25 (PSORS2) gefunden. Da auf dem Chromosom 6p21 auch die Haupthistokompatibilitätskomplexe (MHC) der Klasse I und II sowie das für TNF-α kodierende Gen (TNFA) lokalisiert sind, wird diesem Chromosom eine besondere Bedeutung für alle Psoriasisvarianten, so auch für die PsA zuerkannt. Bekannterweise liegt für die Psoriasis vulgaris eine hohe Assoziation mit dem HLA-Cw6 Allel vor. Für die PsA gilt dies ebenfalls, allerdings in abgeschwächter Weise. Offensichtlich stellt das Vorhandensein bestimmter Varianten des TNFA Gens (TNFA-308*A; TNFA-Promotor) einen Risikofaktor für die Entwicklung einer erosiven Form der PsA dar, da diese eine erhöhte TNF-α Expression bedingt. Bei den bekannten HLAAssoziationen (HLA-B13, -B17, -B27, -B38, -B39, -Cw6, -DR4, -DR7) ist bei der PsA mit ausschließlichem Befall des Achsenskeletts eine starke Assoziation gegeben, allerdings dennoch schwächer als bei anderen seronegativen Spondarthropathien. Weiterhin sind Assoziationen der PsA zu einem, den ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 4 Ätiopathogenese _____________________________________________________________________________________ Hitzeschockproteinen ähnlichen transmebranösen Protein MICA, einer Variante des „MHC class I chain related gene A“, beschrieben. MICA kann zytotoxische T-Zellen (CD8+αβ T-Zellen) und natürliche Killerzellen aktivieren. Weiterhin wird eine Assoziation der PsA zu Allelen vermutet, die für bestimmte Oberflächenrezeptoren auf natürlichen Killerzellen kodieren, sogenannte inhibierende KIRs (killer cell immunoglobulin-like receptors) vermutet. Exogene Triggerfaktoren Die Heterogenität der PsA hinsichtlich der immunpathogenetischen Situation, der genetischen Disposition und nicht zuletzt der klinischen Varianten können wesentlich durch exogene Triggerfaktoren mitbedingt werden. Dabei kommt offensichtlich mikrobiellen, insbesondere bakteriellen un viralen Infekten sowie mechanischen und metabolischen Faktoren eine besondere Bedeutung zu. Darüber hinaus wird Stress als Triggerfaktor diskutiert. Für die Erstmanifestation der Psoriasis vulgaris ist die Assoziation mit β-hämolysierenden Streptokokken der Gruppe A (M-Proteinpositiv) sowie deren Triggerfunktion bei bestehender Erkrankung bekannt. Bei der PsA wird eine Verschlechterung bei oder nach einem Streptokokken-Infekt deutlich seltener beobachtet. Zudem ist das pathogenetische Modell der Kreuzreaktivität von streptogenem M-Protein und humanem epidermalen Keratin 17 in der Synovia unzutreffend. Die residenten T-Zellen der Synovia zeigen aber eine Reaktivität gegen die als Superantigene wirkenden Exotoxine A und C. Somit könnte auch bei der PsA eine, wenn auch unspezifische, Triggerung durch Streptokokken vorliegen. Eine deutlich stärkere Assoziation findet sich zwischen einer HIVInfektion und der PsA. Bisher ist allerdings weitgehend unklar, ob das „HIV-assoziierte Psoriasissyndrom“ analog zu einer idiopathischen PsA (nicht HIV-infizierter Patienten) verläuft oder ob es sich dabei um eine pathogenetische Sonderform handelt. Hierfür spricht, dass keines der für die idiopathische PsA assoziierten HLA-Allele gehäuft bei HIV-assoziierter PsA zu finden ist. Die für die Psoriasis vulgaris bekannte Triggerung durch definierte ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 Ätiopathogenese 5 Arzneimittel (z.B. β-Blocker, Lithium) mit Ausnahme von Interferon-α besitzt für die PsA keine oder nur eine sehr geringe Bedeutung. Literatur 1. Anandarajah AP. Ritchlin CT: Etanercept in psoriatic arthritis. Expert Opin Biol Ther 2003; 3: 169-177 2. Antoni C. Manger B: Infliximab tor psoriasis and psoriatic arthritis. Clin Exp Rheumatol 2002;20: 5122-5125 3. Balding J et al.: Cytokine gene polymorphisms: association with psoriatic arthritis susceptibility and severity. Arthritis Rheum 2003;48: 1408-1413 4. Barton AC, Bruce IN, Silman AJ: Genetic studies of psoriatic arthritis: dissecting joints and skin. J Rheumatol 2001; 28: 3-5 5. 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Sie ist in der klinischen Ausprägung und dem Krankheitsverlauf (Häufigkeit und Dauer von Krankheitsphasen: Schüben/Exazerbationen) durch endogene und insbesondere exogene Triggerfaktoren (Tab.1) beeinflusst. Diese gilt es, in der individualpathologischen Wertigkeit zu erkennen und im Rahmen eines individuellen und sachgerechten, häufig komplexen Therapiekonzepts zu mindern oder auszuschalten. Die immun-pathogenetische Prägung der Psoriasis vulgaris macht verständlich, dass die Erkrankung zwar ihre klinische Hauptmanifestation an der äußeren Haut (Integument) hat, jedoch eine Allgemeinkrankheit mit den zusätzlichen Schwerpunkten gelenknaher Knochen und Gelenke darstellt. ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 10 Systemerkrankung „Psoriasis“: Haut, Knochen und Gelenke _____________________________________________________________________________________ Tab. 1 Trigger-Faktoren der Psoriasis vulgaris Lokal wirksame Trigger-Faktoren - mechanische Reize - Austrocknung - UV-Exposition (Sonnenbrand) - andere Dermatosen Systemisch wirksame Trigger-Faktoren - Infekte (Streptokokken, HIV) - Medikamente (z.B. Chloroquin, β-Blocker) - Alkoholgenuß - psychischer Stress Die Psoriasis-Klassifikation umfasst neben den erythematosquamösen Varianten (exanthematisch-eruptiver „Guttata“-Typ und chronisch-stationärer „Plaque“-Typ, Abb. 1) auch die schweren Verlaufsformen mit dominierender generalisierter Hautrötung (Erythrodermie), Pustulation (Psoriasis pustulosa) sowie die zeitlich meist versetzte Kombination von chronischer Psoriasis vulgaris der Haut und entzündlicher Affektion von Gelenken mit potentiellen Mutilationen (Psoriasis arthropathica). Welche Phänomene zeigen sich an Knochen und Gelenken bei Psoriatikern? Zunächst ist eine subklinische, also nicht ohne Hilfsmittel erkennbare und auch asymptomatische Knochenbeteiligung häufig. Sie ist ähnlich wie die epidermale Hyperproliferation geprägt durch einen erhöhten gelenknahen fokalen Knochenmetabolismus (ohne strukurelle Nettoveränderung!). Dieser ist in der Spätphase einer Knochenszintigraphie (nach 2-3 h) als sog. Hot spots („Mehranreicherungen“) erfassbar, zeigt darüber hinaus durch charakteristische topographische Verteilungsmuster eine PsoriasisSpezifität (gelenknahe Knochenanteile an Hand- und Fußskelett: distale Interphalangealgelenke (DIP’s) mit Transversal-Muster oder Befall „im Strahl“/Axialmuster). Diese frequente Mitbeteiligung des gelenknahen Knochens ist zumeist klinisch stumm, röntgenologisch nicht erkennbar, auch reversibel. Diese szintigraphisch erfassbaren ossären Aktivitätszonen mit ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 Systemerkrankung „Psoriasis“: Haut, Knochen und Gelenke 11 charakteristischem Befallsmuster sind die Grundlage der Osteoarthropathia psoriatica (2). Die speziellen Gelenkassoziationen legen den Schluß nahe, dass sie zwar zunächst potentiell reversibel, letztlich aber an den lokoregionären entzündlichen Gelenkbeteiligungen pathogenetisch beteiligt sind. Die synoviale Entzündung kann schleichend, rezidivierendschubartig und chronifiziert verlaufen, ähnlich wie die rheumatoide Arthritis (rA) zu Gelenkdeformitäten (Mutilationen) führen und wesentliches Merkmal der Psoriasis arthropathica sein. Eine starke, eher lokale Gelenkentzündung mit starker, äußerst (!) schmerzhafter Schwellung auch der umgebenden, sogar der nicht unmittelbar periartikulären Weichteile bildet die Symptomatik der floriden Psoriasis-Arthritis aus. Charakteristisch ist der sog. Wurstfinger bzw. die Wurstzehe (Dactylitis, sausage digit) mit der ätiologischen Differentialdiagnose einer Borrelien-Infektion. Die eben benannten 3 Termini sind folglich nicht als Synonyme mit weitgehend homologen Sachverhalten zu benutzen. Betont die Osteoarthropathia psoriatica die sehr frequente formalpathogenetische Koinzidenz von lokalisierten zellulären Wachstums- und Aktivitätsvorgängen an Haut und Knochen, die Psoriasis arthropathica sive Arthropathia psoriatica das klinische Krankheitbild mit Haut und entzündlichem destruierendem und charakteristisch lokalisiertem Gelenkbefall, so stellt die Arthritis psoriatica die entzündliche und mit teils ausgedehnter wie langandauernder Weichteilschwellung einhergehende, zumeist stark schmerzhafte Gelenkentzündung heraus. Die psoriatische Daktylitis betrifft Hände und Füße etwa zu 9% in einem großen Kollektiv von Psoriasis arthropathica-Kranken. Nach Schwund der Entzündung kann ein längerer Zustand mit zylinderförmiger schmerzloser Schwellung eines Strahles folgen. Bei Psoriasis-Patienten treten darüber hinaus entzündliche Affektionen am Achsenskelett (Spondarthritis) und an straffen Pseudogelenken (Band/Sehnen-Knochen-Verbindungen) auf (Enthesiopathien). Die psoriatische Osteoarthropathie ist die wichtigste Extrakutanmanifestion, zunächst klinisch weder durch Symptome geprägt, noch röntgenologisch durch ossäre Strukturveränderungen erfassbar. Die Skelettszintigraphie (1, 2) als sehr sensitive und wenig strahlenbelastete Methode ermittelt in der Frühphase ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 12 Systemerkrankung „Psoriasis“: Haut, Knochen und Gelenke _____________________________________________________________________________________ verstärkte fokale Durchblutungen und in der Spätphase (nach 2-3 h) einen klinisch stummen erhöhten fokalen Knochenumbau an polytopen gelenknahen Abschnitten und zwar mit charakteristischem Befallsmuster. Wie häufig dabei und nach welcher Zeit eine Synovitis mit variablem Verlauf (Progression/Remissionen/Exazerbationen) eingeleitet wird, ob die Intensität der Radionuklidanreicherung und das Ausmaß des polytopen Befalls den Schweregrad der Krankheit und die Prognose bestimmen, ist noch unklar. Der entzündlichen Gelenkveränderung geht offenbar ein potentiell reversibler oder langjähriger multi-fokaler gelenknaher verstärkter Metabolismus des Knochengewebes ohne Netto-Zuwachs bzw. -Verlust einher. Derartige Hot-spots in der Knochenszintigraphie sind allgemein häufig, auch von geringer Spezifität und führen offenbar nur teilweise zu einer Synovitis. Dies darf man aus folgenden Häufigkeitsdaten erschließen. Der knochenszintigraphische Nachweis einer so definierten psoriatischen Osteoarthropathie gelingt bei Patienten der Psoriasis vulgaris-Kategorie in immerhin 82% und belegt die nosologische Charakterisierung der Psoriasis vulgaris als Systemerkrankung mit dem dominierenden Befall des leicht visuell erfassbaren Integuments und klinisch nicht erkennbarer fokaler Knochenanteile. Die klinisch manifestierte und/oder radiologisch erfaßte Psoriasis arthropathica, also mit entzündlichem Gelenkbefall, betrifft aber schließlich vergleichsweise „nur“ etwa 10% (Literaturangaben von 7-40%!) aller Psoriasispatienten und ist für 3,5 bis 7% aller chronischer Arthritiden verantwortlich. 19% der „seronegativen chronischen Polyarthritiden“ sind psoriatischer Ätiopathogenese; dabei überwiegt hier das männliche Geschlecht. Bei jedem vierten Mann und jeder siebten Frau mit der Einschätzung einer „chronischen seronegativen Polyarthritis“ liegt eine PsoriasisKrankheit zugrunde. Dagegen ist das Geschlechtsverhältnis aller Psoriasis arthropathica-Patienten ausgeglichen, nur bei der Spondylitis psoriatica überwiegt das männliche Geschlecht. Ein Erkrankungsbeginn vor dem 17. Jahr ist in 4%, nach dem 61. Lebensjahr in 5% ermittelbar. Die kutanen Manifestationen umfassen die Morphen einer chronisch-stationären Psoriasis (Plaque-Typ), einen isolierten Kopfhautbefall, die flexurale und palmoplantare Psoriasis inversa. ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 Systemerkrankung „Psoriasis“: Haut, Knochen und Gelenke 13 Abb. 1 Psoriasis vulgaris vom chronisch-stationären Plaque-Typ. Silbrige Schuppung auf Erythemen, typische Überschreitung der Haaransatzlinie, Befall der Fingerendglieder. Abb. 2 Onychopathia psoriatica (hier: „Krümelnägel“): Klinischer Hinweis auf häufige entzündliche Beteiligung der benachbarten Fingerendgelenke (in 66%!). ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 14 Systemerkrankung „Psoriasis“: Haut, Knochen und Gelenke _____________________________________________________________________________________ Hinzuweisen ist auf die mit 40% hohe Prävalenz einer Onychopathia psoriatica (subunguale Hyperkeratosen, Ölflecke, Onycholysen, Abb. 2) und deren häufige Kombination (2/3 der Fälle) mit charakteristischer entzündlicher Beteiligung der benachbarten Fingerendgelenke (6, 8). Die kutane Erstmanifestation prävaliert mit 67%, der Hautbefall folgt dem Gelenkbefall in 21%, ohne Hautbeteiligung bleiben 6% der diagnostizierten Patienten mit Arthropathia psoriatica. Der Verlauf der Arthropathia psoriatica ist meist langfristig von intermittierend-rezidivierendem („launisch, flüchtig“), weniger von chronisch-persistierendem Verlauf, daher der Gicht ähnelnd („pseudo-guttös“). Schilling und Stadelmann (8) legten auf der Basis von 524 Fällen folgende Klassifikation vor: 1. Arthritis psoriatica sine psoriase 2. Rezidivierende Verlaufsform 3. Chronische Verlaufsform 4. Rheumatoider Typ 5. Spondylopathia (Spondylitis) psoriatica 6,3% 16,6% 37,2% 12,7% 26,1% Der Arthropathia psoriatica-Typ ohne Hautbefall hat eine deutliche familiäre Psoriasis-Belastung, einen dominierenden Fingerendgelenk- und Strahlbefall mit Daktylitis (immerhin in 33%), psoriasistypische röntgenmorphologische Hinweise und Rheumafaktor-Negativität. Auch bei isoliertem Befall der Großzehen ist an eine psoriatische Ätiologie zu denken (10). Der rezidivierende Verlaufstyp ist prognostisch am günstigsten. Auch hier kann eine Daktylitis (8%), insbesondere bei Jugendlichen am Vorfuß, richtungsweisend sein. Der chronische Verlaufstyp ist der häufigste und bietet typologisch die klassische Charakteristik der ansonsten durchaus vielgestaltigen und in der Chronologie instabilen Arthropathia psoriatica. Systemische Entzündungszeichen (BSG-Erhöhung, Anämie) finden sich in 33%, einen positiven Rheumafaktor in 3% (Subtyp: hoher Titer, auch Rheumaknoten möglich, hohes Alter mit später Arthritismanifestation, die aber typisch psoriatisch geprägt ist), eine Fingerendgelenkarthritis in 85% und eine Onychopathia psoriatica in 49% der Fälle. ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 Systemerkrankung „Psoriasis“: Haut, Knochen und Gelenke 15 Der rheumatoide Typ ist eine rheumatoide Arthritis (also ohne psoriatische Charakteristik) mit Psoriasis vulgaris der Haut. Der Spondylitis-Typ (Befall des Achsenskeletts) kann mit und ohne Extremitätenarthritis verlaufen. 25% der Fälle mit peripherer Psoriasis-Arthropathie zeigen eine seronegative Spondarthritis mit Gelenkbefall an der Wirbelsäule (röntgenologisch: Syndesmophyten, paraspinale Ossifikationen) und/oder den Ileosakralgelenken. Dabei ist der Gelenkumbau schmerzlos oder schmerzarm, auch deutlich weniger versteifend als die Spondylitis ankylosans (Bechterew). Die Enthesiopathien sind entzündliche schmerzhafte Prozesse an Band/Sehnen-Knochenverbindungen (ossifizierende Fibrostitis) und betreffen die Ferse (Tendoostitis achillea et plantaris), aber auch das Becken. Genetische epidemiologische Studien zeigen genomische überlappenden Regionen der Suszeptibilität (im und außerhalb des MHC) für die Psoriasis vulgaris und die Arthropathia psoriatica. Neuere Erkennisse zur psoriatischen und rheumatoiden Synovitis mit den Folgen eines lokalen Knochenabbaus durch aktivierte Osteoklasten dokumentieren die dominierende Rolle des pleiotropen Zytokins TNF-alpha (4, 5). Welche Psoriasis-verwandte Gelenkbeteiligungen gibt es? Erkrankungen mit 1. Morbus Reiter: Hier sind dermatologisch als häufig konstantes Merkmal die Balanitis circinata (Fehleinschätzung als CandidaBalanitis; sehr charakteristische Histologie wie „pustulöse Psoriasis“), aber auch das psoriasis-ähnliche Keratoderma blenorrhagicum an den Plantarflächen (DD: chronisches Fußekzem, Psoriasis inversa) zu nennen. Die Krankheit betrifft fast ausschließlich Männer (97%), hat mit 80% eine hohe HLA-B-27Assoziation, zeigt sich rheumatologisch (9) als zumeist mikrobiell getriggerte reaktive Polyarthritis (65%), seltener als Oligo-(29%) oder Monarthritis (6%). Typisch sind die eher schmerzhafte Ileosakralarthritis und der röntgenologischen Nachweis von focksegelartigen Syndesmophyten an der Wirbelsäule. Die entzündlichen Gelenkprozesse zeigen einen zumeist chronischen ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 16 Systemerkrankung „Psoriasis“: Haut, Knochen und Gelenke _____________________________________________________________________________________ Krankheitsgang (59%), akute und zeitlich limitierte Ereignisse sind in 23% der Fälle offenkundig, ein rezidivierender Verlauf in 18%. 2. Acrodermatitis continua suppurativa (Hallopeau).Es handelt sich um eine seltene typisch akrodigital lokalisierte Dermatose mit sterilen Pusteln, die typischerweise zu Eiterseen konfluieren. Neben dem typischen mutilierenden Typ gibt es die maligne-progressive Verlaufsform, auch abortive Fälle. Grundsätzlich ist der Erkrankung eine fortschreitende Weichteilatrophie mit Mutilationen und Gelenkfixierung (Halbbeugestellung) zu Eigen. 3. Pustulosis palmaris et plantaris Es handelt sich um eine ungemein chronische, ziemlich therapieresistente („hartnäckig“/engl. recalcitrant) sterile Pustulose an Palmoplantarflächen (3). Die dortige Verteilung von Pusteln unterschiedlicher Bestandsdauer auf lachsroten Erythemen ist charakteristisch: an den Handinnenflächen auf Thenar und Hypothenar (V-förmig) beschränkt sowie an den Fußsohlen zunächst im Hohlfußbereich, dann nach medial und zur Ferse hin voranschreitend. Die Entität ist in 30% kombiniert mit einer zumeist gering ausgeprägten oder anamnestisch erfassbaren, anderortig manifestierten Psoriasis vulgaris, deshalb früher auch als pustulöse regionalisierte Variante einer Psoriasis pustulosa (Typ Königsbeck-Barber) eingeschätzt worden. Provokations- und Erhaltungsfaktoren sind das Rauchen (!!), chronische entzündliche Foci, auch Schilddrüsenfunktionsstörungen. Rheumatologisch sind bei dieser Erkrankung eine sternokostoklavikuläre Hyperostose, auch eine am Sternum etablierte, mit druckschmerzhaften Schwellungen verbundene Enthesiopathie („Anterior chest wall syndrome“), auch eine Arthro-Osteitis der Wirbelsäule (hyperostotisch modifiziert der Spondylitis ankylosans ähnlich) bekannt. Welche Besonderheiten bietet das Kindesalter? Eine Arthropathia psoriatica ist im Kindesalter selten (7), macht nur 4% einer vor dem 16. Lebensjahr entwickelten juvenilen chronischen Arthritis aus. Rheumatologisch fehlt das ansonsten typische Befallsmuster im Strahl, meist sind die Knie- und ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 Systemerkrankung „Psoriasis“: Haut, Knochen und Gelenke 17 Sprunggelenke betroffen, seltener Finger-, Hand- und Ellbogengelenke. Das Ausmaß ist in 57 % mono- und oligoartikulär, in 42% polyartikulär. Der nosologische Zusammenhang mit der Schuppenflechte erschließt sich hier mehr über typische Hautveränderungen, insbesondere die Onychopathia psoriatica (maximal als „Krümelnägel“). Ohne klinische Zeichen an Haut und Nägel bleibt im Einzelfall die Einordung zunächst vage. Gibt es eine Assoziation von Psoriasis mit einer rheumatoiden Arthritis? Ja, siehe Klassifikation der Arthropathia psoriatica, rheumatoider Typ. Die Gelenkmanifestation ist dabei von der rA bestimmt. Die Psoriasis arthropathica (Dermatologie!), synonym die Arthropathia psoriatica (Rheumatologie!) ist dagegen eine „von der Schuppenflechte der Haut geprägte Form des chronischen Rheumafaktor-negativen polyarthritischen Syndroms“ (8) und gegenüber der rheumatoiden Arthritis von typischer Eigenständigkeit. Dabei bietet sich ein breites Spektrum von Manifestations- und Verlaufsmöglichkeiten, auch nicht sicher einzuordnende Randfälle. Im Allgemeinen lässt sich eine rheumatoide Arthritis (Prävalenz ca. 1%) durch den meist proximalen Befall am Handskelett (proximale Interphalangealgelenke, Metacarpophalangealgelenke) von der Arthropathia psoriatica (distale Interphalangealgelenke) und andere benannte Details (Sakroilialkalgelenkbeteiligung bei Psoriasis, 75% Positivität des Rheumafaktors bei rA, Symmetrie der Polyarthritis bei Psoriasis meist erst in Spätstadien u.a.m.) abgrenzen (6, 8). Die Erkennung der differenzierenden Befallsmuster ist mit der ansonsten wenig spezifischen Knochenszintigraphie (Früh- und Spätphase) sehr gut möglich und Basis weiterer gezielter Untersuchungen (Rötgen, MRT). Die Erkennung der in Klinik und Verlauf variantenreichen Arthropathia psoriatica gelinkt durch die Beachtung der knochenszintigraphisch erfassten Befallsmuster, der digitalen Betonung und häufigen Beteiligung des Achsenskeletts (Spondylitis), der anfänglichen Asymmetrie, der häufigen Präsenz ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 18 Systemerkrankung „Psoriasis“: Haut, Knochen und Gelenke _____________________________________________________________________________________ einer Daktylitis und Onychopathia psoriatica und den nur seltenen (ca. 1%) Nachweis des Rheumafaktors (Seronegativität). Literatur 1. Altmeyer P, Holzmann H, Buhles N, Hör G (1987) Die Skelettszintigraphie bei Erkrankungen des psoriatischen Formenkreises. Hautarzt 38:664-669 2. Holzmann H, Altmeyer P, Sollberg S, Hör G (1987) Nuklearmedizinische Befunde der Psoriasis. In: Dermatologie und Rheuma (Hrsg. Holzmann H, Altmeyer P,Marsch WCh, Vogel HG), Springer, Berlin-Heidelberg-New York, S 157-170 3. Marsch WCh, Wolter M (1989) Palmoplantare Pustulosen. In: Handsymposium. Dermatologische Erkrankungen der Hände und Füße (Hrsg. Altmeyer P, Schultz-Ehrenburg U, Luther H), Editiones Roche, Basel, S 51-63 4. Mease PJ (2002) Etanacept: a new era in the treatment of psoriatic arthritis. Am J Manag Care 8:S181-S193 5. Mease P, Goffe BS (2005) Diagnosis and treatment of psoriatic arthritis. J Am Acad Dermatol 52:1-19 6. Miehle W (2003) Arthritis psoriatika. 3. Aufl., Rheumamed Verlag, Samerberg. 7. Sänger L (1986) Arthritis psoriatica im Kindesalter. In: Arthritis und Spondylitis psoriatica (Hrsg. Schilling F), Steinkopff, Darmstadt, S 103-117 8. Schilling F, Stadelmann ML (1986) Definition und Nosologie. Typeneinteilung und klinisches Bild der Arthritis und Spondylitis psoriatica. In: Arthritis und Spondylitis psoriatica (Hrsg. Schilling F), Steinkopff, Darmstadt, S 1-21 9. Schilling F (1987) Rheumatologische Befunde bei seronegativen Spondarthritiden. In: Dermatologie und Rheuma (Hrsg. Holzmann H, Altmeyer P, Marsch WCh, Vogel HG), Springer, Berlin-Heidelberg-New York, S 182-201 10. Ziemer A, Heider M, Göring HD (1998) Psoriasiforme Onychopachydermoperiostitis der Großzehen, Das OP3GOSyndrom. Hautarzt 49:859-862 ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 Bildgebende Diagnostik 19 * Bildgebende Diagnostik A. Herrmann1, G. Keyßer2 1 Universitätsklinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie, Zentrum für Innere Medizin, Universitätsklinik und Poliklinik für Innere Medizin I, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 2 Einführung Verteilungsmuster Konventionelles Röntgen Skelettszintigraphie Magnetresonanztomographie Computertomographie Arthrosonographie Praktisches Vorgehen Literaturverzeichnis 19 20 21 27 28 29 29 30 30 Einführung Bis zu 40% der Patienten mit Psoriasis leiden an Arthralgien. Etwa 7-10% dieser Patienten entwickeln eine klinische und/oder radiologisch nachweisbare Arthritis (7). Die Prävalenz der Psoriasisarthritis in der Gesamtbevölkerung beträgt 0,1%. Sie ist damit deutlich seltener als die Rheumatoide Arthritis (RA) mit einer Prävalenz von ca. 1%. Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen. Das mittlere Erkrankungsalter liegt zwischen dem 30. und 55. Lebensjahr. Die Arthritiden entstehen bei 70% aller Patienten nach der Erstmanifestation der Psoriasis, bei je 15% treten Psoriasis und Arthritis gleichzeitig auf bzw. gehen die Arthritiden dem Hautbefall voraus. Die Arthritiden sind insgesamt meist schmerzärmer als bei der Rheumatoiden Arthritis oder bei der Spondylitis ankylosans. Wir danken Frau Prof. Dr. Mende (Direktorin der Universitätsklinik und Poliklinik für Nuklearmedizin der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) und Herrn Prof. Dr. Spielmann (Direktor der Universitätsklinik und Poliklinik für Diagnostische Radiologie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) für die Überlassung der skelettszintigraphischen und radiologischen Aufnahmen. * ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 20 Bildgebende Diagnostik _____________________________________________________________________________________ Verteilungsmuster Von der Psoriasisarthritis sind in den Anfangsstadien oft nur wenige Gelenke in asymmetrischer Verteilung betroffen. Selten ist der Beginn polyartikulär symmetrisch. Nach Marsal (1999) unterscheidet man zwei Befallsmuster (5): 1. Periphere Gelenkbeteiligung ohne Veränderungen des Achselskeletts (71%) 2. Axiales Muster mit oder ohne Beteiligung peripherer Gelenke (29%) Die iliosakrale Arthritis bleibt lange unilateral (im Gegensatz zur Spondylitis ankylosans). Eine weitere Klassifikation des peripheren Gelenkbefalls (Gelenkbefall wie bei der Rheumatoiden Arthritis, isolierter Befall der distalen Interphalangealgelenke, mutilierende Arthritis) ist wegen des Übergangs leichterer in schwerere Formen im Verlauf nicht sinnvoll (5). Ein typisches klinisches Merkmal der Psoriasisarthritis ist die Regellosigkeit des Befallsmusters. Andere Charakteristika treten häufig auf, kommen jedoch auch bei anderen entzündlichen Gelenkerkrankungen auf (Tab. 1). Tab. 1 Charakteristische Zeichen der Psoriasisarthritis können auch bei anderen entzündlichen Gelenkerkrankungen auftreten Klinisches Merkmal Befall der distalen Interphalangealgelenke (DIP) Daktylitis (Entzündung gesamter Finger / Zehen) Enthesitis (Entzündung an den Sehnenansätzen) Befall der oberen HWS Befall der Iliosakralgelenke Vorkommen auch bei … Hochaktiver Rheumatoider Arthritis Reaktiver Arthritis Spondylitis ankylosans (M. Bechterew) Rheumatoider Arthritis Spondylitis ankylosans (M. Bechterew) Klassisch für alle Manifestationen der Arthritis psoriatika ist ein Nebeneinander von Knochenan- und –abbauvorgängen (6). ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 Bildgebende Diagnostik 21 Konventionelles Röntgen Mit Hilfe des konventionellen Röntgen lassen sich manifeste Veränderungen an den Gelenken darstellen. In den Frühphasen der Erkrankung können die klassischen radiologischen Zeichen fehlen. Diese Frühstadien lassen sich mittels Skelettszintigraphie und MRT besser diagnostizieren. Frühe Zeichen Hände / Füße: Im Rahmen einer akuten Arthritis kann man Weichteilschwellungen (Daktylitis) beobachten. Die Frühdiagnose knöcherner Veränderungen ist eine Lupendiagnose. An den Stellen des Kapselansatzes an den distalen Phalangen entstehen osteophytische Proliferationen. Das sind kleinste Knochenappositionen und Periostproliferationen, die zu periostalen Knochenanlagerungen an Phalangenseiten, köpfen und –basen führen (s.g. „Möwenflügelzeichen“) und bei stärkerer Ausprägung als Protuberanzen, „Wollkragen“ und „Mausohren“ sichtbar werden. Eine Gelenkspaltverschmälerung durch Knorpelverlust lässt sich besonders an den DIP´s nachweisen (Abb. 1). Scarpa (2004) fand in einer größeren Untersuchung keine Assoziation zwischen Nagelveränderungen und Arthritis in DIP´s. Unabhängig von der Arthritis in den DIP´s zeigen Patienten mit Nagelveränderungen jedoch mehr Knochenveränderungen in der distalen Phalanx. (minimale Erosionen, Knochenresorptionen und/oder Osteitis). Unscharfe Erosionen und Pseudozysten an der Phalangenbasis sind erste Zeichen einer Knochendestruktion und besonders am Großzehengrundgelenk typisch. Diese Zeichen können durch eine parallel vorliegende Osteoporose verschleiert sein. Gleichzeitig finden sich Zeichen der Knochenreparation, z.B. Knochenanbau an Sesambeinen des entzündeten Daumengrundgelenkes oder eine Verdickung der Phalangen im Sinne von Kolbenphalangen. Subluxationen sind typisch. ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 22 Bildgebende Diagnostik _____________________________________________________________________________________ 3 2 2 1 A Abb. 1 2 4 B Röntgenaufnahme der rechten Hand eines Patienten mit Psoriasisarthritis im Spätstadium (A); im Vergleich das entsprechende klinische Bild (B) 1 = PIP II mit Erosionen, Neoproliferationen und Subluxation 2 = PIP III – V Deutliche Höhenminderung des Gelenkspaltes mit nahezu kompletter Durchbauung, Nebeneinander von Erosionen und Proliferationen, Ausbildung von Protuberanzen am Rand 3 = Proximale Phalanx III mit Neoproliferationen (Protuberanzen), s.g. Mövenflügelzeichen 4 = Proc. styloideus radii mit irregulären ossären Anbauten nach radial Große Gelenke: An proximalen stammnahen Gelenken Veränderungen selten. Charakteristische Psoriasisarthritis gibt es hier nicht. sind proliferative Zeichen für die ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 Bildgebende Diagnostik 23 Wirbelsäule / Iliosakralgelenke: Eine Iliosakralarthritis beginnt oft unilateral (Abb. 2) und wird erst nach einem längeren Zeitraum bilateral. Radiologisch imponiert das bunte Bild einer ISG-Arthritis (s.u.). Späte Zeichen In späteren Stadien der Psoriasisarthritis kommen zunehmend Destruktionen und Mutilationen zur Darstellung. Auch hier existieren für die Psoriasisarthritis typische Merkmale. 1 2 Abb. 2 Beckenübersichtsaufnahme eines Patienten mit Psoriasisarthritis 1 = Einseitige Sakroiliitis links mit subchondrale iliakale Verdichtungen 2 = An der Symphysis pubica: Symphysitis mit Erosionen und Sklerosierungen Hände / Füße: In späteren Stadien der Psoriasisarthritis können sich regellose Deviationen mit totaler und subtotaler Luxation der Phalangen finden (Abb. 1). Die typische Ulnardeviation der Langfinger bei RA ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 24 Bildgebende Diagnostik _____________________________________________________________________________________ fehlt bei der Psoriasisarthritis. Durch Akroosteolysen mit Resorption der Epiphysen / Nagelfortsätze können die distalen Enden der Phalangen zugespitzt erscheinen, so dass diese in andere Phalangen einbrechen können (Pencil-to-pencil- oder Pencil-in-cupPhänomen). Auch spontane knöcherne Ankylosen sind zu beobachten. Der Gelenkspalt kann durch Interposition von Bindegewebe weit oder durch Verlust von Knorpelsubstanz verschmälert sein. Enthesitiden, d.h. Reaktion zwischen Sehnen und Knochen sind gehäuft bei Patienten mit Psoriasisarthritis zu beobachten. Es kommt hierbei zu einer Verknöcherung von Sehnen und/oder zur Fibrosierung des Knochens (bes. am Calcaneus). Im Gegensatz zur RA ist bei der Psoriasisarthritis der Mineralgehalt der Knochen im Allgemeinen erhalten. Während schwerer Entzündungen ist jedoch eine periartikuläre Osteopenie möglich. Erst in Spätphasen kommt es zu einer generalisierten Osteopenie. Gelegentlich finden sich Zeichen einer Osteosklerose. Abb. 3 Parasyndesmophyten an der LWS Große Gelenke: Die knöchernen Manifestationen an den großen Gelenken sind röntgenologisch nicht von den Veränderungen bei einer ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 Bildgebende Diagnostik 25 Rheumatoiden Arthritis zu unterscheiden. Seltener sieht man jedoch eine gelenknahe bandförmige Osteoporose, denn bei der Psoriasisarthritis wird diese durch lange Remissionen und Periostproliferationen maskiert. An den Temporomandibulargelenken finden sich z.T. Erosionen und Usuren. Wirbelsäule / Iliosakralgelenke: In den Spätstadien des Wirbelsäulenbefalls sieht man bei der Psoriasisarthritis eine diffuse Osteopenie, selten Kastenwirbelbildungen. Arthritiden der Intervertebralgelenke betreffen vor allem die Halswirbelsäule. Bandscheiben können verschmälert sein. Nahezu pathognomonisch sind paravertebrale Verknöcherungen „Focksegel“-artige Parasyndesmophyten (Abb. 3). Sie sind vor allem an der unteren BWS und oberen LWS in asymmetrischer Verteilung zu finden. Parasyndesmophyten treten solitär oder gemeinsam mit Syndesmophyten auf. Parasyndesmophyten sind meist fein konvex nach innen geschwungen (stierhornförmig), gelegentlich sind sie jedoch auch klobig breit ausgebildet. Wenn die Bandverknöcherungen vom Wirbelkörper ausgehen, verlaufen sie im Allgemeinen ein kurzes Stück waagerecht, und knicken dann nach vertikal ab und verlaufen parallel zur Wirbelsäule, als ob sie am benachbarten Wirbelkörper vorbei wachsen wollten („Osteophyten“). Gelegentlich scheint der Ausgangspunkt nicht der Knochen zu sein, so dass man hier einen unmineralisierten Spalt zwischen Wirbelkörper und Parasyndesmophyt sehen kann. Besonders gut sieht man Parasyndesmophyten auf ap-Aufnahmen der BWS/ LWS oder seitlichen Aufnahmen der HWS. An der Halswirbelsäule findet man gehäuft atlantodentale Subluxationen. Selten sind auch laterale Subluxationen C1/C2 möglich. Typisch, und von den Erosionen bei der RA klar unterscheidbar, sind Zeichen des Knochenanbaus („Crowned odontoid“ am Dens axis) oder hyperostotische Reaktionen am Atlas (3). Bei der Diagnostik von HWS-Manifestationen ist die MRT unverzichtbar, da es Impressionen des Rückenmarks sowie die Pannusbildung zeigen kann. An den Iliosakralgelenken manifestiert sich die Psoriasisarthritis mit dem so genannten „bunten Bild“ mit Zeichen der Sklerose als subchondrale iliakale Verdichtungen und Kapselossifikationen ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 26 Bildgebende Diagnostik _____________________________________________________________________________________ sowie Zeichen der Knochenresorption mit subchondralen Erosionen und Pseudogelenkspalterweiterungen (Abb. 2). Partielle Ankylosen an beiden Iliosakralgelenken sind typisch. Diese radiologischen Veränderungen unterscheiden sich nicht von denen bei HLA B27 assoziierten seronegativen Spondarthritiden (Spondylitis ankylosans, Reiter-Syndrom, Sakroiliitis enteropathica). Abb. 4 CT des Atlanto-Axial-Gelenkes mit Zeichen des Knochenanbaus („Crowned odontoid“ am Dens axis) Enthesitiden (Reaktion zwischen Sehnen und Knochen) sind auch an der Tuberositas ischiadica gehäuft bei Patienten mit Psoriasisarthritis zu beobachten. ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 Bildgebende Diagnostik 27 Skelettszintigraphie Zur Beurteilung des Gelenkstatus bei einer Psoriasisarthritis wird häufig eine Drei- oder Zweiphasenskelettszintigraphie mit 550 MBq 99mTc-Phosphonatkomplex durchgeführt. Nach intravenöser Applikation wird dieses Radiopharmakon über Phosphorgruppen an das Kalzium des Hydroxylapatitis der Knochenoberfläche gebunden. Die Anreicherungsrate ist abhängig von der Durchblutung. Da im Rahmen von Gelenkentzündungen die Durchblutung verstärkt ist, kommt es hier zu einer vermehrten Radioaktivitätsanreicherung, welche mittels Gammakamera aufgezeichnet werden kann. Frühaufnahmen (sofort nach Injektion des Radiopharmakons) zeigen die urchblutungsbedingte Nuklidanreicherung an. Damit kann in Zielgebieten (vor allem der Hände und der Füße) die gelenknahe Durchblutung beurteilt werden. In Spätaufnahmen 2-3 Stunden nach der Injektion werden Knochenumbauzonen (neu gebildetes Kollagen mit geringeren Quervernetzungen) vermehrt nachgewiesen (2). Auch Enthesitiden und eine Daktylitis (Abb. 5) werden durch die Szintigraphie sichtbar gemacht. A Abb. 5 li re B li re Zweiphasenskelettszintigraphie (Ganzkörper) mit 541 MBq 99mTc-MDP, Früh- (A) und Spätphase (B) (Ausschnitt) In beiden Phasen zeigt sich das typische regellose Befallsmuster mit pathologischen Mehranreicherungen im Interphalangealgelenk des Daumens links sowie in den Fingergrundgelenken, PIP´s und DIP´s III links. Die Konstellation im Digitus IV rechts entspricht einer Daktylitis. ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 28 Bildgebende Diagnostik _____________________________________________________________________________________ Allerdings ist die Anreicherung der 99mTc-Phosphonatkomplexe unspezifisch und ergibt keine Aussage über die Ätiologie der Erkrankung. So ist keine Unterscheidung zwischen den einzelnen Arthritiden, funktionell-metabolischen und degenerativen Störungen oder gar malignen ossären Tumoren möglich. Die geringe Spezifität der Untersuchung trifft besonders für die Beurteilung der Iliosakralgelenke zu. Hier können pathologische Mehranreicherungen bereits durch Beinlängenunterschiede, Skoliosen u. a. ausgelöst werden, so dass die Szintigraphie für die Diagnostik einer ISG-Arthritis nicht geeignet ist. Eine Beurteilung der Ergebnisse der Skelettszintigraphie ist daher nur im Zusammenhang mit dem klinischen Beschwerdebild und dem konventionellen Röntgen sinnvoll. Nach einer Skelettszintigraphie sind dann gezielte Röntgenaufnahmen möglich. Magnetresonanztomographie Die Magnetresonanztomographie (MRT) derzeit die sensitivste bildgebende Methode zur Frühdiagnostik von Gelenkentzündungen zu sein. Eine direkte Beurteilung von Gelenkknorpel, Synovialis und subchondralem Knochen ist durch die MRT möglich (4). Subchondrale fokale Herde, eine Distension der Gelenkkapsel und periartikuläre Ödeme lassen sich darstellen. Damit ist eine Detektion eines Gelenkbefalls im Rahmen der Psoriasisarthritis vor klinischen und radiologischen Zeichen möglich (8). Bei HWSManifestationen ist die MRT unverzichtbar, da hierdurch Impressionen des Rückenmarks sowie die Pannusbildung gezeigt werden kann. Sinnvoll ist diese Untersuchungen auch bei Verdacht auf extraartikuläre Manifestationen der Psoriasisarthritis, insbesondere bei Befall der Ligamenta interossea der Sakroiliakalgelenke (im Spatium retroaurikulare): Die T1-Wichtung ist diffus signalarm (Anstieg nach Applikation von Gadolinium) und die STIRWichtung ist hyperintens. Auch bei einer anderen pelvinen Enthesitis (z.B. am Sitzbeinhöcker, an der Spina iliaca anterior superior oder den Trochanteren) ist die T1 Wichtung hypo- und die STIR im Sinne einer Osteiitis hyperintens. Bei einer Enthesitis am Calcaneus kann man in der T1 eine Verdickung plantar nachweisen. Die STIR ist bei der Achillobursitis hyperintens. ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 Bildgebende Diagnostik 29 Kollateralbandverdickungen, periartikuläre Weichteilödeme, Daktylitiden oder Tenosynovialitiden können durch eine MRT ebenfalls nachgewiesen werden. Entzündungen an knorpeligen Knochenverbindungen (Synchondrosen) z.B. an der Symphysis pubica zeichnen sich durch eine Signalvermehrung im Discus interpubicus und an angrenzenden knöchernen Anteilen der Schambeine aus. Am Sternum (insbesondere an der Syndesmose zwischen Corpus und Manubrium sterni) findet sich bei Patienten mit einem „anterior chest wall“-Syndrom auf T2 gewichteten Aufnahmen eine Signalvermehrung (= Hyperintensität). Computertomographie Computertomographien bieten in der Beurteilung von Frühmanifestationen an den Iliosakralgelenken Vorteile. Schon sehr zeitig lassen sich im Knochenfenster kleinste knöcherne Erosionen, subchondrale Sklerosen und/oder initiale Knospenbildungen nachweisen. Synchondrosen (z.B. an der Symphyse oder am Sternum) können frühzeitig mit der CT detektiert werden. Bei einer akuten Entzündung ist eine Mehranreicherung an Kontrastmittel sichtbar. Bei Manifestationen der Psoriasisarthritis an der Halswirbelsäule lassen sich knöcherne Anbauten z.B. am Atlas oder am Dens axis (Abb. 4) frühzeitig feststellen. Arthrosonographie Die Ultraschalluntersuchung großer und kleiner Gelenke ist hilfreich beim Nachweis periartikulärer Prozesse, z.B. von Tenosynovialitiden, Bursitiden, Enthesitiden, Zysten und Gelenkergüssen sowie zur Unterstützung von Gelenkspunktionen (1). Sehr sensitiv kann eine generalisierte Synovialisverdickung in frühen Erkrankungsstadien detektiert werden, insbesondere bei noch unauffälligem radiologischem Befund. Bei Befall der Zehen und Sprunggelenke im Rahmen der Psoriasisarthritis eignet sich die Arthrosonographie vor allem zur Beurteilung der Weichteile (1). ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 30 Bildgebende Diagnostik _____________________________________________________________________________________ Praktisches Vorgehen Patienten mit einer Psoriasis sind stets nach Gelenksymptomen zu fragen. Entscheidend ist dabei die klinische Differenzierung nach Arthritis (mit allen Zeichen einer Entzündung: Rötung, Schwellung, Überwärmung, Schmerz und Bewegungseinschränkung) und Arthralgien. Bei peripherem Gelenkbefallsmuster ist in Frühphasen ohne Mutilationen eine Knochenszintigraphie sinnvoll. Dies gilt vor allem dann, wenn ein als schmerzhaft angegebenes Gelenk keinen objektiven klinischen Befund erkennen lässt. Bei pathologischer Mehrbelegung können gezielte Röntgenaufnahmen zur Detektion klassischer radiologischer Zeichen der Psoriasisarthritis veranlasst werden. Bei überwiegenden Beschwerden im Bereich des Achsenskeletts/der Iliosakralgelenke ist in Frühphasen eine CT oder MRT zur Detektion von ersten Knochenumbauprozessen sinnvoll. Aufgrund der fehlenden Strahlenbelastung ist der MRT der Vorzug zu geben. Durch Röntgenaufnahmen der unteren BWS / oberen LWS lassen sich die typischen Parasyndesmophyten nachweisen. Sind bereits Mutilationen eingetreten, ist die Wiederholung konventioneller Röntgenaufnahmen nach 1-2 Jahren sinnvoll, um einen Progress / einen Stillstand der Erkrankung unter der Therapie beurteilen zu können. Literatur 1. Galluzzo E, Lischi DM, Taglione E, Lombardini F, Pasero G, Perri G, Riente: Sonographic analysis of the ankle in patients with psoriatic arthritis. Scand J Rheumatol (2000) 29:52-55 2. Holzmann H, Krause BJ, Kaltwasser JP, Werner RJ: Psoriatische Osteoarthropathie und Skelettszintigraphie. Hautarzt (1996) 47: 427-431 3. Jenkinson T, Armas J, Evison G, Cohen M, Lovell C, McHugh NJ: The cervical spine in psoriatic arthritis: a clinical and radiological study. Br J Rheumatol (1994) 33:255-259 4. Luong AA, Salonen DC: Imaging of the seronegative spondyloarthropathies. Curr Rheumatol Rep (2000)2:288-296 ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 Bildgebende Diagnostik 31 5. Marsal S, Armadans-Gil L, Martinez M, Gallardo D, Ribera A, Lience E: Clinical, radiographic and HLA associations as markers for different patterns of psoriatic arthritis. Rheumatology (1999) 38:332-337 6. Mease P, Goffe BS: Diagnosis and treatment of psoriatic arthritis. J Am Acad Dermatol (2005) 52:1-19 7. Miehle W: Arthritis psoriatika. Rheumamed-Verlag 2003, S. 43-51 8. Offidani A, Cellini A, Valeri G, Giovagnoni A: Subclinical joint involvement in psoriasis: magnetic resonance imaging and X-ray findings. Acta Derm Venereol (1998) 78: 463-465 9. Zünkler B, Röber J: Klinisches Frühscreening der Psoriasisarthropathie. Z Orthop (2000) 138: 360-368 ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 32 Differentialdiagnosen _____________________________________________________________________________________ Differentialdiagnosen B. Kreft Universitätsklinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Einführung Psoriasis-Arthritis Rheumatoide Arthritis Osteoarthritis (aktivierte Arthrose) Infektarthritis (septische Arthritis) Reaktive Arthritis Reaktive Arthritis bei M. Reiter Lyme-Arthritis Ankylosierende Spondylarthritis (M. Bechterew) Arthritis bei Kollagenose Kristall-induzierte Arthritis Arthritis urica Literaturverzeichnis 32 33 34 36 38 41 42 43 45 46 47 48 49 Einführung Bei der Arthritis handelt es sich um einen Beschwerdekomplex, der insbesondere in der allgemeinärztlichen Praxis von Bedeutung ist, aber auch bei Erkrankungsbildern verschiedener medizinischer Fachdiziplinen wie z.B. der Inneren Medizin, der Orthopädie und der Dermatologie auftritt. Der Begriff der „Arthritis“ ist eine Sammelbezeichnung für entzündliche Gelenk-Affektionen, wobei ätiologisch ganz unterschiedliche Erkrankungen zu Grunde liegen können. Ist von der Entzündung nur ein Gelenk betroffen, so verwendet man den Begriff der „Monarthritis“. Ein Befall weniger Gelenke (< 5) wird als „Oligoarthritis“ bezeichnet. Kommt es zu entzündlichen Veränderungen an 5 oder mehr Gelenken, spricht man von einer „Polyarthritis“. Klinisch stehen Schmerzen, Schwellung, Überwärmung und bisweilen auch eine Bewegungseinschränkung des entsprechenden Gelenkes im ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 Differentialdiagnosen 33 Vordergrund. Gelegentlich werden auch Rötung, Erguss und (insbesondere auch bei bakterieller Genese) eine Empyembildung beobachtet. Bei chronischem Verlauf entzündlicher Gelenkerkrankungen kann es zu Destruktionen und Fehlstellungen der Gelenke kommen. Um eventuelle Folgeschäden zu verhindern, sollte eine akute Arthritis immer rasch erkannt und diagnostisch abgeklärt werden. Im Folgenden soll auf die wichtigsten und häufigsten Ursachen entzündlicher Gelenkerkrankungen eingegangen werden. Psoriasis-Arthritis Bei der Psoriasis-Arthritis handelt es sich um eine seronegative Spondarthritis, von der etwa 5 bis 8 % aller Psoriasis-Patienten betroffen sind. Hinweisend für eine erbliche Disposition ist der Nachweis von HLA B27. Klinisch besteht oftmals eine Morgensteifigkeit einzelner, asymmetrisch verteilter Gelenke verbunden mit einem Anlaufschmerz bei Bewegung. Die Beschwerdesymptomatik bessert sich häufig bei zunehmender Bewegung (1). Klinische Leitsymptome des psoriatischen Gelenkbefalls sind entzündliche Schwellung und Rötung des bzw. der befallenen Gelenke (2). Prinzipiell kann, insbesondere bei Erstmanifestation, die PsoriasisArthritis drei unterschiedliche Befallsmuster zeigen (1): 1. 2. 3. Befall kleiner Gelenke an Händen und Füßen Befall großer Gelenke an den Extremitäten Befall von Achsenskelett und Iliosakralgelenken. Dabei besteht eine Neigung zu asymmetrischem Gelenkbefall. Im Gegensatz zur rheumatoiden Arthritis (Befall der proximalen Interphalangealgelenke) sind typischerweise die distalen Interphalangealgelenke (Fingerendgelenke) betroffen. Wichtig ist hier allerdings die Abgrenzung zur Arthrose (z.B. HeberdenArthrose), bei der ja auch bevorzugt die distalen Interphalangealgelenke in den Krankheitsprozess miteinbezogen sind. Prinzipiell kann aber bei der Psoriasis-Arthritis jedes Gelenk befallen werden. Dabei kann sowohl eine Oligoarthritis (Befall von weniger als 5 Gelenken) als auch eine Polyarthritis (Befall von 5 ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 34 Differentialdiagnosen _____________________________________________________________________________________ oder mehr Gelenken) bestehen. Klinisch kann eine Frühmanifestation einer Psoriasis-Arthritis differenzialdiagnostische Schwierigkeiten bereiten in der Abgrenzung zur Osteoarthritis, insbesondere dann, wenn auffällige Laborbefunde fehlen und charakteristische Röntgenbefunde noch nicht nachweisbar sind. Gleichzeitiger Nachweis Psoriasis-typischer Nagelveränderungen ist jedoch oftmals richtungsweisend für eine Psoriasis-Arthritis. Neben dem Befall der distalen Interphalangealgelenke kann es auch zu einer Daktylitis an Händen und Füßen kommen. Bei einer Daktylitis ist ein ganzer Finger oder eine Zehe im Strahl entzündlich geschwollen. Hierfür wird umgangssprachlich gelegentlich auch der Begriff des „psoriatischen Wurstfingers“ verwendet. Zwar weniger häufig, aber prinzipiell möglich, sind Knochendestruktionen und eine mutilierende Arthritis. Für die Behandlung der Psoriasis-Arthritis existieren etablierte Therapieverfahren, die an anderer Stelle dieses Buches aufgeführt werden. Rheumatoide Arthritis Bei der rheumatoiden Arthritis handelt es sich um eine chronischentzündliche, häufig in Schüben verlaufende Gelenkerkrankung, wobei auch Sehnenscheiden und Schleimbeutel in die Entzündung miteinbezogen sein können. Die rheumatoide Arthritis tritt häufig bei Frauen über 40 Jahren auf. Die Ursache der Erkrankung ist noch nicht vollständig verstanden. Bei genetischer Disposition handelt es sich jedoch offensichtlich um ein Autoimmungeschehen, wobei hierfür als mögliche Auslösefaktoren virale Infekte, metabolische Störungen und endokrine Einflüsse diskutiert werden. Die Erkrankung beginnt in der Regel schleichend. Zunächst sind dabei nur einzelne Gelenke betroffen. Klinisch kommt es zu einer schmerzhaften Schwellung und Überwärmung der betroffenen Gelenke, wobei typischerweise die kleinen Gelenke symmetrisch befallen werden. Nur selten ist ein asymmetrisches Befallsmuster manifest. Charakteristisch ist weiterhin eine Morgensteifigkeit der Gelenke, die häufig nach 30 Minuten bis mehreren Stunden nachlässt. In differenzialdiagnostischer Abgrenzung zur Arthrose sind die Fingerendgelenke typischerweise nicht befallen. Häufig betroffen sind in absteigender Reihenfolge: Fingergrundgelenke, ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 Differentialdiagnosen 35 Handgelenke, Fingermittelgelenke, Zehengrundgelenke, Schultergelenke, Kniegelenke, Sprunggelenke und Ellenbogengelenke. Bei rheumatischem Befall des Kniegelenkes kann sich eine so genannte „Baker-Zyste“ entwickeln. Bei chronischer Polyarthritis unter Einbeziehung der Halswirbelsäule kann es durch eine Instabilität zur Kompression des Halsrückenmarkes kommen und daraus in ausgeprägten Fällen eine Querschnittslähmung resultieren. Nicht selten beobachtet man im Verlauf der Erkrankung das Auftreten von so genannten „Rheumaknoten“ an der Streckseite der proximalen Unterarme. Diese, meist schmerzlosen, subkutanen bis erbsgroßen hautfarbenen Knoten können gelegentlich auch im Bereich der Achillessehne, an der Streckseite der Unterschenkel oder an den Streckseiten der Finger lokalisiert sein. Nicht selten treten bei der chronischen Polyarthritis begleitend Allgemeinsymptome wie Müdigkeit, Unwohlsein und evtl. Fieber auf. Bei schweren Verlaufsformen können auch Organe wie Haut, Augen, Lunge, Herz, Gefäße, Magen-Darm-Trakt, Nieren und Nervensystem mitbetroffen sein. So ist am Auge das Auftreten einer schweren Skleritis möglich, die zur Perforation der Hornhaut mit Erblindung führen kann. Weiterhin können bei der chronischen Polyarthritis aus einer druckbedingten Schädigung sensibler Nerven, insbesondere an den Händen Sensibilitätsstörungen resultieren. Aufgrund der potenziellen Organbeteiligung ist die rheumatoide Arthritis daher auch als Systemerkrankung anzusehen. In differenzialdiagnostischer Abgrenzung zur Psoriasis-Arthritis spricht das Vorhandensein typischer klinischer Merkmale der rheumatoiden Arthritis wie Rheumaknoten, Perikarditis, Pleuritis, punktionswürdige Gelenkergüsse und nekrotisierende Vaskulitis gegen eine Psoriasis-Arthropathie (1). Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist auch das Fehlen des Rheumafaktors bei der Psoriasis-Arthritis. Allerdings lassen sich, insbesondere im höheren Lebensalter, auch bei der gesunden Bevölkerung niedrigtitrige Rheumafaktoren in 5 % der Fälle nachweisen (1). Ca. 60-70 % der Patienten mit rheumatoider Arthritis weisen einen positiven Rheumafaktor auf. Es resultieren im Verlauf der Erkrankung durch Zerstörung des Gelenkknorpels und knöcherner Destruktionen typische Gelenkfehlstellungen (Ulnardeviation der Finger, Schwanenhalsund Knopflochdeformitäten), die sich röntgenologisch im Allgemeinen gut darstellen lassen, gleichwohl ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 36 Differentialdiagnosen _____________________________________________________________________________________ bei der rheumatoiden Arthritis klinische, radiologische oder immunologische Charakteristika nicht immer krankheitsspezifisch sind (3). In der Mehrzahl der Fälle lässt sich der Rheumafaktor nachweisen. Allerdings gibt es auch rheumatoide Arthritiden ohne Nachweis des Rheumafaktors. Erwähnung finden sollte an dieser Stelle, dass bei 80 % der Patienten mit rheumatoider Arthritis so genannte „Anti-Citrullin-Antikörper“ mit hoher Krankheitsspezifität als mögliches weiteres hochspezifisches Diagnosekriterium nachgewiesen werden können (3). Citrullin ist als Aminosäure Bestandteil des epidermalen Proteins Fillagrin. Therapeutische Optionen sind NSAR, COX-2-Hemmer, Basistherapeutika (Goldpräparate, Methotrexat, Azathioprin, DPenicillamin, Sulfasalazin, Leflunomid) und neuerdings auch Substanzen aus der Gruppe der Biologics (Infliximab und Etanercept). In akuten Krankheitsphasen ist gelegentlich die Gabe von Glukokortikoiden indiziert. Begleitend sind physikalische Behandlungsmaßnahmen sinnvoll. Bei Versagen konservativer Therapiemaßnahmen kann ggf. auch ein operativer Eingriff indiziert sein. Osteoarthritis (aktivierte Arthrose) Ursächlich für die Arthrose ist eine Schädigung des Gelenkknorpels mit Verlust der Stoßdämpferfunktion. Dies führt einerseits zum Verlust der Gleitfähigkeit der Gelenkflächen. Andererseits kommt es sekundär zu Reaktionen an der Synovialmembran und den gelenkbildenden Knochen. Auch Muskulatur und KapselBandapparat können dabei betroffen sein. Klinisch unterscheidet man verschiedene Erscheinungsformen der Arthrose: die stumme (latente) Arthrose, die manifeste Arthrose und die aktivierte Arthrose. Die aktivierte Arthrose ist definiert als ein Beschwerdebild, bei dem im Rahmen der Arthrose neben dem ausgeprägten Schmerz auch eine deutliche Ergussbildung, sichtbare Schwellung und Funktionsbeeinträchtigung des arthrotischen Gelenkes vorliegen (4). Charakteristische Schmerzqualität bei Befall großer Gelenke ist der Anlaufschmerz – insbesondere bei Befall des Hüft- und Kniegelenkes. Weitere Schmerzqualitäten sind Belastungsschmerz und Nachtschmerz. Da es im Rahmen der Arthrose immer auch zu Entzündungen kommt, verwendet man ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 Differentialdiagnosen 37 heutzutage international generell anstatt des Begriffs der „Osteoarthrose“ mehr und mehr die Bezeichnung der „Osteoarthritis“. Vermutlich ist es auch die Entzündung, die entscheidend an der Schmerzentstehung beteiligt ist (5). Zu den prädisponierenden Faktoren zählen Abnutzung des Gelenkknorpels durch Übergewicht (hoher „body mass index“), Gelenkverletzungen, Alter und möglicherweise auch genetische Faktoren. Häufig sind die Gelenke der Hände, Füße, Knie (Gonarthrose) und Hüfte (Coxarthrose) betroffen. Ursächlich wird unter anderem eine Mutation eines in gelenknahen Chondrozyten synthetisierten und an der Knorpeloberfläche haftenden Proteins diskutiert, welches als „Lubricin“ bezeichnet wird (5). Im fortgeschrittenen Stadium der Arthrose lassen sich charakteristische diagnostische Zeichen nachweisen. Hierzu zählt insbesondere der röntgenologisch nachweisbare Knorpelschwund mit Bildung von Osteophyten (5). Zumeist genügt im klinischen Alltag eine gründliche klinische Untersuchung sowie die Anfertigung einer Standard-Röntgenaufnahme des betroffenen Gelenkes um eine Arthrose ausreichend sicher diagnostizieren zu können (4). Radiologisch bestehen dabei folgende Charakteristika: Verschmälerung des Gelenkspaltes mit subchondraler Sklerosierung, filigrane Vernetzung der Knochentextur als Anpassungsreaktion des Knochens an die eingeschränkte Stoßdämpferfunktion des Knorpelgewebes und Ausbildung von osteophytären Reaktionen an den betroffenen Gelenkflächen als radiologisches Zeichen der metaplastischen Reaktion im Bereich des Übergangs vom Periost zum Gelenkknorpel (4). Um die Osteoarthritis gegenüber anderen, insbesondere entzündlichrheumatischen Erkrankungen differenzialdiagnostisch abzugrenzen, genügen in der Regel wenige Laborparameter und ggf. eine Synovialanalyse als einfache und wenig kostenintensive diagnostische Maßnahmen (4). Weitergehende laborchemische oder bildgebende Verfahren sind nur im Ausnahmefall zur Diagnosesicherung erforderlich. Vielmehr dienen sie der differenzialdiagnostischen Abgrenzung zu anderen Krankheitsbildern (4). Die therapeutischen Strategien beinhalten medikamentöse Therapie, Physiotherapie und eventuell operative Eingriffe. Der Verringerung von Übergewicht kommt als präventive Maßnahme eine besondere Bedeutung zu. ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 38 Differentialdiagnosen _____________________________________________________________________________________ Infektarthritis (septische Arthritis) Arthritiden, die durch verschiedene Erreger verursacht werden, bezeichnet man als „Infektarthritiden“ oder auch „septische Arthritis“. Ursache von Infektarthritiden sind häufig bakterielle Erreger. Oftmals resultiert daraus eine eitrige Gelenkentzündung; dabei kann klinisch ein Gelenkempyem im Vordergrund stehen. Der Infektarthritis liegen nicht selten vorbestehende Erkrankungen zugrunde, die günstige Grundkonditionen für eine septische Arthritis darstellen. Dabei handelt es sich zumeist um internistische Erkrankungen, die mit einer Beeinträchtigung des Immunsystems vergesellschaftet sind oder sein können. Hierzu zählen unter anderem Diabetes mellitus, primär chronische Polyarthritis oder andere Systemerkrankungen, chronischer Alkoholismus, hämatologische Grunderkrankungen (M. Hodgkin, Lymphome, Hypergammaglobulinämie), Krebserkrankungen, HIV-Infektion und intravenöser Drogenabusus. Dabei kann es zu einer spontanseptischen Gelenkentzündung kommen. Ältere und multimorbide Patienten haben ein höheres Risiko an einer septischen Arthritis zu erkranken. Nomenklatorisch unterscheidet man die primäre von der sekundären septischen Arthritis. Die primäre septische Arthritis tritt als Komplikation infolge therapeutischer Maßnahmen wie Injektionen, Punktionen, Arthroskopien, Arthrotomien und Gelenkersatz auf. Diese Form der septischen Arthritis wird auch als primär-exogene septische bzw. bakteriell-eitrige Arthritis bezeichnet. Ursache der sekundären (endogenen) septischen Arthritis hingegen ist eine bakterielle Streuung über die Blutbahn (6), z.B. über Läsionen der Haut. In den meisten Fällen kommt es zu einer Monarthritis. Am häufigsten ist dabei das Kniegelenk betroffen. Andere, jedoch weniger häufig zu beobachtende Lokalisationen bei der Infektarthritis sind das Hüftgelenk, Schulter, Ellenbogen-, Sprung- oder Handgelenk. Die septische Arthritis durch hämatogene Streuung kann potenziell lebensbedrohlich sein. Häufigster Erreger einer eitrigen Arthritis ist Staphylococcus aureus. Dieser Keim scheint eine besondere Affinität zu Gelenken zu besitzen. Weitere bakterielle Erreger als Ursache einer Infektarthritis sind Streptokokken (inkl.Pneumokokken), Gonokokken und gramnegative Stäbchen (v.a. E. coli, Pseudomonas spp. und Haemophilus influenzae). Insbesondere bei ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 Differentialdiagnosen 39 Kindern ist gelegentlich Haemophilus influenzae von Bedeutung. Eine Klassifikation der Ausprägung einer bakteriellen Arthritis in verschiedene Stadien kann entweder nach arthroskopischen und radiologischen Veränderungen (Stadieneinteilung nach Gächter), nach klinischen und laborchemischen Gesichtspunkten (Einteilung nach Kuner) oder nach arthroskopischen Kriterien (Einteilung nach Jensen) erfolgen (6). Jedoch nicht nur bakterielle Erreger, sondern auch virale Mikroorganismen und Pilzerreger können Ursache von Infektarthritiden sein. Hierzu zählen unter anderem das Rötelnvirus, Parvoviren, das Mumpsvirus und das Hepatitis-B-Virus. Weniger häufig, aber prinzipiell möglich, ist eine Beteiligung von Hepatitis A- und C-Virus, HIV, VZV, Adenoviren und Enteroviren. Im Vordergrund der klinischen Symptomatik steht bei der Infektarthritis - und das trifft insbesondere für die bakterielle Arthritis zu - der Gelenkschmerz und, insbesondere bei der bakteriellen Arthritis, der Gelenkerguss. Das Gelenk zeigt die klassischen Entzündungszeichen wie Rötung, Schwellung und Überwärmung. An der Schulter besteht ein starker Weichteilmantel, so dass die klinischen Zeichen der lokalen Entzündung wie Rötung oder Überwärmung gelegentlich wenig oder gar nicht auffällig sind (6). Gelenkinfektionen beginnen oft schleichend. Fieber kann dabei auftreten, ist aber nicht regelmäßig vorhanden. Als Risikofaktoren für die Entwicklung einer Infektarthritis, die häufig hämatogen verursacht ist, werden Diabetes mellitus, Alter > 80 Jahre, chronische Polyarthritis, kürzliche Arthrotomie, Knie- oder Hüftprothese, Hautinfektion, Hautinfekt bei Patienten mit Gelenkprothese (direkte Keimverschleppung) diskutiert. Bei intraartikulären Injektionen oder Gelenkpunktionen sollte daher immer darauf geachtet werden, dass diese auch unter sterilen Kautelen durchgeführt werden. Möglicher Ausgangspunkt einer bakteriellen Arthritis können auch gelenkferne Streuherde sein, wie z.B. eine Mittelohrentzündung, Furunkel, Angina, Osteomyelitis oder Phlegmone. Diagnostisch sollte bei Verdacht auf eine Infektarthritis, wie auch bei der Osteoarthritis, eine Gelenkpunktion erfolgen. Dabei kann die Synovialanalyse mit Bestimmung der Leukozytenzahl entscheidende Hinweise für das Vorliegen einer Infektarthritis geben. Nützlich sind auch bildgebende Verfahren wie Röntgen, Sonographie, 3-Phasen-Knochenszintigramm, MRT und Arthrographie. Die rasche Einleitung einer intravenösen ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 40 Differentialdiagnosen _____________________________________________________________________________________ antibiotischen Therapie ist von großer Wichtigkeit, um das Risiko möglicher Folgeschäden zu minimieren, denn bei der bakteriellen Arthritis ist die Prognose bezüglich der Gelenkintegrität abhängig vom Intervall zwischen Krankheitsbeginn und Antibiotikatherapie. Bei Verzögerung einer adäquaten Therapie resultiert häufig ein irreversibler funktioneller Schaden, welcher einen Gelenkersatz notwendig machen könnte. Wichtig sind zudem auch wiederholte Punktionen des Gelenkes, gegebenenfalls auch eine arthroskopische Synovektomie, sowie eine suffiziente Druckentlastung, um den funktionellen Heilungsprozeß zu fördern. Ziel der mechanischen Reinigung (Gelenkpunktion, arthroskopische Synovektomie) ist die Verminderung der Anzahl der Leukozyten sowie der schädlichen Proteasen und Zytokine. Dadurch wird letztlich das Risiko bzw. das Ausmaß der Gelenkzerstörung minimiert. Aber auch bei frühzeitiger Therapie kann komplikativ ein dauerhafter Gelenkschaden resultieren. Die Gonokokken-Arthritis ist eine nicht seltene Ursache eitriger Arthritiden. Zunächst kommt es hier zu asymmetrischen Polyarthralgien; im weiteren Verlauf resultiert eine eitrige Arthritis. Betroffen sind vorwiegend Kniegelenk, Handgelenke, Knöchel, Ellenbogen und Fingergelenke. Das Krankheitsbild geht mit einer ausgeprägten Schmerzhaftigkeit einher, die letztlich zu einer deutlichen Bewegungseinschränkung im betroffenen Gelenk führt. Diagnostisch sollte man hier versuchen durch eine Gelenkpunktion rahmigen Eiter zu aspirieren, in dem sich in der Regel die Gonokokken nachweisen lassen. Röntgenologisch kommt es durch Zerstörung des Gelenkknorpels zu einer Verschmälerung des Gelenkspaltes. Eine GonokokkenArthritis kann schließlich auch zu einer Ankylose führen (7). Eine disseminierte Gonokokkeninfektion sollte in Betracht gezogen werden, wenn Fieber, Hautveränderungen, Arthralgien und Arthritiden bestehen. Das therapeutische Vorgehen ist generell chirurgisch und antibiotisch. Bei Gelenkinfekten mit Gonokokken sind jedoch Punktionen und Antibiose allein zumeist ausreichend, da diese Keime auf Antibiotika sehr schnell reagieren und in der Regel keine Knorpelschäden verursachen (6). ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 Differentialdiagnosen 41 Reaktive Arthritis Bei der reaktiven Arthritis handelt es sich um eine entzündliche Gelenkerkrankung, die dem Formenkreis der Spondylarthritiden zugeordnet wird. Zur Gruppe der Spondylarthritiden zählen außerdem die ankylosierende Spondylitis, die Psoriasis-Arthritis und die Arthritis bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (8). Ursache der reaktiven Arthritis ist zumeist ein para- oder postinfektiöses Geschehen, bei dem keine Erreger nachgewiesen werden können. Darin unterscheidet sich die reaktive Arthritis von der Infektarthritis. Ursache der Entzündung sind dabei im wesentlichen Bestandteile von Mikroorganismen oder zirkulierende Immunkomplexe. Eine reaktive Arthritis kann durch die gleichen Erreger hervorgerufen werden wie die Infektarthritis. Hierzu zählen insbesondere bakterielle Erreger urethraler oder enteritischer Infektionen wie Salmonellen, Campylobacter jejuni, Yersinia spp., Shigellen Chlamydia trachomatis, aber auch Gonokokken, GruppeA-Streptokokken, Meningokokken oder Borrelia burgdorferi (s. auch Lyme-Arthritis). Anamnestisch sollte daher immer nach urogenitalen oder enteritischen Beschwerden gefragt bzw. gefahndet werden. Auch Fragen nach stattgehabten Tonsillopharyngitiden oder Zeckenstichen können diagnostisch weiterhelfen. Klinisch ist eine asymmetrische Monarthritis oder Oligoarthritis auffällig, wobei häufig die unteren Extremitäten betroffen sind. In < 20 % der Fälle kann aber auch eine Polyarthritis vorhanden sein. Die Entzündungszeichen am Gelenk ähneln häufig denen bei der infektiösen Arthritis. Die para- bzw. postinfektiöse reaktive Arthritis tritt gewöhnlich 1-4 Wochen nach der Infektion auf. Auffällig ist der Nachweis von HLA B27 bei 40-70 % der Betroffenen. Sichtbare röntgenologische Veränderungen sind oftmals nicht nachweisbar (8). Gelegentlich kann jedoch eine Enthesitis (Entzündung der Sehne), Sakroiliitis oder Uveitis auftreten. Da urethrale und enteritische sowie auch andere Infekte gelegentlich subklinisch verlaufen können und daher ein eindeutiger anamnestischer Zusammenhang nicht immer erkennbar ist, ist die Diagnose der reaktiven Arthritis nicht immer leicht zu stellen. Hier lässt sich eine stattgehabte Infektion eventuell nur durch laborchemische Untersuchungen direkt oder indirekt nachweisen (z.B. serologischer Nachweis einer chlamydien____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 42 Differentialdiagnosen _____________________________________________________________________________________ induzierten reaktiven Arthritis). Als Zeichen einer kürzlich stattgehabten Infektion und/oder Persistenz der Erreger im Bereich der Schleimhäute ist der Nachweis von IgM- bzw. IgA-AK wünschenswert. Gelegentlich gelingt auch der Direktnachweis aus dem Urin oder aber der Nachweis von Chlamydia trachomatis in der Synovialflüssigkeit mittels PCR-Untersuchung (8). Der serologische Nachweis von Enterobakterien (Yersinien, Salmonellen) beinhaltet wie bei den Chlamydien den Nachweis von IgG-AK und IgM- bzw. IgA-AK. Ist der Arthritis kein manifester Durchfall vorausgegangen, so lassen sich im Stuhl meist auch keine Erreger nachweisen. Shigellen-Serologien werden im Allgemeinen nicht empfohlen. Der Nachweis von Campylobacter gelingt mittels Immunoblot-Verfahren (8). Die Therapieziele sind Infektsanierung und symptomatische Behandlung der Arthritis (z.B. NSAR, physikalische Therapie). Reaktive Arthritis bei M. Reiter Eine Sonderform der reaktiven Arthritis ist das so genannte „ReiterSyndrom“. Hierbei handelt es sich um eine Trias aus Arthritis, Urethritis und Konjunktivitis (8). Der Morbus Reiter tritt in der Mehrzahl der Fälle beim männlichen Geschlecht auf. Das Erkrankungsbild gehört zur Gruppe der „reaktiven Arthritiden“. Es handelt sich dabei um eine postinfektiöse seronegative Spondylarthropathie, die in Einzelfällen große Gemeinsamkeiten mit der Psoriasis-Arthritis aufweisen kann. Vielfach versteht man heute den Morbus Reiter als eine exsudative Sonderform der Psoriasis. Die Unterscheidung ist in der Regel anhand der klinischen Ausprägung leicht möglich (1). Auffällig ist eine hohe Assoziation mit dem Histokompatibilitätsantigen HLA B27 (2). Das Reiter-Syndrom zeichnet sich durch charakteristische muko-kutane und genito-urethrale Veränderungen aus, die bei der Psoriasis sehr selten vorkommen. Hingegen sind großflächige Psoriasis-Morphen und eine Beteiligung der Nägel beim M. Reiter selten (1). Folgende klinische Merkmale sind für den Morbus Reiter charakteristisch: Rheumafaktor-negative Polyarthritis und Spondylitis, wobei überwiegend die großen und gewichttragenden Gelenke betroffen sind. Weiterhin besteht häufig eine meist beidseitige Konjunktivitis und Iridozyklitis. Urethraler Ausfluss, gelegentlich begleitet von ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 Differentialdiagnosen 43 einer milden Prostatitis und Zystitis sowie exsudative Haut- und Schleimhautveränderungen sind weitere Charakteristika dieses Krankheitsbildes (2). Typische Hautveränderungen des Morbus Reiter sind das Keratoderma blenorrhagicum und die Balanitis circinata (9). Das Keratoderma blenorrhagicum bezeichnet pustulöse Veränderungen an Palmae und Plantae mit schwielenartigen Hyperkeratosen. Bei der Balanitis circinata beobachtet man kleine Papeln und Pusteln an der Glans penis. Es besteht dabei eine Neigung zur Konfluenz dieser scharf begrenzten, polyzyklischen Plaques. Es müssen aber nicht alle klassischen Symptome vorhanden sein. Man spricht dann auch von einem „inkompletten Morbus Reiter“. Eine Triggerung des Morbus Reiter erfolgt durch urethrale (z.B. Chlamydieninfektion) und dysenterische Infekte (z.B. Salmonellen-, Shigellen-, Yersinien-, Campylobacterinfektion), so dass es sich hier per definitionem um eine reaktive Arthritis handelt. Die Latenzzeit zwischen Urethritis bzw. Enteritis und Manifestation des Morbus Reiter beträgt ca. 1030 Tage. Der Erkrankungsverlauf dauert mehrere Monate (mittlere Krankheitsdauer ca. 3-6 Monate). Gelegentlich werden auch chronische Verläufe über mehr als 12 Monate beobachtet (8). Lyme-Arthritis Bei der Lyme-Borreliose handelt es sich um eine entzündliche Systemerkrankung verursacht durch den bakteriellen Erreger Borrelia burgdorferi sensu latu. Es ist eigentlich eine postinfektiöse, aber nicht HLA B27-assoziierte Erkrankung, so dass sie innerhalb der Gruppe der reaktiven Arthritiden eine Sonderstellung einnimmt. Klinisch kann sich die Borreliose an verschiedenen Organsystemen manifestieren. So können einerseits charakteristische Hautveränderungen entstehen wie beispielsweise das Erythema chronicum migrans, die Lymphadenosis cutis benigna oder die Acrodermatitis chronica atrophicans. Andererseits kann es bei Beteiligung des zentralen Nervensystems beispielsweise zu einer Fazialisparese oder einer Radikulitis kommen. Ist das kardiovaskuläre System involviert, kann ein AV-Block II. oder III. Grades resultieren. Auch am Bewegungsapparat kann es zu klinischen Manifestationen kommen. Die Borrelieninfektion zeigt einen stadienhaften Verlauf. Während im Stadium I ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 44 Differentialdiagnosen _____________________________________________________________________________________ Hautveränderungen vorherrschen, treten extrakutane Manifestationen insbesondere im Stadium II und III auf. Rheumatologische Symptome (Myalgien und Arthralgien) werden im Stadium II beobachtet. Im Stadium III kann neben der Acrodermatitis chronica atrophicans u.a. auch die so genannte „Lyme-Arthritis“ auftreten. Klinisch kann es intermittierend zu asymmetrischen, entzündlichen Veränderungen eines oder mehrerer Gelenke kommen. Eine Polyarthritis ist allerdings selten. Bevorzugt befallen sind die großen Gelenke von Knie, Ellenbogen, Knöchel sowie gelegentlich von Schulter und Hüfte. Auch das Temporomandibulargelenk kann betroffen sein (10). Die arthritischen Beschwerden bestehen in der Regel wenige Tage, können aber auch gelegentlich mehrere Monate persistieren. Zu Beginn kommt es häufig zu kurzdauernden, später zu länger anhaltenden Entzündungsattacken. Die klinische Symptomatik und der Verlauf der Gelenkentzündung sind allerdings nicht sehr charakteristisch und können sehr variabel sein. Daher ist im Rahmen der Diagnostik die Bestimmung der Borrelien-Serologie zum Nachweis von IgG-Antikörpern äußerst wichtig. Gelegentlich lassen sich auch IgM-Antikörper nachweisen. Weiterhin können eine erhöhte Blutsenkungsreaktion und eine Leukozytose auffällig sein. Manchmal lassen sich Kryoglobuline und zirkulierende Immunkomplexe nachweisen. Das C-reaktive Protein ist gewöhnlich im Normbereich. Der Nachweis von Borrelien aus der Synovialflüssigkeit gelingt selten. Sensitiver ist der Nachweis mittels PCR-Untersuchung (10). Bei weniger als der Hälfte der Patienten mit einer Lyme-Arthritis ist anamnestisch ein vorausgegangener Zeckenstich oder ein Erythema chronicum migrans eruierbar. Von den verschiedenen Spezies des Erregers Borrelia burgdorferi sensu lato scheint insbesondere Borrelia burgdorferi sensu stricto für die entzündlichen Gelenkaffektionen verantwortlich zu sein. Borrelia burgdorferi sensu stricto ist hauptsächlich im nordamerikanischen Raum verbreitet, kommt aber auch in Europa vor (11). Daher wird auch die Lyme-Arthritis in den USA häufiger beobachtet als in Europa. Prinzipiell können jedoch alle Borrelia burgdorferi-Spezies Ursache einer Lyme-Arthritis sein. Die Neuroborreliose hingegen wird vorwiegend Borrelia garinii zugeschrieben; die Acrodermatitis chronica atrophicans wird häufig durch Borrelia afzelii verursacht. Wichtig ist, die Lyme____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 Differentialdiagnosen 45 Borreliose differentialdiagnostisch von der klassischen reaktiven Arthritis abzugrenzen, denn auch bei der reaktiven Arthritis dominiert oftmals das klinische Bild einer asymmetrischen Oligoarthritis oder Monarthritis mit bevorzugtem Befall der unteren Extremitäten (8). Eine antibiotische Therapie mit Doxycyclin oder Ceftriaxon muss über einen ausreichend langen Behandlungszeitraum von 21 Tagen (14-30 Tage) durchgeführt werden. Bei Kindern ist, da Tetrazykline hier kontraindiziert sind, zumeist Amoxicillin als Therapie der Wahl indiziert (10). Ankylosierende Spondylarthritis (Morbus Bechterew) Die ankylosierende Spondylarthritis ist eine synonyme Bezeichnung für das Krankheitsbild des Morbus Bechterew. Es handelt sich dabei um eine entzündliche Systemerkrankung mit chronischem Verlauf und wechselnder Krankheitsaktivität (12). Sowohl die klinische Symptomatik als auch die Ausprägung der radiologischen Veränderungen können allerdings sehr variabel sein (12). In 95 % der Fälle besteht eine Assoziation zu HLA B27. Der bevorzugte Gelenkbefall betrifft das Achsenskelett. Die Erkrankung manifestiert sich zuerst an den Sakroiliakalgelenken und befällt im weiteren Verlauf von kaudal nach kranial die Wirbelsäule. Die Halswirbelsäule bleibt daher lange beweglich. Im Verlauf der Erkrankung kommt es zu einer zunehmenden Ankylosierung des Achsenskeletts. Klinisch resultiert daraus eine zunehmende kyphotische Versteifung der Wirbelsäule. Bei schweren Verlaufsformen des Morbus Bechterew kann es zu einer kompletten Ankylose der gesamten Wirbelsäule mit Befall peripherer Gelenke und Beteiligung innerer Organe kommen (12). In der überwiegenden Mehrzahl sind Männer von der Erkrankung betroffen. Klinisches Leitsymptom ist der Rückenschmerz. Charakteristisch ist auch die Zunahme der Schmerzintensität bei Ruhigstellung des Achsenskeletts. Dies geschieht insbesondere nachts und während längerer Ruhephasen tagsüber. Bei körperlicher Bewegung geben die Patienten zumeist eine deutliche Abnahme der Beschwerden an. Hierdurch unterscheidet sich die ankylosierende Spondylitis von degenerativen Wirbelsäulenbeschwerden wie der Osteoarthrose. Neben dem Rückenschmerz als Leitsymptom können gelegentlich weitere typische klinische Manifestationen wie ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 46 Differentialdiagnosen _____________________________________________________________________________________ Entzündungen von Sehnen (Enthesitis) und peripheren Gelenken oder aber eine Uveitis beobachtet werden. Bevorzugte Lokalisationen der Enthesitis sind Achillessehne oder Plantarfaszie. Die periphere Arthritis ist typischerweise asymmetrisch. In der Regel sind dabei wenige Gelenke der unteren Extremität betroffen. In seltenen Fällen allerdings beobachtet man eine symmetrische Polyarthritis (12). Die peripheren arthritischen Beschwerden können im zeitlichen Verlauf auch den Rückenschmerzen vorangehen. Der Nachweis von Veränderungen am Iliosakralgelenk bzw. die Objektivierung einer partiellen oder kompletten Ankylose gelingt in der Regel durch bildgebende Verfahren wie Röntgenaufnahme des Beckens oder Computertomographie. Für die radiologische Beurteilung ist wegen der gelegentlichen Überlagerungseffekte allerdings eine gewisse Übung erforderlich (12). Bei ausgeprägten paravertebralen Verkalkungen sieht die Wirbelsäule röntgenologisch wie ein „Bambusstab“ aus. Die Sakroiliakalgelenke sind oftmals nicht mehr abgrenzbar. Durch kernspintomographische Untersuchungen können darüber hinaus entzündliche Veränderungen detektiert werden. Häufig treten die charakteristischen radiologischen Veränderungen (Sakroiliitis) erst einige Jahre nach Manifestation der klinischen Symptomatik in Erscheinung, so dass die Diagnosestellung des Morbus Bechterew häufig erst in fortgeschritteneren Stadien der Erkrankung erfolgt. Therapeutische Strategien beinhalten suffiziente Schmerztherapie und Physiotherapie und auch operative Maßnahmen. Arthritis bei Kollagenose Im Rahmen verschiedener Kollagenosen kommt es zu charakteristischen Gelenkbeschwerden. Arthralgien können jahrelange Vorläufer der Kollagenose oder über Jahre einziges Symptom einer Autoimmunerkrankung sein (13). So kann eine progressiv systemische Sklerodermie unter dem Bild einer Polyarthritis erstmals in Erscheinung treten. Das Verteilungsmuster ist hier ähnlich wie bei der rheumatoiden Arthritis. Extrakutane Manifestationen des Lupus erythematodes manifestieren sich häufig unter dem Bild von Arthralgien oder Arthritiden. Diese klinischen Symptome zählen auch zu den so genannten „ARA-Kriterien“ des Lupus erythematodes. Die Gelenkbeteiligung beim systemischen ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 Differentialdiagnosen 47 Lupus erythematodes (SLE) stellt die häufigste Krankheitsmanifestation dar; die Arthritiden sind hier oligo- oder polyartikulär und bilateral-symmetrisch. Gelegentlich treten auch wandernde Myalgien auf. Betroffen sind insbesondere Hand- und Fingergelenke, aber auch Knie- und Sprunggelenke. Weitere mögliche Lokalisationen sind Ellenbogen und Schulter. Die Dermatomyositis ist eine weitere Autoimmunerkrankung, bei der, vor allem zu Krankheitsbeginn, Arthralgien auftreten können. Bevorzugt sind Finger- und Handgelenke betroffen. Die Mixed connective tissue disease ist ein Erkrankungsbild, das klinisch durch Merkmale verschiedener Kollagenosen definiert ist. Hierzu gehören der systemische Lupus erythematodes, die progressive systemische Sklerodermie, die rheumatoide Arthritis und die Dermatomyositis-Polymyositis. Arthralgien und Arthritiden werden dabei nicht selten beobachtet (14). Auch hier ähnelt das klinische Bild der rheumatoiden Arthritis. Arthritiden im Rahmen systemischer Bindegewebskrankheiten zeigen im Gegensatz zu Arthritiden anderer Genese eine geringere Ausprägung der proliferativen Entzündungskomponente. Dadurch ist die Destruktionstendenz dieser Arthritiden hier geringer und richtet sich weniger gegen den Knochen selbst als vielmehr gegen den Band- und Kapselapparat (13). Kristall-induzierte Arthritis (z.B. Chondrokalzinose Arthritis) Als Chondrokalzinose wird die Einlagerung von Kalziumpyrophosphatdihydratkristallen in Knorpel, Synovia und Sehnen bezeichnet. Das klinische Bild ähnelt oftmals der Symptomatik bei der Gicht und wird deshalb auch als Pseudogicht bezeichnet. Beide Krankheitsbilder werden den so genannten „Kristall-Arthropathien“ zugeordnet. Der Begriff „Kalziumpyrophosphat-Arthropathie“ erscheint jedoch treffender als der Begriff der „Pseudogicht“, da der klinische Verlauf nicht nur akut, wie bei der Gicht sondern auch chronisch sein kann und sich dadurch zum Teil deutlich von der Gicht unterscheidet (15). Die Kristallablagerungen führen zunächst zu einer Synovitis und im weiteren Verlauf zu einer mit Knorpeldegeneration einhergehenden Entzündung des betroffenen Gelenkes. Knie- und Handgelenke sind dabei bevorzugt befallen. Zumeist sind ältere Patienten und ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 48 Differentialdiagnosen _____________________________________________________________________________________ überwiegend Frauen betroffen. Bei chronischem Verlauf werden gelegentlich auch Pseudotumoren beobachtet, die gehäuft Kiefergelenk und Halswirbelsäule betreffen. Die ätiologischen und pathogenetischen Zusammenhänge der KalziumpyrophosphatArthropathie sind bisher noch nicht vollständig verstanden (15). Ätiologisch kann jedoch zwischen familiären, sporadischen, durch Traumen ausgelösten und sekundären, im Rahmen bestimmter Stoffwechselerkrankungen auftretenden Formen unterschieden werden (15). Ursächlich scheint eine Überproduktion von anorganischem Pyrophosphat durch die Chondrozyten des Gelenkknorpels zu sein (15), das auch im Gelenkpunktat oder im histologischen Präparat nachgewiesen werden kann. Radiologische Befunde sind nicht immer spezifisch. Akute Verlaufsformen lassen sich mit Colchizin behandeln. Zur symptomatischen Behandlung werden bei chronischen Verlaufsformen NSAR und Steroide eingesetzt. Arthritis urica Die Arthritis urica (umgangssprachlich: Gicht) ist zumeist klinischer Ausdruck einer bestehenden Hyperurikämie. Diese entsteht, wenn Harnsäure vermehrt gebildet oder vermindert ausgeschieden wird (16). Man kann eine familiäre Hyperurikämie von einer sekundären Hyperurikämie abgrenzen. In weit über 90 % der Fälle einer familiär bedingten Hyperurikämie liegt eine Störung der tubulären Harnsäuresekretion zugrunde. Eine vermehrte endogene Harnsäuresynthese, z.B. durch Enzymdefekte des Purinstoffwechsels ist nur in etwa 1 % der Fälle Ursache einer familiären Hyperurikämie. Sekundäre Hyperurikämien entstehen durch vermehrte Harnsäurebildung oder verminderte renale Harnsäureausscheidung. Sekundäre Hyperurikämien treten z. B. im Zusammenhang mit hämatologischen oder renalen Erkrankungen auf. Auch Medikamente (z.B. Saluretika), vermehrte Purinzufuhr mit der Nahrung, eine ketoazidotische Stoffwechsellage bei entgleistem Diabetes mellitus oder erhöhter Alkoholkonsum führen zu erhöhten Harnsäurespiegeln im Blut (16). Klinisch manifestiert sich die Arthritis urica unter dem Bild einer plötzlich auftretenden Schmerzhaftigkeit eines isolierten Gelenkes, wobei beim ersten Anfall zumeist das Großzehengrundgelenk (Podagra) betroffen ist. ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 Differentialdiagnosen 49 Später können dann auch weitere Gelenke befallen werden. Mögliche Folge ist eine chronische deformierende Arthritis mit periartikulären und subkutanen Harnsäureablagerungen, die auch als Tophi bezeichnet werden. Auch eine Sehnenscheidenentzündung oder Bursitis ist möglich. Im weiteren Verlauf kann sich das Krankheitsbild durch eine Uratnephropathie komplizieren. Das Ansprechen eines Gichtanfalls auf Colchizin ist als diagnostisches Kriterium zu werten (16). Immer, wenn eine akute Monarthritis eines Großzehengrundgelenkes auftritt, sollte eine Arthritis urica ins Kalkül gezogen werden. Aber auch eine isolierte Arthritis des Sprung-, Knieoder eines Fingergrundgelenkes beim Erwachsenen sollte an eine Arthritis urica denken lassen. Das betroffene Gelenk ist gerötet und geschwollen. Diagnostisch kann eine Gelenkpunktion indiziert sein. Hier sieht man im positiven Fall Harnsäurekristalle in den polymorph-kernigen Leukozyten der Synovia (16). Bei akuter Mono- oder Oligoarthritis müssen differenzialdiagnostisch auch rheumatische Erkrankungen in Betracht gezogen werden. Außerdem können ähnliche Beschwerdebilder auch bei der Gonorrhoe und anderen bakteriellen Infekten inkl. Borreliose und Viruserkrankungen auftreten (16). Die Schmerzen, Schwellungen und Rötung beim akuten Gichtanfall können gelegentlich auch paraartikulär lokalisiert sein, so dass das klinische Bild einer Phlegmone des medialen Vorfußes ähneln kann. Therapeutisch kommen bei der Arthritis urica nichtsteroidale Antiphlogistika oder Colchizin und gelegentlich auch Corticoide zum Einsatz. Literatur 1. Wiedow O: Psoriasis-Arthritis. In: Christophers E, Mrowietz U, Sterry W (2002) Psoriasis. Blackwell Wissenschafts-Verlag Berlin Wien 2002, S 64-71 2. Altmeyer P, Holzmann H: Klinik der Psoriasis und des Morbus Reiter. In: Holzmann H, Altmeyer P, Marsch WC, Vogel HG (1987) Dermatologie und Rheuma. Springer Verlag Berlin Heidelberg, S 143 3. Visser H: Early diagnosis of rheumatoid arthritis (2005) Best Practice & Research Clinical Rheumatology 19 (1): 55-72 ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 50 Differentialdiagnosen _____________________________________________________________________________________ 4. Zacher J, Gursche A: Diagnostik der Arthrose (2001) Orthopäde 30: 841-847 5. 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Wohlrab Universitätsklinik und Poliklinik für Dermatologie und Venerologie, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Einleitung Traditionelle Therapie Biologics Literaturverzeichnis 51 51 54 57 Einführung Die therapeutische Herangehensweise muss die pathogenetischen und klinischen Gegebenheiten der Psoriasisarthritis (PsA) berücksichtigen. Durch das Verständnis der PsA als Autoimmunerkrankung mit Chronizität, sollte heute eine langfristige Therapie mit kontinuierlichem und weniger zyklischem oder intermittierendem Regime favorisiert werden. Dabei ist eine rasch wirksame, aggressive Langzeitmedikation mit geringem Nebenwirkungspotential nötig, um einen therapeutischen Erfolg mittel- und langfristig sicherzustellen. Die neuen Erkenntnisse der immunologischen Grundlagen der PsA in Verbindung mit den Entwicklungen in der Genetik, Mikrobiologie und Biotechnologie ermöglichen eine neue, sehr spezifische Therapie, die selektiv modifizierend pathogenetische Abläufe hemmt. Traditionelle Therapie Die systemische Therapie der mittelschweren und schweren Psoriasis vulgaris mit MTX, Acitretin, Fumarsäureester, Ciclosporin A, Mycophenolatmofetil, Hydroxyurea oder Phototherapie sind etabliert und weitgehend validierte Therapieoptionen. Sie werden durch verschiedene topische (Glukokortikoide, Dithranol, Vitamin D3-Analoga, Retinoide, Teere) und physikalische (Phototherapie, Dermabrasio, Kryotherapie, Laser, Okklusion) Therapiemaßnahmen ergänzt. ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 52 Therapeutisches Management _____________________________________________________________________________________ Die systemische Anwendung von Glukokortikoiden bei der PsA ist wegen der häufigen Verschlechterung von Hautsymptomen als sehr kritisch zu bewerten. Tab. 1 Dosierungsempfehlungen gängiger NSAR für die Therapie der PsA (nach Mease und Goffe) Arzneistoff Diclofenac-Kalium Diclofenac-Natrium Diclofenac-Natrium mit Misoprostol Diflunisal Etodolac Fenoprofen-Kalzium Flurbiprofen Ibuprofen Indomethazin Ketoprofen Meclofenamat-Natrium Mefenaminsäure Meloxicam Nabumeton Naproxen Naproxen-Natrium Oxaprozin Piroxicam Sulindac Tolmetin-Natrium Celecoxib Rofecoxib Valdecoxib Acetylsalicylsäure Cholin- und Magnesiumsalizylate Cholinsalizylat Magnesiumsalizylat Salsalat Natriumsalizylat Dosierung 100-200 mg/d in 2 oder 4 ED 100-200 mg/d in 2 oder 4 ED 150-200 mg/d in 2 bis 4 ED 500-1500 mg/d in 2 ED 800-1200 mg/d in 2 bis 4 ED 900-2400 mg/d in 3 oder 4 ED; niemals mehr als 3200 mg/d 200-300 mg/d in 2 bis 4 ED 1200-3200 mg/d in 3 oder 4 ED 50-200 mg/d in 2 bis 4 ED 200-225 mg/d in 3 oder 4 ED 200-400 mg/d in 4 ED 250 mg aller 6 h wie benötigt, bis zu 7 Tagen 7,5 mg bis 15 mg/d in einer Einzeldosis 1000 mg/d in 1 oder 2 ED; 2000 mg/d in 2 ED 500-1500 mg/d in 2 ED 550-1650 mg/d in 2 ED 1200 mg oder 1800 mg/d in einer Einzeldosis 20 mg/d in 1 oder 2 ED 300- 400 mg/d in 2 ED 1200- 1800 mg/d in 3 ED 200 mg/d in 1 oder 2 ED oder 400 mg/d in 2 ED für OA: 12,5 mg oder 25 mg/d in einer Einzeldosis 10-20 mg/d in einer Einzeldosis 2400-5400 mg/d in verschiedenen ED 2000- 3000 mg/d in 2 oder 3 ED 3480 oder 20 mL/d in verschiedenen ED 2600-4800 mg/d in 3 bis 6 ED 1000-3000 mg/d in 2 oder 3 ED 3600-5400 mg/d in verschiedenen ED Die therapeutischen Optionen der PsA sind wegen gewisser Überschneidungen der pathogenetischen Zusammenhänge häufig Therapieprinzipien der rheumatoiden Arthritis entlehnt. Neben nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) kommen für die Krankheits-modifizierende Langzeittherapie sogenannte DMARDs (disease modifying antirheumatic drugs) in Betracht, die zum Teil auch aus der Therapie der Psoriasis vulgaris bekannt sind. Vor allem Methotrexat (MTX) und Ciclosporin A sind für die Therapie ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 Therapeutisches Management 53 der Psoriasis vulgaris insgesamt gut validierte Substanzen, die bei sorgfältiger Anwendung gute therapeutische Effekte erzielen. Für eine tragende therapeutische Strategie wären zuverlässige Faktoren sehr hilfreich, die eine Progression der Erkrankung anzeigen. Diese sind bisher nicht bekannt. Die Mehrzahl der Betroffenen hat einen leichten Krankheitsverlauf und zeigt ein episodisches Beschwerdebild an wenigen Gelenken. Einige dieser Patienten weisen auch nach jahrelangem Verlauf der Erkrankung keine signifikante Progression auf und bedürfen somit auch keiner Krankheits-modifizierenden Langzeittherapie. In diesen Fällen ist eine Anwendung von NSAR gegebenenfalls in Kombination mit physikalischen Therapiemaßnahmen (z.B. Applikation von Kälte, Wärme) sowie intraartikulären Glukokortikoid-Applikationen ausreichend. Die Vielfalt der NSAR ergibt ein breites Spektrum möglicher Therapieoptionen und Dosierungsschemata (Tab. 1). Tab. 2 Wirksamkeitseinschätzung möglicher Therapieoptionen bei der Psoriasis vulgaris und der PsA (- = nicht wirksam, (+) = schwach wirksam, + = wirksam, ++ = gut wirksam, +++ = sehr gut wirksam) Therapie Topika Phototherapie Fumarsäureester NSAR COX-2 Inhibitoren D-Penicillamin Gold (i.m.) Chloroquin/Hydroxychloroquin Colchicin Somatostatin Azathioprin/6-Mercaptopurin Interferon-γ Etretinat/Acitretin Hydroxyurea Mycophenolatmofetil Ciclosporin A Sulfasalazin Leflunomid Methotrexat Psoriasis vulgaris Psoriasisarthritis ++ ++ ++ + + ++ ++ ++ +++ (+) +++ +++ (+) (+) + + + + + + + + + + + + + ++ ++ +++ Für die Krankheits-modifizierende Langzeittherapie mit DMARDs wird eine Vielzahl von Arzneimitteln verwendet. Wenige sind nach den Standards der GMP validiert und für die Therapie der PsA auch ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 54 Therapeutisches Management _____________________________________________________________________________________ zugelassen. Eine kürzlich veröffentlichte Meta-Analyse von 20 randomisierten klinischen Studien zur Therapie der PsA ist zum Ergebnis gekommen, dass bisher lediglich Sulfasalazin, Azathioprin, Etretinat und die parenterale Hochdosis-MTXTherapie signifikante Effekte im Vergleich zum Placebo ergeben haben (Tab. 2). Insbesondere MTX wird aufgrund der vorliegenden Daten als DMARD der ersten Wahl angesehen. Biologics Die enormen Entwicklungen der Molekularbiologie und Immunologie ermöglichten eine intensivierte Erforschung der pathoimmunologischen Hintergründe und molekularen Abläufe bei der Psoriasis vulgaris und der PsA. Die in den letzten Jahren gewonnenen Erkenntnisse ermöglichten eine zielgerichtete Entwicklung selektiver Therapieansätze, die durch neuartige biotechnologische Methoden auch für die praktische Anwendung umgesetzt werden konnten. Die Nutzung der selektiven Bindungsaffinität von Antikörpern an definierte Oberflächenstrukturen (Antigene) von Zellen oder Molekülen stellt die Grundlage einer völlig neuen Dimension pharmakodynamischer Prinzipien dar. Eine durch derartige Wirkstoffe, die auch als Biologics bezeichnet werden, realisierte hohe Wirkspezifität war bis dato in der Pharmakologie unbekannt. Als ein Schlüsselmolekül in der pathogenetischen Kaskade der PsA wurde frühzeitig das Zytokin Tumornekrose-Faktor α (TNFα) identifiziert. Es fungiert als zentraler proinflammatorischer Messenger und ist für die Auslösung und Unterhaltung des chronischen Entzündungsprozesses wesentlich mitverantwortlich. Die therapeutische Inhibierung von TNFα stellte frühzeitig eine vielversprechende Option für die Behandlung der rheumatoiden Arthritis und später der PsA dar. Zwei Grundprinzipien der Neutralisierung von TNFα haben sich durchgesetzt: 1. ein lösliches TNFα –Rezeptorprotein (Etanercept) und 2. ein monoklonaler antiTNFα-Antikörper (Infliximab bzw. Adalimumab). Die Einführung dieses spezifischen Wirkprinzips hat gerade die Therapie der „immune-mediated inflammatory diseases (IMID)“ um eine wichtige Option bereichert. Auch wenn die in Deutschland zugelassenen Präparate ein weitgehend gleiches therapeutisches ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 Therapeutisches Management 55 Ziel verfolgen, bestehen Unterschiede hinsichtlich der Pharmakokinetik, die für die praktische Anwendung allerdings nur in Einzelfällen bedeutsam sein können. Tab. 3 Kenndaten verfügbarer TNF-Antagonisten Adalimumab Handelsname Applikation Dosis Halbwertszeit Molekulargewicht Etanercept Handelsname Humira® rh IgG1-mab-anti-hTNFα s.c. 80 mg initial, 40 mg /7d o. /14d 12-14 d 148 kDa Enbrel® dimeres Fusionsprotein extrazelluläre Bindungsstelle p75 TNFR Applikation Dosis Halbwertszeit Molekulargewicht Infliximab Handelsname Applikation Dosis Halbwertszeit Molekulargewicht s.c. 25 mg 2x/Wo, 50 mg 1x/Wo 4,8 d 150 kDa Remicade® chimerer h/m IgG1k-mab-antihTNFα 2h i.v. 3 + 5 mg/kg KG Wo 0, 2, 6 9,5 d 149 kDa Unabhängig von gesundheitspolitischen und ökonomischen Zwängen sollten auf der Grundlage pharmakokinetischer und -dynamischer Daten folgende evidenzbasierende Fakten berücksichtigt werden: ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 56 Therapeutisches Management _____________________________________________________________________________________ 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. Die Wirksamkeit von Etanercept und Infliximab ist für die Therapie der Psoriasisarthritis belegt. Die Wirkstärke beider Wirksubstanzen kann in Bezug auf die Psoriasisarthritis als gleichwertig eingeschätzt werden. Beide Wirksubstanzen sind hinsichtlich der Arzneimittelsicherheit, auch für eine Langzeitanwendung als grundsätzlich sicher einzustufen. Das Risiko-NutzenVerhältnis wird als sehr gut eingeschätzt. Beide Wirksubstanzen sollen nicht bei vorbestehenden Malignomen oder schweren bzw. potentiell lebensbedrohlichen Infektionserkrankungen eingesetzt werden. Die Wirksamkeit von Etanercept und Infliximab kann auch in Bezug auf die Psoriasis vulgaris (Hautbefall) als ebenbürtig eingeschätzt werden. Etanercept und Infliximab unterscheiden sich durch ihr pharmakokinetisches Profil deutlich. Durch die zweimal wöchentliche subkutane Applikation von Etanercept werden weitgehend stabile Konzentrationen mit systemischer Bioverfügbarkeit erreicht. Durch die intravenöse Bolusinfusion von Infliximab in Abständen von 2 bis 4 Wochen ergeben sich hingegen große Schwankungen der Plasmaspiegel. Für die Therapie der Psoriasisarthritis haben diese Unterschiede allerdings keinen oder einen vernachlässigbar geringen Einfluss. Die Tagestherapiekosten mit Etanercept bzw. Infliximab sind derzeit in Deutschland vergleichbar. Grundsätzlich sollte die PsA frühzeitig und konsequent, gleichwohl angemessen therapiert werden. Zunächst ist eine Therapie mit NSAR zu favorisieren. Liegt kein synchroner Hautbefall (Pv) vor, können milde Verlaufsformen der Erkrankung mit zusätzlichen physikalischen und analgetischen Therapiemaßnahmen, ergänzt durch intraartikuläre Glukokortikoid-Applikationen hinreichend behandelt werden. Schwere Verlaufsformen hingegen bedürfen bei ungenügender Wirksamkeit von NSAR und DMARDs einer Therapie mit den genannten Biologics. Treten PsA und Pv gleichzeitig auf, sollte neben einer topischen Therapie der Pv die Wirksamkeit der systemischen Gabe von Methotrexat oder ____________________________________________________________________________ Wohlrab J (ed): Psoriasisarthritis In: Trends Clin Exp Dermatol, Aachen, Shaker, 2005, vol 5 Therapeutisches Management 57 Ciclosporin (bzw. auch in Folge beide Wirksubstanzen) geprüft werden, bevor die genannten Biologics eingesetzt werden. Grundsätzlich sollte das therapeutische Konzept individuelle Gegebenheiten berücksichtigen. Literatur 1. AWMF online: Leitlinie: Therapie der Psoriasis vulgaris und Psoriasis Arthritis mit Etanercept. http://www.uniduesseldorf.de/WWW/AWMF/ll/013-036.htm 2. Braun J, Sieper J: Biological therapies in the spondyloarthritides – the current state. Rheumatology 2004; 43:1072-1084 3. Fachinformation: Enbrel 25 mg, Wyeth Europa Ltd. Vom Oktober 2004 4. 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