Edward O. Wilsons Thesen zum Altruismus – Ihre Bedeutung und

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Edward O. Wilsons Thesen zum
Altruismus – Ihre Bedeutung und
Grenzen für Moral
Dietmar Pils
WIEN
für
EVOLUTION UND MORAL
BUDAPEST, 26.–28.10.2007
Zur Klärung dieser Frage
• Altruismus
– Bestimmung, Formen von Altruismen
– Beitrag der Biologie (der Biologisten)
– Beitrag von E.O. Wilson (konkret der Soziobiologie)
• Moral
– Bestimmung, verschiedene Bedeutungen
– Beitrag von naturalistischen Theorien (möglich?)
• hat Altruismus bzw. die Forderung danach überhaupt
(notwendig) etwas mit Moral zu tun?
• falls ja, welche Form von Altruismus zu welcher Form von
Moral und was kann die Soziobiologie dazu beitragen?
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BUDAPEST, 26.–28.10.2007
Warum Altruismus?
• Programm jedes Sozialverhalten (auch das des
Menschen) unter die Darwinsche Evolutionstheorie
zu subsumieren
• Altruismus wird als
– Prototyp (wenn nicht gar als Quelle) des
Sozialverhaltens angesehen
– als schwierigste zu erklärende Ausformung des
Sozialverhaltens gesehen (im Sinne der
Evolutionstheorie)
– als Nagelprobe für das Erklärungspotential der Theorie
(bzw. einer jeden Moral) betrachtet
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Altruismus
• Begriff erstmals erwähnt von
– Auguste Comte (1798-1857), französischer Philosoph
und Soziologe (frz. Positivismus)
– im ersten Band seines vierbändigen „System der
positiven Politik“ (1851-1854)
– «altrui» (ital)…für andere
«alter» (lat)…der andere
– Antonym von Egoismus
– bezeichnet die Gesamtheit aller selbstlosen Instinkte
bzw. Neigungen von Menschen
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Formen von Altruismus
1) psychologischer Altruismus
Intention, Neigung – Handlung
nach Entscheidung (freier Wille)
2) biologischer Altruismus
(genetisch) determiniertes Verhalten
3) ethischer/moralischer Altruismus
Ideologie, Weltanschauung, Grundhaltung
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1. Psychologischer Altruismus
• Handlung (nach freiem Willen)
• anderen helfen nur um derentwillen
• kein eigener Nutzen, auch kein versteckter psychologischer (z.B. Lob
als Wohltäter)
• Intention ausschlaggebend (helfen wollen), nicht die Konsequenz
(tatsächlicher Nutzen)
• oft keine Auswirkung auf Fortpflanzungserfolg (z.B. nicht ausreichend
selbstschädigend oder nach reproduktiver Phase)
• entspricht dem Alltagsverständnis von ‚Altruismus‘
• aber: umstritten ob es diese Form von Altruismus überhaupt gibt;
ist schwer beweisbar
– psychologischen Nutzen für den Helfer kann man immer unterstellen und nur
schwer widerlegen
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2. Biologischer Altruismus
• Verhalten bzw. Akte die anderen Nützen und sich selbst
schaden (fitnessrelevante Kosten)
• (nur) Konsequenzen ausschlaggebend
• weder von der eigenen Motivation (Intention) noch von
subjektiven Nutzenkonsequenzen abhängig
• widerspricht dem Alltagsverständnis von ‚Altruismus‘
• prinzipiell von allen Lebewesen möglich
• nach Theorie der Soziobiologie evolutionär entstanden;
impliziert, das Verhalten muss durch Gene determiniert
sein
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3. Ethischer Altruismus
• Ideologie die das Glück aller (der anderen) als
Ziel eigener Handlungen fordert
• von den Konsequenzen abhängig
• vgl. Utilitarismus als ethische Theorie
– Bentham: Alle Handlungen sollen das größtmögliche
Glück der größtmöglichen Zahl befördern, und die
Motivation dazu impliziert eigene Lust.
Das eigentlich Motiv des Altruismus ist mithin der
Egoismus.
-> hebt sich somit selbst auf!
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Altruismus-Definition («Mittelstraß»)
• Altruismus – „… Haltung, in der die Zwecke des anderen * als die
eigenen Zwecke verfolgt werden.“
• *willentlich/bewusst/vorsätzlich*
• Zweck: lt. Aristoteles einer der vier Ursachen – die Endursache
(causa finalis) – von Handlungen (zugleich der Grund für die
Handlung)
• Handlung: Subjekt – Akt – Intention (– Objekt)
• Intention: bewusste Ausrichtung einer Handlung auf einen Zweck.
->
nur von zu echten Handlungen befähigten (also mit
Bewusstsein ausgestatteten) Lebewesen möglich, also
höchstens vom Menschen!
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Edward Osborne Wilson
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*10. Juni 1929, Alabama, USA
Entomologe, Spezialgebiet: Ameisen
Professor an der Harvard Universität
Hauptvertreter und Begründer der Soziobiologie
Standardwerk: „Sociobiology – The New Synthesis“
(1975)
• ca. 700 Seiten, davon ein Kapitel mit 28 Seiten
über den Menschen („Man: From Sociobiology to
Sociology“)
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Wilsons Anspruch
• Soziobiologie ist „… die Wissenschaft von der
biologischen Grundlage jeglicher Form sozialen
Verhaltens bei allen Arten von Organismen
einschließlich des Menschen.“
-> Komplette Unterordnung aller Theorien die
Sozialverhalten behandeln (Soziologie,
Psychologie, Philosophie) unter die Biologie
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Altruismus-Definition von Wilson
• self-destructive behavior performed for the benefit of
others
– selbstschädigendes Verhalten zum Nutzen anderer
-> entspricht der Form des biologischen Altruismus
• Konsequenzen (Nutzen und Schaden), nicht Intention
ausschlaggebend
• Nutzen und Schaden in Sinne von biologischem
Fitnessgewinn und -verlust
• muss – wenn evolutionär entstanden – vollständig durch Gene
determiniert sein
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Illustration von Wilson
Altruismus
Egoismus
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Bosheit
Altruismus – drei Prämissen
• altruistisches Verhalten hat eine Funktion (für das
Überleben der Organismen), d.h. ist adaptiv
• altruistisches Verhalten hat eine genetische Basis,
d.h. die Prädisposition für altruistisches Verhalten
ist vererblich
• altruistisches Verhalten hat sich evolutionär
entwickelt, d.h. ist durch Variation und Selektion
entstanden
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Problem
• wie kann Altruismus evolutionär entstanden sein,
wenn das altruistische Verhalten die Fitness (den
Fortpflanzungserfolg) der Altruisten erniedrigt?
• nach Darwinscher Evolutionstheorie müsste
gegen die Individuen selegiert werden, die sich
zum Nutzen anderer und zum Schaden ihrer selbst
verhalten!
• warum/wie trotzdem entstanden?
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Modelle
• als Beispiel für altruistisches Verhaltens werden die
sozialen Insekten (Bienen, Ameisen), Brutverhalten
und Warnrufe angeführt
– wie konnten sterile Individuen (z.B. Arbeiterinnen) in
staatenähnlichen Gebilden evolutionär entstehen?
– warum opfern sich Eltern für ihren Nachwuchs auf?
– warum warnen Individuen ihre Artgenossen vor Feinden?
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Erklärungsansätze der Soziobiologie
• Gruppenselektion
– Interdemic selection
• zwischen Populationen einer Art
– Kin selection
• zwischen verwandten Gruppen (Familien, Sippen) einer Population
• Reziproker Altruismus (‚weicher‘ Altruismus)
• ‚wie du mir, so ich dir‘
• im Endeffekt
egoistisch motiviert!
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‚Interdemic‘-Selection
• Selektion zwischen Populationen innerhalb einer
Metapopulation (Art)
• mehrere Modelle entwickelt
• werden aber als nicht ausreichend für die
Erklärung altruistischen Verhaltens angesehen
• die individuelle Selektion gegen den Altruismus
und für den Egoismus ist stärker als der Nutzen für
die Population (gegen eine andere Population)
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Kin-Selection (Verwandtenselektion)
• Selektion zwischen verwandten Gruppen (Familien, Sippen)
innerhalb einer Population
• inklusive Fitness, oder Gesamtfitness (statt individueller)
• Mathematisches Modell, das für die Verwandten verschiedenen
Grades verschieden hohe Werte verwendet
– Brüder, Kinder, Eltern als Verwandte ersten Grades teilen 50% der
Genvariationen miteinander, daher muss sich der Nutzen
(Fortpflanzungserfolg) verdoppeln, wenn auf die eigene Fortpflanzung
verzichtet wird
– Onkel, Tante, Cousins teilen 25% (Vervierfachung)
-> Ameisen- und Bienenstaaten sind damit erklärbar:
Arbeiterinnen sind diploid Drohnen haploid, daher haben
Weibchen mit ihren Geschwistern mehr Gene gemeinsam
(75%) als mit ihren (potentiellen) Töchtern (50%)
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Reziproker Altruismus
• ‚wie du mir, so ich dir‘
• Gefahr von Betrügern, die zwar Hilfe empfangen aber selbst nicht helfen
(gegenseitige Kontrolle: Sozialsystem mit Ächtung und Lob)
• Genfrequenz muss einen bestimmten Grenzwert überschreiten, um stabil zu
werden (einzelne Individuen können sich nicht reziprok verhalten)
• nur von Arten mit ausreichend kognitiven Fähigkeiten durchführbar
– Individuen müssen erkannt werden
– man muss sich das Ereignis über einen längeren Zeitraum merken
– man muss auch abstrakte Pläne für die Zukunft haben
• Modell: Spieltheorie (Stichworte: ‚tit for tat‘, Gefangenendilemma, …)
-> nur im Menschen?!?
-> Verhalten muss genetisch prädisponiert sein,
um evolutionären Mechanismen unterliegen zu können!
-> Motivation eigentlich egoistisch!
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Moral – Bedeutungen
• deskriptive Bedeutung
– Beschreibung historischer oder lokaler
Normensysteme
• normative Bedeutung
– Bestimmung von ‚gut‘
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Moral – Deskriptiv
• deskriptive Bedeutung – verschiedene Moralen (pl.)
– Handlungsregeln und Ziele, die in einer Gruppe oder
Gesellschaft faktisch handlungsleitend oder verbindlich sind,
damit jedoch noch nicht gerechtfertigt sein müssen
– nur sinnvoll, wenn es eine (freie) Wahl der Handlungsregeln
und Ziele gibt
• nach Theorie der Soziobiologie ‚Handlungen‘ jedoch
determiniert (da sonst nicht evolutionär beeinflussbar),
und ubiquitär gültig, d.h. ohne Möglichkeit des
Zuwiderhandelns
-> keine Moral (möglich/nötig), sondern alles Biologie!
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Moral – Normativ (Ethik)
• normative Bedeutung
– Ethik als (Meta)Theorie zur moralischen Begründung sittlich
gewollter (‚guter‘) Handlungen – Willensfreiheit vorausgesetzt
(Entscheidungsmöglichkeit)
– Bestimmung von ‚gut‘ – was ist ethisch gewollt (‚gut‘)?
• naturalistische Bestimmungen von ‚gut‘ machen alle den
Fehler des naturalistischen Fehlschlusses (Moore) und
• Ableitungen normativer Schlüsse aus rein deskriptiven
Prämissen widersprechen dem Hume´schen Gesetz
(„No ought from an is“)
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Naturalistischer Fehlschluss
G. E. Moore, „Principia Ethica“ (1903)
Definition des Wortes ‚gut‘ genauso wenig möglich wie die Definition
des Wortes ‚gelb‘
• ‚gelb‘ ≠ Lichtschwingungen die unser Auge treffen, sondern ist eine
Empfindung in uns
• ‚gut‘ = undefinierbarer Ausdruck, d.h. eine Eigenschaft sui generis
• falls ‚gut‘ mit einem anderem deskriptiven (z.B. naturalistischen)
Ausdruck gleichgesetzt werden könnte, wäre die Frage nach ‚gut‘ nicht
mehr offen, und der Bezeichnung ‚gut‘ somit überflüssig
-> Ein Naturalistischer Fehlschluss liegt daher dann vor, wenn man
•
•
–
–
–
das Wort ‚gut‘ definiert
das Wort ‚gut‘ mit einer bestimmten Eigenschaft gleichsetzt
behauptet ‚gut‘ sei eine bestimmte natürliche oder übernatürliche Eigenschaft
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Hume´sches Gesetz
• Ableitung normativer Sätze aus rein deskriptiven Sätzen
(Prämissen) ist logisch nicht zulässig
• abgesehen davon:
welche deskriptiven Beobachtungen aus der Natur
(welches Tiermodell) wollen wir als Vorlage verwenden
– es gibt praktisch für jedes menschliche Verhalten ein Modell aus
dem Tierreich (inkl. Kindstötung bei Menschenaffen)
• und wenn Verhalten (genetisch) determiniert und
evolutionär entstanden ist, warum überhaupt moralisch in
Frage stellen (scheint dann ja so notwendig zu sein)
– Verhalten kommt vor -> ist richtig so!
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Biologischer Altruismus – Moral
(formales Argument)
• Moral setzt Handlungen nach freiem Willen voraus
• biologischer Altruismus erklärt nur Handlungen (hier
besser Instinkte, Reflexe, Verhalten) die der Selektion
unterworfen sind, d.h. weitgehend von den Genen
determiniert sein müssen
-> Zwischen diesen zwei
Bereichen gibt es keine
Schnittmenge, daher hat
der biologische Altruismus
keinerlei Bedeutung für
die menschliche Moral
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Altruismus – Moral
• Bewertung von Altruismus als moralisch ‚gut‘ nicht
problematisch
• die Frage bleibt, ob es überhaupt sinnvoll oder notwendig
ist Altruismus (der psychologischen Form) als moralisch
gewollte Handlung zu fordern
• meiner Meinung nach: nein, Solidarität und
Hilfsbereitschaft sind vollkommen ausreichend
• biologischer Altruismus, insofern es diese Form beim
Menschen überhaupt gibt, kann nicht sinnvoll gefordert
werden, da er nur entstehen konnte, wenn er genetisch
determiniert ist, daher der freien Willensentscheidung
nicht unterliegt
• reziproker Altruismus ist psychologischer Egoismus
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Biologischer Altruismus – Mensch
• (willentliche) Handlungen beim Menschen sind nicht
determiniert, daher auch nicht durch Gene
– Verschaltung und Funktion des Gehirns ist
1) nicht durch (einzelne) Gene bestimmt,
2) stark plastisch (auch von unserem Verhalten und der Umwelt beeinflusst) und
3) nicht determinierend für unseren Geist (und den freien Willen)
-> Evolution kann für unser Verhalten nicht als
Erklärungsmodell herangezogen werden, da es keinen
direkten Zusammenhang zwischen genetischer Faktoren
und dem Verhalten (Handlungen) gibt, daher die
Selektion keinen Angriffspunkt (mehr) hat!
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Inhaltliches Problem einer biologischen Moral
• ANNAHME (für den Menschen):
– Gene -> Funktion des Gehirn -> (soziales) Verhalten
(‚->‘…determiniert)
– trotzdem könnten wir noch (freie) Entscheidungen treffen und
Empfehlungen für moralisch gewünschtes (‚gutes‘) Verhalten
geben und befolgen
• ZIEL: Überleben der Art (= ‚gut‘)
– einzig biologisch rechtfertigbares Ziel!
• wie Gerechtigkeit, unbedingtes Lebensrecht, Menschenwürde
begründen?
• FRAGE: welches Verhalten ist diesem Ziel förderlich?
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Evolutionstheorie (Darwin)
• Zwei Mechanismen, eine Folge
– Variationen innerhalb einer Population (Art), später von der
Genetik als Mutationen und Polymorphismen auf DNA-Ebene
(=Allele) erkannt (-> Synthetische Theorie)
– Selektion: besser angepasste Individuen (mit bestimmten
Allelen/Allelkombinationen) haben einen Überlebens- und
Reproduktionsvorteil in einer bestimmten Umwelt
– Frequenz dieses Allels nimmt zu (Allel wird positiv selektiert)
• ABER: keine Vorhersage möglich, welches Allel (oder
welche Allelkombination) in einer konkreten Umwelt
und – noch weniger – in einer noch unbekannten
zukünftigen Umwelt von Vorteil sein wird!
– immer erst im nachhinein feststellbar (Allel existiert weiter,
Frequenz nimmt zu, weil es einen Vorteil geboten hat)!
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BUDAPEST, 26.–28.10.2007
Also: welches Verhalten fordern?
• ein Biologe der die Evolutionstheorie ernst nimmt,
müsste eine möglichst große Variation in den
Verhaltensweisen fordern, da er nicht wissen kann welches
Verhalten einen Vorteil in der Zukunft bieten wird
• also, gerade keine Forderung nach einem konkreten
Verhalten möglich
– Blick auf andere Arten auch nicht hilfreich, da andere
biologische Voraussetzungen mit anderen Anforderungen an
die (u.U. auch andere) Umwelt keinen Vergleich zulassen
– im Prinzip für (fast) jedes Verhalten ein Modell in der Natur zu
finden
EVOLUTION UND MORAL
BUDAPEST, 26.–28.10.2007
Sonderstellung Mensch
• das Besondere der Art Mensch und dessen kurzfristigen Erfolges ist
die weitgehende Unabhängigkeit von biologischen Faktoren,
sowohl in seiner Habitatswahl (ubiquitäre Besiedlung), seiner
Umwelt (Wohnungen, Arbeitsteilung, Transport, Handel…) als
auch seinen biologischen Verhaltensdispositionen
(Selbstbewusstsein, Sprache und freier Wille)
• Widerspruch zur Evolutionstheorie, bzw. dessen Mechanismen?
– nicht mehr den Mechanismen unterworfen, da Verhalten abgekoppelt von
selektionsrelevanten Ursachen des Verhaltens (Genetik)?
– Mensch durch die Evolutionstheorie nicht mehr vollständig erfasst
-> neue hierarchische Ebene: unbelebt –> belebt –> selbstbewusst
– viel zu kurz in der Biosphäre um ein abschließendes Urteil zu bilden,
vielleicht ist aber der Mensch auch nur eine sehr kurzlebige evolutionäre
Sackgasse (erdgeschichtlich völlig unbedeutende Episode)
– das der Mensch vollständig den Mechanismen der Evolutionstheorie
unterliegt ist eine ungeprüfte (vielleicht unprüfbare) Prämisse der
Soziobiologie
EVOLUTION UND MORAL
BUDAPEST, 26.–28.10.2007
Fitness fördernd
Fitness neutral
Fitness reduzierend
Philosophie
moralisch
gefordert
moralisch
neutral
moralisch
verboten
Verhalten
Triebe
Reflexe
hohe
kognitive
Fähigkeiten
Mensch
kognitive
Fähigkeiten
Tiere
Taxien
Verhalten
Triebe
Reflexe
Taxien
Taxien
keine
Bakterien
kognitiven
Pflanzen
Fähigkeiten
EVOLUTION
UND MORAL
BUDAPEST, 26.–28.10.2007
Mechanismen der
biologischen Evolutionstheorie
Handlungen
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