Drei Anwendungen der Eulerschen Polyederformel

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Drei Anwendungen der Eulerschen Polyederformel
Proseminar: Beweise aus dem Buch, Lucian Riediger
Die Eulersche Polyederformel: Für jeden zusammenhängenden ebenen Graphen mit n
Knoten, e Kanten und f Gebieten gilt:
n−e+f =2
(1)
Beweis: Sei G(V,E) ein zusammenhängender ebener Graph und G’(V,E’) ein Spannbaum von
G. Nun konstruieren wir einen Dualgraphen G∗ zu G, indem wir in jedes Gebiet von G genau
einen Knoten setzen, und eine Kante ziehen, falls die Gebiete direkt benachbart sind. Von jetzt an
betrachten wir nur die Kanten aus dem Dualgraphen, die E\E ′ := T ∗ entsprechen.
Da G’ keinen Kreis enthält, schließen seine Kanten auch kein Gebiet ein. Auch G∗ (V ∗ , T ∗ ) enthält keinen Kreis, da es sonst einen Knoten in G geben würde, der nicht von G’ erreicht wird
⇒ G∗ (V ∗ , T ∗ ) ist ein Baum. Für die beiden Bäume G’ und G∗ gilt: |V | = |E ′ | + 1; |V ∗ | = |T ∗ | + 1.
Außerdem gilt: |V | = n, |V ∗ | = f, |E ′ | + |T ∗ | = e. Addiert man beide Gleichungen erhält man die
Eulersche Polyederformel. □
Vorarbeit:
n1 + 2n2 + 3n3 + ... + mnm = 2e ⇒ Durchschnittsgrad dG = 2e
n
f1 + 2f2 + 3f3 + ... + kfk = 2e ⇒ durchschnittliche Seitenzahl die ein Gebiet begrenzen dS =
Proposition: Sei G ein einfacher ebener Graph mit n > 2 Knoten. Dann gilt:
(A) G hat höchstens 3n - 6 Kanten
2e
f
(B) G hat einen Knoten vom Grad ≤ 5
(C) Wenn die Kanten von G zweigefärbt werden, dann gibt es einen Knoten mit höchstens 2
Farbwechseln in der zyklischen Anordnung der Kanten um den Knoten
Beweis: (A) Sei G oBdA zusammenhängend. G einfach ⇒ jedes Gebiet wird durch mindestens 3
Kanten begrenzt ⇒ f = f3 + f4 + ... + fk ; 2e = 3f3 + 4f4 + ... + kfk und damit 2e − f ≤ 0. Mit
der Eulerschen Formel folgt: 3n − 6 = 3e − 3f ≤ e
(B) Mit (A) folgt: dG =
2e
n
=
6n−12
n
< 6 ⇒ Es gibt einen Knoten mit Grad ≤ 5.
(C) Sei c die Anzahl der Winkel, die von verschiedenfarbigen Kanten gebildet werden. Nehmen wir
an, die Aussage sei falsch, dann gibt es c ≥ 4n solche Winkel, weil es an jeder Ecke ja eine gerade
Anzahl von Farbwechseln geben muss. Ein Gebiet mit 2k oder 2k + 1 Kanten hat höchstens 2k
solche Winkel mit Farbwechsel, und daraus schließen wir 4n ≤ c ≤ 2f3 + 4f4 + 4f5 + 6f6 + 6f7 + ... ≤
2f3 +4f4 +6f5 +8f6 +10f7 +... ≤ 2(3f3 +4f4 +5f5 +6f6 +7f7 +...)−4(f3 +f4 +f5 +f6 +f7 +...) = 4e−4f
Widerspruch zur Eulerschen Polyederformel □
1
Sylvester-Gallai-Satz: Wenn n ≥ 3 Punkte in der Ebene nicht alle auf einer Geraden liegen,
dann gibt es eine Gerade, die genau zwei der Punkte enthält.
Beweis: Wenn wir die Ebene R2 in den R3 nahe der Einheitssphäre S2 einbetten, wie das in der
Zeichnung angedeutet ist, dann entspricht jedem Punkt im R2 ein Paar von gegenüberliegenden
Punkten auf der S2 , und die Geraden im R2 entsprechen Großkreisen auf der S2 . Damit ist der
Sylvester-Gallai-Satz zur folgenden Aussage äquivalent:
Wenn n ≥ 3 Paare von einander gegenüberliegenden Punkten auf der Sphäre gegeben sind, die
nicht alle auf einem Großkreis liegen, dann gibt es immer einen Großkreis, der genau zwei der
Punktepaare enthält.
Nun dualisieren wir, indem wir jedes Paar von gegenüber liegenden Punkten durch den entsprechenden Großkreis auf der Sphäre ersetzen. Das heißt, statt der Punkte ±v ∈ S2 betrachten wir nun
die orthogonalen Kreise, die durch Cv := {x ∈ S2 : ⟨x, v⟩ = 0} gegeben sind. (Dieses Cv ist der
Äquator, wenn wir v als Nordpol der Sphäre interpretieren.)
Damit müssen wir für das Sylvester-Gallai-Problem das Folgende beweisen:
Wenn n ≥ 3 Großkreise auf der S2 gegeben sind, die nicht alle durch einen Punkt gehen, dann gibt
es immer einen Punkt, der auf genau zweien der Großkreise liegt.
Aber die Anordnung von Großkreisen liefert einen ebenen Graphen auf der S2 : seine Knoten
entsprechen den Schnittpunkten dieser Großkreise, und die Kanten den Großkreisabschnitten zwischen je zwei Schnittpunkten. Alle Knotengrade des Graphen sind gerade, und sie sind alle mindestens 4, nach Konstruktion. Also liefert Teil (B) der Proposition die Existenz einer Ecke vom
Grad 4. □
Einfarbige Geraden:
Satz: Wenn endlich viele „schwarze“ und „weiße“ Punkte in der Ebene gegeben sind, die nicht
alle auf einer Geraden liegen, dann gibt es immer eine „einfarbige“ Gerade: eine Gerade, die mindestens zwei Punkte einer Farbe enthält und keine der anderen Farbe.
Beweis: Analog zum Beweis des Slyvester-Gallai-Satzes übertragen wir den Graphen in die Einheitsphäre und dualisieren anschließend. Somit wollen wir folgende äquivalente Aussage zeigen: Für
2
jede endliche Menge von „schwarzen“ und „weißen“ Großkreisen auf der Einheitssphäre, die nicht
alle durch einen Punkt gehen, gibt es einen Schnittpunkt, der entweder nur auf weißen Großkreisen
liegt oder nur auf schwarzen Großkreisen.
Schneidet sich ein weißer und ein schwarzer Großkreis, so entstehen am Schnittpunkt 4 Winkel mit
Farbwechsel. Teil (C) aus der Proposition sagt allerdings, dass es einen Knoten mit maximal 2
Farbwechseln gibt. In unserem Fall heißt das, es gibt einen Knoten ohne Farbwechsel. □
Im Folgenden nennen wir ein konvexes Polygon P ⊆ R2 elementar, wenn seine Ecken ganzzahlig
sind, es aber keine weiteren ganzzahligen Punkte enthält.
Lemma: Jedes elementare Dreieck ∆ = conv{p0 , p1 , p2 } ⊆ R2 hat die Fläche A(∆) = 21 .
Satz von Pick: Die Fläche eines (nicht notwendigerweise konvexen) Polygons Q ⊆ R2 mit ganzzahligen Ecken ist durch
1
A(Q) = nin + nrd − 1
(2)
2
gegeben, wobei nin und nrd die Anzahlen der ganzzahligen Punkte im Inneren bzw. auf dem Rand
von Q sind.
Beweis: Jedes solches Polygon besitzt eine Triangulierung in elementare Dreiecke. Betrachten
wir dieses Polygon nun als ebenen Graphen, so besitzt es f-1 Gebiete im Inneren. ⇒ A(Q) =
1
2 (f − 1). Jedes dieser Dreiecke hat 3 Kanten, wobei die Kanten ein im Inneren des Polygon immer an zwei Dreiecken und die Kanten erd am Rand des Polygons nur an ein Dreieck grenzen
⇒ 3(f − 1) = 2ein + erd ⇒ f = 2(e − f ) − erd + 3
Da der Rand des Polygons einen Kreis bildet, besitzt das Polygon genau so viele Randkanten wie
Ecken d.h. erd = nrd . Zusammen mit der Eulerschen Polyederformel ergibt sich nun:
f = 2(e − f ) − erd + 3 = 2(n − 2) − nrd + 3 = 2nin + nrd − 1
(3)
Setzen wir dieses Ergebnis in (2) ein:
1
A(Q) = nin + nrd − 1
2
□
3
(4)
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