Die alliierte Verweigerung von Friedensgesprächen 1914 – 1919

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Sonderausgabe Dezember 2014
Die alliierte Verweigerung
von Friedensgesprächen 1914 – 1919
Vortrag gehalten am 5.Juli 2014 anlässlich der Jahreshauptversammlung des Vereins der
Freunde des Bayerischen Armeemuseums in Ingolstadt von Professor Hans Fenske.
King George V.
Kaiser Franz Josef
Kaiser Wilhelm II.
Zar Nikolaus II.
In unregelmäßigen Folgen wird der „Freundeskreis“
in Sonderausgaben besondere Themen ansprechen
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Der Festvortrag der diesjährigen Hauptversammlung des Freundeskreises am 5. Juli 2014 im Armeemuseum in Ingolstadt stand ganz
im Zeichen des I. Weltkrieges.
Der renommierte Historiker Professor Hans Fenske widmete sich
dem Thema „Die alliierte Verweigerung von Friedensgesprächen
1914 - 1919“. Ein spannendes Kapitel der Geschichte.
Im Juli 1914 (also vor 100 Jahren) begann in Europa eine neue Ära.
Die politische Landkarte hatte 1919 ein anderes Gesicht erhalten
und Europa hat seine Weltstellung verlohren. Und wer hatte die
Schuld? Wir sind Herrn Professor Hans Fenske dankbar für seine
offenen und klärenden Worte.
Vortrag
Bei der Übergabe des Friedensvertrags an
die deutsche Delegation am 7. Mai 1919 in
Versailles sagte der französische Ministerpräsident Clemenceau in sehr schroffem
Ton, den Alliierten sei der fürchterlichste
Krieg aufgezwungen worden, nun sei die
Stunde der Abrechnung da. Mündliche
Verhandlungen werde es nicht geben, nur
schriftliche Bemerkungen zur Gesamtheit
des Vertrags seien binnen zwei Wochen
zulässig. In seiner Antwort wies der deutsche Außenminister Brockdorff-Rantzau
den Vorwurf der Alleinschuld zurück und
verlangte, daß eine unparteiische Kommission das Maß der Schuld aller Beteiligten
ermitteln solle.
angemessenen Sicht kamen. Bereits 1914
erklärte der sehr angesehene amerikanische Jurist John William Burgess nach
dem Studium der von den Kriegführenden vorgelegten Farbbücher ( von jeder
Regierung vorgelegte offizielle Bücher
der diplomatischen Dokumente ), die
Entente habe einen weit größeren Anteil
an der Verantwortung für den Krieg als
Deutschland und die Donaumonarchie.
Der schweizerische Privatgelehrte Ernst
Urteile Neutraler/
Unparteiischer zum
Kriegsausbruch
Selbstverständlich waren die Siegermächte zur Bildung eines solchen Gremiums nicht bereit. Aber es gab zahlreiche neutrale Gelehrte, die bei ihren
Forschungen zu einer den Tatsachen
Georges
Clemenceau
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Sauerbeck bestätigte das 1919 völlig.
Nach seinem Befund hatte die Entente
den Krieg ohne Not entfesselt und ihn
ohne Not zu dem gemacht, was er war,
zum Grab ganzer Völker. Als dritte und
größte Schuld lastete er der Entente
an, den Krieg durch den Friedensvertrag „zum schlimmsten Unheil sich auswachsen zu lassen, das die Welt bedrohen kann, zu einem viel entsetzlicheren
Krieg“ als der 1914 begonnene, zu einem
Krieg nicht nur zwischen den Völkern,
sondern in ihnen, in dem jedenfalls die
europäische Welt „ihre tausendjährigen Werte zugrunde gehen sieht“. Der
französische Journalist und frühere Diplomat Alcide Ebray empfahl 1924 eine
gründliche Revision des Versailler Vertrags. Den entscheidenden Anteil an der
Kriegsschuld schrieb er dem Zarenreich
zu, während er Deutschland bescheinigte, im Juli 1914 in Wien und St. Petersburg
für eine versöhnliche Haltung gewirkt zu
haben. Zu einem ähnlichen Befund kamen Sachverständige aus Norwegen, der
Schweiz, den Niederlanden, Schweden
und Finnland, die ihre Gutachten 1927 in
einem vom Norwegischen Komitee zur
Untersuchung der Kriegsschuldfrage herausgegebenen Band vorlegten.
Nach Hermann Aall, Professor des
Völkerrechts in Oslo,dem Sekretär des
Komitees, hatte Rußland den Krieg provoziert und Großbritannien einen entscheidenden Anteil an seinem Ausbruch.
Axel Drolsum von der Universität Oslo
stellte fest, „dass Deutschland 1914 als
die einzige Macht sich ehrlich und nach
allen Kräften für den Frieden bemüht
hat. Seine Friedensbestrebungen scheiterten an dem Kriegswillen der andern
Mächte“.
Krisenherd Balkan
und Juli Krise
In Serbien war seit dem blutigen Offiziersputsch vom Juni 1903, bei dem das
Königspaar ermordet wurde, die Radikale Partei die bestimmende Kraft. Sie
betrieb eine ausgesprochen antiösterreichische Außenpolitik. Alle Serben
sollten in einem Staat vereinigt werden.
Das bedingte den Zugriff auf weite Territorien der Donaumonarchie, lebten dort
doch mehr Serben als im Königreich. Als
das Habsburgerreich die von ihm seit
1878 verwalteten Provinzen Bosnien und
Herzegowina im Oktober 1908 annektierte, gab es eine schwere internationale
Krise. Bei ihrer Beilegung im März 1909
mußte sich Serbien vertraglich verpflichten, fortan gutnachbarliche Beziehungen
zu Österreich-Ungarn zu pflegen. Das
änderte jedoch nichts an der scharfen
Frontstellung. Zunächst richtete sich
die Aktivität aber nach Süden. Der zur
Eroberung Libyens im Herbst 1911 von
Italien begonnene Krieg gegen das Osmanische Reich veranlasste Gespräche Serbiens und Bulgariens darüber,
ob man sich nicht ebenfalls gegen die
Türken wenden sollte. Sie schlossen im
März 1912 ein Bündnis und eröffneten
im Herbst den Feldzug. Gemeinsam mit
Montenegro und Griechenland nahmen
sie dem Osmanischen Reich im Ersten
Balkankrieg fast dessen gesamten Besitz
auf dem Balkan ab. Das geschah mit voller Billigung Rußlands, das die Meerengen unter seine Kontrolle bringen wollte
und deshalb starkes Interesse an Veränderungen auf dem Balkan hatte. Der
Erfolg steigerte das serbische Selbst-
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bewußtsein sehr. Bereits im November
1912 meldete der französische Gesandte
in Belgrad nach Paris, Serbien sei entschlossen, bei der ersten Gelegenheit
Österreich zu demontieren. König Peter
I. fragte den russischen Gesandten, ob
man den Zusammenbruch des Habsburgerreichs jetzt bewirken oder damit noch
warten solle. Der Gesandte gab die Frage
nach St. Petersburg weiter. Von dort kam
im Februar 1913 die Antwort, Rußland
sei derzeit zu einem Krieg gegen Österreich-Ungarn nicht bereit. Serbien möge
einstweilen mit dem jüngsten Gebietszuwachs zufrieden sein, „um dann später,
wenn die Zeit reif geworden sein wird,
das österreich-ungarische Geschwür aufzubrechen.“ In der Folge kamen weitere
Äußerungen aus St. Petersburg, Serbien
finde sein verheißenes Land in der Donaumonarchie, es müsse sich auf den unausweichlichen Kampf vorbereiten.
Als Serbien im Streit um die eben gemachte Beute im Sommer 1913 gemeinsam mit Griechenland und Rumänien im
Zweiten Balkankrieg gegen Bulgarien
vorging, stärkte ihm Rußland den Rücken; es war eindeutig ein russischer Satellit. Das Verlangen Serbiens nach einem
Zugang zur Adria führte neuerlich zu
einer schweren Krise. Für die Beilegung
sorgten das Deutsche Reich, das in Wien
mäßigend wirkte, und Großbritannien.
Anfang 1914 sah die Führung in St.
Petersburg Rußland deutlich besser auf
den Krieg vorbereitet als ein Jahr zuvor.
Bei einem Kriegsrat wurde beschlossen, den kommenden Krieg zur Eroberung der Dardanellen zu benutzen. Die
russische Militärzeitschrift bekundete
ausdrücklich die Kriegsbereitschaft des
Zarenreiches und Ende März sagte der
Sasonow
Leiter der Militärakademie vor Offizieren, der Krieg mit dem Dreibund sei unvermeidlich und werde wohl im Sommer
ausbrechen.
Der russische Außenminister Sasonow
ließ zur gleichen Zeit in London auf den
schnellen Abschluß der Verhandlungen
über eine britisch-russische Marinekonvention drängen. Anfang Juni meldete
der belgische Gesandte in St. Petersburg
nach Brüssel, Rußland werde bald von
seinem Kriegswerkzeug Gebrauch machen.
Unzweifelhaft war, daß das Zarenreich
im Kriegsfall Rückhalt an Frankreich und
Großbritannien hatte. Ein Bündnis mit
Frankreich bestand seit 1894, mit Großbritannien war 1907 eine Verständigung
über die Interessen in Asien zustande
gekommen, so wie Frankreich und Großbritannien sich 1904 über Marokko und
Ägypten verständigt hatten. Diese Konvention von 1904 wurde ab 1905 ergänzt
durch feste Absprachen zwischen den
Generalstäben der beiden Staaten, in die
auch Belgien einbezogen wurde. Es bestand ein gemeinsamer Operationsplan.
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Ein britisches Expeditionskorps von
150.000 Mann sollte spätestens drei Wochen nach dem ersten Mobilmachungstag in Belgien einsatzbereit sein.
Im September 1912 war Sasonow sechs
Tage lang mit König Georg V. und dem
britischen Außenminister Grey im schottischen Balmoral zusammen. Er bekam
die Zusicherung, Großbritannien werde
Frankreich im Falle eines deutsch-französischen Kriegs in jeder Hinsicht unterstützen. Grey sagte dabei, England werde der deutschen Machtstellung dann
einen so vernichtenden Schlag wie möglich versetzten – ihm war das schnelle
wirtschaftliche Wachstum Deutschlands
ein großes Ärgernis; dessen Schwächung
ein Herzensanliegen. Der französische
Ministerpräsident und Außenminister
Dragutin Dimitrijevic
Poincaré versicherte Rußland im Laufe
des Jahres 1912 wiederholt, Frankreich
werde im Kriegsfall nicht zögern, seine
Verpflichtungen gegenüber dem Zarenreich zu erfüllen. Bei seinem Besuch in
St. Petersburg im August warb er für eine
russische Intervention auf dem Balkan,
und im November schlug er Sasonow
einen Präventivkrieg Rußlands, Frankreichs und Großbritanniens vor, um ein
Eingreifen der Donaumonarchie in den
Balkankrieg zu verhindern. Bei einer
derartigen Aktion wäre auch Deutschland ein Angriffsobjekt gewesen.
Als der serbische Geheimbund „Vereinigung oder Tod“ 1914 die Ermordung
des österreichischen Thronfolgers Franz
Ferdinand in Sarajewo vorbereitete,
fragte der Anführer des Putsches von
1903 und nunmehrige Geheimdienstchef
Dimitrijevic den russischen Militärattaché, ob das Vorhaben genehm sei. Der
holte in St. Petersburg das Placet ein.
Daß die Donaumonarchie auf die Ermordung ihres Thronfolgers durch serbische Hand hart reagieren würde, war indessen unzweifelhaft. Offenbar sah man
in St. Petersburg jetzt den Augenblick
gekommen, das österreich-ungarische
„Geschwür“ aufzubrechen.
Der Mord geschah am 28. Juni. Gut
drei Wochen später trafen Poincaré, jetzt
Staatpräsident und sein Ministerpräsident
Viviani am 20. Juli zu einem seit längerem
geplanten Staatsbesuch in St. Petersburg
ein. Sie wiederholten in den Gesprächen
dieser Tage die schon oft gegebene Zusicherung der unbedingten französischen
Bundestreue. Sasonow und Viviani waren
sich am 23. Juli einig, daß alles getan werden mußte, um dem österreichischen Verlangen nach Aufklärung oder irgendeiner
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Die Schüsse von Sarajevo
Aufforderung zuvorzukommen, die man
als Einmischung in Serbiens Unabhängigkeit ansehen konnte.
Bei einem Essen am Abend des 22. Juli
sagte die Gattin des Großfürsten Nikolai
Nikolajevitsch, der die kaiserliche Garde
kommandierte, ihrem Tischherrn, dem
französischen Botschafter Paléologue,
der Krieg werde noch Ende des Monats
beginnen, von Österreich werde nichts
übrig bleiben, Deutschland vernichtet
werden. Mutmaßlich gab sie damit die
Ansicht ihres Mannes wieder. Unmittelbar nach der Abreise der Staatsgäste ließ
der Zar am 24. Juli informell die Mobilmachung beginnen, formell geschah das
erst fünf Tage später gegen ÖsterreichUngarn, am Tage darauf insgesamt. Die
britische Flotte wurde am 26. Juli in
Kriegsbereitschaft versetzt, Frankreich
rief gleichzeitig alle Urlauber zu ihren
Einheiten zurück.
In Wien waren Außenminister Berchthold und der Generalstabschef nach dem
Mord für sofortiges Losschlagen, der
ungarische Ministerpräsident verhinderte das. Man einigte sich auf eine hart
formulierte Note an Serbien, die aber
erst nach der Abreise Poincarés aus St.
Petersburg überreicht werden sollte. Ein
hoher Beamter des Außenministeriums
wurde nach Berlin entsandt, um nach
der deutschen Haltung zu fragen. Er
erfuhr am 5. Juli, daß mit der deutschen
Bundestreue zu rechnen sei. Am Abend
dieses Tages waren sich die maßgeblichen deutschen Entscheidungsträger bei
einem Treffen einig, daß Rußland nicht
intervenieren werde, eine krasse Fehleinschätzung.
Die österreichische Note an Serbien
sollte innerhalb von 48 Stunden beantwortet werden. Sie verlangte die Unterdrückung der gegen die Habsburgermonarchie gerichteten Bestrebungen und
President Raymond Poincaré
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erbat die Teilnahme österreichischer
Beauftragter dran sowie an der Aufklärung des Mordes. Daß die Attentäter
Verbindung zu Dimitrijevic hatten, war
von einem von ihnen im Verhör gestanden worden. Im serbischen Ministerrat
war die Neigung zum Entgegenkommen
zunächst stark, eine Rückfrage in St. Petersburg bewirkte dann aber einen Meinungsumschlag.
So machte Serbien am Nachmittag des
25. Juli mobil und übergab drei Stunden
später eine recht konziliante Antwort.
Nur die Mitwirkung von Österreichern
bei der Unterdrückung der subversiven
Arbeit und an der Aufklärung des Mordes wurde abgelehnt. Am selben Tage
ließ Berchtold in St. Petersburg sagen,
daß der Kampf mit Serbien, wenn er
„uns aufgezwungen wird“, nicht um territorialen Gewinn gehe, sondern der Verteidigung diene, und daß die serbische
Souveränität nicht angetastet werde.
Das Deutsche Reich suchte bis zuletzt
zu vermitteln. Am 28. Juli, dem Tag der
österreichischen Kriegserklärung an
Serbien, riet Kaiser Wilhelm II. in Wien,
in Belgrad haltzumachen, und noch am
31. Juli bat er den Zaren drängend, das
„Unheil, das nun die ganze zivilisierte
Welt bedroht“, abzuwenden. Der Friede
Europas könne erhalten bleiben, wenn
Rußland die militärischen Maßnahmen
einstelle, die Deutschland und Österreich-Ungarn bedrohten. Da Nikolaus
II. die Mobilmachungsordre nicht aufhob, teilte das Deutsche Reich Rußland
am Abend des 1. August mit, daß es den
Kriegszustand als eingetreten betrachte.
Am 3. August erklärte es auch Frankreich den Krieg, nachdem die Bemühungen, Frankreich neutral zu halten, erfolg-
los geblieben waren. Das war präventiv
gedacht: Frankreich sollte nicht die Wahl
für den Zeitpunkt des Angriffs überlassen bleiben.
Die Verletzung der nur nominell bestehenden belgischen Neutralität gab
Grey, der sich während der ganzen Krise
sehr unehrlich verhalten hatte, die willkommene Gelegenheit, Großbritannien
am 4. August in den Krieg zu führen.
Eindeutig wollte Rußland im Sommer
1914 den großen Krieg, und Frankreich
und Großbritannien wollten ihn ebenfalls. Sie taten nichts, um in St. Petersburg zu mäßigen und bestärkten durch
die Bekundung ihrer Loyalität den russischen Kriegswillen. Deutschland und
Österreich-Ungarn wollten den großen
Krieg nicht. Sie glaubten allzu lange an
die Möglichkeit, den serbisch-österreichischen Konflikt zu begrenzen.
Ziele der Entente
Bei seiner Rundreise durch das Vereinigte Königreich sagte Premierminister
Asquith im September in Edinburgh,
der Krieg sei der „Kreuzzug gegen die
Anmaßung einer einzelnen Macht, die
Entwicklung Europas zu beherrschen“.
In Dublin erklärte er, es gehe darum, zu
verhindern, daß kleine Nationen von einer sich überhebenden Macht vernichtet
würden, und es gehe um „die endgültige
Abschaffung des Militarismus als des regierenden Faktors in den Beziehungen
der Staaten“. In einer Rede in London
sprach er am 9. November von der notwendigen Niederwerfung des preußischen Militarismus. Sein Parteifreund
Lloyd George rief am 19. September aus,
das deutsche Volk müsse von der Hölle
8
Der englische Aussenminister
Edward Grey
der Militärkaste befreit werden. „Nicht
eher soll der Krieg enden, als bis der
Friede Europas gesichert ist durch völlige und endgültige Garantie gegen die
Möglichkeit, daß der Friede je wieder
durch den Militarismus Preußens gestört
werden kann“. In der Thronrede hieß es
am 11. November, England werde solange weiterkämpfen, bis es den Frieden
bestimmen könne. Von dieser Haltung
ging die britische Regierung in der Folge nicht ab. Auch in Frankreich fehlte es
nicht an der Forderung, den preußischen
Militarismus zu zerschlagen. Im Oktober 1914 nannte Außenminister Delcassé dem russischen Botschafter als das
Ziel Frankreichs „die Vernichtung des
Deutschen Reiches und die möglichste
Schwächung der militärischen und politischen Macht Preußens“. Ähnlich sprach
Sasonow im September in einem Memorandum für die französische Regierung von der Zerstörung der deutschen
Macht und der deutschen Anmaßung,
in Europa vorherrschend zu sein. Am 5.
September verpflichteten sich die drei
Entente-Staaten vertraglich, keinen Separatfrieden zu schließen und sich nur
nach Absprache mit den Verbündeten
öffentlich zu den Kriegszielen zu äußern.
Über diese Ziele wurden manche Verträge geschlossen, auch mit Staaten, die, wie
Italien 1915, sich im Laufe des Krieges
den Alliierten anschlossen. Es ging bei
diesen Planungen um eine erhebliche
Schwächung Deutschlands sowie um die
Zerschlagung der Donaumonarchie und
des Osmanischen Reiches, das im Herbst
1914 an die Seite der Mittelmächte getreten war. Nach den großen Anfangserfolgen des deutschen Heeres im Westen war
nicht auszuschließen, daß mit den Gegnern bald über den Frieden zu sprechen
war. Bethmann Hollweg ließ deshalb im
Hauptquartier, wo er sich aufhielt, einen
Théophile Delcasé
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ausdrücklich als vorläufig bezeichneten
Katalog denkbarer Ziele aufstellen und
übersandte ihn am 9. September den
Staatssekretären für Auswärtiges und für
Inneres zur Überprüfung. Die Vorschläge gingen dahin, Frankreich für 15 bis 20
Jahre zu einer so bemessenen Kriegsentschädigung zu verpflichten, daß es zu hohen Rüstungsaufwendungen nicht in der
Lage war, territoriale Opfer mit Ausnahme des Erzbeckens von Briey aber nicht
bringen mußte.
Des Weiteren sollte es durch einen
Handelsvertrag eng an Deutschland gebunden werden. An anderer Stelle des
Katalogs war die Rede von einem mitteleuropäischen Wirtschaftsverein unter
deutscher Führung. Damit identifizierte
Bethmann Hollweg sich am ehesten. Um
ein festes Programm handelt es sich bei
diesem Papier nicht. Mit der Schlacht an
der Marne kam die deutsche Offensive
zum Stehen, es begann der Stellungskrieg, und die Hoffnungen auf ein baldiges Kriegsende mußten aufgegeben
werden. Mitte November trug der preußische Kriegsminister General von Falkenhayn, der nun die Operationen im
Westen leitete, dem Kanzler vor, es sei
unmöglich, einen anständigen Frieden zu
erreichen, solange Rußland, Frankreich
und England zusammenhielten. So müsse
versucht werden, Rußland von der gegnerischen Koalition abzusprengen. Dann
könnten Frankreich und England niedergerungen werden. Aber vermutlich werde Frankreich einlenken, wenn Rußland
Frieden mache. Rußland sollte eine ausreichende Kriegsentschädigung zahlen,
territorial aber unversehrt bleiben, abgesehen von einigen kleinen Grenzkorrekturen. Frankreich sollte ebenfalls zu einer
Kriegsentschädigung verpflichtet werden,
aber doch einen ehrenvollen Frieden erhalten, da Deutschland und Frankreich
nach dem Krieg wieder einvernehmlich
zusammenleben müßten. Bethmann
Hollweg stimmte diesen Überlegungen
voll zu. Gelinge es nicht, Rußland von der
gegnerischen Koalition zu lösen, könnte
der Krieg eine für Deutschland unglückliche Wendung nehmen. Aber selbst wenn
dieses Extrem nicht eintrete, habe es nur
die Aussicht, „daß der Krieg wegen allgemeiner gegenseitiger Erschöpfung ohne
ausgesprochene militärische Niederlage
der einen oder anderen Partei“ aufhöre.
An dieser Ansicht hielt Bethmann Hollweg in der Folge fest. Sein Kriegsziel war
nun die Selbstbehauptung Deutschlands.
Für dessen Sicherheit wollte er Garantien
erlangen, erläuterte das aber nur allgemein. Belgien und Polen sollte nicht wieder zum Aufmarschgebiet gegen Deutschland werden können.
Deutsche
Friedenssondierungen
Kurz nach dem Gespräch Falkenhayns
mit Bethmann Hollweg bot der dänische
König Christian X. über den dänischen
Reeder und Staatsrat Hans Niels Andersen und den deutschen Reeder Albert
Ballin, einem Freund des Kaisers Wilhelm II. die Vermittlung eines Friedens
in London und St. Petersburg an. Bethmann Hollweg wollte die Antwort verzögern, damit zunächst noch die militärische Lage im Osten verbessert werden
konnte, aber Falkenhayn und der Kaiser
hielten eine Verständigung mit Rußland
für dringend und gaben Andersen einen
positiven Bescheid. Dieser hörte im März
10
Der Reichstag in Berlin mit BismarckDenkmal um 1900
1915 bei seinem ersten Aufenthalt in Petrograd, wie die russische Hauptstadt nun
hieß, von Zar Nikolaus II., er werde seine
Verbündeten niemals im Stich lassen und
sei entschieden gegen einen Sonderfrieden. In diesem Sinne wurden auch der
britische und der französische Botschafter, die von Andersens Besuch Kenntnis
erlangt hatten, bei Außenminister Sasonow vorstellig. Als Andersen im Juni und
August auf Wunsch Bethmann Hollwegs
neuerlich in Petrograd war, erhielt er keinen anderen Bescheid.
Ebenfalls im November 1914 versuchte das Auswärtige Amt mit Japan ins Gespräch zu kommen, das dem Reich im
August den Krieg erklärt und das deutsche Pachtgebiet Kiautschou in der chinesischen Provinz Shantung besetzt hatte. Staatssekretär Jagow meinte, England
könne kein Interesse an einer weiteren
Stärkung Japans haben. Das biete dem
Deutschen Reich, wenn es den Verlust
Kiautschous hinnehme, die Möglichkeit
zu einer Anknüpfung mit Japan.
Danach könnte Japan mit Rußland
vermitteln.
Dieser
Kontaktversuch
brachte gar nichts. Im Dezember 1914
ließ der japanische Gesandte in Stockholm Uchida, seinen deutschen Kollegen über schwedische Mittelsmänner
wissen, Japan sei an einer Verständigung
mit Deutschland interessiert. Er handelte dabei nicht im Auftrag seiner Regierung, sondern aus eigener Initiative. So
erbrachten auch diese Kontakte nichts.
Als Uchida Anfang 1916 erstmals persönlich mit dem deutschen Gesandten
zusammentraf mußte er erklären, daß
es gemäß der Londoner Vereinbarung
vom September 1914 keinen Sonderfrieden geben werde und das das Deutsche
Reich sich den Friedensbedingungen der
Entente unterwerfen müsse.
Bethmann Hollweg erklärte wiederholt öffentlich, das Reich sei bei angemessenen Vorschlägen jederzeit gesprächsbereit. Dem Vertrauten Präsident
Wilsons, Edward House, sprach er im Januar 1916 seine Sympathie für einen von
den USA gemachten Friedensschritt aus.
Im Verlaufe des Jahres folgten drei weitere Erklärungen in diesem Sinne. Mit dem
österreich-ungarischen Außenminister
Burian verständigte er sich im Oktober
auf einen gemeinsamen Friedensschritt.
Er sollte zu einem Zeitpunkt erfolgen, an
dem er nicht als Zeichen von Schwäche
ausgelegt werden konnte.
Das war nach der Eroberung Rumäniens der Fall. Am 12.Dezember machten
die Mittelmächte der Entente über neutrale Staaten den Vorschlag, alsbald Friedensverhandlungen aufzunehmen. Sie
würden dabei Vorschläge unterbreiten,
die eine geeignete Grundlage für einen
dauerhaften Frieden seien. Das taten sie
auch öffentlich kund. Die Alliierten lehnten schroff ab und erklärten, Deutschland
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und seine Verbündeten müßten für alles,
was sie begangen hätten, Sühne, Wiedergutmachung und Bürgschaft leisten.
Auch das Vermittlungsangebot Wilsons vom 16. Dezember 1916 wiesen
sie zurück. Es sei derzeit unmöglich,
einen Frieden zu schließen, der ihren
Vorstellungen entspreche. Sie wollten
die Wiederherstellung Belgien, Serbiens
und Montenegros, die Rückgabe Elsaß-
Theobald von Bethmann Hollweg
Lothringen an Frankreich, die Übertragung aller polnisch besiedelten Gebiete
an Rußland und die Zerschlagung der
Donaumonarchie sowie des Osmanischen Reiches. Auch wollten sie die Mittelmächte nicht gleichberechtigt an Friedensverhandlungen teilnehmen lassen.
Wilson bot dem deutschen Botschafter
Ende Januar 1917 nochmals seine guten
Dienste für einen Ausgleich zwischen
den Kriegsgegnern an und bat um Mitteilung der deutschen Vorstellungen. Genannt wurden ihm die Gewinnung einer
Deutschland und Polen gegen Rußland
sichernden Grenze – die Mittelmächte hatten jüngst das Königreich Polen
proklamiert –, eine Verständigung über
koloniale Fragen, gewisse Korrekturen
an der Grenze zu Frankreich und der
wirtschaftliche und finanzielle Ausgleich
zwischen den Kriegsgegnern.
Nach dem Tode des Kaisers Franz
Joseph im November 1916 trat sein
Großneffe Karl an die Spitze des Habsburgerreiches. Nach dem Mißerfolg des
Friedensangebots vom Dezember 1916
suchte Karl I. auf privaten Wegen nach
Friedensmöglichkeiten. Sein Schwager
Prinz Sixtus von Bourbon-Parma, ein
belgischer Offizier, führte im Frühjahr
1917 in der Schweiz, in Paris und in London etliche Gespräche, die jedoch kein
Ergebnis hatten.
Im Februar 1917 nahm das Deutsche
Reich den unbeschränkten U-Boot-Krieg
wieder auf. Daraufhin traten die USA im
April auf der Seite der Entente in den
Krieg ein. Es dauerte freilich bis zum Beginn des Jahres 1918, ehe amerikanische
Truppen in Frankreich in großem Umfang zum Einsatz kamen. Die Hoffnung
der Seekriegsleitung, England durch den
U-Boot-Krieg in wenigen Monaten zum
Einlenken zu bringen, erfüllte sich nicht.
Der Krieg dauerte unentschieden fort.
Die Friedensresolutiun des Reichstags
Im Frühjahr 1917 fürchtete die österreichische Führung, die Donaumonarchie werde
den Krieg nicht über den nächsten Winter hinaus fortsetzen können. Kaiser Karl
I. und der neue Außenminister Czernin
drängten deshalb in Berlin auf neue Frie-
12
Zar Nikolaus II
densvorschläge. Bethmann Hollweg bekräftigte seine Gesprächsbereitschaft, sagte aber, gegenwärtig könne der Krieg nur
durch die Unterwerfung der Mittelmächte unter den Willen der Alliierten beendet werden. Man müsse die Entwicklung
in Rußland abwarten. Dort hatte es im
März Arbeiterunruhen gegeben, der Zar
deshalb abgedankt, sein Bruder auf die
Thronfolge verzichtet. Mitte April erhob
der russische Rätekongreß die Forderung
nach einem allgemeinen Frieden ohne Annexionen und Entschädigungen.
In Deutschland nahm die Sozialdemokratie diese Formel sogleich auf. Auch
der Zentrumspolitiker Matthias Erzberger, der für die Reichsregierung gelegentlich im Ausland war, machte sie sich
zu eigen. Vor allem auf ihn ging die Resolution zurück, die der Reichstag am 19.
Juli 1917 verabschiedete. Mit deutlicher
Mehrheit sprach sich das Parlament für
einen Frieden der Verständigung und der
dauerhaften Versöhnung der Völker und
gegen erzwungene Gebietsabtretungen
und wirtschaftliche und finanzielle Vergewaltigungen aus. Nur ein Wirtschaftsfrieden mache ein freundliches Zusammenleben der Völker möglich. Auch trat
der Reichstag für die Schaffung internationaler Rechtsorganisationen ein.
Die Oberste Heeresleitung war gegen
die Resolution. Bethmann Hollweg hielt
sie zu diesem Zeitpunkt für unpassend
und verlor deshalb das Vertrauen der
sich für sie einsetzenden Parteien. Am
13. Juli trat er zurück. Sein Nachfolger
Georg Michaelis bekannte sich zu Beginn der Debatte über die Resolution zur
dauernden Versöhnung der Völker und
zu einem Frieden der Verständigung, der
aber Deutschlands Interessen in Europa
und in Übersee garantieren müsse.
Papst Benedikt XV.
13
Lloyd George, nunmehr britischer Premier, nannte die Rede ein Bekenntnis zum
Kriege und zu einem falschen Frieden.
Am 11. August 1917 forderte Papst
Benedikt XV. die Kriegführenden zu
Friedensverhandlungen auf. Er sprach
sich für eine obligatorische Schiedsgerichtsbarkeit bei allen zwischenstaatlichen Streitfragen, die Regelung aller
territorialen Fragen in versöhnlichem
Geist, den wechselseitigen Verzicht auf
Kriegsentschädigungen, die Abrüstung
und die Freiheit der Meere aus. Dieser
Aufruf war durch Nuntius Eugenio Pacelli (der spätere Pius XII) Ende Juni mit
der Reichsleitung abgestimmt worden.
Eine amtliche deutsche Stellungnahme
dazu erging erst Mitte September und
sprach den lebhaften Wunsch aus, der
päpstlichen Initiative möge Erfolg beschieden sein.
Diese Erklärung wurde sofort an die
Presse gegeben, damit legte sich die
Reichsregierung wiederum, wie schon
so oft, öffentlich auf eine Verständigung
fest. Die Alliierten lehnten den Vorschlag
des Papstes sogleich ab, sehr entschieden
tat das Wilson.
Am 1. November schied Michaelis aus
dem Amt. Der neue Reichskanzler Georg Graf von Hertling nahm in der Friedensfrage keine andere Haltung ein als
seine beiden Vorgänger.
Brest-Litowsk
In Rußland gelangten die Bolschewiki am
7. November 1917 durch einen Aufstand
an die Macht. Lenin, der Vorsitzende
des nun herrschenden Rates der Volkskommissare, erklärte am 9. November
vor dem Rätekongress, seine Regierung
werden den Völkern aller kriegführenden Staaten den Frieden auf der Grundlage der Sowjetbedingungen anbieten,
keine Annexionen und Kontributionen,
Selbstbestimmungsrecht der Völker. Das
besagte auch sein Dekret für den Frieden.
Dem Ersuchen um einen Waffenstillstand
entsprachen die Mittelmächte. Am 4. Dezember trat die Waffenruhe zum Zweck
der „Herbeiführung eines dauerhaften
und für alle Teile ehrenvollen Friedens“
ein. Die Verhandlungen darüber begannen am 22. Dezember in Brest-Litowsk.
In der Sitzung am 25. Dezember nannte
Österreich-Ungarns Außenminister Graf
Czernin die russischen Prinzipien eine
diskutable Grundlage. Sollten sie mit
Leben erfüllt werden, müßten sich die
Regierungen aller kriegführenden Staaten auf ihre Beachtung verpflichten. Man
beschloß, die Alliierten um eine entsprechende Äußerung binnen zehn Tagen zu
bitten. Es erfolgte keine Reaktion. Ebenso ignorierten die Westmächte die Einladung des russischen Außenkommissars,
sich an den Friedensverhandlungen zu
beteiligen. Ein von Czernin veranlaßtes Gespräch eines österreichischen
Diplomaten mit dem südafrikanischen
Politiker Smuts, der Mitglied des britischen Reichs-Kriegskabinetts war, Ende
Dezember in Bern erbrachte ebenfalls
nichts. Immerhin wurde in diesen Tagen
in London erwogen, ob Konzessionen
gemacht werden könnten. Die Regierung beschloß aber, an der harten Linie
festzuhalten.
Der Entwurf der Mittelmächte für den
Friedensvertrag mit Rußland war sehr
kurz. Danach hatte die russische Regierung von dem auf den Volkswillen gestützten Beschluß Kenntnis zu nehmen,
14
für Polen, Litauen, Kurland und Teile
von Estland und Livland die volle staatliche Selbständigkeit herzustellen. Weitere Artikel regelten das Wiederinkrafttreten der vor dem Kriege bestehenden
Verträge und den beiderseitigen Verzicht
auf den Ersatz von Kriegsschäden und
die Erstattung von Kriegskosten. Die
Sowjetführung war sich über den Vertrag nicht einig. Lenin sagte in Erwartung der Weltrevolution, er werde nicht
lange halten, könne also unterzeichnet
werden. Außenkommissar Trotzki schlug
vor, einfach aus dem Kriege herauszugehen und fand dafür eine Mehrheit. Nach
seiner Rückkehr nach Brest-Litowsk
setzte er zunächst auf ein Hinauszögern
der Verhandlungen und erklärte am 10.
Februar 1918 in der Politischen Kommission, Rußland unterzeichne den Vertrag
nicht, es gehe aus dem Krieg heraus und
hoffe, daß alle anderen Völker sich dem
anschlössen. Das werteten die Mittelmächte völkerrechtlich zutreffend als
Kündigung des Waffenstillstandes. Nach
Ablauf der Kündigungsfrist nahmen sie
den Vormarsch wieder auf. Wenig später
war das Zentralkomitee zur Unterzeichnung des nun vorgelegten neuen Vertrags
bereit. Er entsprach dem früheren und
erhielt einige Ergänzungen zu Zentralasien und Armenien. Der Friedensschluß
erfolgte am 3. März. Die Ukraine hatte
ihre Unabhängigkeit im November 1917
erklärt. Mit ihrer Anfang Februar 1918
in Brest-Litowsk eingetroffenen Delegation kam der Friedensvertrag schon wenige Tage später zustande. Vom Juni bis
Ende August wurden in Berlin deutschrussische Zusatzverträge ausgehandelt.
Dabei wurde festgelegt, daß die Mittelmächte ihre Truppen aus dem besetzten
President Woodrow Wilson
russischen Gebiet nach dem allgemeinen
Friedensschluß abziehen sollten.
Kriegsende
und Friedensschluss
Die Beendigung der Kampfhandlungen
im Osten ermöglichte der Obersten Heeresleitung die Verlegung von Truppen
an die Westfront. Die Ende März dort
beginnende deutsche Offensive sollte
insbesondere britische Truppen treffen,
um London gesprächsbereit zu machen.
Zunächst war sie sehr erfolgreich, kam
aber Anfang Juni zum Stehen. Ab Juli
drängten die alliierten Streitkräfte die
deutschen Truppen allmählich zurück.
Bulgarien stand seit 1915 an der Seite
der Mittelmächte. Mitte September 1918
durchbrachen die Alliierten die dortige
Front. Das Land mußte Ende des Monats bedingungslos kapitulieren. Nun
verlangte Hindenburg, der Chef der
Obersten Heeresleitung, die Reichsregierung solle Präsident Wilson um die
15
Vermittlung eines Waffenstillstandes bitten. Dafür fand er in Berlin Zustimmung.
Der Kronrat beschloß am 29. September,
das parlamentarische System einzuführen, um damit die Aussicht auf einen
günstigen Frieden zu verbessern. Hertling war gegen die Parlamentarisierung
und trat zurück. Neuer Reichskanzler
wurde Prinz Max von Baden. Durch seine langjährige Tätigkeit in der Fürsorge
für Kriegsgefangene besaß er Ansehen
auch im Ausland, vor kurzem hatte er
sich öffentlich für einen Völkerbund ausgesprochen und innenpolitisch war er reformbereit. Noch am Tage seiner Ernennung, am Abend des 3. Oktober, bat er
Wilson über die Schweiz um die Herstellung des Friedens auf der Grundlage der
Vierzehn Punkte vom 8. Januar 1918 und,
zur Vermeidung weiteren Blutvergießens, um den sofortigen Abschluß eines
Waffenstillstands. Die Donaumonarchie
schloß sich dem Schritt einen Tag später
an, das Osmanische Reich bald danach.
Wilson verzögerte die Erfüllung der
Bitte um sofortigen Waffenstillstand um
fünf Wochen, weil die Alliierten vorher
noch ihre militärische Position verbessern wollten. Am 5. November teilte
Außenstaatssekretär Lansing mit, die
Alliierten seien zu einem Waffenstillstand bereit, der ihnen „die unbedingte
Macht sichert, die Einzelheiten des von
der deutschen Regierung angenommenen Friedens zu erzwingen“. Die Verzögerung kostete noch etwa 100.000 Soldaten das Leben. In dieser Zeit zerfiel die
Donaumonarchie und in Deutschland
entwickelte sich Anfang November sehr
schnell eine Revolution, die der SPD-Politiker Scheidemann am 9. November nur
dadurch eindämmen zu können glaubte,
daß er vor Demonstranten vorm Reichstag ein Hoch auf die deutsche Republik
ausbrachte. Die Regierungsgewalt übernahm nun ein Rat der Volksbeauftragten. Der am frühen Morgen des 11. November unterzeichnete Waffenstillstand,
demzufolge die Kämpfe mittags endeten,
machte dem Deutschen Reich die Wiederaufnahme des Kampfes unmöglich
und kam so einer bedingungslosen Kapitulation gleich. Völkerrechtlich war
er in mancher Hinsicht fragwürdig, weil
er Bedingungen enthielt, die politischer
Natur waren – die Annullierung der Ostfriedensverträge –, und weil er die Fortdauer der Blockade bis zum Friedensschluß feststellte. Da eine Blockade eine
Kampfhandlung ist, hätte sie mit dem Inkrafttreten der Waffenruhe suspendiert
werden müssen.
Ihre Verweigerung von Friedensgesprächen mit den Gegnern setzten
die Alliierten nach dem 11. November konsequent fort. Sie handelten den
David Lloyd George
16
Friedensvertrag allein unter sich aus.
Die Grundzüge wurden während einer
britisch-französisch-italienischen
Vorkonferenz in London im Dezember festgelegt. Auch wurde entschieden, Kaiser
Wilhelm II. vor Gericht zu stellen. Präsident Wilson, noch auf der Anreise, war
mit dem Ergebnis der Vorkonferenz sehr
unzufrieden und sagte seiner Delegation,
er verlange einen Frieden der Gerechtigkeit. Gingen Lloyd George und Clemenceau nicht von ihren Forderungen ab,
werde er abreisen und mit Deutschland
einen Separatfrieden schließen. Diese
Drohung machte er dann aber aus Sorge
um den von ihm gewollten Völkerbund
nicht war.
Die Beratungen während der am 18.
Januar 1919 in Paris förmlich eröffneten Konferenz fanden zu allen wichtigen
Fragen im engsten Kreis der leitenden
Politiker der USA, Großbritanniens,
Frankreichs, Italiens und anfangs auch
Japans statt. Es gab zahlreiche Kommissionen, nur waren die Spitzenpolitiker
aus Zeitgründen nicht in der Lage deren
Vorlagen gründlich zu beraten. Die Gespräche waren zeitweilig wegen des von
Clemenceau gesteuerten harten Kurses
sehr kontrovers.
Als die deutsche Delegation am 29. April in Versailles eintraf, war der Vertrag
noch nicht fertig, so wurde sie zunächst
interniert. Am Morgen des 7. Mai, wenige Stunden vor der eingangs erwähnten
Übergabe, lag er endlich gedruckt vor, bis
dahin hatte ihn niemand ganz lesen können. Die deutsche Delegation hielt ihn für
unannehmbar und erarbeitete bis zum
Monatsende zahlreiche Gegenvorschläge,
die von den Alliierten aber fast alle abgelehnt wurden. Die Reichsregierung rang
sich dazu durch, der Nationalversammlung in Weimar die Annahme zu empfehlen. Die Abgeordneten entschieden am
22. Juni entsprechend, nahmen aber die
Artikel 227 bis 230 über die Anklage des
Kaisers und die Aburteilung von Kriegsverbrechern davon aus, ebenso Art. 231,
der Deutschland und seine Verbündeten
für alle Verluste und Schäden haftbar
machte, die sie mit dem den Alliierten
aufgezwungenen Krieg verursacht hätten.
Diesen Vorbehalt akzeptierten die Siegermächte natürlich nicht, sondern verlangten ultimativ die Unterzeichnung. So
fügte sich die Nationalversammlung. Die
Unterzeichnung fand am 28. Juni im Spiegelsaal des Schlosses in Versailles statt, in
dem König Wilhelm II. von Preußen am
18. Januar 1871 die Annahme der Kaiserwürde ausgesprochen hatte. Für die beiden deutschen Bevollmächtigten hatte
der Akt eine demütigende Form, der junge britische Diplomat Harold Nicolson
fand ihn widerlich.
Am Tag der zweiten Abstimmung in
der Nationalversammlung, am 23. Juni,
sagte Generalquartiermeister Groener in der Obersten Heeresleitung, die
Nichtannahme bringe den „restlosen
Vernichtungskrieg Frankreichs gegen
Deutschland“. Die Alliierten hätten
dann, so wußte man in Weimar aus amerikanischer Quelle, den Vormarsch wieder aufgenommen, Süddeutschland vom
Norden getrennt, den süddeutschen Ländern eigene Friedensverträge gegeben
und auch das Rheinland von Deutschland abgelöst. Clemenceau wollte links
des Rheins einen unabhängigen Staat,
der mit Belgien, Luxemburg und Frankreich ein wirtschaftliches und militärisches System bilden sollte.
17
Der Versailler Vertrag war sehr hart.
Deutschland verlor fast ein Siebtel seines Territoriums und ein Zehntel seiner Bevölkerung, dabei auch sehr viele
Deutsche. Verloren gingen die Hälfte der
Eisenerz- und ein Viertel der Kohleförderung sowie ein Siebtel der landwirtschaftlichen Produktion. Verloren gingen
die Kolonien und der Auslandsbesitz des
Reiches. Die Handelsflotte mußte zum
großen Teil abgeliefert werden, es waren langwierige wirtschaftliche Diskriminierungen hinzunehmen. Armee und
Flotte mußte ihre Stärke ganz erheblich
verringern. Das Rheinland wurde entmilitarisiert und für maximal 15 Jahre von
alliierten Truppen besetzt, das Saarland
für 15 Jahre dem Völkerbund unterstellt
und Danzig nebst Umland zu einer Freien Stadt mit Sonderrechten Polens gemacht. Die Unabhängigkeit Österreichs,
das sich dem Reich anschließen wollte,
war für immer zu garantieren. Die Höhe
der Reparationen sollte später festgelegt
werden. Daß die zu erbringende Summe
sehr hoch sein und ihre Abgeltung sich
über Jahrzehnte hinziehen würde, war
unzweifelhaft. In der Reihe der europäischen Friedensverträge seit dem 17. Jahrhundert war der Versailler Vertrag fast
einzigartig, weil mit dem Besiegten nicht
über ihn verhandelt wurde. Nur ein Friedensvertrag war vergleichbar, derjenige,
den Napoleon Preußen 1807 auferlegte.
Nach der Unterzeichnung des Vertrags schrieb Präsident Wilsons außen-
politischer Berater, Edward House am
19. Juni in sein Tagebuch, der Vertrag sei
schlecht und hätte niemals abgeschlossen werden dürfen, seine Durchführung
werde Europa in Schwierigkeiten ohne
Ende bringen. Und Delcassé, der sehr
viel für das Heraufkommen des Krieges getan hatte und 1914 das Werk Bismarcks zerschlagen wollte, stimmte bei
der Ratifikation in der französischen
Kammer gegen den Vertrag. Einem
Journalisten sagte er dazu, man könnte
eine Nation von 60 Millionen Menschen
nicht dazu anhalten, einer anderen
durch 44 Jahre einen Tribut zu zahlen.
„Das ist geradezu so, als wollte man
dies Volk zwingen, einen neuen Krieg
zu beginnen“. Die beiden Politiker,
keineswegs deutschfreundlich, sahen
richtig. Die Folgen von Versailles waren
fatal. Als die Gesamtsumme der Reparationen und der bis zum Herbst 1988
laufende Zahlungsplan 1929 festgelegt
wurden, machte die NSDAP diese Thematik zum Hauptinhalt ihrer Werbung.
Das hatte ganz großen Anteil daran,
das sie von einer Splitterpartei, die sie
1928 noch war, 1930 zu einem Faktor
von erheblichem Gewicht wurde und in
der Folge weiter wuchs. So wurde Hitlers Reichskanzlerschaft möglich. Wäre
1919 ein gerechter Friede geschlossen
worden, nicht einer im Geiste Clemenceaus, so wäre die Geschichte Europas
nach dem Ende des millionenfachen
Sterbens sehr anders verlaufen.
18
Der Autor
Die nachstehenden Ausführungen zum
wissenschaftlichen Werk des Autors
sind dem Sonderband des Jahrbuchs der
Hambach-Gesellschaft anlässlich des 75.
Geburtstages von Professor Hans Fenske entnommen. In diesem Sonderdruck
dankt die Hambach-Gesellschaft ihrem
langjährigen Mitglied des Beirates und
eifrigen Beiträger zu den Jahrbüchern
und würdigt einen Wissenschaftler, der
wie kaum ein anderer den Anliegen der
Gesellschaft nachgegangen ist.
Aus einer Handwerkerfamilie Holsteins
stammend lockte ihn 1956 das Ansehen,
das die Universitäten Tübingen und
Freiburg in Geschichte und politischer
Wissenschaft hatten in den Süden, wo er
beruflich wie menschlich seine bleibende
Heimat fand.
An der Albrechts-Ludwigs-Universität
legte er die Grundlage für seine wissenschaftliche Laufbahn. Zunächst durch
eine Dissertation über „Konservativismus und Rechtsradikalismus in Bayern
nach 1918“, 1971 folgte die Habilitation
über“ Wahlrecht und Parteiensystem:
Ein Beitrag zur deutschen Parteiengeschichte“. Seit 1973 fungierte Hans
Fenske an der Universität Freiburg als
Dozent, 4 Jahre später übernahm er eine
Professur. Er lehrte auch weiterhin ge-
Professor Hans Fenske
legentlich an anderen Hochschulen und
erwarb sich Verdienste beim Umbau der
Universitäten der DDR nach der Wende.
Seine Lehrtätigkeit war nicht weniger
zeitlich umfassend und thematisch vielfältig als seine Forschung. Sie war getragen vom Bewußtsein der Verantwortung,
die Studierenden gemäß dem Motto der
Uni Freiburg: „Die Wahrheit wird euch
frei machen“ zu guten Historikern und
wachen Staatsbürgern auszubilden.
Hans Fenske ist einer der renommiertesten Erforscher des frühen Liberalismus
in Deutschland.
Er beschäftigte sich eingehend mit der
Revolution von 1848 und deren Vorgeschichte, der Epoche des ersten demokratischen Aufbruchs in Deutschland. Er
empfand es immer als eine wissenschaftliche wie staatsbürgerliche Herausforderung, das Bewusstsein für die Gefährdung der Demokratie in der deutschen
Geschichte, insbesondere durch den
Rechtsradikalismus ebenso wachzuhalten wie alternative Traditionen des politischen Denkens. Dabei wurde er von
19
der Überzeugung geleitet, dass die deutsche Entwicklung nur im europäischen
Zusammenhang zu begreifen ist.
Für die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts
hat H. Fenske Pionierleistungen erbracht.
Das gilt insbesondere für Traditionen und
Auswirkungen konservativen wie rechtsradikalen Gedankenguts und auf dieser
Grundlage für die Erforschung der pfälzischen NSDAP. Besonders gepflegt wurde
von ihm das Thema der Beziehungen zwischen Bayern und der Pfalz.
Auf der Grundlage der Studie seines
Chefs an der Verwaltungshochschule über
die Auswanderung in der Zeit des deutschen Bundes untersuchte Fenske Bevölkerungsbewegungen und Verschiebungen
von der Binnenmigration im alten Reich
über die Auswanderung in der Zeit des
Deutschen Bundes bis hin zur Vertreibung
der Deutschen aus den Ostgebieten und
dem Sudetenland am Ende des 2. Weltkrieges. Er tat dies mit in diesem Zusammenhang durchaus selten gewordenen
Untertönen zur Haltung der Alliierten
und Aktionen der polnischen wie tschechischen Bevölkerung gegenüber den
Deutschen und fordert immer wieder die
Prüfung der Quellen und Beachtung der
Zusammenhänge ein.
Ein weiteres Interessengebiet des Historikers Hans Fenske ist die Verwaltungsund Verfassungsgeschichte – Materien,
die von der Zunft der Historiker nicht
angemessen behandelt werden.
Als krönenden Abschluß vielfältiger und
umfangreicher Forschungen hat er 2001
eine vergleichende Geschichte des modernen Verfassungsstaates von seinen Anfängen bis zum 1. Weltkrieg gewagt. Systematisierend und vergleichend schweift sein
Blick von den Kerngebieten dieser Entwicklung Mittel- und Westeuropa wie den
USA, über den gesamten europäischen
Kontinent, die britischen Dominions, sowie Südamerika und Asien.
Eine ähnliche Synthese bisheriger Forschungen hat er auch zur Geschichte der politischen Bewegungen vorgelegt. In seiner
bis in die Gegenwart reichende Geschichte
der Parteien in Deutschland werden diese als wichtigste Elemente der politischen
Ordnung neben der Verfassung dargestellt.
Schließlich zeigen seine zahlreichen Aufsätze wie sehr Hans Fenske die enzyklopädische Zusammenfassung schätzt und
beherrscht und daß er sich darüber hinaus
gerne in der Zeitgeschichte zu Wort meldet oder als historisch versierter Staatsbürger zu aktuellen Kontroversen äußert.
20
Kommentierte Literaturempfehlungen
Walter Vogel
Die an den Vortrag anschließenden
Fragen betrafen hauptsächlich die Widersprüche zur offiziellen Geschichtsschreibung in den Siegerstaaten und in
Deutschland sowie den Wahrheitsgehalt
der Quellen und die Diskussion in der
Schuldfrage in der sich in jüngster Zeit
häufenden Literatur, die vehement eine
Neufassung der Geschichtsschreibung
einfordert.
Dazu führte Herr Professor Fenske aus,
dass die auffälligen Lücken bei den diplomatischen Dokumenten in den Staatsarchiven der beteiligten Mächte und die zunehmend nachgewiesene Manipulation in
der offiziellen Geschichtsschreibung und
Lehre das große Dilemma für streng wissenschaftlich arbeitende Historiker sei.
Einige deutsche Nachkriegs-Historiker
gingen und gehen damit ungewöhnlich
sorglos um. Zu einem Dilemma für Studierende und Lehrer wird es, wenn die
am Anfang des Vortrages von Professor
Fenske erwähnten Revisionsgutachten
von Historikern aus den neutralen europäischen Ländern von 1914 – 1924, welche Deutschland als einzigem der am
Krieg beteiligten Länder Friedensbemühungen bescheinigt haben, offiziell ignoriert werden. Zusammenfassend rät er zur
Beantwortung der Fragen zum Studium
der Bücher unabhängiger amerikanischer, australischer und englischer Historiker, denen mehr Quellen zur Verfügung
stehen.
Revision, Gegenrevision und Revision
der Gegenrevision
Als auch angesehene amerikanische und
kanadische Historiker in den 20 iger
Jahren begonnen haben, die in der englischen Propaganda weltweit verbreiteten, angeblichen Beweise der deutschen
Schuld anzuzweifeln, Forschungen anstellten und 1928 als Ergebnis eine alleinige deutsche Kriegsschuld entschieden zurückgewiesen haben, wurde das
grundsätzlich aus dem Hintergrund wirkende Establishment des Big Money unruhig. Sowohl der Harvard und Yale Professor Sidney B. Fay in „The Origins of
the World War“, als auch der berühmte
Professor H.E. Barnes von der New Yorker Columbia Universität in seinem 1928
erschienenen Buch „The Genesis of the
World War“ verurteilten die Lügen über
die Kriegsschuld. Diese hatte sich seit
Beginn des Krieges in der Greuelpropaganda der eigens für diese Aufgabe in
London und Paris geschaffenen Propagandainstitute „The Wellington House“
und „Maison de Presse“ manifestiert.
Ihr Auftrag war Manipulation der öffentlichen Meinung und ihr psychologischer Berater dafür war der Amerikaner
Edward Bernays, Neffe von Siegmund
Freud und Begründer der modernen
Werbung und Öffentlichkeitsarbeit. Mit
seiner auf tiefe Emotionen zielenden
Propaganda war es ihm gelungen die
Ampeln in Amerika von Grün auf Rot
21
gegen Deutschland zu stellen. Beispiel in
Fußnote 1.
Die Revision ihrer sorgfältig bereinigten und in Oxford frisierten Geschichtsschreibung gefiel den auf strengste Geheimhaltung bedachten Einflussreichen
überhaupt nicht. In Versailles seien, sagt
Professor H.E. Barnes, dem unterlegenen Gegner jegliche Verteidigung und
Vorlage von Beweisen seiner Unschuld
verweigert worden. Nach dem Erscheinen seiner Studie ist, hauptsächlich
von der Universität Oxford ausgehend,
ein ständiger Strom von anti-revisionistischer Geschichtsschreibung zur
Rechtfertigung des ultimativ erpressten
Friedensvertrages und der Kriegspropaganda erschienen. Wir sehen später, welchen Einfluss das interessierte Establishment bei der Gegenrevision hatte. Ein
damaliger Professor von Oxford, Alfred
Zimmern, der von 1913-1920 Mitglied
der Londoner Round Table Gruppe war
und 1918-1919 Mitglied im Political Intelligence Department des Außenministeriums, der erste Professor für InternatiProfessor Barnes beschreibt in seinem Bericht über die Organisation der Propaganda in
Frankreich die Arbeitsmethoden des Maison de
la Presse so: „In diesem Gebäude wurden Bilder geschaffen von Menschen mit abgehackten
Händen, herausgeschnittenen Zungen, herausgerissenen Augen und Schädeln mit offenliegenden
Gehirnen. Diese Bilder wurden dann fotografiert
und als unanfechtbarer Beweis für Greueltaten
der Deutschen Hunnen in alle Welt verschickt,
wo ihnen die erwünschte Wirkung nicht versagt
geblieben ist. Ebenso seien zur Verfügung gestellt
worden „fiktive Fotos von Ruinen französischer
Kirchen, geschändeten Gräbern und Denkmälern. Diese Bilder und Szenen wurden von den
besten Kulissenmalern der Pariser Grand Opera
hergestellt.“
1
onale Politik und Gründungsmitglied des
Royal Institute of International Affairs
(1919) wird von Professor C. Quigley mit
der Feststellung zitiert, dass Politiker der
käuflichen Wissenschaft hilflos ausgeliefert sind, wenn politische Entscheidungen auf deren Studien aufbauen.
Höhepunkt der Gegenrevision
Der Hamburger Historiker Fritz Fischer stieß mit seinem 1961 publizierten
Buch“ Griff nach der Weltmacht“ auf
den Widerspruch der meisten deutschen
Fachkollegen was eine heftige Debatte auslöste. Mangels Beweisen* (siehe:
geheime“Hoover War Library“ Seite 27)
entwickelte Fischer seine Thesen von der
deutschen Kriegsschuld ohne sich mit
einer Unterscheidung zwischen amtlicher Politik und Meinungsäußerungen
Einzelner und Stimmungen in der Presse aufzuhalten. Die britischen Medien
triumphierten wegen dieses deutschen
Kronzeugen und auch in den deutschen
Medien wurde das Buch überwiegend
gut aufgenommen, ebenso bei vielen
jüngeren Historikern. So wurde das
Buch bald als Standardwerk angesehen
und hatte lange Zeit kanonischen Rang,
bis in die Schulbücher hinein. Obwohl
Fischer’s Werk von Marc Trachtenberg,
Professor für Geschichte und Politikwissenschaft an der Universität von
Kalifornien, 2006 als unwissenschaftlich
abqualifiziert worden ist und Fischer
seitdem eher suspekt angesehen wird,
erfährt er in England und teilweise auch
in Deutschland selbst von amtlicher Stelle weiterhin offizielle Unterstützung, die
nach dem Stand der internationalen Forschung nicht mehr nachvollziehbar ist.
Professor H.E. Barnes bemerkte dazu:
22
„Das deutsche Kriegsschuldbewusstsein
stellt einen Fall von geradezu unbegreiflicher Selbstbezichtigungssucht ohnegleichen in der Geschichte der Menschheit dar. Ich kenne kein anderes Beispiel
dafür, dass ein Volk diese nahezu wahnsinnige Sucht zeigt die Schuld an einem
politischen Verbrechen auf sich zu nehmen, das es nicht begangen hat“.
Wer diese Verbrechen beschlossen, geplant und realisiert hat ist seit der Veröffentlichung der Forschungsergebnisse
des berühmten amerikanischen Historikers, Professor Carroll Quigley in seinen Büchern Tragedy and Hope 1966
und dem 1981 erst posthum publizierten
Buch“ The Anglo American Establishment“, für Interessierte kein Geheimnis
mehr.
Empfehlungen – Aufklärung der historischen Wahrheit ?
Weil sich jedoch nach dem Urteil des
Herrn Professor Fenske viele deutsche
Historiker und zwangsläufig Schulbücher
und Politiker noch nicht auf der Höhe
des internationalen Forschungsstandes
bewegen, oder sich nicht an deren Verwendung wagen, empfiehlt er das Studium englisch sprachiger Historiker, allen
voran des oben genannten, vielleicht
überragensten amerikanischen Historikers des letzten Jahrhunderts, Professor
Carroll Quigley; weiter empfielt er den
Australier Sean McMeekin, die Schotten Gerry Docherty und Jim Macgregor,
sowie den Cambridge Professor Christopher Clark.
Carroll Quigley lehrte nach Princeton
und Harvard von 1941 bis 1976 an der
School of Foreign Service (Hochschule für den auswärtigen Dienst) an der
Georgetown Universität in Washington.
Sein 1966 erschienenes Buch „Tragedy
and Hope“ ist legendär. Von Teilen der
amerikanischen Wissenschaft lange verschwiegen, ist sein Ruf aber in den 48
Jahren seit seinem Erscheinen nur immer
weiter gewachsen. In Tragedy and Hope
stellt Quigley auf 1.400 Seiten die Geschichte der Welt im Zeitraum von 1871
– 1965 dar, insbesondere die Grundlagen
der britischen Macht, den Finanzimperialismus und den Imperialismus im Vorfeld
des 1. Weltkrieges vor. Er erwähnt darin
immer wieder eine gesellschaftlich privilegierte Gruppe in England, die er Milner
Gruppe nennt. Diese hat die Geschichte
zwischen 1880 und 1940 nicht nur beeinflusst, sondern maßgeblich bestimmt.
Quigley hatte engen Kontakt zum amerikanischen
Ostküsten-Establishment.
Mit einer Verpflichtung zur Verschwiegenheit hatte er Zugang zu den Archiven
des Council on Foreign Relations,CFR*
(des die Politik bestimmenden höchsten
Lord Milner
23
Organs des amerikanischen Establishments), zu der nicht öffentlichen Hoover
War Library in Stanford* (Seite 27) und,
wie er schreibt, wurde ihm in den frühen
sechziger Jahren erlaubt die geheimen
Papiere der Round-Table Gruppen zu
studieren. Zur Behinderung der Verbreitung seines Buches erklärte er, dass
wichtige Leute das Buch unterdrückt
hätten, weil es Dinge enthielt, die „besser
nicht gesagt werden sollten, weil es den
Feinden Munition liefere“. Ich habe von
dem Amerikaner William Engdahl, siehe
Sonderdruck „Der geopolitische Hintergrund des 1. Weltkrieges und der Kriegseintritt der USA“ die Information,die er
von einer direkt mit Quigley verbundenen Person hat, dass Professor Quigley
diese Genehmigung von der damals im
Council on Foreign Relations einflussreichsten Familie Rockefeller unter der
Bedingung erhalten habe, dass nur die
Informationen über den von Rothschild
beherrschten englischen Teil des Bündnisses verwendet werden. Dahinter steht
die Rivalität mit der Rothschild Familie.
Quigley hat wohl zu viel über das von
Lord Milner, dem von 1905-1925 dominierenden Treuhänder der Rhodes Trusts
geführte Netzwerk preisgegeben und sei
mit dem Tod bedroht worden. In Tragedy
and Hope hatte er in den Kapiteln „Der
Finanzimperialismus“ und „Die RoundTable-Gruppen“ alle Details der Organisation inclusive Namen auch des New
Yorker Zweiges, der unter dem Namen
Council on Foreign Relations lief und
eine Fassade von J. P. Morgan und der
kleinen amerikanischen Round-TableGruppe war, offengelegt.
Deswegen ließ er sein brisanteres
Buch „The Anglo American Establish-
ment“ erst posthum 1981 publizieren.
Diese Studie befasst sich hauptsächlich
mit der englischen Geheimgesellschaft,
die er die „Milner Group“ nennt. Es ist
für uns wegen der darin enthüllten Einflussnahme britischer Eliten aus Hochfinanz und Adel auf die Planung und Herbeiführung des 1. Weltkrieges besonders
wichtiges Buch und ist im Internet u.a.
auf der Webseite voltairenet.org frei verfügbar. (nur Anglo American Establishment eingeben)
Die Milner-Gruppe, deren beherrschende Familien heute als englischamerikanische Pilgrim Society bekannt
sind, hatte gemäß Quigley’s zusammenfassendem Urteil die Macht und das
Geld, die Geschichte zu beeinflussen und
die Geschichtsschreibung und die Lehre
von den Elfenbeintürmen der Universitäten bis in die Schulen zu diktieren.
Sie kontrollierte neben der Mainstream Presse sorgfältig die Veröffentlichung offizieller Regierungspapiere und
die Auswahl und ggf. Anpassung von Dokumenten für die Aufnahme in die offizielle Version der Geschichte des 1. Weltkriegs und auch danach bis zu Quigley’s
Tod, 1967. Bereits im Vorwort zu Tragedy and Hope schreibt Quigley, dass er
glaubt, dass die Wahrheit ein Recht darauf hat, berichtet zu werden.
Er fiel dann etwas in Ungnade und
starb überraschend bereits 6 Monate
nach seiner Emeritierung im Alter von
nur 67 Jahren am 3. Januar 1976. Er hat
umfangreiche, unvollendete Studien
hinterlassen. Seine detaillierte Beschreibung der 1891 von Cecil Rhodes nach
Vorgesprächen im Landhaus von Lord
Rothschild mit den späteren Außenministern Arthur Balfour (siehe Seite 29)
24
und Edward Grey, sowie mit den Herren Brett und Lyttleton gegründeten
Geheimgesellschaft, von Quigley Milner Gruppe genannt, mit einem inneren
Zirkel „Society of the Elect“ und einem
äußeren Zirkel „der Association of Helpers“ (Helferkreis) wurde Grundlage
für weitere Forschungen und eine Wiederbelebung der Revision der manipulierten Geschichtsschreibung. Die Association of Helpers ist von 1909 bis 1913
von Lord Milner in Form der RoundTable-Gruppen organisiert worden. Die
Anlagen zu Anglo American Establishment enthalten Namenslisten und die
Entwicklung der Struktur. Ein ausführlicher Index erleichtert das Verständnis
Cecil Rhodes
der Zusammenhänge. Viele Idealisten
wurden Mitglieder der Association of
Helpers ohne die Initiatoren und deren Machtansprüche und Profitgier zu
kennen, weil sie das Ideal der weltweiten Ausdehnung des Britischen Empire
nach dem Vorbild der englischen Gesellschaft, die in Oxford von Professor
Ruskin entwickelt und gelehrt worden
war, begeisterte. Cecil Rhodes, dessen
Finanzier und Partner in den Diamantenminen von Kimberley, Lord Rothschild war, starb sehr früh 1902 im Alter
von 48 Jahren. Zu Treuhändern seines
Vermögens und seines letzten Willens
zur Schaffung des weltweiten British
Empires hatte er Lord Rothschild und
den späteren Lord Milner bestimmt.
Kernpunkte aus Hidden History und The
Russian Origins of the First World War
Anders als die von Prof. Fenske im Vortrag zitierten, frühen Revisionisten von
1914-1928, beschränken sich die Schotten Gerry Docherty und Jim Macgregor
und der Australier Sean MacMeekin
nicht auf die Verneinung einer deutschen
Schuld am Ausbruch des 1. Weltkrieges.
Während Professor Carroll Quigley die
Existenz der die Politik hinter dem Parlament bestimmenden Elite-Zirkel nachweist, sprechen Docherty/ Macgregor
Klartext über Mittel und Methoden der
Kriegstreiber und machen Großbritannien für den großen Krieg verantwortlich. Dabei verwundert es nicht, daß das
englische Parlament von Außenminister Sir Edward Grey und seinen Elitebrüdern W. Churchill, Lord Milner und
andere, ebenso getäuscht worden ist,
wie die deutschen Diplomaten und der
Kaiser.
25
Hidden History
Professor Fenske beschreibt den Inhalt
kurz und präzise mit: „Eine geheime
Elite wollte den Krieg“.
Das Vorbild der schottischen Historiker
Docherty und Macgregor war, wie sie
selbst sagen, Professor Carroll Quigley.
Sie haben Professor Quigley‘s Studien
fortgesetzt und beantworten auch die
Frage nach dem Cui Bono durch Enthüllung weiterer Details über das Netzwerk
der Milner Gruppe, welche sie als „Secret Society“ bezeichnen und dessen Aktivitäten zur Herbeiführung des Ersten
Weltkrieges in ihrem 2013 erschienenen
Buch. Sie verfolgen die Spuren der von
Professor Quigley identifizierten und
vom Insider (Professor Alfred Zimmern)
bestätigten Gründer, deren verwobenen
Karrieren, Aufstieg zu Macht und Einfluß und schließlich ihre Mitwirkung an
der Vorbereitung des Hinterhaltes, der
die Welt in den Krieg stützte. Jeder von
ihnen hatte Beziehungen zu unermesslich größerem Reichtum. Keine Spuren
hinterlassen, war deren oberstes Gebot.
Ergänzend zu Quigley bringen sie Beispiele und Belege für die Beeinflussung
der Geschichtsschreibung, der Kontrolle der Presse, beschreiben Details
der Fälschung diplomatischer Berichte,
schlichte Beseitigung von Korrespondenz
(S.351 ff Hidden History.) und Protokollen, sowie Bereinigung und Säuberung der verschiedenen englischen,
fran-zösischen, russischen, aber insbesondere der deutschen Regierungsarchive (s.
357 ff Hidden History) und wie diese in
die Hoover War Library in Stanford gelangt sind, wo nur Auserwählte Zugang
haben. Die Engländer nennen diese Maß-
nahmen sinnigerweise „weeding –von
Unkraut befreien“. Besonders wegen der
Revision beunruhigt sei dieses weeding
noch nach der Öffnung der Archive 50
Jahre später fortsetzt worden, weil immer
noch Personen ein starkes persönliches
Interesse am Verstecken der historischen
Wahrheit haben. Sie zitieren u.a. den kanadischen Historiker Nicholas d‘ Ombrain, der 1970 bei seiner Forschungsarbeit
im englischen War Office Archiv erlebte,
dass fünf Sechstel seines Materials vor
seinen Augen entschwunden ist ( S. 352 ).
Die Lücke in der Liste der Cabinet Papers
(Akten des Kabinett) sei atemberaubend.
Nichts sei enthalten über die Zeit vom 14.
Juli bis 20. August als der Krieg bereits in
die dritte Woche ging.
Lord Milner hat private Telegramme
verbrannt. Briefe von und an ihn wurden
verbrannt oder anders beseitigt. Inkriminierende Briefe des König Edward unterlagen einem Befehl, dass sie nach seinem Tod unverzüglich zu zerstören seien.
Admiral Fischer schrieb in seinen Memoiren, dass er vom Sekretär des Königs
angewiesen worden sei, sämtliche Briefe
des Königs an ihn zu verbrennen, dass
er es aber nicht übers Herz gebracht hat
sich von allen zu trennen. Lord Nathaniel Rothschild ordnete ebenfalls an, dass
seine Papiere und Korrespondenz posthum zu verbrennen seien.
Kontrolle der Geschichtsschreibung
Kontrollieren bedeutet im Englischen
mehrheitlich beherrschen. Das Netzwerk
kontrollierte auf verschiedenen Wegen,
am effektivsten jedoch in der Universität Oxford das Schreiben und Lehren
von offizieller Geschichte. Fast alle wichtigen Mitglieder der Gesellschaft waren
26
auch Fellows ( Mitglieder) eines der drei
Colleges– Balliol, New College oder All
Souls. So dominierten sie das intellektuelle Leben auf dem Gebiet der Geschichte in Oxford.
Viel Geld wurde über Stiftungen investiert. Sie haben zahlreiche Universitäts- und andere Lehrstühle eingerichtet.
Dazu gehören die Beit-Lehrstühle und
der Montagu-Burton Lehrstuhl in Oxford,
der Rhodes Lehrstuhl in London, der
Stevenson-Lehrstuhl in Chatham House
und noch weitere. Sie kontrollierten auch
das Dictionary of National Biography, was
bedeutet, dass sie selbst die Biographien ihrer Mitglieder geschrieben haben.
Entsprechend unverdächtig und positiv
sind diese. Über die Times wurde eine
Aktualisierung der Encyclopaedia Britanica gesponsert. Die Korrespondentin
Flora Shaw, eine enge Freundin des Lord
Milner, durfte dafür die imperial sections
überarbeiten (s. 144 Hidden History).
Kontrolle der Presse
Bereits Professor Quigley hat geschrieben,
dass diese Gruppe die Times von 1890 bis
1912 dominierte und seit 1912 vollständig unter Kontrolle hatte. . Im Kapitel 10,
Creating Fear/Angst erzeugen,
erzeugen wird Lord
Northcliff beschrieben. Dieser hatte als Alfred Harmsworth die größten Anteile an
der Yellow Press zusammengekauft, war
Leader/ Führer der Yellow Press und wurde dafür zum Lord geadelt. William Stead
(Gründungsmitglied) war der berüchtigtste Sensationsjournalist seiner Zeit und Anführer aller Spitzenredakteure.
Fälschung diplomatischer Berichte
Dazu wird Professor Sidney Fay von Harvard zitiert ( S.349) Er sagt zum offiziel-
len Regierungsbericht, der am 6.August
von Außenminister Grey dem Parlament
vorgelegt worden ist: Die Behauptung
des britischen Botschafters in St. Petersburg, Sir George Buchanan, dass mit einer Ausnahme sämtlicher diplomatische
Austausch zwischen ihm und dem Außenministerium im Blue Book enthalten
seien, ist eine skandalöse Lüge. Er hatte
Sir George William Buchanan
herausgefunden, dass mehr als einmal
wichtige Passagen herausgeschnitten
worden waren. Sir Buchanans Memoiren‚ My Mission to Russia‘ enthielten
Informationen die für eine Publikation
zu enthüllend waren. Seine Tochter Meriel bestätigte, dass er mit der Drohung
des Entzuges seiner Pension gezwungen
worden war, diese Passagen zu entfernen.
Nach der Oktoberrevolution habe man
entdeckt, dass die drei Telegramme, die
Außenminister Grey dem britischen
27
Parlament als Beweis seiner entschiedenen Bemühungen um Frieden vorgelegt
hatte, niemals in Rußland angekommen
waren.
Die belgische Neutralität
wird angezweifelt
Ebenso verschwiegen hat Grey dem Parlament, dass bereits seit 1906 auf höchster
Ebene Verhandlungen über militärische
Cooperation mit Belgien stattgefunden
haben (S. 348) Auch französische und belgische Generalstäbler waren an den Planungen beteiligt. Ein deutscher Durchmarsch sollte solange verzögert werden
bis britische Kräfte in Belgien eingreifen
konnten. Es war selbst in den privilegierten Kreisen eines der bestgehüteten
Geheimnisse. Der französische Völkerrechtler Professor Albert Geouffre wird
mit der Aussage zitiert: „dass selbst eine
rein defensive Allianz die Möglichkeit beinhaltet in einen Krieg hineingezogen zu
werden. Neutralität verbietet das“. Ende
des Zitats. Der amerikanische Journalist,
Albert J. Nock schrieb: “weiterhin zu behaupten, dass die belgische Regierung
von der deutschen Aktion überrascht und
unvorbereitet gewesen sei und die belgische Position anders zu verstehen, als das
Belgien einer von vier Alliierten gewesen
ist, ist eine Absurdität“.
Lücken in den
Regierungsakten
Die Hoover War Library
Auf den Seiten 356 – 360 in „Hidden History“ beschreiben Docherty, McGregor
den Diebstahl europäischer historischer
Dokumente durch die geheime Elite von
1919 bis 1926.
1919 erhielt Herbert Clark Hoover,
ein amerikanischer Bergbau Ingenieur,
der für die Familie Rothschild zunächst
in deren Minen in Arizona gearbeitet
hatte, danach mit brutaler Härte deren
australische Goldminen gemanagt hatte,
danach betrügerisch die Kontrolle über
die staatseigenen chinesischen Kohlebergwerke Kaiping mit Unterstützung
britischer Kriegsschiffe durchgesetzt hatte und Sklavenhandel mit chinesischen
Arbeitern für die britische Südafrika
Kompanie betrieb, von der geheimen
Elite den Auftrag die dokumentarischen
Beweise der Ursprünge des 1. Weltkriegs
in Europa sicherzustellen. Er rekrutierte dafür 1000 Agenten meist englisches
und amerikanisches Militärpersonal.
Allein die erste Schiffsladung nach Amerika umfasste 350.000 Bände geheimer
Kriegsdokumente europäischer Regierungen.
Sehr mysteriös erscheint, dass die
Bolschewiken freiwillig 25 Wagenladungen an Aktenmaterial aus Petrograd an
Hoover übergeben haben sollen. Die
Sicherstellung von Dokumenten aus
Deutschland soll wenig Probleme bereitet haben. So soll Reichspräsident Friedrich Ebert die kompletten geheimen
Protokolle der obersten Heeresleitung
als Geschenk übergeben haben. Auch
6.000 Bände des kaiserlichen Hofes über
die kompletten offiziellen und geheimen
Maßnahmen des Kaisers wurden nach
Amerika transportiert und in geschlossenen Räumen der Stanford Universität
verwahrt.
Docherty und McGregor fragen zu
Recht, wo denn die wissenschaftlichen
Beweise für die deutsche Kriegsschuld
seien. Sie folgern, dass diese sofort veröf-
28
fentlicht worden wären, wenn es Beweise
gegeben hätte. Daher war der Besitz der
deutschen Archive von größter Wichtigkeit, weil sie bewiesen hätten, dass
Deutschland nicht für den Krieg verantwortlich war.
Diese größte Sammlung von Dokumenten über den 1. Weltkrieg wurde von
der Bibliothek der Universität Stanford
physisch getrennt und verschlossen. Nur
Personen mit der höchsten Autorisierung hatten Zugang.
Sean MacMeekin
“The Russian Origins of the
First World War“
MacMeekin spricht Russisch, hat hauptsächlich die russischen Quellen ausgewertet und verortet hauptsächlich
Russland und Frankreich als diejenigen,
die die Signale entschieden auf Krieg gestellt haben.
In der offiziellen akademischen Histographie kommen diese Revisionisten
nicht vor – ein Beweis für die fortwährende Einflussnahme des Englisch-Amerikanischen Establishments auf Forschung und Lehre. Eine Auswirkung der
offiziell nicht erwähnten Studien auf die
deutsche Literatur und Lehre wird sich
wohl erst nach Vorliegen und Verbreitung weiterer deutscher Übersetzungen
auch als Therapie gegen die verbreitete
Schuldlust bemerkbar machen.
Christopher Clark
Einen Anfang in den Medien hat die
Übersetzung seines Buches „Die Schlafwandler“ gemacht.
Obwohl sich Clark expressis verbis
dabei nur auf das ‚Wie‘ des Kriegsausbruches konzentriert und das ‚Warum‘
ausklammert, gelingt ihm mit der oft romanhaft detaillierten Beschreibung der
handelnden Personen aus Politik und öffentlichen Ämtern, insbesondere in der
Juli-Krise bis zum Kriegsausbruch, eine
Entlastung Deutschlands und des als
friedliebend charakterisierten Kaisers
von der Alleinschuld. Mit seiner eleganten Sprache verpackt er Kritik feinsinnig,
diplomatisch und klärt über bisher wenig
beleuchtete Aspekte auf.
Es ist bewundernswert, wie es ihm
ohne Berührung heißer Eisen, an denen
sich berühmte englische und amerikanische Vorgänger, wie H.A.Barnes, Carroll
Quigley, oder Antony Sutton die Finger
verbrannt hatten, gelingt, in der Medienlandschaft eine Erkenntnis der Notwendigkeit der Revision deutscher Schulbücher reifen zu lassen. Obwohl Clark
in seinen, nicht immer mit den vorangegangenen Ausführungen konkludenten
Schlußfolgerungen darstellt, dass keiner
der Schlafwandler einen Krieg wollte,
erscheinen Frankreich und Russland als
die am meisten an einem Krieg interessierten Parteien. Daneben fällt als Falke
nur Sir Edward Grey auf, der als doppelzüngig beschriebene, englische Außenminister mit seinem kleinen Kreis von
Unterstützern u.a. dem First Lord of the
Admiralty, Sir W.Churchill. Diese standen der ganz überwiegend gegen Rußland und gegen eine Intervention auf
dem Kontinent eingestellten Meinung
von Öffentlichkeit, Medien und Parlament gegenüber. Warum konnte dieser
kleine Kreis seine Ziele durchsetzen?
Nach Clarks Erkenntnis hatten damals
nicht die Monarchen und Militärs, sondern die Außenminister und allenfalls
Botschafter wegen ihres direkten Kon-
29
takts zu den Monarchen, den größten
Einfluss auf die Politik in Europa.
Nur im Nebensatz deutet Clark einmal
einen möglichen Einfluss von Eliten und
der City of London an.
Tatsächlich ist die City of London der
mächtigste Staat der Erde. Nachzulesen
auf der folgenden Webseite: http://www.
wissensmanufaktur.net/city-of-london
Clark bemerkt Widersprüche zwischen
offiziellen Darstellungen, vertraulichen
Briefen und Tagebucheinträgen, sowie
fehlende bzw. verschwundene Protokolle
von Spitzengesprächen in der Zeit kurz
vor und während der Juli-Krise, insbesondere im Abschnitt über den Besuch
des französischen Präsidenten Poincaré
vom 20. – 23. Juli 1914 bei Zar Nikolaus
II. in St. Petersburg. Der vorangegangene Staatsbesuch des Königs Georg V. und
seines Außenministers Sir Edward Grey
in Paris mit Hinzuziehung des russischen
Botschafters Izvolsky, wird von Clark
offenbar wegen des „Fehlens“jeglicher
Dokumentation der Gesprächsinhalte
nicht erwähnt. Zweifellos diente deren
Geheimhaltung und späteres Verschwinden der Täuschung, die zu falschen Beurteilungen der Lage und zu Fehlentscheidungen seitens der Mittelmächte führen
sollte.
Clark berichtet aber auch, dass bereits
1909 während einer Sitzung der russischen Duma in einer Debatte über den
Balkankonflikt von konservativen adeligen Kreisen zum Ausdruck gebracht worden ist, dass Russlands wirklicher Feind
Großbritannien sei, welches versucht,
Russland in einen Krieg mit Deutschland
zu drängen, um die britische Kontrolle
der Weltmärkte zu konsolidieren. Da
liegt des Pudels Kern und dazu gehörte
seit der Jahrhundertwende die nicht nur
für die Britische Flotte existenzwichtige
Kontrolle über das gerade erst in Persien von einem australischen Geologen
im Auftrag des Schah‘s entdeckte Erdöl,
welches bis heute die Ursache der Konflikte im nahen und mittleren Osten ist.
Mit seinen detaillierten Schilderungen
des ‚Ist‘ erweckt Clark verstärktes Interesse an in die Tiefe gehende Untersuchungen der Hintergründe. Clark befreit
zwar die deutsche Seele, aber nur die
Kenntnis und Analyse der Hintergründe erlaubt eine zutreffende Meinungsbildung. Die Antworten findet der Geschichtsinteressent in den vorgenannten
Büchern und nachfolgend bei: Weitere
Literatur.
Insbesondere nach der Lektüre des
auch in deutscher Sprache erschienenen
Bestsellers des amerikanischen Autors
William F. Engdahl „Mit der Ölwaffe zur
Weltmacht“ (A century of war), fasziniert
der Vergleich der verheimlichten Hintergründe mit dem veröffentlichten Weltgeschehen. Dieses penibel recherchierteBuch dokumentiert schonungslos und
mutig, wie die erstrebte Kontrolle über
den mit Erdöl verbundenen Reichtum
im Nahen und Mittleren Osten bereits
am Beginn des 20. Jahrhunderts dessen
Urkatastrophe und die weitere Entwicklung bis zur Ablösung des Empire durch
die neue Weltmacht USA nach dem 2.
Weltkrieg, sowie den Einfluß von Big
Oil bis in die Gegenwart bestimmt. Erst
wenn man diese Geopolitik verinnerlicht,
die zuerst von Sir Halford Mackinder in
„Democratic Ideals and Reality“ und
nachfolgend von seinen Schülern Kissinger und Brzezinsky als Leitfaden für
globale Machtstrategie wissenschaftlich
30
entwickelt worden ist, versteht man warum die Friedensbemühungen der Mittelmächte, die Professor Hans Fenske in
seinem Buch „Der Anfang vom Ende des
alten Europa“ abhandelt, schon grundsätzlich aussichtslos waren. Sie hätten
das Kriegsziel gefährdet.
Deutsche Übersetzungen
Eine Übersetzung von Hidden History
ist Ende November 2014 unter dem Titel „Verborgene Geschichte. Wie eine
geheime Elite die Menschheit in den 1.
Weltkrieg stürzte“ im Kopp-Verlag erschienen.
Eine auszugsweise Übersetzung von
Tragedy and Hope gibt es im Perseus
Verlag Basel mit dem Titel Tragödie
und Hoffnung. ISBN 3-907564-42-1
The Anglo American Establishment
ist im Internet kostenfrei abrufbar bei
http://www.voltairenet.org
Weitere Literatur
Der Amerikaner Dr. John Coleman beschreibt in “The Tavistock Institute of
Human Relations” (2005) die alliierte
Kriegspropaganda gegen Deutschland
von 1913 bis nach dem 2. Weltkrieg. Eine
deutsche Übersetzung ist 2011 im Fischer
Verlag unter dem Titel “Das Tavistock Institut, Auftrag: Manipulation“ erschienen.
Der Amerikaner Edward Bernays,
Neffe von Siegmund Freud und Begründer der modernen Werbung und PR mit
seinem Hauptwerk „Propaganda“ (1928)
deutsche Übersetzung: „Propaganda –
Die Kunst der Public Relations“,Orange
Press 2007. Gemeint ist Manipulation
der Massen. Er war der wissenschaftlich,
psychologische Berater der englischen
und amerikanischen Propaganda gegen
Deutschland .
Professor Anthony C. Sutton, geb. 1925
in London und seit 1962 Staatsbürger der
USA, Professor für Economics in Stanford. Sein brisantes Material bezieht sich
hauptsächlich auf das amerikanische Establishment und Wall Street. Wall Street
Bücher: Wall Street and the Bolshevik
Revolution, Wall Street and FDR, Wall
Street and the Rise of Hitler
Unterzeichnung des „ Friedensdiktates“ im Schloss von Versailles.
31
Die Balfour-Erklärung1
Verehrter Lord Rothschild,
ich bin sehr erfreut, Ihnen im Namen der Regierung
seiner Majestät die folgende Erklärung der Sympathie
mit den jüdisch-zionistischen Bestrebungen übermitteln zu können, die dem Kabinett vorgelegt und gebilligt worden ist:
Die Regierung seiner Majestät betrachtet mit Wohlwollen die Errichtung einer nationalen Heimstätte
für das jüdische Volk in Palästina und wird ihr Bestes
tun, die Erreichung dieses Zieles zu erleichtern, wobei,
wohlverstanden, nichts geschehen soll, was die bürgerlicher und religiösen Rechte der bestehenden nicht-jüdischen Gemeinschaften in Palästina oder
die Rechte und den politischen Status der
Juden in anderen Ländern in Frage stellen
könnte. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn
Sie diese Erklärung zur Kenntnis der
Zionistischen Weltorganisation bringen
würden.
Arthur Balfour
Ihr sehr ergebener
Arthur Balfour
1
Mit diesem Brief an seinen Freund im inneren Kreis der Milner Gruppe, bestätigte der englische
Außenminister die vertrauliche Vereinbarung, wonach die Zionistische Bewegung Amerika zum Kriegseintritt bewegen sollte. Hiermit und dem Sykes-Picot-Abkommen wurde die Gründung des Staates
Israel vorbereitet.
32
Jedes Mitglied wirbt 2015 ein Mitglied
Zeitschrift der Freunde des
Bayerischen Armeemuseum e.V.
Impressum
Herausgeber
Freunde des Bayerischen Armeemusems e.V.
Redaktion:
– Manfred Dumann, 1. Vorsitzender
Schimmelleite 35, 85072 Eichstätt
Tel. 0 84 21 / 42 40, Fax 0 84 21/93 56 99
– Walter Vogel
Christerweg 2, 83624 Otterfi ng
Tel. 0 80 24 / 89 87, e-Mail: [email protected]
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