I Bachelorarbeit zur Erlangung des Grades Bachelor of Science im Studienfach Arbeits- und Organisationspsychologie Organisationales Lernen: Methoden zur Förderung organisationaler Lernprozesse mit Hilfe mentaler Modelle vorgelegt von Annika Mader [email protected] Erstprüfer Zweitprüfer Prof. Dr. Nicki Marquardt Prof. Dr. Thomas Heun Hochschule Rhein-Waal Hochschule Rhein-Waal Fakultät Kommunikation und Umwelt an der Hochschule Rhein-Waal Wintersemester 2014/15 I Abstract Seit den neunziger Jahren ist bekannt, dass organisationales Lernen der Schlüssel zu einer erhöhten Anpassungsfähigkeit der Organisation an die Umwelt ist und somit einen langfristigen Wettbewerbsvorteil verspricht. Die vorliegende Arbeit greift relevante Probleme der Umsetzung des organisationalen Lernens in die Praxis auf und gibt Hinweise zur methodischen Unterstützung. Verschiedene Theorien und Modelle zu organisationalem Lernen werden herangezogen, um die Bedeutung mentaler Modelle für den organisationalen Lernprozess herauszustellen. Es werden fünf Methoden auf verschiedenen Ebenen des organisationalen Lernprozesses identifiziert, die individuelle mentale Modelle aufdecken, verändern und die Schaffung von geteilten mentalen Modellen innerhalb der Organisation fördern. Die Klassifizierung und Bewertung dieser Methoden zeigt, dass ein hohes Maß an Selbstreflexion bei der Anwendung erforderlich ist und eine Kombination der Methoden auf Individuum-, Gruppen- und Organisationsebene am wirksamsten erscheint. Ziel der Arbeit ist es, Praktikern ein tieferes Verständnis für die Bedeutung geteilter mentaler Modelle zu vermitteln und Anregungen zur Verbesserung des organisationalen Lernens zu geben. II Inhaltsverzeichnis ABSTRACT ........................................................................................................................ I INHALTSVERZEICHNIS ................................................................................................ II DARSTELLUNGSVERZEICHNIS ................................................................................. III 1 EINLEITUNG ............................................................................................................. 1 2 ORGANISATIONALES LERNEN ............................................................................ 2 2.1 2.2 2.3 3 DIE ORGANISATION UND IHRE KULTUR ................................................................. 2 WISSEN, HANDELN UND LERNEN IN EINER ORGANISATION................................... 5 DAS KONZEPT ORGANISATIONALEN LERNENS ...................................................... 6 THEORIEN ORGANISATIONALEN LERNENS .................................................... 7 3.1 DIE INFORMATIONSVERARBEITENDE PERSPEKTIVE: DAS EINSCHLEIFEN- UND DOPPELSCHLEIFEN-LERNEN .................................................................................. 7 3.2 DIE SYSTEMBASIERTE PERSPEKTIVE: DIE FÜNF DISZIPLINEN LERNENDER ORGANISATIONEN ................................................................................................................. 10 3.3 DIE INTEGRIERENDE PERSPEKTIVE: DAS OADI-SMM MODELL ......................... 13 3.4 ZUSAMMENFASSUNG UND KRITISCHE BETRACHTUNG DER THEORIEN ................. 16 4 MENTALE MODELLE IM ORGANISATIONALEN LERNPROZESS ................ 18 4.1 4.2 5 DIE WIRKUNG MENTALER MODELLE .................................................................. 18 EBENEN DES ORGANISATIONALEN LERNPROZESSES ............................................ 22 FÖRDERUNG ORGANISATIONALER LERNPROZESSE MIT MENTALEN MODELLEN ............................................................................................................. 23 5.1 METHODEN ZUR FÖRDERUNG ORGANISATIONALER LERNPROZESSE.................... 24 5.1.1 Kreuz der Annahmen................................................................................... 25 5.1.2 Die linke Spalte ........................................................................................... 26 5.1.3 Metaphern-Analyse ..................................................................................... 26 5.1.4 Szenario-Methode ....................................................................................... 27 5.1.5 Communities of Practice ............................................................................. 28 5.2 KLASSIFIZIERUNG UND BEWERTUNG DER METHODEN ........................................ 29 6 FAZIT UND DISKUSSION ..................................................................................... 32 LITERATURVERZEICHNIS .......................................................................................... VI ANHANG ......................................................................................................................... XI III Darstellungsverzeichnis Darstellung 1: Organisationskultur und organisationales Lernen ...................................... 4 Darstellung 2: Einschleifen- und Doppelschleifen-Lernen ................................................ 9 Darstellung 3: OADI-SMM Modell ................................................................................. 14 Darstellung 4: Klassifikation und Bewertung der Methoden........................................... 31 1 1 Einleitung Die Fähigkeit zu lernen ist ein entscheidender Faktor für die Leistung und den langfristigen Erfolg eines Unternehmens (Argote & Miron-Spektor, 2011; Reinmann-Rothmeier & Mandl, 2000). Lernen als ständiger Entwicklungsprozess und die Anpassungsfähigkeit eines Unternehmens an die Umwelt, versprechen eine langfristige Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens (Crossan, Lane & White, 1999; Schilling & Kluge, 2004). Um erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen in der immer komplexer werdenden Welt von heute (Witherspoon, 2014) ein besseres Verständnis von organisationalem Lernen bekommen (Argote, 2011), was Letzteres zum Tätigkeitsfeld der Organisationsentwicklung macht. Seit den 90er Jahren verfolgen die Theoretiker des organisationalen Lernens dabei vor allem die kognitionspsychologische Sicht (Klimecki & Lassleben, 1998), in der organisationales Lernen durch eine Veränderung der organisationalen Wissensstrukturen herbeigeführt wird (Akbar, 2003). Besonders die Veränderung der mentalen Modelle innerhalb einer Organisation scheint dabei eine große Rolle zu spielen, damit das Lernen der einzelnen Organisationsmitglieder zum organisationalen Lernen wird (Campbell & Armstrong, 2013, Repräsentationen Kim, der 1993). Wirklichkeit Mentale dar. Modelle Sie als beinhalten solches implizite stellen kognitive Annahmen und Überzeugungen über unsere Umwelt. Die Schaffung von gemeinsamen mentalen Modellen soll neues Verhalten der Organisation ergeben und zu einer Anpassung an die veränderte Umwelt führen (Klimecki & Lassleben, 1998). Jedoch lässt sich eine Lücke zwischen Theorie und Praxis feststellen, bei der es an realistischen Methoden zur Umsetzung dieser Erkenntnisse mangelt. Zentrale Fragen dieser Arbeit sind daher, wie Theorien und Modelle den Prozess des organisationalen Lernens erklären und welchen Einfluss mentale Modelle darauf einnehmen. Des Weiteren ist zu klären, welche Methoden sich eignen, damit Organisationen anhand geteilter mentaler Modelle lernen. Praktiker sollen so ein tieferes Verständnis von organisationalem Lernen und Hinweise auf Methoden zur Veränderung dieser bekommen. Im weiteren Verlauf der Arbeit werden deshalb die Organisation und ihre Kultur als solches, sowie das Lernen und Handeln in einer Organisation betrachtet. Der Zusammenhang von Organisationen und Lernen wird verdeutlicht, um die Basis für das Verständnis von lernenden Organisationen bzw. organisationalem Lernen zu vermitteln. Im dritten Teil wird eine Auswahl von etablierten Theorien und Modellen zum organisationalen Lernen 2 vorgestellt. In einer genaueren Betrachtung wird die Gemeinsamkeit der mentalen Modelle in den Theorien und deren Bedeutung für den organisationalen Lernprozess herausgestellt. Das Konzept der mentalen Modelle wird im vierten Teil der Arbeit genauer beleuchtet, um anschließend die Förderung der individuellen, gruppenbasierten und organisationalen Lernprozesse durch mentale Modelle aufzugreifen. Hierzu werden Methoden kategorisiert und bewertet, die zur Aufdeckung und Veränderung der mentalen Modelle beitragen. Ein abschließendes Fazit der wichtigsten Erkenntnisse und die sich daran anschließende Diskussion bilden den letzten Abschnitt dieser Arbeit. 2 Organisationales Lernen Das Konzept organisationales Lernen ist als gemeinsames Lernen in einem sozialen System aufzufassen und beschreibt bestimmte Maßnahmen und Konstrukte, die ein kontinuierliches Lernen in der Organisation ermöglichen (Kluge & Schilling, 2000). Während sich die Bezeichnung lernende Organisation auf die Art der Organisation an sich bezieht und organisationale Voraussetzungen schafft (Tsang, 1997), damit durch gezielte Maßnahmen organisationales Lernen stattfinden kann (Dogson, 1993). Basierend auf dem allgemeinen Verständnis von individuellem Lernen, wird organisationales Lernen oft als Metapher verstanden (Argyris & Schön, 2008; Dogson, 1993; Kim, 1993). Da in dieser Arbeit hauptsächlich geklärt werden soll, wodurch eine Organisation lernt, ist vermehrt die Rede von organisationalem Lernen. Bevor das Konzept des organisationalen Lernens genauer definiert wird, werden zunächst die grundlegenden Begriffe Organisation, Organisationskultur und der Zusammenhang von Wissen, Handeln und Lernen in einer Organisation verdeutlicht. 2.1 Die Organisation und ihre Kultur Der Begriff Organisation wird üblicherweise im instrumentellen oder institutionellen Sinne verwendet (Schreyögg & v. Werder, 2004). Die Organisation als Instrument der Unternehmensführung hat demnach eine funktionale Bedeutung und beinhaltet die Planung, Gestaltung und dauerhafte Strukturierung von zweckgerichteten Handlungen. Organisation im Sinne einer Institution ist ein Begriff für verschiedene Arten von sozialen Systemen (ebd., 2004). Darunter sind sowohl staatliche Behörden, kirchliche Ämter oder Bildungseinrichtungen, als auch Non-Profit-Organisationen wie Verbände und Netzwerke zu verstehen. Der Begriff Organisation integriert alle Funktionen, Strukturen und Ressourcen, die im Unternehmen nötig sind, damit es sich als solches organisieren kann In dieser Arbeit 3 sind mit Organisationen wirtschaftlich ausgerichtete Unternehmen gemeint, die durch bestimmte Voraussetzungen gekennzeichnet sind. Für Argyris & Schön (2008) müssen z.B. folgende Bedingungen erfüllt sein, um von einer Organisation sprechen zu können: Die Mitglieder einer Organisation stellen (implizite oder explizite) Regeln auf, um im Sinne der Organisation Entscheidungen treffen zu können, einzelnen Verantwortlichen der Organisation wird die Vollmacht erteilt, nach diesen Entscheidungen zu handeln und es werden Grenzen für die Mitgliedschaft in der Organisation festgelegt. Zudem sind Strukturen und Arbeitsabläufe notwendig, durch die jeder eine bestimmte Rolle einnimmt und die gemeinsam in einem überdauernden Zeitraum verfolgt werden. Ohne ihre Mitglieder kann eine Organisation nicht bestehen. Jedoch ist sie wiederum unabhängig von einzelnen Mitgliedern, da eine Organisation auch weiterhin existiert, wenn alle zur Zeit der Organisationsgründung vorhandenen Mitglieder bereits ausgeschieden sind (ebd., 2008). Einfach gehaltene Strukturen einer Organisation dienen zudem einer offenen Kommunikation und dem ständigen Austausch von Wissen. Denn eine starre Organisationsstruktur, die sich durch einen stark hierarchischen Aufbau und eine zentralisierte Entscheidungsfindung erkennen lässt, schafft Kommunikationsbarrieren innerhalb der Organisation und verhindert so das Lernen (Templeton & Snyder, 2000). Damit Lernen in einer Organisation stattfindet, ist neben einer Organisationsstruktur, die innovatives Lernen ermöglicht, auch eine Organisationskultur, die Lernen fördert, von großer Bedeutung (Argyris & Schön, 2008; Fiol & Lyles, 1985). Eine Organisationskultur wird von Schein (1996a, S. 231) definiert als “taken-forgranted, shared, tacit ways of perceiving, thinking, and reacting“. Sie setzt sich im klassischen Sinne aus drei Ebenen zusammen (Schein, 1996b): Auf der untersten Ebene befinden sich implizite und unbewusste, als selbstverständlich geltende Annahmen, die das Verhalten, Denken, Fühlen und die Wahrnehmung beeinflussen. Sie sind das Abbild davon, wie die Organisation sich selbst und ihr Umfeld sieht und sind als der versteckte Kern einer Organisationskultur zu verstehen. Diesen gilt es aufzudecken, da erst dann die Organisationskultur als das, was sie wirklich ist, verstanden werden kann. Es folgen die vertretenen Werte und Normen, die implizit oder explizit widerspiegeln, wie das erwünschte Idealbild einer Organisation zu sein scheint und wie sich die Organisation demnach nach außen präsentiert. Auf letzter Ebene sind sichtbare alltägliche Verhaltensweisen verortet, 4 welche zusammen mit anderen Artefakten, wie Symbolen, Architektur oder Kommunikationsweisen, die tatsächliche Darstellung der Organisation nach außen bilden. Erst alle drei Ebenen zusammengefasst, bilden die wahre Identität der Organisation, die sie von Anderen abgrenzt. Tritt ein neues Mitglied der Organisation bei, so nimmt es die Organisation erst einmal nur durch die sichtbaren Artefakte wahr. Langjährige Mitarbeiter können neue Mitarbeiter in Netzwerken so einbinden, dass ihnen auch die impliziten Werte und Normen der Organisation vermittelt werden (Taylor, Templeton & Baker, 2010). Jedoch ist diese Übertragung immer ein subjektiver Prozess und kann sich über Mitglieder, Gruppen und ganze Abteilungen unterschiedlich auswirken. Schilling und Kluge (2004) setzten in diesem Zusammenhang die Lernkultur einer Organisation in den Fokus. Sie gehen davon aus, dass sich die Organisationskultur auf die Lernkultur auswirkt und sich einzelne Abteilungen innerhalb der Organisation sowohl hinsichtlich ihrer Organisationskultur als auch ihrer Lernkultur unterscheiden können. Subkulturen innerhalb einer Organisation entstehen vermutlich dann, wenn zwar die genannten impliziten Annahmen und Überzeugungen zwischen mehreren Organisationsmitgliedern oder Abteilungen verbreitet werden, aber innerhalb der gesamten Organisation unterschiedliche Konzepte dazu bestehen. Die Organisationskultur kann so als das Fundament für organisationales Lernen gesehen werden, da sich Annahmen und Überzeugungen auf das Lernen in der Organisation auswirken und das Handeln der Organisationsmitglieder beeinflusst, welches sich wiederum in der Organisationskultur widerspiegelt (siehe Darstellung 1). Das Lernen in einer Organisation und der Zusammenhang zu organisationalen Handlungen aufgrund einer gemeinsamen Wissensbasis werden im Anschluss beschrieben. Artefakte Organisationales Handeln Werte und Normen Implizite Annahmen Organisationskultur Darstellung 1: Organisationskultur und organisationales Lernen Organisationales Lernen 5 2.2 Wissen, Handeln und Lernen in einer Organisation Allgemein werden zur Erklärung von Lernen zwei wesentliche Richtungen unterschieden (Bower & Hilgard, 1981, in Klimecki & Lassleben, 1998). Vertreter der verhaltensorientieren Sicht begreifen Lernen als einen Reiz-Reaktion-Vorgang, welcher eine Veränderung im Verhalten auf Grund der Erfahrungen in einer bestimmten Situation herbeiführt. Das Ergebnis sind neue oder verbesserte Verhaltensweisen. Aus kognitionspsychologischer Sicht ist Lernen die Veränderung des aktuellen Wissensbestands. Kognitive Strukturen beinhalten Repräsentationen der Wirklichkeit. Diese können fehlerbehaftet sein, jedoch durch die Aufnahme und Verarbeitung von Informationen angepasst werden. Das Ergebnis ist neues oder verbessertes Wissen. Aus dieser Sicht wird Lernen in Organisationen auch als kognitive Grundlage des Verhaltens verstanden (Klimecki & Lassleben, 1998), wobei sich das erworbene Wissen nicht automatisch zu einer Veränderung der Verhaltensweisen entwickeln muss (Fiol & Lyles, 1985). Argyris und Schön (2008) meinen, dass eine Organisation dazu fähig sein muss, Informationen zu verarbeiten und ihr neues Wissen in replizierbare Verhaltensweisen umzusetzen, damit sie lernt. Um ein genaueres Verständnis dieser Aussagen zu bekommen, sollten die Beziehungen zwischen Information, Wissen, Lernen und Handeln näher betrachtet werden. Eine Information ist erst einmal neutral. Erst wenn die Information kognitiv verarbeitet wird, entscheidet sich, ob sie relevant genug ist, ihr eine persönliche Bedeutung zu geben (Kluge & Schilling, 2000). Durch die Relevanz und Bedeutung wird die Information zu persönlichem Wissen. Persönliches oder auch implizites Wissen überwiegt Schätzungen zufolge deutlich in einer Organisation (Nonaka & Takeuchi, 1995, in Büssing & Herbig, 2003) und stellt somit eine zentrale Herausforderung für die Organisation im Umgang mit Wissen dar (Nonaka & Takeuchi, 2012). Vom impliziten Wissen ist die Rede, wenn das Wissen bewusst vor Anderen versteckt wird oder unbewusst durch Erfahrungen entsteht und an ein Individuum gebunden ist (Büssing & Herbig, 2003). Explizites Wissen ist hingegen das, was der Organisation in Form von kommunikationsfähigen Dokumenten, Prozessbeschreibungen oder Anleitungen zur Verfügung steht. Es ist für jedes Organisationsmitglied zu erreichen und zu nutzen. Nonaka und Takeuchi (2012) unterscheiden beim impliziten Wissen nochmals zwischen dem technischen Aspekt, indem das Wissen über arbeitsbezogene Handlungen in ihrer Funktionsweise enthalten ist, und dem kognitiven Aspekt, der Inhalte zu mentalen Konzepten über Gegenwart und Zukunft enthält. Implizites Wissen umreißt also den Umstand, gerade für die Beschreibung komplexer 6 Sachverhalte, keine Worte zu finden. Es stellt jedoch eine wertvolle Ressource der Organisation dar und sollte deshalb zu einem geteilten Wissen in der Organisation expliziert werden. Implizites bzw. personenbezogenes Wissen muss der Organisation zugänglich gemacht werden, indem es dokumentiert und gespeichert wird (Bach, 2000). Dieser Aspekt bekommt vor allem dann Bedeutung, wenn ein Mitarbeiter mit großem Erfahrungswert und speziellem Wissen das Unternehmen verlässt und sein Wissen somit nicht mehr zur Verfügung steht (Argote, 2011; Argyris & Schön, 2008). Durch Handlungen sammelt ein Mitarbeiter im Laufe seiner Berufstätigkeit viele Erfahrungen, die, solange sie nicht explizit formuliert werden, keinen Nutzen für das organisationale Wissen haben und so kein gültiger Beweis für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Wissens geliefert werden kann (Büssing & Herbig, 2003). So merkt auch Huber (1991) an, dass Lernen nicht immer förderlich ist, da auch das Richtige falsch gelernt oder das Falsche richtig gelernt werden kann. Dies ist einerseits darin begründet, dass der Mitarbeiter sich nur auf die Informationen verlassen kann, die ihm von der Organisation zur Verfügung gestellt werden und andererseits, dass der Mitarbeiter sich bei der Bewertung der Informationen durch implizite Annahmen und Überzeugungen leiten lässt. Erst durch die Bewertung des Wissens durch Andere kann das eigene Wissen überprüft werden. Dazu muss organisationales Wissen zur Konstruktion der Wirklichkeit genutzt werden, indem es zwischen den Mitarbeitern geteilt wird und diese daraus Handlungen ableiten können (Klimecki & Lassleben, 1998). Handlungen können sich durch den regelmäßigen Gebrauch von kognitiven Wissensstrukturen automatisieren und zum Routineverhalten eines Mitarbeiters werden. In problematischen Situationen können sie auch das Resultat eines bewussten Entscheidungsprozesses sein (Tsang, 1997). In beiden Situationen beeinflusst das erworbene Wissen die Handlungen, die sich zu bestimmten Verhaltensmustern erweitern. Lernen in einer Organisation kann so als die Verarbeitung und Bewertung von Informationen, die Entwicklung und Erweiterung von Wissensbeständen und dem kontinuierlichen Bestreben, dieses Wissen zu teilen, zu speichern und in effektive Handlungen umzusetzen, angesehen werden. Basierend auf dieser Erkenntnis wird das Konzept des organisationalen Lernens definiert. 2.3 Auf Grund Das Konzept organisationalen Lernens der Definitionsvielfältigkeit mit jeweils anderen Schwerpunkten ist organisationales Lernen als Rahmenkonzept aufzugreifen (Schilling & Kluge, 2004), das verschiedene Konstrukte miteinander vereint. Organisationales Lernen wird meist als der 7 Erwerb (Argote & Miron-Spektor, 2011) und die Veränderung (Argote, 2011) von organisationalem Wissen definiert, wobei organisationales Wissen durch Informationsverarbeitungsprozesse (Klimecki & Lassleben, 1998) und als Funktion von Erfahrungen (Argote, 2011) entsteht. Organisationales Lernen findet statt, wenn dieses organisationale Wissen eine Erweiterung möglicher Verhaltensweisen bedeutet, die für die Organisation als nützlich angesehen werden (Huber, 1991) und ermöglicht so neue Optionen zur erfolgreichen Bewältigung fremder Situationen (Klimecki & Lassleben, 1998). Aus strategischer Sicht führt organisationales Lernen zur Verbesserung der organisationalen Kompetenz, effektiv zu handeln (Kim, 1993), um diese gezielten Handlungen auf die Veränderungen in der Umwelt anzuwenden (Campbell & Armstrong, 2013) und eine strategische Neuausrichtung der Organisation voranzutreiben (Crossan et al., 1999). 3 Theorien organisationalen Lernens Auch wenn das Themengebiet des organisationalen Lernens spätestens in den neunziger Jahren seinen Höhepunkt fand, so lässt sich bis heute keine umfassende Theorie darüber identifizieren, die den Erwartungen der Wissenschaftler dieses Gebietes gerecht wird (Crossan, Maurer & White, 2011). Vielmehr entsteht der Eindruck, dass der Fokus eher auf der Entwicklung neuer Theorien, Modelle und Konzepte liegt, als das bestehende Erkenntnisse als Basis für eine empirische Forschung herangezogen werden (Kluge & Schilling, 2000). Eine Auswahl der Theorien verschiedener Perspektiven soll die wichtigsten und allgemein anerkannten Modelle zum organisationalen Lernen im Zusammenhang mit mentalen Modellen erklären und ein tieferes Verständnis für die Thematik geben. Im Anschluss daran werden diese drei Theorien genauer bewertet. 3.1 Die informationsverarbeitende Perspektive: Das Einschleifen- und Doppelschleifen-Lernen Grundlegend gehen Argyris und Schön (2008) bei ihrem Modell des Einschleifen- und Doppelschleifen-Lernens (Single- and Double-Loop-Learning, basierend auf Forschungen aus dem Jahr 1978) von zwei Aktions- oder Handlungstheorien aus: Der vertretenen und der handlungsleitenden Theorie. Die handlungsleitende Theorie beinhaltete die Vorstellungen und Schlussfolgerungen über bestimmte Prozesse, die durch Erfahrungen gelernt wurden. Es bestehen darin Annahmen darüber, in welcher Weise Handlungen zu einem bestimmten Ergebnis führen. Sie wird bestimmt durch Werte und Normen der Organisation und ist nie 8 vollständig an Informationen (Argyris & Schön, 2008). Demnach handelt jedes Individuum in einer bestimmten Situation unterschiedlich, es sei denn, mehrere Individuen gehen von der gleichen handlungsleitenden Theorie aus. Die vertretene Theorie ist hingegen das, was das Individuum nach außen vorgibt zu tun. Folglich unterscheidet sich die handlungsleitende Theorie meistens von der vertretenen Theorie, denn „auch wenn Menschen nicht immer nach ihren verlautbaren Theorien handeln, so handeln sie doch in Übereinstimmung mit ihren praktizierten Theorien, also ihren mentalen Modellen“ (Senge, 2011, S.194). Diese Diskrepanz ist durch eine organisationale Untersuchung zu beheben. Individuen in einer Organisation führen bei auftretenden Problemen in ihrer internen und externen Umgebung eine organisationale Untersuchung durch, indem sie im Namen der Organisation versuchen, eine möglichst produktive Lösung für eine problematische Situation zu finden und diese auf Grund ihrer Lernerfahrung in Handeln umzusetzen. Wird eine fehlende Übereinstimmung zwischen den erwarteten Ergebnissen der Handlungsstrategien und den eintretenden Ergebnissen festgestellt, wird diese als Überraschung wahrgenommen und gibt den Individuen im positiven Sinne die Möglichkeit, ihre Wahrnehmungen, Denkweisen und Handlungen zu diesem Ergebnis neu zu interpretieren. Es wird zwischen den zwei wesentlichen Lerntypen des Einschleifen- und Doppelschleifen-Lernens unterschieden, die durch eine organisationale Untersuchung entstehen können. Einschleifen-Lernen findet statt, wenn ein Fehler zur Verfolgung der vorhandenen Ziele aufgedeckt und korrigiert wird, ohne dabei die Werte und Normen der Organisation zu verändern. Es werden lediglich die Handlungsstrategien angepasst, um den Fehler zu beheben (Argyris & Schön, 2008). Handlungsroutinen oder organisationsspezifische Kompetenzen werden durch zusätzliches Wissen lediglich erweitert (Dogson, 1993) und bleiben so im Einklang mit den Werten und Normen. Das Doppelschleifen-Lernen entsteht dann, wenn auch die grundlegenden Annahmen und Werte der handlungsleitenden Theorie einer Organisation überprüft und verändert werden (siehe Darstellung 2). Durch Berücksichtigung beider Feedbackschleifen reagiert die Organisation auf interne und externe Veränderungen ihres Umfeldes (Greschner, 1996) und verändert nicht nur Handlungsstrategien, sondern hinterfragt auch die vorhandenen Ziele und die Ursachen für die Fehlanpassung. Es beinhaltet die Entwicklung von kognitiven Strategien, die begründen, warum eine Änderung des Verhaltens vorgenommen werden sollte (Dogson, 1993). 9 Darstellung 2: Einschleifen- und Doppelschleifen-Lernen (in Anlehnung an Argyris & Schön, 2008) Der organisationale Lernprozess besteht nach dieser Darstellung aus dem Aufdecken und Korrigieren von wahrgenommenen Fehlern. Ob es sich um einen scheinbaren Fehler handelt, wird durch die organisationalen Handlungstheorien bestimmt. Im Falle einer Nichtübereinstimmung des Ergebnisses mit den Erwartungen, muss der Fehler durch eine organisationale Untersuchung korrigiert werden, indem Ursachen entdeckt und Fehler bestimmten Handlungsstrategien und Annahmen der bestehenden handlungsleitenden Theorie zugeordnet werden. Neue Handlungsstrategien werden umgesetzt, um zu testen, ob sich der Fehler dadurch beheben lässt und ob diese Handlungsstrategie einen Wert für weitere Situationen hat. Damit von organisationalem Lernen gesprochen werden kann, müssen diese Lernerfahrungen jedoch Teil der organisationalen handlungsleitenden Theorie werden, so dass alle Mitglieder darauf zurückgreifen können, um produktive Handlungen zur Problemlösung auszuführen. Wird dieser Schritt der Veränderungen in den Handlungstheorien nicht umgesetzt, so lernen die Mitglieder nur für sich selbst (Argyris & Schön, 1978, in Shrivastava, 1983). Die individuellen Ansichten über die Welt können in Kommunikationsprozessen mit anderen Organisationsmitgliedern zu einem gemeinsamen Bild verschmelzen. Eine Veränderung wird dann erreicht, wenn die Wirklichkeit in Aushandlungs- und Einigungsprozessen neu interpretiert wird und zu einem gemeinsamen Bild konstruiert wird (Argyris & Schön, 2008). Problematisch dabei ist die Kluft zwischen Mitarbeitern und Management in hierarchisch aufgebauten Organisationen. Die Angst der Mitarbeiter, die entdeckten Probleme nach oben zu kommunizieren, birgt die Gefahr einer möglichen Verletzung der bestehenden Werte und Normen der Organisation. Diese Situation wird zu einem persönlichen Zwiespalt, da eine weitere Norm impliziert, dass das Verschweigen der Fehler ebenfalls zu Schwierigkeiten führt (Argyris, 1977). Diese Abwehrmechanismen sind Teil der Unternehmenskultur und verhindern die Veränderung der handlungsleitenden Theorie (Senge, 2011) und somit auch das Doppelschleifen-Lernen. 10 Doppelschleifen-Lernen sollte das Ziel einer Organisation sein, da die Organisation dadurch einen Weg zu mehr „Offenheit, Flexibilität, lokaler Autonomie und Untersuchungsorientierung“ (Argyris & Schön, 2008, S. 14) einschlägt und sich so zu einer lernenden Organisation entwickelt. Argyris und Schön (2008) gehen davon aus, dass Mitglieder einer Organisation ein gemeinsames Verständnis der handlungsleitenden Theorie benötigen, um das Doppelschleifen-Lernen zu unterstützen. Werden die individuellen Annahmen und kognitiven Strukturen unter den Mitgliedern der Organisation geteilt und somit Bestand des organisationalen Gedächtnisses, entspricht das der handlungsleitenden Theorie der Organisation (Shrivastava, 1983). Organisationales Lernen entsteht dann, wenn Mitglieder der Organisation nach den gemeinsamen Vorstellungen über Organisation und Welt handeln. 3.2 Die systembasierte Perspektive: Die fünf Disziplinen lernender Organisationen Senge (2011) stellt in seiner Theorie fünf Disziplinen heraus, die zu einer lernenden Organisation führen. Eine Organisation wird nach dieser Perspektive als System aufgefasst, in dem Individuen, als Teil dieses Systems, innerhalb sozialer Interaktionen miteinander agieren. Grundidee dieser Theorie ist es nach Senge (2011), dass die Probleme einer Organisation in ihrer ganzheitlichen Komplexität verstanden werden, anstatt sie aus Gründen der Komplexitätsreduzierung in Einzelstücke zu zerlegen und nur einen Ausschnitt der Herausforderungen anzunehmen. Eine effektive Umgangsweise mit organisationalen Problemen setzt voraus, dass Organisationsmitglieder sich dazu mit den Mechanismen zwischen der eigenen Person und der Organisation auseinandersetzten. Nur, wer sich dieser Mechanismen bewusst ist, erkennt wodurch das Lernen gehindert wird. Senge (2011) stellt folgende sieben Lernhemmnisse auf, die vor allem durch implizit gesteuerte Denk- und Handlungsmuster entstehen und in so gut wie jeder Organisation zu erkennen sind. Diese Lernhemmnisse beziehen sich im Wesentlichen darauf, 1. …dass Organisationsmitglieder sich nur über ihre Arbeit definieren und sich lediglich als ausführendes Element zum Teil des Ganzen zählen, demnach keine Verantwortung übernehmen und sich machtlos dem System gegenüber fühlen, 2. …dass Organisationsmitglieder bei Schwierigkeiten und Problemen erst einen Sündenbock suchen, um sich selbst vor dem Eingeständnis eigener Fehler zu schützen, 3. …dass proaktives Handeln oft nur als aggressives Vorgehen gegen den Feind verstanden wird, anstatt seinen eigenen Beitrag zu den Problemen zu erkennen, 11 4. …dass auf kurzfristige Ereignisse ein reaktives Handeln folgt, anstatt die wahren Ursachen von langfristigen Veränderungsmustern zu sehen, 5. …dass Organisationen in einer hektischen und schnelllebigen Welt nicht die potenzielle Gefahr von schleichenden Prozessen und Entwicklungen wahrnehmen, 6. …dass die langfristigen Auswirkungen der organisationalen Entscheidungen meistens den Horizont des Vorstellbaren überschreiten und so keine Erfahrungen gemacht werden können, die zum Lernen beitragen und 7. …dass das Bild eines stimmigen Managementteams häufig nach außen aufrechterhalten wird, obwohl interne Machtkämpfe und Schuldzuweisungen die Regel sind. Die Mitglieder versuchen dadurch ihre eigene Unwissenheit zu vertuschen, anstatt nach den wahren Annahmen und Hintergründen bezüglich der Meinungsunterschiede in komplexen Situationen zu suchen. Durch diese eingespielten Reaktionen auf die Veränderungen in der Umwelt und verfestigte Muster in der Organisationskultur, steht sich die Organisation beim nachhaltigen Lernen selbst im Weg. Mit den Fähigkeiten folgender fünf Disziplinen können Organisationen den Hindernissen beim Lernen entgegenwirken. Die Kompetenzen der vier Kerndisziplinen Personal Mastery (Beherrschung persönlicher Kompetenzen1), mentale Modelle (Mental Models), gemeinsame Vision (Shared Vision) und Team-Lernen (Team Learning) werden in der fünften Disziplin Systemdenken (System Thinking) vereint und ergeben zusammen die Voraussetzung für das Lernen in einer Organisation. Personal Mastery Die Disziplin Personal Mastery ist nach Senge (2011) die Fähigkeit einer Person, sich neuen Situationen gegenüber zu öffnen und sich in einem lebenslangen Lernprozess weiterzuentwickeln. Bei dieser Disziplin streben die Organisationsmitglieder danach, ihre eigenen Ansichten immer wieder kritisch zu hinterfragen und eine Neugier nach möglichst objektiven Sichtweisen zu entwickeln. Die Organisation unterstützt ihre Mitarbeiter dabei, gewünschte Ziele der persönlichen Entwicklung und Selbstführung zu erreichen, da sie selbst ohne die Lernerfahrungen der Mitarbeiter nicht lernen könnte. Die Ziele sollten dabei aus innerer Überzeugung des Mitarbeiters heraus kommen und beharrlich verfolgt werden. Im Idealfall sind diese Werte in der Organisationskultur verankert, so dass Selbstverwirklichung und Maßnahmen dazu als selbstverständlich angenommen werden. Personal Mastery sollte in Zusammenhang mit den Disziplinen der mentalen Modelle und der gemeinsamen Vision 1 Freie Übersetzung der Autorin. Nachfolgende Begriffe im Englischen sind der Originalausgabe „The Fifth Discipline: The Art and Practice of the Learning Organization“ aus dem Jahr 2006 zu entnehmen. 12 betrachtet werden, damit die Mitglieder ihre Entscheidungen an der Organisationsrealität ausrichten können. Mentale Modelle Senge (2011, S. 18) beschreibt mentale Modelle als „tief verwurzelte Annahmen, Verallgemeinerungen oder auch Bilder und Symbole, die großen Einfluss darauf haben, wie wir die Welt wahrnehmen und wie wir handeln.“ Da sich mentale Modelle, fest verankert in den Köpfen der Mitglieder, auf die Art des Denkens auswirken, hindern sie die Organisationsmitglieder daran, neue Erfahrungen in produktive Handlungen umzusetzen (Senge, 1992). Herausforderung beim Erwerb dieser Disziplin ist es, sich der impliziten mentalen Modelle bewusst zu werden. Voreilige Schlussfolgerungen über Objekte, Personen oder Organisationsprozesse gilt es zu vermeiden, indem die eigenen Annahmen innerhalb eines Reflexionsprozesses kritisch hinterfragt werden. Dazu gehört es auch, offen für die Ansichten Anderer zu sein. Ziel ist es, geteilte mentale Modelle in der Organisation zu entwickeln, damit die Organisation vorausschauend auf die Aufgaben der Umwelt reagieren kann (Senge, 2011). Senge, Kleiner, Roberts, Ross und Smith (2008, S. 7) fassen die Kompetenz dieser Disziplin so zusammen: „Man reflektiert über seine inneren Bilder von der Welt, bemüht sich um ihre kontinuierliche Klärung und Verbesserung und erkennt, wie sie die eigenen Handlungen und Entscheidungen beeinflussen.“ Gemeinsame Vision Eine Vision ist Teil der Organisation selbst. Sie beinhaltet die organisationalen Ziele sowie Vorstellungen über die gemeinsame Zukunft und ist das Leitbild der Organisation, nach der sich die Organisationsmitglieder in ihrem Handeln und Denken ausrichten. Verfolgt die Organisation konsequent eine langfristige Vision, so kann sie das Gemeinschaftsgefühl unter den Organisationsmitgliedern und deren Identifikation mit der Organisation fördern. Senge (2011) merkt jedoch an, dass in einer Organisation oft eine Vision vorgegeben wird, die nicht von den Mitgliedern gelebt, sondern lediglich als Statement des Managements gilt. Stattdessen verfolgen eher einzelne Mitarbeiter eine wahre Vision, die erst unter allen Organisationsmitgliedern geteilt werden muss. In dieser Disziplin gilt es die Entwicklung einer gemeinsamen Vision zu fördern, um ein echtes Engagement der Mitarbeiter am Lernen zu gewinnen. Team-Lernen Senge (2011) stellt fest, dass erfolgreiche Teams immer kreativere und bessere Leistungen hervorbringen, als dies eine einzelne Person könnte. Voraussetzung dafür ist, dass ein Team lernt, zielorientiert miteinander zu kommunizieren. Jeder Einzelne muss lernen, 13 seine eigenen Annahmen zu lockern und sich auf kollektive Denkleistungen einzulassen. Werden die Ansichten und Meinungen der Teammitglieder gegenseitig auf einer argumentativen Ebene akzeptiert, erlangt jedes Mitglied einen breiteren Blickwickel für potenzielle Handlungsalternativen. Für diese Disziplin stehen persönliche Kompetenzen, das Festhalten an einer gemeinsamen Vision und die Fähigkeit verschiedene Kommunikationsarten zu verbinden im Vordergrund. Zum einen erfordert das Team-Lernen die Kunst, sich in einer Diskussion mit kontroversen Meinungen auseinanderzusetzten und seinen eigenen Standpunkt herauszustellen, um schlussendlich einen Konsens zu finden und Entscheidungen zu treffen. Im Dialog wird zum anderen versucht, die eigenen Überzeugungen zurückzustellen und ein aktives Zuhören und gegenseitiges Verständnis füreinander aufzubringen. Teams sind die wichtigste Einheit in einer lernenden Organisation, besonders in Bezug auf relevante Entscheidungen. Durch die Lernfähigkeit eines Teams kann das Lernen in der Organisation gefördert werden. Systemdenken Systemdenken hilft den Organisationsmitgliedern, die wechselseitigen Beziehungen, zugrundeliegenden Strukturen und übergreifenden Abhängigkeiten des Systems zu erkennen und zu beschreiben. Dazu werden Ursache-Wirkungs-Mechanismen und die Antizipation von Handlungsergebnissen in einem Feedbackprozess analysiert. Es erfordert die Fähigkeiten aller anderen Disziplinen, da Zusammenhänge zwischen den Mitgliedern, der Organisation und der Umwelt erkannt werden müssen, um über Handlungsalternativen in der Zukunft vorausschauend zu entscheiden. Das Systemdenken fördert alle anderen Disziplinen und sorgt dafür, dass diese nicht isoliert voneinander betrachtet werden. Mit diesen fünf Disziplinen können Organisationen geschaffen werden, „in denen die Menschen kontinuierlich die Fähigkeit entfalten, ihre wahren Ziele zu verwirklichen, in denen neue Denkformen gefördert und gemeinsame Hoffnungen freigesetzt werden, Organisationen also, in denen Menschen lernen, miteinander zu lernen“ (Senge, 2011, S. 13). Die Entwicklung hin zu einer lernenden Organisation ist mit keinem genaueren Zielzustand definiert, sondern wird als lebenslange Lernaufgabe der Organisation angesehen. 3.3 Die integrierende Perspektive: Das OADI-SMM Modell Basierend auf verschiedenen Konzepten, wie z.B. auch dem genannten Einschleifen- und Doppelschleifen-Lernen (Single- and Double-Loop-Learning), entwickelt Kim im Jahr 1993 das OADI-SMM Modell. In diesem integrierenden Modell wird die Transformation vom individuellen zum organisationalen Lernen fokussiert, die nach Kim nur durch die 14 Veränderung mentaler Modelle möglich ist. Das Modell (siehe Darstellung 3) lässt sich nach Kim (1993) wie folgt beschreiben2: Beobachten (Observe), Bewerten (Assess), Gestalten (Design) und Testen (Implement) sind die wesentlichen Merkmale im Kreislauf des individuellen Lernprozesses. Individuen beobachten die Ereignisse in ihrer Umwelt und bewerten diese, sei es bewusst oder unbewusst. Aus diesen Bewertungen wird ein abstraktes Konzept, welches aus Schlussfolgerungen über die geeignete Reaktionshandlung auf die Ereignisse besteht, gestaltet. Dieses Konzept scheint die Beobachtungen in der Umwelt zu rechtfertigen. Um zu erfahren, ob dieses Konzept auch tatsächlich eine angemessene Reaktion auf die Ereignisse ist, wird das Konzept in einer bestimmten Situation angewendet und getestet, was wiederum zu neuen Beobachtungen führt. Darstellung 3: OADI-SMM Modell (Kim, 1993, S. 44) In diesem erfahrungsbasierten Lernzyklus wird zudem zwischen zwei Lernebenen unterschieden. Aus operationalem (Operational) Lernen (Beobachten und Testen) resultiert Wissen darüber, wie die Dinge funktionieren und welche Handlungen (Actions) zu einem bestimmten Ergebnis führen. Dieses Wissen ist im individuellen Routine-Wissen (Routines) 2 Die Übersetzung der Begriffe ins Deutsche wurde von Wahren (1996, S. 89) übernommen. 15 einer Person abgebildet und produziert neue oder veränderte Routinehandlungen, die an Stelle von alten angewendet werden können. Das konzeptionelle (Conceptual) Lernen (Bewerten und Gestalten) hingegen ist das Wissen darüber, warum die Dinge geschehen. Es verändert das individuelle Rahmen-Wissen (Frameworks) der Mitglieder, welches Vorstellungen und Annahmen darüber enthält, welche Verhaltensweisen am wahrscheinlichsten zum Erfolg führen. Das individuelle Routine- und Rahmen-Wissen eines Organisationsmitgliedes bilden zusammen zwei Arten individueller mentaler Modelle (Individual Mental Models). Das heißt, alle Annahmen und Vorstellungen über die Welt, die aus unseren Erfahrungen resultieren, werden in individuellen mentalen Modellen gespeichert und beeinflussen unser zukünftiges Lernen und Handeln. Dies wird im Prozess des individuellen Double-Loop-Lernens (IDLL) dargestellt. Betrachtet man dies auf organisationaler Ebene, so ist es das Ziel von organisationalem Lernen, dass die individuellen mentalen Modelle zu geteilten mentalen Modellen (SMM: Shared Mental Models) werden und demnach der Kern des organisationalen Double-LoopLernens (ODLL) sind. Eine Organisation ist darauf angewiesen, dass die Mitglieder ihre mentalen Modelle verbessern; die individuellen mentalen Modelle explizit zu machen ist äußerst wichtig, um neue geteilte mentale Modelle zu entwickeln. Dieser Prozess erlaubt organisationales Lernen unabhängig von einem spezifischen Mitglied der Organisation. Bereits eine Gruppe innerhalb der Organisation kann organisationales Lernen ermöglichen, wenn deren Mitglieder dazu beitragen, mehrere individuelle mentale Modelle zu einem geteilten mentalen Modell zu transformieren. In der Organisation bestehen folglich geteilte Annahmen und Vorstellungen über die Welt (Weltanschauung), die aus den Erfahrungen der Organisation entstehen und sich im organisationalen Routine-Wissen (Organizational Routines) widerspiegeln. Dies zeigt sich z.B. in bewährten Standardprozessen, die dann als Lernergebnis im Organisationsgedächtnis verankert werden und die Entscheidungsfindung der Organisation lenken. Die Organisation kann so mit diesen routinierten Verhaltensweisen auf die Reaktionen der Umwelt (Environmental Response) reagieren (SLL: Single-Loop-Lernen). Das Verhalten muss erst dann verändert werden, wenn sich die geteilten mentalen Modelle nicht auf die neue Situation anwenden lassen. In diesem Fall müssen tief sitzende Annahmen und Werte der Organisation aufgedeckt und hinterfragt werden, damit neue oder erweiterte individuelle mentale Modelle wieder zu geteilten mentalen Modellen werden, um das Verhalten der Organisation an die Umwelt anzupassen (DLL: Double-Loop-Lernen). 16 3.4 Zusammenfassung und kritische Betrachtung der Theorien Die vorangegangenen Theorien und Modelle werden an dieser Stelle bewertet, um die Kernpunkte herauszustellen und die Unterschiede deutlich zu machen. Dabei werden nicht einzelne Komponenten zum Gegenstand der Bewertung, sondern die Theorien im Allgemeinen. Die Theorie des Einschleifen- und Doppelschleifen-Lernens gilt auf Grund ihrer weiten Akzeptanz (Easterby-Smith & Lyles, 2003) unter den Theoretikern als grundlegendes Prinzip des organisationalen Lernens, welches auch in anderen Disziplinen zum Gegenstand der Forschung geworden ist (Kluge & Schilling, 2000). In der Theorie von Argyris und Schön (2008) wird gezeigt, wie organisationales Lernen vor allem durch das Doppelschleifen-Lernen erfolgt. Dabei werden nicht nur Fehler mit der Anpassung von Handlungsstrategien korrigiert, sondern auch die Annahmen und Überzeugungen über bestehende Ziele der Organisation hinterfragt. Das Einschleifen-Lernen wird auch mit dem adaptiven Lernen (Senge, 2011; Shrivastava, 1983) oder dem Lernen auf niedriger Ebene (Fiol & Lyles, 1985) und das Doppelschleifen-Lernen mit dem reflexiven (Senge, 2011) oder dem Lernen auf höherer Ebene (Fiol & Lyles, 1985) gleichgesetzt. Die Ergebnisse des Doppelschleifen-Lernens haben meist auch Auswirkungen auf die Organisationskultur, weshalb sie auch als radikalere Form des Wandels angesehen werden (Templeton & Snyder, 2000). Kritisch zu sehen ist in dem Modell des Einschleifen und Doppelschleifen-Lernens, dass nicht deutlich hervorgehoben wird, ob das Risiko einer unnötigen Wiederholung an Handlungsstrategien besteht. So besteht die Möglichkeit, die eigentliche Notwendigkeit des Doppelschleifen-Lernens bei komplexen Problemen nicht zu erkennen und demzufolge erst viele Handlungsstrategien innerhalb des Einschleifen-Lernens auszutesten. Dies lässt eine Gefahr der Resignation vermuten, bevor das Doppelschleifen-Lernen überhaupt einsetzen konnte, da keine der Handlungsstrategien zu einem langfristigen und gewünschten Ergebnis führen. Dieses Problem ist dem ohnehin schon abstrakten Begriff der organisationalen Untersuchung zuzuordnen, der weitere Fragen der Durchführung offen lässt. Nach der Theorie von Senge (2011) muss die Fähigkeit des Systemdenkens, welche die Disziplinen Personal Mastery, mentale Modelle, gemeinsame Vision und Team-Lernen integriert, von der Organisation erworben werden, damit sie sich zu einer lernenden Organisation entwickeln kann. Hierbei macht sich der genannte Unterschied zwischen organisationalem Lernen und der lernenden Organisation bemerkbar, da Senge (2011) vor allem die Strukturierung und Veränderung des organisationalen Systems beschreibt. Dadurch 17 verliert der Einbezug der Umwelt, wie es vermehrt bei Argyris und Schön oder Kim der Fall ist, hier an Bedeutung (Wahren, 1996). Zudem beruht das Systemdenken auf einer sehr idealistischen Vorstellung, die, zumindest ohne anfängliche Hilfe eines Beraters (auch in Betracht der sogenannten Betriebsblindheit) und der langfristen Ausrichtung nach diesen Disziplinen, nur schwer umzusetzen erscheint. Das OADI-SMM Modell nach Kim (1993) vereint mehrere Ansätze, was eine umfassendere Sicht auf organisationales Lernen ermöglicht. Die Wichtigkeit dieses Modells ist vor allem durch die Betonung der Transformation vom individuellen Lernen zu organisationalem Lernen, die durch geteilte mentale Modelle und dem Einbezug von Feedbackschleifen aus der Umwelt stattfindet, zu begründen. Insgesamt führen die vielen Schleifen des Lernens jedoch zur Verwirrung des Betrachters und lassen viel Raum für Interpretationen. Die fehlende Explizitheit der Begriffe lässt darauf schließen, dass dieses Modell weniger geeignet für den praxisorientierten Nutzen ist, denn spätestens bei der Unterscheidung von individuellem und organisationalem Single-Loop-Learning wird der Eindruck erweckt, die Begriffe nur der Vollständigkeit halber aufgenommen zu haben. Dennoch erforschte Kim die Beziehung von individuellem und organisationalem Lernen als Erster in einer tiefergehenden Auffassung (Tsang, 1997). Argyris und Schön (2008, S. 11) sprechen von der großen Bedeutung für organisationales Lernen, die „organisationalen Aktionstheorien (oder, im verwandten Begriff, ‚mentale Modelle‘) zu erkennen, hervorzuholen, zu kritisieren und neu zu fassen.“ Gemeint sind die geteilten Vorstellungen und Überzeugungen über das Verhalten in der Organisation, die sich auf das Handeln der Mitglieder auswirken (Schilling & Kluge, 2004). Diese Ansicht, dass organisationales Lernen das Teilen von Annahmen ist (Shrivastava, 1983), begründet, dass mentale Modelle hier ebenso wichtig für organisationales Lernen sind, wie in den Theorien von Senge oder Kim (vgl. Campbell & Armstrong, 2013). Kim (1993) erwähnt, dass nicht direkt die komplette Organisation ein mentales Modell teilen muss, sondern dies auch durch Gruppen geschehen kann. Allerdings spielt das Lernen in Gruppen keine explizite Rolle im Modell selbst, sondern es wird eher von einer direkten Transformation vom individuellen zum organisationalen Lernen vorausgesetzt. Die Wichtigkeit der Gruppenkommunikation wird bei Senge hingegen zum bedeutendsten Faktor für eine lernende Organisation. Als wichtigste Erkenntnis für diese Arbeit lässt sich feststellen, dass diese drei Modelle exemplarisch für die wichtige Bedeutung von mentalen Modellen im organisationalen Lernprozess sind. Auch in weiteren theoretischen Ansätzen des organisationalen Lernens bzw. der lernenden Organisation finden mentale Modelle eine Bedeutung (vgl. Huber, 1991; 18 Nonaka & Takeuchi, 2012). Es stellt sich demnach die Frage, wie mentale Modelle durch gezielte Maßnahmen in der Organisation aufgedeckt, verändert und geteilt werden können. Dazu werden die Bedeutung, der Nutzen und die Wirkungsweise mentaler Modelle im Folgenden genauer beschrieben. 4 Mentale Modelle im organisationalen Lernprozess Lernen kann als Prozess gesehen werden, der zu jeder Zeit in einer Organisation stattfindet. Die Herausforderung der Organisation besteht darin, sicher zu stellen, dass die Mitglieder ihr erfahrungsbasiertes Wissen mit anderen Organisationsmitgliedern teilen und die Organisation von einer gemeinsamen Annäherung an die Realität profitiert. Argote und Miron-Spektor (2011) sehen den organisationalen Lernprozess als die Schaffung von neuem Wissen, der Speicherung der Wissenselemente und dem Teilen dieses Wissens. Der Prozess funktioniere, wenn den Mitarbeitern geeignete Werkzeuge zur Verfügung stünden mit denen sie ihre Aufgaben über einen längeren Zeitraum bewältigen können. Wie jedoch genau das Wissen geteilt werden soll, kann am ehesten durch die Veränderung mentaler Modelle innerhalb der Organisation beschrieben werden. Es soll daher das Konstrukt der mentalen Modelle an dieser Stelle genauer erläutert und die Wirkung auf den verschiedenen Ebenen des organisationalen Lernens hervorgehoben werden. 4.1 Die Wirkung mentaler Modelle Mentale Modelle stellen eine unzureichende Abbildung der Realität dar und können als hypothetische Konstrukte aufgefasst werden (Dutke, 1994). Sie werden herangezogen, um eine glaubhafte Erklärung und Rechtfertigung der Phänomene in der Welt zu finden (Seel, 1991). Jedes Individuum besitzt mentale Modelle über die Welt und ihre Objekte (Bach, 2000). Sie sind nicht nur eine statische Aneinanderreihung von Informationen, sondern repräsentieren darüber hinaus dynamische Sachverhalte (Johnson-Laird, 1983). Mentale Modelle sind daher komplexe Konzepte über Funktionsweisen und Beziehungen, die das eigene Selbst mit der Umwelt verbinden. Sie werden einerseits von unseren Wahrnehmungen und Erfahrungen geleitet und wirken sich andererseits auf unser Denken, Planen und Handeln aus. Gerade bei schwierigen Problem- und Entscheidungssituationen auf organisationaler Ebene spielen mentale Modelle eine wichtige Rolle (Bach, 2000; Baitsch, Knoepfel & Eberle, 1996). Um komplexe Situationen zu erfassen und eine adäquate Lösung zu finden, reicht Routine- oder Fachwissen allein meist nicht aus. Vielmehr ist dann eine flexible Denkleistung 19 erforderlich, um mentale Modelle miteinander zu vergleichen und eine kreative Lösung zu finden (Püppell & Vohle, 2004). Merkmale einer neuen Situation werden mit Inhalten der eigenen Erfahrungen abgeglichen, um ein entsprechendes mentales Modell als Grundlage zur weiteren Handlungsplanung zu aktivieren. Es entstehen Schlussfolgerungen und Hypothesen über die bestehende Situation, die zur Rechtfertigung der eigenen Handlungen herangezogen werden können (Akbar, 2003). Schlussfolgerungen, die auf eine Lösung des Problems hindeuten, müssen dabei nicht immer Ergebnis eines regelbasierten Konzepts sein, sondern sind vor allem bei unsicheren Entscheidungsgrundlagen als subjektiv plausible Vorstellungen zu verstehen (Dutke, 1994). Jedes mentale Modell in einem bestimmten Kontext stellt nur eine mögliche Alternative dar, die Realität zu beschreiben (Johnson-Laird, 1983). Wurden mentale Modelle in der Vergangenheit häufig erfolgreich angewendet, werden sie zum festen Bestandteil des Gedächtnisses, können daher mit der Zeit immer leichter abgerufen und auf ähnliche Situationen angewendet werden. Dieser Zustand nützt der Verarbeitung von Informationen, um kurzfristig zu einem erfolgreichen Ergebnis unter Einsparung kognitiver Ressourcen zu gelangen. Durch neue Reize einer Situation und dem Abgleich mit Erfahrungen können mentale Modelle erweitert, verändert oder neu geschaffen werden (Bach, 2000). Je länger sich ein mentales Modell bewährt, desto schwieriger ist dessen Veränderung (Bach, 2000; Seel, 1991). Um mentale Modelle zu konstruieren, muss das Individuum sein erfahrungsgeleitetes Wissen bereits in Form von Schemata strukturiert haben. Schemata sind abstrakte Konzeptionen und enthalten ein allgemeines Wissen über Form, Funktion und Nutzen eines Objektes oder Prozesses. Das Individuum muss in der Lage sein, Ähnlichkeiten zwischen der neuen Situation und den vorhandenen Schemata zu erkennen. Werden entsprechende Schemata aktiviert, können diese in einem mentalen Modell zusammengeführt werden. Es entsteht ein Verständnis über die logische Konsequenz der neuen Situation, welches sich auf zukünftige Situationen übertragen lässt (Dutke, 1994; Seel, 1991). Kann kein Schemata aktiviert werden, was mit den Elementen in dieser Situation vergleichbar wäre, müssen die neuen Informationen der Situation erst verarbeitet und strukturiert werden, bevor sich ein mentales Modell der Situation bilden lässt (Dutke, 1994). Demnach lässt sich vermuten, dass eine Reihe von adäquaten mentalen Modellen besonders bei Individuen mit großem Erfahrungswert existiert, da sie nur durch Erfahrungen erweitert oder neu gebildet werden können. Die Konstruktion mentaler Modelle zur Lösung von Problemen baut häufig auf der Basis von Analogien mit anderen bekannten Prozessen und Vorgängen sowie Metaphern auf 20 (Dutke, 1994; Nonaka & Takeuchi, 2012; Seel, 1991). „Das Feststellen inhaltlicher und/oder struktureller Analogien zwischen verschiedenen Bereichen des Weltwissens ist die Grundlage dafür, subjektive Plausibilität zu erzeugen.“ (Seel, 1991, S. 201). Es ist demnach nicht entscheidend, ob weitere mentale Modelle exakt vergleichbare Elemente enthalten, sondern ob sich die Struktur einzelner Elemente des Problems oder Prozesses auf die neue Situation übertragen lassen (Dutke, 1994). Gerade bei sehr komplexen Themen, bei denen es womöglich schwer fällt, überhaupt eine sprachliche Grundlage zu finden, können Metaphern zur Veranschaulichung der Zusammenhänge dienen (Nonaka & Takeuchi, 2012). Metaphern haben meist keinen direkten Wahrheitsgehalt, sondern dienen als Mittel, Analogien in einfacher Sprache oder Bildern darzustellen. Wird die Metapher also als solche erkannt, kann sie zur Entwicklung eines neuen mentalen Modells beitragen (Dutke, 1994). Rational gesehen spielen die mentalen Modelle anderer Organisationsmitglieder dann eine Rolle, wenn nicht genügend explizierte Daten zur Verfügung stehen oder die eigenen mentalen Modelle nicht zur Erklärung der vorhandenen Situation beitragen können, da entweder die Reize der Situation zu schwach sind, um die richtigen Modelle zu aktivieren oder die Situation zu neu ist, um geeignete mentale Modelle hervorzubringen. In der Praxis bedeutet das, dass mentale Modelle als Teil des impliziten Wissens innerhalb der Organisation aufgedeckt und geteilt werden müssen, damit die Lücken in den individuellen mentalen Modellen gegenseitig vervollständigt werden und sich organisationales Lernen einstellt (z.B. Kim, 1993). Durch den kommunikativen Austausch mit anderen Organisationsmitgliedern können geteilte mentale Modelle entstehen, die zum gemeinsamen Verständnis und zur Interpretation der organisationalen Erfahrungen beitragen (Oertel & Antoni, 2013). Klimecki und Lassleben (1998) konnten in ihrer Studie zeigen, dass eine informelle und selbstorganisierte Kommunikation unter den Organisationsmitgliedern zu verändertem organisationalen Wissen führen kann. Sie kommen zu der Schlussfolgerung, dass bei bestehenden Problemen bezüglich der Anpassung von Organisation und Umwelt, sich eher ein reaktives Lernen einstellt und Lösungen für derzeitige Probleme durch UrsacheWirkungs-Analysen erzeugt werden. Bei antizipierten Problemen in der Zukunft ergibt sich eher ein proaktives Lernen, um der fehlenden Anpassung im Voraus entgegen zu wirken. Durch einen solchen Lernprozess ergibt sich wertvolles Wissenskapital für die Organisation, nach dem organisationale Entscheidungen vorausschauend getroffen werden können. Dieses Wissenskapital und die entsprechende Ausrichtung der organisationalen Handlungen und Verhaltensweisen spiegeln sich in der Organisationskultur wider (Nonaka & Takeuchi, 2012). Demnach definiert auch Bach (2000, S. 90) die Organisationskultur auf folgende Weise: „Die 21 Unternehmungskultur ist das sichtbare Ergebnis der handlungsleitenden und identitätsstiftenden Wirkungen kollektiver mentaler Modelle. Kollektive mentale Modelle konstituieren die Kultur einer organisatorischen Einheit (der Gesamtunternehmung).“ Damit trägt die Organisationskultur zur Entwicklung individueller und geteilter mentaler Modelle bei und beeinflusst schließlich das organisationale Verhalten (Greschner, 1996). Das Zusammenspiel einer Interaktion von Organisationsmitgliedern in informellen Gruppen und einer lernförderlichen Kultur spielen demnach eine große Rolle bei der Entwicklung geteilter mentaler Modelle und damit der Institutionalisierung von Lernen. In einem simplen Beispiel können die Erkenntnisse des Einschleifen- und Doppelschleifen-Lernens, sowie die der mentalen Modelle zusammengeführt werden: Wird im Unternehmen ein neuer Drucker angeschafft, würde das Lesen der Bedienungsanleitung alle Informationen über die Funktionsweise vermitteln (explizites Wissen). Oft wird jedoch erst nach dem allgemeinen Verständnis von elektronischen Geräten gehandelt (Schemata), wie dieser eine Drucker funktionieren könnte (mentales Modell). Die Vorstellung über die Funktionsweise muss jedoch nicht mit der korrekten Funktionsweise übereinstimmen. Nach dem Ausprobieren von ersten Handlungsschritten, z.B. Drücken einer Taste, muss im Anschluss überprüft werden, ob das Dokument wie gewünscht gedruckt wurde oder ein Fehler beim Drucken entstand. Wurde das Dokument nicht wie gewünscht gedruckt, muss der Fehler korrigiert werden und eine andere Handlung ausgeführt werden. Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten: Es werden die gleichen oder ähnliche Handlungsschritte noch einmal ausgeführt, da der Anwender nach wie vor überzeugt von dieser Funktionsweise ist (SLL), es wird eine andere Handlung ausgeführt, die ebenso zu einem Ergebnis führen könnte, bisher jedoch nicht zu den Vorstellungen über die Funktionsweise von Druckern gehörte (DLL). Dazu kommt es, wenn: a. Das bisheriges Wissen durch neue Informationen aus der Bedienungsanleitung vervollständigt wird (Erweiterung des mentalen Modells), b. ein Techniker gerufen wird, der die korrekte Funktionsweise erklärt und diese dann eigenständig ausgeführt werden kann (Veränderung des mentalen Modells), c. durch den Austausch mit anderen Mitarbeitern neue Sichtweisen und Vorstellungen über die korrekte Funktionsweise übernommen werden (Schaffung eines geteilten mentalen Modells). 22 Die Funktionsweise des Druckers kann hier als Analogie gesehen werden. In der Realität stehen jedoch oftmals keine direkten Daten (z. B Bedienungsanleitungen) für Probleme zur Verfügung, weshalb Option c nicht oft eine Lösung des Problems darstellt. 4.2 Ebenen des organisationalen Lernprozesses Organisationales Lernen wird auf drei Ebenen betrachtet; der Ebene des individuellen Lernens, der Gruppenebene und dem Lernen auf organisationaler Ebene, sowie den Wechselbeziehungen zwischen ihnen und mit ihrer Umwelt (Crossan et al., 1999, 2011; Noe, Clarke & Klein, 2014). Es besteht eine direkte Beziehung zwischen individuellem Lernen in Organisationen und organisationalem Lernen an sich (Tsang, 1997). Die Bedeutung des individuellen Lernens ist einerseits offensichtlich, da es als unumstritten gilt, dass eine Organisation sich aus Individuen zusammensetzt und nur durch diese lernt. Andererseits können Organisationen auch unabhängig von einem bestimmten Mitglied lernen, aber nie unabhängig von allen (Kim, 1993; Senge, 2011). Da eine Organisation folglich kein Wissen ohne Individuen erzeugen kann (Nonaka & Takeuchi, 2012), wird individuelles Lernen zur Notwendigkeit für organisationales Lernen. Die Tatsache alleine, dass individuelles Lernen in der Organisation stattfindet, reicht noch nicht aus, um vom organisationalen Lernen zu sprechen. Auch die Vermutung, dass organisationales Lernen sich aus der Summe des Lernens einzelner Mitglieder heraus bildet, kann nicht als Erklärung für den organisationalen Lernprozess herangezogen werden. Individuen führen ständig Handlungen aus und beobachten ihre Erfahrungen, jedoch nicht jede Lernerfahrung einer Person hat Konsequenzen für die Organisation (Kim, 1993). Individuelle Lernerfahrungen müssen sich erst vom Individuum selbst lösen, um auf einer höheren Ebene gespeichert und von anderen Mitgliedern bewertet werden zu können (Argote & Miron-Spektor, 2011). Das heißt individuelles Lernen anhand kognitiver Prozesse kann durch das explizite Teilen der Lernerfahrungen zu organisationalem Lernen beitragen (Campbell & Armstrong, 2013). Organisationales Lernen in seiner Idealform integriert also all das Wissen, welches auch in den Köpfen der Mitarbeiter gespeichert ist. Es bildet sozusagen das organisationale Gedächtnis, welches bestimmt “what an organization pays attention to, how it choose to act, and what it choose to remember from its experience” (Kim, 1993, S. 44). Sobald die Organisation sich ihrer Erfahrungen bewusst wird, findet Lernen auf einer höheren Ebene statt (Argote, 2011). Dieser Erfahrungswert wird einerseits durch die Wissbegierde der Mitarbeiter unterstützt und erweitert und andererseits durch eine hohe Fluktuation bedroht 23 (Kim, 1993), da es eine gewisse Zeit dauert, bis sich die Erfahrungen der Mitarbeiter institutionalisiert haben. Verfügt die Organisation nicht über ein gemeinsames Verständnis der Verhaltensweisen, die eine adäquate Reaktion auf die Umwelt darstellen, so kann sich spontanes, unkontrolliertes Handeln negativ auf die Organisation auswirken (Campbell & Armstrong, 2013). Organisationen müssen zur Förderung ihrer Lernprozesse in der Lage sein, Fehler der Vergangenheit zu analysieren, um aus ihnen zu lernen (Tsang, 1997) und sich dahingehend anzupassen, dass sie alte Verhaltensweisen verlernen oder neue Wege zur verbesserten Verhaltensweisen in zukünftigen Situationen finden (Fiol & Lyles, 1985). Gruppen oder Teams sind das Bindeglied zwischen individuellem Lernen und dem Übergang zu organisationalem Lernen. Gruppenmitglieder in einer sozialen Interaktion können voneinander lernen und Synergieeffekte nutzen, die einem einzigen Mitarbeiter beim Lernen nicht zur Verfügung stehen. Ebenso wie Individuen als Vertreter für die Organisation lernen (Argyris & Schön, 2008), können auch Gruppen daran interessiert sein, einen Konsens der kontroversen Annahmen und Überzeugungen der einzelnen Gruppenmitglieder zu finden und dieses Wissen in der Organisation zu verankern. Was anfangs einer Diskussion oder einem Konflikt über die verschiedenen Annahmen und Überzeugungen gleicht, kann sich durch die Kommunikation zu einer geteilten Konstruktion der Wirklichkeit entwickeln (Klimecki & Lassleben, 1998). Die Gruppenmitglieder beeinflussen sich gegenseitig, so dass eigene Vorstellungen über die Welt überdacht und verändert werden können. Dieses kollektive Lernen kann als „effizientere Aufgabenerfüllung oder die Fähigkeit der Erfüllung neuer Aufgaben auf den Referenzebenen der organisatorischen Einheit oder der Gesamtunternehmung“ (Bach, 2000, S. 28) verstanden werden und tragen zur Bildung geteilter mentaler Modelle bei. Die nachfolgenden Grundlagen zur Förderung organisationaler Lernprozesse setzten daher am Individuum an, um sich dann durch die Kommunikation in Gruppen zu institutionalisieren. 5 Förderung organisationaler Lernprozesse mit mentalen Modellen Ziel einer Intervention sollte es sein, den Mitgliedern ein Bewusstsein für ihre eigenen Annahmen und Überzeugungen zu geben, damit sie erkennen, wie diese das Lernen und somit ein effektives Handeln verhindern (Argyris, 1977). Veränderte bzw. neue mentale Modelle gilt es dann durch den Kommunikationsprozess hin zu geteilten mentalen Modellen zu 24 transformieren. Es lassen sich einige Bedingungen festmachen, die für diesen Prozess grundlegend sind. Seel (1991) z.B. setzt den Konflikt als Auslöser dafür, dass das Individuum seine bisherigen Annahmen über die Welt hinterfragt. Werden dem Individuum keine kontroversen Anreize aus der Umwelt geboten, die dessen Annahmen widerlegen könnten, so bleibt es bei den bisherigen erfolgreich angewendeten Vorstellungen über die Welt. Neue Annahmen werden anhand des Wissens aus Erfahrungen geprüft und gegebenenfalls übernommen. Auch wenn es schwer zu sein scheint, die bewährten mentalen Modelle zu verändern, so reicht dennoch die Tatsache, dass kontroverse Annahmen lediglich als plausibel und erfolgreicher wahrgenommen werden, wie Seel erklärt. Für das Hinterfragen der eigenen Annahmen ist die wesentliche Fähigkeit der Selbstreflexion als Voraussetzung für den Umgang mit mentalen Modellen in einem solchen Kommunikationsprozess zu sehen (Senge, 1992; Senge et al., 2008). Dadurch werden vergangene Situationen ins Gedächtnis gerufen, um das eigene Denken und Handeln schrittweise zu analysieren und sich seiner mentalen Modelle bewusst zu werden. Des Weiteren kommt die Fähigkeit der Erkundung zum Tragen, wenn in einem Gespräch ein gegenseitiges Verständnis für die mentalen Modelle der Anderen aufgebracht werden soll, indem jeder darauf verzichtet, beharrlich den eigenen Standpunkt zu vertreten, sondern dem Austausch von Differenzen offen gegenüber steht. Wie eingangs angemerkt, befasst sich die Literatur überwiegend mit dem Beschreiben von Prozessen und der Erschließung von Konstrukten und Modellen, als dass sie realistische Handlungsschritte für die Praxis vorschlägt. Im Folgenden werden daher, unter Berücksichtigung der genannten Bedingungen, Methoden zur Förderung des organisationalen Lernens vorgestellt, klassifiziert und bewertet. 5.1 Methoden zur Förderung organisationaler Lernprozesse Es werden an dieser Stelle Methoden vorgestellt, die als Werkzeuge für die Aufdeckung mentaler Modelle und Entwicklung von geteilten mentalen Modellen dienen und so zu einer Annäherung an die Realität der Organisation genutzt werden können. Diese basieren wie oben beschrieben auf der Wirkung von Reflexions- und Kommunikationsprozessen. Praktiker erhalten dadurch Hinweise zur ökonomischen Förderung des organisationalen Lernens. Bei der Auswahl der Methoden wird teilweise auf das Gebiet des Wissensmanagements zurückgegriffen, da dies die Brücke zur Umsetzung von Ansätzen des organisationalen Lernens schafft (Reinmann-Rothmeier & Mandl, 2000). Auch hier steht die Explikation von implizitem Wissen als eine der zentralen Themen im Vordergrund. Nonaka und Takeuchi 25 (2012) z.B. sehen die Transformation zu explizitem Wissen als gegeben, sobald implizites Wissen in Form von Analogien, Metaphern und Hypothesen der Organisation zugänglich gemacht wird. Die Anwendung der folgenden fünf Methoden ist besonders wichtig, wenn relevante Fakten und Daten zur Problemlösung nur begrenzt zur Verfügung stehen und subjektive Interpretationen und Annahmen die Basis für Problemlösungen und Entscheidungen bilden. Sie können proaktiv zur Vorbereitung auf eine organisationale Veränderung eingesetzt werden. 5.1.1 Kreuz der Annahmen Diese Methode lässt sich in problematischen Situationen anwenden, um eine erste Tendenz einer späteren Entscheidung zu visualisieren. Im ersten Schritt dieser Methode wird ein genaues Ziel definiert, welches mit der Entscheidung erreicht werden soll. In einer Tabelle werden je zwei bestehende Annahmen darüber formuliert, welche positiven oder negativen Konsequenzen das Ziel mit sich ziehen könnte. Jede der vier Annahmen wird mit einer persönlichen Einschätzung über die Relevanz von 1-10 bewertet, inwieweit die bestehenden Annahmen das Ziel beeinflussen. In einer grafischen Darstellung stellt dieses Ziel das Zentrum dar. Dahinter wird ein Koordinatenkreuz aufgestellt, in dem pro Quadrant je eine Annahme mit entsprechender Relevanz eingezeichnet wird. Werden die Punkte anschließend kreisförmig verbunden, entsteht eine Tendenz zur Entscheidung, die auf Grund der negativen oder positiven Annahmen getroffen werden kann. In einer fortgeschrittenen Ausführung, wenn schon eine Vorentscheidung getroffen wurde oder falls es zu keiner eindeutigen Tendenz gekommen ist, kann zusätzlich zur Relevanzeinschätzung auch der erwartete Effekt abgeschätzt werden (Paulsen, 2009; siehe Beispiel im Anhang A). Die Methode bezieht sich auf die Aufdeckung der eigenen mentalen Modelle durch Selbstreflexion, die zur scheinbar richtigen Entscheidung und zur Lösung des Problems führen. Die Methode kann auch in einer Gruppe zur gemeinsamen Entwicklung einer Entscheidung angewendet werden. Für sehr komplexe Situationen, bei denen viele Faktoren das Ziel beeinflussen, ist sie jedoch weniger geeignet. Für ein aufschlussreiches Ergebnis sollte eine hohe Motivation und Fähigkeit zur Selbstreflexion des Anwenders gegeben sein. Die Visualisierung der zugrundeliegenden Annahmen ist ein erster Schritt, wenn schnelle Entscheidungen benötigt werden (Andler, 2013). 26 5.1.2 Die linke Spalte Die Methode der linken Spalte wurde von den Autoren Argyris und Schön (2008) innerhalb ihrer Aktionsforschung entwickelt und erfolgreich in Organisationen eingesetzt. Sie wird genutzt, um die Diskrepanz zwischen der handlungsleitenden und der vertretenen Handlungstheorie aufzudecken, so dass das Doppelschleifen-Lernen einsetzt. Auch Senge et al. (2008) nehmen darauf Bezug und stellen diese Methode zur Aufdeckung und Veränderung mentaler Modelle vor. Ausgangspunkt ist eine zwischenmenschliche Konfliktsituation, wie z.B. auch von Seel (1991) beschrieben wurde. Dabei kann es sich z.B. um eine Meinungsverschiedenheit, fehlende Akzeptanz des eigenen Standpunktes durch Andere oder den Versuch, eine Veränderung gegen Widerstand vorzubringen, handeln (Senge et al., 2008). Das genaue Problem wird formuliert und eine bereits geführte (oder vorstellbare) Gesprächssituation über dieses Problem in der rechten Spalte eines Blatt Papiers erinnert und aufgeschrieben. Der Dialog kann auch mittels Protokoll oder Aufnahme rekonstruiert werden. Neben dem Dialog in der rechten Spalte wird anschließend in der linken Spalte zu jeder Äußerung das aufgeführt, was nicht ausgesprochen, aber gedacht wurde. Die linke Spalte bringt so die dahinterliegenden Annahmen und Überzeugungen zum Vorschein. Wird dieser Dialog mit zeitlichem Abstand nochmals intensiv und reflektierend betrachtet, kann die Situation möglicherweise neutraler eingeschätzt werden und eigene mentale Modelle als Beitrag zum Problem identifiziert werden. Mit dieser Erkenntnis können bisherige Annahmen und Überzeugungen verändert werden und in einer neuen Gesprächssituation zu diesem Problem angewandt werden. Diese Methode kann des Weiteren in Teams durchgeführt werden, indem die linke Spalte gegenseitig vorgestellt wird. Hierbei sollte jedoch ein erfahrener Mentor den Prozess begleiten, um die Fokussierung des Problems beizubehalten und verletzende Auseinandersetzungen zu vermeiden (Senge et al., 2008). Ein Beispiel zur linken Spalte ist im Anhang B zu finden. 5.1.3 Metaphern-Analyse Wie bereits in Punkt 4.1 beschrieben, tragen Analogien und Metaphern zur Aufdeckung und Veränderung mentaler Modelle bei. Auch Moser (2004) beschreibt in ihrer Arbeit, wie eine Metaphern-Analyse zum gemeinsamen Verständnis der organisationalen Herausforderungen führen kann. Dabei werden die Akteure für den impliziten Anteil von Wissen sensibilisiert und der Transfer von Wissen durch verbesserte Kommunikation gefördert. Eine gemeinsame Wissensbasis und die Schaffung von geteilten mentalen Modellen sind zentrale Ziele dieser 27 Methode. Durch die Bildung von Analogien ist eine Übertragung komplexer Sachverhalte in die Sprache der Metaphern möglich, damit „implizit eine spezifische Erlebnisqualität wie auch eine kognitive Struktur vermittelt“ wird und sowohl eine „Komplexitätsreduktion wie auch die Herstellung eines sinnstiftenden Bezugs zu bereits bestehenden Erfahrungen“ hergestellt wird (Moser, 2004, S. 330). Eine Analyse der Metaphern ist in jeglicher Form von sprachlichem Material denkbar und setzt sich über kulturelle, soziale und bereichsspezifische Einflussfaktoren hinweg. In Workshops werden die Teilnehmer dazu aufgefordert, einen Text über die Ursachen oder Umstände eines vorher definierten Problems der Organisation zu verfassen und die darin enthaltenen Metaphern zu identifizieren. Besteht z.B. das Problem eines misslungenen Projekts in der Organisation, werden vermutlich Metaphern wie mir die Schuld in die Schuhe schieben, alles in den Sand gesetzt oder jeder muss sich an seiner eigenen Nase packen festzustellen sein. Die Ähnlichkeit und Häufigkeit solcher Metaphern kann so Aufschluss darüber geben, welche mentalen Modelle von der Gruppe über dieses Problem geteilt werden und führen zu einem reaktiven Lernprozess. Steht die Organisation hingegen vor einem Führungswechsel, so können Metaphern wie frischen Wind in die Segel bringen, den Anker für Neues setzen oder keine Rettung des sinkenden Schiffs Hinweise darüber geben, mit welchen Bedenken oder Hoffnungen dem Führungswechsel entgegen gesehen wird. Die neue Führung kann so auf diese Annahmen und Überzeugungen eingehen und durch proaktives Handeln größere Probleme vermeiden. Nach Moser (2004) werden die identifizierten Metaphern einem Metaphernbereich zugeordnet, durch die Teilnehmer visualisiert und in der Gruppe diskutiert. Das Problem des Führungswechsels könnte so z.B. in der Metapher einer Schiffsfahrt visualisiert werden. Da bei der Methode der linken Spalte Beziehungen und Sachverhalte in Textform angefertigt werden, ist eine Kombination von beiden Methoden denkbar. 5.1.4 Szenario-Methode Bei dieser Methode geht es nicht darum, einzelne Abteilungen oder Teams zu einem hypothetischen Problem zu befragen, sondern Organisationsmitglieder verschiedener Bereiche und Hierarchien über die zukünftige Anpassung der Organisation an die Umwelt nachdenken zu lassen. Szenarien veranlassen Mitarbeiter dazu, darüber nachzudenken, wie sie unter anderen Bedingungen in der Zukunft handeln würden (Senge, 1992). Dies erfordert, dass ein zukünftig eintretendes Problem der Organisation identifiziert wird, welches für alle Teilnehmenden relevant sein wird (Senge et al., 2008). Indem Geschichten über eine mögliche Zukunft der Organisation zur Diskussion stehen, können die Mitarbeiter ihre 28 mentalen Modelle offenlegen, ohne dass sie dabei vermuten, ihr Gesicht zu verlieren (Senge, 2011). Die Darbietung von unterschiedlichen Szenarien, veranlasst die Teilnehmer dazu, unterschiedliche Handlungsstrategien zu durchdenken und die Ursache-Wirkungs- Mechanismen des Handlungsablaufs zu antizipieren. Es muss dabei eine Fülle an möglichen Einflussfaktoren im Sinne des Systemdenkens (Senge, 2011) miteingeschlossen werden. Da eine Abschätzung der wahrscheinlich eintretenden Konsequenzen auf Grund der fehlenden Informationen nicht möglich ist, muss jeder Teilnehmer sich auf seine eigenen mentalen Modelle verlassen (Schmid, 2014). Lücken in den mentalen Modellen über die Zukunft der Organisation kommen in der Diskussion mit Anderen zum Vorschein. In einer Aushandlung der bestmöglichsten Handlungsstrategie wird ein geteiltes mentales Modell geschaffen und in einem gemeinsamen Konsens ergänzt oder sogar verändert. „Gedankliches Probehandeln oder Durchspielen von Ereignisfolgen kann das mentale Modell so verändern, daß neue Modellzustände vorher nicht bekannter Zusammenhänge und Folgerungen repräsentieren“ (Dutke, 1994, S. 77). Diese Methode eignet sich für sehr komplexe Probleme, die potenziell das Dasein der Organisation nachhaltig verändern können. 5.1.5 Communities of Practice Das ursprüngliche Management-Konzept der Communities of Practice (CoPs) wurde bereits von Bettoni, Clases & Wehner (2004) zur Methode des Wissensmanagements adaptiert und erweitert. Den Autoren zufolge ist es der Zweck einer CoP, außerhalb der formalen Strukturen und Abteilungen freiwillige und informelle Gruppen zu bilden, durch die implizites Wissen aufgedeckt und zusammengebracht werden kann. Es sollen andere Denkund Handlungsmuster im Lernprozess von anderen Mitgliedern übertragen werden, um sie dann zur Lösung von Problemen wiederum auf die eigenen Abteilung oder ihren Aufgabenbereich anzuwenden. Es wird ein besseres Verständnis für die Aufgaben und Ziele anderer Abteilungen der Organisation erzeugt und die eigene Arbeit als Teil des Systems entdeckt. Besonders durch die Bedeutung von “Narratives“ (Patriotta, 2004, S. 7 f.), also dem Teilen von implizitem Wissen durch das Erzählen von Geschichten und Anekdoten, werden Repräsentationen der Welt ausgetauscht und demzufolge mentale Modelle verändert und über mehrere Abteilungen oder sogar durch die Organisation hinweg weitergegeben und geteilt. CoPs haben einerseits nicht den Charakter von formalen Meetings und hierarchischer Kontrolle. Die Mitglieder organisieren sich selbst und können sich z.B. in regelmäßigen Treffen beim Mittagstisch, per E-Mail oder in internen Netzwerken austauschen (Wenger & Snyder, 2000). Diese zwanglose Form der Gruppeninteraktion macht eine CoP andererseits 29 aber auch zu einer großen Herausforderung der Organisation. Schon die Bildung von CoPs ist eine sehr anspruchsvolle Aufgabe (Bettoni et al., 2004), da erst Wege und Anreize gefunden werden müssen, um die Mitarbeiter neben der eigentlichen Fülle an Aufgaben für die Aktivität in CoPs zu motivieren. Dies gelingt nur, wenn die Mitarbeiter ein wahres Engagement an der Verbesserung funktionsübergreifender Prozesse und Aufgaben zeigen. Zudem ist es schwer, gefestigte CoPs und deren Erkenntnisse nachhaltig in das Gesamtgeschehen der Organisation einzubinden (Wenger & Snyder, 2000 ). Eine förderliche Organisations- bzw. Lernkultur kann hier Mittel zur selbstverständlichen Einbindung von CoPs sein. 5.2 Klassifizierung und Bewertung der Methoden In diesem Abschnitt soll der Nutzen und die Wirksamkeit der Methoden für die Praxis eingeschätzt werden. Im ersten Umsetzungsschritt werden dazu die Methoden folgenden vier Kategorien zugeordnet, die beschreiben wer, wann, wozu und wodurch lernt: Die Ebene des Lernprozesses (Individuum, Gruppe, Organisation; siehe Abschnitt 4.2), die erkennen lässt, durch wen die Methode primär auszuführen ist, die Situation (Entscheidungsfindung, Lösung komplexer Probleme; siehe Abschnitt 5.1), in der die Methode besonders nützlich ist, das erwartete Ergebnis, ob individuelle mentale Modelle aufgedeckt und verändert, und/oder geteilte mentale Modelle neu geschaffen werden (siehe Abschnitt 4.1) und die Voraussetzungen (Reflexion, Erkundung, Konflikt; siehe Abschnitt 5), die diese Methode erfordert. Im zweiten Schritt werden Vorschläge zur Bewertung der Methoden gemacht. Da es sich hier um die Bewertung von qualitativen Methoden zur Implementierung in die Praxis und nicht um die quantitative Bewertung von Tests oder Instrumenten in einer empirischen Untersuchung handelt, können Gütekriterien wie z.B. Validität nur im übertragenen Sinne und begrenzt angewendet werden. Im Falle der linken Spalte z.B. kann zwar auf Grund der häufigen Anwendung durch die Autoren Argyris & Schön sowie Senge angenommen werden, dass die Methode eine hohe Augenscheinvalidität im Sinne eines Best Practice Beispiels aufweist, dies lässt aber noch keine Aussagen über die tatsächliche Validität der Methode zu. Da alle Methoden einen Mangel an empirischer Verankerung im Zusammenhang mit organisationalem Lernen aufweisen und die Wirksamkeit nicht lediglich auf Grund der Augenscheinvalidität erschlossen werden kann, bedarf es anderer Kriterien, mit denen zudem eine fast unbekannte Methode, wie das Kreuz der Annahmen, gegenstandsangemessen 30 bewertet werden kann. Aus dem theoretischen Erkenntnissen dieser Arbeit lassen sich zwei wesentliche Kriterien bestimmen, die Aussagen darüber zulassen, wann die Arbeit mit mentalen Modellen erfolgreich ist und das organisationale Lernen fördern: a) Die Interaktion der Organisationsmitglieder ein wichtiges Kriterium ist, um von geteilten mentalen Modellen auszugehen. Man kann demnach darauf schließen, dass je intensiver die Methode eine Interaktion in der Organisation zulässt, desto eher werden mentale Modelle geteilt und tragen zum organisationalen Lernen bei. b) Die Proaktivität des organisationalen Handelns gibt Aufschluss darüber, ob sich organisationales Lernen einstellen konnte und eine frühzeitige Anpassung an die Veränderungen in der Umwelt entsteht. Die Proaktivität kann durch den hinterfragenden Einbezug aller Einflüsse (im Sinne von Systemdenken) und Ziele (im Sinne des Doppelschleifen-Lernens) bestimmt werden. Daher ist eine Methode, die vermehrt das Systemdenken oder Doppelschleifen-Lernen zulässt, mit einem hohen Grad an Proaktivität zu bewerten. Neben diesen Kriterien sind in der Praxis auch ökonomische Aspekte von Bedeutung, die eine Entscheidung für oder gegen die Methoden aufgrund der organisationalen Ressourcen zulassen. Dazu zählen die Aspekte des zeitlichen Aufwandes zur Vorbereitung oder Durchführung der Methode, die benötigten Vorkenntnisse und Expertise der Anwender und die Integration in den Arbeitsalltag. werden in den Vor- und Nachteilen der Methode miteinbezogen. Die Darstellung 4 zeigt, dass die Methoden CoP, Szenario-Methode und MetaphernAnalyse scheinbar für die Förderung organisationaler Lernprozesse am geeignetsten sind. Besonders die Szenario-Methode erfüllt alle Kriterien in hohem Maße, auch wenn sie Nachteile in der ökonomischen Anwendung aufweist. Die linke Spalte stellt sich trotz ihrer hohen Augenscheinvalidität nach dieser Bewertung als weniger geeignet heraus, da sie weder ein hohes Interaktionspotenzial noch ein hohes Maß an Proaktivität vermuten lässt. Insgesamt ist auch die Methode Kreuz der Annahmen positiv zu bewerten, da sie als Gruppenvariante die Aufdeckung von individuellen mentalen Modellen fördert und eine Diskussion über zukünftige Entscheidungen anregt. In einer Weiterentwicklung wäre denkbar, dass eine CoP als Rahmen für die Integration weiterer Methoden und Tools dienen könnte und somit die Wirksamkeit einzelner Methoden erhöhen würde. So wäre z.B. die Integration besonders von der linken Spalte und der Metaphern-Analyse innerhalb der CoP vorstellbar. Individuum Individuum Gruppe Gruppe Organisation Kreuz der Annahmen Linke Spalte MetaphernAnalyse SzenarioMethode Community of Practice Aufdeckung, Veränderung Schaffung Aufdeckung, Veränderung Schaffung Veränderung Schaffung Problemlösung, Entscheidungsfindung Problemlösung, proaktive Entscheidungsfindung Problemlösung, Entscheidungsfindung, Erkundung, Konsens Selbstreflexion, Erkundung, Diskussion Selbstreflexion, Diskussion Selbstreflexion, Konflikt Aufdeckung, Veränderung Problemlösung Voraussetzung Selbstreflexion Erwartetes Ergebnis Aufdeckung Entscheidungstendenz bei nicht allzu komplexen Problemen Situation Darstellung 4: Klassifikation und Bewertung der Methoden Ebene Methode Klassifikationskriterien hoch hoch mittel mittel hoch hoch niedrig mittel mittel (bei Anwendung in einer Gruppe) niedrig (bei Anwendung n einer Gruppe) Grad der Proaktivität Interaktionspotenzial Bewertungskriterien + Interdisziplinarität, Flexibilität, Partizipation - konkrete Ziele und Ergebnisse diffus, Aufbau und Institutionalisierung schwierig + Offenheit der Teilnehmer, Systemdenken - Vorbereitungs- und Durchführungszeit, Expertise des Moderators, +deckt Zusammenhänge auf - zeitintensiv, starke Vertrauensbasis nötig hoher Interpretationsspielraum + einfache Anwendung, - hohe Sozialkompetenz erforderlich, + schnelle Visualisierung und für jeden anwendbar - Ergebnisse evtl. nur wenig aussagekräftig Vor- und Nachteile (+/-) 31 32 6 Fazit und Diskussion In dieser Arbeit konnten unter Betrachtung eines theoretischen Hintergrundes zu Organisationen und Lernen, sowie mit der Darstellung von Theorien zu organisationalem Lernen, bzw. der lernenden Organisation, fünf Methoden zur Förderung des organisationalen Lernprozesses mit mentalen Modellen identifiziert und bewertet werden. Die zu Anfang gestellte Frage nach der Erklärung des organisationalen Lernprozesses konnte durch die Darstellung des Einschleifen- und Doppelschleifen-Lernens von Argyris & Schön (2008), sowie dem OADI-SMM Modell von Kim (1993) beantwortet werden und zum tieferen Verständnis beitragen. Die Theorie des Systemdenkens von Senge (2011) untermauert diese Prozesse mit Kompetenzen zur Entwicklung einer lernenden Organisation. Allen drei Theorien wurde die zentrale Bedeutung von implizitem Wissen, dem auch mentale Modelle unterliegen, zugeschrieben und die Auswirkungen auf organisationales Handeln verdeutlicht. Es wurde erkannt, dass sich mentale Modelle besonders durch Selbstreflexion aufdecken und innerhalb sozialer Interaktionen zu einem gemeinsamen Verständnis der organisationalen Realität transformieren lassen. Besonders in komplexen Situationen, in denen nach einer Problemlösung oder Entscheidungsfindung gesucht wird, können geteilte mentale Modelle der Schlüssel zu produktivem Lernen sein. Die Methoden stellen Möglichkeiten für Praktiker zur Förderung des organisationalen Lernens dar und bilden mit einer lernförderlichen Kultur die Voraussetzungen für ein proaktives Handeln der Organisation zur Anpassung an Veränderungen in der Umwelt. Die Limitierung dieser Arbeit zeigt sich darin, dass viele der genannten Aspekte lernender Organisationen nicht im Detail aufgegriffen werden können. Gleichermaßen, wie die Organisationskultur als Voraussetzung zur Etablierung des organisationalen Lernens gesehen wird, wäre in einer ausführlicheren Arbeit auch eine intensivere Betrachtung der Organisationsstruktur (Templeton & Snyder, 2000), sowie die Aspekte der Führungsqualität oder Anreizsysteme (vgl. Schewe & Nienaber, 2011) innerhalb der Organisation in Verbindung mit organisationalem Lernen zu sehen. Im Weiteren ist eine umfassendere Einbindung von Nachbar-Disziplinen denkbar. So kann z.B. ein möglicher Bezug zu klassischen Lerntheorien und anwendungsbezogenen Kommunikationswissenschaften ein tieferes Verständnis für die Barrieren und Förderungsmöglichkeiten von organisationalen Lernprozessen liefern, gerade, wenn es um die lernförderliche Interaktion in sozialen Gruppen geht. Die Relevanz des impliziten Wissens und die Auswahl der Methoden haben gezeigt, dass eine enge Verbindung des organisationalen Lernens zum Wissensmanagement besteht. 33 Da es in beiden Fällen im Wesentlichen um eine Veränderung innerhalb der Organisation und die Anpassung an die Umwelt geht, ist der Bezug zum Gebiet des Change Managements von Vorteil, um zu verstehen, welche Faktoren eine Veränderung der Organisation begünstigen (vgl. Bach, 2000; Ellis, Margalit & Segev, 2012). Aus arbeitspsychologischer Sicht, bilden der Kreislauf des Einschleifen-Lernens und somit auch Komponenten des OADI-SMM Modells Ähnlichkeiten mit einem Ist-Soll-Vergleich (Kim, 1993), weshalb ein Bezug zur Handlungsregulationstheorie oder auch zu Total-Quality-Management Ansätzen sinnvoll erscheint. Es zeigt sich, dass es sich bei organisationalem Lernen um ein weitaus interdisziplinäres Themengebiet handelt (Argote & Miron-Spektor, 2011; Dogson, 1993; Shrivastava, 1983) und es nur bedingt möglich ist, alle Aspekte zu vereinen. Bei der Auswahl der Methoden wurde auf Tools des Wissensmanagements zurückgegriffen. Dies impliziert, dass die Methoden auf Aufdeckung und Veränderung von mentalen Modellen adaptiert wurden. Erst in einer empirischen Überprüfung kann die Wirksamkeit der Methoden in einem spezifischen Zusammenhang mit organisationalen Lernprozessen nachgewiesen werden. Dies zeigt aber auch, dass es bislang noch an praxisorientierten Methoden zur Etablierung des organisationalen Lernens mangelt. Ein Grund für die fehlende empirische Überprüfbarkeit ist die schwierige Operationalisierung der Konstrukte des organisationalen Lernens und der mentalen Modelle. Kritisch bei der Bewertung der Methoden ist neben den genannten Punkten im Abschnitt selbst auch die subjektive Einschätzung auf den Abstufungen niedrig, mittel und hoch, da es keine festgelegten Grenzen der Abstufungen gibt. Um eine objektivere Bewertung vorzunehmen sollte die Einschätzung weiterer Experten hinzugezogen werden, um Abweichungen in der Bewertung festzustellen. Die zukünftige Forschung sollte danach streben, empirische Ergebnisse hinsichtlich der Validität bisheriger Methoden zum organisationalen Lernen mit mentalen Modellen aufzuweisen. Die daraus resultierenden Ergebnisse können so Aufschluss über die Notwendigkeit neuer oder weiter entwickelten Methoden geben, die in der Praxis Anwendung finden. Zudem sollten den Praktikern Lösungen angeboten werden, um die Veränderung des organisationalen Lernens eigenständig zu evaluieren. Ein Mangel an Kriterien, die zur anwendungsbezogenen Bewertung von qualitativen Methoden herangezogen werden können erweist sich hier als weitere Lücke. Mit diesem Wissen der Praktiker über die Veränderung von mentalen Modellen kann das organisationale Lernen effektiv gefördert werden. VI Literaturverzeichnis Akbar, H. (2003). Knowledge Levels and their Transformation: Towards the Integration of Knowledge Creation and Individual Learning*. Journal of Management Studies, 40 (8), 1997–2021. Andler, N. (2013). Tools für Projektmanagement, Workshops und Consulting. Kompendium der wichtigsten Techniken und Methoden (5. Aufl.). Erlangen: Publicis. Argote, L. (2011). 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XI Anhang A Beispiel für das Kreuz der Annahmen Visualisierung der Methode Kreuz der Annahmen am Beispiel der Entscheidungstendenz für die Einführung eines Job Rotation Systems (in Anlehnung an Paulsen, 2009). positive Auswirkungen eingeschätzte negative Auswirkungen Relevanz Verbesserung von Karrierechancen eingeschätzte Relevanz 7 Mitarbeiter verliert Anschluss im 4 eigenen Arbeitsbereich Förderung der Expertise und der 9 Unruhe und erhöhte Flexibilität 8 Einarbeitungszeiten Summe 16 Summe 12 Entsprechende Übertragung in das Koordinatenkreuz. Positive Auswirkungen 10 9 8 Relevanz 7 6 5 4 Förderung der Expertise und der Flexibilität 3 2 Mitarbeiter verliert Anschluss im eigenen 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 Effek t Verbesserung von Karrierechancen Tendenz zur Entscheidung 1 2 3 4 5 6 7 8 9 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Unruhe und erhöhte Einarbeitungszeiten 10 Arbeitsbereich Negative Auswirkungen Anmerkungen: Effekt entspricht der Relevanz, da dieser aus Gründen der einfachen Darstellung nicht berücksichtigt wurde. XII B Beispiel für die linke Spalte Beispiel der linken Spalte an einem Gespräch zwischen dem Vorgesetzten (Todd) und seinem Mitarbeiter (Jim), welcher die linke Spalte anwendet (Senge et al., 2008, S. 285). Was ich gedacht habe Was wir gesagt haben (Gedanken, Annahmen, Überzeugungen) (Tatsächlicher, erinnerter oder vorstellbarer Gesprächsverlauf) Wir hinken dem Zeitplan zwei Monate TODD: Jim, ich würde nächste Woche gern hinterher. Ich dachte, er wüßte es nicht. Ich mal zu Ihnen kommen. Wir sind einige hatte gehofft, daß wir den Rückstand noch Wochen hinter unserem Zeitplan zurück. Es wieder aufholen konnten. wäre sicher für uns alle von Vorteil, wenn wir die Sache mal gemeinsam durchsprechen. Ich muss ihm klarmachen, daß ich bereit bin, ICH: Ich bin sehr beunruhigt wegen dieser die Verantwortung für diese Sache zu Terminschwierigkeiten. Sie wissen ja, daß übernehmen, aber ich will mir nicht wir hier einige Probleme hatten. Wir arbeiten freiwillig noch mehr Arbeit aufhalsen. rund um die Uhr. Aber natürlich werden wir eine Besprechung einschieben, wenn sie möchten. In den Planungsstufen, wenn ich seine TODD: Na ja, ich habe gedacht, daß wir uns Unterstützung wirklich brauchen könnte, besser koordinieren sollten. Ich könnte sicher bietet er nie seine Hilfe an. Jetzt ist es zu einiges tun, um Ihnen zu helfen. spät.