Übungen zu Mathematische Modellierung mit Musterlösungen1

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Heilbronn, den 12.4.2006
Prof. Dr. V. Stahl
WS 06/07
Übungen zu Mathematische Modellierung
mit Musterlösungen1
Blatt 4
Aufgabe 1. Zeigen Sie, dass die Funktion
f (x) = sin(1/x)
bei x̂ = 0 keinen Grenzwert hat. Finden Sie dafür zwei gegen Null konvergente
Folgen xn und x0n so dass die Folgen f (xn ) und f (x0n ) unterschiedliche Grenzwerte für n → ∞ haben. Versuchen Sie auch eine Folge x00n zu finden, für die
f (x00n ) divergiert.
Lösung von Aufgabe 1. Sei
xn
=
1
2πn
x0n
=
1
.
2πn + π/2
Dann ist
f (xn )
=
=
f (x0n ) =
=
sin(2πn)
0
sin(2πn + π/2)
1
Offensichtlich gilt
lim f (xn )
n→∞
= 0
lim f (x0n ) =
n→∞
1.
Damit wurden zwei Folgen xn und x0n gefunden, die beide gegen Null konvergieren, für die die zugehörigen Folgen der Funktionswerte aber gegen unterschiedliche Grenzwerte konvergieren. Somit hat f (x) an der Stelle x̂ = 0 keinen
Grenzwert.
Auch die Folge
x00n = 1/n
konvergiert gegen Null. Die zugehörige Folge der Funkionswerte f (x00n ) divergiert:
f (x00n ) = sin(n).
1 Bitte geben Sie die Lösungen nicht weiter – Ihre Nachfolger sollen auch die Chance haben, die Aufgaben
selbständig rauszukriegen.
1
Aufgabe 2. Welche der folgenden Funktionen f hat einen (uneigentlichen) Grenzwert
bei x̂ = 0? Falls eine Funktion keinen (uneigentlichen) Grenzwert hat, versuchen
Sie dies zu beweisen, indem Sie zwei gegen Null konvergente Folgen xn und x0n
finden, für die die Folgen f (xn ) und f (x0n ) unterschiedliche Grenzwerte haben.
f ∈ R \ {0} → R,
f (x)= sin(1/x) cos(1/x)

 1 für x > 0
0 für x = 0
f (x)=

−1 für x < 0
1 für x 6= 0
f (x)=
0 für x = 0
f ∈ R → R,
f ∈ R → R,
Lösung von Aufgabe 2.
• f ∈ R \ {0} → R, f (x) = sin(1/x) cos(1/x). Kein Grenzwert bei x̂ = 0.
Die Folgen
xn
=
1
2πn
x0n
=
1
2πn + π/4
konvergieren beide gegen 0. Es gilt jedoch
lim f (xn ) =
0
lim f (x0n ) =
sin(π/4) cos(π/4) = 0.5.
n→∞
n→∞
• f ∈ R → R,
f (x) =


1
0

−1
für x > 0
für x = 0
für x < 0
Kein Grenzwert bei x̂ = 0. Die Folgen
xn
x0n
= 1/n
= −1/n
konvergieren beide gegen 0. Es gilt jedoch
lim f (xn )
n→∞
lim
n→∞
• f ∈ R → R,
f (x0n )
f (x) =
1
0
= 1
= −1.
für x 6= 0
für x = 0
Grenzwert bei x̂ = 0 ist 1. Für jede Folge xn mit xn 6= 0 für alle n ist
f (xn ) = 1
und somit ist f (xn ) eine Folge mit Grenzwert 1.
2
Aufgabe 3. Berechnen Sie mit Hilfe der Grenzwertsätze und unter Verwendung von
lim sin(x)/x = 1
x→0
die Grenzwerte an der Stelle x̂ = 0 von
sin(x) cos(x)
x
2
sin(x)
=
4x
f (x) =
f (x)
f (x) =
(sin(x))2 /x
Machen Sie deutlich an welcher Stelle sie welchen Grenzwertsatz verwendet
haben.
Lösung von Aufgabe 3.
lim
x→0
sin(x) cos(x)
x
sin(x)
cos(x)
x
sin(x)
lim
× lim cos(x)
x→0
x→0
x
1
sin(x) sin(x)
lim
x→0 4x
4x
1
sin(x) sin(x)
lim
16 x→0 x
x
1
sin(x)
sin(x)
lim
× lim
x→0
16 x→0 x
x
1
16
sin(x)
lim
sin(x)
x→0
x
sin(x)
lim
× lim sin(x)
x→0
x→0
x
1×0
0
=
lim
x→0
=
=
lim
x→0
sin(x)
4x
2
=
=
=
=
lim (sin(x))2 /x =
x→0
=
=
=
Aufgabe 4. Gegeben ist eine rationale Funktion
f (x) =
p0 + p1 x + p2 x2 + . . . + pn xn
.
q0 + q1 x + q2 x2 + . . . + qm xm
Gegen welchen (uneigentlichen) Grenzwert konvergiert f für x → 0? Sie dürfen
voraussetzen, dass p0 und q0 nicht beide gleich Null sind (sonst könnte man ja
mit x kürzen). Der Fall q0 = 0 und p0 6= 0 ist aber erlaubt.
3
Lösung von Aufgabe 4.
• p0 6= 0: Sei i der kleinste Index so dass qi 6= 0. Wenn i ungerade ist, dann
hat f (x) keinen Grenzwert bei x̂ = 0. Wenn i gerade ist, dann ist
lim f (x) = sign(p0 /qi )∞.
x→0
Beispiel:
−1 + x
= −∞.
3x2
lim
x→0
• p0 = 0, q0 6= 0:
lim f (x) = 0.
x→0
Beispiel:
x2 + 3x3
= 0.
x→0 2 + x
lim
Aufgabe 5. Die Aussage “f hat an der Stelle x̂ den Grenzwert G” lässt sich äquivalent
auch formulieren durch
∀ε > 0 ∃δ > 0 ∀x |x − x̂| < δ → |f (x) − G| < ε.
Anschaulich heißt das, dass man mit f (x) beliebig nahe an G kommen kann,
wenn x hinreichend nah bei x̂ liegt. Beweisen Sie unter Verwendung dieser Formel dass f (x) = sin(x2 ) an der Stelle x = 0 den Grenzwert 0 hat.
Lösung von Aufgabe 5.
• Zu zeigen:
∀ε > 0 ∃δ > 0 ∀x |x| < δ → | sin(x2 )| < ε.
• Sei ε > 0 beliebig aber fest. Zu zeigen
∃δ > 0 ∀x |x| < δ → | sin(x2 )| < ε.
Gesucht ist also ein δ > 0 so dass | sin(x2 )| < ε für alle x, die betragsmäßig kleiner als δ sind.
• Um’s nicht
punnötig kompliziert zu machen, kann man zunächst festlegen,
dass δ < π/2 sein soll. Für |x| < δ gibt’s dann nämlich zu jedem Wert
von sin(x2 ) genau einen zugehörigen Wert für x2 . Außerdem ist für diese
x-Werte f (x) > 0, d.h. man kann die Betragsstriche eliminieren.
p
• Sei also im Folgenden |x| < π/2. Ist ε > 1, so ist die Die Ungleichung
| sin(x2 )| < ε
immer erfüllt. Falls ε < 1 ist, formt man wie folgt um:
sin(x2 ) < ε
x2 < arcsin(ε)
p
|x| <
arcsin(ε)
4
• Damit ist gezeigt, dass ein δ mit den geforderten Eigenschaften existiert.
Wählt man
falls ε > 1
pbeliebig
δ=
arcsin(ε) falls ε ≤ 1
so ist für alle x mit |x| < δ die Bedingung | sin(x2 )| < ε erfüllt.
Aufgabe 6. In einer früheren Aufgabe wurde bereits der Grenzwertbegriff von Folgen
über R erweitert auf Folgen über Rk . Analog lässt sich nun auch der Grenzwertbegriff von Funktionen f ∈ D → R, D ⊆ R leicht auf mehrstellige Funktionen
f ∈ D → R, D ⊆ Rk erweitern: Eine Funktion f ∈ D → R, D ⊆ Rk hat an
k
der Stelle x̂ ∈ R den Grenzwert G ∈ R wenn
für alle Folgen xn ∈ N → Rk gilt
wenn xn → x̂ und für alle n ∈ N gilt xn 6= x̂ und xn ∈ D
dann f (xn ) → G.
Auf gleiche Weise kann man auch definieren, wann eine Funktion f ∈ D → R,
k
D ⊆ Rk einen uneigentlichen Grenzwert bei x̂ ∈ R hat.
Untersuchen Sie, ob die Funktion f ∈ R2 → R, f (x1 , x2 ) = x1 + x2 an der
2
Stelle x̂ ∈ R einen Grenzwert hat für
x̂ = (2, 3),
x̂ = (∞, ∞),
x̂ = (∞, 0),
x̂ = (∞, −∞).
Finden Sie zwei Folgen xn , x0n ∈ N → R2 mit xn → (−∞, ∞) und x0n →
(−∞, ∞) so dass f (xn ) → 0 und f (x0n ) → 42. Was bedeutet dies für die
“sinnvolle” Erweiterbarkeit der Addition auf R?
Lösung von Aufgabe 6.
• f hat an der Stelle (2, 3) den Grenzwert 5.
• f hat an der Stelle (∞, ∞) den uneigentlichen Grenzwert ∞.
• f hat an der Stelle (∞, 0) den uneigentlichen Grenzwert ∞.
• f hat an der Stelle (∞, −∞) keinen Grenzwert.
Die Folgen
xn = (−n, n),
x0n = (42 − n, n)
haben den uneigentlichen Grenzwert (−∞, ∞) und es gilt für alle n
f (xn ) = 0,
f (x0n ) = 42.
f (xn ) → 0,
f (x0n ) → 42.
Daher gilt
Dies bedeutet, dass f an der Stelle (−∞, ∞) keinen Grenzwert hat und somit
die Addition nicht sinnvoll auf R erweitert werden kann.
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