! ! ! ! Einführung in kulturspezifische Paradigmen, Ätiologien und therapeutische Ansätze für Menschen aus Afrika - Für Beratung, Therapie und Begleitung zur Selbsthilfe - Zielgruppen: Therapeut_innen, Ärzt_innen, Krankenpfleger und -schwestern, Sozialarbeiter_innen, Erzieher_innen, Kulturdolmetscher_innen). Mediateur_innen (Sprach! und Inhalt : Die sogenannte Ethnopsychiatrie ist eine interkulturelle Psychotherapie mit Migrant_innen, die aus einem nicht-europäischen Kulturraum kommen. Sie geht über konventionelle Psychiatrie hinaus. Sie unterstützt Klient_innen aus dem afrikanischen Raum südlich der Sahara bei „psychischen“ Störungen, indem sie soziale, spirituelle und kulturelle Zusammenhänge in die Therapie, Mediation und Beratung einbezieht und damit westliche Ansätze wesentlich erweitert. Das Seminar führt ein in: (1) Lehren des mehrstimmigen und multidisziplinären Settings der Ethnopsy; (2) grundlegende und weit verbreitete Kategorien und Ursachen von sozialen und individuellen Störungen und Konflikten in afrikanischen Kontexten; (3) die Rolle und Arbeitsweise von Mediateur_innen, die sie in multidisziplinären, gruppentherapeutischen Behandlungs- und Beratungsmethoden einnehmen. Fragestellungen: Für eine wirksame Behandlung und adäquate sozial- therapeutische Beratung von Migrant_innen und geflüchteten Menschen aus SubSahara-Gebiet (und z.T. auch aus dem arabischen Kontext) sind unterschwellig Faktoren und Fragen relevant, die in religiösen oder nichtreligiösen Zusammenhängen eine wichtige Rolle spielen. Geflüchtete Menschen und Migrant_innen werden sich dazu nur äußern, wenn ihr Gegenüber (Berater_in, Therapeut_in) in der Lage ist, diese Zusammenhänge zu verstehen und in adäquater Weise aufzugreifen. Dabei nimmt der/die Mediator_in bzw. Kulturdolmetscher_in eine vermittelnde Rolle ein bei den wichtigen Fragen wie: (1) Welche Konsequenz hat die Tatsache, dass Gesundheitsstörungen keine individuellen Angelegenheiten sind? (2) Welche diversen Einflüsse auf den laufenden oder fehlenden TrauerProzess ergeben sich aus der sozialen Welt der Familie/Gemeinschaft (inklusive der Verstorbenen)? (3) Welche rituellen Handlungen oder Formen von Kommunikation benötigen Geister oder Ahnen? Wer kann sie durchführen, um das Wohlergehen der Familienmitglieder wiederherzustellen? (4) Welches sind die kulturell spezifischen Ätiologien, die bei der Behandlung oder Beratung von Migrant_innen und/oder geflüchteten Menschen ernst genommen werden müssen? Welche inneren Logik beinhalten sie in den jeweiligen Kulturen? Welche Folgen ergeben sich, wenn diese spezifischen Ätiologien für die Beratung oder in die Therapie ernst genommen werden? (5) Welche Rolle spielen Mediateur_innen in der Beratung/Therapie, in der sprachlichen und in der ‚kulturellen‘ Übersetzung und Vermittlung? In Deutschland mögen manche der soziokulturellen Bezüge exotisch erscheinen. Sie werden leicht als Aberglaube, den es zu überwinden gelte, abgetan. Diese Haltung wird aber die Werte und Fragen, die für afrikanische Menschen relevant sein können, nicht zum Verschwinden bringen, sondern nur Blockaden zur Folge haben. Starke Interdependenz und Beziehungs-orientierte Paradigmen nehmen einen großen Raum in der Gefühlswelt und in den sozialen Beziehungen von geflüchteten Menschen und Migrant_innen ein. Daraus ergeben sich Fragen zu den Konsequenzen dieser Multiplizität und Diversität für die Inhalte in Beratung, Mediation und Therapie. Und es stellt sich die Frage: Wo liegen die Grenzen und Gefahren von individuellen Handlungsvorschlägen oder Therapien? Das Seminar thematisiert und visualisiert nicht-dualistische Praktiken aus dem afrikanischen Kontext (Sub-Sahara), die teilweise auch unterschwellig im afrikanisch-arabischen Raum relevant sind. Die Seminarteilnehmer_innen können an Hand audiovisueller Dokumente gelebte Gesundheits- und Rechtspraktiken analysieren. Die Analyse von Fallbeispielen ermöglicht ein differenziertes Verständnis von Vorstellungen, die unausgesprochen für viele afrikanische Menschen Gültigkeit besitzen. Im Zusammenleben und im Therapieprozess spielen sie oft eine wesentliche Rolle, unabhängig der Religionszugehörigkeit; denn in der Praxis werden Religion(en) und kulturelle Praktiken oft inklusiver bzw. synkretistischer gelebt als es verbale Diskurse erscheinen lassen. Seminar Format Die PFG bietet ein Einführungsseminar an (sechs mal 1,5 Tage oder fünf Tage oder zwei Mal zweieinhalb Tage), das in die Grundlagen der Ethnopsy-Ansätze einführt und diese verknüpft mit einem dialogischen Austausch der Erfahrungen der Teilnehmer_innen mit unterschiedlichen soziokulturellen Ätiologien und Umgangsweisen. Es geht darum Differenzen zuzulassen. Bei den Teilnehmer_innen ist ein Prozess nötig, um ein inadäquates Vermischen mit eigenen Vorstellungen zu vermeiden und um sich einlassen zu können auf Andere mit ihren Bedürfnissen und Praktiken. Ausgehend von der Beobachtung/Analyse von weitverbreiteten Praktiken im Bereich Gesundheit sowie gelebten Rechtspraktiken (z.B. Mediation) können die Teilnehmer_innen die spezifischen Paradigmen durch eigene Analysen entdecken und erarbeiten. Es geht darum, die Bedeutungen wirksamer Paradigmen zu erfassen, um ihnen in Beratungs-, Mediations- und Therapieansätzen den notwendigen Raum zu geben. Bei Bedarf können diese später in Supervisionen münden. Thematische Referate vertiefen ergänzend einige zentrale Fragen. Die Mitarbeiter_innen der PFG/des PFI haben in ihrer jahrelangen Erinnerungs- und Trauma-Arbeit in Latein- und Zentralamerika sowie in Afrika pädagogische Erfahrungen im Überbrücken multipler Welten erworben. Die multilinguale Ethnologin, Sophie Kotanyi, 1956 Flüchtlingskind aus Ungarn, hat zu der ethnopsychiatrischer Behandlungen von Migrant_innen in Paris geforscht. Sie führte jahrelang angewandte Forschungen und Seminare in afrikanischen Ländern durch (Mozambique, DR Kongo, Rwanda). Sie erforschte weitverbreitete Gesundheitspraktiken (in s.g. traditionelle Heilung) bei „Trauma“ (nach Bürgerkriegen), die soziokulturelle Kontextualisierung von HIV/AIDS und Formen von Konfliktbearbeitung im afrikanischen Kontext südlich der Sahara. Siehe auch kurze Einführung über interkulturelle Ethnopsy und Bibliographie. www.pfi-berlin.org Kontakt: [email protected] Tel.: 0175 54 28 82