Elektrische Längenmessung in der Endodontie

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DTG0809_13-15_Loeffler_Marotti
03.07.2009
10:36 Uhr
Seite 14
14 Endo Tribune
Elektrische Längenmessung
in der Endodontie
Vita
von Dr. Maja Marotti und Dr. Petra Rugani
GRAZ – Wichtige Voraussetzungen für den Erfolg einer
Wurzelkanalbehandlung sind
die optimale Desinfektion,
Aufbereitung und Füllung des
Wurzelkanals. Das umgebende Parodontium soll dabei
so wenig als möglich irritiert
oder gar geschädigt werden.
Der ideale Endpunkt der Wurzelkanalbehandlung ist daher
das Foramen physiologicum
bzw. Foramen minor bzw. die
apikale Konstriktion (Abb.1).
An der engsten Stelle des Kanals befindet sich meistens die
Zement/Dentin-Grenze, hier
geht auch die Pulpa in das desmodontale Gewebe über. Die
Aufbereitung, die chemische
Reinigung während der Wurzelbehandlung und die Wurzelkanalfüllung dürfen nicht
zu kurz ausfallen. Ungenügende Elimination der Bakte-
Abb. 1: Topografie der Wurzelspitze.
Abb. 2: Morphologie der apikalen
Konstriktion, Grundtypen.
Abb. 3: Nachgestellte Messaufnahme.
Abb. 4: Mesiodistale Projektion.
rien und zusätzlich insuffiziente Wurzelfüllung führen zu
einem Misserfolg.
Andererseits muss eine Überinstrumentierung und eine
Überfüllung des Kanals vermieden werden. Der Transport des
Natriumhypochlorids oder Wasserstoffs sowie des Sealers in das
umgebende periapikale Gewebe
kann zu massiven reversiblen
und auch irreversiblen inflammatorischen oder allergischen
Reaktionen oder Schädigungen
im Parodont und anderen anatomischen Strukturen, wie die Kieferhöhlenschleimhaut oder Nerven, führen. Viele Autoren akzeptieren eine Behandlung, die bis
1 mm von dem radiologischen
Apex reicht, als zufriedenstellend, andere billigen auch einen
Abstand von bis zu 2 mm (Steffen,
Splieth, Behr, 1999). Häufig wird
der Sicherheitsabstand zum radiologischen Apex auch an die individuellen Gegebenheiten angepasst. So ist es bei nekrotischer
Pulpa essenziell, dass der gesamte Inhalt des Kanalsystems
möglichst restlos entfernt wird,
währenddessen bei Vitalexstirpation das Hauptaugenmerk darauf gerichtet wird, dass das periapikale Parodontium nicht verletzt und so ein größerer Sicherheitsabstand zum Apex gewählt
wird (Wu und Wesselnik, 2001).
Methoden zur Bestimmung
der Arbeitslänge
• Digital-taktile Methode
Vor der Erfindung der Röntgentechnik und ihrer Adaptierung in der Zahnmedizin war die
Bestimmung der Arbeitslänge nur
mittels Tastgefühl und unter Zuhilfenahme von Durchschnittslängen oder Normwerten, die
man durchs Ausmessen extrahierter Zähne ermittelt, möglich.
Dieses Verfahren, anhand des
Fingerspitzengefühls die apikale
Konstriktion zu lokalisieren, ist
ungenau. Seidberg kam 1975 mit
dieser Methode zu einer Genauigkeit von 64 %, Stabholz ermittelte
1995 gar nur einen Wert von 32 %.
• Röntgenmessaufnahme
Die Röntgenmessaufnahme
ist die gebräuchlichste Variante
zur Bestimmung der endodontischen Arbeitslänge. Eine Röntgenmessaufnahme stellt immer
nur eine zweidimensionale
Wiedergabe eines Objektes bzw.
eines Geschehens dar. Folglich
kommt es zu Überlagerungen von
Strukturen, wie Wurzeln, Knochen, Kieferhöhlenboden oder
des Foramen mentale. Die Bestimmung des apikalen Foramens oder gar der apikalen Konstriktion ist mit der Röntgenmessaufnahme nur arbiträr möglich,
da auf dem Röntgenbild lediglich
der anatomische bzw. radiologische Apex des Zahnes zu erkennen ist. Die richtige Interpreta-
tion des Bildes ist stark von der
Qualität, wie der Schärfe und dem
Kontrast des Bildes, als auch von
Lichtverhältnissen abhängig.
Eine wichtige Rolle spielen
außerdem die Fragestellung,
unter der das Bild analysiert
wird, sowie die Erfahrung, das
Wissen und die Tagesverfassung
der auswertenden Person. Die
Untersucherübereinstimmung
liegt bei maximal 70 %, auch die
intraindividuelle Reproduzierbarkeit liegt unter 80 %. Die Genauigkeit wird in der Literatur
unterschiedlich hoch beziffert.
Olson et al. 1991 ermittelten eine
Genauigkeit bei der Bestimmung
des apikalen Foramens von rund
80 %. Hör und Attin (2004) positionierten das Messinstrument im
Zielintervall zwischen apikaler
Konstriktion und Foramen apikale mithilfe der Röntgenmessaufnahme in 71 % der Fälle. ElAyouti et al. 2001 haben beschrieben,
dass es wegen der häufigen exzentrischen Lage des Foramen
apikale (Abb. 3 und 4) bei Prämolaren in 51 % und bei Molaren in
22 % der Fälle zu einer Überinstrumentierung kam, obwohl die
Instrumentenspitze am Röntgen
0 bis 2 mm koronal des röntgenologischen Apex positioniert war.
Eine solche Überinstrumentierung mit Beförderung des infizierten Debris und Überfüllung
kann zu unerklärlichen Nachbeschwerden des Patienten und
zum Misserfolg der Wurzelbehandlung führen.
• Endometrie
Eine weitere Möglichkeit zur
Bestimmung der Arbeitslänge ist
die elektrische Längenmessung
mithilfe eines Endometriegeräts.
Sie ist eine schnelle und einfache
Methode, basierend auf der
unterschiedlichen elektrischen
Leitfähigkeit, die in einem Wurzelkanal und der oralen Mukosa
gegeben ist. Sie ist so gut wie jederzeit, überall und bei einem
Großteil der Patienten einsetzbar.
Laut vieler Studien liefert sie mittlerweile genauere Ergebnisse als
die Röntgenmessaufnahme und
bietet gute Reproduzierbarkeit.
Die Bestimmung der apikalen
Konstriktion und somit des anstrebenden Endpunktes der Wurzelkanalbehandlung erfolgt zum
ersten Mal nicht arbiträr. Dies ist
bei der Röntgenmessaufnahme,
die sich rein an der Lage des röntgenologischen Apex orientiert
und das Problem der möglichen
exzentrischen Lage des Foramen
apikale außer Acht lässt, der Fall.
Allerdings gaben Hör und Attin
2004 an, dass die apikale Konstriktion endometrisch nur in ca.
52 % bis 59 % der Fälle genau ermittelt werden kann. So ist auch
mit den modernen, nach der Impedanzmethode arbeitenden Geräten lediglich die Bestimmung
eines Punktes zwischen apiakler
Konstriktion und Foramen apikale möglich.
Entwicklung
Die erste Generation der
Endometriegeräte war Ende der
60er-Jahre auf dem Markt und arbeitete mithilfe einer Gleichstromquelle. Bei der Anwendung
kam es in feuchten Kanälen durch
die Polarisation an der Instrumentenspitze zu groben Messfehlern.
Die Geräte der zweiten Generation besaßen eine Wechselstromquelle und arbeiteten mit der Messung der absoluten Impedanz.
Auch diese Geräte funktionierten
nicht genau in den feuchten Kanälen. Bei den Geräten der dritten
Generation war die wesentliche
Neuerung das Verwenden mehrerer Stromfrequenzen. Daraus ergaben sich zwei unterschiedliche
Gesamtimpedanzen, die rechnerisch durch die Bildung der Differenz oder des Quotienten in Relation gestellt werden. Die Impedanz-Quotientenmethode ist das
grundlegende Prinzip von „Root
ZX“, Morita (Abb. 6). Seitdem das
Gerät vorgestellt wurde, hat es
weltweit enorme Beachtung in
der Literatur gefunden und stellt
heute den Maßstab dar, dementsprechend andere Endometriegeräte bewertet werden. Das Gerät
erreicht unter verschiedenen klinischen Bedingungen eine durchschnittliche Messgenauigkeit von
90 % ± 0,5 mm nahe der apikalen
Konstriktion, bei einer Abweichung von ± 1 mm sogar 100 %.
Eine weitere positive Eigenschaft
ist die gute Reproduzierbarkeit
der Ergebnisse. Auch bei der Anwendung in bereits resezierten
Kanälen funktioniert das Gerät
zuverlässig und erreicht eine
90%ige Genauigkeit.
Bei den Geräten der vierten
Generation liegt die Weiterentwicklung laut Herstellerangaben
darin, dass sie noch komplexere
mathematische Kalkulationsverfahren anwenden, auf umfangreiche Datenbanken zurückgreifen,
um weitere Variablen, wie zum
Beispiel den Wurzelkanalquerschnitt, beachten. So soll die Position des Instruments im Kanal
über die ganze Länge bestimmt
werden. Zu dieser Gruppe gehört
Bingo 1020. In-vitro-Studien haben gezeigt, dass das Gerät nicht
nur leichter zu handhaben ist als
Root ZX, sondern auch gleich gute
und reproduzierbare Messergebnisse liefert (Kaufmann et al. 2002,
Tinazet et al. 2002). Folglich
wurde Bingo 1020 von VDW als
Raypex 4 vermarktet. Auch Propex von DENTSPLY weist dieselbe
Messelektronik wie Bingo 1020
auf. Ein weiterer Stellvertreter der
vierten Generation ist „Elements
Diagnostic Unit and Apex Locator“ der Firma SybronEndo (CA,
USA). In einer In-vivo-Studie, bei
der die Zähne nach der Längenmessung und der Fixierung des
Instruments im Kanal extrahiert
wurden, bestimmte man die Genauigkeit des Geräts durch die Ermittlung der apikalen Konstrik-
Dr. med. dent. Petra Rugani
– 1982 in Graz geboren
– 2000–2006: Studium der Zahnmedizin an der Karl-Franzens Universität
Graz, seit 10/2002 an der Medizinischen Universität Graz
– 01/2006–10/2008: Dienstverträge
über die Abhaltung einer externen
Lehrtätigkeit mit der Medizinischen
Universität Graz, Department für
zahnärztliche Chirurgie und Röntgenologie
– seit 11/2008: Dienstverhältnis mit der
Medizinischen Universität Graz, Department für zahnärztliche Chirurgie
und Röntgenologie
– Vortrag im Rahmen der 1.Tagung der
ARGE für Orale Chirurgie, Medizin und
Radiologie 05/08 zumThema Digitale
Volumentomografie
– Publikation im International Journal
of Computerized Dentistry 2/09
„Digitale Volumentomografie:
Grundlage für computergestützte
oralchirurgische Planung“
Dr. med. dent. Maja Marotti
– 1999–2006: Studium der Zahnmedizin an der Karl-Franzens Universität
Graz, seit 10/2002 an der Medizinischen Universität Graz
– seit 10/2006: Dienstverhältnis mit der
Medizinischen Universität Graz, Klinische Abteilung für Zahnerhaltung
– seit 10/2008:Weiterbildung auf dem
Gebiet Endodontologie in München
– seit: 01/2009:Weiterbildung auf dem
Gebiet Kinderzahnheilkunde in München
– Weitere Funktionen:
Lehrbeauftragte der Medizinischen
Universität Graz
– Wissenschaftliche Werke:
3 schriftliche Publikationen
4 Vorträge und Kongressbeiträge
2 Posterpräsentationen
Kontakt:
Universitätsklinik für
Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde
Klinische Abteilung
für Zahnerhaltungskunde
Auenbruggerplatz 12
8036 Graz
Österreich
– Dr. Maja Marotti
Tel.: +43-3 16/3 85 39 70
[email protected]
– Dr. Petra Rugani
[email protected]
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Schlumbohm
ENDOPILOT
tion unter dem Mikroskop. Dabei
wurde ein besseres Ergebnis als
mit dem Root ZX erreicht (durchschnittlich 0,346 mm gegenüber
0,410 mm über die apikale Konstriktion). Die Differenz bei einem
Toleranzintervall von ± 0,5 mm
war aber statistisch nicht signifikant (Tselnik et al. 2005).
Anwendung
Abb. 5: Raypex 5 (VDW)
Abb. 6: Root ZX (Morita)
Vor jedem Gebrauch sollte
man die Gebrauchsanweisung
sorgfältig lesen und befolgen. Einige Modelle müssen vor ihrer
Anwendung kalibriert werden,
neuere Modelle weisen eine eingebaute Kalibrierungsautomatik
auf. Die Endometriegeräte besitzen eine Messskala oder eine digitale Anzeige und zwei Elektroden. Eine Elektrode, die am
Mundwinkel angebracht wird, ist
der Wangenclip. Die zweite
Elektrode, der Instrumentenclip,
wird am Wurzelkanalinstrument
befestigt, welches in einen mit
Spülflüssigkeit befeuchteten Kanal eingebracht wird. Am Display
wird angezeigt, wann die apikale
Konstriktion oder das Foramen
apikale erreicht wird. Bei vielen
Geräten wird dies mit einem
akustischen Signal unterstützt.
Fehlmessungen
Abb. 7: VDW.Gold (VDW)
Abb. 8: Dentaport ZX (Morita)
Zu falsch-positiven Messungen kann es kommen, wenn sich
die Instrumentenspitze noch
nicht im Bereich der apikalen
Konstriktion bzw. des Foramen
apikale befindet, der Stromkreis
ist aber durch einen Kurzschluss
geschlossen worden und das Gerät zeigt „Apex“ an. Dies wird
verursacht bei Kontakt einer der
Elektroden mit metallischen
Restaurationen, Gingivawucherungen in die Zugangskavität,
parapulpären Stiften oder bei
Flüssigkeitsansammlung in der
Zugangskavität. Die Endometriegeräte können auch als diagnostisches Hilfsmittel zum Aufspuren von Seitenkanälchen,
Perforationen oder Wurzelfrak-
turen eingesetzt werden, weil es
bei Passieren der oben genannten
zu einem Stromschluss kommt.
Bei falsch-negativen Messungen befindet sich die Instrumentenspitze bereits am Apex, der
Stromkreis kann aber nicht geschlossen werden, das Gerät zeigt
den „Apex“ nicht an. Ursachen dafür können ein zu trockener Kanal, apikale Verblockung durch
Dentinspäne oder Reste des Wurzelfüllmaterials bei Revisionen
und ein obliterierter Kanal sein.
Endomotoren mit
integrierten Apexlokatoren
Im Gerät „Tri Auto ZX“ oder
aktueller im „Dentaport ZX“, Morita (Abb. 8), wurde das „Root ZX“
mit einem Handstück kombiniert,
um eine gleichzeitige Längenmessung während einer rotierenden maschinellen Aufbereitung
zu ermöglichen. „Tri Auto ZX“
kam in Studien auf die gleiche Genauigkeit wie „Root ZX“ (95 %,
Grimberg et al. 2002) und weist
zusätzlich noch einige Sicherheitsmerkmale auf, wie zum Beispiel eine automatische Auto-Reverse-Funktion bei Erreichen der
Arbeitslänge oder der TorqueGrenze. Campell et al. (1998) zeigten, dass es bei eingeschalteter
Auto-Reverse-Funktion zu einer
guten Annäherung an die apikale
Konstriktion kam, wobei in vielen
Fällen die Konstriktion jedoch erweitert wurde. Alves et al. (2005)
prüften die Genauigkeit des Gerätes bei Revisionen in vitro und ermittelten einen Wert von 80 %.
Auch die Firma VDW stellte
vor Kurzem den in einem Endomotor integrierten Apexlokator
vor, den VDW.Gold (Abb. 7).
Aus der Stellungnahme
der DGZMK
Die deutsche Gesellschaft für
Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde hat 2004 eine wissenschaftliche Stellungnahme „Die
Bestimmung der endodontischen
Arbeitslänge“ verfasst. Auch da
wird angegeben, dass das Prinzip
der elektrischen Längenbestimmung der röntgenologischen Bestimmung in der direkten Lokalisation der apikalen Konstriktion
überlegen ist. Gleichzeitig ist
aber ein Röntgenbild bei der Bestimmung der endgültigen Arbeitslänge nicht nur aus forensischen Gründen, sondern auch
durch die Gewinnung von zusätzlichen Informationen vonnöten.
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Konklusion
Abb. 9: Vergleich elektrische Längenmessung mit Röntgentechnik 1.
Die Kombination von Endometrie und Röntgenmessaufnahme liefert derzeit die genaueste Bestimmung der endodontischen Arbeitslänge (DGZMK)
7/2004 V. ET
Abbildungsverzeichnis:
– Abbildung 1: Topografie der Wurzelspitze. Hellwig, Klimek und Attin
2003, S 282.
– Abbildung 2: Morphologie der apikalen Konstriktion. Gordon und
Chandler 2004.
– Abbildung 3: Nachgestellte Messaufnahme. Huhn 2003.
– Abbildung 4: Mesiodistale Projektion. Huhn 2003.
– Abbildung 5: Raypex 5. Pearson Dental Hpg, www.pearsondental.com
– Abbildung 6: Root ZX. Pearson Dental Hpg, www.pearsondental.com
Abb. 10: Vergleich elektrische Längenmessung mit Röntgentechnik 2.
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