Crashkurs Renaissance - Landesbildungsserver Baden

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Landesbildungsserver Baden-Württemberg
Fach: Bildende Kunst, Kunstgeschichte: Renaissance
Crashkurs Renaissance
(15. und 16. Jahrhundert)
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„Renaissance“ bedeutet dem Wortsinn nach „Wiedergeburt“ oder „Wiederaufblühen“.
Damit ist die Erneuerung der Kunst gemeint im Sinne der Wiederentdeckung der
antiken griechisch-römischen Kunst. Die Renaissance entstand um 1400 in Italien. Sie
gilt nicht nur als Wiedergeburt der antiken Kunst, sondern als deren Fortführung und
Neubeginn. Mit der Renaissance endet das Mittelalter und die Neuzeit beginnt.
Im Europa des dunklen Früh- und Hochmittelalters war das Wissen der Antike längst in
Vergessenheit geraten, obwohl es in den Bibliotheken der Klöster, im arabischen Kulturkreis
und Byzanz noch immer erhalten geblieben war. Manche der damaligen Wissenschaftler
durchsuchten diese Bibliotheken nach Werken klassischer Autoren wie Platon (griechischer
Philosoph, 427 - 347 v. Chr.) oder Cicero (römischer Schriftsteller und Philosoph,
106-43 v.Chr.) und brachten diese wieder ans Licht. Zur Wiederentdeckung der Antike trug
auch bei, dass den christlichen Eroberern beim Kampf gegen die Mauren auf der Iberischen
Halbinsel viele Werke arabischer und antiker griechischer Autoren in die Hände fielen.
Angeblich hat allein die Bibliothek von Cordoba 400.000 Bücher umfasst.
Nicht nur die antike Philosophie, auch die Naturgesetze rückten zunehmend in den Fokus
der Wissenschaftler. Die Entdeckung des italienischen Mathematikers und Astronomen
Galileo Galiei, dass die Welt nicht der Mittelpunkt des Weltalls darstellt, erschütterte das
gesamte Weltbild der Kirche und stellte damit deren alleinigen Herrschaftsanspruch in Frage.
Die Naturgesetze ersetzten allmählich die starre, angeblich gottgewollte Glaubenslehre der
Kirche. Der Übergang vom geo- zum heliozentrischen Weltbild ist als kopernikanische
Wende bekannt geworden.
Quelle: Wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Flammarion.jpg, cc-Lizenz
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Auch in der Kunst fand die naturwissenschaftliche Perspektive ihren Niederschlag. Maler und
Bildhauer waren bestrebt, einen menschlichen Körper anatomisch richtig wiederzugeben.
Dazu mussten sie ihn genau erforschen. Von Leonardo da Vinci, einem der berühmtesten
Renaissancekünstler, ist bekannt, dass er etwa 30 menschliche Leichen sezierte, um
umfangreiche anatomisch-medizinische Studien zu betreiben.
Leonardo da Vinci, anatomische Studien der Hauptorgane einer Frau
(Quelle: Wikipedia
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/87/The_Principle_Organs_and_Vascular_and_UrinoGenital_Systems_of_a_Woman.jpg, cc-Lizenz
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Er erkannte auch, dass man mithilfe des menschlichen Körpers eine komplexe
mathematische Fragestellung lösen kann: Wie gelingt die Quadratur des Kreises?
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Er stellte fest, dass bei einem menschlichen Körper die Länge zwischen den Fingerspitzen
bei ausgestreckten Armen exakt der Körpergröße entspricht, also ein perfektes Quadrat
bildet. Ebenso kann man um den menschlichen Körper einen Kreis ziehen:
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Quelle: wikipedia;
http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/2/22/Da_Vinci_Vitruve_Luc_Viatour.jpg/753pxDa_Vinci_Vitruve_Luc_Viatour.jpg, cc-Lizenz
Wie Leonardo da Vinci waren auch Raffael und Michelangelo, zwei weitere Meister der
Hochrenaissance, Universalgelehrte (uomini universale). Ihr Interesse beschränkte sich nicht
nur auf die Malerei, sondern auch auf die Bildhauerei und die Architektur sowie auf das
Ingenieurwesen und die Dichtkunst.
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Nur mit genauester Kenntnis der menschlichen Anatomie waren so vollendete Plastiken wie
Michelangelos David möglich. Dazu befragt, wie es ihm gelungen sei, ein derartig perfektes
Kunstwerk zu schaffen, antwortete Michelangelo, er habe den David gar nicht erschaffen,
sondern lediglich aus einem Marmorblock alles Überflüssige weggeschlagen.
(Siehe dazu auch: http://www.brainyquote.com/quotes/authors/m/michelangelo.html)
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Die Übergänge zwischen den Naturwissenschaften und der Kunst waren fließend. Leonardo
da Vinci, der Maler der Mona Lisa - das wohl berühmteste Gemälde der Welt - zeichnete
über mehrere Jahrzehnte hinweg Fluggeräte, die den heutigen Hubschraubern ähneln. Hier
ist die Abbildung einer von ihm entwickelten Flugspirale:
Quelle: Wikipedia, URL: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/49/Mus%C3%A9e_L%C3%A9onard_de_Vinci_Milan_005.jpg,
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1505 führte Leonardo auf einem Berg in der Nähe von Florenz Flugversuche mit einem
Segelfluggerät durch, leider ohne Erfolg. Er konstruierte auch Getriebe, U-Boote und
Massenvernichtungswaffen.
In der Malerei galt das Hauptinteresse nicht nur der möglichst naturgetreuen Wiedergabe der
Farben, sondern der richtigen Erfassung des Raumes durch eine realistische, das heißt
perspektivisch richtige Darstellung. Bei einer zentralperspektivischen Abbildung gelingt dies
beispielsweise durch die Konstruktion eines Fluchtpunktes:
Quelle: wikipedia, http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/3f/Zentralperspektive.png, cc-Lizenz
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Eines der bekanntesten Werke der Renaissance ist Raffaels Fresko „Die Schule von Athen“,
das Bezug nimmt auf die Philosophen des antiken Griechenland. Im Zentrum stehen Platon
und Aristoteles. Sie werden in einer typischen Renaissance-Architektur dargestellt. Das
Fresko idealisiert also im Rahmen der Renaissance das Denken antiker griechischer
Philosophen und verweist somit auf die Quelle der europäischen Kultur, der Wissenschaften
und Philosophie.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:La_scuola_di_Atene.jpg
Auch in der Architektur hat die Renaissance ihren Niederschlag gefunden. Die Baumeister
und Architekten im 15. und 16. Jahrhundert waren bestrebt, die Formen antiker Bauwerke
nachzuempfinden und zu neuem Leben zu erwecken. Die Grundrisse bestanden aus
einfachen geometrischen Formen wie dem Kreis oder dem Quadrat und man verwendete
Bauelemente wie römische oder griechische Säulen mit Kapitellen, die von Dreiecksgiebeln
gekrönt wurden. Die Schriften zur Architektur des antiken römischen Baumeisters Vitruv
waren wohl bekannt, und man versuchte, daraus Prinzipien für möglichst ideale Proportionen
der Bauwerke abzuleiten.
Obwohl der Petersdom in Rom in seinen Ursprüngen bereits auf das Jahr 313 n. Chr.
zurückgeht und er permanent um- und weitergebaut wurde, sind einzelne Elemente dieses
einzigartigen Bauwerks dennoch herausragende Beispiele für die Architektur der
Renaissance.
Der Grundriss der Basilika entspricht einem Kreuz. Von 1515 bis 1546 leitete unter anderem
Raffael den Bau, 1547 übernahm Michelangelo die Leitung des Bauwerks. Er entwarf auch
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die Rippenkuppel inmitten der Basilika, die der Kuppel des Doms von Florenz
nachempfunden gewesen ist.
Quelle: Foto von Ulrich Nanz, LBS, 2013
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Bereits 1417 war auf dem Dom von Florenz eine prächtige, selbsttragende Kuppel mit einer
Höhe von 107 Metern und einem Durchmesser von 45 Metern entstanden. Ebenso wie
Michelangelo hatte Galileo Galilei in Florenz gelebt, der bereits in der Lage war, die Statik
und Tragkraft der Kuppel zu berechnen.
Mit einer zeitlichen Verzögerung von etwa 50 Jahren hielt die Renaissance auch in
Deutschland Einzug. Teile des Heidelberger Schlosses sind vom Baustil der Renaissance
geprägt: Der Ottheinrichsbau ist eines der ersten Renaissancebauwerke auf deutschem
Boden.
Die Erfindung des Buchdrucks von Johannes Gutenberg läutete den Beginn der Neuzeit ein.
Lesen und Schreiben sowie der Zugang zu Informationen war nicht länger den
Fürstenhäusern und Klöster vorbehalten, die bis dahin leicht in der Lage gewesen waren,
mithilfe Ihres Wissens die unwissenden, niederen Stände zu regieren, auszubeuten und zu
unterdrücken. Mit einem Mal waren viele Informationen immer größeren Teilen der
Bevölkerung zugänglich, was dazu führte, dass die Macht der Kirche und der Fürsten
zunehmend in Gefahr geriet. Es war also kein Zufall, dass genau in dieser Zeit Martin Luther
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die 95 Thesen - für jeden lesbar - an das Portal der Schlosskirche zu Wittenberg anbrachte
und damit die Reformation (1517) einläutete. Auch der Bauernkrieg (1524/25) im deutschen
Südwesten fiel in diese Zeit.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Gutenberg_Bible,_Lenox_Copy,_New_York_Public_Library,_2009._Pic_01.jpg
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Zusammenfassend kann man sagen, dass die Renaissance eine geschichtliche Epoche
darstellt, die von großen Umbrüchen geprägt war: Die Seeleute, die unter Kolumbus einen
Seeweg nach China und Indien suchten, lebten auf ihrer Überfahrt nach Amerika stets in der
mittelalterlichen Furcht, von Seeungeheuern verschlungen zu werden oder am Rande der
Scheibe, für die sie die Erde hielten, in den Abgrund zu stürzen. Doch nichts dergleichen
geschah. Stattdessen entdeckten sie die Neue Welt und schlugen so ein neues Kapitel in der
Geschichte der Menschheit auf.
Nachdem er vom Inquisitionsgericht dazu gezwungen worden war, öffentlich das
kopernikanische Weltbild zu widerrufen, soll Galilei über die Erde angeblich gesagt haben:
„Und sie bewegt sich doch!“. Dieses Zitat belegt, dass im 15. und 16. Jahrhundert
umfangreiches Wissen den Aberglauben, die Inquisition und Hexenjagden des Mittelalters
verdrängte. Die Erforschung der Naturgesetze ermöglichte den technischen Fortschritt.
Europäische Astronomen, Mathematiker, Künstler und Philosophen begaben sich auf die
Suche nach rationaler Erkenntnis. Damit warfen sie das Weltbild des Mittelalters endgültig
auf den Müllhaufen der Geschichte.
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