Dr. Christoph Luchsinger Übungsblatt 2 zur Vorlesung Wahrscheinlichkeitstheorie Experiment, Ereignisse, σ-Algebren Herausgabe des Übungsblattes: Woche 09, Abgabe der Lösungen: Woche 10 (bis Freitag, 16.15 Uhr), Besprechung: Woche 11 Must Aufgabe 7 [Ereignisraum] Geben Sie zu jedem der 6 Fälle von Ereignisräumen aus 1.1 ein neues Beispiel aus der ”realen Welt” an, welches man ”sinnvollerweise” mit dem jeweiligen Fall modelliert. Besprechung von Grenzfällen erwünscht! Aufgabe 8 [Ist Potenzmenge eine σ-Algebra?] Untersuchen Sie, ob die Potenzmenge eine σ-Algebra ist. Standard Aufgabe 9 [lim sup und lim inf von Mengen] [1 Punkt] Untersuchen Sie, ob allgemein lim sup An ⊆ lim inf An oder umgekehrt oder weder noch. Aufgabe 10 [lim sup, lim inf] [1 Punkt] Zeigen Sie: (lim sup An )c = lim inf Acn n→∞ n→∞ Aufgabe 11 [Konvergenz von monotonen Folgen von Ereignissen] [2 Punkte] Zeigen Sie für A1 , A2 , . . . Teilmengen von Ω, dass a) Falls A1 ⊆ A2 ⊆ A3 . . ., dann konvergiert die Folge A1 , A2 , . . .. Wogegen? b) Falls A1 ⊇ A2 ⊇ A3 . . ., dann konvergiert die Folge A1 , A2 , . . .. Wogegen? Aufgabe 12 [von Z erzeugte σ-Algebra] [4 Punkte] Sei Z ein Teilmengensystem von Ω. Wir nennen dann σ(Z) die von Z erzeugte σ-Algebra. Es ist dies die kleinste σ-Algebra, die Z beinhaltet. Zeigen Sie, dass eine derartige (eindeutige) σ-Algebra existiert, genauer: Zu jedem Teilmengensystem Z von Ω existiert eine eindeutige σ-Algebra σ(Z) derart, dass a) Z ⊆ σ(Z) b) ∀ σ-Algebra U mit Z ⊆ U gilt σ(Z) ⊆ U . Aufgabe 13 [Vereinigung zweier σ-Algebren] [4 Punkte] Von der Lösung von Aufgabe 12 wissen wir, dass Schnittmengen von σ-Algebren wieder σ-Algebren sind. Finden Sie ein Gegenbeispiel dass zeigt, dass Vereinigungen zweier σ-Algebren nicht zwingend σ-Algebren sein müssen. Geben Sie dazu Ω, A1 , A2 an. Frühjahrsemester 2012 Olivier Warin Seite 1 von 5 Dr. Christoph Luchsinger Honours Aufgabe 14 [Urbild einer σ-Algebra] [3 Punkte] Seien Ω1 , Ω2 Ereignisräume und A2 eine σ-Algebra auf diesem Ereignisraum Ω2 . Sei f : Ω1 → Ω2 . Zeigen Sie: f −1 (A2 ) := {f −1 (A)|A ∈ A2 } ist eine σ-Algebra auf Ω1 . Frühjahrsemester 2012 Olivier Warin Seite 2 von 5 Übungsblatt 2 zur Vorlesung “Wahrscheinlichkeitstheorie” Seite 3 von 5 Übungsblatt 2 zur Vorlesung “Wahrscheinlichkeitstheorie” Olivier Warin 3. März 2012 Aufgabe 7 [Ereignisraum] Es folgen zu jedem der 6 Fälle von Ereignisräumen aus 1.1 ein Beispiel aus der “realen Welt”, welches man “sinnvollerweise” mit dem jeweiligen Fall modelliert. 1) Endliche Mengen: Resultate beim Würfeln mit einem Würfel: p p pp pp pp { p , p , p p , p p , p p p , p p }. 2) Abzählbare Mengen: Die Anzahl Lebewesen, die zu einem Zeitpunkt auf der Erde leben: N. (Eigentlich ist das nur ein Modell, da diese Zahl sowieso nach oben beschränkt ist.) 3) R und R+ = [0, ∞). Lebensdauer einer Glühbirne. 4) Endliche kartesische Produkte: Resultate beim Würfeln mit n (unterscheidbaren) Würfeln: p p pp pp pp { p , p , p p , p p , p p p , p p }n . 5) Unendliche kartesische Produkte: Unendlicher Würfelwurf: p p pp pp p { p , p , p p , p p , p p p , p p }∞ . 6) Funktionen: Aktienkurse. Aufgabe 8 [Ist Potenzmenge eine σ-Algebra?] Behauptung: Die Potenzmenge einer Menge Ω ist eine σ-Algebra über dieser Menge Ω. Beweis: Die Potenzmenge enthält alle Teilmengen von Ω. Die drei Bedingungen von Definition 1.1 sind damit alle offenbar erfüllt. Aufgabe 9 [lim sup und lim inf von Mengen] Es sei (An )n∈N eine Folge von Mengen. Behauptung: Es gilt lim sup An ⊇ lim inf An . S∞ T Beweis: Sei x ∈ lim inf An = k=1 n>k An . Dies bedeutet, dass es eine natürliche Zahl k0 geben muss, so dass x ∈ An für alle n > k0 . S Insbesondere S folgt, dass für alle natürlichen Zahlen k gelten muss x ∈ n>k An , da zum Beispiel Amax{k0 ,k} ⊂ n>k An . T∞ S Wir schliessen x ∈ k=1 n>k An = lim sup An . Dies beweist die Behauptung. Bemerkung: Die umgekehrte Aussage, also lim sup An ⊆ lim inf An , ist im Allgemeinen falsch. Dies haben wir bereits in Aufgabe 23 der Vorlesung WTS eingesehen. Aufgabe 10 [lim sup, lim inf ] Behauptung: Es gilt (lim supn→∞ An )c = lim inf n→∞ Acn . Beweis: Mit Hilfe von den Gesetzen von De Morgan schliessen wir T S S∞ S S∞ T c c c c (lim sup An )c = ( ∞ n>k An ) = n>k An = lim inf An . k=1 k=1 ( n>k An ) = k=1 n→∞ n→∞ Frühjahrsemester 2012 Olivier Warin Seite 3 von 5 Übungsblatt 2 zur Vorlesung “Wahrscheinlichkeitstheorie” Seite 4 von 5 Aufgabe 11 [Konvergenz von monotonen Folgen von Ereignissen] Es sei Ω eine Menge und (An )n∈N eine Folge von Teilmengen von Ω. a) Behauptung: Falls A1 ⊆ A2 ⊆ A3 ⊆ . . ., dann konvergiert die Folge (An )n∈N gegen die Menge A, wobei S A= ∞ n=1 An . S Beweis: Da A1 ⊆ A2 ⊆ . . ., folgt sofort dass A = n>k An für alle natürlichen Zahlen k. Wir schliessen T S T∞ lim sup An = ∞ n>k An = k=1 k=1 A = A. n→∞ Wiederum aufgrund der Monotonie der Folge (An )n∈N folgt, dass für alle natürlichen Zahlen k gilt T n>k An = Ak . Daraus folgt: lim inf An = n→∞ S∞ T k=1 n>k An = S∞ k=1 Ak = A. Wir haben also gezeigt, dass gilt lim sup An = lim inf An = A. n→∞ n→∞ Nach der Definition auf Seite 4 oben im Skript, haben wir damit die Behauptung gezeigt. b) Behauptung: Falls A1 ⊇ A2 ⊇ A3 ⊇ . . ., dann konververgiert die Folge (An )n∈N gegen die Menge A, wobei T A= ∞ n=1 An . Beweis: Da die Folge (An )n∈N absteigend ist, ist die Folge (Acn )n∈N natürlich aufsteigend. Nach Teilaufgabe a) wissen wir damit, dass gilt S T∞ c c c lim inf Acn = lim sup Acn = ∞ n=1 An = ( n=1 An ) = A , n→∞ n→∞ wobei wir hier ein Gesetz von de Morgan verwendet haben. Mit Hilfe von Aufgabe 10 schliessen wir daraus (lim sup An )c = lim inf Acn = Ac n→∞ n→∞ und damit lim supn→∞ An = A. Analog wie in Aufgabe 10 lässt sich mit Hilfe von den Gesetzen von De Morgan auch noch zeigen (lim inf An )c = lim sup Acn = Ac , n→∞ n→∞ woraus noch lim inf n→∞ An = A folgt. Damit ist die Behauptung gezeigt. Aufgabe 12 [von Z erzeugte σ-Algebra] Es sei Z ein Teilmengensystem einer nicht-leeren Menge Ω. Behauptung: Es gibt eine eindeutige σ-Algebra σ(Z) über Ω, so dass gilt: a) Z ⊆ σ(Z) Frühjahrsemester 2012 Olivier Warin Seite 4 von 5 Übungsblatt 2 zur Vorlesung “Wahrscheinlichkeitstheorie” Seite 5 von 5 b) Für jede σ-Algebra U über Ω mit Z ⊆ U gilt σ(Z) ⊆ U . Beweis: Sei I die Menge aller σ-Algebren U mit Z ⊆ U . Die Potenzmenge P(Ω) liegt klar in I. Somit ist I sicher nicht leer. Wir können also sinnvoll definieren: T V = U ∈I U. Da für alle U ∈ I gilt Z ⊆ U folgt sofort auch Z ⊆ V . Ausserdem ist V eine σ-Algebra, denn • Die Menge Ω liegt in allen U aus I, also auch in V . • Falls A in V liegt, so liegt A in allen U aus I. Da jedes U aus I eine σ-Algebra ist, liegt dann auch Ac in jedem von diesen U ’s. Dies bedeutet, dass dann Ac in V liegt. • Sei (An )n∈N eine Folge von Elementen aus V . Jedes Glied von dieser Folge liegt automatisch in jedem U aus I. Folglich gilt S∞ n=1 An ∈ U, für alle U ∈ I. Demnach haben wir auch S∞ n=1 An ∈ V. Damit erfüllt V die gefordeten Bedingungen, denn für jede andere σ-Algebra U mit Z ⊆ U gilt per Definition U ∈ I und damit V ⊆ U . Es bleibt noch die Eindeutigkeit zu zeigen. Dazu seien V und W σ-Algebren mit den Eigenschaften a) und b). Da nach a) Z ⊆ W folgt nach b) V ⊆ W . Analog folgt aus Symmetriegründen W ⊆ V und damit V = W . Damit wäre auch die Eindeutigkeit gezeigt und wir können σ(Z) = V setzen. Aufgabe 13 [Vereinigung zweier σ-Algebren] p p Wir definieren Ω = { p , p , p p }. Desweiteren definieren wir die folgenden zwei σ-Algebren von Ω p p A1 = {∅, Ω, { p }, { p , p p }} p p A2 = {∅, Ω, { p }, { p , p p }}. Nun ist p p p p A1 ∪ A2 = {∅, Ω, { p }, { p }, { p , p p }, { p , p p }} p p keine σ-Algebra, da z.B. { p , p } = { p } ∪ { p } nicht in A1 ∪ A2 liegt. Aufgabe 14 [Urbild einer σ-Algebra] Seien Ω1 , Ω2 Ereignisräume und A2 eine σ-Algebra auf Ω2 . Sei weiter f : Ω1 → Ω2 eine Abbildung. Behauptung: Das Teilmengensystem f −1 (A2 ) := {f −1 (A) | A ∈ A2 } von Ω1 ist eine σ-Algebra auf Ω1 . Beweis: • Es gilt Ω1 = f −1 (Ω2 ) und Ω2 liegt in A2 , da A2 eine σ-Algebra ist. Also gilt Ω1 ∈ f −1 (A2 ). • Sei A ∈ f −1 (A2 ). Also gibt es ein B ∈ A2 mit f −1 (B) = A. Da A2 eine σ-Algebra ist, folgt B c ∈ A2 . Für jedes Element ω ∈ Ac gilt f (ω) ∈ B c , da sonst f (ω) ∈ B und damit ω ∈ f −1 (B) = A gelten würde. Dies bedeutet Ac ⊆ f −1 (B c ). Umgekehrt für ein Element ω ∈ f −1 (B c ) gilt f (ω) ∈ B c und damit ω 6∈ f −1 (B) = A, also ω ∈ Ac . Dies zeigt Ac ⊇ f −1 (B c ). Wir schliessen Ac = f −1 (B c ) und damit Ac ∈ f −1 (A2 ). • Es sei (An )n∈N eine Folge von Elementen aus f −1 (A2 ). Es gibt für alle S∞natürlichen Zahlen n ein Bn ∈ A2 mit An = f −1 (Bn ). Da nun A2 eine σ-Algebra ist, folgt dass n=1 Bn ∈ A2 . Weiter gilt S S ∞ −1 S f −1 ( ∞ (Bn ) = ∞ n=1 Bn ) = n=1 f n=1 An . S∞ Also liegt n=1 An in f −1 (A2 ). Nach Definition 1.1 ist also f −1 (A2 ) eine σ-Algebra von Ω1 . Frühjahrsemester 2012 Olivier Warin Seite 5 von 5