AML-Technik - Integrationstechnologie für aktive

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AML-Technik - Integrationstechnologie für aktive und passive
Bauelemente
Thomas Hofmann, Hofmann Leiterplatten GmbH, Regensburg
1. Einführung
Anfang der 90er Jahre suchten wir nach einer Lösung den ständig steigenden
Anforderungen der Miniaturisierung elektronischer Baugruppen gerecht zu werden.
Der Grundgedanke war Bauteile in die Leiterplatte zu integrieren, nicht nur passive,
sondern vor allem auch aktive Bauteile: einen „Aktiven Multi Layer“.
Ohne großen zusätzlichen Aufwand sollten die Bauteile eingebettet werden. Deshalb
montierten wir nach Bedarf SMD Bauteile auf den Innenlagen und machten uns bei
der Einbettung die Fliesseigenschaft der Prepregs zu Nutze. Baugruppen können
durch dieses Verfahren ohne großen Aufwand, kostensparend und sicher eingebetet
werden.
Bild 1: Schnitt durch einen eingebetteten IC (Leiterplattendicke: 1,6 mm)
Schnell wurden uns die Vorteile dieses Aufbaus klar. Durch die hermetische
Kapselung der Bauteile ist der „Aktive Multi Layer“, kurz AML, für den Einsatz in
aggressiven, feuchten oder mechanisch beanspruchten Umgebungen bestens
geeignet. Bereits 1996 konnten wir die AML-Technik zum Patent anmelden.
2. Herstellungsverfahren und Aufbau eines Aktiven Multi Layers
2.1 Bestückung der Innenlagen
Die Grundlage eines AML bildet eine dünne Innenlage, die mit SMD Bauteilen
bestückt wird. Die Innenlage kann ein- oder beidseitig bestückt werden. Ebenso
können mehrere bestückte Innenlagen in einen AML integriert werden.
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2.2 Zusätzliche Signallagen und weitere Leiterplatten-Standardtechniken
Wie bei jedem Multilayer können auch in einem AML zu den bestückten Innenlagen
weitere Signal- oder Schirmlagen eingebaut werden. Eine Kombination mit Blindvias
und Burriedvias ist ebenfalls möglich. Zur Abschirmung der Bauteile ist eine
Randmetallisierung der Leiterplatte denkbar, die gleichzeitig Schutz der Schaltung
vor möglicher eindringender Feuchtigkeit bietet. Auch andere Leiterplattentechniken
wie Flexverbinder, vergoldete Randkontakte, Tiefenfräsungen usw. sind möglich.
2.3 Verpressen der AML-Schaltung
Das Verpressen der AML-Schaltung kann nur in einer Vakuumpresse erfolgen. Die
verwendeten Prepregs werden der Schaltung entsprechend mit Kavitäten im Bereich
der Bauteile versehen. Hierbei ist die Platzierung der Kavitäten zu beachten. Auch
die Auswahl der Prepregtypen und die Anzahl sind von Bedeutung, um eine
lückenlose Verfüllung der geschaffenen Hohlräume, auch unter den Bauteilen, zu
gewährleisten. Verbleibende nicht verfüllte Zwischenräume können zum Ausfall der
Schaltung führen unter anderem beim nachfolgenden Lötprozess der Außenlagen.
2.4 Fertigstellung der AML-Schaltung
Nach dem Verpressen durchläuft die Schaltungen den üblichen Prozessablauf der
Leiterplattenfertigung.
3. Design Rules für AML-Schaltungen
Bei dieser Integrationstechnik des Aktiven Multi Layers sind die bestehenden Design
Rules für Leiterplatten zu erweitern:
3.1 Bohrungen und Durchkontaktierungen
Bei einem AML ist zu beachten, dass im Bereichen der Bauteile keine
Durchgangsbohrungen oder Vias platziert werden. Für Vias oder Bohrungen sollte
mindestens ein Abstand von 0,5 mm von der Bohrungskante zum SMD-Pad des
benachbarten Bauteils eingehalten werden.
3.2 Abstand von Bauteilen und Packungsdichte
Da die Einbettung der Bauteile und die Verfüllung der Hohlräume durch das
Fliessverhalten der Prepregs bestimmt wird, kommt der Packungsdichte auf den
Innenlagen eine wesentliche Bedeutung zu. Bei der Erstellung des Layouts ist zu
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beachten, dass die Bauteilbereiche, die Flächen, die zur Innenlagenbestückung
vorgesehen sind, nur maximal 40 % der Leiterplattenfläche belegen. Ein
Bauteilbereiche definiert sich aus Bauteil einschließlich der Lötstelle. Eine
gleichmäßige Verteilung dieser Bereiche über die Leiterplattenfläche ist beim
Einbetten von Vorteil. Kleinere Bauteile wie Widerstände sollten zu Bauteilgruppen
zusammengefasst werden, um den Aufwand und die Herstellungskosten der
Kavitäten auf den Prepregs zu minimieren. Einzelbauteile sollten mindestens einen
Abstand von 1 mm zueinander aufweisen und falls dies nicht möglich, ebenso zu
Bauteilgruppen zusammengefasst werden. Als Abstand zwischen einzelnen
Gruppierungen werden 2 mm empfohlen. Zum Leiterplattenrand sollte der Abstand
von 1 mm nicht unterschritten werden. Bei speziellen Anwendungen wie z.B. Led´s,
die direkt an den Leiterplattenrand gesetzt sind, um aus der Leiterplattenkante zu
leuchten, kann der Abstand reduziert werden. Wichtige Design Rules sind in Bild 2
zusammengefasst.
Bild 2: Desing Rules / Bauteilabstände
3.3 Leiterplattendicke
Die Endstärke der Leiterplatte ergibt sich im wesentlichen aus der Dicke der
integrierten Bauteile. Die maximale Bauteilhöhe ist dabei ausschlaggebend. Je nach
Layout kann als Mindestdicke bei einer einlagigen Innenbestückung die maximale
Bauteilhöhe +0,5 mm angesetzt werden. Bei Schaltungen, bei denen die
Leiterplattendicke nicht ausschlaggebend ist, rechnet man mit einer Gesamtstärke
von Bauteilhöhe +0,8 mm. Bei mehreren Bestückungsebenen spielt außerdem die
Staffelung der Bauteile auf den verschiedenen Lagen übereinander eine
entscheidende Rolle. Die Enddicke wird dann je nach Anwendung und
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Schaltungsaufbau individuell festgelegt. Die maximale Leiterplattenenddicke sehen
wir derzeit bei 5,0 mm. Hierzu siehe den Aufbau von Bild 3.
Die Stabilität einer Leiterplatte lässt sich durch die AML-Technik erhöhen, da durch
die Umschließung der Bauteile das Trägermaterial verstärkt wird. So hat z.B. bei
einer konventionell aufgebauten Schaltung mit einer Leiterplattenstärke von 0,5 mm
und 0,5 mm Bauteilhöhe das Trägermaterial die Stabilität von 0,5 mm Dicke. Bei
einer integrierten Schaltung mit gleichen Ausgangsmaßen, erreicht das
Trägermaterial dagegen die Stabilität von1,0 mm Dicke. Die fertige Schaltung ist in
beiden Fällen gleich dick.
Bild 3: Leiterplattenstärke
4. Geeignete Bauteile für die AML-Technik
Grundsätzlich können in der AML-Technik alle Bauelemente, sowohl passive als
auch aktive verwendet werden. Bei unseren bisherigen Aufbauten konnten alle
passiven und aktiven Bauteile, wie Widerstände, Keramik- und Tantalkondensatoren,
Logikbausteine,
Microcontroller,
Spannungsregler,
Transistoren,
LED´s,
Schnittstellenbausteine, Taktgeneratoren und Dioden problemlos und ohne
nennenswerte Ausfälle integriert werden.
Lediglich der Fertigungsprozess eines Aktiven Multi Layers schränkt die Auswahl der
Bauteile ein. Es ist zu bedenken, dass beim Verpressen der Schaltung hoher Druck
(ca. 10-20 kg/cm²) und eine Prozesstemperatur von ca. 180 °C für eine Dauer von
etwa 1-2 Stunden auf die Bauteile einwirken. Deshalb empfehlen wir bei
empfindlichen Bauteilen Vorversuche (z.B. Temperaturlagerung) durchzuführen.
Generell sollte auf Bauteile zurückgegriffen werden, die eine möglichst hohe
Einsatztemperatur haben.
Die Integration druckempfindlicher Bauteile wie z.B. Beschleunigungssensoren hat
zu Ausfällen geführt. Auch gab es vereinzelt Ausfälle von Halbleitern, wobei nicht
geklärt werden konnte, ob diese auf den Fertigungsprozess des AML zurückzuführen
waren oder ob es sich dabei um Frühausfälle der Halbleiter handelte.
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5. Wärmemanagement
Bei Leistungsbauteilen ist als Vorteil zu betrachten, dass die Erwärmung des Bauteils
durch die komplette Umhüllung auf die Leiterplatte verteilt wird. Es sind im Design
bei hohen Verlustleistungen eventuell Vorkehrungen zu treffen, um die Wärme aus
der Leiterplatte abzuführen. Dies kann über entsprechende Kupferflächen mit
Thermalvias oder über eine Metallkernleiterplatte in AML-Technik stattfinden. Aus
der Praxis können wir berichten, dass ein integrierter Leistungsbaustein durch die
bessere Wärmeverteilung im AML im Vergleich zu einem konventionellen Aufbau
eine geringere Erwärmung zeigte.
Bei einem Versuchsaufbau wurde eine Leiterplatte mit einer Größe von 54 x 62 mm
mit 4 Leistungsbauteilen bestückt und mit 1,5 W/Bauteil betrieben. Eine Baugruppe
wurde konventionell und eine in AML Technik aufgebaut. Die Leiterplatten wurde mit
einer Wärmebildkamera aufgenommen. Bei dem konventionellen Aufbau wurde eine
maximale Temperatur von 188,5 °C gemessen und es zeigten sich Hot Spots an den
Bauteilen. Bei dem Aufbau in AML-Technik lag die maximale Tempteratur bei 82,5
°C und die Wärmeverteilung war gleichmäßig über die Leiterplatte verteilt. Somit
konnte die Maximaltemperatur der Baugruppe um über 100 °C gesenkt werden.
Bild 4: Temperaturverteilung
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6. Vorteile der AML-Technik
6.1 Schutz vor Umwelteinflüssen
Durch die hermetische Kapselung der Bauteile mit der AML-Technik, sind die
Bauteile vor Umwelteinflüssen wie Staub, Feuchtigkeit, Wasser, Chemikalien, Gasen
usw. geschützt. Um die Aufnahme von Feuchtigkeit weiter zu reduzieren, können
zusätzlich die Außenkanten der Leiterplatte metallisiert werden. Somit kann eine
Schaltung auch in Medien wie z.B. Wasser oder Öl eingesetzt werden. Im Bereich
der Sensorik bietet sich hiermit der Zugriff auf eine wirkungsvolle, wie auch
preiswerte Konstruktion.
6.2 EMV Schutz
Die AML-Technik bietet die Möglichkeit EMV kritische Bereiche einer Schaltung in die
Leiterplatte zu verlegen. Bei besonders „strahlenden“ Schaltungen empfiehlt es sich
die Baugruppe gleich auf den Innenlagen aufzubauen, und eine komplette
Metallisierung der Leiterplatte auszuführen.
6.3 Vibration, Stoß oder Druck
Bei Anwendungen, die hohen mechanischen Belastungen wie Vibration, Stoß oder
Druck ausgesetzt sind, ist durch die Integration der Bauteile ein sicherer Schutz
gewährleistet.
6.4 Berührungsschutz, Gehäuseersatz
Ebenso kann bei Anwendungen, bei denen die Schaltung vor Berührung geschützt
werden muss, die Leiterplatte zugleich als Gehäuse verwendet werden. Dies kann
erheblich an Platz und Kosten sparen. In Kombination mit Metallen wie Aluminium
sind auch Baugruppen in Frontplatten auf engstem Raum möglich. So kann z.B. in
eine 3 mm dicke Frontplatte die gesamte Elektronik mit Bauteilen bis zu 2 mm Höhe
integriert werden.
6.5 Miniaturisierung
Bei Schaltungen, bei denen Bauteile in mehreren Lagen bestückt werden, sind
kleinere Abmessung der Leiterplatte möglich. Vor allem kleine Bauteile wie
Widerstände oder Kondensatoren, die oft in großer Menge um Halbleiter platziert
sind, können so mit kurzen Leitungen verbunden, direkt unter dem Bauteil sitzen. Bei
Verwendung kleiner SMD-Bauformen können diese sogar in Leiterplatten mit einer
Standarddicke von 1,6 mm integriert werden.
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6.6 Schutz vor Nachbau
Ein weiterer Gedanke der ursprünglichen Entwicklung der AML-Technik war der
Nachbauschutz von Schaltungen. Im Laufe der Zeit stellte sich dieses Ziel, wie man
aus den obigen Erläuterungen sehen kann, nur noch als „Nebeneffekt“ dar. Jedoch
sollte man diesen Vorteil nicht ganz außer acht lassen, da Schaltungen, bei denen
wichtige Teilbereiche nicht mehr sichtbar sind, im Allgemeinen schwieriger
nachzubauen sind.
7. Nachteile der AML-Technik
Anzuführen ist hier die fehlende Möglichkeit eine fertiggestellte Schaltung zu
reparieren. Dies gilt sowohl für Schaltungen die während des Herstellungsprozesses,
als auch im Betrieb ausfallen. Ebenso ist es nicht möglich, die Funktion einer fertigen
Schaltung mit einem herkömmlichen Testgerät für Leiterplatten zu prüfen. Hier muss
eine auf die Funktion der Schaltung angepasster Test eingesetzt werden.
8. Kosten einer Schaltung in AML-Technik
Die Mehrkosten für eine Schaltung in AML-Technik werden von folgenden Faktoren
bestimmt:
•
Anzahl der Bauteile auf den Innenlagen und deren Anordnung
mehr Bauteile
mehr Kavitäten
höhere Kosten
Ansonsten verhalten sich bei die Herstellungskosten wie bei Multilayerschaltungen
ohne integrierte Bauteile und richten sich nach der Komplexität der Leiterplatte z.B.
Anzahl der Lagen, Blindvias und Burriedvias, usw..
Die Bestückungskosten sind ähnlich wie bei Schaltungen ohne integrierte Bauteile.
Die Mehrkosten gegenüber einer Multilayerschaltung ohne integrierte Bauteile
betragen je nach Integrationsdichte den Faktor 1.2 bis 2. Eine genau Bestimmung
der Kosten kann jedoch nur anhand der Schaltung erfolgen. Das Einsparpotenzial
durch z.B. durch kleinere Schaltungsflächen oder den Einspareffekt durch den Ersatz
von Gehäusen ist mit zu berücksichtigen.
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9. Zuverlässigkeitstests
Derzeit wurden verschiedene Schaltungen in AML-Technik in Klimatests mit
folgenden Bedingungen geprüft:
1000 Zykletests -40°C / + 100°C mit je 15 Minuten Haltezeit bestanden
400 Zykletests -40°C / +100°C (Flüssig/Flüssig) mit je 3 Minuten Haltezeit und 10
Sekunden Umsetzzeit bestanden
1000 Stunden Lagerung in Feuchte (85°C/85%) bestanden
9. Anwendungsbeispiele
Zum Schluss möchten wir Ihnen noch einige Anwendungsbeispiele der AML-Technik
aufführen, die nur als gedanklicher Anreiz in den Raum gestellt werden. Den Einsatz
der AML-Technik kann man nicht eingrenzen und wird sich durch den Praxiseinsatz
laufend erweitern.
9.1 Sensorik
Im Bereich der Sensorik können Sensorgehäuse komplett durch die Leiterplatte
ersetzt werden. Die Elektronik ist geschützt in der Leiterplatte untergebracht und ist
auch zum Einsatz in aggressiven Umgebungen geeignet.
9.2 Schaltelemente
In Bild 5 ist ein Sensorschalter zu sehen, bei dem die Elektronik
zwischen zwei Alublechen integriert wurde. Die Herstellung von
Einzelschalter, als auch Tastaturen ist mit dieser Technik möglich.
Die Gesamtdicke dieser Tastatur beträgt inkl. Sensorelektronik
nur 4,5 mm.
Bild 5: Sensorschalter
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9.3 Anzeigeeinheiten und Integrierte Frontplatten (IFP)
Durch die Integration von LED´s in einem AML lassen sich flache und kompakte
Anzeigeeinheiten realisieren, die auch wasserdicht sind. Ebenso lässt sich die
Schutzklasse IP68 unter Druck herstellen. Der AML in Kombination mit Metall (z.B.
Alu) wurde von uns zur „Integrierten Frontplatte - IFP“ weiterentwickelt. Im Schliffbild
(Bild 6) ist eine 2 mm Frontplatte mit LED´s und Widerständen zu sehen.
Bild 6: Schnitt durch eine integrierte Frontplatte (IFP)
9.4 Kundenspezifische Bausteine
In Kombination mit verschiedenen
Kontaktierungsmöglichkeiten
können
eigene
standardisierte
Bausteine
hergestellt werden, die auch auf
anderen Schaltungen verwendet werden
können.
Bild 7: AML als BGA-Modul
9.5 Chipkarten
In einem bereits durchgeführten Projekt
wurde ein Eprom in eine Leiterplatte
integriert. So entstand eine Chipkarte
für
Abrechnungssysteme
von
Krankenhaustelefonen.
In
dieser
Ausführung sind Chipkarten in AMLTechnik mechanisch stabil und können z.B. auch mit Desinfektionsmitteln gereinigt
werden.
Bild 8: Chipkarten in AML Technik der Fa. AVM Schmelter
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10. Zusammenfassung und Ausblick
Die AML-Technik stellt eine Plattform für die einfache Integration von Bauteilen in
Leiterplatten dar. Durch die Erhöhung der Integrationsdichte von Leiterplatten und
den Ersatz von Gehäusen durch die Leiterplatte in AML-Technik sind zusätzlich
Einsparpotentiale gegeben. Die Kombinierbarkeit mit anderen Leiterplattentechniken
zeigt ein breites Anwendungsspektrum und wird in Zukunft verstärkt in der
Entwicklung neuer Geräte Einzug halten.
Bild 9: Transistortester in AML Technik mit integrierten LED´s
(C) 06/2006 Hofmann Leiterplatten GmbH * Veröffentlichung nur mit Quellenhinweis erlaubt.
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