Kapitel I Störungstheorie 8 I.1. ZEITABHÄNGIGE STÖRUNGSRECHNUNG I.1 Zeitabhängige Störungsrechnung I.1.1 Schrödinger- und Heisenbergbild Die zeitabhängige Schrödingergleichung ∂ |ψ(t)i = H |ψi ∂t besitzt die formale Lösung i~ (I.1) |ψ(t)i = U (t, t0 ) |ψ(t0 )i . (I.2) Hierbei wurde der Zeitentwicklungsoperator U (t, t0 ) eingeführt (vgl. Übung). Für einen zeitunabhängigen Hamilton–Operator kann U explizit angegeben und entwickelt werden, 1 i H (t − t0 ) = 1− H (t−t0 )− 2 H 2 (t−t0 )2 +. . . .(I.3) U (t, t0 ) = exp −i ~ ~ 2~ In QM I wurde im sog. Schrödinger–Bild gearbeitet, in dem die Zustände zeitabhängig und die ‘üblichen’ Operatoren (~ r, p ~ etc.) nicht (explizit) zeitabhängig sind. Genausogut kann man in Heisenberg–Bild arbeiten, in dem die Zustände zeitunabhängig sind und man die Zeitabhängigkeit in die Operatoren steckt: • Zustände: |ψiH := |ψ(t0 )i (zeitunabhängig); • Operatoren: AH (t) = U (t, t0 )† A U (t, t0 ) (zeitabhängig). Die Bilder werden in Tabelle I.1 gegenübergestellt. Größe Zustand Operator Schrödingerbild |ψ(t)i = U (t, t0 ) |ψ(t0 )i (zeitabhängig) A(t) = A (zeitunabhängig) Heisenbergbild |ψiH = |ψ(t0 )i (zeitunabhängig) AH (t) = U (t, t0 )† A U (t, t0 ) (zeitabhängig) Tabelle I.1: Vergleich von Schrödinger- und Heisenberg–Bild. Beide Bilder (oder Darstellungen) sind äquivalent, denn die Erwartungswerte sind invariant unter einem Wechsel des Bildes, hψ(t)|A|ψ(t)i = † Hhψ|U (t, t0 ) A U (t, t0 )|ψiH = Hhψ|AH |ψiH , (I.4) und liefern somit die gleichen Vorhersagen. Man rechnet leicht nach, dass (falls A im Schrödingerbild zeitunabhängig ist sowie H nicht von t abhängt) i i d AH = (H AH (t) − AH (t) H) = [H, AH (t)] . dt ~ ~ Erhaltungsgrößen werden in beiden Bildern charakterisiert durch [H, AH (t)] = [H, A] = 0 . (I.5) (I.6) 9 I.1. ZEITABHÄNGIGE STÖRUNGSRECHNUNG I.1.2 Zeitabhängige Schrödinger–Gleichung und Störentwicklung Ausgangspunkt ist der Hamilton–Operator H = H 0 + V (t) . (I.7) Hierbei soll gelten: (i) H 0 ist ein Hamilton–Operator, der bereits verstanden“ ist, etwa H 0 = p2 /(2m). ” (ii) hV (t)i ist klein im Vergleich zu hH 0 i. (iii) V (t) = 0 für alle t ≤ t0 . Damit ergibt sich folgende Beschreibung: (i) Für t ≤ t0 gilt i~ ∂ (0) |ψ (t)i = H 0 |ψ (0) (t)i . ∂t (ii) Nach Einschalten der Störung (t ≥ t0 ) hat man i~ ∂ |ψ(t)i = (H 0 + V (t)) |ψ(t)i . ∂t Wir wählen die Anfangsbedingung |ψ(t)i = |ψ (0) (t)i für t ≤ t0 . Nun definiert man das Wechselwirkungsbild durch i H0 t |ψ(t)iI = exp |ψ(t)i . ~ (I.8) Dann gilt ∂ |ψ(t)iI = − H 0 |ψ(t)iI + exp i~ ∂t = V I (t) |ψ(t)iI i H0 t ~ (H 0 + V (t)) |ψ(t)i mit V I (t) = exp i H0 t ~ i H0 t V (t) exp − . ~ (I.9) Also ist die zeitabhängige Schrödinger–Gleichung ∂ |ψ(t)i = H |ψ(t)i ∂t äquivalent zu der Gleichung im Wechselwirkungsbild i~ i~ ∂ |ψ(t)iI = V I (t) |ψ(t)iI ∂t (I.10) 10 I.1. ZEITABHÄNGIGE STÖRUNGSRECHNUNG mit |ψ(t)iI und V I (t) aus (I.8) und (I.9). Gleichung (I.10) besitzt die formale Lösung |ψ(t)iI i = |ψ(t0 )iI − ~ Zt dt′ V I (t′ ) |ψ(t′ )iI . (I.11) t0 Durch Iteration ergibt sich eine Reihenentwicklung, |ψ(t)iI i = |ψ(t0 )iI − ~ Zt dt′ V I (t′ ) |ψ(t0 )iI − t0 1 − 2 ~ Zt t0 dt′ Zt′ dt′′ V I (t′ ) V I (t′′ ) |ψ(t0 )iI + . . . ; (I.12) t0 dies ist die sog. Neumann–Reihe (vgl. Übungen). Man kann sich die Entwicklung wie folgt graphisch veranschaulichen: ψ(t) + VI VI •t ′ + ψ(t0 ) • ψ(t) • ψ(t0 ) I.1.3 •t ′′ • + ... ψ(t) t′ • • ψ(t0 ) VI Übergänge 1. Ordnung im diskreten Spektrum . . . unter dem Einfluß einer zeitabhängigen Störung. Das System sei anfangs (t ≤ t0 ) in einem Eigenzustand |mi von H 0 mit H 0 |mi = Em |mi wobei |mi := |m(t = t0 )i . Die zeitliche Entwicklung ist gegeben durch |m(t)i = |m, ti i H0 t = exp − |mi ~ i Em t |mi . = exp − ~ Gesucht ist die Wahrscheinlichkeit, nach der Wirkung von V (t) das System zur Zeit t im (stationären) Zustand i En (t − t0 ) |n, ti = |n(t)i = exp − |ni ~ zu finden. 11 I.1. ZEITABHÄNGIGE STÖRUNGSRECHNUNG Wahrscheinlichkeitsamplitude. Die Wahrscheinlichkeitsamplitude ist i H0 t hn(t)|ψ(t)i = hn| exp |ψ(t)i = hn|ψ(t)iI . ~ Für den Anfangszustand hat man |ψ(t0 )iI = |ψ (0) (t0 )iI = exp i H 0 t0 ~ |m(t0 )i = |mi , i H 0 t0 wobei zu berücksichtigen ist, dass |m(t0 )i = e− ~ |m(t = 0)i gilt. Setzt man dies in die Neumann–Reihe (I.12) erster Ordnung in V I (t) ein, so erhält man |ψ(t)iI 1 = |mi + i~ Zt dt′ V I (t′ ) |mi . t0 Daraus folgt für die Übergangsamplitude hn(t)|ψ(t)i = hn|ψ(t)iI 1 = hn|mi + i~ Zt dt′ hn|V I (t′ )|mi t0 = δnm + 1 i~ Zt dt′ hn| V I (t′ ) |mi t0 1 = δnm + i~ Zt ′ dt exp t0 i (En − Em ) t′ ~ hn| V (t′ ) |mi . Hierbei wurde (I.9) verwendet und ausgenutzt, dass |mi bzw. |ni Eigenzustände zu H 0 sind mit Eigenwerten Em bzw. En . Betrachte nun große Zeiten, d.h. t0 → −∞ und t → ∞. Dann ergibt sich für die Übergangswahrscheinlichkeit Pmn von |mi in einen dazu orthogonalen Zustand |ni Pmn 2 = hn, t|m, ti = 2 Z∞ 1 ′ ′ ′ dt exp −i ωmn t hn| V (t ) |mi , ~ −∞ wobei ~ ωmn = Em − En . Kurz gesagt gilt: Die Übergangswahrscheinlichkeit ist proportional zum Betragsquadrat der Fouriertransformierten des Übergangsmatrixelements. 12 (I.13) I.1. ZEITABHÄNGIGE STÖRUNGSRECHNUNG I.1.4 Beispiel: Potential, das bei t = 0 eingeschaltet wird V Betrachte eine zeitlich konstante Störung, die bei t = 0 eingeschaltet wird, d.h. das Störungspotential sei (s. rechtsstehende Abbildung) V0 t V (t) = V 0 Θ(t) . Dann gilt für die Übergangswahrscheinlichkeit Pmn (t) = 1 ~2 = 1 ~2 = 1 ~2 t 2 Z ′ − E ) t i (E n m ′ dt exp hn| V 0 |mi ~ 0 2 i ωnm t e −1 hn| V |mi 0 ωnm " #2 2 sin ωnm 2 t hn| V |mi 0 ωnm 2 m . mit ωnm = En −E ~ Nun betrachten wir die Funktionenfolge (s. Abb. I.1) δt (α) = sin2 (α t) π α2 t δt (α) π/t Abbildung I.1: δt (α). 13 α I.1. ZEITABHÄNGIGE STÖRUNGSRECHNUNG Diese Funktion besitzt die Eigenschaften: t für α = 0 , π • δt (α) = ≤ 1 für α 6= 0 . πα2 t Z∞ −1 für t < 0 , dα δt (α) = • 1 für t > 0 . −∞ Betrachte nun die Wirkung auf eine Testfunktion ϕ(α). Man bestätigt durch Nachrechnen, dass lim Z∞ t→∞ −∞ dα δt (α) ϕ(α) = ϕ(0) . Also ist δt (α) eine Darstellung der δ–Funktion, lim δt (α) = δ(α) . t→∞ Für große Zeiten hat man 2 2π Pmn (t) = t δ(En − Em ) hn| V 0 |mi . ~ (I.14) Daraus kann man die Übergangswahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit, die sog. Übergangsrate, bestimmen, 2 2π Γmn = δ(Em − En ) hn| V 0 |mi . (I.15) ~ Diese ‘Rate’ ist als differentielle Rate aufzufassen, denn sie divergiert formal für Em = En . Physikalisch direkt interpretierbare Ausdrücke bekommt man, indem man Γmn mit der Zustandsdichte (s.u.) faltet. Übergänge in ein kontinuierliches Spektrum (Abbildung I.2). Das Spektrum der Endzustände ist charakterisiert durch die Zustandsdichte ρ, ρ(E) = dN dE oder dN = ρ(E) dE . 14 I.1. ZEITABHÄNGIGE STÖRUNGSRECHNUNG ρ diskret kontinuierlich E Abbildung I.2: Diskretes und kontinuierliches Spektrum. Fermis goldene Regel (erste Version): Die Übergangswahrscheinlichkeit pro Zeiteinheit Γ für Übergänge zwischen dem Zustand |mi und einem beliebigen Zustand (aus dem kontinuierlichen Spektrum) unter Einfluß der Störung ergibt sich, indem man über alle verfügbaren Endzustände summiert, X Γm→irgendwas = Γm→n = = Zn dEn ρ(En ) Γmn Z 2π dEn δ(En − Em ) ρ(En ) | hn| V 0 |mi |2 . ~ Hierbei wurde implizit angenommen, dass | hn| V 0 |mi |2 für vorgegebenes En nicht von n abhängt. Es ergibt sich also (eine erste Version von) Fermi’s goldene Regel Γm→{f } = 2π ρ(Ef ) | hf | V 0 |mi |2 , ~ (I.16) wobei {f } den Satz an Zuständen mit Ef = Em bezeichnet und ρ(Ef ) die Zustandsdichte bei der Energie Ef angibt. Bemerkungen: 1. Die δ–Funktion in (I.15) impliziert Energie–Erhaltung für lange Zeiten. 15 I.2. ZEITLICH PERIODISCHE STÖRUNGEN 2. In zweiter Ordnung Störungstheorie hat man (vgl. [Sak94, S. 333]) Γm→{f } 2π ρ(Em ) = ~ 2 X hf |V 0 |ki hk|V 0 |mi hf |V 0 |mi + . Em − Ek k P Hierbei summiert man in k über Zustände mit Ek 6= Em . Dies kann man dann als ‘virtuelle Prozesse’ deuten, in denen in die Zwischenzustände nicht mit Energieerhaltung konsistent sind, d.h. Energieerhaltung wird kurz verletzt. I.2 I.2.1 Zeitlich periodische Störungen ‘Absorption’ und ‘Emission’ Man betrachtet nun eine periodische Störung der Form V (t) = V 0 e−i ω t Θ(t) + V †0 ei ω t Θ(t) . (I.17) Wir konzentrieren uns auf den ersten Term, der zweite wird weiter unten kurz diskutiert. Dann ergibt sich, analog zur Diskussion in Abschnitt I.1.4, für die Übergangswahrscheinlichkeit t 2 Z ′ i (En −Em −~ ω) t 1 ′ ~ Pmn (t) = 2 dt e hn| V 0 |mi ~ 0 und für die Übergangsrate Γmn 2 2π δ(En − Em − ~ ω) hn| V 0 |mi . = ~ (I.18) |ni Interpretation. Das periodische Potential kann beispielsweise für elektromagnetische Wellen, d.h. für Photonen, stehen. (I.18) besagt dann, dass Photonen nur dann absorbiert werden, wenn ~ω |mi ~ ω = En − Em ist (vgl. nebenstehende Abbildung). Fermis goldene Regel (zweite Version): In Analogie zu der vorangegangenen Diskussion erhalt man eine leicht modifizierte Version von Fermi’s goldener Regel 16 I.2. ZEITLICH PERIODISCHE STÖRUNGEN Γm→{f } = 2π ρ(Ef ) | hf | V 0 |mi |2 , ~ (I.19) wobei Ef = Em + ~ ω gilt. |f i Endzustand Interpretation: Übergang durch Absorption eines Lichtquants (Photons). Der Übergang in Bereiche mit hoher Zustandsdichte ist bevorzugt. ~ω |mi Ausgangszustand Beachte: Diese Ergebnisse, erhalten in 1. Ordnung Störungstheorie, haben natürlich gewisse Limitierungen, und müssen mit Bedacht eingesetzt werden. Bemerkung: Der zweite Term in (I.17) beschreibt Prozesse, in denen Ef = Em −~ ω gilt. Dies kann als Emission eines Photons interpretiert werden. I.2.2 Exkurs: Quantisierung des Strahlungsfeldes Es soll das freie Strahlungsfeld quantisiert werden. Wir wiederholen an dieser Stelle einige Begriffe aus der Elektrodynamik und QM I. Das elektromagnetische Feld ~ r, t) und das skalare Feld φ(~r, t) beschrieben. In unserer wird durch das Vektorfeld A(~ Diskussion soll φ = 0 gelten. Ferner können wir in die Lorentz–Eichung gehen, ~ ·A ~ + ∂t φ = 0 , ∇ sodass wir insgesamt haben ~ ·A ~ = 0 und φ = 0 . ∇ (I.20) ~ und B, ~ sind abgeleitete Größen, Das elektrische und magnetische Feld, E ~ = −1 ∂ A ~, E c ∂t ~ = ∇ ~ ×A ~. B (I.21a) (I.21b) Die Energie des Strahlungsfeldes ist Z 1 ~ 2 ~ 2 3 , d r E + B 8π (I.22) V wo V das zugrundeliegende Volumen bezeichnet. 17 I.2. ZEITLICH PERIODISCHE STÖRUNGEN ~ ebene Wellen Elektromagnetische Wellen. Wir setzen nun für das Vektorfeld A ~ an. Für einen vorgegebenen Wellenvektor k hat man ~~ (~r, t) = N ~ε(~k) ei (~k·~r−ω·t) + ~ε∗ (~k) e−i (~k·~r−ω·t) , (I.23) A k wobei ω = |~k| c gilt. ~ε(~k) bezeichnet den Polarisationsvektor, der die Eigenschaften hat: ~ε ~k 1. |~ε(~k)| = 1; 2. ~ε(~k) · ~k = 0. N ist eine Normierungskonstante, um die wir uns weiter unten kümmern werden. Harmonischer Oszillator. Elektromagnetische Wellen können als Oszillationen des elektromagnetischen Feldes aufgefaßt werden. Diese können analog zum harmonischen Oszillator quantisiert werden. Wir erinnern uns zunächst daran, dass der harmonische Oszillator beschrieben werden kann durch den Hamilton–Operator 1 † H = ~ω a a + , (I.24) 2 wobei a und a† die sog. Leiteroperatoren bezeichnen. Diese haben die folgende Interpretation: a† erzeugt a vernichtet ein Quant mit Energie ~ ω . (I.25) Wir erinnern uns auch an die Eigenschaften [a, a† ] = 1 , † (I.26a) † [a, a] = [a , a ] = 0 . (I.26b) Diese Beschreibung des harmonischen Oszillators soll nun auf Photonen übertragen werden. Ein einzelnes Photon soll durch (I.23) mit geeignetem N beschrieben werden. Wir fordern, dass die Energie eines einzelnen Photons, gegeben durch (I.22), konsistent ist mit der quantenmechanischen Erwartung, ! 2 Z 2 ∂ 1 1 ! A ~ + ∇ ~ ×A ~ d3 r . (I.27) ~ω = 8π V c2 ∂t 18 I.2. ZEITLICH PERIODISCHE STÖRUNGEN Hierbei haben wir angenommen, dass nur ein endliches Volumen V betrachtet wird. (I.27) führt auf (vgl. Übung) r 2π ~ c , (I.28) N = kV wobei k = |~k|. In Analogie zu (I.25) machen wir für das Photonen–Feld einen Ansatz eine Superposition von ebenen Wellen (I.23). Da das Volumen V endlich ist, müssen wir nur über diskrete k–Werte summieren, d.h. r X ~ 2π c † ~ r +i ω(~k) t i ~k·~ r −i ω(~k) t ∗ ~ −i ~k·~ ~ ~ ~ A = . (I.29) aλ (k) ~ελ (k)e + aλ (k) ~ελ (k)e kV ~k,λ P Mit λ summieren wir über die beiden linear unabhängige Polarisationen. In Analogie zu (I.25) kann man die Operatoren auf der rechten Seite in (I.29) wie folgt interpretieren: a†λ (~k) erzeugt aλ (~k) vernichtet ) ein Photon mit Wellenvektor ~k und Polarisation λ .(I.30) In Analogie zu (I.26) fordert man [aλ (~k), a†λ′ (~k′ )] = δλλ′ δ~k~k′ , h i a†λ (~k), a†λ′ (~k′ ) = [aλ (~k), aλ′ (~k′ )] = 0 . (I.31a) (I.31b) Mittels des Korrespondenzprinzips erhält man aus (I.22) den Hamilton–Operator. Einsetzen von (I.29) in (I.22) unter Berücksichtigung von (I.21) führt nach Rechnung (vgl. Übung) auf X 1 † ~ ~ ~ . (I.32) H photon = ~ c |k| aλ (k) aλ (k) + 2 ~k,λ Gemäß dem oben Gesagten erzeugt a†λ (~k) ein Photon, d.h. |Photon mit ~k und λi = a†λ (~k) |−i , 19 (I.33) I.2. ZEITLICH PERIODISCHE STÖRUNGEN wo |−i den Zustand ohne Photonen, d.h. das Vakuum, bezeichnen soll. Entsprechend konstruiert man Zustände mit mehreren Photonen der selben Bauart, d.h. mit identischem ~k und λ, als nλ (~k) 1 a†λ (~k) |−i . (I.34) |nλ (~k)i = q ~ nλ (k) ! Hierbei gibt nλ (~k) die Zahl der Photonen an zum Wellenvektor ~k und mit Polarisation λ an. nλ (~k) geht auch als kombinatorischer Faktor ein, wie in Teil IV im Detail diskutiert werden soll. Des Weiteren ist nλ (~k) Eigenwert des Besetzungszahl-Operators nλ (~k) = a†λ (~k) aλ (~k) . (I.35) D.h., es gilt (vgl. Übung) nλ (~k) |mλ (~k)i = mλ (~k) |mλ (~k)i . (I.36) Zustände mit Photonen mit verschiedenen ~k und λ werden als Produktzustände konstruiert, YY |nλ1 (~k1 ), . . .i = |nλi (~ki )i . (I.37) ~ki λi Bemerkung: Die Auf- bzw. Absteige–Operatoren a†λ (~k) bzw. aλ (~k) wirken auf die Produktzustände wie q nλ (~k) + 1 |. . . , nλ (~k) + 1, . . .i (I.38) a†λ (~k) |. . . , nλ (~k), . . .i = bzw. aλ (~k) |. . . , nλ (~k), . . .i = Mehr dazu in Teil IV. . . I.2.3 q nλ (~k) |. . . , nλ (~k) − 1, . . .i (I.39) Beispiel: Elektromagnetische Übergänge Betrachte nun ein Elektron im elektromagnetischen Feld. Hierbei beschreiben wir ~ als klassisches Hintergrundfeld, und gehen auf die das elektromagnetische Feld A Konsequenzen der Quantisierung (Photonen) erst am Ende kurz ein. Wir sind an Prozessen der Form |ai → |bi interessiert, wo beispielsweise |ai bzw. |bi den Grundzustand bzw. einen angeregten Zustand eines Atoms bezeichnen können. Die relevanten Prozesse sind dann die Absorption (Abbildung I.3(a)) bzw. die Emission (Abbildung I.3(b)) eines Photons. Das Photon, das im Anfangs- bzw. Endzustand auftritt, wird zunächst nicht in die Beschreibung mit aufgenommen. 20 I.2. ZEITLICH PERIODISCHE STÖRUNGEN |bi |ai ~ω ~ω |ai |bi (a) Absorption. (b) Emission. Abbildung I.3: Elektromagnetische Übergänge. Für den Hamilton–Operator gilt: 1 e ~ 2 ~p − A H = + e φ(~r, t) + V (~r) . 2m c ~ klein, so ist ( e A) ~ 2 vernachlässigbar. Darüber hinaus wissen wir aus der vorIst ec A c ~ 2 Term nur Prozesse vermittelt, in denen zwei angegangenen Diskussion, dass der ( ec A) Photonen beteiligt sind. Dann schreibt sich der Hamilton–Operator in vereinfachter Form H = ~p2 e ~ − A · ~p + V (~r) . 2m m c ~ ·A ~ = 0 gilt: Wegen ∇ ~·p ~·p ~ ψ) = (~ ~ ψ+A ~ψ = A ~ψ . p ~ · (A p · A) | {z } =0 Für die störungstheoretische Behandlung zerlegen wir H gemäß H = H 0 + H int , wo ~p2 + V (~r) . 2m e ~ = − A · ~p . mc H0 = H int (I.40) (I.41) Spezialisierung: Wir wollen uns auf Absorptionsprozesse konzentrieren, d.h. nur den e−i ω t Teil des Photon–Feldes betrachten. Nun kann man Gleichung (I.19) ( Fer” mis goldene Regel“) für den Übergang vom Zustand |ai in den Zustand |bi benutzen. Man erhält für die differentielle Übergangsrate 2 N e i ~k·~r 2π ~ Γa→b = δ(Eb − Ea − ~ ω) b e ~ε · (−i ~ ∇) a . ~ mc Entsprechend ergibt sich die Rate für den Übergang ins kontinuierliche Spektrum 2 i ~k·~r e p ~ 4π 2 a . (I.42) ρ(Eb = Ea + ~ ω) b e ~ε · Γa→{b} = ωV m Hierbei wurde (I.28) verwendet. 21 I.2. ZEITLICH PERIODISCHE STÖRUNGEN Elektromagnetische Dipolübergänge. Um den Ausdruck (I.42) zu interpretieren, führen wir eine (weitere) Näherung, die sog. Dipolnäherung, durch: Die Dimension R des Systems (Atom) ist viel kleiner als die Wellenlänge des einfallenden Photons, ~k · ~r ≪ 1 ⇒ ~ ei k·~r ≃ 1 . Dies kann folgendermaßen gerechtfertigt werden. Die typische Bindungsenergie im Atom ist Z e2 ! ≃ ~ω . RAtom Damit folgt 2 2 ~k · ~r ≃ |~k| RAtom = ω RAtom = ω Z e = Z e = Z . c c ~ω ~c 137 D.h., solange Z nicht zu groß ist, ist die Näherung gut. Nun gilt ebenfalls ~ i~∇ i = ~ v = ~ r˙ = [H 0 , ~ r] . m ~ Wählt man das Bezugssystem so, dass der Polarisationsvektor ~ε nur eine z–Komponente hat, also 0 ~ε = 0 = ~ez , 1 − so gilt * b ~ε · ~ ∇ −i ~ m ! + = a i hb | [H 0 , z] | ai ~ i hb | H 0 z − z H 0 | ai ~ i = (Eb − Ea ) hb | z | ai . ~ Dies ist natürlich richtig in beliebigen Bezugssystemen, also gilt p~ i r | ai = i ω ~ε · α (Eb − Ea ) ~ε · hb | ~ = ~ ba , b ~ε · a | {z } m } |~ {z = =i ω =~ αba wobei α ~ ba = Z d3 r ψb∗ (~r) ψa (~r) ~r ‘Dipol–Matrix–Element’ genannt wird. Damit ergibt sich für die Übergangswahrscheinlichkeit N e 2 2 2π el. Dipol Γa→b = ω ρ(Ea + ~ ω) |~ε · α ~ ba |2 , c ~ oder 22 I.2. ZEITLICH PERIODISCHE STÖRUNGEN Dipol Γel. = a→b 4π 2 e2 ω ρ(Eb ) |~ε · α ~ ba |2 , V (I.43) wobei ρ(Eb ) die Zustandsdichte beim Endzustand b ist. Bemerkung: In praktischen Anwendungen muß die Zustandsdichte der Photonen miteinbezogen werden, d.h. bei der Betrachtung von Übergängen der Form |ai → |bi + |Photoni geht Zustandsdichte der Photonen in den obigen Ausdruck. Konkret muss über die Wellenvektoren summiert, oder für große Volumina V integriert, werden. Dies führt auf das Integral Z Z Z ω2 3 2 ~ d k = dk dΩ |k| = dk dΩ 2 . c 23