Aufgabe 1

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Musterklausur zur Vorlesung "Experimentalphysik III" (Grundvorlesung
Physikalische Chemie)
Diese Klausuraufgaben sollen ohne Hilfsmittel (Bücher, Skripte, Formelsammlung, vorbereitete
Notizen, Taschenrechner usw.) bearbeitet werden. Die Bearbeitungszeit für die vorliegende Auswahl wäre ca. 40 Minuten. (Die "offizielle" Klausur dauert bei entsprechend mehr Aufgaben 100
Minuten.) Bei den MultipleChoice-Aufgaben sind pro Frage neben genau einer richtigen Antwort
mehrere falsche Antworten vorgegeben. Eine an der dafür vorgesehenen Stelle angekreuzte richtige Antwort ergibt einen Punkt. MultipleChoice-Aufgaben, in denen mehr als eine Antwort angekreuzt ist, werden nicht gewertet.
Bitte beachten Sie die ebenfalls auf unserer Internetseite zur Verfügung gestellte Formelliste.
Aufgabe 1
a) Ein Mensch namens Otto habe die Masse 100 kg und nehme täglich Speisen mit einem "Nährwert" von 2400 kcal zu sich. Das heißt, die Verbrennungsenthalpie dieser Speisen ist ungefähr 10
MJ (Megajoule). Angenommen, Otto stelle, abgesehen von der Nahrungsaufnahme, ein isoliertes
thermodynamisches System mit der Wärmekapazität 1 cal/(g K) von Wasser dar. Für den Zweck
der verlangten überschlägigen Rechnung dürfen Sie diese spezifische Wärmekapazität temperaturunabhängig gleich 4 J/(g K) setzen. Ferner arbeite Ottos Verdauung ideal und vollständig, die
Speisen werden also vollständig "verbrannt". Schätzen Sie unter diesen (unrealistischen) Voraussetzungen Ottos Temperaturerhöhung pro Tag ab.
b) In Wirklichkeit ist Ottos Körper natürlich ein offenes System, dessen Energieabgabe an die Umgebung in erheblichem Maße durch die Verdampfung von Wasser geschieht. Nehmen Sie an, die
Energieabgabe geschehe ausschließlich durch die Verdampfung von Wasser. Wieviel körperwarmes Wasser muss Otto pro Tag zu sich nehmen und wieder ausschwitzen, um seine Körpertemperatur konstant zu halten? Verwenden Sie für die spezifische Verdampfungsenthalpie von Wasser den gerundeten Wert 2.5 kJ/g.
Lösung (4 Punkte)
a) Eine Verbrennungsenthalpie 10 MJ = 104 kJ erzeugt in einem System mit der Masse 100 kg
und mit der spezifischen Wärmekapazität 4 kJ/(kg K) (also mit der Wärmekapazität 400 kJ/K) eine
Temperaturerhöhung von 10000 kJ/(400 kJ/K) = 25 K. Dies ist die Temperaturerhöhung, die Otto
Tag für Tag erleiden würde.
b) Eine Verbrennungsenthalpie von 104 kJ kann bei der spezifischen Verdampfungsenthalpie von
2.5 kJ/g für die Verdampfung von 4000g = 4 Liter Wasser aufkommen.
Aufgabe 2
Eine Probe von 1.0 mol Calciumcarbonat wird auf 1000 K erhitzt, wobei bekanntlich vollständige
Zersetzung in Calciumoxid und Kohlenstoffdioxid eintritt. Der Heizvorgang findet in einem Behälter
statt, der auf einer Seite durch einen leichtbeweglichen Kolben begrenzt wird. Zu Beginn des Vorgangs liegt der Kolben überall auf dem Feststoff auf. Jenseits des Kolbens ist Laboratmosphäre
mit dem Druck 1 bar. Schätzen Sie die Arbeit ab, die das System an dem Kolben verrichtet. Für
den Zweck dieser überschlägigen Rechnung dürfen Sie die Gaskonstante gleich 10 J/(mol K)
setzen und weitere vernünftige Näherungen verwenden, sofern Sie diese ausdrücklich nennen.
Lösung (2 Punkte)
Die (differentielle) Volumenarbeit ist definiert als dw = -pdV. Bei konstantem Druck (wie hier der
Fall) darf einfach integriert werden zu w = -pΔV, mit p = 1 bar und ΔV gleich dem Volumen V des
entstehenden Gases (Kohlenstoffdioxid) bei 1000 K. (In einer überschlägigen Rechnung ist die
eventuell auftretende Volumenänderung in der festen Phase gegenüber diesem ΔV in der Gasphase sicher vernachlässigbar.)
Bei 1000 K verhält sich CO2 in sehr guter Näherung ideal. Mit Hilfe der idealen Gasgleichung und
des in der Aufgabe angegeben Näherungswerts für R ergibt sich dann ΔV = V = 1mol*RT/p 
0.1 m3. Die gesuchte Arbeit ist also -105 N/m2 * 0.1 m3 = - 104 J = -10 kJ. Wie bei jeder Expansion
ist die Volumenarbeit negativ.
In dieser Rechnung wurden die Identitäten 1 bar = 105 N/m2 und 1 Nm = 1 J verwendet.
Aufgabe 3
In einem Gefäß soll 1 mol unterkühltes flüssiges Wasser bei -10 °C isotherm gefrieren, wobei die
Entropie des Wassers abnimmt. Erläutern Sie, welche Aussagen der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik über diesen Vorgang zu machen erlaubt.
Lösung (2 Punkte)
Das Gefrieren von Wasser bei einer Temperatur unterhalb des normalen Erstarrungspunktes von
0 °C ist ein spontaner, irreversibler Vorgang. Denkt man sich ein größeres isoliertes System, welches das in der Aufgabe genannte Gefäß enthält und vollständig umgibt, dann verlangt der Zweite
Hauptsatz, dass bei Ablauf des spontanen Erstarrungsprozesses im Gefäß die Entropie des isolierten Systems zunimmt. Die Entropie im Gefäß nimmt aber ab; das bedeutet zwangsläufig, dass
die Entropiezunahme in der Umgebung des Gefäßes die Entropieabnahme im Gefäß überkompensiert.
Die Entropiezunahme in der Umgebung des Gefäßes wird durch die Abgabe von Erstarrungswärme aus dem Gefäß an die Umgebung verursacht. Diese Wärme muss aus dem Gefäß herausfließen, um die Temperatur im Gefäß wie gefordert konstant halten zu können.
Aufgabe 4
a) Definieren Sie präzise den Begriff molare Grenzleitfähigkeit (häufig mit dem Symbol Λm0 bezeichnet) einer Substanz und geben Sie eine mögliche Einheit für diese Größe an, wobei Sie als
"Basiseinheiten" kg, m, s, mol und Ω (Ohm) verwenden dürfen.
b) Wieso ist, bei fester Temperatur und in Wasser als Lösungsmittel, die molare Grenzleitfähigkeit
von Essigsäure erheblich größer als die molare Grenzleitfähigkeit von Kochsalz, obwohl doch
Essigsäure als schwacher und Kochsalz als starker Elektrolyt bezeichnet wird?
Lösung (4 Punkte)
a) Die molare Grenzleitfähigkeit Λm0 ist der Grenzwert des Quotienten aus der spezifischen Leitfähigkeit einer Lösung und deren Konzentration, wenn die Konzentration gegen Null geht.
Die Einheit [κ] der spez. Leitfähigkeit κ = 1/ρ entnimmt man am besten der Formel R = ρ ∗l/A,
wobei R der Widerstand, ρ der spezifische Widerstand, l die Länge des Leiters und A der Querschnitt des Leiters ist. Es ergibt sich [κ] = Ω-1m-1 und [Λm0 ] = m2 Ω-1mol-1, wenn die Konzentration
in mol/m3 gemessen wird.
(In manchen Texten wird S (Siemens) für Ω-1 geschrieben. Üblich ist in [Λm0 ] die Verwendung von
cm2 statt m2 bei entsprechender Anpassung der Maßzahl.)
b) Unter den Bedingungen der Grenzleitfähigkeit (Konzentration geht gegen Null) ist die Essigsäure vollständig dissoziiert, genauso wie der starke Elektrolyt Kochsalz. Damit verliert der Dissoziationsgrad seinen Einfluss auf die Leitfähigkeit. Erhalten bleibt jedoch der Einfluss der verschiedenen Beweglichkeiten der Ionen. Die molare Grenzleitfähigkeit der Essigsäure ist letzlich wegen
des besonderen Leitungsmechanismus der H+-Ionen in Wasser (Grotthuß-Mechanismus) größer
als die des Kochsalzes.
Aufgabe 5
Eine Brennstoffzelle ist ein galvanisches Element mit kontinuierlicher Zuleitung der Edukte und
Ableitung der Produkte. In einer Brennstoffzelle werde Butan (C4H10, abgekürzt B) und Sauerstoff
umgesetzt, wobei natürlich Wasser (W) und Kohlenstoffdioxid (K) entstehen. Nehmen Sie an, eine
solche Zelle arbeite reversibel im elektrochemischen Sinne. Gegeben seien die Freien Standard-
Bildungsenthalpien von Butan, Wasser und Kohlenstoffdioxid, ΔbGӨ(B), ΔbGӨ(W) und ΔbGӨ(K).
Stellen Sie eine Formel auf, mit deren Hilfe Sie aus den drei gegebenen Größen sowie ggf. Naturkonstanten symbolisch die Spannung (EMK) EӨ der Brennstoffzelle unter Standardbedingungen
von Druck (pӨ) und Temperatur (TӨ) berechnen können.
Lösung (2 Punkte)
Wegen der Stöchiometrie der Umsetzung von Butan und Sauerstoff zu Wasser und Kohlenstoffdioxid gilt für die Freie Standard-Reaktionsenthalpie ΔrGӨ = 4 ΔbGӨ(K) + 5 ΔbGӨ(W) - ΔbGӨ(B).
Die Größe ΔrGӨ hat (wegen der hohen thermodynamischen Stabilität von Kohlenstoffdioxid und
Wasser im Vergleich zu Butan, und wegen der großen stöchiometrischen Faktoren dieser Produktspezies) einen großen negativen Wert.
Die Spannung EӨ berechnet sich aus ΔrGӨ mit Hilfe der Formel ΔrGӨ = - zFEӨ, wobei wiederum
aus stöchiometrischen Gründen z den Wert 26 annimmt, denn es werden 2 Elementarladungen
pro Sauerstoffatom bei 6.5 Sauerstoffmolekülen pro Molekül Butan ausgetauscht. Die Größe F ist
die Faraday-Konstante.
Aufgabe 6
Ein Gefäß möge mit einem leichtbeweglichem Kolben ausgerüstet sein und nur die Substanz
Wasser (H2O) enthalten, also i.b. keine Luft. Der Gefäßinhalt soll zunächst genau unter den Bedingungen des Tripelpunktes des Wassers in Form von drei Phasen fest (Eis), flüssig und gasförmig vorliegen. Das Verhältnis der Massen der drei Phasen soll 1:1:1 sein, also z.B. 1 g Eis, 1 g
flüssiges Wasser, 1 g Wasserdampf. Wenn man nun in einem Gedankenexperiment bei konstanter Temperatur den Druck, den der Kolben auf den Gefäßinhalt ausübt, um 1% vergrößert,
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1
geschieht im Gefäß überhaupt nichts Nennenswertes, weil die Temperatur konstant und die
Druckänderung überaus geringfügig ist (im Endzustand gibt es drei Phasen mit gegenüber

2
dem Anfangszustand leicht verändertem Mengenverhältnis)
geht der Gefäßinhalt vollständig in die flüssige Phase über (im Endzustand gibt es eine
Phase, im Beispiel bestehend aus 3 g flüssigem Wasser)
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3
geht der Gefäßinhalt vollständig in die feste Phase über (im Endzustand gibt es eine
Phase, im Beispiel bestehend aus 3 g Eis)
□
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4
verschwindet die Gasphase, so dass die zwei Phasen fest und flüssig übrigbleiben
5
verschwindet die flüssige Phase, so dass die zwei Phasen fest und gasförmig übrig-
□
bleiben
6
verschwindet die feste Phase, so dass die zwei Phasen flüssig und gasförmig übrigbleiben.
Hinweise: In diesem Gedankenexperiment sei das System immer im Phasengleichgewicht; das
bedeutet, dass von metastabilen Zuständen abgesehen werden darf. Ebensowenig brauchen Sie
sich um Fragen der technischen Realisierung zu sorgen.
Begründung (in der Klausur nicht verlangt): Die Antwort kann aus dem Phasendiagramm von
Wasser abgelesen werden, worin (bei der üblichen Auftragung des Drucks nach oben und der
Temperatur nach rechts) die Gleichgewichtskurve fest-flüssig leicht nach links geneigt ist, während
die in der Aufgabe betrachtete Zustandsänderung einem genau senkrechten Geradenstück entspricht.
Aufgabe 7
Das Geschwindigkeitsgesetz einer in verdünnter Lösung ablaufenden chemischen Reaktion mit
dem Reaktionsschema A + B  C habe die Form
d [ A]
2
= − k [ A] [B]
dt
wobei wie üblich die Konzentrationen mit eckigen Klammern bezeichnet werden. Setzt man nun
das Edukt B in großem Überschuss gegenüber dem Edukt A ein (d.h. für die Anfangskonzentrationen gilt [B]0 >> [A]0), erwartet man von der Konzentration [A], dass
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□
1
[A] sich nicht mit der Zeit ändert, also stets [A] = [A]0 gilt
2
[A] von [A]0 auf Null zurückgeht, und zwar linear mit der Zeit: [A] = [A]0 - kt
3
[A] von [A]0 asymptotisch gegen Null geht, und zwar exponentiell mit der Zeit:
[A] = [A]0 e - kt

4
[A] von [A]0 asymptotisch gegen Null geht, und zwar in folgender funktionaler Abhängigkeit von der Zeit:
[ A]=
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5
[ A]0
1 kt [ A ]0
[A] sich wegen der Komplexität des Mechanismus nach keinem der angegebenen
einfachen Konzentrations-Zeit-Gesetze verhält.
Begründung (in der Klausur nicht verlangt): Unter den in der Aufgabe genannten Bedingungen
verläuft die Reaktion nach Quasi - Zweiter Ordnung, denn das Konzentrationsverhältnis [B] / [B]0
ändert sich während der Reaktion (selbst bei vollständigem Umsatz von A) kaum. Die Integration
des Geschwindigkeitsgesetzes führt dann zu der in Antwort 4 angegebenen Form.
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