Jungbaum mit stark miniertem Laub im Spätsommer ADRESSEN Landesamt für Verbraucherschutz und Landwirtschaft Abteilung 3 – Pflanzenschutzdienst Ringstraße 1010 15236 Frankfurt (Oder) T e l 0335 / 5217622 Fax 0335 / 5217370 E-Mail: [email protected] Gegenmaßnahmen Ministerium für Landwirtschaft Umweltschutz und Raumordnung des Landes Brandenburg Referat Presse/Öffentlichkeitsarbeit Heinrich-Mann-Allee 103 14473 Potsdam Te l 0331 / 866 - 7494/-7017 Fax 0331 / 866 - 7018 www.brandenburg.de/land/mlur E-Mail: [email protected] Fachliche Beratung Landesamt für Verbraucherschutz und Landwirtschaft Abt. 3 - Pflanzenschutzdienst - M. Lehmann Ringstraße 1010 15236 Frankfurt / Oder Te l 0335 / 5217 604 Abbildungen: M. Lehmann, LVL Frankfurt (Oder) Dieter Müller †, Cottbus WOGE, Berlin Eine optimale Pflege und Versorgung der Kastanienbäume und die Vermeidung von weiteren, das Wachstum und die Vitalität beeinträchtigenden Faktoren wirken den Schäden durch die Kastanienminiermotte entgegen. Als Maßnahmen gegen die Weiterverbreitung der Miniermotte sind folgende Entsorgungswege geeignet: ■ Restlose und ständige Beseitigung des abgefallenen Laubs aus dem Kronenbereich während des gesamten Jahres, spätestens jedoch vor dem Austriebbeginn im Frühjahr. Wichtig ist, das abgefallene Laub mit den zur Überwinterung bereiten Puppen vor dem erneuten Schlupf und noch vor der Verrottung der Blätter aus dem Bereich der Kastanien zu entfernen. Da Kastanienblätter sehr leicht verrotten, werden die Puppen im Blattgewebe sehr schnell freigesetzt; ■ Deponierung des Laubs fernab von Kastanienbeständen; ■ Kompostierung des Laubs in gewerblich betriebenen Kompostierungsanlagen, in denen durch gezielte Rotteführung die sichere Abtötung der Puppenstadien der Miniermotte gewährleistet ist. Für die Kompostierung stehen im Land Brandenburg rund 100 Anlagen zur Verfügung; ■ Vergraben beziehungsweise Abdeckung der Laubmengen unter einer mindestens 10 Zentimeter starken Erdschicht oder anderem dicht abschließenden Material. Erst wenn dies nicht zum Erfolg führt, kann ausnahmsweise die Verbrennung in Frage kommen. Entsprechend § 3 der Abfallkompost- und Verbrennungsverordnung (AbfKompVbrV) liegt die Entscheidung darüber bei der unteren Abfallwirtschaftsbehörde der Kreise beziehungsweise der kreisfreien Städte. Verwechslungsmöglichkeiten Eine gezielte Bekämpfung mit Pflanzenschutzmitteln ist nur zum Zeitpunkt des Hauptfluges effektiv. In der Regel fällt dieser Termin mit der Vollblüte der Rosskastanie zusammen. Es reicht eine ein- bis mehrmalige Applikation gegen die erste Generation im Mai aus, um der Zerstörung der Blattmasse im Hoch- und Spätsommer entgegenzuwirken. Mehrere Insektizidpräparate sind für die Kulturarten Zierpflanzen/Ziergehölze und Laubgehölze gegen beißende Insekten (einschließlich minierende Kleinschmetterlingsarten), Miniermotten bzw. minierende Schmetterlingsraupen oder Rosskastanienminiermotte an Kastanienarten vorrangig für das Einsatzgebiet »Baumschulen« zugelassen. Wichtig ist in jedem Falle bei gezieltem Einsatz dieser Pflanzenschutzmittel eine gründliche Benetzung der Blattoberseiten. Bei terminpräziser Anwendung der Insektizide reicht an Großbäumen die Behandlung des unteren Drittels bis zur unteren Hälfte der Krone aus. Dabei ist unbedingt zu berücksichtigen, dass in blühenden Beständen oder Pflanzen mit deutlicher Aktivität von Blüten besuchenden und Blüten bestäubenden, Nektar oder Pollen suchenden Insekten die Bienenschutzverordnung von 1992 die Anwendung von bienengefährlichen Insektiziden verbietet! Zu beachten ist, dass Rosskastanien im öffentlichen Grün in der Regel außerhalb landwirtschaftlich, gärtnerisch oder forstwirtschaftlich bewirtschafteter Flächen stehen, die gemäß Pflanzenschutzgesetz § 6 nicht mit Pflanzenschutzmitteln behandelt werden dürfen. Ausnahmen hiervon bedürfen einer gesonderten Genehmigung durch den Pflanzenschutzdienst des Landes. ■ In trocken-warmen Sommern kann sich ein Befall mit der Rosskastanien-Spinnmilbe einstellen, der eine fleckenweise Veränderung der Blattoberfläche an den Blattunterseiten verursacht. ■ Schäden durch Streusalz und Trockenschäden verursachen eine typische Blattrandverbräunung, die nach Jahresmitte zum Blattfall führen kann. ■ Die seit mehreren Jahren an Rosskastanien auftretende pilzliche Blattbräune oder Blattrollkrankheit (Guignardia aesculi) verstärkt die Schäden durch die Miniermotte. Die typischen rotbraunen Blattflecken auf der Blattspreite sind gelb umrandet. Bei starkem Befall entsteht vorzeitiger Blattfall. Beide Organismen behindern einander wegen Nahrungskonkurrenz und haben von einander abweichende klimatische Ansprüche. Sie können jedoch beide am selben Blatt vorkommen. Die Gewebeverletzungen durch die Mottenlarven begünstigen unter Umständen die Ausbreitung der Blattbräune. Natürliche Feinde ■ Die Kastanienminiermotte hat nur wenige natürliche Feinde. Dazu zählen Erzwespen (Chalcidoidea, Fam. Eulophidae), Brackwespen (Braconidae) und Schlupfwespen (Ichneumonidae). Im Durchschnitt werden nur wenige Prozent der Schädlinge durch diese natürlichen Gegenspieler vernichtet. Meisenarten haben schnell gelernt, die schwärmenden Motten im Flug zu fangen und die Larven oder Puppen aus den Minen zu holen, die von den Vögeln selbst geöffnet werden. AUSSENDIENSTSITZE Landesamt für Verbraucherschutz und Landwirtschaft Abteilung 3 – Pflanzenschutzdienst Außendienstsitz Schönberg Am Anger 1 16866 Schönberg T e l 033971 / 45037 Fax 033971 / 45023 E-Mail: [email protected] Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung Landwirtschaft, Gartenbau und Ernährung Landesamt für Verbraucherschutz und Landwirtschaft Abteilung 3 – Pflanzenschutzdienst Außendienstsitz Eberswalde Alfred-Möller-Str. 1 16225 Eberswalde T e l 03334 / 65511 Fax 03334 / 65520 E-Mail: [email protected] Landesamt für Verbraucherschutz und Landwirtschaft Abteilung 3 – Pflanzenschutzdienst Außendienstsitz Manschnow Herzershof 10 15328 Küstriner Vorland T e l 033472 / 7145 Fax 033472 / 7146 E-Mail: [email protected] Landesamt für Verbraucherschutz und Landwirtschaft Abteilung 3 – Pflanzenschutzdienst Außendienstsitz Wünsdorf Steinplatz 1 15838 Wünsdorf T e l 033702 / 73618 Fax 033702 / 73622 E-Mail: [email protected] Landesamt für Verbraucherschutz und Landwirtschaft Abteilung 3 – Pflanzenschutzdienst Außendienstsitz Cottbus Behördenzentrum Südeck Vom-Stein-Str. 30 03050 Cottbus T e l 0355 / 49917160 Fax 0355 / 49917165 E-Mail: [email protected] Rosskastanienminiermotte Cameraria ohridella Deschka et Dimic alte Platzmine mit durchscheinender Larve ORIGINAL GRÖSSE Falter in 5mm Ruhestellung Minen und Puppenwiegen von Meisen aufgerissen Der Name der Rosskastanienminiermotte beschreibt die vorrangige Bindung des Insekts an die Rosskastanie und die Fähigkeit ihrer Larven, in den Blättern sogenannte Minen, also von der Oberhaut der Blattober- und Unterseite gedeckte Fraßgänge zu schaffen. Der wissenschaftliche Artname »ohridella« ist vom Erstnachweisort »Ohrid-See« abgeleitet. Die Kastanienminiermotte gehört zur Kleinschmetterlingsfamilie der Gracilariidae, der Miniermotten. Hauptverbreitungsgebiet der Gattung Cameraria ist Amerika. Nur diese eine Art tritt in Europa auf. Miniermotten verbreiten sich über Luftströmungen, Verkehrsmittel, Transportgüter und bei kurzen Entfernungen auch über den Falterflug. Möglicherweise spielt auch die Verbreitung durch treibendes Laub in Flüssen oder Bächen eine Rolle. Die Miniermotte wurde Anfang der 1980er Jahre in Mazedonien am See Ohrid entdeckt, nach Österreich verschleppt und breitet sich seitdem über Europa aus. Im Süden Brandenburgs wurde das Insekt 1997/98 erstmals festgestellt. Seit 2000 ist das Land flächendeckend von dieser Art besiedelt. Ein Nachweis der Falter und die Feststellung des Flugverlaufs sind möglich mit ■ Pheromonfallen (Sexual-Lockstoff-Fallen), die zur Überwachung der Art Cameraria ohridella angeboten werden; ■ Anlage von Schlupfdepots mit befallenem Laub; ■ visuellen Kontrollen der Bäume ab Ende April. Die Motte kann bis zum Hoch- und Spätsommer die gesamte Blattmasse der Kastanienbäume zerstören. Die befallenen Bäume treiben dann häufig erneut aus und blühen im Herbst. Im Folgejahr ist das Wachstum der Bäume vermindert. Diese Kastanien sind dann besonders frostanfällig. Vor allem dort, wo die Bäume ohnehin verschiedenen Stressfaktoren ausgesetzt sind, führt ein Befall mit der Kastanienminiermotte zu anhaltenden Schäden. In Wien wurden 2001 erste Abgänge langjähristark befallener Bäume festgestellt. Die schwärmenden Motten werden bei starkem Befall im Spätsommer in Wohngebieten als lästig empfunden. Sie können auch bei extremem Schwärmflug zur Verschmutzung und Beeinträchtigung von technischen Einrichtungen führen. Rosskastanienminiermotte Allee mit starkem Blattverlust im Hochsommer Als Hauptwirtspflanze gilt die Rosskastanie Aesculus hippocastanum. Betroffen sind Bäume jeder Altersklasse. Nur die weiß blühende Rosskastanie, ihr sehr nahe verwandte Aesculus-Arten und ein Teil ihrer Hybriden werden stark befallen. Rot blühende Aesculus-carnea-Hybriden werden deutlich schwächer geschädigt. Andere in Deutschland wachsende Rosskastanienarten wie Aesculus parviflora werden gemieden. Besonders stark tritt die Mottenart in den temperaturbegünstigten Großstädten und anderen überdurchschnittlich warmen Standorten wie Obst- und Weinbaulagen sowie Straßengehölzen auf. Bei der Neuanlage von Kastanienbeständen besonders in bekannter Befalls- und Stresslage können weniger befallsgefährdete Arten beziehungsweise Hybriden der folgenden Arten- und Sortenliste verwendet werden. Biologie und Schadbild Wirtspflanzen der Rosskastanienminiermotte ART - SORTE BEFALL Spitzahorn Acer platanoides kein bis mittel** Bergahorn Acer pseudoplatanus kein bis mittel** Ohio-Rosskastanie Aesculus arguta mittel Rote Rosskastanie Aesculus x carnea »Briotii« kein RoteRosskastanie Aesculus x carnea »Plantariensis« mittel Rot blüh. Rosskastanie allgemein Aesculus x carnea kein* bis wenig Aesculus x marylandica mittel Wörlitzer Kastanie Aesculus x Woerlitziensis kein Aesculus carnea Will. (hippocast.X pavia) stark Chinesische Rosskastanie Aesculus chinensis kein Aesculus discolor X A. humilis wenig Gelbe oder Appalachen-Rosskastanie Aesculus flava kein bis wenig Weiße Rosskastanie Aesculus hippocastanum stark-sehr stark Aesculus hippocastanum »Balkaninsel« stark Gefüllt blühende Rossk. Aesculus hippocastanum »Baumannii« stark Aesculus hippocastanum »Digitata« stark Aesculus hippocastanum »Memmingeri« sehr stark Aesculus hippocastanum »Plena« stark Aesculus hippocastanum »Pyramidalis« kein Aesculus hippocastanum »Umbraculifera« stark Indische Rosskastanie Aesculus indica wenig Pavie Aesculus pavia wenig Aesculus mutabilis »Penduliflora« kein Aesculus neglecta »Erythroblasta« kein Strauch- oder Schwärmerkastanie Aesculus parviflora kein Japanische Rosskastanie Aesculus turbinata stark Castanea pumila kein Esskastanie Castanea sativa kein * Eiablage wurde beobachtet, jedoch starben die Junglarven ab. ** Ein mittlerer Befall ist auch an Berg- und Spitzahorn nachgewiesen worden, wenn die stark befallenen Rosskastanien unmittelbar neben dem Ahorn standen. Der Falter der Kastanienminiermotte hat eine Körperlänge von nur 5 Millimeter. Die Vorderflügel sind 3,5 Millimeter lang. Die rostbraunen bis ockerfarbenen, schwarzweiß gestreiften Flügel werden dachförmig zusammengelegt getragen. Lange Fransen an den schmalen Vorder- und Hinterflügeln erleichtern das Driften in Luftbewegungen. In Jahren mit zeitigem Frühjahr fliegen die Falter ab Ende April. Der Hauptflug der ersten Generation fällt mit der Hauptblüte der Kastanie zusammen. Die Motten sitzen bei starkem Befall gut sichtbar Kopf aufwärts an den Stämmen alter Kastanien oder auch anderen senkrechten Flächen und schwärmen vorwiegend bei Sonnenschein. Die Flugzeit einer Generation kann drei bis vier Wochen dauern. Es gibt im Jahr mindestens zwei bis drei Faltergenerationen, die sich überschneiden. In extrem warmen Jahren ist in Mitteleuropa sogar teilweise eine vierte Generation möglich. In klimatisch begünstigten Nachbarländern wird jährlich mit bis zu fünf Generationen gerechnet. Die Ablage der weißen Eier erfolgt einzeln auf den Blattoberseiten. Es werden bis zu 40 Eier pro Weibchen und 300 Eier pro Blatt abgelegt. In der ersten Generation werden vorrangig die Blätter der unteren Kronenteile befallen. Erst die Folgegeneration im Sommer erfasst die Wipfelregion vollständig. Die nach zwei bis drei Wochen schlüpfenden Larven sind flach und minieren bis zum 3. Entwicklungsstadium im Palisadenparenchym der Blätter. Die Minen sind zuerst kommaförmig, hell durchscheinend und werden dann von der Larve des 2. und 3. Entwicklungsstadiums kreisförmig erweitert. Die gelblichen Altlarven (3. bis 4. Stadium) fressen das Gewebe zwischen den Nerven an den Blattoberflächen aus, so dass 3 bis 4 Zentimeter lange, ockerfarbene Platzminen entstehen, die bei Massenbefall zusammenfließen können. In den Minen befinden sich dunkle Kotkrümel der Raupen, die im durchscheinenden Licht deutlich erkennbar sind. Die Fraßzeit der Räupchen dauert drei bis vier Wochen. Die erwachsenen Larven (5. Stadium) sind 7 Millimeter lang und silbriggrau gefärbt. Sie häuten sich zu gelbgrünen Einspinnlarven (6. Stadium), die in der Blattmine einen seidigen, linsenförmigen Kokon fertigen und sich danach verpuppen. Der Kokon ist in der Mine bei Gegenlicht erkennbar und zwischen Daumen und Zeigefinger spürbar. Die Puppenruhe der Frühjahrs- und ersten Sommergeneration hält ungefähr drei Wochen an. Nach dem Schlupf der Falter bleiben die leeren Puppenhüllen meist zur Hälfte in der Mine stecken. Die Puppen der Sommerund Herbstgeneration fallen mit den Blättern ab und überwintern im Falllaub, in der Bodenstreu oder in Laubhaufen. Durch das Verrotten des Laubs werden die Kokons relativ schnell freigesetzt. Die Puppen können mehrere Jahren überleben. Die Populationsdichte nimmt im Laufe der Generationsfolge im Jahr explosionsartig zu. Nasskaltes Wetter behindert die Entwicklung, während warmes Wetter die Entwicklungsdauer verkürzt. WOGE-design Nachweis der Falter geöffneter Kokon mit frei gelegter Einspinnlarve