Mina Tavakoli Familienhebamme in Wolfenbüttel Caritas sucht

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Mina Tavakoli
Familienhebamme in Wolfenbüttel
Caritas sucht persisch sprechende Hebamme für die Begleitung einer
afghanischen Asylsuchenden. Frau X. ist mit dem 2. Kind schwanger. Ihr erster
Sohn ist 6 Jahre alt und lebt bei ihr. Von ihrem Mann ist sie in Griechenland auf
der Flucht getrennt worden. Sie weiß nicht, wo er ist und ist ohne ihn hilflos,
fühlt sich schutzlos und verunsichert. Ihr gesundheitlicher Zustand ist schlecht_
hoher Blutdruck, Harnwegsinfektion.
„ die Arztbesuche von Asylbewerbern sind nicht einfach. Zuerst muss ein
Krankenschein mit einem schriftlich vereinbarten Termin abgeholt werden. Die
Familienpädagogin der Caritas hat sich darum gekümmert und verschiedene
gynäkologische Praxen angerufen. Fast alle Praxen hatten keinen freien Termin,
als sie erfahren haben, dass es sich um eine Asylsuchende handelt. Nur eine
Praxis hat zugesagt.“
Das Jugendamt ist informiert über den Pflegebedarf des Kindes, es wird ein
Kindertagesstättenplatz und bei Entbindung eine Pflegefamilie gesucht,
schließlich auch eine afghanisch-persische Familie gefunden, die die Frau
sowohl unterstützt ,als sich auch bereit erklärt, ihren Sohn bei Aufnahme in ein
Krankenhaus bei sich aufzunehmen. Es werden Nachforschungen über den
Verbleib des Mannes angestellt und er wird in Kiel gefunden. Da das Paar aber
nur religiös verheiratet ist, ist eine Familienzusammenführung nicht möglich.
Eine Ausnahmeregelung wenigstens für die Zeit bis zur Entbindung und eine
kurze Zeit danach wird erlaubt.
Tätigkeiten der Familienhebamme:
Beratung und Übersetzung,
Gesundheitsfürsorge: eine Mitarbeit der Schwangeren ist zunächst kaum
vorhanden, sie kennt sich nicht aus, sie hat Angst, ihr ist alles unbekannt:
Medikamenteneinnahme, regelmäßige Arztbesuche, strukturierter
Tagesablauf, gesunde Ernährung, Erstlingsausstattung für das Baby
Kontakte im Sozialraum erschließen: afghanische Schwangere, türkische
Nachbarin, Kirchengemeinde: übernimmt Kosten, wenn eine Fahrt ins
Krankenhaus notwendig wird.
Antrag auf Umverteilung und Familienzusammenführung
Eine Situation postpartum:
Die Abreise des Mannes droht. Er darf nicht länger in Niedersachsen bleiben.
Frau X bekommt eine Brustentzündung, es gut ihr psychisch schlecht, die
Situation ist bedrückend. Frau X ist verzweifelt: was soll ich alleine mit den 2
Kindern hier tun? fragt sie.
„Ich habe mit dem Mann gesprochen, dass sie etwas leichtes wie eine Suppe
braucht,“ Zitat Tavakoli „ihr Mann war nicht bereit, etwas zu kochen, das sei
Frauenarbeit, meinte er. Ich habe ihm ein Rezept für eine einfache
Hühnersuppe gegeben und angeboten ihn bei Fragen zu unterstützen, ich sei
bei seiner Frau. Wenn er bleiben wolle, könne er sich auch nützlich machen…“
Er hat die Suppe gekocht.
Durch die Brustentzündung war es möglich, aber zeitaufwendig, eine
Ausnahmeregelung für den Mann zu erreichen zur Versorgung der Kinder, falls
ein Krankenhausaufenthalt der Frau nötig wäre.
Tätigkeiten:
Deutsch-Kurs
Gesundheitsfürsorge für die gesamte Familie, Ernährung, Pflege, Kochen,
Entwicklung und Bedürfnisse der Kinder, immer wieder Unverständnis für
medizinische Versorgung( das Neugeborene hat Neurodermitis) Mann-FrauRollen
Kooperation: Caritas, Flüchtlingsberatung, Kirchengemeinde: Frau des Pastors
ist pensionierte Lehrerin, sie gibt wöchentlich Deutschunterricht, bis ein Kurs
gefunden ist und organisiert Fahrräder für die Familie, sodass sie mobil werden.
Sie lehrt sie auch das Radfahren.
Mina Tavakoli: Ich habe in diesem Fall eine sehr kooperative und funktionelle
Netzwerkarbeit genossen. Als Familienhebamme war ich effektiv. Es ist sehr
beeindruckend zu erleben, wie die verschiedenen Fachkräfte jeweils ein Stück
der Zusammenarbeit übernehme. Ich habe hier die Funktion eines gut
funktionierenden Netzwerkes gespürt!“
Maria Schinzel
Arbeit als Hebamme und Familienhebamme in Hildesheim, Stadt und Landkreis,
Gründung der Familienhebammenzentrale 2008.
Sie übernimmt als Familienhebamme von einer freiberuflichen Kollegin aus der
Nachsorge die Familie M. mit ihrem ersten Kind Marie. Der Säugling ist 5
Monate alt und die Hebamme macht sich Sorgen um das Kind, das einen
„komischen Eindruck“ mache. Die Eltern seien sehr hilflos. In der Folge stellt
sich dann heraus, dass das Baby in der Tat eine gravierende
Entwicklungsverzögerung zeigt. Die Eltern sind unruhig und ängstlich, voller
Hoffnung, möchten Entlastung erfahren und Hoffnung schöpfen. Es ist eine
Begleitung durch Ängste und Probleme. Im Krankenhaus wird dann die
erschütternde Diagnose einer unheilbaren Erbkrankheit gestellt: Marie wird
nicht mehr lange leben. Das Kooperationsnetz erweitert sich:
Familienhebamme, Kinderkrankenschwester, Haushaltshilfe.
Zitat: „als ich Familie M. besuchte, sah ich ein kleines Mädchen, das kraftloser
denn je war. Marie registrierte mich überhaupt nicht. Ich hielt sie in den Armen
und hatte das Gefühl, dass sie mir sanft und weich entgleiten würde, dass sie
verschwinden würde, wenn ich sie nicht beherzt festhalten würde.“
Unterstützung aus der Familie. Der Großvater lädt ans Meer ein. Die Eltern und
Helfer wägen ab, ob es für die Kleine eine Zumutung oder eine Erleichterung sei
und schließlich fahren sie.
„ Marie erlebte mit ihren Eltern noch 3 wunderbare Tage an der Ostsee. Dort
ist sie gestorben, ihr fehlte die Kraft zu leben.“
Familie M. äußerte sich froh darüber, dass sie mit Marie wenigstens einmal das
Meer erlebt haben. Sie betonten immer wieder, dass sich so viele Menschen
liebevoll um sie gekümmert hätten, als ihre Not so groß war. Das habe ihnen
Halt gegeben und sie fühlten sich nicht alleine mit ihrem Schmerz.
Maria Schinzel schreibt zum Schluss:
„die Erfahrungen, die ich in diesem Fall machen durfte, waren tief bewegend
und trotzdem positiv. Achtsamkeit und Respekt spielten in der Arbeitsweise
aller beteiligten Professionen eine große Rolle. In meiner zukünftigen Arbeit als
Familienhebamme werde ich dieser Erkenntnis noch mehr Raum geben.“
Karima Köhler
Arbeitet als Familienhebamme in der Region Hannover.
Die Kinderklinik in Hannover wendet sich mit der Bitte um
Betreuungsaufnahme an sie. Es handelt sich um eine Migrationsfamilie aus
dem Irak nach der Geburt eines Frühchens in der 27. Schwangerschaftswoche
mit einem Geburtsgewicht von 800 g. Die Mutter ist 10 Tage nach der Geburt
an einem bis dahin nicht erkannten Karzinom verstorben. Die Mutter hatte
einen Aufenthaltsstatus, der Vater nur eine Duldung. Es gibt noch 2 weitere
Kinder, 3 und 5 Jahre alt. Der Vater spricht kein Deutsch, er ist seinem Baby aus
dem anderen Bundesland hinterher gezogen und wohnt nun mit seinen beiden
Kindern wechselnd bei Bekannten. Er ist völlig überfordert mit seiner Situation.
Es kommt zu einem ersten Kontakt von Karima Köhler und der Familie in der
Kinderklinik. Der Vater ist verzweifelt, versteht die Ärzte und Schwestern nicht,
ist völlig übermüdet und erschöpft, sie haben kein Geld und Hunger. Karima
besorgt ihnen in der Cafeteria des Krankenhauses etwas zu essen. Der Vater
kann keine emotionale Beziehung zum Kind aufbauen, eher eine starke
Abwehrhaltung, er gibt dem Kind die Schuld am Tod der Frau. Wäre die
Schwangerschaft nicht gewesen wäre meine Frau noch am Leben, denkt er.
Aufgaben:
 Bindung zum Baby aufbauen- tägliche Besuche in der Klinik
 Finanzielle Unterstützung aufbauen: bis jetzt lebt die Familie von der
Hand in den Mund und bekommt von Freunden etwas geliehen
 Wohnung suchen
 Unterstützendes Netz suchen für das tägliche Überleben
 Kindergartenplätze für die älteren Kinder
 Tagesstrukturen aufbauen
 Sicherheit schaffen
Verhandlungen um materielle Absicherung gestalten sich zäh, Karima schaltet
ihr bekannten und im Ausländerrecht erfahrenen Anwalt ein. Das ist hilfreich
und führt zu gewünschten Erfolgen und der Möglichkeit, auf Wohnungssuche
zu gehen.Als die Wohnung endlich gefunden ist, braucht es die Ausstattung.
 Sach-und Geldspenden aus Karimas eigenem Bekannten und
Freundeskreis
 Unterstützung aus der Stiftung“ Eine-Chance-für-Kinder“
 Freunde und Familie backen Kuchen, der wird auf einem Familienfest
verkauft
Das andere so wichtige Hinwirken auf eine gute Bindung zum Kind: Als der
Vater sich endlich traut, das kleine Kind auf den Arm zu nehmen ist es, als ob
„eine große Sehnsucht nach dem körperlichen Kontakt zu dem Kind entsteht.“
Zitat: „ Hilfreich dabei war aber auch der kleine Säugling selbst, bei dem man
den Eindruck hatte, dass seine Augen das Gesicht und die Augen des Vaters
suchten.“ Diese Reaktion hat dann anscheinend zunehmend das Eis bei dem
Vater gebrochen.
Entlassung des Kindes nach 3 Monaten und einem Gewicht von 2300 g und
damit neue Aufgaben:
 Pflege, Ernährung, Bedürfnisse des Kindes
 Job-Center, Jugendamt, Ausländerbehörde
 Der Vater reagiert verunsichert auf das Schreien des Kindes und braucht
viel Unterstützung
Hilfreich: der Bruder und seine Frau ziehen mit in die kleine Wohnung ein und
unterstützen den Vater bei der Pflege und dem Umgang mit seinem Baby. Sie
werden nach 2 Monaten abgeschoben, aber der Vater ist viel sicherer
geworden.
Am Ende der Begleitung ist die Bindung stabil, die finanzielle Situation
einigermaßen geregelt, der Vater hat einen Deutschkurs besucht und beginnt,
die Sprache zu verstehen. Es gibt über das Jugendamt eine Anschlußhilfe: eine
SPFH.
2013 erhält Karima einen Anruf. Herr X hat wieder geheiratet, eine Frau mit
einer Aufenthaltserlaubnis, auch aus dem Irak. Sie sind wieder schwanger und
bitten Karima um Hebammenbetreuung.
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