Postnatale Adaptation und Reanimation Berndt Urlesberger Professor für Neonatologie Klinische Abteilung für Neonatologie Univ. Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Medizinische Universität Graz Medizinische Universität Graz, Universitätsplatz 3, A-8010 Graz, www.medunigraz.at Anpassung nach der Geburt Akut / Vital: Lunge: Entfernung der Flüssigkeit Belüftung der Lunge (Etablierung einer FRC) Etablierung der Lungenperfusion Etablierung des Systemkreislaufs Adaptation Sauerstoff Nicht-Akut: Mutter-Kind-Bindung (Bonding) Adaptation Wärmehaushalt Adaptation des Verdauungstraktes Eroberung des Raumes B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz Flüssigkeit in der Lunge Fetalzeit – – – – – – Lunge mit Flüssigkeit gefüllt Flüssigkeit wird von Lunge produziert Flüssigkeitsvolumen größer als spätere FRC Volumen wird durch Glottis-Schluss ermöglicht Volumen ist wichtig für Lungenentwicklung Beitrag zum Fruchtwasser 15-20% B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz 1 Entfernung der Flüssigkeit Vor Geburt – Flüssigkeitsproduktion wird reduziert (von 25 auf 18mL/kg)1 Während Geburt – Druck - Uterus und Geburtskanal („Vaginal-squeeze“) – Mittlere Maximale Druck auf Thorax: 145cmH2O 2 – 25-33% der Flüssigkeit wird ausgepresst3 Nach Geburt – Flüssigkeit wird von Atemwegen ins Gewebe übernommen – Vom Gewebe in das Gefäßsystem – Abtransport: Lymph- und Blutgefäße 1 Jain et al, Semin Perinatol 2006, 2 te Pas et al, J Pediatr 2008, 3 Saunders et al, J Pediatr 1978 B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz Flüssigkeits Clearance- postnatal Zurückdrängen der Flüssigkeit – Transpulmonale Druck erhöht sich mit jedem Atemzug – Mit jedem Atemzug wandert die Luft/Flüssigkeits-Grenze tiefer – Die treibende Kraft ist das Einatmen Die Alveolaröffnung öffnet auch die Kapillaren Resorption der Flüssigkeit – Na-Kanäle des Epithels spielen wichtige Rolle – Wechsel: Cl- Sekretion (Fetus) zu Na+ Absorption – Öffnen der Amelorid sensitiven Na+ Kanäle Abtransport der Flüssigkeit Die Luftfüllung ist schneller als der Abtransport in Lymph/Blutgefäßen Damit nimmt das thorakale Volumen zu Der pulmonal-interstitielle Druck steigt von 0,5 auf 6 cmH2O (2h nach Geburt) B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz Flüssigkeits Clearance- postnatal Zurückdrängen der Flüssigkeit – – – – Transpulmonale Druck erhöht sich mit jedem Atemzug Mit jedem Atemzug wandert die Luft/Flüssigkeits-Grenze tiefer Die treibende Kraft ist das Einatmen Die Alveolaröffnung öffnet auch die Kapillaren Resorption der Flüssigkeit – Na-Kanäle des Epithels spielen wichtige Rolle – Wechsel: Cl- Sekretion (Fetus) zu Na+ Absorbtion – Öffnen der Ameloride sensitiven Na+ Kanäle Abtransport der Flüssigkeit – Die Luftfüllung ist schneller als der Abtransport in Lymph/Blutgefäßen – Damit nimmt das intrathorakale Volumen zu – Der interstitielle Druck der Lunge steigt von 0,5 auf 6 cmH2O (2h nach Geburt) Hooper et al, FASEB 2007 B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz 2 Flüssigkeits Clearance - Probleme Unreife der Ionen-Kanäle (Frühgeburtlichkeit) – Niedrige Na+- Kanal Aktivität – TTN, RDS Pathologie im Na+ - Kanal – Na+ Transport defekt – TTN, „wet lung“, RDS Trigger des Wechsels von Cl- Sekretion auf Na+ Absorption – – – – – Katecholamines Glucocorticoide Sauerstoff Surfactant ??? B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz Belüftung der Lunge Eröffnung der Lunge – Transpulmonaler Druck wird benötigt – Eröffnungsdruck: 20 bis 50 cmH2O – Kontraktions-Kapazität des Zwerchfells wichtig – Surfactant reduziert die Oberflächenspannung – unterstützt/ermöglicht damit die Alveolaröffnung Etablierung und Erhaltung der FRC – Kurze Inspiration und verlängerte Exspiration – Inspiration ist die treibende Kraft bei der Etablierung der FRC – Atemfluss der Exspiration wird unterbrochen („expiratory braking“) – Postinspiratorische Aktivität de Zwerchfellmuskulatur – Glottis Verschluss B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz Belüftung der Lunge Normale FRC (30mL/kg) ist etabliert – 2-3 h nach Spontangeburt – 5-6 h nach Kaiserschnitt FRC steigt treppenartig an Das Ausmaß der Belüftung ist in den ersten 2h sehr variabel! B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz 3 Belüftung der Lunge Normale FRC (30mL/kg) ist etabliert – 2-3 h nach Spontangeburt – 5-6 h nach Kaiserschnitt FRC steigt treppenartig an Das Ausmaß der Belüftung ist in den ersten 2h sehr variabel! Siew et al, J Appl Physiol 2009 B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz Belüftung der Lunge Normale FRC (30mL/kg) ist etabliert – 2-3 h nach Spontangeburt – 5-6 h nach Kaiserschnitt FRC steigt treppenartig an Das Ausmaß der Belüftung ist in den ersten 2h sehr variabel! Hooper et al, FASEB 2007 B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz Räumliche Gasverteilung in Lunge Horizontale Position: oben liegende Lungenanteile werden bei Spontanatmung besser belüftet. Die Nähe zum Zwerchfell kann die räumliche Verteilung ebenso beeinflussen. Hooper et al, FASEB 2007 B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz 4 Probleme bei der Belüftung Räumliche Unterschiede bei Belüftung Alveolarkollaps in der Exspiration Etablierung der FRC findet nicht statt Respiratory Distress Respiratory Distress Syndrome Folge: Fehlende Belüftung hat direkte Auswirkung auf die Adaptation des Pulmonalkreislaufs! B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz Unterstützung der Belüftungsprobleme Initial Unterstützung mittels eines positiven EndExspiratorischen Drucks (PEEP) FRC Siew M L et al. J Appl Physiol 2009 B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz Unterstützung der Belüftungsprobleme Initial Unterstützung mittels eines positiven EndExspiratorischen Drucks (PEEP) PEEP Ziel: 5-6 cm H2O Gerät mit Gasfluss ist zu bevorzugen T-Piece Beutel B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz 5 T-Piece vs Beutel Dawson J et al, J Pediatr Child Health, 2011 B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz Adaptation des Kreislaufs B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz Fetale Zirkulation Das Blut fließt an der Lunge vorbei. Die Lungengefäße sind noch eng. Blut aus re Ventrikel geht über Ductus arteriosus in Aorta. B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz 6 Fetale Zirkulation Füllung des li Herzens kommt aus Lunge (wenig) und über Foramen ovale. Blut aus Foramen ovale kommt aus re Vorhof. B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz Fetale Zirkulation Füllung des li Herzens kommt aus Lunge (wenig) und über Foramen ovale. Blut aus Foramen ovale kommt aus re Vorhof. Füllung des re Atriums kommt bis zu 50%. aus der Plazenta Damit ist Füllung des li Herzens abhängig von Plazenta! B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz Neonatale Zirkulation Abklemmen der NS reduziert die Füllung des Herzens signifikant! B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz 7 Neonatale Zirkulation Verlust des Volumens zeigt sich in Abfall des Auswurfs des re Herzens (RVO), und in Reduktion der Herzfrequenz. Slide provided by Stuart Hooper B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz Neonatale Zirkulation Sofortige Flussumkehr im Ductus arteriosus ersetzt Volumsverlust. Abklemmen der NS reduziert die Füllung des Herzens signifikant B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz Pulmonales Blutvolumen und Ductus 50 % ! Offener Ductus ist somit sehr hilfreich für die Aufrechterhaltung des Auswurfsvolumen des re Herzens. Crossley K, et al J Physiol 2009 B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz 8 Zusätzlich hilfreich ist ... ... die Belüftung der Lunge ... bzw Delayed Cord Clamping B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz Spätes Abklemmen der NS verhindert Abfall des Cardiac Output Abklemmen der NS erst nach den ersten Atemzügen erhöht die Lungendurchblutung. Somit kann diese den Verlust des Volumens durch das Abklemmen kompensieren. Das verbessert auch den Auswurf des li Ventrikels. Slide provided by Stuart Hooper B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz Sauerstoff-Sättigung verändert sich nach der Geburt dramatisch B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz 9 Sauerstoff-Sättigung verändert sich nach der Geburt dramatisch Umstellung von einer niedrigen auf eine hohe Sauerstoffversorgung. 25% 65% Die arterielle Sättigung steigt nach der Geburt langsam an. B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz Perzentilen Sauerstoffsättigung Dawson et al, Pediatrics 2010 B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz Aktuelle Empfehlung Reanimation B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz 10 Zusammenfassung Unterstützung der respiratorischen Adaptation – T-Piece Unterstützung der Kreislaufadaptation – Delayed cord clamping, cord milking bei FG (!) Unterstützung der Adaptation an Sauerstoff – Pulsoxymetrie anlegen – SpO2 Ziele beachten B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz Reanimationsplatz LKH Feldbach B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz Reanimationsplatz LKH Feldbach Flow 8-10 L/min Peep 5 cmH2O PIP 25-30 cmH2O B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz 11 Reanimationsplatz LKH Feldbach Flow 8-10 L/min Peep 5 cmH2O PIP 25-30 cmH2O O2-Blender Start NG: 21% !! FG: 30% !! B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz Reanimationsplatz LKH Feldbach Flow 8-10 L/min Peep 5 cmH2O PIP 25-30 cmH2O O2-Blender Start NG: 21% !! FG: 30% !! SpO2 Ziele Graz 5 min: 80% (25P) 10 min: 90% (25P) B. Urlesberger, Div. Neonatology, Medical University Graz 12