Herpesvirus-Erkrankung am Katzenauge

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Erkrankung am Katzenauge
Von Dr. med. vet. Jürg Bolliger Dipl. ECVO
Das Feline Herpesvirus ist weit verbreitet
in der Katzenpopulation. Neben Katzenschnupfensymptomen werden vorwiegend
Veränderungen im Bereich der Augen
beobachtet. Dabei reicht das Spektrum
von der leichten Bindehautentzündung bis
zu gravierenden Hornhautveränderungen
mit Beeinträchtigung des Sehvermögens.
Herpesvirus-Erkrankung
am Katzenauge
Das FVH-1 gehört zur Familie der Alpha-Herpesviren.
Man vermutet, dass um die 80 Prozent der Katzen latent
infiziert sind. Bei ungefähr der Hälfte der infizierten Katzen wird das Virus spontan reaktiviert und gestreut. Eine
Ausbreitung auf Hunde und andere Tierarten, sowie den
Menschen, ist bis heute nicht bekannt.
Das FVH-1 wird durch Herausniesen von Sekreten des
oberen Respirationstraktes übertragen. Bereits 24 Stunden nach Infektionsbeginn kann es gestreut werden. Die
Virusausscheidung erfolgt während einer bis drei Wochen. Die akute Krankheitsphase dauert eine bis zwei
Wochen. Katzenwelpen können bereits in den ersten
Lebenswochen durch das Muttertier angesteckt werden.
Dabei dringt das Virus über die Nasen-Maul-Schleimhaut und über die Bindehaut in den Körper ein und
verbreitet sich über den Rachenraum bis in die Bronchien. Während der Infektion wird auch das Nervengewebe befallen. Dorthin zieht sich das Virus während der
Latenzphase zurück.
Krankheitsbild
Bei der Erstinfektion mit dem FVH-1 zeigen die erkrankten Katzen Schnupfensymptome und beidseitige Bindehautentzündungen. Die Bindehaut ist gerötet
und geschwollen. Der wässrige Augenausfluss wird mit
zunehmender Krankheitsdauer schleimig-eitrig. Es können oberflächliche, kaum erkennbare, Hornhautverletzungen entstehen.
In den meisten Fällen wird die Primärinfektion ohne
bleibende Augenschäden überstanden. Bei Katzenwelpen
können jedoch Bindehautverwachsungen mit den Lidern
und der Hornhaut entstehen. Durch solch ausgedehnte
Verwachsungen kann das Sehvermögen beeinträchtigt
werden. Ist der Bereich der Tränenpunkte mitbetroffen,
bleibt oftmals chronischer Tränenausfluss bestehen. Bei
ausgewachsenen, bereits infizierten Katzen, kann die
Folgeinfektion mit dem FHV-1 eine ein- oder beidseitige
Bindehautentzündung verursachen.
In schweren Fällen ist die Hornhaut mitbetroffen. Blutgefässe wachsen in das Hornhautgewebe und es können
feine, linienförmige oder grossflächige Verletzungen entstehen. Bakterielle Folgeinfekte können zu gravierenden
Komplikationen führen.
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© Katzen Magazin 1/09
Foto: M. Czolgoszewski
Herpesassoziierte Hornhautveränderungen
Hornhautentzündung und -verletzung: Das FVH-1
kann Zellschäden im Bereich der Hornhaut verursachen.
Bei der Ausbreitung entlang der Nerven in den oberflächlichen Hornhautschichten entstehen linienförmige, sich
verzweigende Läsionen. Die obersten Zellschichten können sich auch grossflächig ablösen. Später wachsen Blutgefässe vom Hornhautrand in das Hornhautgewebe ein.
Hornhautsequester: Eine für die Katze einzigartige
Hornhauterkrankung ist die Bildung von Hornhautsequestern. Dabei handelt es sich um eine Degeneration
der Hornhautkollagenfasern, die begleitet wird von der
Einlagerung brauner Pigmentstoffe. Diese entstehen nach
Verletzungen der Hornhaut, FVH-1-Infektionen, aber
auch durch chronische Irritationen von fehlwachsenden
Wimpern oder einrollenden Lidern. Eine Rassenprädisposition wird bei Perser- und anderen brachycephalen
Rassekatzen beobachtet.
Eosinophile Keratitis (Proliferative Hornhautentzündung): Diese Hornhauterkrankung zeichnet sich
durch Gefässeinsprossungen der Hornhaut und durch
Symptome
Bei Katzenwelpen (Erstinfektion)
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Schnupfen mit wässrigem bis schleimig-eitrigem
Augen- und Nasenausfl uss
beidseits gerötete und geschwollene
Bindehäute in stark betroffenen Fällen
Bildung von Entzündungsmembranen und
unterschiedlich ausgeprägten Verwachsungen
der Bindehaut mit den Lidern und der Hornhaut
Hornhautläsionen mit Gefässeinsprossungen
Bei ausgewachsenen Katzen (Folgeinfektion)
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bei 45 % der infi zierten Katzen ist eine
Virusreaktivierung möglich
ein- oder beidseitige Bindehautentzündung
mit oder ohne Atemwegserkrankung
wässriger Augenausfl uss
ein- oder beidseitige Hornhautveränderungen
(Blutgefässe, Trübungen, Verletzungen)
Das FHV-1 wird durch Tröpfchen beim Niesen, aber
auch über die Hände, Futtergeschirre, Katzenkistchen
und Transportboxen übertragen. Der grösste Teil der
infi zierten Katzen bleibt Virusträger. Stressfaktoren
wie Geburt, Laktation, Ferienheimaufenthalt, Neuzugänge von Katzen, Ausstellungen, unterliegende Virusinfektionen (Felines Leukosevirus, Felines Immundefi zienzvirus) und Behandlungen, die das Abwehrsystem
schwächen, können das FVH-1 aktivieren. Das FHV-1
überlebt in der Umgebung ungefähr 18 Stunden.
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weissliche Auflagerungen mit eosinophilen, weissen
Blutzellen aus. Die Ursache dieser Eosinophilen Keratitis ist nicht bekannt. Ein immunbedingter oder allergischer Prozess wird vermutet. Zusätzlich konnten in
zahlreichen Fällen Herpesviren nachgewiesen werden.
Ebenfalls wurde das Auftreten dieser Hornhautentzündung nach FHV-1-Infektionen gesehen.
Komplikationen
Katzenwelpe mit Augenentzündungen und starkem Nasenausfluss.
Verminderte Tränenproduktion: Die virusbedingten
Bindehautverwachsungen können zum Verkleben der
Tränendrüsenausführgänge führen. Vermutlich wird
das Tränendrüsengewebe auch direkt durch die Virusinfektion zerstört. Beide Prozesse führen zu einer verminderten Tränenausscheidung und zum Austrocknen
der Augenoberfläche.
Bakterielle Hornhautinfektion: Das FHV-1 schädigt
die oberflächlichen Zellschichten der Atemwege und
der Augenoberfläche. Dies erhöht das Risiko von sekundären, bakteriellen Infektionen. Bei der Hornhaut
kann dies zu gravierenden Problemen führen. Bakterienenzyme können die Hornhaut innert ein bis zwei
Tagen durchschmelzen. Dies kann einen chirurgischen
Eingriff nötig machen oder sogar zum Verlust des Auges
führen.
Diagnostik
Katze mit Herpesinfektion: Die Bindehaut ist entzündet und aufgequollen.
Bindehautverwachsungen, Gefässeinsprossungen in
die Hornhaut und Hornhautverletzungen sind verdächtig für eine akute oder vorangegangene Herpesinfektion. Feine, linienförmige Hornhautläsionen sind
typisch für eine akute Herpesviruserkrankung. Sind
diese Verletzungen in den oberflächlichsten Schichten
der Hornhaut, können sie nur mit einem Spezialfarbstoff (Rosebengalfärbung) sichtbar gemacht werden.
Die PCR-Untersuchung (Polymerase-Chain-Reaction)
ermöglicht während der akuten Infektion den Nachweis
kleinster Virusgenmengen. In der Virus-Latenzphase
verbleibt das FVH-1 im Nervengewebe und kann nicht
mehr nachgewiesen werden.
Behandlungsmöglichkeiten
Katzenwelpe mit herpesbedingten Bindehaut-Lid-Verwachsungen, die
zum totalen Visusverlust führten.
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Es gibt keine Behandlung, die das FVH-1 aus dem
Körper eliminieren kann. Die Therapien zielen auf eine
Hemmung der Virusvermehrung ab. Dazu werden virushemmende Augentropfen oder Tabletten (Virostatika)
eingesetzt. Die Virostatika werden vor allem beim Auftreten von Bindehautverwachsungen, Hornhautschädigungen und bei langem Krankheitsverlauf angewendet.
Da das FVH-1 Schädigungen der Gewebeoberflächen
verursacht, werden zusätzlich zur Verhinderung von bakteriellen Folgeinfektionen Antibiotika verabreicht.
Bei kurzem, unproblematischem Krankheitsverlauf zielt
die Behandlung vorwiegend auf eine Abschirmung vor
Sekundärinfektionen ab. Leiden die Katzen unter starkem
Schnupfen, kann der Geruchssinn ausgeschaltet werden
und der Appetit ausbleiben. Solche Patienten müssen zur
intensiven Betreuung hospitalisiert werden.
Katzenwelpen sind gefährdet für Bindehautverwachsungen. Zuerst bilden sich zähe Membranen, die die Lider
verkleben. Ein regelmässiges Lösen dieser Entzündungsmembranen kann die Ausdehnung der Verwachsungen
reduzieren. Führen die Verwachsungen zu einer starken
Beeinträchtigung des Sehvermögens, kann mittels Chirurgie versucht werden, ein Teilsehrvermögen zu erhalten.
Rezidive sind jedoch häufig. Grossflächige, nicht-heilende
Hornhautverletzungen können ein chirurgisches Eingreifen nötig machen. Dabei wird die Hornhaut oberflächlich abgetragen, um die Heilung zu aktivieren. Die
Aminosäure L-Lysin wird über das Futter verabreicht. Sie
scheint die Virusvermehrung und -ausscheidung sowie
die Krankheitssymptome zu reduzieren.
Ausgewachsene Katze mit alter Bindehautverwachsung auf der Hornhaut
(linke Hornhautseite).
Krankheitsprophylaxe
In Katzenzuchten, Tier- und Ferienheimen ist das Ansteckungsrisiko besonders hoch. Obwohl die Katzenschnupfenimpfung keinen hundertprozentigen Infektionsschutz
bietet, scheinen die Krankheitssymptome sowie die
Virusausscheidung bei geimpften Katzen reduziert zu
sein. Nach der Grundimmunisierung wird eine jährliche
Impfauffrischung empfohlen. Bei der Kätzin sollte die
Auffrischimpfung vor dem Decken durchgeführt werden. Das Stresspotenzial sollte innerhalb der Katzengruppen möglichst gering gehalten werden (kleine Gruppen,
Versteckmöglichkeiten, wenig Zu- und Abgänge). Neue
Katzen sollten zuerst während zwei Wochen isoliert werden. Auch Katzen, bei denen Schnupfenanzeichen auftreten, sollten von der übrigen Gruppe getrennt werden.
Katzenmütter mit ihren Welpen sollten nicht zusammen
mit anderen Katzen gehalten werden, bis die Jungtiere
geimpft sind. Um das Virus nicht innerhalb von Katzengruppen zu verschleppen, ist auf eine gute Hygiene zu
achten. Futternäpfe, Katzenkistchen und z.B. Bürsten
können kontaminiert sein und müssen sorgfältig gereinigt und gegebenenfalls desinfiziert werden. Die Hände
sollten vor dem Kontakt mit anderen Katzen gründlich
gewaschen und desinfiziert werden.
Mit Rosebengal-Farbstoff sichtbar gemachte linienförmige, oberfl ächliche Hornhautschädigungen (oben).
Brauner Hornhautsequester im Hornhautzentrum mit sekundärer, bakterieller Infektion (gelber Hof).
Fotos: zVg
Weitere Informationen
Dr. med. vet. Jürg Bolliger Dipl. ECVO
Fachtierarzt für Augenerkrankungen
Kieferstrasse 2, CH-4665 Oftringen
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