Die großen Pyramiden in Rezeptionsgeschichte und Grenzwissenschaften Datum: 05.06.2010 Seminar: Saqqara und Giza im frühen Alten Reich Seminarleiter: J. Bock Referentin: M. Schön Die Pyramiden von Gizeh Erbaut wurden die Pyramiden wohl etwa zwischen 2620 bis 2500 v. Chr. in der 4. Dynastie. Die größte wird Cheops zugeschrieben, die zwei kleineren Chephren und Mykerinos. Der Sphinx wird meist in die Erbauungszeit der Pyramiden datiert und soll Chephren oder Cheops darstellen. Trotz dem unbestritten ist, dass der Sphinx männlich ist, wird er oft als „die Sphinx“ bezeichnet. Dies tun in populärwissenschaftlichen Zusammenhängen, etwa Fernsehreportagen, auch anerkannte Wissenschaftler. In den Grenzwissenschaften wird der Sphinx jedoch auch in „wissenschaftlichen“ Aufsätzen weiblich benannt. Herodot Der griechische Autor aus Halikarnass schrieb im 5. Jh. v. Chr. Er beschreibt unter anderem das Ägypten seiner Zeit, dass er wohl auch, zumindest in Teilen, selbst besucht hat. Herodot berichtet, dass Cheops als grausamer König seine Untertanen zur Arbeit an seiner Pyramide zwang. Er beschreibt, dass zum Bau ein riesiger Weg angelegt wurde, dessen Anlage allein 10 Jahre gedauert haben soll. Der Bau der Pyramide soll weitere 20 Jahre gedauert haben. Herodot gibt seine Meinung zum Bauhergang wieder und die Kosten des Baus, die ihm ein Übersetzer vorgelesen haben soll. Danach nennt er die Pyramide des Chephren und die des Mykerinos, die kleiner sei, weil dieser sein Volk nicht mehr ausgebeutet habe. Die 7 Weltwunder Von der Antike bis in die heutige Zeit gibt es eine Liste mit sieben Weltwundern. Die Wunder sind nicht in jeder Auflistung die gleichen, die Pyramiden kommen jedoch in praktisch jeder vollständig überlieferten Liste vor. Das „Wundersame“ ist zum einen natürlich die reine Größe der Bauwerke, zum anderen aber auch, mit Bezug auf Herodot, die Tatsache, dass die Pyramiden keine Schatten würfen. Diodor schreibt, es bestehe die Ansicht, ein solches Werk könne gar nicht Stück für Stück von Menschen geschaffen worden sein, sondern müsse von einem Gott auf einmal und als Ganzes in die umliegende Sandlandschaft hineingestellt worden sein. Als einziges erhaltenes Weltwunder der Antike regten die Pyramiden auch im Mittelalter die Fantasie der Menschen an. So wurden die Pyramiden, durch christliche Vorstellungen geprägt, als die Getreidespeicher des Josef gedeutet. Die Abbildung zeigt einen Stich von Maarten van Heemskerck von 1572. Die Darstellung scheint deutlich von der Beschreibung Strabons 1 beeinflusst, allerdings wird deutlich, dass der Künstler keine echte Vorstellung von dem Aussehen der Pyramiden hatte, viel eher orientiert er sich an dem Aussehen von Obelisken, die im Gegensatz zu Pyramiden in Europa vorhanden waren. Grenzwissenschaften Als Grenzwissenschaften, auch „Pseudowissenschaften“, bezeichnet man Fachrichtungen, die sich scheinbar wissenschaftlicher Fragestellungen annehmen, deren Ergebnisse allerdings oft nicht nachvollziehbar sind und von der gängigen Lehrmeinung teils deutlich abweichen. Es gibt natürlich auch Menschen und Meinungen die zwischen den Stühlen sitzen, die man als „Grenzwissenschaftler“ bezeichnen kann. Da ist besonders Dr. Zahi Hawass zu nennen, der unter Ägyptologen als unwissenschaftlich verrufen ist, von Paläo-Seti-„Forschern“ hingegen als der konservative, vertuschende Ägyptologe par excellence verachtet wird. Prä-Astronautik Die Prä-Astronautik beschäftigt sich mit der These, dass in früheren Zeiten der Menschheitsgeschichte Außerirdische die Erde besuchten und somit die menschlichen Kulturen massiv beeinflusst haben. Die Menschen sollen in diesen Außerirdischen Besuchern Götter gesehen haben. Zu unterscheiden ist die Archäoastronomie, die gemeinsame Wurzeln mit der Prä-Astronautik hat, aber wissenschaftlich fundiert betrieben wird. Die wichtigste Institution der Prä-Astronautik ist die A.A.S. GmbH, Forschungsgesellschaft für Archäologie, Astronautik und SETI (Search for Extraterrestrial Intelligence), die von Erich von Däniken geleitet wird. „Verbotene Ägyptologie“ 1998 fand der „Erste Weltkongress über Verbotene Archäologie“ in Berlin statt, veranstaltet von Erdogan Ercivan. Dessen Auffassung von Ägyptologie veranschaulicht folgendes Zitat: „Die deutschen Ägyptologen Dr. Rainer Hannig und Dr. Petra Vomberg vertreten die unsinnige Theorie, dass dieses Dreikonsonantenzeichen [Anch] sich ursprünglich von einem ‚Sandalenriemen’ ableitete. Was ein Sandalenriemen außer einem möglichen ‚Knoten’ allerdings mit dem ägyptischen Lebenssymbol gemeinsam haben soll, bleibt das Geheimnis der hochgelobten Forscher. Deshalb bin ich für eine vernünftige Lösung und bevorzuge eine andere These: Ist es vielleicht nicht möglich, dass wir hier die früheste Darstellung einer männlichen Samenzelle sehen?“ Im Allgemeinen bezeichnen Hobby-Archäologen mit dem Terminus Verbotene Archäologie und im besonderen Verbotene Ägyptologie die Phase in der Wissenschaft die angeblich stattfindet zwischen dem Ausgraben eines Fundes und der Publikation, in dieser Phase sollen die Wissenschaftler sich mit der wahren Erforschung des Objekts beschäftigen und entscheiden, welche Stücke und Erkenntnisse sie der Öffentlichkeit vorenthalten wollen. Verschiedene Thesen Im Folgenden sind einige Thesen verschiedener Vertreter der Paläo-SETI und anderer Forschungsrichtungen wiedergegeben. Einige davon, besonders Erich von Däniken, sind sehr erfolgreiche Sachbuchautoren. Graham Hancock und Robert Bauval: „Das Rätsels Lösung liegt natürlich auf der Hand; sie ist jedoch dem vorherrschenden modernen Denken so zuwider, dass sie selten erörtert wird. Die ägyptische Zivilisation war keine ‚Entwicklung’, sie war ein Vermächtnis.“ 2 Erich von Däniken: Der Gott Re fährt mit seiner Barke, das heißt seinem Raumschiff, am Himmel und nimmt auch den König mit. Die Höhe der Großen Pyramide mit einer Milliarde multipliziert ergibt in etwa die Distanz zur Sonne. Die Pyramide liegt im Schwerpunkt der Kontinente. Laut einer koptischen Überlieferung wurden die Pyramiden vor der Sintflut erbaut. Laut Herodot seien seit 341 Generationen keine Götter mehr unter den Menschen gewesen. Diese und andere Argumente sprächen dafür, dass die Pyramiden von außerirdischen „Göttern“ gebaut wurden, weit vor der Zeit des Cheops. Die Große Pyramide wurde nicht von Cheops erbaut: Die einzigen Hinweise auf eine Erbauung durch Cheops seien Herodot und ein „Graphiti“ in der Entlastungskammer, dessen Echtheit er anzweifelt. Ebenso sei Herodot als einzige antike Quelle, die Cheops als Urheber nennt, unglaubwürdig. Bei den Arbeiterhinterlassenschaften, die in die Zeit des Cheops datiert werden, handele es sich um Wallfahrerhinterlassenschaften. Däniken behauptet, die Ägypter seien zu der Zeit des Cheops nicht in der Lage gewesen ein derartiges Bauwerk zu schaffen. Erdogan Ercivan: Werner von Siemens stand auf der Spitze der Großen Pyramide, er streckte den Finger nach oben und spürte elektrisches Prickeln. Daraufhin baute er sich einer Leidener Flasche und hielt diese über seinen Kopf, die Flasche füllte sich derart mit Elektrizität, dass er Menschen einen Schlag versetzen konnte indem er die Flasche auf sie richtete. Dies beweise besondere elektromagnetische Eigenschaften der Pyramide. 1973 wurden in der Großen Pyramide radioaktive Messwerte festgestellt. Dies sei darauf zurückzuführen, dass die Pharaonen Radioaktivität messen konnten und gezielt nutzten, indem sie radioaktiven Granit zum Schutz des Bauwerks verbauten. Die Pyramiden stellen die „Dreifaltigkeit“ Horus/Isis/Osiris dar. Dr. Klaus-Ulrich Groth: H.S. Lewis publizierte 1988 Pläne, die während des Napoleon Feldzugs erstellt wurden und in der Zwischenzeit in Freimaurerkreisen gehütet wurden. Demnach beinhaltet die große Pyramide eine bislang unentdeckte Kammer im oberen Drittel. Desweiteren soll es unterirdische Verbindungsgänge zwischen dem Sphinx und den drei großen Pyramiden geben. Ebenso gäbe es unterhalb des Sphinx eine tempelartige Anlage (siehe Abbildungen) 3 Zahlenmystik Problematisch bei den meisten Zahlentheorien ist, dass sie die Maße der Pyramiden in modernen Längenmaßen (Meter oder Fuß) oder antiken griechischen (Plethron, Elle…) angeben. Teilweise wird versucht aus der Größe der Steine und der gesamten Pyramide auf die verwendete ägyptische Maßeinheit zurückzurechnen. Objektiv feststellbar sind nur Verhältnisse und Winkel, wobei bei den Winkeln nicht klar ist, ob und welches Winkelmaß die Erbauer verwendeten. Die Böschungswinkel betragen jeweils etwa 51°, weichen aber leicht voneinander ab. Verschiedene Theorien beschäftigen sich mit dem Verhältnis der Längen. John Taylor: U(Grundquadrat) / 2*h = 3,144 ~ π William Matthew Flinders Petrie: Die Königskammer folgt pythagoreischen Größenverhältnissen. Die Länge der Kammer verhält sich zum Umkreis um ihre Seitenwand wie 1: π (siehe Abbildungen) Astronomie Dr. rer. nat. Hans Jelitto (Scientologe): Jelitto zieht aus Volumenrelationen der Pyramiden untereinander, die er mit den Planeten Erde, Venus und Merkur vergleicht, den Schluss, dass die Pyramiden diese Planeten darstellen. Da diese aber nur alle 3600 Jahre in dieser Konstellation stehen, müsse die Entstehungszeit 400 Jahre früher sein als bisher angenommen. Warum ausgerechnet der errechnete Standort der Sonne nicht besonders markiert ist lässt er offen. Des Weiteren meint er in der Struktur der verbauten Steine Beweise gefunden zu haben, dass diese verlustfrei gebrochen wurden. Auffällig ist die sehr genau Ausrichtung der Pyramiden an den Himmelsrichtungen. Die Nordabweichungen der Cheopspyramide beträgt nur 2’47’’ an der Westkante und 3’26’’ an der Ostkante. Es gibt verschiedene Theorien zu der Ausrichtungsmethode, genannt werden Auf- und Untergang von Sternen, Zirkumpolarsterne und der Lauf der Sonne. Der „Orion-Theorie“ nach, folgt die Anordnung der Pyramiden in Gizeh der des Gürtels des Orion. Diese Theorie wurde unter anderem von Bauval entwickelt. 4 Fazit Plinius der Ältere nennt die Pyramiden eine unnütze und dumme Zurschaustellung des Reichtums der Könige. Daran sehen wir, dass schon in der Antike Wissenschaftler zu profansten Erklärungsmodellen gelangt sind. Allerdings wurden bereits in der Antike göttliche und magische Erklärung herangezogen, da die Größe der Pyramiden unmenschlich erschien. Dies hält bis heute an, auch wenn „die Götter“ durch „die Außerirdischen“ ersetzt wurden. Die Fronten zwischen Wissenschaft und Pseudowissenschaft sind extrem verhärtet, was dazu führt, dass eventuell interessante Argumente der Pseudowissenschaftler sofort verworfen werden. Dies hat außer wissenschaftlicher Stagnation auch zur Folge, dass sich die Pseudowissenschaftler als Opfer darstellen können, was Ihnen weiteren Zulauf beschert. Trotz aller ideologischen Kämpfe und teils abstrusen Ideen zur Bedeutung der Pyramiden, bleibt der Nutzen für die Ägyptologie, die Aufmerksamkeit, die fantastische Erklärungen unserem Fach zuteil werden lässt. Literatur K. Brodersen, Die sieben Weltwunder. Legendäre Kunst- und Bauwerke der Antike (München 2007) L. Bürgin, Rätsel der Archäologie. Unerwartete Entdeckungen. Unerforschte Monumente (München 2006) E. v. Däniken, Die Augen der Sphinx. Neue Fragen an das alte Land am Nil (München 1991) E. v. Däniken, Erinnerungen an die Zukunft. Ungelöste Rätsel der Vergangenheit (Düsseldorf 1969) E. v. Däniken (Hrsg.), Jäger verlorenen Wissens. Auf den Spuren einer verbotenen Archäologie (Rottenburg 2007) E. Ercivan, Verbotene Ägyptologie. Rätselhafte Wissenschaft und Hochtechnologie der Pharaonen (Rottenburg 2007) Herodot, Neun Bücher zur Geschichte. Mit einer Einleitung von Lars Hoffmann (Wiesbaden 2007) P. Tompkins, Cheops. Die Geheimnisse der Großen Pyramide - Zentrum allen Wissens der alten Ägypter (Bern 1976) Seminar: „Archäoastronomie“, Leitung: A. Müller-Karpe, Sommersemester 2009, Uni Marburg http://www.sagenhaftezeiten.com/ http://www.focus.de/wissen/wissenschaft/grenzwissenschaften-kongress-derketzer_aid_171166.html http://www.pyramiden-jelitto.de/ 5