Vorlesung vom 30.01

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Kern- und Teilchenphysik
Einführung in die Teilchenphysik:
• Schwere Quarks
• Leptonen und Schwache Wechselwirkung
• Paritätsverletzung
Wiederholung letzte Stunde: Ergebnisse der
CMS-Kollaboration vom LHC, CERN
Die Φ−Resonanz und „seltsame“ Quarks
Seltsamkeit oder Strangeness
Kaonen und andere "seltsame" Teilchen werden in der starken und elektromagnetischen W.W. assoziiert mit einem "antiseltsamen„ Teilchen produziert.
Obwohl sie Hadronen sind, zerfallen sie nur durch schwache Wechselwirkung
in andere Hadronen.
Strangeness Quantenzahl S
S ist bei allen starken und elektromagnetischen Prozessen erhalten.
Bei schwachen Zerfällen ändert sie sich:
K+: S = +1
K- : S = −1
Φ: S = 0
Quarkinhalt von Kaonen
Im Quarkmodell wird Strangeness durch einen dritten Quarkflavour
berücksichtigt: "Strange"- oder s-Quark
Der Quarkinhalt des Φ-Mesons
Es zerfällt durch Fragmentation. Ein uu- bzw. dd-Paar wird gebildet, aus dem
zusammen mit dem ss -Paar Kaonen entstehen. Die Zerfallsbreite ist wegen
des kleinen Phasenraums, auf Grund der hohen Kaonenmasse, schmal.
Fragmentation des Φ in Kaonen
Fragmentation des Φ in ρ- und π-Mesonen
Zweig Regel:
Prozesse mit durchlaufenden
Quarklinien sind bevorzugt.
Links: Prozess um αs3 unterdrückt
Rechts: Prozess um αs2 unterdrückt
Quarkonia: J/Ψ− und ϒ− Resonanzen
1974 wurde am SPEAR und gleichzeitig am BNL bei √s = (3074 MeV) eine
68 keV schmale Resonanz entdeckt und als Meson identifiziert. Sie besteht
aus einem schweren Quark-Antiquark-Paar (Quarkonia).
J/Ψ Masse: m(J/Ψ) = 3074 MeV/c2 Jπ = 1−
Quarkinhalt des J/Ψ
c = Charm-Quark
Zerfall des J/Ψ
Das J/Ψ kann nicht durch Fragmentierung, (uu, dd )-Erzeugung in
D-Mesonen zerfallen.
Es existieren noch weitere schmale Resonanzen unterhalb der DD-Schwelle:
Ψ', Ψ'' (angeregte Zustände von J/Ψ)
Nobelpreis 1976 an Richter (e+e-) und an Ting (pp) für Entdeckung des J/Ψ
Die ϒ−Resonanzen
Sie wurden ursprünglich durch hadronische Produktion von pp entdeckt.
Später wurden sie auch in Elektron-Positron-Stößen erzeugt.
Bei s » (10 GeV)2 wurden mehrere scharfe Resonanzen mit Jπ = 1−
entdeckt und sogenannten Quarkoniazuständen des b = bottom oder
beauty-Quark zugeordnet.
Bottom-Quark
Das ϒ kann ebenfalls nicht in B-Mesonen zerfallen.
Zusammenfassung Quarks
173 GeV/c2
Weitere Quantenzahlen
Das Top-Quark oder
Truth-Quark wurde am
Tevatron, Fermilab 1995
entdeckt.
Flavour-Quantenzahl hat immer per Konvention das gleiche
Vorzeichen wie die Ladung des entsprechenden Quarks.
Antiquarks haben immer umgekehrte Vorzeichen bei den Größen
und Quantenzahlen B, I3, S, Q/e, aber nicht bei J und I.
Wiederholung: Elektron, Myon, Tau Leptonen
Bei Schwerpunktsenergien von
werden Myonen,
also ‚schwere Elektronen‘ erzeugt.
Die Entdeckung des Tau 1975 in Stanford
e+ + e- → τ + + τ -
Vergleiche mit Mott-Streuung!
Bei Schwerpunktsenergie von 2 ⋅1784 MeV wurden die schwersten Leptonen erzeugt,
die τ+τ--Paare mit invarianten Massen von je
= 1,784 GeV/c2.
Tauonen sind beinahe doppelt so schwer wie Protonen oder Neutronen.
Leptonenuniversalität
Die Wirkungsquerschnitte der Reaktionen
e+e- → µ+µ- und → τ+τ− als Funktion von
liegen auf einer Kurve.
Elektron, Myon und Tau unterscheiden sich
(ausser den Massen) in ihren Reaktionen nicht!
Wiederholung: Z0-Resonanz
Bei s = (91,2 GeV)2 wurde am PEP und LEP eine weitere Resonanz
gefunden, das Z0. Sie wurde 1983 von C. Rubbia mit pp- Kollisionen entdeckt.
Es ist ein „schweres Photon“, ein Feldquant der schwachen Wechselwirkung.
Q/e = 0 , J = 1
Es existieren auch geladene Vektorbosonen der schwachen Wechselwirkung
W+ ,W - mit Q/e = 1, Q/e= -1 und MW = 80,05 GeV/c2
Schwache Wechselwirkung: β-Zerfall des Neutrons
β-Zerfall des Neutrons:
n → p + e− + ν e
• fundamentaler Prozess der schwachen Wechselwirkung.
• Lebensdauer τ ist relativ lang: τ ~
1
λ
,
λ ~  ∫ψ *f V (r ) ψ i d 3r 
2
lange τ impliziert kleine Übergangsrate λ, ‘schwache’ WW im Matrixelement V(r)
Vergleich mit ∆ Resonanzzerfall: ∆+ → p + π°, ein starker WW Prozess,
mit τ = 5.7 x 10-24 sec!
• Präzisionsstudien des Neutronzerfalls sind wichtige Tests für das
“Standard Modell” der fundamentalen Wechselwirkungen.
• Fermi –Theorie: Interaktion ist punktförmig, das bedeutet das Neutron
verschwindet und die Zerfallsprodukte entstehen fast gleichzeitig am gleichen Ort.
• Modernes Bild:
(MW = 80 GeV; R~ 0.002 fm)
-
W Boson
Neutron-Zerfall Energie-Spektrum
−
n → p + e + νe
e Spektrum
(mν = 0, Kν = pν )
e−
p
n
νe
“vor Zerfall”
“danach”
1) mn = m p + me + K p + K e + Kν
r
r
r
2) p p + pe + pν = 0
“Q – Wert”:
(Energieerhaltung)
(Impuls)
(Q > 0 damit Zerfall, Reaktion stattfindet)
Q ≡ mn − m p − me = K p + K e + Kν
von Particle Data Group:
http://pdg.lbl.gov/
Q = 0.78233 ± 0.00006 MeV
Lebensdauer: τ = 885.7 ± 0.8 sec
Andere schwache Prozesse, Leptonenzahl
+
1) p → n + e + ν e
−
“β+ Zerfall” in einen Kern, der energetisch
günstiger ist, z.B. Zerfall 25Al→25Mg
2) p + e → n + ν e
“Electron capture” oder EC Zerfall in einem Kern;
Elektron von innerer Schale wird eingefangen.
3) ν e + p → n + e +
“Antineutrino -Einfang”, von Reines & Cowan
genutzt um Antineutrino zu messen.
Wichtig:
Das Elektron und Anti-Neutrino entstehen zusammen;
das Positron und Neutrino entstehen zusammen .
Neue Erhaltungszahl , die “Leptonenzahl”, Le :
 e− 
  haben Le = + 1 ;
ν 
 e
 e+

ν
 e

 haben Le = − 1


Empirisches Erhaltungsgesetz: Le = constant
→
ν e und ν e sind verschieden !!
Mehr über die Leptonenzahl
Le
Lµ
Lτ
Es existieren drei “Generationen” oder “Familien”
von Leptonen, die man gemessen hat (mit
anwachsender Masse: e, µ, τ). Jede Generation
hat einen eigenen damit assoziierten NeutrinoTyp und eine separat erhaltenen Leptonenzahl.
d.h. separat sind Elektron-Leptonenzahl, MyonLeptonenzahl, Tau-Leptonenzahl erhalten.
Beispiel: Muon-Zerfall: Zwei verschiedene Neutrinos
werden emittiert. Beweis: Spektrenform
PDG listing:
µ − → e− + ν e + ν µ
Noether-Theorem
• Noether Theorem:
Jede Symmetrie impliziert eine Erhaltungsgröße
Wie sieht es in der schwachen Wechselwirkung aus?
Ladungskonjugation, Paritätstransformation, Zeitumkehr
• Teilchen wird in sein Antiteilchen übergeführt und umgekehrt.
•
Alle internen Quantenzahlen wechseln das Vorzeichen. (Baryonzahl, Leptonzahl, Isopin, etc)
•
Masse, Energie, Impuls und Spin bleiben unverändert.
C Teilchen = Teilchen
• Punktspiegelung der Ortskoordinaten am Ursprung.
•
polare Vektoren und Pseudoskalare ändern Vorzeichen.
•
Skalare und Pseudovektoren bleiben unverändert.
r
r
r → −r
• rechtshändiges Koordinatensystem wird in linkshändiges umgewandelt.
•
Zeit läuft rückwärts.
•
Impulse und Drehimpulse wechseln Vorzeichen.
•
Alle anderen Größen bleiben unverändert.
t → −t
Ergänzung: Paritätstransformation
Paritätstransformation
• Punktspiegelung der Ortskoordinaten am Ursprung.
•
polare Vektoren und Pseudoskalare ändern Vorzeichen.
•
Skalare und Pseudovektoren bleiben unverändert.
r
r
r → −r
• rechtshändiges Koordinatensystem wird in linkshändiges umgewandelt.
• polare Vektoren (z.B. Ort; Geschwindigkeit; Impuls; Beschleunigung; E-Feld ) kehren unter
Paritätstransformation ihr Vorzeichen um
• axiale Vektoren (z.B. Drehimpuls; Spin; B-Feld) behalten ihr Vorzeichen bei
• echte Skalare (Skalarprodukte aus zwei polaren oder zwei axialen Vektoren) kehren
Vorzeichen nicht um
• Pseudoskalare (Skalarprodukte aus einem polaren und einem axialen Vektor) ändern ihr
Vorzeichen
r
Was macht die Paritätstransformation mit einem Koordinatensystem: r
“Normal” rechts-händiges kartesisches System:
iˆ × ˆj = kˆ
z
x’ = -x
y’ = -y
y
x
z’ = -z
Inversion der Koordinatenachsen: x’ = -x, etc. → System ist links-händig:
iˆ ' × ˆj ' = − kˆ '
r
⇒ −r
Paritätstransformation von pseudoskalarer Größe
r
J
Betrachte Drehimpuls (axialer Vektor) des Atomkerns J vor
dem β-Zerfall und den Impuls (polarer Vektor) des emittierten
Elektrons (Positrons).
θ
r
pe
Elektronenemissionswinkel
Paritätstransformation:
Drehimpuls :
Linearimpuls:
θ ~
r r
J • pe
r
r
r ⇒ −r
r
r
r
r
r dr
r −d r 
J ~ r×
⇒ (− r )× 
 ~ J
dt
 dt 
r
r
r
r
dr
−d r
p ~
⇒
~ −p
dt
dt
r r
r r
J•p ⇒ − J•p
Beobachter der in einem Paritätstransformierten Koordinatensystem
misst, beobachtet die umgekehrte
Korrelation von Impuls des e- und J.
Paritätsverletzung im Beta-Zerfall
Experiment von C.S. Wu (1957), motiviert durch Vorschlag von
T.D. Lee & C.N. Yang (1956, Nobelpreis 1957), demonstriert,
dass die schwache WW die Parität verletzt.
60
27 Co
→
60
28 Ni
+ e− + ν e
Schlüsselgröße: Wenn Kobaltkerne in einem Magnetfeld bei niedrigen
Temperaturen polarisiert werden, werden die Elektronen bevorzugt in entgegengesetzter Richtung zur Richtung des Kernspins emittiert.
r
J
θ
r
pR
60
27 Co
“vorher”
( J π = 5+ )
60
28 Ni
e−
r
pe
νe
(J π = 4+ )
“danach”
Paritätsverletzung: 60Co Beta-Zerfallsschema
5+
60
27 Co
4+
e−
γ (1173 keV)
ν
2+
γ (1332 keV)
0+
60
28 Ni
60
27 Co
60
28 Ni
• Zwei γ-Strahlen mit 1173 und 1332 keV (Anwendung: Kobalt -Strahlungstherapie!)
• Hoher Spin von 60Co plus magnetische Eigenschaft bedeutet, daß 60Co in starkem
B-Feld polarisiert und somit räumlich orientiert werden kann.
• Winkelverteilung der beiden γ-Quanten zeigt Grad der Polarisation der 60Co Kerne.
Originalarbeit: C.S. Wu et al., Phys. Rev. 105, p. 1413 (1957)
To PMT
γ − counter
B field
(up or down)
light guide
(warm =
unpolarized)
β scintillator
γ − counter
γ anisotropy measures nuclear polarization
Paritätserhaltung, Paritätsverletzung
Gesetze der Physik sollen unabhängig vom Koordinatensystem sein!
Die Wahl von rechtshändigen oder linkshändigen kartesischen Koordinaten
kann vollkommen zufällig sein. Wir sollten die gleichen Antworten
(Messergebnisse) in beiden Systemen erhalten.
Das gilt für Gravitation, starke und elektromagnetische
Wechselwirkung.
Das gilt jedoch nicht für die schwache Wechselwirkung!!!
r r
J • p hat umgekehrtes Vorzeichen in LH- und RH -Systemen
r r
→ Es ergibt sich eine ausgezeichnete Korrelation − J • p , die auch
gemessen wird.
Beta-Zerfall “bevorzugt” ein LH Koordinatensystem
→ Paritätssymmetrie ist gebrochen!
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