Kern- und Teilchenphysik Einführung in die Teilchenphysik: • Schwere Quarks • Leptonen und Schwache Wechselwirkung • Paritätsverletzung Wiederholung letzte Stunde: Ergebnisse der CMS-Kollaboration vom LHC, CERN Die Φ−Resonanz und „seltsame“ Quarks Seltsamkeit oder Strangeness Kaonen und andere "seltsame" Teilchen werden in der starken und elektromagnetischen W.W. assoziiert mit einem "antiseltsamen„ Teilchen produziert. Obwohl sie Hadronen sind, zerfallen sie nur durch schwache Wechselwirkung in andere Hadronen. Strangeness Quantenzahl S S ist bei allen starken und elektromagnetischen Prozessen erhalten. Bei schwachen Zerfällen ändert sie sich: K+: S = +1 K- : S = −1 Φ: S = 0 Quarkinhalt von Kaonen Im Quarkmodell wird Strangeness durch einen dritten Quarkflavour berücksichtigt: "Strange"- oder s-Quark Der Quarkinhalt des Φ-Mesons Es zerfällt durch Fragmentation. Ein uu- bzw. dd-Paar wird gebildet, aus dem zusammen mit dem ss -Paar Kaonen entstehen. Die Zerfallsbreite ist wegen des kleinen Phasenraums, auf Grund der hohen Kaonenmasse, schmal. Fragmentation des Φ in Kaonen Fragmentation des Φ in ρ- und π-Mesonen Zweig Regel: Prozesse mit durchlaufenden Quarklinien sind bevorzugt. Links: Prozess um αs3 unterdrückt Rechts: Prozess um αs2 unterdrückt Quarkonia: J/Ψ− und ϒ− Resonanzen 1974 wurde am SPEAR und gleichzeitig am BNL bei √s = (3074 MeV) eine 68 keV schmale Resonanz entdeckt und als Meson identifiziert. Sie besteht aus einem schweren Quark-Antiquark-Paar (Quarkonia). J/Ψ Masse: m(J/Ψ) = 3074 MeV/c2 Jπ = 1− Quarkinhalt des J/Ψ c = Charm-Quark Zerfall des J/Ψ Das J/Ψ kann nicht durch Fragmentierung, (uu, dd )-Erzeugung in D-Mesonen zerfallen. Es existieren noch weitere schmale Resonanzen unterhalb der DD-Schwelle: Ψ', Ψ'' (angeregte Zustände von J/Ψ) Nobelpreis 1976 an Richter (e+e-) und an Ting (pp) für Entdeckung des J/Ψ Die ϒ−Resonanzen Sie wurden ursprünglich durch hadronische Produktion von pp entdeckt. Später wurden sie auch in Elektron-Positron-Stößen erzeugt. Bei s » (10 GeV)2 wurden mehrere scharfe Resonanzen mit Jπ = 1− entdeckt und sogenannten Quarkoniazuständen des b = bottom oder beauty-Quark zugeordnet. Bottom-Quark Das ϒ kann ebenfalls nicht in B-Mesonen zerfallen. Zusammenfassung Quarks 173 GeV/c2 Weitere Quantenzahlen Das Top-Quark oder Truth-Quark wurde am Tevatron, Fermilab 1995 entdeckt. Flavour-Quantenzahl hat immer per Konvention das gleiche Vorzeichen wie die Ladung des entsprechenden Quarks. Antiquarks haben immer umgekehrte Vorzeichen bei den Größen und Quantenzahlen B, I3, S, Q/e, aber nicht bei J und I. Wiederholung: Elektron, Myon, Tau Leptonen Bei Schwerpunktsenergien von werden Myonen, also ‚schwere Elektronen‘ erzeugt. Die Entdeckung des Tau 1975 in Stanford e+ + e- → τ + + τ - Vergleiche mit Mott-Streuung! Bei Schwerpunktsenergie von 2 ⋅1784 MeV wurden die schwersten Leptonen erzeugt, die τ+τ--Paare mit invarianten Massen von je = 1,784 GeV/c2. Tauonen sind beinahe doppelt so schwer wie Protonen oder Neutronen. Leptonenuniversalität Die Wirkungsquerschnitte der Reaktionen e+e- → µ+µ- und → τ+τ− als Funktion von liegen auf einer Kurve. Elektron, Myon und Tau unterscheiden sich (ausser den Massen) in ihren Reaktionen nicht! Wiederholung: Z0-Resonanz Bei s = (91,2 GeV)2 wurde am PEP und LEP eine weitere Resonanz gefunden, das Z0. Sie wurde 1983 von C. Rubbia mit pp- Kollisionen entdeckt. Es ist ein „schweres Photon“, ein Feldquant der schwachen Wechselwirkung. Q/e = 0 , J = 1 Es existieren auch geladene Vektorbosonen der schwachen Wechselwirkung W+ ,W - mit Q/e = 1, Q/e= -1 und MW = 80,05 GeV/c2 Schwache Wechselwirkung: β-Zerfall des Neutrons β-Zerfall des Neutrons: n → p + e− + ν e • fundamentaler Prozess der schwachen Wechselwirkung. • Lebensdauer τ ist relativ lang: τ ~ 1 λ , λ ~ ∫ψ *f V (r ) ψ i d 3r 2 lange τ impliziert kleine Übergangsrate λ, ‘schwache’ WW im Matrixelement V(r) Vergleich mit ∆ Resonanzzerfall: ∆+ → p + π°, ein starker WW Prozess, mit τ = 5.7 x 10-24 sec! • Präzisionsstudien des Neutronzerfalls sind wichtige Tests für das “Standard Modell” der fundamentalen Wechselwirkungen. • Fermi –Theorie: Interaktion ist punktförmig, das bedeutet das Neutron verschwindet und die Zerfallsprodukte entstehen fast gleichzeitig am gleichen Ort. • Modernes Bild: (MW = 80 GeV; R~ 0.002 fm) - W Boson Neutron-Zerfall Energie-Spektrum − n → p + e + νe e Spektrum (mν = 0, Kν = pν ) e− p n νe “vor Zerfall” “danach” 1) mn = m p + me + K p + K e + Kν r r r 2) p p + pe + pν = 0 “Q – Wert”: (Energieerhaltung) (Impuls) (Q > 0 damit Zerfall, Reaktion stattfindet) Q ≡ mn − m p − me = K p + K e + Kν von Particle Data Group: http://pdg.lbl.gov/ Q = 0.78233 ± 0.00006 MeV Lebensdauer: τ = 885.7 ± 0.8 sec Andere schwache Prozesse, Leptonenzahl + 1) p → n + e + ν e − “β+ Zerfall” in einen Kern, der energetisch günstiger ist, z.B. Zerfall 25Al→25Mg 2) p + e → n + ν e “Electron capture” oder EC Zerfall in einem Kern; Elektron von innerer Schale wird eingefangen. 3) ν e + p → n + e + “Antineutrino -Einfang”, von Reines & Cowan genutzt um Antineutrino zu messen. Wichtig: Das Elektron und Anti-Neutrino entstehen zusammen; das Positron und Neutrino entstehen zusammen . Neue Erhaltungszahl , die “Leptonenzahl”, Le : e− haben Le = + 1 ; ν e e+ ν e haben Le = − 1 Empirisches Erhaltungsgesetz: Le = constant → ν e und ν e sind verschieden !! Mehr über die Leptonenzahl Le Lµ Lτ Es existieren drei “Generationen” oder “Familien” von Leptonen, die man gemessen hat (mit anwachsender Masse: e, µ, τ). Jede Generation hat einen eigenen damit assoziierten NeutrinoTyp und eine separat erhaltenen Leptonenzahl. d.h. separat sind Elektron-Leptonenzahl, MyonLeptonenzahl, Tau-Leptonenzahl erhalten. Beispiel: Muon-Zerfall: Zwei verschiedene Neutrinos werden emittiert. Beweis: Spektrenform PDG listing: µ − → e− + ν e + ν µ Noether-Theorem • Noether Theorem: Jede Symmetrie impliziert eine Erhaltungsgröße Wie sieht es in der schwachen Wechselwirkung aus? Ladungskonjugation, Paritätstransformation, Zeitumkehr • Teilchen wird in sein Antiteilchen übergeführt und umgekehrt. • Alle internen Quantenzahlen wechseln das Vorzeichen. (Baryonzahl, Leptonzahl, Isopin, etc) • Masse, Energie, Impuls und Spin bleiben unverändert. C Teilchen = Teilchen • Punktspiegelung der Ortskoordinaten am Ursprung. • polare Vektoren und Pseudoskalare ändern Vorzeichen. • Skalare und Pseudovektoren bleiben unverändert. r r r → −r • rechtshändiges Koordinatensystem wird in linkshändiges umgewandelt. • Zeit läuft rückwärts. • Impulse und Drehimpulse wechseln Vorzeichen. • Alle anderen Größen bleiben unverändert. t → −t Ergänzung: Paritätstransformation Paritätstransformation • Punktspiegelung der Ortskoordinaten am Ursprung. • polare Vektoren und Pseudoskalare ändern Vorzeichen. • Skalare und Pseudovektoren bleiben unverändert. r r r → −r • rechtshändiges Koordinatensystem wird in linkshändiges umgewandelt. • polare Vektoren (z.B. Ort; Geschwindigkeit; Impuls; Beschleunigung; E-Feld ) kehren unter Paritätstransformation ihr Vorzeichen um • axiale Vektoren (z.B. Drehimpuls; Spin; B-Feld) behalten ihr Vorzeichen bei • echte Skalare (Skalarprodukte aus zwei polaren oder zwei axialen Vektoren) kehren Vorzeichen nicht um • Pseudoskalare (Skalarprodukte aus einem polaren und einem axialen Vektor) ändern ihr Vorzeichen r Was macht die Paritätstransformation mit einem Koordinatensystem: r “Normal” rechts-händiges kartesisches System: iˆ × ˆj = kˆ z x’ = -x y’ = -y y x z’ = -z Inversion der Koordinatenachsen: x’ = -x, etc. → System ist links-händig: iˆ ' × ˆj ' = − kˆ ' r ⇒ −r Paritätstransformation von pseudoskalarer Größe r J Betrachte Drehimpuls (axialer Vektor) des Atomkerns J vor dem β-Zerfall und den Impuls (polarer Vektor) des emittierten Elektrons (Positrons). θ r pe Elektronenemissionswinkel Paritätstransformation: Drehimpuls : Linearimpuls: θ ~ r r J • pe r r r ⇒ −r r r r r r dr r −d r J ~ r× ⇒ (− r )× ~ J dt dt r r r r dr −d r p ~ ⇒ ~ −p dt dt r r r r J•p ⇒ − J•p Beobachter der in einem Paritätstransformierten Koordinatensystem misst, beobachtet die umgekehrte Korrelation von Impuls des e- und J. Paritätsverletzung im Beta-Zerfall Experiment von C.S. Wu (1957), motiviert durch Vorschlag von T.D. Lee & C.N. Yang (1956, Nobelpreis 1957), demonstriert, dass die schwache WW die Parität verletzt. 60 27 Co → 60 28 Ni + e− + ν e Schlüsselgröße: Wenn Kobaltkerne in einem Magnetfeld bei niedrigen Temperaturen polarisiert werden, werden die Elektronen bevorzugt in entgegengesetzter Richtung zur Richtung des Kernspins emittiert. r J θ r pR 60 27 Co “vorher” ( J π = 5+ ) 60 28 Ni e− r pe νe (J π = 4+ ) “danach” Paritätsverletzung: 60Co Beta-Zerfallsschema 5+ 60 27 Co 4+ e− γ (1173 keV) ν 2+ γ (1332 keV) 0+ 60 28 Ni 60 27 Co 60 28 Ni • Zwei γ-Strahlen mit 1173 und 1332 keV (Anwendung: Kobalt -Strahlungstherapie!) • Hoher Spin von 60Co plus magnetische Eigenschaft bedeutet, daß 60Co in starkem B-Feld polarisiert und somit räumlich orientiert werden kann. • Winkelverteilung der beiden γ-Quanten zeigt Grad der Polarisation der 60Co Kerne. Originalarbeit: C.S. Wu et al., Phys. Rev. 105, p. 1413 (1957) To PMT γ − counter B field (up or down) light guide (warm = unpolarized) β scintillator γ − counter γ anisotropy measures nuclear polarization Paritätserhaltung, Paritätsverletzung Gesetze der Physik sollen unabhängig vom Koordinatensystem sein! Die Wahl von rechtshändigen oder linkshändigen kartesischen Koordinaten kann vollkommen zufällig sein. Wir sollten die gleichen Antworten (Messergebnisse) in beiden Systemen erhalten. Das gilt für Gravitation, starke und elektromagnetische Wechselwirkung. Das gilt jedoch nicht für die schwache Wechselwirkung!!! r r J • p hat umgekehrtes Vorzeichen in LH- und RH -Systemen r r → Es ergibt sich eine ausgezeichnete Korrelation − J • p , die auch gemessen wird. Beta-Zerfall “bevorzugt” ein LH Koordinatensystem → Paritätssymmetrie ist gebrochen!