Totenkult im alten Ägypten

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Ägyptisches Museum
und Papyrussammlung
Neues Museum
DE
Totenkult im alten Ägypten
war der Körper bereit, die Seele
wieder aufzunehmen. Durch diese
Vereinigung von Körper und
Seele sollte der Verstorbene in
die Lage versetzt werden, im
„schönen Westen“, wie das Jenseits
auch genannt wurde, in Ewigkeit
zu existieren.
Sarg des Nespamai, Spätzeit (664-332 v.Chr.),
Foto: Margarete Büsing
Wie die Menschen in vielen anderen Kulturen waren die alten
Ägypter bereits seit ältester Zeit
der Überzeugung, dass ein Weiterleben nach dem Tode möglich
sei. Diese jenseitige Existenz
stellten sie sich als ein Spiegelbild
des diesseitigen Lebens vor, und
der Tod war nur der Übergang in
eine neue Daseinsform. Das Fortbestehen im Totenreich war
jedoch unabdingbar verbunden
mit der Konservierung des Körpers.
Nach der altägyptischen Vorstellung trennte sich die Seele in
Gestalt des sogenannten Ba-Vogels
zunächst von dem Körper und ließ
ihn als seelenlose Hülle zurück.
Erst nach der Mumifizierung und
den Ritualen zur Wiederbelebung
Mumifizierung
Die in der vorgeschichtlichen Zeit
im Wüstensand beigesetzten Toten
wurden oft schon durch die klimatischen Bedingungen auf natürliche Weise mumifiziert. Mit der
Errichtung größerer Grabanlagen
ab ca. 3000 v. Chr. sind künstliche
Eingriffe notwendig geworden, um
die erstrebte Erhaltung des Körpers
zu garantieren. Die angewandten
Konservierungsmethoden wurden
kontinuierlich verbessert und bis
zum Neuen Reich (ca. 1550–1070
v. Chr.) vervollkommnet.
Die einzelnen Arbeitsschritte der
Mumifizierung, die speziell ausgebildeten Balsamierungspriester in
ihren Werkstätten durchführten,
sind in Bild und Text jedoch kaum
thematisiert. Unsere heutigen
Kenntnisse der Mumifizierung
basieren auf den Schriften der
griechischen Historiker Herodot
(5. Jahrhundert v. Chr.) und
Diodor (1. Jahrhundert v. Chr.)
und ließen sich durch Experimente
bestätigen. Zunächst entnahmen
die Priester dem Körper die Organe,
anschließend reinigten sie Körper
und Organe und trockneten sie in
Natronsalz. Um die Vollständigkeit
des Körpers im Totenreich zu
garantieren, wickelte man die entnommen Organe in Leinenbinden
und legte sie in vier spezielle
Gefäße, die als Kanopen bezeichnet
werden. Diese mussten jedoch
nicht immer die Organe enthalten,
es reichte in der Vorstellung der
Ägypter auch das Vorhandensein
der Gefäße im Grab („Scheinkanopen“) aus. Im Alten Reich
(ca. 2707–2202 v. Chr.) zunächst
nur mit einem einfachen Leinenpfropfen oder Deckel verschlossen,
verwendete man für die Kanopen
ab dem Mittleren Reich (ca. 2057
–1795 v. Chr.) Deckel in Form von
Menschenköpfen, welche die vier
Horussöhne repräsentieren. Ab der
19. Dynastie (1290–1190 v. Chr.)
zeigten die Deckel dann Köpfe von
Mensch und Tier: der menschenköpfige Gott Amset war zuständig
für die Leber, der affenköpfige Hapi
für die Lunge, der falkenköpfige
Kebeh-senu-ef für den Darm und
der schakalköpfige Dua-mut-ef
für den Magen. Den Körper des
Verstorbenen salbten die Balsamierer und behandelten ihn mit
duftenden Harzen und Ölen. Die
Hohlräume im Körper füllten sie
mit verschiedenen Substanzen.
Den gesamten Körper wickelte
man in Leinenbinden oder -tücher
und legte verschiedene Amulette
bei. Eine Totenmaske aus Kartonage
wurde abschließend auf dem Kopf
des Verstorbenen befestigt.
Eine Besonderheit stellen die in
römischer Zeit verwendeten
Mumienporträts dar. Die zumeist
auf dünne Holzplatten mit Mineraloder Temperafarben gemalten
Bildnisse wurden durch Leinenumwickelungen auf der Mumie
fixiert und zeigen scheinbar individuelle Gesichter, die allerdings
von einer gewissen Typisierung
und Stilisierung geprägt sind. Bis
heute sind rund 750 dieser Mumienporträts bekannt, ein großer Teil
stammt aus der Oase Faijum. Der
gesamte Prozess der Mumifizierung dauerte idealerweise 70 Tage.
Text: Manuela Gander
Gesamtherstellung: Besucher-Dienste
Staatliche Museen zu Berlin
© 2009 Stiftung Preußischer Kulturbesitz
Totengericht (Detail aus einem Totenbuch), Ptolemäer (323-30 v.Chr.),
Foto: Margarete Büsing
Uschebti (1300-600 v. Chr.),
Foto: Jürgen Liepe
Bestattungsritual
Nach der Mumifizierung legte man
den Körper in einen Sarg, welcher
in der Frühzeit (3032–2707 v. Chr.)
aus Schilf, Holz oder Ton bestand;
ab dem Alten Reich verwendeten
die Ägypter häufig steinerne und
hölzerne Kastensärge und ab dem
Neuen Reich bestattete man den
Verstorbenen meist in einem
menschengestaltigen Sarg aus
Holz, Ton oder Stein. Auch konnten
mehrere Särge ineinander verschachtelt sein. Die Sargdekoration
war oft einfach gehalten, wurde
aber zudem sehr aufwendig mit
vielen religiösen Texten und
Szenen gestaltet. In einem Trauerzug, begleitet von Angehörigen,
Freunden, „Klagefrauen“ und
Priestern, wurde der Sarg mit
dem Verstorbenen zum Friedhof
den Feldern für Osiris herangezogen werden könnten. Um
sich dieser Arbeit zu entziehen,
bedienten sie sich der sogenannten Uschebtis. Diese kleinen
mumiengestaltigen Figuren,
beschriftet mit dem Namen des
Verstorbenen, sollten für diesen
einstehen, wenn er zur Arbeit
gerufen würde. In ihren überkreuzten Armen halten sie Hacken
und Sicheln, bisweilen tragen sie
auf dem Rücken einen Rucksack.
Im Idealfall besaß ein Verstorbener
360 solcher Figuren, für jeden
Tag im Jahr eine, fünf Tage waren
als „arbeitsfrei“ anzusehen. Hinzu
kamen noch Aufseheruschebtis,
die am Fehlen der Arbeitsgeräte
erkennbar sind. In einem speziellen kleinen Kästchen wurden
alle Uschebtis dem Verstorbenen
ins Grab beigegeben.
in der Wüste westlich des Nils
gebracht. An seinem Grab nahm
ein Priester das sogenannte Mundöffnungsritual am Sarg vor, bei
dem der Verstorbene durch die
symbolische Öffnung von Augen,
Nase und Mund magisch „wiederbelebt“ wurde. Anschließend
erfolgte die Beisetzung im Grab,
dem „Wohnhaus für die Ewigkeit“.
Zahlreiche Grabbeigaben, wie
Nahrungsmittel und Objekte des
täglichen Lebens, dienten dem
Weiterleben des Verstorbenen
im Jenseits. Nach der Bestattung
sollte der Totenkult die Versorgung des Verstorbenen dauerhaft
garantieren: Angehörige oder
beauftragte Priester brachten
Opfergaben am Grab dar und
sprachen Gebete.
Jenseitsvorstellungen
Auf seiner Reise ins Totenreich
musste sich der Verstorbene verschiedenen Prüfungen unterziehen.
Die wichtigste stellte die Wägung
des Herzens, für die Ägypter
der Sitz des Verstandes und der
Gefühle, dar. Vor dem Totengericht, einem Tribunal unter Vorsitz
des Totengottes Osiris und von
42 Totenrichtern, wurde über die
Lebensführung des Verstorbenen
befunden. Er musste seine
Taten rechtfertigen und ein
„negatives Sündenbekenntnis“
ablegen, in dem er alle „Sünden“
als nicht begangen bezeugte.
Sein Herz wurde dabei gegen
Maat, die Göttin der Wahrheit,
abgewogen. Der schakalköpfige
Gott Anubis überwachte den
gesamten Vorgang und der ibisköpfige Thot notierte in seiner
Funktion als Schreibergott das
Ergebnis. War dieses negativ, starb
der Verstorbene als Bestrafung
einen zweiten, endgültigen Tod.
Nur nach dem Bestehen der
Prüfung, angezeigt durch eine
Balance der Waage, war ein
Übergang ins Jenseits möglich.
Die Ägypter stellten sich ebenso
vor, dass sie im Jenseits zur
schweren körperlichen Arbeit auf
Tief in ihrem mythischen Denken
und Handeln verwurzelt, haben
sich die alten Ägypter intensiv mit
dem Leben nach dem Tod auseinandergesetzt. Für dieses „andere
jenseitige Leben“ entwickelten
sie ein umfassendes Repertoire
an kulturellen Handlungen: die
Errichtung und Ausschmückung
eines Grabes und seine Ausstattung mit Versorgungsgütern, Alltagsgegenständen und magischen
Hilfsmitteln, wie Uschebtis, die
Mumifizierung des Körpers und
den Kult am Grab.
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