Konvexität Kevin Eßwein 17.07.2015 Proseminar: “Mathematisches Problemlösen” im Sommersemester 2015 Dozentin: Natalia Grinberg Karlsruher Institut für Technologie Inhaltsverzeichnis: 1. Konvexe Menge 2. Konvexe Funktionen 3. Beispiele 4. Literaturverzeichnis 1. Konvexe Menge Definition 1.1 Eine Menge K m heißt konvex, wenn für zwei beliebige Elemente x1 und x2 aus K auch deren Verbindungsstrecke [x1,x2] = { 1x1 + 2x2 : 1 , 2 0, 1 + 2 = 1 } in K liegt. nicht konvexe Menge konvexe Menge 2. Konvexe Funktionen Definition 2.1 Sei K m eine konvexe Menge. (i) Eine Funktion f : K heißt konvex, wenn für zwei beliebige Elemente x1 und x2 von K und beliebige nichtnegative Koeffizienten 1 und 2 mit 1 + 2 = 1 die Ungleichung: f ( 1x1 + 2x2 ) 1 f ( x1 ) + 2 f ( x2 ) erfüllt ist. ( ii ) Eine Funktion g : K heißt konkav, wenn für zwei beliebige Elemente x1 und x2 von K und beliebige nichtnegative Koeffizienten 1 und 2 mit 1 + 2 = 1 gilt: g ( 1x1 + 2x2 ) 1 g ( x1 ) + 2 g ( x2 ) 3. Beispiele Aufgabe 3.1 Seien K1 , … , Kn m konvexe Mengen. Zeigen Sie, ( i ) dass die Schnittmenge K = K1 … Kn ebenfalls konvex ist. ( ii ) Gilt die Behauptung auch für die Vereinigung V = K1 … Kn ? ( i ) Es seien x1 , x2 K. Dann ist x1 , x2 Kj für alle j = 1, 2, …, n. Jede Menge Kj ist konvex; daher liegt die ganze Strecke [x1,x2] in Kj. Da dies für jedes j erfüllt ist, folgt [x1,x2] Kj; daher ist die Menge K konvex. ( ii ) Die Vereinigung von mehreren Mengen ist dagegen im Allgemeinen nicht konvex. So sind beispielsweise die Intervalle [-1,0] und [1,2] konvex, jedoch erfüllt ihre Vereinigung V die Konvexitätsbedingung nicht. (z.B. 0,1 V, aber ½ (0 + 1) = ½ V) Aufgabe 3.2 Es sei Kn m eine konvexe Menge. Beweisen Sie: Für alle xj K , j = 1, …, n und alle nichtnegativen Koeffizienten 1 , …, n mit 1 + …+ n = 1, gehört der Punkt 1x1 + …+ nxn ebenfalls zu K. Beweis durch vollständige Induktion (n 2): Induktionsanfang: (n = 2) Für n = 2 ist die Behauptung nichts anderes als die Definition einer konvexen Menge (Definition 1.1) Induktionsvoraussetzung: Die Behauptung sei für ein beliebiges, aber festes n = N wahr. Induktionsschritt: Betrachten wir nun n = N + 1. Es ist: 1x1 + …+ NxN + N+1xN+1 α1 x1 ... αN xN 1 αN 1 = (1 - N+1 ) ( 1αN 1 ) = (1 - N+1 ) y1 + N+1xN+1 mit α1 x1 ... αN xN 1αN 1 y1 = ( 1αN 1 ) Nach der IV ist y1 K, da α1 ... N 1 αN 1 α1 ... αN 1αN 1 1αN 1 = 1 αN 1 = 1 αN 1 = 1 ist. Nun wenden wir die Definition einer konvexen Menge auf die zwei Punkte y1 und xN+1 aus K mit den Koeffizienten (1 - N+1 ) und N+1 an und schließen daraus: (1 - N+1 ) y1 + N+1xN+1 K. Aufgabe 3.3 (Satz von Helly) Man betrachte n Intervalle Ij = [aj,bj] mit j = 1, …, n. Es gelte Ij Ik für alle j, k = 1, …, n. Beweisen Sie, dass alle n Intervalle einen gemeinsamen Punkt haben. Zu zeigen ist: A = max aj min bj = B. () Lösung durch Widerspruchsbeweis: Angenommen, es gilt aj > bk für ein Paar ( j , k ) Aus aj bj und ak bk Ij Ik = Für jedes j also: aj A B bj , oder [A,B] Ij. Es gilt dann: [A,B] I1 I2 … In. Was bedeutet, dass jeder Punkt x [A,B] ein gemeinsamer Punkt aller Intervalle Ij ist. Aufgabe 3.4 Es sei K n eine konvexe Menge und f : K eine Funktion. Beweisen Sie: Die Funktion f ist genau dann konvex, wenn für jede Gerade g n die Einschränkung fg von f auf g K (falls die Schnittmenge nichtleer ist) konvex ist. Lösung: “” Es sei f : K konvex und sei der Schnitt g K nichtleer. Betrachten wir zwei Punkte x1, x2 g K. Dann ist die ganze gerade Strecke [x1, x2] wegen der Definition von konvexen Mengen in g K enthalten. [x1, x2] g und [x1, x2] K (da K konvex) () aus der Konvexität von f auf K folgt nun die Definition von konvexen Funktionen, d.h. die Funktion f ist auf g K konvex. “” Es sei nun die Einschränkung fg von f auf jede Gerade konvex. Wir betrachtet zwei Punkte x1, x2 K und die Gerade g = ( x1, x2 ), die durch diese beiden Punkte geht. Die gerade Strecke [x1, x2] ist in g K enthalten wegen (). Aus der Konvexität von f auf g K folgt nun die Definition von konvexen Funktionen. Da dies für zwei beliebige Punkte in K gilt, ist f auf K konvex. Aufgabe 3.5 Es sei K n eine konvexe Menge und f : K eine konvexe Funktion. Beweisen Sie, dass die Menge F K x F = {(x, t) K x : f (x) t} (Punkte oberhalb des Graphen von f) konvex ist. Lösung: Es seien y1 = (x1, t1) und y2 = (x2, t2) aus F, d.h. t1 f (x1) und t2 f (x2) , dann ist f (1x1 + 2x2) 1 f (x1) + 2 f (x2) 1 t1 + 2 t2. das ist aber zu der Konvexitätsbedingung 1y1 + 2y2) = (1 x1 + 2 x2 , 1 t1 + 2 t2) F äquivalent. Aufgabe 3.6 Es seien K n eine konvexe Menge, g : K eine konvexe Funktion und c eine Konstante. ( i ) Beweisen Sie, dass die Menge Kc = {x K : g (x) c} konvex ist. ( ii ) Ist die Umkehrung auch richtig: Folgt aus der Konvexität von Kc für alle c, dass g konvex ist. Lösung: ( i ) Es seien x, y Kc , dann ist g (1 x + 2 y) 1 g (x) + 2 g (y) 1 c + 2 c = c. daher ist 1 x + 2 y Kc ( ii ) Nein, die Umkehrung gilt im Allgemeinen nicht. Man nehme z.B. eine Beliebige monoton steigende Funktion. Dann ist Kc = (-, g-1(c)] konvex. Die Funktion muss aber nicht konvex sein, vgl. beispielsweise g (x) = x3. Aufgabe 3.7 (Jensen-Ungleichung) Es seien M m eine konvexe Menge und f : M eine konvexe Funktion. Dann gilt: f ( 1x1 + … + nxn ) 1 f ( x1 ) + … + n f ( xn ) () Ist dagegen f konkav, so gilt die Ungleichung mit umgekehrten Zeichen: f ( 1x1 + … + nxn ) 1 f ( x1 ) + … + n f ( xn ) Beweis durch vollständige Induktion: Induktionsanfang: (n = 2) Für n = 2 folgt die Ungleichung aus der Definition einer konvexen Funktion Induktionsvoraussetzung: () sei für n = N wahr. Induktionsschritt: Betrachten wir nun n = N + 1. Es ist: f ( 1x1 + … + NxN + N+1xN+1 ) = f (( 1 - N+1) y1+ N+1xN+1) (1 - N+1) f (y1) + N+1 f (xN+1) = α1 x1 ... αN xN 1 αN 1 (1 - N+1) f ( 1αN 1 ) + N+1 f (xN+1) α1 f (x1) ... αN f (xN) 1αN 1 (1 - N+1) [ 1 αN 1 ] + N+1 f (xN+1) = 1 f ( x1 ) + … + N f ( xN ) + N+1 f ( xN+1 ) 4. Literaturverzeichnis Lösungsstrategien – Mathematik für Nachdenker, Natalia Grinberg, 2011, S. 127 – 135 www.mathepedia.de