Lineare Algebra II (SS 13) Bernhard Hanke Universität Augsburg 03.07.2013 Bernhard Hanke 1 / 16 Selbstadjungierte Endomorphismen und der Spektralsatz Definition Es sei (V , h−, −i) ein euklidischer oder unitärer Vektorraum. Ein Endomorphismus f : V → V heißt selbstadjungiert, wenn für alle v, w ∈ V . hv , f (w )i = hf (v ), w i. Proposition (7.1) Es sei dim V < ∞ und sei Φ : V → V ∗ , w 7→ h−, w i. Der Endomorphismus f : V → V ist genau dann selbstadjungiert, wenn das folgende Diagramm kommutiert: V f ∼ = Φ V∗ Bernhard Hanke /V ∼ = Φ f∗ / V ∗. 2 / 16 Proposition (7.2) Es sei V ein endlichdimensionaler euklidischer oder unitärer Vektorraum und f ∈ End(V). Es sei weiterhin B eine Orthonormalbasis von V und A = MB (f ) die darstellende Matrix von f bezüglich B. Dann ist f genau dann selbstadjungiert, wenn T A =A d.h. A ist hermitesch. Im Euklidischen Fall bedeutet das AT = A, d.h. A ist symmetrisch. Lemma (7.3) Es sei f : V → V selbstadjungiert. Dann sind alle Eigenwerte von f reell und Eigenvektoren zu verschiedenen Eigenwerten sind orthogonal. Bernhard Hanke 3 / 16 Spektralsatz für selbstadjungierte Operatoren (7.4) Es sei dim V < ∞. Ist f : V → V selbstadjungiert, dann besitzt V eine Orthonormalbasis bestehend aus Eigenvektoren von f . Folgerung (7.5) Es sei A ∈ Cn×n hermitesch, bzw. A ∈ Rn×n symmetrisch. Dann existiert eine unitäre Matrix S ∈ U(n), bzw. orthogonale Matrix S ∈ O(n), so dass T die Matrix S AS eine Diagonalmatrix ist, die auf der Diagonalen nur reelle Einträge hat. Bernhard Hanke 4 / 16 Bemerkung Die Besonderheiten des Spektralsatzes sind: I Selbstadjungierte Endomorphismen sind (anders als orthogonale Endomorphismen) auch im Euklidischen Fall diagonalisierbar. I Selbstadjungierte Endomorphismen besitzen auch im unitären Fall nur reelle Eigenwerte. Der Name Spektralsatz rührt daher, dass man die Menge der Eigenwerte eines Endomorphismus V → V , wobei V ein endlichdimensionaler reeller oder komplexer Vektorraum ist, auch häufig als Spektrum dieses Endomorphismus bezeichnet. Bernhard Hanke 5 / 16 Es sei V ein endlichdimensionaler Euklidischer oder unitärer Vektorraum und W ⊂ V ein Untervektorraum. I ⊥ : V → W ⊂ V ist dann ein Die orthogonale Projektion pW selbstadjungierter Endomorphismus. I Ist umgekehrt p : V → V eine selbstadjungierte Projektion, dann existiert ein Untervektorraum W ⊂ V mit p = pr⊥ W. Definition Es seien nun λ1 , . . . , λk die (paarweise verschiedenen) reellen Eigenwerte eines selbstadjungierten Endomorphismus f : V → V . Setzen wir Wi := Eig(f; λi ), so haben wir eine Summenzerlegung f = k X λi · pr⊥ Wi i=1 von f als Linearkombination von selbstadjungierten (somit orthogonalen) Projektionen. Diese Zerlegung nennen man Spektralzerlegung von f . Bernhard Hanke 6 / 16 Beispiel Sei V := {f : [0, 2π] → C | f unendlich oft differenzierbar, f (0) = f (2π)} zusammen mit dem unitären Skalarprodukt Z 2π hf , g i := f (x)g (x)dx. 0 Der Operator df dx ist selbstadjungiert und alle Eigenwerte von D sind daher reell. Die Eigenwerte von D erhält man durch Lösen der Differentialgleichung Df = −iλf mit der Randbedingung f (0) = f (2π). Also ist D : f 7→ i f (x) = A · exp(−iλx) mit A ∈ C und λ ∈ Z. Das Spektrum von D ist also gleich Z. Bernhard Hanke 7 / 16 Der sogenannte Schrödingeroperator in der Quantenmechanik ist ein selbstadjungierter Operator. Erwin Rudolf Josef Alexander Schrödinger 1887 (Wien) -1961 (Wien) Das Spektrum dieses Operators hat direkte physikalische Bedeutung und die zugehörige Spektraltheorie“ ist heutzutage ein wichtiger Zweig der ” mathematischen Physik. Bernhard Hanke 8 / 16 Diagonalisierung Bilinearformen Es sei V ein endlichdimensionaler K -Vektorraum und γ : V × V → K eine Bilinearform. Sind B und C Basen von V und ist S = TBC die Matrix der Koordinatentransformation, so gilt MC (γ) = S T MB (γ)S . Bemerkung Die Matrizen MB (γ) und MC (γ) können verschiedene Eigenwerte haben. Bernhard Hanke 9 / 16 Satz Es sei V ein endlichdimensionaler R-Vektorraum und sei γ :V ×V →R eine symmetrische Bilinearform. Dann existiert eine Basis B von V , so dass MB (γ) eine Diagonalmatrix ist. I Falls V = Rn , so können wir die Basis B sogar als Orthonormalbasis wählen. I Die von den Vektoren einer solchen Basis aufgespannten eindimensionalen Unterräume des Rn bezeichnet man in diesem Zusammenhang auch als Hauptachsen für die Bilinearform γ. Bernhard Hanke 10 / 16 Quadratische Formen Definition Eine quadratische Form vom Rang n über einem Körper K ist ein Polynom Q ∈ K [X1 , . . . , Xn ] der Form X Q= αij Xi Xj 1≤i,j≤n mit αij ∈ K für alle i, j ∈ {1, . . . , n}. Man sagt auch, Q ist ein homogenes Polynom vom Grad 2. Ist Q eine quadratische Form, so definiert Q eine Abbildung φQ : K n → K , gegeben durch (x1 , . . . , xn ) 7→ Q(x1 , . . . , xn ) . Fassen wir die auftretenden Koeffizienten zu einer Matrix zusammen, so schreibt sich φQ auch als φQ (x) = x T Ax , wobei A := (αij )1≤i,j≤n ∈ K n×n . Bernhard Hanke 11 / 16 Ist γ : K n × K n → R die durch A beschriebene Bilinearform, also γ(x, y ) = x T Ay für Spaltenvektoren x, y ∈ K n , so haben wir φQ (x) = γ(x, x) . Frage Können wir Q, also die Matrix A und somit die Bilinearform γ aus dieser Funktion φQ zurückgewinnen? Bernhard Hanke 12 / 16 I Wir nehmen im folgenden an, dass 2 6= 0 in K gilt (z.B. K = R oder K = C, nicht K = Z/2Z.) Die Funktion φQ ändert sich nicht, wenn man in Q jeden Koeffizient αij durch folgendes ersetzt: αij + αji 2 I Die so erhaltende quadratische Form Q ∈ K [X1 , . . . , Xn ] ist symmetrisch. Mit der Polarisierungsformel erhalten wir 1 αij = eiT Aej = (φQ (ei + ej ) − φQ (ei ) − φQ (ej )) , 2 wobei e1 , . . . , en ∈ K n die Standard-Basisvektoren sind. Bernhard Hanke 13 / 16 Sei K = R und sei Q die symmetrische quadratische Form, gegeben durch eine symmetrische Matrix A ∈ Rn×n . Des Weiteren seien B von Rn bestehend aus Eigenvektoren von A und B S = T(e ∈ O(n), so dass 1 ,...,en ) λ1 S −1 AS = S T AS = D = .. . . λn Sind v , w ∈ Rn und x, y die Koordinatenvektoren bezüglich der Basis B, so gilt n X v T Aw = λi xi yi i=1 und insbesondere φQ (v ) = n X λi xi2 . i=1 Bernhard Hanke 14 / 16 Hauptachsentransformationen I I Durch die Transformation werden also die gemischten Terme in der quadratischen Form eliminiert. Den Übergang zu dem Orthonormalsystem B bezeichnet man als Hauptachsentransformation, denn die Lösungsmenge der Gleichung φQ (x) = 1 wird zum Beispiel im Fall, dass alle Eigenwerte λi positiv sind, durch ein Ellipsoid mit Hauptachsen Rv1 , . . . , Rvn beschrieben, wobei (v1 , . . . , vn ) = B. Bernhard Hanke 15 / 16 Klassification affiner Quadriken Betrachte eine affine Quadrik, d.h. Teilmenge des Rn der Form {x ∈ Rn | x T Ax + hb, xi + c = 0} , AT = A. I Durch eine Hauptachsentransformation bringe A auf Diagonalgestalt. I Den linearen Term hb, xi versucht man anschließend, mittels quadratischer Ergänzung zu eliminieren. I Anschließend kann man durch Fallunterscheidung die Klassifikation durchführen, welche auf klassische Gebilde wie Zylinder, Kegel, Sphären, Ellipsoide, Hyperboloide und so weiter führt. Bernhard Hanke 16 / 16