2.2.6 Betafunktion: Behandlung von Teilchenstrahlen als Vielteilchensystem Literatur: K. Wille, Physik der Teilchenbeschleuniger und Synchrotronstrahlungsquellen, Unterkapitel 3.1 bis 3.13 Vor-und Nachteile der Bahnberechnung mit Matrizen • • • Für jedes Teilchen lässt sich die Bahn mit Matrizen berechnen Diese Methode ist notwendig, und mit Hilfe von Computerprogrammen prinzipiell "relativ" einfach Für viele Fragenstellungen ist diese Methode zu komplex – Was passiert, wenn ein Teilchen im Magneten 122 um einen Winkel von 0.01 mrad abgelenkt wird? • Über die Bewegung eines Vielteilchensystems lässt sich nur wenig aussagen • Daher wird ein neuer Formalismus eingeführt: Betatronfunktion und Betatronschwingung Einzelteilchensystem – Vielteilchensystem 1. Für jedes einzelne Teilchen lassen sich die Bewegungsgleichungen lösen 2. Ein Strahl im Beschleuniger ist ein Bespiel für ein Vielteilchensystem – die Anzahl der Teilchen liegt zwischen 106 und mehr als 1014. 3. Es werden Größen eingeführt, die die kollektive Beschreibung des Vielteilchensystems möglich machen – die Information über ein einzelnes Teilchen reicht nicht aus. 4. Die Wechselwirkung zwischen einzelnen Teilchen lässt sich für wenige Teilchen völlig vernachlässigen, bei zunehmender Teilchenanzahl werden die Wechselwirkungen zwischen einem einzelnen Teilchen und dem Kollektiv von entscheidender Bedeutung. Bei sehr vielen Teilchen – Wechselwirkung der Teilchen r E ( x , y , z , t ) ≠ 0 und / oder r B ( x, y, z , t ) ≠ 0 r r r r F = q ⋅ (E + v × B) Die Bahn eines einzelnen Teilchen wird durch die Gesamtheit der Teilchen beinflusst • Kollisionen • Raumladung • Wechselwirkung der em-Felder der Teilchen mit der Umgebung Teilchen mit Impulsabweichung - Dispersionsbahn Betrachten Bahn mit ∆p/p=1, gennant Dispersionsbahn, D(s) Relevant (in guter Näherung) nur in Ablenkmagneten: Inhomogene Differentialgleichung, homogerner Teil analog zu Dgl. f. x(s) ==> insg. Anm.: brauchen 3x3 Matrizen zum Transport der Dispersion d. Dipol ( D0(s), D0'(s), 1 ) → ( D(s), D'(s), 1) ( s. Wille, S. 85 ) Bahnverlängerung – ''Momentum Compaction Factor'' Ein Teilchen mit Impulsabweichung läuft auf einer anderen Bahn um, deren Länge im allgemeinen unterschiedlich von der Länge der Sollbahn ist. Der momentum compaction factor wird als relative Längenänderung bei Impulsabweichung definiert: ∆L ∆p α≡ / p L Es lässt sich zeigen, dass für den momentum compaction factor gilt: 1 α= L0 ∫ D(s) ds ρ (s) Teilchenimpuls und Bahnlänge Teilchen mit größerer Energie im Vergleich zur Sollenergie: • laufen weiter aussen um => grössere Bahnlänge => längere Umlaufzeit • haben eine größere Geschwindigkeit => kürzere Umlaufzeit Beide Effekte müssen berücksichtigt werden, um die Umlaufzeit zu berechnen Die Änderung der Umlauf zeit für ein Teilchen mit Impulsabwe ichung ist : 1 ∆p ∆T = (α − 2 ) ⋅ T0 γ p α ist der " momentum compaction factor" (siehe oben) γ = 1 1- β 2 , mit β = v c Differentialgleichung der Teilchenbewegung ⎡ 1 ⎤ 1 ∆p x' ' (s) + ⎢ 2 − k ( s)⎥ ⋅ x( s) = ⋅ ρ (s) p ⎣ ρ (s) ⎦ Für Teilchen ohne Impulsabweichung und für Strecken ohne Ablenkmagnet gilt die Differentialgleichung vom Hill‘schen Typ: x‘‘ (s) – k(s) ·x(s) = 0 Lösungsansatz : x(s) = A ⋅ u(s) ⋅ cos(ψ ( s) + φ ) mit Einsetzen folgt : [ ] A ⋅ u ' '−u ⋅ψ '2 −k ( s) ⋅ u ⋅ cos(ψ + φ ) − A ⋅ [ 2 ⋅ u '⋅ψ '+u ⋅ψ ' ' ]⋅ sin(ψ + φ ) = 0 Lösungsweg Diese Gleichung muss für alle Phasen und für A ≠ 0 richtig sein, daher folgt : u' ' - u ⋅ψ ' 2 − k ( s ) ⋅ u = 0 u' ψ '' 2⋅ + =0 ψ' u Durch Integratio n erhält man : ψ (s) = s ∫ 0 1 ⋅ dσ u 2 (σ ) Damit erhält man weiter 1 u' ' - 3 − k ( s ) ⋅ u = 0 u : Betafunktion und Betatronschwingungen Mit Einführung der β - Funktion : β (s) := u 2 ( s ) und der Emittanz eines einzelnen Teilchens ε i ergibt sich für die Teilchenbahn : x(s) = ε i ⋅ β (s) ⋅ cos(ψ ( s ) + φ ) s Ausserdem gilt für die Betatronphase : ψ (s) = ∫ 0 1 ⋅ dσ β (σ ) Es ist noch keine Aussage gemacht worden, wie man Betatronfunktion und Betatronphase ausrechnet. Betafunktion für die Teilchenbewegung im "kontinuierlichen" Quadrupolfeld (Nur in einer Ebene stabil!) GeV mit einer c Vakuumkammer mit dem Radius dr := 0.05m, und einem Magnetfeld im Eisen von Ein Beschleuniger für Elektronen mit dem Impuls p0 := 1.6 Bx := 0.1T e0 Bx 1 Quadrupolstärke k0 := => k0 = 0.375 2 p0 dr m Die Ablage eines Teilchens ist durch: z ( s)= Betafunktion: => β z := 1 k0 εi ⋅ 1 ⋅ cos k0 ( ) k0 ⋅ s + φ i gegeben => β z = 1.634 m Emittanz des Teilchen : ε i := 10 −6 m und Phase des Teilchen: φ i := − π 2 0.002 0.001 z( pos) 0 0.001 0.002 0 4 8 12 16 20 24 pos Annahme: Der Beschleuniger hat eine Länge von Lacc := 24m Die Länge für eine volle Schwingung ist : s 2π := 2π k0 => s2π = 10.264 m L Lacc ⌠ acc 1 =⎮ Die Anzahl der Schwingungen pro Umlauf ist : Qz := ds => s2π ⎮ β ( s) ⌡0 Qz = 2.338 ⎛ s2π ⎞ −3 Die maximale Teilchenamplitude ist: z ⎜ = 1.278 × 10 m ⎝ 4 ⎠ Betafunktion und Betatronschwingungen Der Teilchenwinkel ergibt sich aus der Ableitung der Teilchenposition: εi ⋅ [α (s) ⋅ cos(ψ (s) + φ ) + sin(ψ (s) + φ )] x' (s) = − β ( s) mit : α (s) = − β ' ( s) 2 Eine Beziehung zwischen x(s) und x‘(s) zur Konstruktion des Phasenraums erhält man, indem die Phase ψ(s) aus den Gleichungen eliminiert wird: γ (s) ⋅ x2 (s) + 2 ⋅α (s) ⋅ x(s) ⋅ x' (s) + β (s) ⋅ x'2 (s) = ε i 1 + α 2 (s) mit : γ (s) = β (s) Phasenellipse – allgemeiner Fall γ (s) ⋅ x (s) + 2⋅α(s) ⋅ x(s) ⋅ x' (s) + β (s) ⋅ x' (s) = εi 2 2 x’ −α ⋅ εi γ x 'max = ε i ⋅ γ εi β Fläche der Ellipse: F=πε −α ⋅ xmax = ε i ⋅ β εi γ εi β x Liouville`scher Satz Fläche der Phasenellipse ist in konservativen Kraftfeldern invariant ! Form der Ellipse (d.h. Halbachsen und Orientierung) ändern sich beim Druchlaufen der Magnetstruktur, nicht aber die Fläche ! Betatronschwingungen für viele Teilchen x(s) = ε i ⋅ β (s) ⋅ cos(ψ ( s ) + φ ) Eigenschaft der Teilchen Eigenschaft des Beschleunigers Eigenschaft der Teilchen Maximale Amplitude an einer Position s Strahlgrösse an der Position s xmax ( s ) = ε i ⋅ β (s) σ x ( s ) = ε x ⋅ β x (s) und σ z ( s ) = ε z ⋅ β z (s) Betatronschwingungen für viele Teilchen Bild aus K.Wille Beispiel für Teilchenverteilung im Strahl In einem Strahl sind die Teilchen in guter Näherung gaussförmig verteilt. Die transversalen Dimensionen sind durch σ z := 1 mm und σ x := 1 mm gegeben. Die Anzahl der Teilchen im Bunch ist N := 10 11 Die transversale Teilchendichte ist: ρ ( x , z ) := N 2 ⋅ π ⋅ σ x⋅ σ z 2 ⎛ x2 z ⎞ ⎜− − 2 2 ⎜ 2 ⋅σ 2 ⋅ σ x z ⎠ ⋅ e⎝ Zur Kontrolle: Gesamtanzahl der Teilchen: (innerhalb v. 5 Standardabweichungen) 5 ⌠ N := ⎮ ⌡− 5 5 ⌠ ⎮ ρ ( x , z) dx dz ⌡− 5 N = 9.99999 × 10 10 Strahlgröße als Funktion der Strahl-Parameter Dabei werden σx und σz, die Standardabweichung in horizontaler und vertikaler Richtung, als „Strahlbreite“ bezeichnet. (die Ladungs- bzw. Teilchendichte ist dort auf 60.7% abgefallen) ==> mittlere Emittanz εsta: Üblicherweise einfach als Strahlemittanz, ε , bezeichnet ! Ebenfalls eine Invariante, wie die Einteilchen-Emittanz !